06 DER FAUST LEBENSWERK DIE DEUTSCHE BÜHNE 11 | 20211954 19681978Fotos: Wienbibliothek im Rathaus/ZPH-1344 (1954), Lore Bermbach/TheatermuseumDüsseldorf (1968), picture alliance/dpa (1978), SWR/Wolfgang Pankoke (1980)
DIE DEUTSCHE BÜHNE 11 | 2021 LEBENSWERK DER FAUST 07Nicole Heesters in „Gigi“ amWiener Volkstheater (1954),als Viola in „Was ihr wollt“ amDüsseldorfer Schauspielhaus(1968) und als Frau von Steinin dem Peter-Hacks-Stück amHamburger Thalia Theater(1978). Außerdem als erste„Tatort“-Kommissarin beimSWR in der Folge „Der gelbeUnterrock“ (1980)1980Ensemble) hätte hier einen starken dramatischen,vielleicht sogar abgründigenText zum gleichen Thema zu spielen –und nicht dieses mürbe Recherchematerialum Versäumnisse deutscher Umwelt-und Klimapolitik.1937 in Potsdam geboren als Tochterder Opernsängerin Louisa Ghijs (dieden Beruf aufgibt nach der Geburt derzweiten Tochter und 1985 stirbt) und desSchauspielers und Entertainers JohannesHeesters, der 108 Jahre alt wird, folgtTochter Nicole seit Kindesbeinen speziellder väterlichen Spur. Sie erkundet das eigenedarstellerische Talent schon als Märchenfeeim Laien- und Bauerntheater amGrundlsee im Salzkammergut. Mit 16bricht sie aus – die Klosterschülerin willzur Bühne, auf Biegen und Brechen. DieChancen sind ja gut mit den Namen vonMutter und Vater – aber der sagt auch:„Der Name mag das Sprungbrett sein,springen musst du selbst.“ Ansonsten gebensich die Eltern Mühe, sich aus denKarrieren der Töchter herauszuhalten;Schwester Wiesje, sechs Jahre älter als dieambitionierte Jungschauspielerin Nicole,springt ganz anders, sie experimentiertmit vielen Stilen und Zielen für deneigenen Weg und wird als Pianistin zur„Theater braucht Zeitund Stille, es atmetund funktioniert nichtauf Knopfdruck!“Nicole Heestersprofilierten Musikpädagogin. AlternativeBerufswünsche von Schwester Nicole alsKind sind Nonne, wegen der Klosterschulen,oder Straßenbahnschaffnerin.Nicole Heesters wird dann am Max-Reinhardt-Seminar in Wien ausgebildet,erste Filmrollen erhält sie 1953, im Jahrdarauf debütiert sie am Volkstheater.Vom Regisseur und Intendanten Karl-Heinz Stroux wird sie ans DüsseldorferSchauspielhaus engagiert, bis 1972 bleibtsie dort fest im Ensemble. Danach gehörtsie für acht Jahre zum Ensembleam Thalia Theater in Hamburg, mit demIntendanten Boy Gobert, dem sie 1980auch nach Berlin folgt. Später wechseltsie ans Residenztheater nach Münchenund ans Schauspielhaus nach Bochum.Dort lernt sie die Regisseurin AndreaBreth kennen und schätzen. Breth undder frühe Förderer Stroux sind bis heutedie Fixsterne im Regiefach für NicoleHeesters. Burkhard C. Kosminski, aktuellerSchauspielchef in Stuttgart (und zuvorin Mannheim), hat sie erstmals umMitarbeit gebeten, als er „Bernarda AlbasHaus“ inszenierte; bei und mit ihmhat sie sich auch auf Herausforderungenwie „Das große Feuer“ von RolandSchimmelpfennig eingelassen und geradeerst auf das spekulative Polittribunalzum „Ökozid“.Auch wenn der Weg vor der Kamerabegann und auch wenn sie die allererste„Tatort“-Kommissarin in Fernsehen warvor über 40 Jahren, ist Nicole Heestersein Theatermensch im grundsätzlichstenSinn. Nirgends sonst im wirklichenLeben, so konstatiert sie anlässlich desFestaktes zum 175-jährigen Bestehen desDeutschen Bühnenvereins im Mai 2021am Staatstheater Oldenburg, habe sie soviele außergewöhnliche Menschen versammeltgefunden wie im Theater: „Theaterhält wach, es lässt uns lernen bis zumSchluss“, sagt sie. »