karriereführer wirtschaftswissenschaften 2.2021 / Wandel#kf_wiwiFoto:AdobeStock/fotomek„Die größte Mission ineiner digitalen Welt:Gefühle zulassenund nutzen.“Dr. Leon Windscheid,32 Jahre, ist Psychologe,Unternehmer und Autor. Seinaktuelles Buch über Gefühle istein Bestseller, seine Leidenschaftfür Psychologie vermittelt erbei Vorträgen, in seinem Live-Programm und in seinen dreiPodcasts. Dem Fernsehpublikumwurde Leon Windscheid 2015bekannt, als er bei Günther JauchsSendung„Wer wird Millionär?“eine Million Euro gewann.Von Kerstin NeurohrLeon Windscheid: Besser fühlen. EineReise zur Gelassenheit. Rowohlt 2021.16,00 EuroIm Herbst geht Leon Windscheid mitseinem Programm „Altes Hirn, neueWelt“ auf Tour. Infos und Termine:www.leonwindscheid.deHerr Dr. Windscheid, der Berufseinstiegist ja mit vielen verschiedenen Gefühlenverbunden: Man freut sich, aber oft sindda auch Angst und Unsicherheit. Wiegeht man mit solchen Gefühlen um?Viele Menschen haben ein unglaublichschlechtes Bild von der Angst. Sie wollenangstfrei leben. Aber gerade jungeMenschen erleben oft Zukunftsangst,und da hilft es, sich ganz bewusst diepositiven Optionen einer Entscheidungaufzuschreiben, sich zu fragen, wasdenn auch gut gehen könnte. Also denSpieß bewusst umdrehen, gegen dieseNegativität angehen. Wobei es auchwichtig ist, die Angst anzunehmen,man kann auch einen Wert darinsehen. Ein Leben ohne Angst wärelangweilig. Keine Angst zu haben wäretödlich, weil Angst eben auch einSchutzmechanismus ist. Es ist normal,dass ich mir Angst, dass ich mir Sorgenmache. Das ist gut, denn es stellt denFokus scharf.Redet man überhaupt über Gefühle imberuflichen Kontext?Meistens nicht – und ich glaube, das istein ganz großes Missverständnis in dieserdigitalen und technisierten Welt:Dass wir uns messen sollten mit derKünstlichen Intelligenz, die immer besserwird, immer mehr Druck aufbaut,uns immer mehr Leistung abnimmt.Bisher dachte man, da gibt‘s auf dereinen Seite das Rationale im Menschenund auf der anderen Seite das Emotionale.Und wir wollen alle das Rationalestringent geradeaus denken, keine Fehlermachen. Das ist aber nicht menschlich.Wenn wir eine Zukunft haben wollenin einer digitalen Welt, dann müssenwir anerkennen, was uns wirklicheinzigartig macht, was uns für immervon den Maschinen unterscheidenwird: Fühlen. Ein Gefühl wie Leidenschaftkann andere anstecken. EinGefühl wie Mut brauche ich, um neueWege zu gehen. Empathie ist essentiell,um andere Menschen zu verstehen, umin einem großen Kollektiv zu funktionieren.Deswegen ist es ganz, ganzwichtig, dass die Berufswelt nicht mehrals eine betrachtet wird die rein rationalsein soll, sondern im Gegenteil: Wir solltenGefühle zulassen und auch nutzenlernen – das ist die größte Mission ineiner digitalen Welt.Wie zufrieden kann ein Job unsmachen, und was trägt zur Zufriedenheitbei?Ein Job ist ganz, ganz wichtig für unsMenschen und auch für unser Selbstverständnis.Wir haben das in der Coronakrisegesehen: Am Anfang dachtenviele, toll, Homeoffice machen, vielleichtauch mehr freihaben, super! Aber ganzschnell spürt man doch, wie wichtig dasechte Zusammenkommen ist. Das gibtStruktur. Der Austausch an der Kaffeemaschine– das ist etwas, was ganzwichtig ist. Neben all dem, was man imBeruf ohnehin erleben kann: Dass mansich verwirklichen kann, etwas bewegenkann, Dinge umsetzen kann. Sokann ein Job ein ganz großer Beitrag zurZufriedenheit sein.Welche Rolle spielt Geld dabei?Es geht nicht in erster Linie um dasGeld. Klar, das Geld muss ungefährstimmen. Aber Einkommen macht abeinem gewissen Punkt nicht immermehr zufrieden. Wer nur dem Geld hinterherrennt,oder externen Faktoren wieFirmenwagen und Prestige, der untergräbt,dass eine Zufriedenheit aus ihmselbst heraus entsteht. Ich empfehle,immer mehrere Facetten zu betrachten,wenn man danach fragt, was einem derJob gibt. Passt das so grundsätzlich zumeiner Mission? Bin ich vielleichtjemand, der ökologisch leben möchte –und macht diese Firma das? Bin ichjemand, dem Diversity und Vielfaltwichtig ist – und setzt diese Firma dasum? Wenn das nicht gegeben ist, kannder Job nicht wirklich zufriedenmachen. Man sollte immer prüfen, obman sich selbst verwirklichen kann.Unser Selbst möchte wachsen, sich weiterentwickeln.Das sollten wir versucheneinzufordern.24
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