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FANZINE 2019

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Kostenlos!

Krass! Sensation! Viele Kiezianer

Nicht von Dieser Welt!


Finanziert mit einem Druckkostenzuschuss der

Stadtteilkasse Wedding Zentrum, Spenden

der Anwohner und eigenen Mitteln. Im Rahmen

der Sozialraumorientierten Planungskoordination

in Kooperation mit Moabiter Ratschlag e.V.

und dem Bezirksamt Mitte. Gar nicht so kompliziert.

Ein Original aus dem Sprengelkiez! Ein

systemkonformes und unkritisches Magazin

für die Anwohner im Sprengelkiez in Berlin

Wedding. Ohne kulturellen Anspruch oder

Ernsthaftigkeit. Logos in ausreichender Größe.

Impressum:

Verantwortlich im Sinne des Presserechts

Herausgeber,Titelbild, Layout und Redaktion:

Uwe Bressem

Nordufer 14

13353 Berlin

Kontakt:

Tel.: 030-4537313 stampchef@gmx.de

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Auflage : 1000 Exemplare im Jahr 2019

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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Was soll das alles?

Was soll das alles? Es gibt keine rationale

Begründung, eine Fanzine für den Sprengelkiez

zu veröffentlichen, nur das Gefühl sagt, dass dafür

eine Notwendigkeit besteht und einige Unterstützer

auch. Vielen Dank an Anne G. für Bleistifte und

Fineliner. Dank an Siemen Dallmann, der durch seine

Unterstützung, zusammen mit anderen, den Druck

dieser Ausgabe abgesichert hat. Die Jury der

Stadtteilkasse sei hiermit gegrüßt! Der Druckkostenzuschuss

der Stadtteilkasse ist bedeutend!

Schön auch, dass Elke Günther wieder einen

Beitrag in Liederform beigesteuert hat. Selbst ein

Ulle Bowski ist dieses Mal dabei. Edyta Lysko

schickte ihre Illustrationen. Ganz besonders habe ich

mich gefreut, dass die Gustav Mesmer Stiftung

Bildmaterial zur Verfügung gestellt hat! Gustav Mesmer

den ich bewundere, mit dessen „Erfinderwahn”,

Visionen und Fantasien ich mich, als Weddingflieger

und Illustrator identifizieren kann. Mehr dazu in der

Mitte des Magazins. Es handelt sich bei der

Sprengelfanzine um eine echte Illustrierte. Wer an die

Kraft der Farben glaubt, für den ist dieses Magazin

genau richtig. Außerdem war es sehr wichtig und an

der Zeit, die geheimnisvollen Hintergründe des

Sprengelkiezes einmal zu beleuchten.

Wem das gefällt, kann die Fanzine im nächsten

Jahr gerne unterstützen. So, jede Seite

dieser Publikation soll etwas! Zum Nachdenken

anregen, informieren oder Frust abbauen. Viel

Vergnügen beim Durchblättern!

Ihr Uwe Bressem

Bei den Nachbarn tut sich was!

Von Susanne Terhardt

Im Brüsseler Kiez ist ein autofreier Sonntag für den 7. Juni 2020 geplant. Es soll ein Tag werden an dem die

Nachbar*innen den Kiez mal ganz ohne Auto erleben und mit diesem frei gewordenen Raum selbst etwas Neues

probieren können. Es soll ein erlebnisreicher Tag von und für die Bewohner*innen des Kiezes und Umgebung werden.

Tauschen, Schenken, Plauschen, Aktionen, Kunst, Kultur, aber kein Kommerz und kein Konsum. Einfach mal

zusammen sein, einfach mal Platz haben und gemeinsam etwas tun, wofür sonst der Platz fehlt. Die Verkehrung des

Gewohnten und all zu Gewöhnten. Aber der 'Tag des guten Lebens' will noch mehr erreichen: die Bürger*innen können

hier einen Wandel einleiten, einen Wandel hin zur Nachhaltigkeit, zum Sozialen, zum Miteinander, vom

Gespräch hin zur starken Demokratie. 2021 dann im Sprengelkiez? Wer mitmachen möchte, der melde sich, alle

sind eingeladen! Informationen & Kontakt: www.tagdesgutenlebens.berlin und www.facebook.com/bruesselerkiez

3


4

Es ist nicht ohne Grund, dass viele der Anwohner im Sprengelkiez

den Eindruck erwecken, als wären sie von einem anderen

Planeten. Diese Wahrnehmung enthält eine tieferliegende Wahrheit,

die bis heute durch Legenden und Fehlinformationen verschleiert

wurde! Dank der Recherche der Sprengelfanzine wissen wir heute

mehr. Laut Pressemeldungen vom 8. Juli 1947 reklamierten die USA

den ersten Kontakt mit Außerirdischen in Roswell, New Mexico für

sich. Der Absturz eines Wetterballons wurde kurzerhand zur Havarie

einer fliegenden Untertasse erklärt. Der Grund dafür war banal, die

USA wollten in der Nachkriegszeit frühzeitig auch in außerirdischen

Angelegenheiten die tonangebende Nation sein und mit dieser

Falschmeldung diese Position untermauern. Nachzulesen im Project

Blue Book. Wie sich herausstellte, hat der einzige Absturz eines

UFOs auf die Erde im heutigen Sprenglkiez vor 67 Jahren stattgefunden.

Am 14.07.1952 verliert die Osterkirche im Morgengrauen

einen ihrer zwei Türme. Das Negativ einer Postkarte, die bis heute

im Landeszentralarchiv unter Verschluss gehalten wurde, zeigt zufällig

den Einschlag eines unbekannten Flugobjekts in das Gebäude.

Die Wucht des Aufschlags war so groß, dass nicht nur einer der

Kirchtürme heruntergerissen wurde, auch das Haus in der

Sprengelstraße 33 wurde beschädigt und hat durch den starken

Luftdruck heute noch konvexe Wände in den oberen Stockwerken.

Die Besatzungsmächte veranlassten durch subtile retrograde Propaganda

über dreißig Jahre, dass die Legende verbreitet wurde, die

Kirche wäre im Krieg von einer Luftmine getroffen worden und hätte

deswegen nur noch einen Turm. Viele glauben das noch heute!

Historisch mittlerweile belegt ist, dass dieser Vorfall maßgeblich zur

Gestaltung des ursprünglichen Weddinger Wappens beitrug!

Die Einschlagstelle des unbekannten

Flugobjekts ist noch heute

gut zu sehen. Eine Senke direkt am

Kanal ist entstanden, die aktuell als

Freizeitfläche zum Sonnenbaden genutzt

wird. Die große Schaukel dort

wurde in Erinnerung an den Vorfall

errichtet. Symbolisch soll sie dem

Nutzer das Gefühl, mit einer fliegenden

Untertasse abzustürzen vermitteln.

Anfangs der siebziger Jahre des

vergangenen Jahrhunderts tauchte

ein Foto auf, das angeblich das

gebruchlandete Fluggerät zeigen

Nicht in Roswell

Fälschungen und Fakten

sollte. Bildanalysen ergaben jedoch,

dass dies nicht sein konnte. Zum

Zeitpunkt des Vorfalls gab es keine

so großen Bäume am Kanal und das

Fluggerät ist aerodynamisch gebaut.

Wie sich später herausstellte, handelt

es sich bei dem Objekt um ein

sowjetisches Versuchsflugzeug, eine

Polikarpov XV-2, die in der Prignitz

vom Himmel fiel.

Einem glücklichen Zufall verdanken

wir es, dass es tatsächlich

eine durch eine Fotografie, Zeugen

und die Luftsicherheitsbehörden

dokumentierte Sichtung gab. 1980

wurde im Wedding Skyguard getestet,

ein Laserradarsystem, das die

Flughöhe von Militärfliegern kontrollierte.

Während der Vorführung für

die anwesenden Pressevertreter gab

es einen Tieffliegeralarm. Dem Fotografen

des Weddinger Käseblatts

gelang es, den vermeintlichen

Tiefflieger auf Film zu bannen. Das

nicht identfizierte Objekt sorgte seinerzeit

für kontroverse Diskusssionen.

Man sehe einen Lampenschirm, eine

Einer der Beweise! Postkarte mit dem Aufprall eines unbekannten

Flugobjekts in die Osterkirche. Versehentlich

veröffentliches Fundstück aus dem Landeszentralarchiv.

Kirmesschaukel, ein von Colani entworfenes

Kleinfahrzeug, war unter

anderem zu hören. Seit 1981 ist

durch drei Geheimdienste und das

Bundesluftfahrtamt bestätigt: es handelt

sich um eine sogenannte fliegende

Untertasse! Das Gerät fliegt

anscheinend noch heute und ist

wahrscheinlich für das unerklärliche

nächtliche Brummen im Wedding

verantwortlich. Angeblich soll der

Runde Tisch im Sprengelkiez unter

der Hand Tickets für einen Mitflug

auf dem Raumschiff anbieten. Eine

Anfrage des Autors danach rief nur

ein wissendes Lächeln hervor.


Die Aera 65

Der Sprengelkiez, das weltweite Zentrum der Xenolinguistik und heimlich auch Area 65 genannt, erstreckt sich

von der östlichen Seite der Müllerstraße bis zur Buchstraße im Westen. Die nördliche Begrenzung bilden die

Föhrer -und Luxemburger Straße, Richtung Süden zieht der Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal die Grenze. Hier lassen

sich die kulturellen Folgen und die subtilen gesellschaftlichen Veränderungen nach einem ersten Kontakt mit

Außeridischen gut beobachten. Immer wieder haben Exo -und Sozialwissenschaftler den Kiez analysiert und zum Teil

auch aliengerecht kulturell und räumlich umgestaltet. Einer der ersten, der mehr unbewusst, so im Vorbeigehen die

Schwingungen im Kiez aufnahm, war Oliver Herde. Autor und

Herausgeber der berühmten Asgard Sience Fiction Romanreihe.

Zu Zeiten als in Berlin noch mit Kohle geheizt wurde und

der Sprengelkiez noch gar nicht so hieß, gelang es

Oliver Herde einen überraschenden Blick auf die Dinge

die noch kommen werden zu werfen. Kein Wunder, das

Herde zum Kontaktagenten für Extraterristisches ernannt

wurde. Heute kommuniziert er über verschlüsselte Texte im

Kiezboten und subkortikale Nachrichten am PC mit den

Ausserirdischen in der Nachbarschaft und bietet gleichzeitig,

im SprengelHaus Kurse für klingonische Tänze an. Es kann

auch kein Zufall sein, dass der dem SprengelHaus räumlich

angebundene Intergalaktische Kulturverein e.V. gegründet

wurde! Jeden Dienstag von 19:30 Uhr - 21:00 Uhr gibt es die

Veranstaltung: „Chorgesänge im All”. Die Kursleiterin ist Eun

Young Shim. Ein Familiencafé, sich selber kokett als „Die Kleinen

Titelbilder : Gabriele Stippa

Mit freundlicher Genehmigung:

Astronauten” bezeichnend gibt es am selben Tag von 16:00 Uhr-

Elf und Adler Verlag, Oliver Herde

18:00 Uhr ebenfalls. Das sagt doch wohl alles!

Lioba Reckfort, Theaterwissenschaftlerin, Kulturelle Kommunikatorin, Regisseurin und Gründerin, sowie Vorsitzende

des Intergalaktischen Kulturvereins ist mittlerweile mit ihrem Motto: „Schwarztee für alle!” in die interplanetare

Kulturgeschichte eingegangen. Johannes Lauer, Komponist, Posaunenspieler und Pianokünstler veranstaltet

in den Räumlichkeiten des Vereins die Raketengigs. Die kreativen Gäste dort nennen sich unter anderem: Trio da

Hod, Sons e Cores oder Figelin. Außerirdischer geht es nicht mehr! Wer mag da noch an einen Zufall glauben? Seit

Jahren wird in der Aera 65 - neudeutsch Sprengelkiez - genannt, die kosmische Komponente des kulturellen Lebens

gepflegt.

Durch einen Glücksfall lässt sich ein weiterer Beleg

für die lange Tradition der futuristischen Ausrichtung

des Sprengelkiezes präsentieren. David Ruh von

der Apotheke am Augustenburger Platz, eigentlich

Triftstraße 37, hat in dem seit 1934 bestehenden

Geschäft einen alten Ausschnittbogen des Schienenzeppelins

von Franz Krückenberg gefunden. Der

schaffte schon 1930 die Strecke von Berlin nach

Hamburg in 98 Minuten. Spitzengeschwindigkeit:

230,2 Stundenkilometer. So schnell fahren heute nur

die Autos in der Föhrer Straße. Man sieht also, die

Anwohner vor Ort wurden schon frühzeitig auf die

kommenden kulturellen und technologischen Wunder

konditioniert.

Texte Seite 4 & 5: Uwe Bressem

Alter Bastelbogen eines Schienenzeppelins von 1934. Damals als Zugabe

beim Kauf von Medikamenten kostenlos abgegeben. Zur Freude der Kinder

in der Nachbarschaft. Da hatten die doch gerne einmal einen Husten.

Es gibt noch einige Hinweise auf außerirdische Verbindungen im Kiez. Menschen

die von oben bis unten tätowiert sind, ohrgesteckert blicken sie dauerhaft auf kleine

Bildschirme - alles typische Merkmale der vom Ufo Abgeworfenen. Für die

Schutzanzüge im Robert Koch Institut waren die Raumfahrtanzüge der Aliens Vorbild.

Einer vom anderen Stern lebt sogar offen am Nordufer. Getarnt als Kleinkünstler, der

mit seiner Katze redet. Manchen ist er schon unter seinem Tarnnamen Stampchef

bekannt. Andere meinen er hieße Uwe Bressem und man sollte sich nicht wundern,

dass dieser Typ in anderen Sphären schwebt. Wie auch immer! Live long and prosper!

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EXKLUSIV!

EXKLUSIV!

Der Beweis! Exklusiv in der Sprengelfanzine! Fund aus dem ehemaligen Berliner Polizeipräsidium in der Friesenstraße in

Kreuzberg. Fakismile der einzigen erhaltenen Seite der Ermittlungsakte vom Ufo-Absturz am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal.

Ort: 1000 Berlin 65

Dienstelle:

Sachbearbeiter: Dr.Vielgut

Datum: 15. 07. 1952

EXO/Abt.X-Akte

Signum: Dr. Vielgut

SpurIV.

A/7

Bemerkungen:

Auf keinen Fall Kopie

nach Rosswell senden

Verschlußsache!

Nur für den

Dienstgebrauch!

SpurV.

Spuren/Vorfall:Nordufer vom 14.07.1952

Die Spurenlag: unübersichtlich.Unbekanntes

Flugobjekt wurde durch das Verkehrs-Unfallkommando

in die Gebääude der ehemaligen

Rorbach-Flugzeugwerke verbracht.Es lagert

dort zur weiteren Untersuchung in den Unterbauten.Die

organischen Fundstüücke sind

prääpariert und konserviert, bereitliegend

zur Weiterleitung an das Robert-Koch-

Institut zur weiteren Analyse.

Spur IV:

Weiters Fundstück vom Havarieort.

Visitenkartenartiges Papierstück. 180g

gestrichener Karton. 49,168mm x 30,687mm.In

unbekannter Drucktechnik bedruckt.Ursprung

unklar.

SpurVI.

Nicht beachten.

Keine Spur!.

Fettfleck, meiner

Leberwurststulle.

gez. Dr.. Vielgut

SpurV:

Einziges vorhandendes Photo eines nicht

identifizierten Wesens.Der Fotograph,Herr

M.(Voller Name und Adresse in der seperaten

Zeugenakte.)war im Morgengrauen,er denkt,es

war gegen 4:30Uhr morgens,des 14.07.auf dem

Heimweg von einer Betriebsfeier der

Tankstellenwarte.Nach seinen Aussagen mit

ordentlich Benzin im Blut.Herr M.als Photograph

war in seinen Aussagen genauso unterbelichtet,wie

der Rest der Filmrolle.Es

verblieb ein Negativ mit Entwicklungswüürdigkeit.Substantierte

Aussagen waren von

Herrn M.nicht zu erhalten.Er habe die Figur

zuerst füüür eine Halluzination gehalten, da

er die ganze Nacht gut getankt habe,wie er

sich ausdrüückte.

Beschreibung der Figur:

Von durscheinender grauer oder grüünlicher

Farbe,Große Augen. Langgliederig.

Unbekleidet.Gnomenhafte Figur.

Empfehlung: Biologen und Zoologen unseres

Vertrauens befragen um eventuelle, bekannte

Spezies zu definieren!

SpurVI:

Deformiertes Fundstüück vom Absturzort:

Emblem,Medallion oder Ahnliches.Unbekannter

Herkunft,leicht radioaktiv.Eine metallische

Zusammensetzung.Zuordnung nicht mööglich.

Stark mineralisch.Möglicherweise eine unbekannte

Keramik.Symbolik des Motivs ist

unbekannt.Hermes,Prometheus,Diana oder

Robin Hood? Heraldiker und Mythologen fragen!

Nachricht an den Pontifex Maximus PiusVII.

vorbereiten!Dringend!

Text/Bilder:Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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EXKLUSIV!

EXKLUSIV!

Dr. Iko Noklast, Exosoziologe und Xenolinguist. Ausgebildet von Kurt Lewin, Stanislav Lem und Edward Bernays. Auf Alpha

Centauri B als Sozialingenieur tätig. Seinen Blick auf die Transformation des Sprengelkiezes in einen Pillepallekiez lesen Sie hier.

Berlin, das war einmal. Selbst im Sprengelkiez ist die

Transformation zum infantilen Spaßkiez fast gelungen.

Es rollert überall. Viele Bereiche des Alltagslebens

werden mittlerweile durch Provisionsgeier und

Datenräuber getarnt als Internetfirmen und Onlineplattformen

gesteuert. Airbnb, Fewo-direkt, Tripadvisor,

Facebook, Lieferando und nebenan.de beinflussen als

unsichtbare Macht das neuzeitliche Sozialleben. Öffentliche

Erholungsbereiche sind Partyräume. Wohnraum

wird fast nur noch dem Temporären gewidmet. Von den

Immobilienfreaks und Gipskartonfetischisten brauchen

wir schon gar nicht mehr zu reden. Jeder im Kiez hat ein

Projekt und was früher Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Dünnbrettbohrerei genannt

wurde hat heutzutage

dank des Bachelors

einen akademischen

Anstrich. Befähigung

und Talente wurden

durch Skills ersetzt und

viele haben einen Job,

weil das Wort Arbeit

doch zu deutlich wäre.

Die Arbeitswelt wird für

den modernen Menschen

verkindlicht. Ein

bisschen Zuneigung, ein

bisschen Bewegung und

ein bisschen zu Futtern,

schon funktioniert es mit

der Arbeitswelt ganz gut.

Betriebsräte werden

durch Feel Good Manager

ersetzt und die

Mitarbeiter lassen sich

gerne beschmusen, da

die Hierarchien flach

sind und gemeinsames

Tischtennis Spielen und

Kickern im Betrieb den

Gang zum Arbeitsgericht

ersparen. Dem

Bedürfnis nach oraler

Text: Uwe Bressem

Befriedigung kommt man mit Bowls und Snacks nach.

Ein gexingtes Wirgefühl mit einer Alphakonditionierung

macht die Sache rund. Was ein Start up ist, ist rechtlich

nicht definiert. Das spielt aber keine Rolle, denn sollte

jemand ein Unternehmen gründen, dann müsste er was

unternehmen. Selbständigkeit bedeutet ja, dass man

immer man selbst ist. Ein Start up kann wenigstens

schnell Geld verbrennen, tut nur Gutes und jeder darf

Vice President sein, was immer das ist. „Safter” als ein

neues Berufsbild gibt es auch schon. Wie geil! Die

Schöne neue Welt !

Sozialversicherung ist verpönt, so verstaubt. Der scheinselbständige

Freelancer ist der Held der Stunde.

Ausbildungsbetriebe im Sprengelkiez sucht man fast vergebens.

Während bildende Künstler den Status eines

Pinguins im Zoo erhalten, gilt als Kreativer, der weiß was

der Laptop hergibt. Wem das alles zu viel Angst macht,

wer sich vor einer solchen Entwicklung fürchtet und gruselt,

der sei beruhigt, es ist nur spooky. Wem die neuen

Kiezbewohner oft wie von einem anderen Stern vorkommen,

der hat das richtig wahrgenommen. Berlin, auch

der Sprengelkiez ist ein intergalaktisches Babylon geworden.Der

effektheischende, empathielose Spitzenverdiener,

oft im Gewand des

scheinheiligen Zynikers,

ist im Kommen. Das sieht

man auch daran, dass

der echte berliner Trinker

ausstirbt, die letzten dieser

Exemplare werden

noch am Berlin-

Spandauer-Schifffahrts-

Kanal ausgestellt. In

Assonanzen lallende

Multitoxomanen stehen

zur Zeit hoch im Kurs.

Jedenfalls solange die

Sonne scheint. Dass

nebenbei die Versorgungsinfrastruktur

für den

Alltag zusammen bricht

fällt kaum mehr auf.

Einzelhandel, Handwerker,

bald alles Neese.

Schöne neue Welt! Für

den Kiez kann man der

Politik für die Gemeinwesenarbeit

empfehlen:

statt Sozialarbeitern im

Sprengelhaus einen Kiez

Relation Manager einzuführen,

dann hat sich die

soziale Komponente

darin sprachlich gleich

erledigt, man kann bei Bedarf leichter auf das Gemeine

Rückgriff nehmen und es hört sich eleganter an.

In diesem Sinne: „Have a nice day!” Ihr, Iko Noklast.

Leseempfehlung: Exosoziologie, Szenarien für den

Erstkontakt mit außerirdischer Intelligenz wurde am

12.7.2019 von Andreas Anton und Michael Schetsche im

Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht.

http://www.bpb.de/apuz/293692/exosoziologieszenarien-fuer-den-erstkontakt-mit-ausserirdischer-intelligenz

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Gymnastik ist ein Wort, das sich so schwer

aussprechen lässt. Wer im Kiez auf sich

hält, der macht Yoga. Das ist kurz, prägnant

und schon fast ein veganer Begriff.

Turnen war gestern! Bild: Edyta Lysko

Bürgersteige

im Sprengelkiez sind in Zukunft ausschließlich für

die gewerbliche Nutzung für Gastronomen, Leihräderverleiher,

für Roller, Mietmopeds, Sperrmüll

und Fahrradfahrer vorgesehen. Fußgänger benutzen

zukünftig bitte den Luftweg, oder laufen bitte

auf der Straße. Da kann man nix machen!

Kulturtip

Verwirrend! Jenes Gerücht, man solle

Sperrmüll und andere Straßenfunde in

der Galerie Wedding, in der Müllerstraße

für das nächste geplante Environment

abgeben. Ob das stimmt? Die kulturellen

Anregungen aus den Ausstellungsräumen

in der Müllerstraße werden im

Sprengelkiez jedoch gerne aufgenommen.

Fast jedes Wochenende gibt es in

der Fehmarner Straße eine Freiluftausstellung

mit Sperrmüllkunst und

Bauschutt, die die Präsentationen in der

Galerie Wedding bei weitem übertreffen.

Gestaltet und kuratiert von rücksichtslosen

Anwohnern und ignoranten Hausverwaltungen.

Der Eintritt ist frei und man

kann beim Flanieren durch die Fehmarner

Straße in Ruhe die verschiedenen

Baumscheiben im neuen urbanen Kontext

genießen. Danach ein Eis im Eiskult!

DO NOT

PANIC!

Flohmarkt ist,

wenn es juckt!

8

Dorothea Janke reinigt

jeden Sonntag freiwillig die

Sprengelstraße vom Müll!

Dafür vielen Dank!


Wedding hat

° ein Himmelbeet am Boden

° einen Leopoldplatz ohne Löwen

° einen Zeppelinplatz zum Abheben

° ein Nordufer in Ost-West-Richtung

° vegane Restaurants ohne Pflanzen

° Füchse, die sich am Tag „Gute Nacht” sagen

° Kerzenläden zum Heimleuchten

° Raben, die krähen

° Spätis, die sehr früh aufmachen

° eine Togostraße, die man nicht mitnehmen

...kann

Wedding is`n Ding

mit Doppel- „D”

Das kann schon mal passieren

Das Berliner Stadtmarketing wird von vielen

Besuchern, Investoren und WG-Bewohnern

ganz anders interpretiert als eigentlich vorgesehen.

Du brauchst Berlin, um jeden Preis, für

Deine Biografie? Dann bist Du hier richtig! Du

kannst einen Joint drehen, beim Spazierengehen

eine Flasche Bier halten und ein Handy

oder einen Laptop bedienen? Dann bist Du

hier richtig. Du hast Visionen, wie Du etwas

verändern willst, möchtest etwas lostreten,

brauchst aber zuerst einen Espresso? Dann bist

Du hier richtig. Du hast einen Koffer voller

dubiosen Geldes für eine überteuerte

Immobilie? Dann bist Du hier richtig. Du suchst

die Freiräume, die es nicht mehr gibt? Dann

bist Du hier richtig. Du brauchst `ne Nase

Koks? Dann hau ab nach München! Du kannst

Photoshop und willst damit die Welt retten?

Dazu brauch`ste nicht nach Berlin, auch

nich`in Wedding!

Bilder Seite 8 & 9: Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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Alle INFORMA-

TIONEN zusammengestellt

und

Ausgewählt

Von

STELLA MARIS!

Aufgepasst! Schrille Informationen!

Sprengelkiez

der Kiez, in dem man

ohne Flügel abhebt!

Lesen, Schreiben, Rechnen Fällt Ihnen

Schwer? Oder Sie kennen Jemanden,

bei dem das so ist? Dann Kommen Sie

vorbei im Sprengelhaus und Reden

Einfach darüber. Jeden Montag von

14:30 UHR - 15.30 Uhr mit Franziska Weiß.

Nur Gespräch und Beratung, Kein Kurs!

Lohnt sich!

Kontakt:

Franzika.Weiss@moabiter-ratschlag.de

Tel. 030 - 45 02 85 24

Die Stadtteilkasse Wedding Zentrum finanziert lokale, kurzfristige, eigenverantwortliche,

öffentliche und schnell sichtbare Aktionen in der Nachbarschaft Mit Bis Zu 500 Euro!

Einfall

Antrag

AkTION

Abrechnung

AuSzahlung

Kontakt und Auskunft: Stadtteilkoordination Wedding Zentrum, Treffpunkt Im SprengelHaus.

Moabiter Ratschlag e.V. Sprengelstraße 15 in 13353 Berlin. Tel.: 030 - 45977308/09 E-Mail:

stk-wedding-zentrum@berlin.de

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Das Langzeitprojekt, Der

Schulgarten In der

Tegeler Straße, Betreut

von Waltraud Schulz-Paul

und Paula Stockmann

Sucht immer Unterstützer!

Wer Lust hat, zu

Gärtnern, oder sich über

Pflanzen Freut, Der melde

sich bitte vor Ort. Immer

Freitags ab 15:00 Uhr,

Neben der Grundschule.

RENTENBERaTUNG

Nach Vereinbarung

im Sprengelhaus

Montags

16:00

BIS

8:00 UHR

Ria Reich

Versicherungsälteste

der Deutschen

Rentenversicherung

e-mail:

RiaReich@gmx.de

Tel.:

030-61288156

Bitte Anmelden!

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


SOZIALBERATUNG

Noch SchrilleRE Informationen!

Eine Tradition die lebt. Mailart

Wedding. Kunstpost vom Feinsten im

15.Jahr! Wer hätte das gedacht?

Panta Rhei - alles fließt

Acryl-Pourings

von Rita Böhmer und

Hubert König

Montags von

12:00 - 15:00 UHR

Einfach

vorbeikommen!

Seit 11. Juli 2019

im EiskultWedding

Fehmarner Straße 20

13353 Wedding

Siemen Dallmann

Freundlicher Mäzen,

Kiezaktivist und

Lebender

Informatiionsträger.

2 Tage Wedding Fand Zum Vierten mal am 7. und 8. September 2019 Statt. Irgendwann im

Sprengelkiez aus dem Hut gezaubert, ist 2 Tage Wedding ein von Künstlern und GewerbEtreibenden

Selbst organisiertes Kulturfestival. Carsten Siebke von Stilbrand ® Kümmert sich

um Flyer, Karten und andere Designaufgaben. Tomas Kiesow von SPOX e.v. und sein team

von Dekkon Unterstützen das Festival online -und Abrechnungstechnisch. Ansonsten

macht jeder Teilnehmer - wie soll das im Wedding auch anders sein - was er kann, oder

was er will. Ein KulturEreignis aus dem Sprengelkiez das von, Für und mit den Menschen Lebt.

11


Gemeinsames Mittagessen

NachbarInnen kochen für NachbarInnen

mit Siemen Dallmann

jeden Mittwoch ab 12.00 Uhr

Bürgersprechstunden mit PolitikerInnen

Termine siehe Aushänge

Unkostenbeitrag: 3,50 Euro

Bücherbank

und Tauschregal

für gebrauchte

Bücher

Frühstück am Montag

mit Andrea Krüger

und Christa Marthen

jeden Montag, ab 10.00 Uhr

Jeder bringt eine Sache mit!

Runder Tisch

Sprengelkiez –

Vorbereitungstreffen

jeden ersten Dienstag

im Monat,

14.00-16.00 Uhr

PC-Arbeitsplatz

mit

Internetanschluss

MIT

WLAN

Das Mehrgenerationenhaus, als Treffpunkt

für alle im Kiez, bietet eine ganze Palette an

bunten Angeboten für alle Altersstufen. Der

Bezirk Mitte unterstützt das Haus, kann sich

aber immer noch nicht dazu durchringen, das

SprengelHaus offiziell zum vollwertigen

Gemeinwesenzentrum zu deklarieren.

Versteht man als Bürger und

langjähriger Anwohner nicht, da

Politik und Verwaltung die Stärkung

der Nachbarschaften und der

Gemeinwesenarbeit vorgeblich eine

Herzensangelegenheit ist. Aber als

Bürger kann man eben nicht wissen,

wo das politisch - verwaltende Herz

wirklich schlägt. Zur Stärkung seiner

Nachbarschaft reicht dem Uranwohner

sowieso oft ein Malzbier

und `ne Stulle. Seine Herzensangelegenheit

ist eher der kommende

Infarkt, wegen der

nächsten Mieterhöhung.

Aber das ist dann schon

keine Gemeinwesenarbeit

mehr, sondern ein Fall

für den Kardiologen.

Also! Nix wie hin, zum

SprengelHaus und

Kontakte knüpfen!

Text: Uwe Bressem

Klingonisch

lernen!

Qapla´!

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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Öffnungszeiten:

Mo – Mi

9.00 – 16.00 Uhr

Do

14.00 – 16.00

Uhr

Fr

9.00 – 15.00 Uhr

Sprengelstraße 15

13353 Berlin


Auf ein Wort

Gemeinsam lesen und darüber

reden, nach dem Konzept von

Shared Reading, wird im Kiez auch

angeboten. Begleitet und organisiert

von Anneliese App. Die

Teilnahme ist kostenlos. Wer

Freude am geschriebenen Wort

hat, oder sich an literarischen

Werken erfreut, der ist hier willkommen.

Voraussetzungen gibt es

keine, Vorkenntnisse sind nicht

Bedingung. Es wird entspannt

gelesen, interpretiert und frei assoziert.

Man nimmt teil, liest gemeinsam

einen Text, redet darüber und

geht danach ein Stückchen positiv

verändert von dannen.

Jeden Mittwoch von 16:00 Uhr bis

17.30 Uhr im

Bild: Edyta Lysko

Paula Stockmann und Waltraud Schulz-Paul

greifen nach den Sternen

Auch schon eine nette Tradition im Kiez! Seit fünf Jahren, wie jedes Jahr im Herbst, basteln Paula und

Waltraud mit Kindern und Erwachsenen. Es wird geschnippelt, geklebt und gemalt. Die Materialien

werden gestellt und die Teilnahme ist kostenlos. Die Feinmotorik bitte mitbringen. Erfolgserlebnisse sind

garantiert.

Hier die Termine:

Masken für Halloween am Samstag, den 26. Oktober ab 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Laternen für den Martinsumzug am Samstag, den 9. November ab 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Sternenschmuck für Weihnachten am Samstag, den 14. Dezember ab 14:00 Uhr bis 18:00 Uhr

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

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Gustav Mesmer – Wenn der Seele Flügel wachsen

Gustav Mesmer wird 1929 in die

Psychiatrie in Bad Schussenried

eingeliefert. Seine Isolation sollte

insgesamt 35 Jahre dauern. Ein

Erfinderwahn wird ihm bescheinigt.

Als „Infantiler Charakter” wird er

abgestempelt. 16 mal flüchtet er

aus den damals schwer erträglichen

Umständen. Ohne Erfolg. Selbst die

eigene Familie schickt ihn immer

wieder zurück in die Anstalt. Da

Gustav ein fleißiger Arbeiter ist, entgeht

er mit Glück dem Tod durch

das Vernichtungsprogramm der

Nationalsozialisten. In den fünfziger

Jahren drängt Gustav Mesmer auf

Entlassung, will eine Korbmacherei

eröffnen und eine Familie gründen.

Gustav Mesmer

Geboren 1903 gestorben 1994.

Erfinder, Zeichner, Schreiber und

Mensch dessen Seele Flügel wuchsen.

Zeichnung: Uwe Bressem

Doch niemand setzt sich für ihn ein,

obwohl längst klar ist, dass Mesmer

in der Psychiatrie fehl am Platze ist.

„Auffallend die zeichnerische

Begabung“, ist in einer Krankenakte

zu lesen. 35 Jahre nach seiner

Einlieferung wird Gustav Mesmer

aus der Anstalt Weissenau auf

Betreiben von Verwandten entlassen.

Sein Traum, mit seinen

Flugrädern davon fliegen zu können,

rettete ihn über diese lange

Zeit. Heute können wir seine

Fantasien, Erfindungen und künstlerischen

Ideen in Ausstellungen

bewundern. Gustav Mesmer hatte

das versöhnliche Glück, noch zu

Lebzeiten, im hohen Alter, Anerkennung

für sein Schaffen und Leben zu

erhalten. Tausende bewunderten in

großen Präsentationen, in Paris und

zur Weltausstellung in Sevilla 1992,

die Erfindungen des schwäbischen

Tüftlers. Gustav Mesmer, der Flugradbauer

von Altshausen. Liebevoll

der Ikarus vom Lautertal genannt!

Texte: Uwe Bressem

Titelbild Buch: Edition Patrik Frey , Zürich


Zeichnungen, poetisch

und voller

Lebensfreude, das

war die Welt von

Gustav Mesmer im

Kontrast zu seinen

Lebensbedingungen.

Konstruktionen zum

Davonfliegen, Dahinschweben

aus eigener

Kraft, das war sein

großer Traum! In der

Fantasie ist Gustav

Mesmer dem Kerker

der Psychiatrie entkommen

und seine fantastischen

und ausgefeilten

Konstruktionen zeugen

immer wieder davon.

Illustrationen: Gustav Mesmer

Mit freundlicher Genehmigung

der Gustav Mesmer Stiftung

Am 16. Dezember 1996 – zwei Jahre nach seinem

Tod – ist die Gustav Mesmer Stiftung gegründet

worden. Die Stiftung hat zur Aufgabe, Gustav

Mesmers Werk zu bewahren und der Öffentlichkeit

zugänglich zu machen. „Erklärungen” für nachfolgende

Generationen zu erhalten, und die Freude an

dem „Hobbie” Gustav Mesmers weiterzutragen.

Vorstand der Stiftung:

Stefan Hartmaier, Martin Mangold

ikarus@gustavmesmer.de

Gustav Mesmer Stiftung

Bahnhofstraße 26

72138 Kirchentellinsfürst

Tel. 07121 - 960710

Das Buch zu Gustav Mesmer erschien 2018 in der Edition von Patrick Frey, Zürich. Über 500 Seiten mit

vielen fantastischen Abbildungen und Fotos. Eine prächtige Ausgabe und ein Werk, so individuell und

liebevoll gemacht, das hat Seltenheitswert!

Das Buch ist dreisprachig

in deutsch, englisch und

französisch abgefasst. Inklusive

eines großformatigen Faksimiledrucks.

Erhältlich direkt über die

Stiftung. Adresse: siehe oben!

Alternativ dazu können Sie auch

gerne hier kaufen: belle-et-triste

ist im Wedding für Sie da! Frau

Reinhold und Herr Kellmann helfen

Ihnen immer gerne weiter!

belle-et-triste

Amsterdamer Straße 27

13347 Berlin

Tel. 030 - 4556701

http://www.belle-et-triste.de

15


Berlin, wir sind da

von Elke Günther

28 bejeanste Beine mit 14 gestylten Kurzhaarfrisuren,

dazwischen, über schwarzen Jacken

14 Gesichter mit erwartungsvollen Augen

schieben sich durch die Auguststraße

im in sich geschützten Boy-Konvoi.

Berlin, wir sind da und wollen was erleben.

Was haben sie sich vorgestellt

von der Stadt, die arm ist, aber so sexy?

Die schon immer etwas schräger und anders war

als die behüteten deutschen Heimatstädte.

Papi hat ihnen Geld mitgegeben.

Sie sollen die Stadt mal so richtig erleben.

Er war auch schon hier in seiner Jungmännerzeit,

zum Austobenlassen ist sie immer bereit.

Clipart von :pixabay

Collage: U.Bressem

GEIL!

SEXY!

Berlin, wir sind da und müssen was erleben.

Abends geht es dann biertrunken munter

die Oranienburger Straße rauf und runter.

Die Frauen, die da stehen, sind alle zu kaufen.

Mal sehen, ob die Kohle dann noch reicht zum

Saufen.

Entscheidungen sind jetzt angesagt.

Was machen wir jetzt, wird ständig gefragt.

Ich will alles, hat da einer geschrien.

Ich will jetzt zu den Huren gehen.

AHH!

Berlin, wir sind da und sollten was erleben.

Wir wollen erst essen, doch wo gehen wir da hin?

Schon wieder Diskussionen ohne einen Sinn.

Die haben keine Ahnung, wo sie grad sind.

Voll purer Erlebnisgeilheit ganz blind

rennen sie immer schneller auf der selben Stelle.

So vergeht die Zeit, bald wird es helle.

Der Tag vertreibt die Magie der Nacht.

Die Kneipen schließen, der Kopf der kracht.

Berlin, wir sind da, was können wir noch erleben.

Berlin ist so cool für den Touristenboom.

Nicht nur Shoppingmeilen verlocken zum Konsum.

Darum Väter, lasst Euere Söhne ziehen

in das verrückte, arme, sexy Berlin.

Berlin braucht jedes bejeanste Bein.

Das füllt die Kassen, das bringt was ein.

Ach so Kultur, die soll es auch da geben?

Ne, heute nicht, vielleicht im nächsten Leben.

Berlin, wir sind da, und wollen was erleben.

Berlin, wir sind da, und sollen was erleben.

Berlin, wir sind da!

16


So ist das in unserem Viertel, die einen verbrennen

einen halben Wald in der Woche in einem

Restaurant, um teure tomatisierte Hefefladen mit

Löwenzahn für eine angeblich umwelt -und

ernährungsbewusste Klientel zu servieren, während

die anderen anstehen, um an günstige Lebensmittel

zu kommen, um wirtschaftlich zu überleben und

sich ausreichend zu ernähren. Ausgerechnet nach

der heiligen Elisabeth von Thüringen, die sich als

Adelige um die

Armen und Hungernden

kümmerte,

ist die Pizzaschmiede

benannt. Was

für ein Widerspruch.

Besser

würde die Heilige,

in neukiezisch kokett

umtituliert in

St. Bess, zur

Osterkirche passen.

Jeden Freitag wird

deutlich, keine

500m trennen unsere

neue „Kiezschickeria”

in der

Sprengelstraße von

den Bedürftigen in

der Osterkirche.

Während die einen

sich als Gourmets

und Weltbürger

geben, geht es bei

den anderen um

die Wurst, im

wahrsten Sinne des

Wortes! Salate, Kartoffeln und Gemüse werden

allerdings ebenfalls geschätzt. Seit den neunziger

Jahren gibt es Laib und Seele, die Ausgabe von

gespendeten Lebensmitteln gegen einen symbolischen

Beitrag von einem oder zwei Euro. Wie wertvoll

dieser Dienst ist, davon kann sich jeder selbst

ein Bild an jedem Freitag machen. Auch wenn das

nicht gerne gehört wird, unsere Gesellschaft hat

eine große Anzahl an Bedürftigen, die auch leben

wollen! Man könnte fast sagen, der Hedonismus

der einen spiegelt sich im Hunger der anderen.

Wenn Sie Lebensmittel benötigen sollten, dann

gehen Sie bitte zu der Ausgabestelle, die für

Ihren Wohnbezirk zuständig ist. Zeigen Sie dort

Laib und Seele

Ihren Hartz IV-, Arbeitslosen- oder Rentenbescheid,

dass Sie Bafög beziehen oder Ihren Einkommensnachweis.

Sie benötigen auch Ihren Personalausweis.

Bitte beachten Sie, dass der Kostenbeitrag für

eine Ausgabe zwischen einem und zwei Euro liegt.

Erkundigen Sie sich im Vorfeld bei der für Sie

zuständigen Ausgabestelle. Sollten Sie verhindert

sein, können Sie sich mittels einer Vollmacht vertreten

lassen. Die Ausgabestelle notiert Ihre Daten,

damit Sie Ihren

Bescheid nicht

jede Woche vorlegen

müssen. Außerdem

wird hin

und wieder kontrolliert,

ob Bedürftige

versuchen,

in mehr als

einer Ausgabestelle

Lebensmittel

zu bekommen.

(Das ist datenschutzrechtlich

zulässig.)

Da der Mensch

nicht nur vom

Brot alleine lebt,

gibt es, für den

der möchte, eine

Andacht vor der

Nummernverteilung.

Kaffee und

Wasser in der

Wartezeit stehen

bereit. Bei Bedarf

und gegen eine

kleine Spende erfolgt auch eine Kleiderausgabe.

Helfer und Unterstützer sind immer gesucht und

können sich freitags in der Osterkirche melden,

oder „Uns Siemen” fragen.

LAIB UND SEELE

IM SPRENGELKIEZ

Evangelische Osterkirchengemeinde

Samoastraße 14 in 13353 Berlin Wedding

Nummernausgabe ab 12:45 Uhr

Ausgabezeit am Freitag: 13:30 Uhr – 14:30 Uhr

Bild: Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

Die heilige Elisabeth von Thüringen.

Quelle: Joachim Schäfer, Ökumenisches Heiligenlexikon

Text: U. Bressem, Info: Laib und Seele

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Ein Museum im Robert Koch-Institut

Am Rande des Sprengelkiezes am Nordufer gibt es ein Museum. Und das ist nach dem weltberühmten

Robert Koch benannt.Nett ist der Zugang zum Museum. Dort hängen Fotos der Mitarbeiter aus den

vergangenen hundert Jahren gepaart mit Bildern aus der Jetztzeit, die aufzeigen, dass es für den Betrieb

des Robert Koch-Institutes vieler Menschen bedarf. Ob Reinigungskraft oder Archivar; die Mitarbeiter von

damals und heute werden vorgestellt. Das ist eine bewundernswerte Wertschätzung der geleisteten Arbeit.

Im Museum wird man aufgeklärt über die vergangenen Vorstellungen der Menschen zu den „Bazillen“.

So galt in England die Themse lange

Zeit als eine „Monstersoup“.

Monster, Wasserdrachen und

Polypen lauerten in der Fantasie

der Londoner im Wasser der Themse.

Das war ja nicht ganz falsch. (Heutzutage

vermuten die Briten diese Lebewesen eher in ihrem

Parlament.) Man kann nur staunen: ohne dass es irgendjemand

bemerkte, haben die Wissenschaftler seit 1900 mehr

als 10.000 verschiedene Bakterien gefunden und katalogisiert.

Es sind wahrscheinlich noch viel viel mehr Mikroben im Umlauf.

Schädliche wie nützliche.

Salmonellöse Bartagame. Große Augen und wechselwarm.

Verursacht in seltenen Fällen auch Amphiebolie.

Gesucht wurde nach den Kleinstlebewesen überall.

Im Blut von Krokodilen und von Fledermäusen.

Wie zum Beispiel der Rauhautfledermaus, die

heute noch Tollwut übertragen kann, oder in Reptilien

wie der Bartagame, die ganz gerne die gefürchteten

Salmonellen ausscheidet und überträgt. Die

Ausstellung im Museum zeigt auch auf, wie die Suche

nach einem Nährmedium für die süßen kleinen

Bakterien begann. Man nutzte anfangs zur Fütterung und zur Vermehrung der einzelligen Organismen

das Kammerwasser von Rinderaugen und experimentierte auch mit Köstritzer Schwarzbier. Das war praktisch,

denn davon konnten sich auch die Laboranten und deren Gehilfen nebenbei ernähren. Heutzutage

greift man auf Malzextrakt und Rinderbouillon zurück, die mit Agar-Agar geliert wird. So etwas kennt man

sonst nur aus den Kochshows im Fernsehen. So! Einfach einmal selber das Museum anschauen!

Öffnungszeiten

Montag bis Donnerstag von 10.00 bis 17.00

Uhr

Freitag von 10.00 bis 15.00 Uhr

Samstag / Sonntag / Feiertage geschlossen

Rauhautfledermaus,

Tollwutüberträger und Batmans

Liebling.

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Eintritt und Führungen

Der Eintritt ist frei. Führungen für Gruppen ab

acht Personen sind nach Anmeldung möglich,

sie werden in verschiedenen Sprachen (Englisch,

Französisch, Russisch, Portugiesisch, Katalanisch,

Italienisch, Spanisch, Türkisch, Schwedisch,

Chinesisch, Polnisch) angeboten.

Kontakt

Anfragen und Anmeldungen: Museum@rki.de

Adresse

Robert Koch-Institut

Hauptsitz

Nordufer 20

13353 Berlin-Wedding

Gekleckster Künstlerkompost

In Aquarellfarben kultivierte „Monstersoup“

Bilder Seite18 und 19: Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


Dem Robert Cuisto seine Bouillon

Badading Badading

Simsala Salim

Um eine für die Wissenschaft als Nährmedium, oder

für die Familienfeier taugliche Bouillon zu kochen

entwickelte Gourmetkoch Robert Cuisto das folgende

Rezept :

1 kg geschrotete Rinderhesse

2 kg zersägte Rinderknochen

1 rote Zwiebel, 1 Gemüsezwiebel

3 Blätter Liebstöckel, 3 Möhren

1/8 Sellerieknolle, 1/2 Stange Porree

3 Rispen Blattpetersilie

1 Lorbeerblatt

Rote Zwiebel schälen und in grobe Würfel schneiden.

Alle anderen Gemüse waschen und grob blättrig

schneiden. In einem großen Topf die roten

Zwiebelstücke mit einem EL Öl kurz anschwitzen.

Sellerie, Möhren und Porree dazu geben und ebenfalls

so behandeln. Rinderknochen und Hesse auf die

Gemüse legen und mit Wasser oder Gemüsejus auffüllen,

bis der Topfinhalt bedeckt ist. Aufkochen lassen und

danach nur noch simmern lassen. Die Gemüsezwiebel

halbieren und kurz ohne Fett in einer Pfanne anrösten.

Röstzwiebel, Liebstöckel, Petersilie und Lorbeerblatt der

angehenden Bouillon zugeben und unter ständigem

Auffüllen vier bis fünf Stunden köcheln lassen.

Zwischendurch abschäumen. Durch ein sauberes

Küchentuch im Haarsieb passieren. Fertig ist die

Bouillon! Bei Bedarf nach Geschmack würzen.

Das ist der Nachbar Salim aus dem

Sprengelkiez. Herrn Salims Hobby ist

Metallschrott. Alte Fahrräder, Kabel, Heizkörper

und alle die zufällig eine Schraube locker

haben, sind willkommen. Herr Salim freut sich

über jede Spende für seine Sammlung. Ein

nettes Gespräch mit ihm ist auch immer drin.

Statt Alltagsschrott auf den Gehweg zu stellen,

einfach aktive Nachbarschaft leben und

Altmetalle bei Salim in der Samostraße 9

abgeben. Dann freuen sich der Herr Salim,

die Umwelt und auch der Spender.

Bild: Edyta Lysko

Live aus dem Bioladen

Besser als in Prenzelberg. Ein ökologisches,

nachhaltiges Originalzitat aus dem Bioladen:

„Bitte lassen sie mich durch, ich bin Mutter!”

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Ein runder Tisch, der um die Ecke denkt, so

etwas gibt es nicht oft in Berlin. Im

Sprengelkiez schon. Im SprengelHaus

finden regelmäßig die Treffen des

Runden Tisches statt. Es treffen

sich die Anwohner und diskutieren

über die im Umfeld

anstehenden Probleme.

Wer sich engagieren will,

oder seine Eloquenz einmal

beweisen möchte,

der ist herzlich willkommen.

Der Runde Tisch

begleitet und organisiert

auch Arbeitsgemeinschaften

zum Thema

Müll und Verkehr im

Kiez. Die Treffen sind

offen für alle Anwohner!

Ein runder Tisch, der um die Ecke denkt

AG – Müll im Sprengelkiez

Die fleißigen Kehrenbürger im

Kontakt:

Sprengelkiez

Siemen Dallmann

Auch für den 16. 11. 2019 ist eine

Mittwoch von 9.00 - 14.00 Uhr Kehrenbürgeraktion geplant.

im Nachbarschaftsladen

Sprengelstraße 15,

Tel.: 030/200 678 85 Handy: 0176 248 250 83

Mail: Muell@runder-tisch-sprengelkiez.de

AG – Verkehr im Sprengelkiez

Kontakt:

Siemen Dallmann

Mittwoch von 9.00 - 14.00 Uhr

im Nachbarschaftsladen Sprengelstraße 15,

Tel.: 030/200 678 85 Handy: 0176 248 250 83

Mail: Verkehr@runder-tisch-sprengelkiez.de

Zielsetzung: Den Autoverkehr in der Nachbarschaft zu

verringern. Nur noch Anwohner, Lieferverkehr und

Busse sollen durch den Kiez fahren. Die Einführung

einer Parkraumbewirtschaftung im Sprengelkiez und

auch im Brüsseler Kiez.

AG – Ufos im Sprengelkiez, ist angedacht................

20

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019


Advent, Advent ein Lichtlein

brennt..........!

Liebe Nachbarinnen und Nachbarn

im Sprengelkiez!

Im Gedenken an Klaus Wolfermann gibt es

auch in diesem Jahr den lebendigen

Adventskalender. Es öffnet sich vom 1.

Dezember bis zum 24. Dezember jeden Tag

irgendwo in unserem Kiez mindestens eine Tür

und Sie sind herzlich eingeladen, einzutreten

und sich überraschen zu lassen. Wir werden ins

Gespräch kommen, einige unserer

Nachbarinnen und Nachbarn kennen lernen,

vielleicht sogar neue Freunde gewinnen.

YEAH

!!!

Bild: Edyta Lysko

Live aus dem Streichelzoo

„Vegane Ernährungsweise ist doch durch nichts zu überbieten!

Das ist ja ein Bock du, da hat uns doch tatsächlich

jemand Gras ins Heu gepackt, Alter! Muhäähhh!”

Christa Marthen

Uwe Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Machen Sie sich auf den Weg! Wir sind

gespannt, wer von Ihnen sich auf das

„Abenteuer Nachbarschaft“ einlassen wird!

Ihnen allen wünschen wir viele anregende und

bereichernde Begegnungen im eigenen Kiez,

hinter den mannigfaltigen Türen des

„Lebendigen Kalenders“. Das Programm für

2019 gibt es im Internet und unter anderem

liegt es in der Osterkirche und im

Nachbarschaftsladen ab Mitte November wieder

als Programm-Flyer aus.

Viel Spaß! Wünscht Euch,

Siemen Dallmann

http://www.lebendiger-adventskalender-online.de

Hier der illustrierte Beitrag von Christa Marthen, die zusammen

mit Andrea Krüger eine der guten Seelen im

Nachbarschaftladen ist! Das musste doch einmal gesagt

werden! Das Bild regt an zum Meditieren und lässt

den Betrachter Landschaften einmal ganz anders sehen.

Xin Chao Sprengelkiez!

Die Familie Tran lebt schon in der dritten Generation im

Kiez. Gemeinsam sorgen sie nun in der

Torfstraße 16 für feinste Indochine

Fusion Küche. Gerichte im Hanoi-Style,

davon viele vegetarisch. Es gibt hausgemachte

Getränke und ausgesuchte

Weine. Das alles in einem stilechten

Ambiente. Xin Chao Sprengelkiez!

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Ein Gelegenheitsvisionär im surrealen Subraum

Ulle Bowski, geboren in der Stadt der Ruhrfestspiele, ist Grimme Preis Träger und Gewinner des

Goldenen Kaktus 2019. Initiator von „Farbe Bekennen”, der Produzent des Blockbusters „Von Null

auf Nix” und nach eigenen Angaben Gelegenheitsmaler, Gelegenheitsfilmer, Gelegenheitsautor und

Betreiber der „1000 Markenbude” in der Recklinghäuser Altstadt. Ulle Bowski, der noch nie im

Sprengelkiez war und nach eigenem Bekenntnis der Meister der Schreibblockade ist, hatte nach dem

Genuss einer überfetteten, schwer verdaulichen Currywurst mit einer Portion Pommes rot-weiß, seine erste

„Fernwahrnehmungs- Erfahrung.” Trotz Blockade hat Ulle Bowski als Gelegenheitsfernwahrnehmer spontan

seine surreale Vision über den Sprengelkiez zu Papier gebracht. Hier sein Beitrag zur Sprengelfanzine.

Der Protonenmann von Ulle Bowski

Die Ärzte staunten nicht schlecht, als sie die Werte mit der

Grafik am Monitor abglichen. Die Strahlenbelastung des

Mannes, der vor drei Tagen im Sprengelpark gefunden

wurde, hätte er nicht überleben

dürfen, doch statt dessen schien

sein Herz, sowie sämtliche

Organe, die eines Zwanzigjährigen

zu sein. Dass der Mann mindestens

über siebzig sein müsste,

konnte Oberarzt Dr. Beilland vom

Charité Virchow Klinikum durch

die DNA Analyse bestätigen. Er

wurde erst heute morgen aus

dem Krankenhaus St. Peter hier

her geschickt. Es wunderte Dr.

Beilland, wie es zu diesen Werten

kam. Er dachte kurz an die überalterten

Geräte, die Technik dort

hing anderen Kliniken Lichtjahre

hinterher. Da sollte man eigentlich

den medizinischen Befund für

nichtig erklären. Doch als Dr.

Beilland die Werte durch den Computed Tomography Images

Reader jagte und die Niedrigdosisstrahlungwerte mit der

Heterogenitätsanalyse abglich, lief ihm ein Schauer über den

Rücken. Die unterschiedlicher Zelldichte und Angioneogenese

sollten ein entsprechend quantifizierbares Korrelat in den

bildgebenden Verfahren aufweisen, doch die Werte des alten

Mannes ergaben völlig unlogische Ergebnisse. Dr. Beilland

war sich jetzt absolut sicher, dieser Mann könnte keinesfalls

aus dem Sprengelkiez stammen. Laut der Grafik am Monitor,

dürfte der Mann nicht mal ein Europäer sein. Alle weiteren

Ergebnisse die der Computed Tomography Images Reader

nachfolgend ausspuckte, zeigte eindeutig, dass es sich hier

um ein transdimensionales Wesen handelte. Eigentlich

logisch!

Denn, wenn Dr. Beilland täglich seinen Gang durch den

Kiez macht, glaubt er nicht selten, er läuft durch ein

Multiversum. Als er hier in den späten 2000er seine Stelle als

Facharzt angenommen hatte, fühlte er sich gleich wie zu

hause, obwohl er aus Mannheim stammt, eine völlig andere

Welt, im Vergleich zu Berlin. Mannheim war alt, marode und

durch und durch Spießertum. Dr. Beilland beendete gerade

sein Studium und war weltoffen und freute sich auf seinen

neuen Arbeitsplatz. Schnell lernte er auf dem Campus eine

Menge guter Leute kennen. Er wurde zu etlichen

Kiezveranstaltungen eingeladen. Lernte seine Umgebung

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Bild: Ulle Bowski Titel: Der Protonenmann

kennen. Im Deichgraf gönnte er sich nach Feierabend gerne

ein Bier und kam ins Gespräch mit den Leuten, die dort täglich

verkehrten. Er sprach beim Spaziergang morgens am

Nordufer gerne mit den Anglern

und mittags gönnte er sich im

Lindengarten gerne den

Mittagstisch, der sehr preisgünstig

war. Im Sprengelhaus lernte er

seine jetzige Frau Gerda kennen

und lieben. Die ganze Nachbarschaft

traf sich dort und eine

Menge gemeinsame Projekte entstanden,

doch der bürokratische

Aufwand ließ diese leider wieder

einbrechen. Dann kamen die

erhöhten Mietpreise und der wunderbare

Sprengelpark mit seinem

alljährlichen Familiensportfest

wurde mit der Zeit zweckentfremdet

und dass zum Leid der

Bewohner und derer, die aktiv an

dem Aufbau des Parks beteiligt

waren.

Aber zurück zu Dr. Beilland und seinem Patienten. Der

Mann atmet schwer und die vielen Schläuche versperren

die Sicht auf den Körper. Dr. Beilland stellt sich wieder und

wieder die Frage. Ist diese Person, die vor ihm liegt möglicherweise

kein Staubgeborener? Den Ausdruck

Außerirdischer fand Dr. Beilland schon immer sehr kindisch

und überholt. Ein Wesen welches nicht auf diesem Planeten

geboren ist, aber ähnliche Züge aufweist. So wie jetzt die

neue Generation von Parkbesuchern, die ebenfalls nicht

menschlicher Natur sein können. Denen fehlt es klar sichtbar

an der nötigen Empathie und Willensbereitschaft für ein gutes

und gesundes Miteinander. Denen fehlt es an einer guten

Kinderstube und an einer gewaltigen Portion Menschlichkeit.

Eine Menschlichkeit die es vor wenigen Monaten noch gegeben

hat und teils immer noch gibt. Dr. Beilland schaut zum

letzten Mal auf dem Monitor für diesen Tag, blickt aus dem

Fenster und sieht die Dachspitze des Ulius Wolff Institute for

Biomechanics and Musculoskeletal Regeneration und überlegt

noch mal kurz, bei Frau Dr. Sundermann vorbei zu schauen,

die ihm neulich in der Kantine von einem ähnlichen Fall

erzählte. Wie sich herausstellte, war das Wesen, gefunden im

Sprengelpark der Protonenmann, der letzte der Empathen im

Sprengelkiez.

Text: Ulle Bowski,redaktionell bearbeitet. https://www.ulle-bowski.de


Baumhaus

statt Bauhaus

In der Lynarstraße, direkt vor dem S-Bahndamm, hinter dem

Sparrplatz steht ein neues Haus, genau genommen drei

Häuser, die miteinander über Laufstege und Treppen verbunden

sind. Es wurden 3700 Kubikmeter Holz, Fichten und

Douglasien aus Deutschland und Österreich verbaut und so

entstand eines der größten Holzhäuser Deutschlands. An dem

Ensemble ist vieles innovativ: Die schnelle Bauweise, die

Materialien und das Wohnkonzept. Entgegen der standardmäßigen

berliner Schießschartenarchitektur aus Stahlbeton für

statussüchtige Eigentümer und Investoren ist hier etwas ganz

Neues entstanden! 98 Wohn- und 7 Gewerbeeinheiten sind

gebaut worden. Es entstand ein experimentelles Vermietungskonzept

zum Gemeinschaftswohnen. Verantwortlich für die

Umsetzung war die Wohnungsbaugenossenschaft „Am

Osteeplatz eG”. Gemeinsam mit der Diakonie-Station Mitte

gibt es im Erdgeschoss des westlichen Gebäudes eine ambulant

betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz.

Proberäume für Musiker sind geplant und eine Essensausgabe

für Obdachlose ist schon aktiv. Im Haus gibt es auch eine

Kindertagesstätte. Nett ist, man kann hinter dem Gebäude flanieren

und es gibt einen Kinderspielplatz. Die Vermietung der

Wohnungen erfolgte an Menschen, die sich schon vorher als

Gruppen gefunden hatten. Besonders modellhaft ist die vorgedachte

Struktur zum Sozialleben. Wandelgänge und

Gemeinschaftsküchen laden dazu ein, zusammen den Alltag

zu gestalten. Schade, dass es nicht noch mehr dieser am

Bedarf der Bewohner orientierten Wohnmodelle gibt! Geht

doch! Text, Bilder: U. Bressem © VG Bild-Kunst, Bonn 2019

Am Rand von EuropaCity

Seit Frühjahr 2018 hatte das Projekt Am

Rand von EuropaCity öffentliche

Spaziergänge, unter anderem im

Spengelkiez, Workshops und eine künstlerische

Intervention in der und um die

Europacity in Berlin-Mitte organisiert. Das

Projekt brachte Nachbar*innen und

Wissenschaftler*innen mit der neuen urbanen

Landschaft und miteinander in

Dialog durch Prozesse des kollektiven Zuhörens.

So lenkte das Projekt die Aufmerksamkeit

auf die fortwährenden lokalen/globalen

Entwicklungen und adressiert

Fragen zu Europa und zur Stadtentwicklung,

zu kulturellen Räumen und

Nachbarschaft. Am 26. Mai 2019, organisierten

wir eine künstlerische Intervention,

einschliesslich einer Besetzung vom

Europaplatz, die eine Verbindung zwischen

der Europacity und der Europawahl

angeregt und zur Diskussion gestellt hat.

Derzeit arbeiten wir an der Veröffentlichung

unseres audiovisuellen Projektarchivs

im Netz und an einer Publikation in der

Reihe der „Berliner Hefte zur Geschichte

und Gegenwart der Stadt”. Veranstalter

waren Yves Mettler und Alexis Hyman

Wolff, in Zusammenarbeit mit

Scriptings/Wedding.

Text, redaktionell bearbeitet:

Autoren: Alexis Hyman Wolff und Yves Mettler.

Bild: Posterworkshop AMRANDVONEUROPA.CITY

kontakt@amrandvoneuropa.city

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