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BGHM Aktuell 2011 5 01.pdf, Seiten 1

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Foto: Beeper pixelio<br />

Was ist eine gemeinsame Betriebsstätte?<br />

Räumliche Nähe allein reicht nicht<br />

Verletzt ein Kollege einen anderen im Betrieb, kann dieser den<br />

Schädiger in der Regel nicht auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld<br />

verklagen, weil die Berufsgenossenschaft den Arbeitsunfall<br />

entschädigt.<br />

Dieses Haft ungsprivileg soll helfen, innerbetriebliche<br />

Rechtstreitigkeiten zu vermeiden und ist vom<br />

Gesetzgeber auch auf Beschäft igte fremder Unternehmen<br />

ausgedehnt worden, die auf einer „gemeinsamen<br />

Betriebsstätte“ zusammen arbeiten.<br />

Doch Vorsicht: Gemeinsame Betriebsstätte bedeutet<br />

aber nicht dieselbe Betriebsstätte. Immer wieder<br />

gibt es Streit darüber, wann eine gemeinsame<br />

Betriebsstätte vorliegt, wie folgender Fall belegt:<br />

Der Versicherte hatte in einem Baumarkt für seinen<br />

Arbeitgeber sechs Säcke Zement gekauft , die<br />

er mit dem Kleintransporter seines Arbeitgebers<br />

übernehmen sollte. Der Angestellte des Baumarktes<br />

holte eine Palette mit Zement aus dem Lager<br />

und fuhr den Gabelstapler bis auf zwei Meter an<br />

den Transporter heran, damit die Säcke eingeladen<br />

werden konnten. Nachdem der Baumarkt-<br />

Angestellte ausgestiegen war, setzte sich der Gabelstapler<br />

jedoch in Bewegung und verletzte den<br />

Versicherten. Die Berufsgenossenschaft erkannte<br />

den Vorfall als Arbeitsunfall an. Dennoch verlangte<br />

der Geschädigte vom Schädiger mindestens 3.000<br />

Euro Schmerzensgeld.<br />

Mit dem Hinweis, er habe dem Verletzten beim Einladen<br />

helfen wollen, verweigerte der Schädiger die<br />

Zahlung. Der Streit ging bis zum Bundesgerichtshof<br />

(BGH), der schließlich entschied, dass dem<br />

Kläger zu Recht ein Schmerzensgeld zusteht. Der<br />

Schmerzensgeldanspruch hätte nur dann nicht<br />

vorgelegen, wenn beide Versicherte auf einer gemeinsamen<br />

Betriebsstätte zusammen gearbeitet<br />

LEISTUNG UND RECHT < <strong>BGHM</strong>-<strong>Aktuell</strong> 5 | <strong>2011</strong><br />

hätten. Nach einer gefestigten Rechtsprechung<br />

erfasst der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte<br />

jedoch „betriebliche Aktivitäten von Versicherten<br />

mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt<br />

bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen,<br />

miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder<br />

unterstützen“. Dabei soll es ausreichen, dass die<br />

gegenseitige Verständigung stillschweigend oder<br />

durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist immer das<br />

„bewusste Miteinander im Betriebsablauf, dass<br />

sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes<br />

betriebliches Zusammenwirken mehrerer<br />

Unternehmen darstellt“. Nicht ausreichend ist es<br />

dagegen, wenn Versicherte zweier Unternehmen<br />

auf derselben Betriebsstätte aufeinander treff en.<br />

Demnach ist die gemeinsame Betriebsstätte mehr<br />

als dieselbe Betriebsstätte. Parallele Tätigkeiten,<br />

die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen,<br />

genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung.<br />

Im vorliegenden Falle ist ein Zusammenwirken<br />

beider beteiligten Personen im Bereitstellen der<br />

Ware nicht zu erkennen. Die vom Gabelstaplerfahrer<br />

behauptete Absprache, dem Verletzten beim<br />

Verladen der Ware zu helfen, hat sich auf den vorliegenden<br />

Unfallverlauf nicht ausgewirkt, weil der<br />

Ladevorgang zum Zeitpunkt des Unfalles noch<br />

nicht begonnen hatte. (BGH, Urteil vom 10.05.<strong>2011</strong>,<br />

Az.: VI ZR 152/10, ähnliches Urteil vom 01.02.<strong>2011</strong>,<br />

Az.: VI ZR 227/09 )<br />

Ass. Karl Heinz Schwirz<br />

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