2011/1 - Föderation der Barmherzigen Schwestern
2011/1 - Föderation der Barmherzigen Schwestern
2011/1 - Föderation der Barmherzigen Schwestern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
empfangen. Nun, ist dies<br />
eine Berufung? Er würde,<br />
glaube ich, lieber selbst sterben,<br />
als dass er Ihren Tod<br />
wünschte. Wie es auch sei,<br />
ob es aus <strong>der</strong> Natur kommt<br />
o<strong>der</strong> vom Teufel, sein Wille<br />
ist nicht frei, in einer Sache<br />
von solchem Gewicht eine<br />
Entscheidung zu treffen, und<br />
Sie dürfen es nicht wünschen.<br />
Vor einiger Zeit hat<br />
ein guter Junge aus unserer<br />
Stadt in solcher Geistesverfassung<br />
den Subdiakonat<br />
empfangen; er konnte nicht<br />
zu den an<strong>der</strong>en Weihegraden<br />
zugelassen werden. Möchten<br />
Sie Ihren Herrn Sohn <strong>der</strong><br />
selben Gefahr aussetzen?<br />
Überlassen Sie es Gott, ihn<br />
zu führen! Er ist noch mehr<br />
sein Vater, als Sie seine Mutter<br />
sind, und liebt ihn noch<br />
mehr als Sie. Überlassen Sie<br />
ihm die Führung! Er wird ihn,<br />
wenn es sein Wunsch ist, zu<br />
an<strong>der</strong>er Zeit zu berufen wissen<br />
o<strong>der</strong> ihm eine Aufgabe<br />
zuweisen, die seinem Heile<br />
dient. Ich erinnere mich an<br />
einen Priester, <strong>der</strong> bei uns<br />
war. Er hat in solcher Geistesverwirrung<br />
die Priesterweihe<br />
empfangen. Gott weiß,<br />
wo er jetzt ist ...!<br />
Vinzenz Depaul<br />
Das energische Auftreten<br />
des Herrn Vinzenz ermöglicht<br />
es Michael und seiner<br />
Mutter, die Dinge klarer zu<br />
sehen. Langsam kommt<br />
Michael von dem Gedanken<br />
an das Priestertum ab.<br />
Er trifft junge Männer seines<br />
Alters und führt ein ziemlich<br />
verlottertes, unordentliches<br />
22<br />
Leben. Louise macht sich<br />
große Sorgen um das Verhalten<br />
ihres Sohnes. Das Verschwinden<br />
im Dezember<br />
1644 – oben berichtete ich<br />
schon darüber – kränkt sie<br />
mehr, als dass sie darüber<br />
überrascht wäre. Michael ist<br />
inzwischen 31 Jahre alt. Sie<br />
fragt sich, ob Michael mit<br />
einem Mädchen verschwunden<br />
ist. Ja, er ist plötzlich mit<br />
einem Mädchen verschwunden.<br />
Dann kam die Nachricht,<br />
dass beide für einige<br />
Monate gefangen genommen<br />
wurden. Das Mädchen<br />
kommt zu den »Töchtern <strong>der</strong><br />
Magdalena« in ein Kloster,<br />
das gefallene Mädchen aufnimmt.<br />
Michael kommt nach<br />
St. Lazare. Im Juli 1645<br />
(also sieben Monate danach)<br />
setzt sich <strong>der</strong> Geistliche vom<br />
»Kloster Magdalena« für das<br />
Mädchen ein, denn es lassen<br />
sich bei ihr Anzeichen für<br />
eine Besserung feststellen,<br />
und sie wünscht, nach<br />
Hause zurückzukehren. Nach<br />
seiner Freilassung wird Michael<br />
in St. Lazare schwer<br />
krank. Zur Beruhigung seiner<br />
Mutter ließ Vinzenz ihn durch<br />
zwei <strong>Schwestern</strong> pflegen.<br />
Auch bot er ihm eine Unterkunft<br />
in St. Lazare an. Aber<br />
Michael wies dieses Angebot<br />
zurück.<br />
Louise hat wenig Vertrauen,<br />
denn sie weiß, dass ihr Sohn<br />
nur einen Wunsch hat, seine<br />
Geliebte wie<strong>der</strong>zufinden. Er<br />
ist 32 Jahre. Wie<strong>der</strong>um teilt<br />
sie Vinzenz ihren ganzen<br />
mütterlichen Kummer mit.<br />
»Michaels Plan ist, das<br />
Mädchen zu heiraten und<br />
sich nach <strong>der</strong> Heirat mit<br />
den Eltern des Mädchens<br />
zusammenzutun, die Weinhändler<br />
sind, o<strong>der</strong>, sich in<br />
jene Gegend dort zurückzuziehen<br />
und als Faulenzer<br />
dort in Frieden zu leben. Und<br />
das Mädchen will allen Anschein<br />
nach heraus, denn es<br />
glaubt, dass Michael es aufsuche,<br />
wenn es aus dem<br />
Kloster heraus kommt. Mein<br />
Herr, ich bitte Sie demütigst<br />
um Verzeihung, dass ich<br />
Ihnen von diesen Angelegenheiten<br />
berichte, die mir noch<br />
wie zu Beginn sehr gegenwärtig<br />
sind und mir peinlicher<br />
sind, als ich es ausdrücken<br />
kann.«<br />
Die Monate vergehen; es<br />
scheint, dass Michael sich<br />
nicht mehr um dieses Mädchen<br />
kümmert, wohl eine<br />
vorübergehende Liebe. Doch<br />
sein Verhalten bleibt nach<br />
wie vor Grund zur Besorgnis<br />
für seine Mutter. Eines Tages<br />
entschließt sie sich, mit ihm<br />
zu sprechen. Michael verkraftet<br />
die Worte seiner Mutter<br />
schlecht und verschwindet<br />
von neuem. »Meine Not<br />
ist groß! Wenn Gott mir nicht<br />
hilft, weiß ich nicht, was ich<br />
tun soll. Helfen Sie mir, dass<br />
ich mich fest an Jesus, den<br />
Gekreuzigten, halte. Ich habe<br />
meinem Sohn etwas gesagt,<br />
weshalb ich jetzt Angst<br />
habe«, so schreibt Louise an<br />
Herrn Vinzenz.<br />
Die Jahre von 1645 bis 1648<br />
sind für Louise kummervolle<br />
Jahre. Wie<strong>der</strong> kommt über<br />
ihren Sohn etwas ans Licht,