1_2019 Leseprobe
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www.biogas.org Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 22. Jahrgang<br />
1_<strong>2019</strong><br />
BI<br />
GAS Journal<br />
Das Fachmagazin der Biogas-Branche<br />
RED II – aktueller Stand<br />
S. 36<br />
Aktivkohle: Hersteller und<br />
Verfahren S. 62<br />
Abfallvergärung<br />
CO 2<br />
-Filter aus<br />
Gärresten S. 80<br />
MILCH<br />
FOLL-<br />
MILCH<br />
Produktionsreste und Fehlchargen<br />
S U PER SHO P<br />
MILCH<br />
MHD<br />
01/01/19<br />
MILCH<br />
%<br />
Abgelaufene Haltbarkeit<br />
MILCH<br />
Lebensmittelreste<br />
Biogasanlagen schließen den Kreislauf
INHALT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
EDITORIAL<br />
Halb leer oder halb voll<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
wieder ist ein Jahr zu Ende gegangen, in<br />
dem der Biogasbranche fortlaufend Knüppel<br />
zwischen die Beine geworfen wurden.<br />
Die Diskussion zur Technischen Regel Anlagensicherheit<br />
(TRAS) 120 wurde zu Ende<br />
verhandelt und wird nun im Jahr <strong>2019</strong> von<br />
den Behörden umgesetzt. Wieder wird es<br />
zusätzliche Auflagen geben, die nur Geld<br />
kosten und der behördlichen Willkür Tür<br />
und Tor öffnen. Auch die EU hat sich wieder<br />
neue Vorschriften ausgedacht und zum<br />
Beispiel in der Renewable Energy Directive<br />
(RED) II Vorschriften erlassen, mit denen<br />
wir spätestens ab 2021 nachweisen müssen,<br />
wie viel Treibhausgase wir einsparen.<br />
Die 44. Bundes-Immissionsschutzverordnung<br />
(BImSchV) wurde kurz vor Weihnachten<br />
verabschiedet und zwingt Betreiber,<br />
die Stickoxid Emissionen neuer Blockheizkraftwerke<br />
(BHKW) zu reduzieren. Auch im<br />
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist die<br />
Liste der Dinge, die für die Biogasbranche<br />
dringend behoben werden müssen, nach<br />
wie vor lang.<br />
Das Jahr <strong>2019</strong> bietet uns viele Chancen.<br />
Wir haben in 2018 gesehen, dass wir die<br />
Rahmenbedingungen für die Biogasbranche<br />
positiv verändern können. Im Energiesammelgesetz,<br />
das eigentlich nur für Windenergie<br />
und Sonnenkraft kreiert wurde,<br />
fanden nun auch für Biogasanlagen gleich<br />
mehrere positive Regelungen Eingang, die<br />
zum Beispiel Betreibern von Bestandsanlagen<br />
den Luftreinhaltebonus sichern oder<br />
aber auch mehr neue Gülleanlagen ermöglichen.<br />
Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED)<br />
II der EU bringt der Branche neue Chancen<br />
im Bereich der Nutzung von Biomethan als<br />
Kraftstoff, aber auch perspektivisch für die<br />
Nutzung von alternativen Energiepflanzen.<br />
Auf nationaler Ebene konnten einige<br />
sehr problematische Regelungen, die in<br />
der Technischen Regel Anlagensicherheit<br />
(TRAS) 120 diskutiert wurden, abgewendet<br />
werden. Somit besteht bei der Umsetzung<br />
durch die Vollzugsbehörden nun die Chance,<br />
sachgerechte Lösungen zu finden.<br />
Liebe Leserinnen und Leser, oft diskutieren<br />
wir in der Geschäftsstelle, wie wir die<br />
neuesten Entwicklungen in der Rahmensetzung<br />
für die Biogasbranche darstellen.<br />
Regelmäßig bekommen wir auch Rückmeldungen,<br />
dass manche Meldungen zu positiv<br />
sind und die Situation draußen doch<br />
ganz schlimm ist oder dass wir die Dinge zu<br />
negativ darstellen und wir die Branche damit<br />
selber kaputt reden. Die beiden oberen<br />
Absätze zeigen, wie man ein und denselben<br />
Sachverhalt negativ oder aber auch positiv<br />
darstellen kann.<br />
Täglich arbeiten wir im Fachverband Biogas<br />
mit tatkräftiger Unterstützung vieler<br />
ehrenamtlich engagierter Mitglieder daran,<br />
die Rahmenbedingungen für unsere vielseitige<br />
und faszinierende Technologie zu<br />
verbessern. Ziel ist es, immer einen langfristig<br />
wirtschaftlich als auch ökologisch<br />
nachhaltigen Betrieb von Biogasanlagen zu<br />
ermöglichen. Dabei ist uns in den vergangenen<br />
25 Jahren vieles, wenn auch nicht<br />
alles gelungen. Unsere Branche hat erheblichen<br />
Fortschritt in die landwirtschaftlichen<br />
Produktionssysteme gebracht und<br />
sichert vielen Anlagenbetreibern ein gutes<br />
Einkommen. Sicher, die sehr guten Jahre<br />
von 2004 bis 2014 sind vorbei. Firmen,<br />
Betreiber und auch der Verband müssen<br />
sich heute sehr anstrengen, damit unser<br />
Anlagenpark weiter betrieben werden kann<br />
und es idealerweise auch noch einen Zubau<br />
geben wird.<br />
Heute erscheint das aber aufgrund einer<br />
differenzierteren öffentlichen Diskussion<br />
und besseren Stimmung zu Biogas wieder<br />
möglich. Dazu müssen neue Einkommensquellen<br />
geschaffen und innovative<br />
Konzepte entwickelt werden. Das wird<br />
nicht überall funktionieren, aber sicher an<br />
vielen Standorten. Daher sehe ich eine positive<br />
Entwicklung unserer Branche in den<br />
nächsten Jahren und arbeite auch im Jahr<br />
<strong>2019</strong> gemeinsam mit den Kolleginnen und<br />
Kollegen des Fachverbandes Biogas daran,<br />
dass das Glas immer halb voll, das Gärproduktlager<br />
immer halb leer und die Stimmung<br />
gut ist.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, Ihrem<br />
Betrieb und Ihrer Familie ein gutes, gesundes<br />
und glückliches Jahr <strong>2019</strong>.<br />
Herzlichst Ihr<br />
Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />
Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes<br />
Biogas e.V.<br />
3
INHALT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
14 42<br />
TITELGRAFIK: BIGBENREKLAMEBUREAU I FOTOS: FACHVERBAND BIOGAS, MARTINA BRÄSEL<br />
EDITORIAL<br />
3 Halb leer oder halb voll<br />
Von Dr. Claudius da Costa Gomez,<br />
Hauptgeschäftsführer des<br />
Fachverbandes Biogas e.V.<br />
AKTUELLES<br />
6 Meldungen<br />
8 Bücher<br />
10 Termine<br />
12 Biogas-Kids<br />
14 Biogas Convention<br />
Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen<br />
alles andere als rosig<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
20 Gärdünger fördert Regenwurmpopulation<br />
Von Christian Dany<br />
24 Wirtschaftsdünger-Methan könnte für<br />
Mobilität noch interessant werden<br />
Von Dipl.-Ing. agr. Andrea Horbelt<br />
28 Repowering und Flexibilisierung sind<br />
entscheidende Weichenstellungen<br />
Von Christian Dany<br />
34 Abfallvergärungstagung in Dresden<br />
POLITIK<br />
36 Europa: Neufassung der Erneuerbare-<br />
Energien-Richtlinie (RED II) steht<br />
Von Julia Münch<br />
41 Energiesammelgesetz<br />
Verbesserungen für Biogas nach<br />
zehn Monaten politischem Eiertanz<br />
Von Sandra Rostek<br />
und Dr. Guido Ehrhardt<br />
TITELTHEMA<br />
42 Gelebte Kreislaufwirtschaft<br />
Vergärung von biologisch<br />
abbaubaren Abfällen<br />
Von Dipl.-Ing. David Wilken<br />
46 Gärprodukte: Fremdstoffgehalte<br />
auf sehr niedrigem Niveau<br />
Von Karin Luyten-Naujoks<br />
48 Kein Plastik aufs Feld<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ.<br />
Martina Bräsel<br />
53 Entsorgung mit Zertifikat<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl.-Journ.<br />
Martina Bräsel<br />
Beilagenhinweis:<br />
Das Biogas Journal enthält Beilagen der Firmen<br />
greentec, renergie Allgäu, UNION Instruments,<br />
Orts GmbH Maschinenfabrik und der<br />
FEE Fördergesellschaft Erneuerbare Energien.<br />
4
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
INHALT<br />
80<br />
PRAXIS<br />
58 Interview<br />
Ohne SCR-System wird es nicht mehr<br />
möglich sein, den neuen Grenzwert für<br />
Stickoxide von 0,1 g/m³ einzuhalten<br />
Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH)<br />
Martin Bensmann<br />
62 Entschwefelung funktioniert –<br />
Kreislauf noch nicht<br />
Von Dierk Jensen<br />
68 Kleine Ursache – große Wirkung<br />
Von Thomas Gaul<br />
72 Materialien für Ihre Öffentlichkeitsarbeit<br />
74 Grüne Wärme für das Alter<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
77 Gut gerührt ist halb vergoren<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
WISSENSCHAFT<br />
80 Hochwertiges Biogas mit Filter aus<br />
Gärrückstand<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
84 Am Stromnetz orientiert flexibilisieren<br />
Von Christian Dany<br />
INTERNATIONAL<br />
Myanmar und Philippinen<br />
88 Kurz-Reiseberichte AHK-Geschäftsreisen<br />
Von Markus Fürst<br />
VERBAND<br />
Aus der Geschäftsstelle<br />
92 Zukunft im Fokus<br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
95 Aus den Regionalgruppen<br />
97 Aus den Regionalbüros<br />
100 Kattowitz-Regelbuch wird<br />
Paris nicht umsetzen<br />
Von Dr. Simone Peter, BEE<br />
101 Qualifizierung für zur Prüfung<br />
befähigte Personen<br />
Von Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH)<br />
Marion Wiesheu<br />
RECHT<br />
102 Formaldehydbonus – quo vadis?<br />
Von Dr. Helmut Loibl<br />
PRODUKTNEWS<br />
104 Produktnews<br />
106 Impressum<br />
5
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Neue Studie: 100 % Erneuerbare Energie<br />
in ganz Europa ist kostengünstiger als das<br />
derzeitige Energiesystem<br />
Katowice, Polen – Im Rahmen der Klimadiskussionen<br />
der COP24, der jährlichen Konferenz<br />
der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC),<br />
wurde am Dienstag ein neuer Bericht veröffentlicht,<br />
der die Machbarkeit einer europäischen<br />
Energiewende basierend auf 100<br />
Prozent Erneuerbaren Quellen aufzeigt.<br />
Solar- und Windenergie sollen Europa ab 2050 im Wesentlichen<br />
elektrifizieren.<br />
Die neue wissenschaftliche Studie zeigt,<br />
dass die Wende hin zu 100 Prozent Erneuerbaren<br />
Energien mit dem heutigen,<br />
konventionellen fossil-nuklearen System<br />
wirtschaftlich konkurrenzfähig wäre und<br />
die Treibhausgasemissionen noch vor 2050<br />
auf null reduzieren würde. Noch deutlicher<br />
wird der finanzielle Vorteil einer Energiewende<br />
unter Berücksichtigung des prognostizierten<br />
Beschäftigungswachstums sowie<br />
indirekter wirtschaftlicher Vorteile, die<br />
beispielsweise für Gesundheit, Sicherheit<br />
und die Umwelt geschaffen werden, jedoch<br />
in der Studie nicht einbezogen wurden.<br />
Die von der LUT University und der Energy<br />
Watch Group durchgeführte wissenschaftliche<br />
Modellierungsstudie ist die erste<br />
ihrer Art, die eine vollständige Energiewende<br />
in Europa in den Bereichen Strom,<br />
Wärme, Verkehr und Entsalzung bis 2050<br />
simuliert. Die Veröffentlichung der Studie<br />
erfolgte nach etwa viereinhalb Jahren Forschung<br />
und Analyse von Datenerfassungen<br />
und technischen und finanziellen Modellierungen<br />
durch 14 Wissenschaftler. „Der<br />
Bericht bestätigt, dass eine Wende hin<br />
zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien in<br />
allen Sektoren möglich und nicht teurer<br />
ist als das heutige Energiesystem”, sagte<br />
Hans-Josef Fell, ehemaliger Abgeordneter<br />
des Deutschen Bundestages<br />
und Präsident der<br />
Energy Watch Group,<br />
während der COP24-<br />
Pressekonferenz. „Es<br />
wird gezeigt, dass Europa<br />
auf ein emissionsfreies<br />
Energiesystem umstellen<br />
kann. Deshalb können<br />
und sollten die europäischen<br />
Politiker viel mehr<br />
für den Klimaschutz tun<br />
als derzeit anvisiert.“<br />
FOTO: ADOBE STOCK_ROMOLO TAVANI<br />
Einige Schlüsselerkenntnisse<br />
der Studie:<br />
fDie f Umstellung auf<br />
100 Prozent Erneuerbare<br />
Energien erfordert eine Massenelektrifizierung<br />
in allen Energiesektoren.<br />
Die gesamte Stromerzeugung wird das<br />
Vier- bis Fünffache der Stromerzeugung<br />
von 2015 ausmachen. Dadurch wird<br />
der Stromverbrauch im Jahr 2050 mehr<br />
als 85 Prozent des Primärenergiebedarfs<br />
betragen. Gleichzeitig wird der<br />
Verbrauch fossiler Energierohstoffe und<br />
Kernkraft in allen Sektoren vollständig<br />
eingestellt.<br />
ffDie Stromerzeugung im 100 Prozent<br />
Erneuerbare-Energien-System wird<br />
aus folgendem Mix an Energiequellen<br />
bestehen: Solarenergie (62 Prozent),<br />
Windkraft (32 Prozent), Wasserkraft (4<br />
Prozent), Bioenergie (2 Prozent) und<br />
Geothermie (
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
Erdgas und grüne Gase können die globale<br />
Dekarbonisierung weltweit vorantreiben<br />
Berlin – „Die Ablösung von Kohle und Öl<br />
durch Gase senkt die CO 2<br />
-Emissionen sofort<br />
um 30 bis 50 Prozent; die Kombination<br />
von Wind- und Sonnenenergie mit grünen<br />
Gasen ermöglicht die Reduktion des<br />
Treibhausgases um mehr als 90 Prozent“,<br />
sagte der DVGW-Vorstandsvorsitzende<br />
Prof. Dr. Gerald Linke Mitte Dezember anlässlich<br />
des Treffens von Spitzenvertretern<br />
der International Gas Union (IGU).<br />
Das IGU Strategy Committee, das erstmals<br />
unter seinem neuen Vorsitzenden Linke<br />
zusammenkam, prägt die Gesamtstrategie<br />
der internationalen Energiewirtschaft.<br />
Es entwickelt hierzu auch Strategien für<br />
das „Greening of Gas“. Der Fokus liegt dabei<br />
auf der Kombination von Erdgas mit<br />
erneuerbaren Gasen, der Kopplung von<br />
Gas- und Strominfrastrukturen sowie dem<br />
Einsatz von Gasen in der Stromproduktion<br />
und im Verkehrssektor.<br />
Signifikante Fortschritte sind dringend<br />
notwendig, um die durch den CO 2<br />
-Ausstoß<br />
verursachte globale Erderwärmung auf<br />
mindestens 1,5 Grad zu begrenzen. Bis<br />
zum Jahr 2050 dürfen insgesamt weltweit<br />
maximal 890 Milliarden Tonnen Klimagase<br />
in die Atmosphäre abgegeben werden –<br />
jeder Deutsche dürfte demnach jährlich<br />
ein bis zwei Tonnen verursachen. Aktuell<br />
liegt der Ausstoß jedoch bei 11 Tonnen.<br />
Bleiben die Emissionen auf diesem Niveau,<br />
ist Deutschlands CO 2<br />
-Budget in nur<br />
sieben Jahren erschöpft.<br />
„Wenn wir unsere Energieversorgung zügig<br />
auf Gas umstellen, leisten wir sofort<br />
einen messbaren Beitrag zur Senkung der<br />
Klimagasemissionen“, so Linke. Allein in<br />
Deutschland ließen sich bei Abschaltung<br />
der zur Stromerzeugung genutzten Braunkohlekraftwerke<br />
sofort 70 Millionen Tonnen<br />
CO 2<br />
pro Jahr einsparen.<br />
Der DVGW ist Gründungsmitglied der<br />
IGU, dem weltweiten Sprachrohr der<br />
Gaswirtschaft. Ihre rund 150 Mitglieder<br />
repräsentieren über 97 Prozent<br />
des globalen Gasmarktes. Partner ihrer<br />
Sprecherrolle sind unter anderem die<br />
Regierungen der G20-Staaten, die UN-<br />
Umweltkommission, die Weltgesundheitsorganisation<br />
WHO und die International<br />
Energy Agency.<br />
Aufbereitung von Biogas mit ionischen<br />
Flüssigkeiten verbraucht weniger Energie<br />
Karlsruhe – Die Aufbereitung von Biogas<br />
zu Biomethan wird in rund 200 Anlagen<br />
in Deutschland praktiziert. Ingenieure<br />
aus Karlsruhe haben gemeinsam mit<br />
Praxispartnern im Projekt „BGA-IL –<br />
Biogasaufbereitung mit ionischen<br />
Flüssigkeiten“ ein energieeffizientes<br />
Aufbereitungskonzept entwickelt, das<br />
sich die Vorteile ionischer Flüssigkeiten<br />
zunutze macht. Bevor das Gas die für<br />
das Erdgasnetz notwendige Qualität erreicht,<br />
müssen störender Schwefel und<br />
Kohlendioxid (CO 2<br />
) abgetrennt werden.<br />
Die sogenannte Gaswäsche ist das derzeit<br />
am weitesten verbreitete Verfahren<br />
für die Aufbereitung von Rohbiogas. Es<br />
arbeitet unter anderem auf der Basis von<br />
Wasser-Amin-Lösungen, einer Mischung,<br />
die Kohlendioxid (CO 2<br />
) durch chemische<br />
Reaktion in der Lösung bindet.<br />
Das Verfahren erfordert allerdings hohe<br />
Temperaturen für die Regeneration der<br />
Waschlösungen (140 bis 160 °C). Ein Forscherteam<br />
vom Engler-Bunte-Institut in<br />
Karlsruhe, der Ionic Liquids Technologies<br />
GmbH aus Heilbronn und der Powerfarm<br />
Bioenergie GmbH aus Tuningen hat nun<br />
erfolgreich den Einsatz von ionischen Flüssigkeiten<br />
als Waschmedien an einer Biogasanlage<br />
demonstriert.<br />
Ionische Flüssigkeiten haben Eigenschaften, die für die Biogasaufbereitung<br />
viele Vorteile bringen. Im Labor erfolgte ein<br />
erstes Screening von geeigneten Waschflüssigkeiten.<br />
Ionische Flüssigkeiten sind Salzlösungen.<br />
Sie bestehen aus geladenen Molekülen, genauer<br />
organischen Kationen (+) und/oder<br />
Anionen (-) und gehen daher nicht durch<br />
Verdampfung in die Gasphase über. Die physikalischen<br />
Eigenschaften von ionischen<br />
Flüssigkeiten lassen sich außerdem durch<br />
geschickte Kombination von Kationen und<br />
Anionen gezielt einstellen. Dies machen<br />
sich die Wissenschaftler zunutze: Denn<br />
im entwickelten Waschprozess findet die<br />
Aufnahme (Absorption) von CO 2<br />
unter nahezu<br />
derselben Temperatur (60 bis 80 °C)<br />
statt, wie die anschließende Rückgewinnung<br />
(Regeneration) der Waschflüssigkeit.<br />
Externe Wärme benötigt der<br />
Regenerationsprozess nicht mehr. Dies<br />
spart Energie und senkt die Kosten im<br />
Vergleich zu herkömmlichen Konzepten<br />
der Gasaufbereitung.<br />
Im Labor identifizierten die Wissenschaftler<br />
vielversprechende ionische<br />
Flüssigkeiten, die sie dann stofflich<br />
charakterisierten und umfangreichen<br />
Tests unterzogen. Neben Versuchen zur<br />
Herstellung von ionischen Flüssigkeiten<br />
wurde auch die Materialverträglichkeit<br />
der Komponenten untersucht, um<br />
einen möglichst geringen Verschleiß<br />
von Anlagenteilen wie beispielsweise<br />
Dichtungen zu gewährleisten. Im Laborbetrieb<br />
konnte die Machbarkeit des Konzeptes<br />
nachgewiesen werden.<br />
Die notwendigen Gasparameter wurden<br />
nach dem „Reinheitsgebot“ der Anforderungen<br />
des technischen Regelwerks des<br />
Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches<br />
e. V., DVGW G260/261 erreicht. Die<br />
Laborergebnisse konnten unter realen Bedingungen<br />
in der Biogasanlage in Tuningen<br />
bestätigt werden, so dass einer Erprobung<br />
in größerem Maßstab, nach einem sogenannten<br />
Scale-Up des Verfahrens, nichts<br />
mehr im Wege steht.<br />
QUELLE: IOLITEN<br />
7
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
BÜCHER<br />
Die Tyrannei des Wachstums<br />
Eines sei gleich vorweg gesagt: Dieses<br />
Buch sollte man gelesen haben. Autor Jason<br />
Hickel beschreibt, wie die globale Ungleichheit<br />
die Welt spaltet und was dagegen<br />
getan werden kann. Er beschreibt schonungslos,<br />
wie wenig Entwicklungshilfe der<br />
Länder des globalen Nordens den Ländern<br />
des globalen Südens bringt. Er räumt zwar<br />
punktuelle Erfolge ein, insgesamt sei das<br />
Projekt aber gescheitert. Vielmehr öffnet<br />
er den Blick dafür, dass Entwicklungshilfe<br />
ursprünglich eine US-amerikanische Idee<br />
war, die unter Präsident Truman (1949)<br />
als eine Art Marketinginstrument davon<br />
ablenken sollte, wie sehr der Süden<br />
wirtschaftlich und sozial ausgepresst<br />
wurde.<br />
Hickel räumt mit der Lüge auf, dass<br />
Armut in den Ländern des globalen<br />
Südens naturgegeben sei und dass<br />
mit genügend Entwicklungshilfe allein<br />
sich die Armut bekämpfen lasse,<br />
wie die Politik immer wieder glauben<br />
machen will. Schon im Vorwort des Buches<br />
schreibt er: „Entwicklungshilfebehörden,<br />
NGOs und die mächtigsten Regierungen<br />
behaupten unisono, verantwortlich für das<br />
Los der armen Länder sei ein technisches<br />
Problem – ein Problem, das gelöst werden<br />
kann, wenn sie funktionierende Institutionen<br />
aufbauen, die richtige Wirtschaftspolitik<br />
verfolgen, hart arbeiten und sich ein<br />
bisschen unter die Arme greifen lassen.“<br />
Würden die armen Länder nur dem Rat der<br />
Experten von Institutionen wie der Weltbank<br />
folgen, könnten sie Schritt für Schritt<br />
die Armut zurückdrängen und die Kluft<br />
zwischen Arm und Reich überwinden. Die<br />
Story ist wohlbekannt, und sie ist bequem.<br />
[…] Sie erhält eine milliardenschwere Industrie<br />
und eine Armada an NGOs, Wohltätigkeitsorganisationen<br />
und Stiftungen<br />
am Leben, die die Armut durch Entwicklungshilfe<br />
und Wohltätigkeit auszumeren<br />
versprechen. Doch diese Story ist falsch.“<br />
Weitere Faktenhappen aus dem Inhalt:<br />
„Um 1500 herum bestand kein nennenswerter<br />
Unterschied in den Einkommen<br />
und im Lebensstandard zwischen Europa<br />
und dem Rest der Welt. […] Die Kluft<br />
zwischen reichen und armen Ländern ist<br />
weder naturgegeben noch unausweichlich.<br />
Sie ist von Menschen erschaffen worden.“<br />
In einem Hilfsprojekt in Swasiland wurde<br />
Hickel klar „dass das globale Wirtschaftssystem<br />
so strukturiert ist, dass es eine Entwicklung<br />
beinahe unmöglich macht.“<br />
Und dies belegt der Autor mit sehr vielen<br />
Tatsachen, und er zeigt Zusammenhänge<br />
auf, die das Dilemma des globalen Südens<br />
erklären. Er beginnt dabei mit der Entdeckung<br />
Amerikas 1492 durch Christoph<br />
Kolumbus. Denn erst seit der Zeit hätten<br />
europäische Seefahrer im Auftrag ihrer Monarchien<br />
in Amerika, in Asien und später<br />
auch in Afrika begonnen, Rohstoffe zu erbeuten,<br />
sich die Länder einzuverleiben und<br />
die Ureinwohner umzubringen und zu unterwerfen.<br />
Später seien es dann Handelsunternehmen<br />
gewesen, die mit brachialer<br />
Gewalt die Ausbeutung vorangetrieben hätten<br />
– nicht nur aus Eigeninteresse, sondern<br />
auch aus Interesse ihrer Staaten.<br />
Gerade der zweite Teil des Buches mit dem<br />
Titel „Über Gewalt“ beschreibt die Epoche<br />
bis in die Neuzeit. In den vergangenen<br />
500 Jahren, so ist darin zu lesen, haben<br />
insbesondere Spanien, Portugal, England,<br />
Frankreich, Belgien, Niederlande und auch<br />
Deutschland durch die sogenannte Kolonialisierung<br />
unermessliches Leid über die<br />
Menschen des globalen Südens gebracht.<br />
Die USA klammert Hickel nicht aus.<br />
Grundlage des europäischen und amerikanischen<br />
Wohlstandes sei die unfaire Einverleibung<br />
von Bodenschätzen sowie von<br />
billig produzierten agrarischen und anderen<br />
Erzeugnissen in der Vergangenheit und<br />
Gegenwart. Billig, weil Menschen durch<br />
Versklavung und später durch Lohndumping<br />
in nicht auskömmliche Arbeitsverhältnisse<br />
gedrängt worden sind.<br />
In den Vierziger-, Fünfziger- und Sechzigerjahren<br />
des vorigen Jahrhunderts zogen sich<br />
aufgrund politischer Umwälzungen in Europa<br />
immer mehr Staaten aus den Kolonien<br />
zurück. In Lateinamerika waren es im 19.<br />
Jahrhundert bereits verschiedene Revolutionen,<br />
die Freiheit und Selbstbestimmung<br />
bringen sollten, wodurch sich die Länder<br />
vom Würgegriff der Europäer befreiten,<br />
schreibt Hickel.<br />
Erst unter den US-Präsidenten Hoover und<br />
Roosevelt und deren „Good Neighbor“-<br />
Politik war es den lateinamerikanischen<br />
Ländern möglich, ihre Wirtschaftspolitik<br />
selbst zu bestimmen.<br />
Hickel sagt, dass damit dort die Ära<br />
des sogenannten „Developmentalismus“<br />
begann. Lateinamerika sei<br />
durch dieses System zu leichtem Wohlstand<br />
und Wachstum gekommen. Dieses<br />
Wirtschaftssystem wurde später von einigen<br />
Staaten in Afrika und auch in Asien<br />
übernommen. In den Siebzigerjahren war<br />
der Globale Süden dabei, die wirtschaftliche<br />
Kluft zum Norden fast zu schließen,<br />
macht der Autor aufmerksam.<br />
Hickel führt aus, dass die Regierungen und<br />
Großkonzerne der westlichen Welt nicht<br />
bereit waren, dieser Entwicklung tatenlos<br />
zuzusehen. Er prangert offen an, dass die<br />
Amerikaner und die Europäer geheimdienstliche<br />
sowie militärische Interventionen<br />
in zahlreichen Ländern durchführten,<br />
Regierungen stürzten, neue Machthaber<br />
installierten und sich so Zugang zu den<br />
Ressourcen und den Märkten verschafften,<br />
und sie brachten so neues Leid und Armut<br />
über die Menschen. Einzelne aufstrebende<br />
Länder seien so absichtlich wieder herunterentwickelt<br />
worden. Nicht in allen<br />
developmentalistischen Ländern sei es zu<br />
Interventionen des Westens gekommen,<br />
weil es sonst zum Ausbruch eines offenen<br />
Krieges gekommen wäre, so seine Schlussfolgerung.<br />
Dennoch wurden auch diese Länder weitestgehend<br />
heruntergewirtschaftet. Wie<br />
das vonstattenging, wird im dritten Teil des<br />
Buchs beschrieben, im Unterkapitel „Eine<br />
Schuldenkrise“. Diesmal waren es nicht<br />
einzelne Staaten der nördlichen Hemisphä-<br />
8
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
9
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
re, sondern dort ansässige Großbanken.<br />
Sie schickten sogenannte „Kreditdrücker“<br />
in die aufstrebenden Länder des globalen<br />
Südens, die dringend Fremdkapital benötigten<br />
für ihr Wachstum. Die zweite Ölkrise<br />
Ende der Siebzigerjahre durch die iranische<br />
Revolution und Zinsanhebungen der<br />
US-Notenbank 1981 trieben diverse Staaten<br />
in den Bankrott.<br />
Doch damit nicht genug. Die G7-Gruppe<br />
funktionierte den Internationalen Währungsfonds<br />
(IWF) um zu einem globalen<br />
Schuldeneintreiber. Einzelheiten dazu ab<br />
Seite 200. Die Auslandsschulden der Entwicklungsländer<br />
wurden zu einem sehr wirkungsvollen<br />
Instrument, um den ökonomischen<br />
Neoliberalismus durchzusetzen und<br />
die Develpomentalismus-Agenda zurückzudrehen.<br />
Die Großbanken, die Weltbank<br />
und der IWF übernahmen, insbesondere<br />
durch von ihnen selbst eingeführte Strukturanpassungsprogramme,<br />
die Kontrolle<br />
über die Wirtschaftspolitik in den Entwicklungsländern<br />
unter Missachtung der nationalen<br />
Souveränität.<br />
Darüber hinaus übt Hickel Kritik an der<br />
Welthandelsorganisation (WTO) und deren<br />
unfairen Praktiken, die vom Globalen<br />
Norden zementiert werden. Im letzten Teil<br />
des Buches stellt Hickel fünf radikale Maßnahmen<br />
vor, mit denen der Globale Süden<br />
in eine bessere wirtschaftliche Verfassung<br />
gelangen kann, in der die Armut so gut wie<br />
nicht mehr existent ist. Und das trotz des<br />
Erreichens der ökologischen Belastbarkeit<br />
unserer Erde. Und eine Aussage trifft er am<br />
Ende des Buches auch ganz deutlich: dass<br />
das Bruttoinlandsprodukt nicht als alleiniger<br />
Maßstab für Glück und Wohlbefinden<br />
einer Gesellschaft herangezogen werden<br />
kann. Und, dass das Mantra vom permanenten<br />
Wirtschaftswachstum aufgrund der Ressourcen-Begrenzungen<br />
verstummen wird.<br />
Rezension: Martin Bensmann<br />
Die Tyrannei des Wachstums,<br />
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TERMINE<br />
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Hamburg<br />
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21. und 22. Januar<br />
Kongress: Kraftstoffe der Zukunft<br />
Berlin<br />
www.bioenergie.de<br />
30. Januar<br />
Erfahrungsaustausch Kompetenznetzwerk Biogas<br />
Halle (Peißen)<br />
info@biogaskompetenz.de<br />
30. und 31. Januar<br />
Biogas-Infotage<br />
Ulm<br />
www.renergie-allgaeu.de<br />
30. und 31. Januar<br />
Biogaz Europe<br />
Rennes (Bruz)<br />
www.biogaz-europe.com<br />
6. Februar<br />
3. Bayerische Biogasfachtagung Stroh Gras Biogas<br />
Dingolfing<br />
www.messen-profair.de<br />
6. Februar<br />
Leipziger Biogas-Fachgespräch „Biogas auf dem<br />
Sprung – flexibel und zukunftsorientiert“<br />
Leipzig<br />
www.dbfz.de/aktuelles<br />
11. Februar<br />
13. Oberfränkisches Biogas-Fortbildungsseminar<br />
Bad Staffelstein – Kloster Banz<br />
www.aelf-mn.bayern.de/landwirtschaft<br />
21. und 22. Mai<br />
12. Biogas-Innovationskongress<br />
Osnabrück<br />
www.biogas-innovationskongress.de<br />
Call for Papers: Einsendeschluss:<br />
10. Februar<br />
Hinweis:<br />
Termine für Betreiberqualifikationen<br />
nach TRGS 529 unter<br />
www.schulungsverbund-biogas.de<br />
11. bis 13. März<br />
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Dresden<br />
www.forum-abfallwirtschaft-altlasten.<br />
de/abfallvergaerungstagung<br />
Seminare der Fachverband Biogas<br />
Service GmbH<br />
22. Januar<br />
Zukunfts-Workshop Biogas<br />
Verden/Aller<br />
24. Januar<br />
Zukunfts-Workshop Biogas<br />
Weichering<br />
13. Februar<br />
Biomassetransport Seminar<br />
Sendenhorst<br />
Infos:<br />
www.service-gmbh.biogas.org<br />
Anmeldung:<br />
service-gmbh@biogas.org<br />
Diese und weitere Termine rund um die Biogasnutzung<br />
in Deutschland und der Welt finden Sie<br />
auf der Seite www.biogas.org unter „Termine“.<br />
10
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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11
AKTUELLES<br />
BIOGAS-KIDS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Biogas ist (fast) überall<br />
Ein Auto fährt und fährt – bis es kaputt geht? Nein, so soll<br />
es nicht sein. Denn damit es auch immer gut fährt, muss<br />
es regelmäßig gepflegt und auch gewartet werden. Einiges<br />
kann der Fahrer selbst, für andere Dinge braucht er<br />
seine Werkstatt. Das ist mit einer Biogasanlage nicht anders.<br />
Auch sie muss immer gut funktionieren und Biogas<br />
produzieren. Und die Person, die sie betreut, muss Augen,<br />
Ohren, Nase aufhalten, damit es auch so bleibt. Es gibt<br />
viele verschiedene Dinge, auf die geachtet und die kontrolliert<br />
werden müssen. Da ist zunächst mal der große<br />
Fermenter, in dem die Milliarden winzigen Mitarbeiter –<br />
also die Bakterien – nicht nur regelmäßig mit gutem Futter<br />
versorgt werden wollen. Sie wollen auch sonst gut leben<br />
in diesem biologischen System, das im Prinzip wie der<br />
Kuhmagen funktioniert. Temperaturen zwischen 35 und<br />
40 °Celsius sowie ein richtig eingestellter pH-Wert (der<br />
bestimmt den Säuregehalt im Substrat) gehören ebenso<br />
dazu wie die Kontrolle, dass kein Sauerstoff in das System<br />
eindringt. Für all das gibt es Kontrollinstrumente, um das<br />
zu prüfen. Immer wenn es um gasförmige oder flüssige<br />
Stoffe in einem System geht, muss auf Dichtigkeit von Leitungen<br />
und Behältern geprüft werden. Schließlich könnten<br />
sich auch explosive Stoffe dabei bilden. Der höchste<br />
Wartungsaufwand betrifft allerdings das BHKW der Anlage.<br />
Dieses kleine Kraftwerk<br />
ist schließlich vollgestopft<br />
mit Technik und dem Gasmotor als Herz der Anlage.<br />
Also geht es hier auch um tägliche Öl- und Kühlmittelkontrollen.<br />
Das betrifft in gleicher Weise die Abgastechnik.<br />
Hierbei muss der Betreiber nicht nur Wartungen<br />
vornehmen. Teilweise handelt es sich um Technik, die<br />
regelmäßig durch den TÜV geprüft werden muss. Puh,<br />
steckt also viel Arbeit in einer Biogasanlage. Die gute<br />
Nachricht: Es gibt auch Apps für das Smartphone. Den<br />
ordnungsgemäßen Betrieb der Anlage kann der Betreiber<br />
also bequem von überall verfolgen, und er wird auch an<br />
Service intervalle erinnert.<br />
Iglu<br />
In ganz Deutschland gibt es inzwischen fast 9.500 Biogasanlagen.<br />
Die Zahl wächst weiter, und mit den Anlagen<br />
wächst auch die Menge der umwelt und klimafreundlichen<br />
Energie, die damit erzeugt wird. Aber wo sind eigentlich<br />
die vielen Anlagen und gibt es Gründe für eine bestimmte<br />
Verteilung? Tatsächlich sind die meisten Biogasanlagen<br />
in Bayern (2.360) und Niedersachsen (1.566) installiert. In<br />
Bayern deshalb, weil es dort auch die meisten landwirtschaftlichen<br />
Betriebe gibt. Weil diese aber nicht so groß sind,<br />
stehen hier meist auch eher kleinere Anlagen. Niedersachsen<br />
dagegen hat die Spitzenposition bei der installierten<br />
BiogasLeistung: also weniger Anlagen, dafür aber mehr<br />
Leistung pro Anlage. Aber nicht nur zwischen Süd und Nord<br />
gibt es Unterschiede. Gerade im Osten Deutschlands stehen<br />
die ganz großen Biogasanlagen, weil es hier auch besonders<br />
große Agrarbetriebe mit viel Fläche und Vieh (Gülle) gibt.<br />
In der Sprache der Inuit,<br />
der Ureinwohner der Arktis,<br />
bedeutet das Wort „Iglu“ übersetzt „Wohnung“. Ein Iglu<br />
ist ein Haus aus Schneeblöcken. Die Form des Iglu ist so berühmt,<br />
dass Campingzelte in dieser Kuppelform entwickelt<br />
wurden. Sie tragen auch den Namen Iglu-Zelt.<br />
Der Bau eines richtigen Iglus aus Schnee dauert ein paar<br />
Stunden. Zunächst legt man den Durchmesser des Iglus fest,<br />
indem man einen Kreis in den Schnee zieht. Auf diese Kreislinie<br />
werden ringsum die großen Schneequader gesetzt und<br />
es wird ein Eingang freigelassen. Die Quader werden mit<br />
Schnee sägen aus dem Schnee gearbeitet. Jede folgende Reihe<br />
wird immer etwas enger zur Kreismitte gesetzt, damit die<br />
Kuppelform entsteht. Das Iglu ist der beste Schutz gegen<br />
die eisige Kälte und tobende Schneestürme.<br />
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12
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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13
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
FOTOS: MARTIN BENSMANN<br />
Links: Der Stand des<br />
Fachverbandes Biogas<br />
e.V. war reger Anlaufpunkt<br />
für Messebesucher.<br />
Rechts: In Halle 24<br />
stellten zahlreiche<br />
BHKW-Hersteller ihre<br />
Aggregate vor.<br />
BIOGAS CONVENTION<br />
Aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen<br />
alles andere als rosig<br />
Zwar enthält das Energiesammelgesetz ein paar positive Inhalte aus Sicht der Biogasbranche,<br />
allerdings ist damit der Anlagenbestand nicht gesichert und die Reststoffvergärung<br />
in keiner Weise angeschoben. Anlagenbetreiber müssen sich vielmehr auf neue schärfere<br />
Vorgaben, die den Betrieb betreffen, einstellen. Weitere Investitionen in Anpassungsmaßnahmen<br />
sind leider vorprogrammiert.<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Die Biogasbranche wandelt sich vom Grundlast-Stromerzeuger<br />
zum flexiblen Stromproduzenten,<br />
regionalen Wärmelieferanten<br />
und klimafreundlichen Kraftstoffanbieter.<br />
Nebenbei sorgen Anlagenbetreiber heute<br />
mit alternativen Energiepflanzen für mehr ökologische<br />
Vielfalt auf den Feldern. Mit der Gärdüngeraufbereitung<br />
ergeben sich neue Vermarktungsmöglichkeiten für<br />
Nährstoffe“, skizzierte Fachverbandspräsident Horst<br />
Seide die Umbruchsituation während der Pressekonferenz<br />
zu Beginn der Biogas Convention im November<br />
in Hannover.<br />
Dennoch gebe es Gründe zur Sorge: Nach zwei Ausschreibungsrunden<br />
für Bestands- und Neuanlagen<br />
sei das Ergebnis ernüchternd. Die Vergütungshöhe im<br />
EEG 2017 zeige, dass die Konditionen nicht ausreichen,<br />
um Biogasanlagen zu betreiben. Deutlich werde<br />
dies darin, dass nur 77 der möglichen 225 Megawatt<br />
(MW), die ausgeschrieben waren, abgerufen worden<br />
sind. „Bis 2021 müssten 1.000 Anlagen einen Zuschlag<br />
per Ausschreibung bekommen. Denn diese Anlagenzahl<br />
fällt dann aus dem ersten Vergütungszeitrum<br />
des EEG 2000. Um weitermachen zu können, sind jedoch<br />
umfangreiche Investitionen an der Biogasanlage<br />
14
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
Entwicklung Flexdeckel<br />
ffDeckel von 1.350 MW war Ende September 2018 mit 758 MW<br />
zu etwa 58 Prozent ausgeschöpft.<br />
ffDurchschnittlicher Zubau 2018/18: ca. 23 MW pro Monat.<br />
ffGesamtzubau: Januar 2017 bis September 2018: 481 MW.<br />
ffStand Zubaudeckel Ende 2016: 278 MW – jährlicher Zubau<br />
2017 und hochgerechneter Zubau 2018 jeweils in etwa so<br />
hoch wie Zubau in den zweieinhalb Jahren vorher.<br />
f f Hochgerechneter Zubau auf Basis der vergangenen 21<br />
Monate (ca. 23 MW pro Monat): Deckel von 1.350 wäre im<br />
Herbst 2020 erreicht.<br />
notwendig. Diese Investitionen tätigen die Betreiber<br />
aber nur, wenn aus Berlin klare Signale pro Biogas<br />
kommen und eine ökonomische Perspektive erkennbar<br />
ist“, mahnte Seide.<br />
Im nächsten Jahr könnten schon durch Überbauung<br />
der Leistung im Rahmen der Flexibilisierung von Biogasanlagen<br />
über 5.000 Megawatt elektrische Leistung<br />
installiert sein in Deutschland. Würden die Rahmenbedingungen<br />
besser gestaltet, dann könnten bis 2030<br />
rund 20.000 MW an elektrischer Leistung installiert<br />
sein, und das ohne einen Hektar mehr Mais – nur durch<br />
Vergären von Gülle und Mist in großem Stil. Mache die<br />
Politik nichts, dann drohe die installierte Leistung zu<br />
schrumpfen. Laut Seide auf etwa 1.000 MW.<br />
Der Verbandspräsident forderte den Erhalt des Flexdeckels<br />
im Energiesammelgesetz sowie eine Nachfolgeregelung.<br />
Notwendig sei der Zubau neuer Anlagen,<br />
die Stoffe wie Gülle, Mist und Stroh vergären. Die<br />
75-kW-Güllekleinanlagenklasse sei nicht zielführend.<br />
Es müsse ein breites Spektrum an Gülleanlagen in die<br />
Praxis kommen. Im nächsten Jahr müsse die Bundesregierung<br />
das Klimaschutzgesetz verabschieden. Darin<br />
müsse festgeschrieben werden, wie die 65 Prozent<br />
Ökostromanteil bis 2030 erreicht werden sollen. „Um<br />
dieses Ziel zu erreichen, ist die Gülle- und Mistvergärung<br />
absolut notwendig“, betonte Seide. Was mit dem<br />
Gas aus den Gülleanlagen geschehe, das müsse dann<br />
entschieden werden.<br />
Möglicherweise könnte Güllegas dann als Kraftstoff<br />
eingesetzt werden. Grund: Im Zuge der Überarbeitung<br />
der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (REDII)<br />
sollen besonders fortschrittliche Kraftstoffe gefördert<br />
werden. Biogas aus Gülle wird dabei in den Entwürfen<br />
ausdrücklich positiv gesehen. Seide sagte, dass in<br />
Deutschland so viel Mist und Gülle anfällt, dass damit<br />
der gesamte Energiebedarf der deutschen Landwirtschaft<br />
gedeckt werden könnte.<br />
Vizepräsident Hendrik Becker betonte, dass immer<br />
mehr deutsche Anlagenhersteller ins Ausland drängen.<br />
Insbesondere in Frankreich würden derzeit viele<br />
Biogasanlagen gebaut. „In Frankreich darf Biogas erst<br />
verstromt werden, wenn der Produzent nachweist, dass<br />
er nicht ins Erdgasnetz einspeisen kann“, berichtete<br />
Becker.<br />
Vor der Ausschreibung Zukunftsfragen<br />
beantworten<br />
Robert Wagner von C.A.R.M.E.N. e.V. referierte zum<br />
Thema Ausschreibungen. Er empfahl, bevor ein Anlagenbetreiber<br />
in die Ausschreibung geh, einige persönliche<br />
und betriebliche Fragen zu klären. Es geht zum<br />
Beispiel darum, ob jemand noch weitere 10 Jahre Biogas<br />
produzieren will, kann oder muss und ob auch ein<br />
zweiter Betriebsleiter für die zweite Vergütungsphase<br />
verfügbar ist. Auch sollte der Gebotspreis tatsächlich<br />
kalkuliert werden.<br />
Dazu sollten bisherige Wirtschaftlichkeitsdaten ausgewertet<br />
werden. Auch sollte die Anlage hinsichtlich<br />
ihres technischen und baulichen Status quo bewertet<br />
werden, um notwendige Ertüchtigungsinvestitionen<br />
ermitteln zu können. Zudem sind zu erwartende rechtliche<br />
Vorgaben zu berücksichtigen, die eventuelle Investitionen<br />
nach sich ziehen. Es ist auch zu überlegen,<br />
ob nicht statt Überbauung der installierten Leistung<br />
auch nach unten flexibilisiert werden kann. Fraglich<br />
ist jedoch in dem Zusammenhang, ob die BHKW dafür<br />
geeignet sind, auch emissionsseitig.<br />
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass in der Ausschreibungssystematik<br />
der Maiseinsatz immer weiter<br />
reduziert werden muss. In den Jahren <strong>2019</strong> und 2020<br />
müssen 53 Prozent und in 2021 und 2022 müssen<br />
56 Prozent alternative Substrate eingesetzt werden.<br />
Wagner empfahl, neben dem Stromverkauf auch alle<br />
anderen möglichen Einnahmequellen zu erschließen,<br />
wie beispielsweise Flexzuschlag und Wärmeverkauf.<br />
Humuswirkung von Gärdünger besser<br />
als von Rindergülle<br />
Mit der Humuswirkung von Gärprodukten beschäftigt<br />
sich Dr. Uwe Franko vom Helmholtz-Zentrum für<br />
Umweltforschung in Leipzig. Bodenhumus erhöht die<br />
Messegeschehen bei<br />
Komponentenlieferanten<br />
für Biogasanlagen.<br />
15
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Bodenfruchtbarkeit, ist biologisch aktiv, verändert die<br />
Bodenstruktur, verändert die Sorption und dient als<br />
Kohlenstoff-Quelle beziehungsweise -Senke, verdeutlichte<br />
er zu Beginn seines Vortrages. In landwirtschaftlichen<br />
Böden sollte mehr Kohlenstoff eingespeichert<br />
werden, so eine Forderung von ihm.<br />
„Pflanzen versorgen den Boden mit organischem Material<br />
zum Humusaufbau. Pflanzen sind grundsätzlich<br />
eine Humusquelle“, betonte der Wissenschaftler. Sehr<br />
überraschend war seine Aussage, dass Mais und Sorghum<br />
mehr Kohlenstoff in den Boden zum Humusaufbau<br />
einbringen als zum Beispiel Weizen. Er riet, die<br />
Kohlenstoff-Akkumulation als Strategie gegen den Klimawandel<br />
stärker zu nutzen. Qualitativ sei Gärdünger<br />
in seiner Humuswirkung besser als Rindergülle und<br />
mindestens so gut wie Stallmist, wenn nicht sogar<br />
besser. Denn Gärreste hinterließen mehr Kohlenstoff<br />
als Gülle. Insbesondere leichte Böden profitierten von<br />
Gärdüngergaben durch Humusaufbau.<br />
Afrikanische Schweinepest: Virus in<br />
Biogasanlagen bekämpfbar<br />
Zu einem brisanten Thema, der Afrikanischen Schweinepest,<br />
referierte Prof. Dr. Wilfried Hopp, Leiter des<br />
Veterinärdienstes im Kreis Soest. Deutschland war bis<br />
Redaktionsschluss noch frei von dieser Krankheit. In<br />
Südbelgien war im September bei Wildschweinen die<br />
Seitz Electric GmbH GasManager BGJ 1_<strong>2019</strong>.pdf 1 07.12.18 13:56<br />
Krankheit aufgetreten. Das war der erste Fall in Westeuropa.<br />
Ansonsten hat sich das Virus vor allem in Polen,<br />
Weißrussland, in der Ukraine im Baltikum, Ungarn<br />
und Rumänien in Wild- und Hausschweinbeständen<br />
verbreitet.<br />
Das Virus sei relativ lange stabil in Fleischprodukten<br />
und Blut. Zwischen pH-Wert 3,9 und 11,5 ist es lebensfähig.<br />
Im Seuchenfall dürfe Gülle nur in Biogasanlagen,<br />
die keine Tierhaltung angegliedert haben. Sollte<br />
Seuchengülle in eine Biogasanlage eingebracht worden<br />
sein, muss der Fermenter für sieben Tage mit mindestens<br />
40 Grad Celsius betrieben werden – ohne Zufuhr<br />
von Gülle und Entnahme von Gärsubstrat. Die Vergärung<br />
sorgt durch die kontrollierte Versäuerung für eine<br />
bessere Hygienisierung von Gärresten. Die Vergärung<br />
ist sogar positiver als die reine Güllelagerung.<br />
Aus für erdgestützte Silowände<br />
Jörg Schütte, Niedersächsischer Landesbetrieb für<br />
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN),<br />
erläuterte den aktuellen Stand der Technischen Regel<br />
wassergefährdender Stoffe (TRwS 793 – Teil 1). In Teil<br />
1 dieses Regelwerkes werden Anforderungen für neue<br />
Biogasanlagen festgeschrieben. In einem Teil 2 sind<br />
Anpassungsmaßnahmen für Bestandsanlagen vorgesehen.<br />
Laut Schütte erklärt die TRwS zum Beispiel, wie<br />
eine Umwallung richtig angelegt wird oder wie ein La-<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
ger für Schwefelsäure zur Gewinnung von Ammonium-<br />
Sulfat-Lösung (ASL) ausgeführt sein muss.<br />
Besonders breit waren Schüttes Ausführungen zum<br />
Thema Fahrsilos, die bereits in der TRwS 792 geregelt<br />
werden und zu denen in der TRwS 793-1 Bezug genommen<br />
wird. Nach seinen Worten sind neue erdgestützte<br />
Fahrsilowände nicht mehr zulässig. Betroffen ist davon<br />
zum Beispiel das sogenannte Traunsteiner Silo. Aktuell<br />
ist davon auszugehen, dass die TRwS 793-1 in der<br />
zweiten Jahreshälfte <strong>2019</strong> verabschiedet wird. In der<br />
anschließenden Diskussion signalisierte er auch eine<br />
Novellierung der bereits seit August 2017 angewendeten<br />
AwSV.<br />
TRAS 120 verschärft<br />
Sicherheitsanforderungen<br />
Dass sich die sicherheitstechnischen Anforderungen<br />
an Biogasanlagen weiter verschärfen werden, stellte<br />
Thomas Hackbusch von der Landesanstalt für Umwelt<br />
Baden-Württemberg in Aussicht. Die Kommission<br />
für Anlagensicherheit (KAS) hat in den vergangenen<br />
Monaten intensiv gearbeitet und nun den Entwurf der<br />
Technischen Regel Anlagensicherheit (TRAS 120) als<br />
Erkenntnisquelle zum Stand der Technik und dem<br />
Stand der Sicherheitstechnik vorgelegt. Mit diesem Regelwerk<br />
sollen Schadensereignisse auf Biogasanlagen<br />
verhindert werden, betonte der Referent. Was kommt<br />
FOTO: ISABEL WINARSCH<br />
beispielsweise auf die Betreiber zu? Sie müssen sich<br />
mit neuen Anforderungen an Sicherheitseinrichtungen<br />
auseinandersetzen. Zukünftig sind nur noch zweischalige<br />
Gasspeichersysteme für Neuanlagen bzw. beim<br />
Austausch bestehender einschaliger Systeme vorgesehen.<br />
Bei doppelwandigen Gasspeichersystemen soll<br />
der Zwischenraum ständig auf Leckagen überwacht<br />
werden. Ferner müssen die Klemmschienen für die<br />
Foliendächer dauerhaft ihre Funktion erfüllen und<br />
über eine redundante Lastübertragung verfügen. Was<br />
Anlagenbetreiber ebenfalls nicht freuen dürfte, ist die<br />
vorgesehene halbjährliche Kontrolle einschaliger Folienhauben<br />
mit der Gasleckagekamera. Betroffen von<br />
der TRAS 120 sind Anlagen, die unter die Störfallver-<br />
In den Pausen zwischen<br />
den einzelnen Vorträgen<br />
wurde intensiv<br />
diskutiert.<br />
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den Biogas Infotagen Ulm<br />
30.– 31. Januar <strong>2019</strong><br />
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17
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
ordnung fallen, sowie Anlagen, die nach Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
genehmigt worden sind.<br />
Ehrenmedaille für Dr. Gerd Höher<br />
In diesem Jahr hat der Fachverband Biogas e.V. Dr. Gerd Höher (links im Bild) mit der Dr.-Heinz-Schulz-<br />
Ehrenmedaille ausgezeichnet. Die Medaille erhalten Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise um die<br />
Biogaserzeugung verdient gemacht haben. Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas e.V. (rechts im<br />
Bild), sagte in seiner Laudatio, dass sich Höher bis zu seiner Pensionierung in seiner Funktion als Referatsleiter<br />
Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie im Niedersächsischen Ministerium für Landwirtschaft immer<br />
für die Biogasproduktion eingesetzt habe.<br />
Er habe von Anfang an die Bedeutung der Biogasproduktion für die Landwirtschaft und die Energiewende<br />
betont. So sei es Höher auch zu verdanken, dass es auf Bundeslandebene seit 2003 ein Biogas-Forum gibt,<br />
in dem Fachleute aus Praxis, Wissenschaft und Politik miteinander reden. Auch habe er sich früh für die<br />
bedarfsgerechte Stromerzeugung eingesetzt und entsprechende Rahmenbedingungen gefordert. Weitsicht<br />
habe der ehemalige Ministerialbeamte auch beim Thema Botulismus gezeigt. Er initiierte schon sehr früh<br />
eine Untersuchung, die von der Tierärztlichen Hochschule Hannover durchgeführt wurde. Darin wurden Gärreste<br />
verschiedener Biogasanlagen hinsichtlich des Auftretens von Botulismuserregern analysiert. Ergebnis:<br />
Durch Biogasanlagen werden keine Botulismuserreger vermehrt oder verbreitet. „Als das Botulismusthema<br />
damals medial stark behandelt wurde, da brauchten nur die Ergebnisse aus der Schublade gezogen zu<br />
werden und Biogas stand nicht mehr im Feuer“, blickte Seide zurück.<br />
Dr. Höher sagte nach dem Empfang der Medaille: „Biogas soll dazu beitragen, dass wir unsere Energieversorgung<br />
nachhaltiger gestalten. Biogas ist dazu ein ganz wichtiges Tool. Gülle und Mist müssen konsequent<br />
in die Biogasanlagen gelangen, weil nur so große Mengen Methan und CO 2<br />
vermieden werden können. Insbesondere<br />
in der Rinderhaltung ist das eine sehr wichtige Aufgabe.“ Klimagasvermeidung könne Dienstleistung<br />
von Biogasanlagen sein. Das sei eine ganz andere Perspektive für Biogas als die Fragen, wie das Gas<br />
gespeichert oder wie bedarfsgerecht Strom produziert werden könne. Klimaschutz sei eine zentrale Aufgabe,<br />
die auf die Landwirtschaft zukomme. Und das sei eine sehr schwierige Aufgabe, die aber leichter werde, wenn<br />
die Viehhaltung mit der Biogasproduktion verknüpft werde.<br />
FOTO: ISABEL WINARSCH<br />
Verschärfungen durch TA Luft<br />
Anja Behnke vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz,<br />
Bau und Reaktorsicherheit berichtete über<br />
den aktuellen Stand der Novelle der TA Luft. Die TA Luft<br />
ist das zentrale Regelwerk zur Verringerung von Emissionen<br />
und Immissionen von Luftschadstoffen aus genehmigungsbedürftigen<br />
Anlagen. Sie legt den Stand der<br />
Technik für über 50.000 Anlagen in Deutschland fest.<br />
Wichtige Änderungen der TA Luft sind in folgenden<br />
Bereichen nötig: In der TA Luft werden mehrere Regelungen<br />
aus dem EU-Recht in nationales Recht umgesetzt.<br />
Dies betrifft zahlreiche Vorsorgeanforderungen,<br />
die in Durchführungsbeschlüssen der Europäischen<br />
Kommission zu Schlussfolgerungen über die „Besten<br />
Verfügbaren Techniken“ (BVT-Schlussfolgerungen) auf<br />
der Grundlage der Industrie-Emissionsrichtlinie<br />
(Richtlinie 2010/75/EU) enthalten<br />
sind.<br />
Für alle Anlagen wird der Stand der Technik<br />
vor allem im Hinblick auf besonders<br />
relevante Luftschadstoffe wie Stickstoffoxide<br />
oder Feinstaub überprüft. Von besonderer<br />
Bedeutung für die menschliche<br />
Gesundheit sind die Emissionen an besonders<br />
gesundheitsschädlichen Stoffen,<br />
zu denen in erster Linie solche zählen, die<br />
karzinogen, keimzellmutagen oder reproduktionstoxisch<br />
sind oder bei denen der<br />
Verdacht auf eine entsprechende Wirkung<br />
besteht. Auch hierzu werden die Anforderungen<br />
in der TA Luft angepasst.<br />
Neu in die TA Luft aufgenommen werden<br />
sollen darüber hinaus Anforderungen an<br />
die Geruchsimmissionen (Geruchsimmissions-Richtlinie<br />
– GIRL) sowie verfahrenslenkende<br />
Anforderungen zur Erhaltung der<br />
natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden<br />
Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie),<br />
zur Berücksichtigung der Stickstoffdepositionen<br />
und zur Berücksichtigung<br />
von Bioaerosol-Immissionen.<br />
Über die GIRL in der TA Luft soll auch<br />
der Mindestabstand von Biogasanlagen<br />
zur Wohnbebauung geregelt werden –<br />
der Abstand soll mindestens 100 Meter<br />
betragen. Stichwort Feuerungsanlagen<br />
(BHKW): Künftig werden die Anforderungen<br />
der TA Luft ersetzt durch Anforderungen<br />
der 44. BImSchV (außer dort<br />
vom Anwendungsbereich ausgenommene<br />
Anlagen). Ferner wird die künftige TA Luft<br />
auch wohl eine zusätzliche äußere Umhüllung<br />
der Gasmembran mit entsprechender<br />
Überwachung fordern.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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19
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Gärdünger fördert<br />
Regenwurmpopulation<br />
Die Integration einer Biogasanlage verschafft Ökolandwirten Vorteile in<br />
Bezug auf Nährstoffe, Bodenqualität, Humus und Erträge. Besonders<br />
Marktfruchtbetriebe können mit Futter-Dung-Kooperationen und Gärproduktdüngung<br />
den Nährstoffkreislauf verbessern. Weil die Rahmenbedingungen<br />
nicht eben günstig sind, wird das Potenzial aber bislang<br />
viel zu wenig ausgeschöpft.<br />
Von Christian Dany<br />
Biolandwirt Johannes Drexl auf seiner<br />
Biogasanlage, die perfekt in sein Bewirtschaftungskonzept<br />
passt.<br />
FOTOS: CHRISTIAN DANY<br />
Johann Drexl aus Kaufering am<br />
Lech ist Biobauer aus Überzeugung.<br />
Schon im Jahr 2000, als<br />
von einem Bio-Boom noch nichts<br />
zu sehen und zu hören war, stieg<br />
er auf Ökolandbau um und schloss sich<br />
dem Naturland-Verband an. Einige Jahre<br />
später gab er die Schweinemast auf und<br />
bewirtschaftet seitdem 200 Hektar Ackerland<br />
zusammen mit seinem Sohn ohne<br />
Viehhaltung.<br />
Allmählich traten jedoch Probleme auf:<br />
„Wir sind in die Leguminosenmüdigkeit<br />
reingekommen. Die Erträge gingen kontinuierlich<br />
zurück“, sagte Drexl auf einem<br />
CARMEN-Fachgespräch in seinem Heimatort.<br />
Leguminosenmüdigkeit äußert<br />
sich in Wuchsschwäche und verringerter<br />
Stickstofffixierleistung, worunter auch die<br />
Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen von der TU<br />
München-Weihenstephan berichtete von den<br />
positiven Auswirkungen des Gärdüngereinsatzes<br />
im Ökolandbau.<br />
Folgefrüchte leiden. Bedeutsam ist sie vor<br />
allem im Ökolandbau, wo Leguminosen<br />
meist einen höheren Anteil in der Fruchtfolge<br />
haben. Die Lösung fand Drexl in einer<br />
Gemeinschafts-Biogasanlage und der Kooperation<br />
mit einem Milchvieh-Ökobetrieb.<br />
Hierzu hat er sich mit seinem ehemaligen<br />
Lehrling Stefan Wild aus dem 10 Kilometer<br />
entfernten Hurlach zusammengetan. Die<br />
beiden gründeten die Drewi Naturenergie<br />
GbR und bauten 2010 eine Biogasanlage<br />
mit inzwischen 250 kWel Anschlussleistung.<br />
Wild verband den Anlagenbau mit<br />
seinem Aussiedlungsprojekt rund 300 Meter<br />
vor den Dorfrand von Hurlach.<br />
Heumilchproduktion<br />
Hier hält er 75 Milchkühe und erzeugt<br />
mit ihnen Heumilch; das heißt, die Kühe<br />
fressen keine Silage, sondern ganz traditionell<br />
im Sommer frisches Gras und im<br />
Winter Heu. Die Biogas-Kooperation reicht<br />
aber noch weiter: Weitere sechs Biobetriebe<br />
im Umkreis von 13 Kilometern, davon<br />
fünf Marktfruchtbetriebe und ein Schweinemäster,<br />
liefern Kleegras an die Anlage.<br />
„Wir übernehmen für die beteiligten Betriebe<br />
die komplette Silierkette“, berichtete<br />
Drexl. 2018 seien das bis zu vier Schnitte<br />
auf rund 100 Hektar gewesen.<br />
Drewi setze einen Schmutz vermeidenden<br />
Bandschwader und einen Feldhäcksler ein.<br />
„Das Kleegras wird so klein wie möglich<br />
gehäckselt“, erläuterte der Ökolandwirt.<br />
Pro Tag wird die Anlage mit 8 bis 10 Tonnen<br />
Kleegras gefüttert, was etwa die Hälfte<br />
des Substrat-Inputs ausmacht. 30 bis 40<br />
Prozent sind Rindergülle, der Rest überwiegend<br />
Silomais. Die beteiligten Biobetriebe<br />
erhalten Gärdünger entsprechend der<br />
Nährstoffmenge an Kleegraslieferungen<br />
zurück. „Mit der Gärrestdüngung sind die<br />
Erträge deutlich gestiegen“, betonte Drexl,<br />
„bei Roggen und Hafer habe ich schon 60<br />
Dezitonnen pro Hektar geerntet.“<br />
Drexls frühere Ertragsprobleme scheinen<br />
symptomatisch zu sein: „Im Ökolandbau<br />
gibt es immer mehr reine Marktfruchtbetriebe.<br />
Aufgrund des Mangels an Wirtschaftsdünger<br />
kommt es dort vermehrt zu<br />
Ertragsstagnation und sogar zum Rückgang“,<br />
sagte Martina Serdjuk vom Erneuerbare-Energien-Unternehmen<br />
GP Joule<br />
GmbH. Der Ertragsrückgang sei fatal,<br />
weil es auf der Gegenseite eine steigende<br />
Nachfrage nach regionalen, ökologisch<br />
produzierten Lebensmitteln gebe. Serdjuk<br />
schreibt parallel ihre Doktorarbeit an der<br />
TU München-Weihenstephan zum Thema<br />
„Integration der Biogasproduktion in Ökolandbau-Systeme“.<br />
„Im Bayerischen Tertiären Hügelland wirtschaften<br />
30 bis 40 Prozent der Ökobetriebe<br />
als Marktfruchtbetriebe. Sie geben mit den<br />
pflanzlichen Produkten Nährstoffe und organische<br />
Substanz ab und haben nicht den<br />
Nährstoffkreislauf über die Tierhaltung“,<br />
führte Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen<br />
von der TU München-Weihenstephan aus.<br />
Die Biogasanlage könne Funktionen der<br />
Tierhaltung im betrieblichen Stoffkreislauf<br />
übernehmen, wobei Unterschiede bestehen:<br />
„Mit der Milch werden etwa 35 Prozent<br />
des eingesetzten Futter-Stickstoffes<br />
exportiert“, gab der Leiter des Lehrstuhls<br />
für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme<br />
zu denken. Dagegen würden<br />
mit einer Biogasanlage neueren Typs‘ der<br />
20
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
Anlagenbau<br />
Ihr starker Partner für:<br />
l mobile Feststoffbeschickung<br />
besonders geeignet<br />
für Umbau-/<br />
Sanierungsarbeiten<br />
und in<br />
Störfällen<br />
Martina Serdjuk: „Im Ökolandbau gibt<br />
es immer mehr reine Marktfruchtbetriebe.<br />
Aufgrund des Mangels an<br />
Wirtschaftsdünger kommt es dort<br />
vermehrt zur Ertragsstagnation und<br />
sogar zum Ertragsrückgang.“<br />
Stickstoff und fast alle Mineralstoffe weitgehend<br />
im Kreislauf bleiben.<br />
Michael Köttner sagte, dass bei allen Anbauverbänden<br />
genauso wie in der EG-Öko-Verordnung<br />
maximal 0,5 Dungeinheiten möglich sind, was<br />
40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar entspricht,<br />
die an organischem Dünger aus externen,<br />
konventionellen Quellen stammen dürfen.<br />
Höhere Stickstofffixierung<br />
durch Biogasanlage<br />
„Wir können auf 13-jährige Forschungsergebnisse<br />
zu Energiepflanzen und zur Wirkung<br />
von Biogas-Gärresten zurückgreifen“,<br />
sagte Hülsbergen. Er erläuterte die Vorteile,<br />
die die Integration einer Biogasanlage<br />
in den Ökolandbau, besonders für Marktfruchtbetriebe,<br />
bringt in Bezug auf Nährstoffkreisläufe,<br />
Bodenqualität, Humus und<br />
Erträge. Bei einem kleegrasbasierten Praxisbetrieb<br />
stieg durch die Integration einer<br />
Biogasanlage die Stickstoff-Fixierleistung.<br />
Hülsbergen führt dies auf die Umstellung<br />
von Kleegras-Mulchen auf Kleegras-<br />
Schnitt zurück. „Das Kleegras fixiert bei<br />
mittlerem Ertrag beim Mulchen etwa 200<br />
Kilogramm Stickstoff, beim Schnitt 300<br />
Kilogramm Stickstoff pro Hektar. Die Biomasse<br />
wird zwar erst vom Feld gefahren<br />
und geht durch die Biogasanlage. Mit den<br />
anfallenden Gärresten hat man dann aber<br />
einen flexibel einsetzbaren Dünger.“ Die<br />
Stickstoff-Entzüge seien im Praxisbetrieb<br />
um 30 Prozent gestiegen. Der Grund sei<br />
die höhere Verfügbarkeit, was auch andere<br />
Nährstoffe betreffe: „Biogasbetriebe haben<br />
auch mehr Phosphor im Betriebskreislauf.“<br />
Bei Fruchtfolgeversuchen stellten sich<br />
nach acht Jahren mit Gärrestdüngung 0,1<br />
bis 0,2 Prozent höhere Kohlenstoffgehalte<br />
der Böden ein. Hülsbergen: „Das ist viel.“<br />
Zu dem Zuwachs führe der Kohlenstoff<br />
im Gärdünger in Wechselwirkung mit verstärktem<br />
Pflanzenwachstum. Außerdem<br />
hätten die Versuche ergeben, dass die Aggregatstabilität<br />
mit Gärproduktdüngung<br />
besser ist als ohne. Die Aggregatstabilität<br />
sei wichtig, damit der Boden viel Wasser<br />
aufnehmen kann und nicht verschlämmt.<br />
Bei der Erfassung von Regenwürmern<br />
habe sich mit verschiedenen Gärdünger-<br />
Varianten jeweils ein signifikanter Zuwachs<br />
gezeigt: sowohl bei der Regenwurm-Abundanz<br />
als auch der -Biomasse (also einmal<br />
Individuen und einmal Masse pro m²). Ein<br />
neuer Versuch zu den Artenzahlen ergab<br />
beim Anbausystem „Öko mit Biogasgülle“<br />
den höchsten Wert unter vier ökologischen<br />
und zwei konventionellen Systemvarianten.<br />
Hülsbergens Fazit: „Die Bodenbiologie<br />
reagiert gut.“<br />
Höhere Erträge durch<br />
Gärdüngereinsatz<br />
Natürlich können die Weihenstephaner Wissenschaftler<br />
auch Mehrerträge nachweisen:<br />
Bei unterschiedlichen Feldversuchen seien<br />
Ertragssteigerungen von 15 bis 47 Prozent<br />
durch den Einsatz von Gärdünger im Getreide<br />
festgestellt worden. „Es stiegen nicht<br />
nur die Erträge, sondern auch die Rohproteingehalte“,<br />
hob Hülsbergen hervor. Zum<br />
Beispiel lagen bei Anbauversuchen in der<br />
Versuchsstation Viehhausen die Weizenerträge<br />
beim Einsatz von Biogas-Gärresten<br />
um 38 Prozent höher als bei Marktfrucht-<br />
Bewirtschaftung (im Mittel über drei Jahre<br />
5,8 Tonnen pro Hektar statt 4,2 Tonnen pro<br />
Hektar).<br />
Mit der Gärrestdüngung wurden außerdem<br />
deutlich höhere Erträge erzielt als<br />
mit Milchvieh-Gülle und mit Milchvieh-<br />
Stalldung. Martina Serdjuk führte auch<br />
Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit ver-<br />
21<br />
Substrat-<br />
Aufbereitungs- und<br />
Zerkleinerungstechnik<br />
für jedes Substrat<br />
die richtige Aufbereitungstechnik:<br />
l Prallzerkleinerer<br />
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Dosier- oder<br />
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Zugbodensystem in<br />
Betonbauweise<br />
l Ober-/Unterflur<br />
befahrbar<br />
l Volumen<br />
80 – 175 m 3<br />
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AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
schiedener Biogassysteme durch. Die Ergebnisse<br />
zeigten, dass es bei kleinbetrieblichen<br />
Strukturen ökonomisch sinnvoll sein<br />
kann, eine Gemeinschaftsanlage zu realisieren<br />
oder eine Kooperation mit einer bestehenden<br />
Biogasanlage einzugehen.<br />
Zwar liegen die Vorteile und positiven Wirkungen<br />
von Biogas im Ökolandbau auf der<br />
Hand, doch wirklich durchsetzen konnte<br />
es sich bisher nicht. Markus Bäuml vom<br />
Fachverband Biogas berichtete von einer<br />
Studie, nach der das theoretische Biogas-<br />
Potenzial im deutschen Ökolandbau bei<br />
rund 500 Megawatt elektrische Leistung<br />
liegt, „wirtschaftlich mobilisierbar“ seien<br />
davon allerdings nur etwa 150 Megawatt.<br />
Pflanzliche Reststoffe aus der Landwirtschaft,<br />
vor allem Zwischenfrüchte und<br />
Kleegras, stellen mit 65 Prozent den größten<br />
Brocken des theoretischen Potenzials<br />
an Einsatzstoffen dar.<br />
Nur 20 Prozent des Potenzials<br />
werden genutzt<br />
Der aktuell geschätzte Bestand im deutschen<br />
Ökolandbau sind etwa 130 Biogasanlagen.<br />
Mit etwa 31 Megawatt installierter<br />
elektrischer Leistung entspricht dies lediglich<br />
20 Prozent mobilisierbaren Potenzials.<br />
Die bestehenden Bio-Biogasanlagen<br />
konzentrieren sich im Süden, vor allem in<br />
Bayern und Baden-Württemberg. Während<br />
die Zahl der Anlagen in beiden Ländern in<br />
etwa gleichauf liegt, ist das Potenzial im<br />
Flächenstaat Bayern doppelt so groß wie<br />
im „Ländle“ und in allen anderen Bundesländern.<br />
Da wäre also noch viel Luft nach<br />
oben. Woran liegt es aber, dass das Potenzial<br />
bisher so wenig ausgeschöpft wird? „Die<br />
Wirtschaftlichkeit ist unter den derzeitigen<br />
EEG-Rahmenbedingungen schwierig, aber<br />
nicht unmöglich“, ließ Bäuml gleich ein<br />
großes Manko anklingen.<br />
Ulrich Kilburg von C.A.R.M.E.N. e.V. erläuterte<br />
die drei Möglichkeiten für den<br />
Einstieg in die Bio-Biogaserzeugung: den<br />
Neubau, den Umstieg eines Anlagenbetreibers<br />
auf ökologische Bewirtschaftung<br />
und die Kooperation eines Ökolandwirts<br />
mit einem Biogasanlagenbetreiber. Für<br />
den Neubau maßgebend sei das aktuelle<br />
EEG: Während Güllekleinanlagen bis 75<br />
Kilowatt (kW) elektrische Leistung und<br />
Anlagen bis 150 kWel eine Festvergütung<br />
bekommen (22,68 bzw. 13,06 Cent pro Kilowattstunde<br />
gesichert bis 31. März <strong>2019</strong>),<br />
müssten Anlagen größer 150 kW in die Ausschreibung.<br />
Der gemäß EEG „gedeckelte“<br />
Höchstwert bei der nächsten Ausschreibung,<br />
die voraussichtlich schon am 1. April<br />
<strong>2019</strong> stattfinden wird, ist 14,58 Cent. Wie<br />
Kilburg darstellte, haben bestehende Anlagen<br />
im Schnitt 20 Cent Einspeisevergütung<br />
bei Stromgestehungskosten von typischerweise<br />
18 Cent.<br />
Die Zahlen zeigen, dass sich ein Neubau<br />
nur für eine 75-kW-Kleinanlage mit mindestens<br />
80 Prozent Gülle rechnet. Der<br />
Landwirt müsse Kilburg zufolge hier aber<br />
für ein überschaubares Nebeneinkommen<br />
eine immens hohe Investition tätigen und<br />
einen wahnsinnig hohen Aufwand treiben.<br />
Er listete die vielen „Baustellen“ auf, die<br />
bei Planung, Genehmigung und Betrieb<br />
einer Biogasanlage zu bearbeiten seien. In<br />
Bezug auf das „Öko-Potenzial“ in Deutschland<br />
stellte er klar: „Die 150 Biogasanlagen,<br />
die 2017 gebaut wurden, waren fast<br />
alle Anlagen in der 75-kW-Klasse. Die ist<br />
aber auf Gülle beschränkt.“ Das Potenzial<br />
an pflanzlichen Reststoffen, vor allem Kleegras,<br />
sei damit nicht zu heben.<br />
Ein erfolgversprechender Weg sei es, eine<br />
Bestandsbiogasanlage auf Ökolandbau<br />
umzustellen. Kilburg erläuterte die Chancen<br />
und Herausforderungen sowie die<br />
Vorteile hierzu. Zu bedenken sei, dass ein<br />
Wechsel zu Substraten mit geringerer Energiedichte<br />
und höherem Rohfaseranteil die<br />
Gasausbeute mindere und höhere Kosten<br />
für Einbring-, Rühr- und Pumptechnik erfordere.<br />
Dafür könnten die „fruchtfolgebedingt<br />
anfallenden Substrate“ zu Strom und<br />
Wärme veredelt und bei den Folgefrüchten<br />
Mehrerträge erzielt werden. Kilburg zitierte<br />
eine Umfrage unter 140 Ökobetrieben mit<br />
Biogasanlagen aus 2009: 75 Prozent der<br />
Befragten berichteten hier von Ertragssteigerungen<br />
zwischen 10 und 30 Prozent, 40<br />
Prozent von einer Qualitätsverbesserung,<br />
jeweils durch Gärproduktdüngung.<br />
Anforderungen der<br />
Anbauverbände differieren<br />
Zu beachten sind die Rahmenbedingungen<br />
der Bio-Anbauverbände und des EU-Ökosiegels,<br />
die Michael Köttner von der FnBB<br />
vorstellte. Für Kooperationen zwischen<br />
HGS – Ihr Partner für BHKW, Gasmotoren<br />
& stationäre Dieselaggregate<br />
Halle 2<br />
Stand 214<br />
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30. – 31.1.<strong>2019</strong> auf<br />
den Biogas Infotagen<br />
in Ulm.<br />
22<br />
www.hgs.eu
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
Ökolandwirt und Biogasanlagenbetreiber<br />
bringen die Vorgaben manche Erschwernis.<br />
Besonders schwierig ist eine Zusammenarbeit<br />
mit einer konventionellen Biogasanlage,<br />
denn die EG-Öko-Verordnung erlaubt<br />
nur Wirtschaftsdünger aus „flächengebundener<br />
Tierhaltung“.<br />
Die Anbauverbände sind bei Dünger tierischen<br />
Ursprungs zum Teil noch restriktiver.<br />
Bei allen gleich ist, dass wie gemäß EG-<br />
Öko-Verordnung maximal 0,5 Dungeinheiten,<br />
was 40 Kilogramm pro Hektar Stickstoff<br />
entspricht, an organischem Dünger<br />
aus externen, konventionellen Quellen<br />
möglich sind. Bei Gemeinschaftsanlagen<br />
und Kooperationen gilt das Prinzip: Rücknahme<br />
von Gärprodukten nur entsprechend<br />
der, zum Beispiel in Form von Kleegras, angelieferten<br />
Nährstoffmenge.<br />
„Die Gärprodukte könnten zwischen den<br />
Verbänden getauscht werden“, sagte Köttner.<br />
Eine Ausnahme sei der anthroposophische<br />
Demeter-Verband wegen dessen<br />
Komposteinsatzes und der Präparatearbeit.<br />
Insgesamt gewähre die EU-Verordnung den<br />
größten Spielraum. Alle großen Verbände<br />
verlangen Mindestanteile an betriebseigenen<br />
oder zumindest biologisch erzeugten<br />
Einsatzstoffen: Bei Bioland und Naturland<br />
sind es 70 Prozent, bei Demeter zwei Drittel<br />
der Trockenmasse und beim Biokreis 50<br />
Prozent. „Es ist schwierig, dem Verbraucher<br />
zu erklären, dass Ökolandwirte konventionellen<br />
Mais für ihre Biogasanlage kaufen“,<br />
machte Moderator Georg Stöckl vom Landwirtschaftsamt<br />
Neumarkt deutlich.<br />
100 Prozent Ökoeinsatzstoffe<br />
in der Diskussion<br />
Die Bio-Branche fürchtet hier einen Imageschaden.<br />
Wie Stöckl erläuterte, ist diese<br />
Praxis schon von mehreren Seiten kritisiert<br />
worden und vonseiten der Molkereien entstand<br />
Druck. Die Verbände hätten deshalb<br />
beschlossen, ab 2020 zu 100 Prozent Einsatzstoffe<br />
aus dem Ökolandbau zu verlangen.<br />
Weil die Verschärfung wohl zu einigen<br />
Härten führen würde, diskutierten die Verbände<br />
nun intern, ob der Termin 2020 eingehalten<br />
oder verschoben werden solle. Berater<br />
Peter Hinterstoißer bestätigte das für den<br />
Biokreis e.V. Der Verein vertrete die Interessen<br />
der Mitglieder, also der angeschlossenen<br />
Landwirte. „Die Bedingungen und Auflagen<br />
sind frei verhandelbar“, sagte er.<br />
Trotz der unbestrittenen Vorteile seien die<br />
Rahmenbedingungen nicht gerade so, dass<br />
bei Bio-Biogas ein großer Zuwachs zu erwarten<br />
sei, bedauerte Stöckl. Auch die tolle<br />
Gemeinschaftsanlage in Hurlach laufe an<br />
der „wirtschaftlichen Grenze“, wie Johann<br />
Drexl verriet: „Früher haben wir für das Kleegras<br />
noch was bezahlt, aber das ist nicht<br />
mehr möglich.“ Er sei froh, dass die Anlage<br />
mit dem Güllebonus eine gerade noch auskömmliche<br />
Vergütung erziele. „Bei 15 Cent<br />
Vergütung würde sie nicht funktionieren“,<br />
spielt er auf die in den Ausschreibungen<br />
jetzt gedeckelten Einspeisetarife an.<br />
Martina Serdjuk formulierte die wichtigsten<br />
Forderungen an Politik und Interessenverbände:<br />
„Ökologische Substrate“ in Biogasanlagen<br />
müssten besser gefördert werden.<br />
Laut Georg Stöckl vom Landwirtschaftsamt Neumarkt<br />
sollen nach 2020 die Anteile an konventionellen<br />
Substraten in Öko-Biogasanlagen weiter<br />
reduziert werden.<br />
Ein Beispiel sei hier, dass die Gülle-Kleinanlagenregelung<br />
auf Kleegras ausgeweitet<br />
werde. Außerdem sei die Rechtssicherheit<br />
von Kooperationen mit bestehenden Biogasanlagen<br />
zu verbessern. Serdjuk: „Hier<br />
geht es vor allem um Bestandsschutz, sollten<br />
sich aus der neuen, ab 2021 gültigen<br />
EU-Öko-Verordnung Erschwernisse für Biogasanlagen<br />
ergeben.“<br />
Autor<br />
Christian Dany<br />
Freier Journalist<br />
Gablonzer Str. 21<br />
86807 Buchloe<br />
0 82 41/911 403<br />
christian.dany@web.de<br />
23
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
FOTOS: ANDREA HORBELT<br />
Wirtschaftsdünger-Methan<br />
könnte für Mobilität noch<br />
interessant werden<br />
CNG – Compressed Natural Gas – so lautet die korrekte Bezeichnung für<br />
den Kraftstoff, der beim Fachgespräch „Lokale Hof-Biogastankstelle:<br />
Stand der Technik, Chancen und Perspektiven“ auf der Agenda stand.<br />
Ob dieser aus einer Biogasanlage in Bayern oder einem Erdgasfeld in<br />
der Nordsee stammt, ist für die Kennzeichnung zunächst uninteressant.<br />
Aber genau um diesen Unterschied ging es in Friedberg bei Augsburg:<br />
um die Aufbereitung von Biogas zum klimafreundlichen Kraftstoff<br />
Biomethan – und damit auch um eine mögliche Zukunftsperspektive für<br />
Biogasanlagen-Betreiber nach der EEG-Vergütung.<br />
Von Dipl.-Ing. agr. Andrea Horbelt<br />
Rund 50 Teilnehmer waren der<br />
Einladung des Fachverbandes<br />
Biogas e.V. in Kooperation mit<br />
C.A.R.M.E.N. e.V. zum Fachgespräch<br />
„Lokale Hof-Biogastankstellen“<br />
am 15. Oktober in Friedberg bei<br />
Augsburg gefolgt, um sich über den aktuellen<br />
Stand der Technik sowie über Chancen<br />
und Perspektiven für die Verwendung von<br />
Biogas als Kraftstoff zu informieren.<br />
„Wir wollen das Thema Biomethan als<br />
Kraftstoff jetzt massiv angehen“, unterstrich<br />
der Präsident des Fachverbandes<br />
Biogas, Horst Seide, in seinem Eingangsstatement.<br />
Er prognostizierte für die Nutzung<br />
von Biogas im Verkehrssektor eine<br />
Ein Bus der Stadtwerke Augsburg mit Werbung auf<br />
der Heckscheibe für Biomethan als Kraftstoff.<br />
gute Perspektive: „Obwohl Deutschland<br />
bei dem Thema nicht eben zieht. Aber die<br />
EU drückt zum Glück“, so Seide. Um die<br />
Biomethannutzung auf der Straße weiter<br />
anzukurbeln, hat der Fachverband eine<br />
eigene Stabsstelle entwickelt, die vom<br />
Moderator des Friedberger Fachgesprächs,<br />
Alexey Mozgovoy, seit Dezember 2017 mit<br />
Leben gefüllt wird.<br />
Den Auftakt machte Kerstin Ikenmeyer<br />
vom Bayerischen Staatsministerium für<br />
Wirtschaft, Energie und Technologie, die<br />
über Potenziale und die rechtliche Situation<br />
von Biomethan im Kraftstoffmarkt referierte.<br />
Weniger als 4 Prozent der gesamten<br />
Biomethanerzeugung von knapp 10.000<br />
Gigawattstunden (GWh) werden aktuell als<br />
Kraftstoff genutzt. Dabei ist die Treibhausgas-(THG)Minderung<br />
bei Biomethan die<br />
höchste unter allen Biokraftstoffen – mit<br />
über 90 Prozent rund 30 Prozentpunkte<br />
über der geforderten THG-Minderungsquote.<br />
Gasfahrzeuge: Zulassungszahlen<br />
steigen<br />
Ikenmeyer informierte über die europäischen<br />
Rahmenbedingungen für Biokraftstoffe<br />
RED, RED II und die Fuel Qualitiy Di-<br />
24
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Birgit Maria Wöber, CNG-Club.<br />
rective und deren Umsetzung in deutsches<br />
Recht über die Bundes-Immissionsschutzverordnung,<br />
das Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
und die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung.<br />
Sowohl CNG als<br />
auch LNG (liquefied natural gas) liegen<br />
im Steuersatz mit 13,9 Cent je Kilowattstunde<br />
(kWh) bis 2023 weit unter Diesel<br />
(47,04 Cent) oder Ottokraftstoff (65,45<br />
Cent). Die Beibehaltung dieses niedrigen<br />
Steuersatzes wurde sehr kurzfristig Mitte<br />
2017 verlängert. Seitdem steigt die Zahl<br />
der neu zugelassenen Pkw kontinuierlich,<br />
von etwa 200 pro Monat Mitte 2017 auf<br />
über 1.500 Neufahrzeuge im Mai 2018.<br />
Aktuell fahren in Deutschland knapp<br />
100.000 Gasfahrzeuge, denen stehen<br />
rund 900 Tankstellen zur Verfügung, wovon<br />
etwa 150 reines Biomethan anbieten<br />
und weitere gut 300 ein Biomethan-Erdgas-Gemisch.<br />
„Es ist noch viel zu tun“,<br />
schloss Kerstin Ikenmeyer ihren Vortrag,<br />
vor allem mit Blick auf Aufklärung, Werbung<br />
und die Anpassungen der rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen.<br />
Warum das Fachgespräch in Bayern stattfindet,<br />
erläuterte im Anschluss Alexey<br />
Mozgovoy: Im Freistaat stünden sehr viele<br />
und vor allem sehr viele ältere Biogasanlagen,<br />
für die das Ende der EEG-Vergütung<br />
naht. Für die Betreiber steht die Entscheidung<br />
an: weitermachen oder aufhören?<br />
Und wenn weiter, dann wie?<br />
Biomethan als Kraftstoff ist eine Alternative<br />
zur klassischen Verstromung. Eine Alternative<br />
mit Potenzial, betonte Mozgovoy.<br />
Weniger als die Hälfte des möglichen Biogaspotenzials<br />
werde aktuell erst genutzt –<br />
rund 78 Terawattstunden (TWh). Mehr als<br />
die Hälfte der europäischen Biomethaneinspeisung<br />
stammt aus deutschen Biogasanlagen.<br />
Trotz stagnierendem Heimatmarkt<br />
dominiert Deutschland nach wie vor<br />
die europäische Biomethanproduktion.<br />
Dass es nicht schon viel mehr CNG-Fahrzeuge<br />
auf den deutschen Straßen gibt,<br />
liege vor allem an der fehlenden Planungssicherheit:<br />
Auf die Verlängerung der Steuerbefreiung<br />
für Gasfahrzeuge konnte sich<br />
die Bundesregierung lange nicht einigen.<br />
Dass sie nun bis Ende 2023 bei 13,9 Cent<br />
eingefroren ist, sei zwar begrüßenswert,<br />
sagte Mozgovoy, aber speziell für Flottenbetreiber<br />
hätte die Entscheidung früher<br />
fallen müssen. Wer einen großen Fuhrpark<br />
betreibt, der plane langfristig. Der Leiter<br />
der Stabsstelle Biomethan hofft, dass an<br />
der niedrigen Besteuerung auch über das<br />
Jahr 2023 festgehalten werde und der<br />
Preis nicht – wie aktuell vorgesehen – sukzessive<br />
auf 27,3 Cent steigt.<br />
Ab 2020: Inverkehrbringer<br />
müssen THG-Minderung<br />
nachweisen<br />
Alexey Mozgovoy beleuchtete die von seiner<br />
Vorrednerin bereits angesprochene<br />
THG-Minderungsquote, die von der EU<br />
beschlossen nun in nationales Recht umgesetzt<br />
werden müsse: Ab 2020 müssen<br />
Klaus Röder, Stadtwerke Augsburg.<br />
Inverkehrbringer von Kraftstoffen, Tankstellen<br />
beispielsweise, eine THG-Minderung<br />
von 6 Prozent ihres jeweiligen Kraftstoffmixes<br />
nachweisen. Ansonsten drohe<br />
ihnen pro zu viel emittiertem Kilogramm<br />
CO 2<br />
eine Strafe von 47 Cent. Anhand einer<br />
Beispielrechnung erläuterte Mozgovoy die<br />
Ahndung für einen Tankstellenbetreiber<br />
und seine Optionen, diese zu vermeiden:<br />
über den Zertifikatehandel oder im direkten<br />
Verkauf von Biomethan oder Strom.<br />
Einen funktionierenden Zertifikatehandel<br />
vergleichbar der Leipziger Strombörse<br />
gebe es allerdings noch nicht, bedauerte<br />
Mozgovoy.<br />
Für die Betreiber von Biogasanlagen bedeutet<br />
die THG-Minderungsquote eine<br />
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AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
interessante Perspektive, speziell<br />
für güllebasiertes Biogas, dem die<br />
RED-II-Direktive einen hohen Wert<br />
zuweist und entsprechend einen hohen<br />
möglichen Erlös beim Verkauf<br />
der THG-Minderung für den Biogasanlagen-Betreiber.<br />
Der aktuelle Quotenwert<br />
für Biomethan liegt bei etwa<br />
4 Cent je kWh.<br />
Über die technischen Lösungen zum<br />
Betrieb einer Biogas-Tankstelle informierte<br />
anschließend Stefan Laumann<br />
von der Firma EnviTec Biogas.<br />
Er stellte sowohl die Containerlösung<br />
Winfried Vees, Biomethan-Tankstellenbetreiber.<br />
ab 500 Normkubikmeter Biomethan<br />
pro Stunde (Nm 3 /h) als auch die Variante<br />
bis 500 Nm 3 /h vor. Letztere<br />
stieß beim Auditorium auf das eindeutig größere Interesse.<br />
Die EnviThan-Gasaufbereitung in Kombination<br />
mit dem CNG-Betankungsblock MICRO und MFS 120<br />
ECO des Münchner Herstellers BAUER Kompressoren<br />
pries Laumann als „platzsparende Betankungsanlagen<br />
für engste Verhältnisse und kleine Flotten“, die für bis<br />
zu zehn Pkw oder einen Lkw pro Tag ausgelegt sind.<br />
Die COMPACT- und MFS-15- bis MFS-22-Baureihe ist<br />
für bis zu 100 Pkw oder zehn Lkw pro Tag konzipiert. In<br />
verschiedenen Szenarien erläuterte der Abteilungsleiter<br />
Gasaufbereitung die Möglichkeiten zum kompletten<br />
oder teilweisen Kraftstoff-Umstieg in die Biomethan-<br />
Schiene, mit oder ohne flexible Fahrweise der Biogasanlage.<br />
Preiswerte, saubere Mobilität<br />
Es folgte ein leidenschaftlicher Appell pro Gasantrieb<br />
von Birgit Maria Wöber, Gründungs- und Vorstandsmitglied<br />
und Mitinitiatorin des CNG-Clubs. Seit mehr als<br />
zwei Jahrzehnten sei sie klimafreundlich mit CNG im<br />
Tank unterwegs, betonte die Münchnerin. Nicht Erdgas,<br />
Bio-Erdgas, Biomethan oder Bio-CNG – „all das trägt<br />
nur zur Verwirrung bei.“<br />
CNG sei die offizielle und international anerkannte<br />
Bezeichnung, genau so würde es auch überall an den<br />
Tankstellen stehen. Was also ist CNG? Komprimiertes<br />
Naturgas/Methan, ein Premiumkraftstoff mit 130 Oktan<br />
(H-Gas), der aus verschiedenen Methanquellen, je nach<br />
Standort, zur Verfügung gestellt wird und leitungsgebunden<br />
ist. So war es auf Wöbers Folie zu lesen.<br />
„Es gab bislang keinen Verband, der für die CNG-Fahrer<br />
da ist“, betonte Wöber. Vor der Gründung des Verbandes<br />
am 19. März 2016 waren die Zahlen bei den Fahrzeugen,<br />
den Tankstellen und dem allgemeinen Interesse an<br />
gasbetriebenen Autos rückläufig, versicherte Wöber. Mit<br />
dem CNG-Club seien sie in allen Bereichen gestiegen,<br />
das aktuelle Medieninteresse groß – was allerdings auch<br />
am Diesel-Skandal und dem Engagement verschiedener<br />
Autohersteller liege, allen voran Audi, räumte Wöber ein.<br />
„Die Leute wollen sauber fahren“, unterstrich die Referentin.<br />
Und CNG sei klimafreundlich und sauber, zukunftsträchtig<br />
– und vor allem schon heute verfügbar.<br />
In ganz Europa stehe mittlerweile ein gut ausgebautes<br />
Tankstellennetz zur Verfügung. „Billiger und sauberer<br />
kann man nicht Auto fahren. Warum also nicht jetzt?“<br />
schloss Wöber ihren Vortrag.<br />
Nicht erst jetzt, sondern schon vor sieben Jahren haben<br />
die Stadtwerke Augsburg (SWA) auf Biomethan umgestellt.<br />
Seit 2011 ist die gesamte Busflotte klimaneutral<br />
unterwegs. Für Klaus Röder, Leiter Fuhrpark der SWA,<br />
ist der Gasantrieb nicht die despektierlich titulierte<br />
„Brückentechnologie, sondern ein Dauerbrenner.“ Finanziell<br />
nähmen sich Diesel und CNG nicht viel, „aber<br />
Biomethan bringt einen hohen Imagegewinn“ – und<br />
verbessert schließlich auch die Luft in der Fuggerstadt.<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
Röder würde sich eine technologieoffene Förderung<br />
wünschen, die nicht nur die E-Technik im Blick hat.<br />
„Wir sind jedenfalls gut für die Zukunft aufgestellt“,<br />
bilanzierte der Augsburger – und kündigt weitere 36<br />
Gasbusse an, die die Stadtwerke <strong>2019</strong> neu hinzukaufen<br />
werden.<br />
Kleine Tankanlage bei Pionier Winfried Vees<br />
Von der ganz großen Busflotte ging es für die Teilnehmer<br />
des Fachgesprächs anschließend gedanklich zu<br />
einer ganz kleinen Biogas-Tankstelle. Seit drei Jahren<br />
betreibt Winfried Vees auf seinem Energiehof Weitenau<br />
die bislang einzige netzunabhängige CNG-Tankstelle<br />
Deutschlands. „Klein“ wollte er auf jeden Fall anfangen<br />
– „wachsen kann man immer noch.“<br />
Mittels einer Konzentrationswechseladsorption wird<br />
aus einem Teil des in seiner Biogasanlage entstehenden<br />
Gases Biomethan für die Tankstelle erzeugt. Das<br />
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AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Repowering und Flexibilisierung sind<br />
entscheidende Weichenstellungen<br />
Mit dem Forschungsprojekt Biogas 4.0 will die TH Ingolstadt Anlagenbetreiber unterstützen<br />
und ihnen eine Perspektive aufzeigen. Auf einer Tagung gab es nun erste Ergebnisse.<br />
Von Christian Dany<br />
FOTOS: CHRISTIAN DANY<br />
Biogas 4.0 – was nach Roboter und „Internet<br />
der Dinge“ auf der Biogasanlage klingt, soll<br />
vor allem eine neue Ära markieren: „Der<br />
Name ist angelehnt an Industrie 4.0“, verriet<br />
Prof. Dr. Markus Goldbrunner von der<br />
Technischen Hochschule Ingolstadt (THI). Es gehe um<br />
mehr Wertschöpfung aus dem Produkt und um Vernetzung;<br />
sozusagen also um die Weiterentwicklung<br />
der Biogas- mit Informations- und Kommunikationstechnologie.<br />
Der Biogas-4.0-Projektleiter erläuterte<br />
die Entwicklungsphasen des Biogassektors<br />
von Biogas 1.0 bis 3.0,<br />
von den ersten Pilotanlagen bis zur<br />
Hochzeit des vom EEG getriebenen<br />
Anlagenbaus. Für die mittlerweile<br />
angebrochene Phase 4.0 will die<br />
THI Biogasanlagen-Betreibern Perspektiven<br />
aufzeigen: mit dem Repowering<br />
und der Flexibilisierung ihrer<br />
Anlagen. Zur gleichnamigen Tagung<br />
waren Anfang Dezember rund 100 Interessierte<br />
aus der Branche gekommen.<br />
Thomas Braun: „Rührwerke<br />
haben mit etwa 45 Prozent einen<br />
hohen Anteil am Eigenstromverbrauch. Es<br />
besteht also ein hohes Optimierungspotenzial.“<br />
Die Ingolstädter wollen sich mit Biogas 4.0 und anderen<br />
Projekten als neuer Forschungsstandort für die<br />
Biogastechnologie profilieren. Just am Nikolaustag ließen<br />
die Hochschul-Mitarbeiter die ersten Ergebnisse<br />
von Biogas 4.0 aus dem Sack. Wie Matthias Stark und<br />
Stefan Arlt erläuterten, seien zunächst Strommarktdaten<br />
erfasst und Direktvermarktungs-Unternehmen<br />
befragt worden. „Mit Strommarktdaten meinen wir vor<br />
allem die Preise an den verschiedenen Märkten“, sagte<br />
Stark, „wir wollten verschiedene Muster herauskristallisieren.“<br />
Exemplarisch stellte er eine der Auswertungen<br />
vor: einen „Strompreisteppich“, auf dem der<br />
Day-Ahead-Markt des ganzen Kalenderjahres 2016<br />
abgebildet ist.<br />
„Je dunkelroter, desto teurer ist der Strom. Geht’s ins<br />
Grüne, wird der Strompreis negativ“, erläuterte Stark.<br />
Die Abbildung lasse drei Phänomene erkennen: An<br />
Wochentagen zeichne sich der Preisverlauf durch die<br />
typische „Doppelhöckerkurve“ aus. Das heißt, zweimal<br />
am Tag weise der Strompreis Spitzen auf, die durch den<br />
klassischen Tagesfahrplanbetrieb abgefahren werden<br />
könnten. Zweitens seien die Preise im Winter deutlich<br />
höher als im Sommer und drittens an Wochenenden und<br />
Feiertagen aufgrund des geringeren Strombedarfs niedriger.<br />
Die Preisübersichten über verschiedene Märkte<br />
und Jahre sollen eine Hilfestellung für die Ausarbeitung<br />
von Fahrplänen sein, gerade auch für die saisonale<br />
Fahrweise.<br />
Darüber hinaus haben die Mitarbeiter an der THI eine<br />
Befragung von acht Strom-Direktvermarktungs-Unternehmen<br />
mit 3.800 Biogasanlagen im Portfolio durchgeführt.<br />
Gefragt wurde nach der Preisgestaltung, den<br />
Märkten, in denen die Direktvermarkter aktiv sind, den<br />
technischen Schnittstellen, den limitierenden Faktoren<br />
und den Hemmnissen, die Betreiber von der Flexibilisierung<br />
abhalten. „Nur 15 Prozent der Anlagen<br />
fahren bereits nach Fahrplan“, so Stark, „es besteht<br />
also noch ein großes Erschließungspotenzial.“<br />
Die Befragung ergab, dass bei der Preisgestaltung<br />
zwischen Direktvermarkter und Anlagenbetreiber in<br />
der Regel prozentuale Aufteilungen des Gewinns am<br />
Strommarkt vereinbart werden. Aber auch individuelle<br />
Pauschalvergütungen über ein ganzes Jahr finden<br />
vereinzelt Anwendung. Während die Teilnahme am Regelenergiemarkt<br />
wegen des Preisverfalls abnimmt, werden<br />
Biogasanlagen immer häufiger kontinuierlich nach<br />
Intraday-Spotmarkt betrieben. Stark zufolge bedeute<br />
das, dass nicht nur ein Fahrplan pro Tag da sei, sondern<br />
die Anlage sozusagen live gesteuert werde.<br />
Bei der Erfassung der Füllstände von Gas- und Wärmespeichern<br />
sei eine Standardisierung zwar erwünscht,<br />
aber schwierig umzusetzen, weil jeder Direktvermarkter<br />
sein eigenes System habe. „Für uns interessant war,<br />
dass die Fahrpläne oft nicht rein nach wirtschaftlichen<br />
Kriterien entwickelt wurden“, so der Ingenieur. Ein<br />
sicherer, robuster Betrieb der Anlage stehe häufig an<br />
erster Stelle.<br />
Zwei wesentliche „limitierende Faktoren“ konnten<br />
identifiziert werden: Zu kleine Wärmespeicher begren-<br />
28
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Während der Betreiber das Maß<br />
der Flexibilität der Anlage (Überbauung),<br />
die Fahrplantreue und<br />
die Vertragsgestaltung direkt<br />
beeinflussen könne, so<br />
Ulrich Kilburg, sei das<br />
Geschick des Direktvermarkters<br />
nur bedingt<br />
beeinflussbar.<br />
zen bei flexiblem Anlagenbetrieb die<br />
Leistung der Wärmeversorgung. Laut<br />
Stark sei auch des Öfteren festgestellt<br />
worden, dass in der Anlagensteuerung<br />
die Wärme- nicht auf die Gasspeicher abgestimmt<br />
seien. Zweitens seien manche BHKW<br />
nicht vollständig für flexiblen Betrieb geeignet: entweder<br />
weil sie keine ausreichende Vorwärmung<br />
haben oder weil die Hersteller Restriktionen<br />
vorgeben zur Zahl an Starts und Stopps oder<br />
zur Mindestlaufzeit pro Tag.<br />
Eine weitere Erkenntnis aus der Befragung<br />
ist, dass es noch viele Hemmnisse aufseiten<br />
der Betreiber hinsichtlich einer Flexibilisierung<br />
gibt: Stark nannte hier den Flex-Deckel;<br />
da Genehmigung und Umbau der Anlage häufig<br />
länger als zwölf Monate dauerten, hätten die<br />
Betreiber oftmals Angst, dass das Flexprämien-<br />
Kontingent bis dahin aufgebraucht sei. Außerdem<br />
sei der Fremdeingriff für viele Betreiber Neuland,<br />
der Wartungsmehraufwand schwer abschätzbar und für<br />
Folgekosten und Einnahmen fehle die Datengrundlage.<br />
Innerhalb des Projektes Biogas 4.0 sollen nun Handlungsempfehlungen<br />
zum Abbau der Hemmnisse entwickelt<br />
und weitere Forschungsziele abgeleitet werden.<br />
Hauptziel sei, bei Betreibern die Akzeptanz zu erhöhen,<br />
ihre Anlagen nach Fahrplan zu fahren.<br />
Online-Tool zur Kostenberechnung<br />
Schließlich stellten Stark und Arlt noch eine kurze Beispielrechnung<br />
mit dem Berechnungstool an, das seit<br />
kurzem in einer Basisversion online steht: Interessierte<br />
Betreiber können hier ihre Stromgestehungskosten<br />
berechnen. Zudem kann deren Veränderung infolge<br />
von Repowering- oder Flexibilisierungsmaßnahmen<br />
betrachtet werden. Noch arbeitet das Tool mit einigen<br />
Pauschalwerten, weshalb bei Abweichungen vom Standard<br />
nur Näherungswerte errechnet werden können.<br />
Für Repowering-Maßnahmen etwa wurde ein Pauschalsatz<br />
von 25 Prozent der Neubaukosten angesetzt. „Wir<br />
haben eine Abweichung bis zu 10 Prozent“, sagte Arlt.<br />
Der Betreiber sei gefragt, die Ergebnisse nochmal gegenzuprüfen.<br />
An dem Berechnungsprogramm werde<br />
aber ständig gearbeitet. „Wartungs- und Sub stratkosten<br />
zum Beispiel sollen später noch individuell eingegeben<br />
werden können.“ Als weiteres Handlungsfeld nannte<br />
Arlt die Implementierung eines Repowering-Katalogs.<br />
Hier sollen ein eigenes Modul für die Wärmenutzung<br />
und Restriktionen von BHKW-Herstellern integriert<br />
werden. Ziel sei es, Kosten und Nutzen von Effizienzsteigerungsmaßnahmen<br />
damit zu überprüfen.<br />
Biogas 4.0 soll nicht zuletzt den Austausch zwischen<br />
Wissenschaft und Wirtschaft fördern. Deshalb sind<br />
zahlreiche Unternehmen der Branche eingebunden.<br />
Georg Wallaschek von der Omnicert GmbH trug die Anforderungen<br />
vor, die ein Umweltgutachter an den Erhalt<br />
der Flexprämie stellt. Vor allem müsste die Anlage die<br />
„Doppelhöckerkurve“ abfahren können und der Gasspeicher<br />
bei voller BHKW-Leistung für mindestens vier<br />
Norbert Grösch empfahl, die<br />
bautechnische Begutachtung<br />
des Behälterzustands mit<br />
einer anstehenden Wartungsmaßnahme<br />
zu kombinieren.<br />
Stunden reichen. Mit diesen Anforderungen nehme der<br />
Umweltgutachter einen dreitägigen Probebetrieb ab.<br />
Ulrich Kilburg von CARMEN e.V. beleuchtete die Einflussfaktoren,<br />
die sich auf die Mehreinnahmen aus<br />
dem Flexbetrieb auswirken: Während der Betreiber<br />
das Maß der Flexibilität der Anlage (Überbauung), die<br />
Fahrplantreue und die Vertragsgestaltung direkt beeinflussen<br />
könne, sei das Geschick des Direktvermarkters<br />
nur bedingt beeinflussbar: „Sie können den Direktvermarkter<br />
wechseln, wenn Sie unzufrieden sind.“ Keinen<br />
unmittelbaren Einfluss nehmen könne man auf die<br />
30
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
ÜBERWACHUNG VON BIOGAS-ANLAGEN<br />
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und Biogas 905 über wachen kontinuierlich<br />
oder dis kon ti nuierlich die Qualität des<br />
Biogases auf die Gaskompo nenten hin.<br />
Optional warnen zusätzliche Umgebungsluft-Sensoren<br />
frühzeitig vor gesundheitsge<br />
fähr denden, explo sions fähigen und<br />
nichtbrenn baren Gasen und Dämpfen.<br />
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30.01. BIS 31.01.<strong>2019</strong><br />
HALLE 1, STAND 159<br />
31
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen und die allgemeine<br />
Marktentwicklung. Die Flexibilisierung während der<br />
laufenden, 20-jährigen EEG-Vergütungsperiode könne<br />
auch als Vorbereitung auf die Anschlussförderung gesehen<br />
werden – wie ein „Fitnesstraining“ für die Ausschreibung.<br />
Matthias Stark (links) und<br />
Stefan Arlt. „Nur 15 Prozent der<br />
Anlagen fahren bereits nach<br />
Fahrplan“, so Stark, „es besteht<br />
also noch ein großes Erschließungspotenzial.“<br />
Systematische Analyse für das Repowering<br />
Dass einer Repowering-Maßnahme eine sorgfältige Bestandsaufnahme<br />
vorausgehen muss, betonte Norbert<br />
Grösch von der THI. Die Ingolstädter arbeiten zusammen<br />
mit der FH Münster an einem Leitfaden für eine<br />
systematische Ist-Analyse von Biogasanlagen fürs Repowering.<br />
Handlungsbedarf bestehe, wenn die Anlage<br />
nicht dem aktuellen Stand der Technik entspreche,<br />
Anforderungen an eine Ausschreibung erfüllt werden<br />
müssten oder die Wirtschaftlichkeit zu wünschen übrig<br />
lasse. „Ein wesentlicher Bestandteil bei der Prüfung<br />
des Anlagenzustands ist die sicherheitstechnische Begutachtung“,<br />
so Grösch. Dabei seien auch zu erwartende<br />
Vorschriften zu berücksichtigen, wie die bevorstehende<br />
TRAS 120.<br />
Grösch empfahl, die bautechnische Begutachtung des<br />
Behälterzustands mit einer anstehenden Wartungsmaßnahme<br />
zu kombinieren: zum Beispiel, wenn bei<br />
einem Rührwerkstausch ohnehin der Behälter ent-<br />
Die Gutachtergemeinschaft Biogas ist ein<br />
Team selbstständiger Experten verschiedenster<br />
Fachrichtungen, das Sie umfassend<br />
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32
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
AKTUELLES<br />
leert werden müsse. Zur Ermittlung möglicher Optimierungsansätze<br />
müssten Auffälligkeiten beobachtet<br />
werden, wie Sinkschichten, lokale Ablagerungen oder<br />
Fremdstoffeintrag. Weitere Ansätze seien eine regelmäßige<br />
Messung des Eigenstrombedarfs (entspricht der<br />
Verbrauch den Erwartungen?) und regelmäßige Anlagenbegehungen<br />
zur Ortung von Methanleckagestellen<br />
mit einem „Methanschnüffler“. Grösch: „So ein Gerät<br />
kostet 300 Euro.“ Hier sei mit einer einfachen Instandhaltungsmaßnahme<br />
ein Effizienzgewinn zu erzielen,<br />
der auch einen Beitrag zum Klimaschutz darstelle.<br />
„Rührwerke haben mit etwa 45 Prozent einen hohen<br />
Anteil am Eigenstromverbrauch. Es besteht also ein<br />
hohes Optimierungspotenzial.“ Das stellten sowohl Abdessamad<br />
Saidi von der THI als auch Thomas Braun von<br />
der UTS Biogastechnik GmbH heraus. Saidi arbeitet an<br />
der Rührwerksoptimierung in Biogasfermentern, wozu<br />
verschiedene Konfigurationen mit CFD-basierten Simulationsrechnungen<br />
validiert werden sollen.<br />
Saidi: „Modellbasierte Untersuchungen sind aber mit<br />
Vorsicht zu genießen.“ Deshalb seien Tests an der neuen<br />
Labor-Biogasanlage der Ingolstädter geplant – und<br />
auch Feldtests in Praxis-Biogasanlagen. Braun berichtete,<br />
dass mit einem neu entwickelten Rührwerk von<br />
UTS eine Energieeinsparung von 68 Prozent erreicht<br />
worden sei: 60 Prozent resultierten aus dem geringeren<br />
Stromverbrauch und rund 8 Prozent, weil durch eine<br />
höhere Rührleistung die Einsatzzeiten reduziert werden<br />
konnten. Über Probleme, die beim Repowering der<br />
Anlagenautomatisierung auftauchen, und Strategien,<br />
diese zu vermeiden, referierten Stefan Maier und Martin<br />
Fickert von der Awite Bioenergie GmbH. Fickert hob<br />
hervor, wie wichtig eine aktuelle Anlagendokumentation<br />
ist, zum Beispiel Schaltplan und R&I-Schema. Die Prozessbeschreibung<br />
und weitere Dokumente zu aktualisieren,<br />
werde bei Änderungen und Erweiterungen gerne<br />
vernachlässigt. „Je mehr Informationen man hat, umso<br />
besser und günstiger wird die Repowering-Maßnahme“,<br />
sagte er.<br />
Nähere Infos: www.biogas4null.de. (Das Berechnungstool<br />
Stromgestehungskosten ist unter dem Menüpunkt<br />
„Ergebnisse“ zu finden.)<br />
Autor<br />
Christian Dany<br />
Freier Journalist<br />
Gablonzer Str. 21<br />
86807 Buchloe<br />
0 82 41/911 403<br />
christian.dany@web.de<br />
Gut zu wissen!<br />
Die Fachverband Biogas service GmbH kümmert sich um die Organisation<br />
und Durchführung von Schulungen und Fachveranstaltungen. Wir bieten<br />
Beratungsangebote im Bereich der Energieerzeugung durch Biogasanlagen<br />
für Hersteller, Dienstleister und Betreiber an.<br />
Unser aktuelles Veranstaltungsangebot finden Sie unter:<br />
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33
AKTUELLES<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
ABFALLVERGÄRUNGSTAGUNG<br />
11. – 13. März <strong>2019</strong> in Dresden<br />
Mit begleitender Fachausstellung<br />
Die Abfallvergärungstagung in Dresden wird in diesem<br />
Jahr erstmalig vom Fachverband Biogas e.V., dem<br />
Forum für Abfallwirtschaft und Altlasten, der Güte-<br />
Gemeinschaft Gärprodukte e.V. (GGG) und der TU<br />
Dresden gemeinsam veranstaltet.<br />
Damit werden die bisher parallel stattfindenden Fachveranstaltungen<br />
in einem neuen Format gebündelt. So können wir Ihnen<br />
eine ausgewogene und informative Mischung von neuen Erkenntnissen<br />
aus der Wissenschaft und Praxiserfahrungen anbieten.<br />
Neben der Vorstellung der aktuellen Herausforderungen und<br />
rechtlichen Neuerungen werden vor allem der Einsatz spezieller<br />
Substrate und die Gärproduktaufbereitung thematisiert. Damit<br />
bietet die Tagung einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen<br />
und Chancen für Abfallvergärungsanlagen. Für die gesamte Branche<br />
stellt die Tagung eine hervorragende Gelegenheit zum Austausch<br />
dar und richtet sich an Anwender, Hersteller, Behörden<br />
und Wissenschaftler gleichermaßen.<br />
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!<br />
Christina Dornack, TU Dresden und<br />
David Wilken, Fachverband Biogas e.V.<br />
PROGRAMM<br />
TAG 1 // 11.03.<strong>2019</strong><br />
12:00 Uhr Registrierung und Begrüßungsimbiss<br />
13:00 Uhr Begrüßung und Moderation<br />
David Wilken // Fachverband Biogas e.V.<br />
BLOCK 1: FRAGEN & AUSBLICKE DER BRANCHE<br />
13:10 Uhr Neue Entwicklungen in der Biogastechnologie<br />
Prof. Dr. Christina Dornack // Technische Universität Dresden<br />
13:50 Uhr Aktuelle Herausforderungen und Perspektiven der Biogasbranche<br />
Dr. Claudius da Costa Gomez // Fachverband Biogas e.V.<br />
14:30 Uhr Kaffeepause // Ausstellung<br />
BLOCK 2: PRAXIS UND RECHT<br />
15:00 Uhr Anforderungen an die Vergärung von Bioabfällen auf Europäischer<br />
und nationaler Ebene<br />
MR Hans-Peter Ewens // Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
und nukleare Sicherheit (BMU)<br />
15:40 Uhr Umstellung einer Restabfallvergärungsanlage auf Bioabfälle<br />
Dr. Axel Zentner // Technische Universität Dresden<br />
16:20 Uhr Bioabfallvergärung und Fremdstoffmanagement in Dresden<br />
Karl-Uwe Schäfer // Kompotec<br />
17:00 Uhr Ende Tag 1<br />
19:00 Uhr ABENDPROGRAMM<br />
Besichtigung der barocken Dresdner Altstadt mit<br />
anschließendem Abendessen.<br />
TAG 2 // 12.03.<strong>2019</strong><br />
9:00 Uhr Begrüßung und Moderation<br />
Thomas Karle // GüteGemeinschaft Gärprodukte e.V.<br />
BLOCK 3: VERGÄRUNG VON STICKSTOFFREICHEN UND CELLULOSE-<br />
HALTIGEN SUBSTRATEN<br />
9:10 Uhr Optimierung der Vergärung von stickstoffreichen Substraten<br />
mit Hochleistungsreaktoren<br />
Anne Geißler // Technische Universität Dresden<br />
9:50 Uhr Ernte, Aufbereitung und Vergärung von Stroh in Biogasanlagen<br />
Josef Höckner // BioG GmbH<br />
10:30 Uhr Kaffeepause // Ausstellung<br />
BLOCK 4: FERMENTERBIOLOGIE, GÄRPRODUKTAUFBEREITUNG<br />
UND VERMARKTUNG<br />
11:00 Uhr Mikroorganismen bei der Vergärung<br />
Dr. Christian Abendroth // Technische Universität Dresden<br />
11:40 Uhr Düngen mit Gärprodukten – Ausbringung, Aufbereitung<br />
und Vermarktung<br />
David Wilken // Fachverband Biogas e.V.<br />
12:20 Uhr Düngerechtliche Anforderungen an die Ausbringung<br />
von Gärprodukten und Komposten<br />
Stefan Hüsch // Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft<br />
13:00 Uhr Mittagspause // Ausstellung<br />
14:00 Uhr Network-Gruppen<br />
15:30 Uhr Kaffeepause // Ausstellung<br />
16:00 Uhr Berichte aus den Network-Gruppen<br />
34
BLOCK 5: CO-VERGÄRUNG, ZUKUNFT DER<br />
BIOGASTECHNOLOGIE<br />
16:40 Uhr CO-Vergärung der Reststoffe aus der Milchproduktion<br />
in der Biogasanlage Leppersdorf<br />
N.N. // Sachsenmilch GmbH<br />
17:20 Uhr Zukunft und Chancen der Biogasgewinnung in der<br />
Abfallwirtschaft und deren Produkte<br />
Prof. Dr.-Ing. Frank Scholwin // Institut für Biogas,<br />
Kreislaufwirtschaft und Energie<br />
18:00 Uhr Abschlussrunde // Get-together<br />
18:30 Uhr GGG-Mitgliederversammlung<br />
AUSSTELLER<br />
Firmen haben die Gelegenheit Messewände zu platzieren.<br />
Die Beteiligungskosten liegen bei 1.200 EUR inkl. MwSt.<br />
(Mitgliedsfirmen 960 EUR inkl. MwSt.). Enthalten ist neben<br />
der Fläche ein Stehtisch sowie die Beteiligung an der Abfallvergärungstagung<br />
für eine Person.<br />
Wenn Sie Interesse an einer Ausstellungsbeteiligung<br />
haben, kontaktieren Sie bitte Anja Lobedank unter:<br />
veranstaltung@biogas.org.<br />
TAG 3 // 13.03.<strong>2019</strong><br />
8:00 Uhr Lehrfahrt // Anlagenbesichtigung<br />
Anlage in Klotzsche: Bioabfallanlage<br />
Anlage in Leppersdorf: Co-Vergärung<br />
15:00 Uhr Geplantes Ende<br />
ANMELDUNG<br />
Bitte per Email oder Fax an:<br />
veranstaltung@biogas.org<br />
+49 8161 984670<br />
ÜBERNACHTUNG<br />
In folgenden Hotels sind Übernachtungskontingente<br />
mit vergünstigten Konditionen unter dem Stichwort<br />
„Abfallvergärungstagung“ abrufbar.<br />
INHALTLICHE SCHWERPUNKTE<br />
ffFragen und Ausblicke der Branche<br />
ffPraxis und Recht<br />
ffVergärung von stickstoffreichen und cellulosehaltigen<br />
Substraten<br />
ffFermenterbiologie, Gärproduktaufbereitung<br />
und Vermarktung<br />
ffCo-Vergärung, Zukunft der Biogastechnologie<br />
TEILNAHMEBEDINGUNGEN<br />
Die Teilnahmegebühren sind:<br />
Mitglieder<br />
Nicht-Mitglieder<br />
Tagung 290 EUR 420 EUR<br />
Lehrfahrt 120 EUR 150 EUR<br />
Aussteller 960 EUR 1.200 EUR<br />
In der Teilnahmegebühr sind eine Verpflegungspauschale,<br />
das Abendprogramm und die Mehrwertsteuer enthalten.<br />
Die Gebühr für die Lehrfahrt enthält ebenfalls eine Verpflegungspauschale<br />
und die Mehrwertsteuer.<br />
TAGUNGSORT<br />
Dülfersaal der Technischen Universität Dresden<br />
Mommsenstr.13 · 01069 Dresden<br />
Gästehaus der TU Dresden „Am Weberplatz“<br />
Weberplatz 3 · 01217 Dresden<br />
+49 351 4679300<br />
+49 351 4679394<br />
gha@ mail.zih.tu-dresden.de<br />
IntercityHotel Dresden<br />
Wiener Platz 8 · 01069 Dresden<br />
+49 351 263550<br />
dresden@intercityhotel.de<br />
Hotel ibis Dresden Bastei<br />
Prager Str. 5 · 01069 Dresden<br />
+49 351 48564856<br />
reservierung@ibis-dresden.de<br />
VERANSTALTER/ KONTAKT<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Anja Lobedank<br />
Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />
+49 8161 9846801<br />
+49 8161 984670<br />
veranstaltung@biogas.org<br />
www.biogas.org<br />
Weitere Informationen zur Tagung, Fachausstellung,<br />
Anmeldung, Anreise und zu den Übernachtungsmöglichkeiten<br />
finden Sie unter:<br />
http://forum-abfallwirtschaft-altlasten.de/<br />
abfallvergaerungstagung<br />
35
POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Europa: Neufassung der Erneuerbare-<br />
Energien-Richtlinie (RED II) steht<br />
Im Rahmen der Verhandlungen zu dem Paket „Saubere Energien für alle Europäer“ haben sowohl der Europäische<br />
Rat als auch das Europäische Parlament die „Verordnung zur Governance der Energieunion und für den<br />
Klimaschutz“ sowie die Neufassung der „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“ (kurz: RED II) verabschiedet. Die<br />
Gesetzestexte werden noch übersetzt und dann im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Drei Tage<br />
nach dieser Veröffentlichung treten sie in Kraft. Bis spätestens 30. Juni 2021 sind die Bestimmungen der<br />
RED II in nationales Recht umzusetzen.<br />
Von Julia Münch<br />
In der RED II ist ein neues Gesamtziel<br />
für den Anteil Erneuerbarer Energien<br />
am europäischen Gesamtenergieverbrauch<br />
festgelegt. Es soll bis zum Jahr<br />
2030 mindestens 32 Prozent betragen.<br />
Dieses Ziel kann im Rahmen eines sogenannten<br />
„upward review“ im Jahr 2023<br />
nach oben korrigiert werden, beispielsweise<br />
aufgrund sinkender Technologiekosten, einer<br />
verbesserten Energieeffizienz oder höherer<br />
internationaler CO 2<br />
-Reduktionsziele.<br />
Das 32-Prozent-Ziel ist nur auf EU-Ebene<br />
verbindlich. Das heißt, es gibt keine national<br />
verbindlichen Beiträge der einzelnen<br />
Mitgliedstaaten. Allerdings darf der Erneuerbare-Energien-Anteil<br />
in keinem Mitgliedstaat<br />
unter die verbindlichen 2020-Ziele<br />
fallen. Im Rahmen von sogenannten Nationalen<br />
Energie- und Klimaplänen (National<br />
Energy and Climate Plan – NECP), deren<br />
Ausgestaltung in der Governance-Verordnung<br />
festgelegt ist und die auf zehn Jahre<br />
ausgelegt sind (von 2020-2030), melden<br />
die einzelnen EU-Mitgliedstaaten ihre Ziele<br />
und Maßnahmen in der Energie- und Klimapolitik,<br />
deren Gesamtheit dann im Jahr<br />
2030 zu einem Erneuerbare-Energien-Ziel<br />
von 32 Prozent führen soll.<br />
Die EU-Kommission bewertet diese Pläne<br />
und berechnet, ob das Ziel damit erreichbar<br />
ist und fordert gegebenenfalls Korrekturen<br />
von einzelnen Staaten, die eventuell zu wenig<br />
beitragen. Die ersten NECP-Entwürfe<br />
mussten bis zum 31. Dezember 2018 bei<br />
der EU-Kommission eingereicht werden.<br />
Die Kommission gibt dann ihr Feedback.<br />
Des Weiteren gibt es eine Konsultation der<br />
relevanten Stakeholder in den einzelnen<br />
Ländern im ersten Halbjahr <strong>2019</strong>, in dem<br />
Rückmeldung zum nationalen Energie- und<br />
Klimaplan der Bundesregierung gegeben<br />
werden kann. Bis zum 31. Dezember <strong>2019</strong><br />
muss dann der finale Plan mit Berücksichtigung<br />
des gegebenen Feedbacks bei der<br />
EU-Kommission eingereicht werden.<br />
Förderregelungen für<br />
Erneuerbare Energien<br />
Erneuerbare Energien können weiterhin gefördert<br />
werden, wenn die Förderregelungen<br />
den Energie- und Umweltbeihilfeleitlinien<br />
entsprechen. Grundsätzlich soll die Förderung<br />
marktbasiert und marktorientiert sein.<br />
Wettbewerbsverzerrungen auf den Elektrizitätsmärkten<br />
sollen vermieden und mögliche<br />
Systemintegrationskosten sowie die<br />
Systemsicherheit berücksichtigt werden.<br />
Ausschreibungen sind das zentrale Fördermittel.<br />
Gefördert werden kann durch<br />
eine fixe oder flexible Marktprämie. Ausnahmen<br />
können für kleine Anlagen und<br />
Demonstrationsprojekte gewährt werden,<br />
wobei nicht näher ausgeführt ist, was „kleine<br />
Anlagen“ sind. Technologiespezifische<br />
Ausschreibungen sind erlaubt, wenn sie<br />
gut begründet sind. Alle drei Jahre soll die<br />
EU-Kommission dem Parlament über die<br />
Ergebnisse und die Wirksamkeit der Ausschreibungen<br />
berichten.<br />
Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass<br />
die Förderung nicht rückwirkend in einer<br />
Weise überarbeitet wird, die sich negativ<br />
auf die Wirtschaftlichkeit der geförderten<br />
Projekte auswirkt. Jeder Mitgliedstaat soll<br />
langfristige Zeitpläne veröffentlichen, in<br />
denen die in den nächsten fünf Jahren erwartete<br />
zu allokierende Menge (Volumen<br />
oder Budget), ein indikativer Zeitplan mit<br />
36
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
POLITIK<br />
FOTOS: WWW.LANDPIXEL.DE<br />
Im Verkehrssektor gibt es ein verbindliches Ziel von 14 Prozent Erneuerbare Energien am<br />
Endenergieverbrauch bis 2030. Innerhalb der 14 Prozent sollen Biokraftstoffe und Biogas, die<br />
aus einer Liste bestimmter Rest- und Abfallstoffe wie Gülle stammen, produziert werden.<br />
Ausschreibungsrhythmus, die Förderhöchstsumme<br />
und die zugelassenen Technologien<br />
darzulegen sind. Mindestens alle<br />
fünf Jahre sollen die Mitgliedstaaten zudem<br />
ihre Förderregelungen bewerten.<br />
Öffnung von Fördersystemen<br />
Viel diskutiert wurde eine Öffnung von<br />
Förderregelungen für andere EU-Mitgliedstaaten.<br />
Eine verpflichtende Öffnung ist<br />
erst einmal vom Tisch, allerdings möchte<br />
die EU-Kommission perspektivisch eine<br />
umfangreiche und verpflichtende Öffnung<br />
der Fördersysteme, um Kooperationen zwischen<br />
den Ländern zu fördern und um dem<br />
Ziel, einen gemeinsamen europäischen<br />
Energiemarkt zu schaffen, näherzukommen.<br />
Bis 2023 wird daher die EU-Kommission<br />
die Umsetzung der Öffnungsbestimmungen<br />
evaluieren, inklusive einer möglichen<br />
verpflichtenden partiellen Öffnung. Nicht<br />
verbindliches Ziel ist, eine 5-prozentige<br />
Öffnung bis 2025 und eine 10-prozentige<br />
Öffnung bis zum Jahr 2030 zu erreichen.<br />
Wie die grenzüberschreitende Kooperation<br />
genau ausgestaltet sein soll, ist nicht im<br />
Einzelnen festgelegt.<br />
Möglich ist, dass zum Beispiel bestimmte<br />
Anteile des allokierten Budgets oder der<br />
geplanten neuen Kapazitäten im Jahr für<br />
die Teilnahme von Produzenten im Ausland<br />
geöffnet werden. Mitgliedstaaten können<br />
Bedingungen für eine Öffnung festlegen,<br />
etwa einen Nachweis des physikalischen<br />
Imports oder eine Beschränkung der Förderung<br />
auf Anlagen in Ländern mit direkter<br />
Netzverbindung.<br />
Herkunftsnachweise für Strom<br />
und Wärme aus Erneuerbaren<br />
Energien<br />
Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten, die<br />
Herkunft von Strom und Wärme aus Erneuerbaren<br />
Energien gegenüber dem Endkunden<br />
zu garantieren. Mitgliedstaaten<br />
können daher Herkunftsnachweise an Erzeuger<br />
von erneuerbarem Strom oder Gas<br />
ausstellen. Herkunftsnachweise sollen<br />
eine Standardgröße von einer Megawattstunde<br />
haben. Es muss sichergestellt sein,<br />
dass für jede erzeugte Energieeinheit nicht<br />
mehr als ein Herkunftsnachweis ausgestellt<br />
wird.<br />
Stichwort Eigenverbrauch: Erstmals wird<br />
explizit der Eigenverbrauch in die europäische<br />
Gesetzgebung mit aufgenommen.<br />
Rechte und Pflichten von Eigenverbrauchern<br />
werden definiert. Eigenverbraucher<br />
von erneuerbarem Strom sollen ihren<br />
überschüssigen Strom selber oder über<br />
Aggregatoren mittels PPAs (Stromabnahmeverträge),<br />
Direktliefermodelle und Peerto-Peer-Plattformen<br />
vertreiben können.<br />
Erneuerbare-Energien-(EE)Eigenverbraucher<br />
sollen grundsätzlich keine diskriminierenden<br />
oder unverhältnismäßigen<br />
Gebühren bezahlen. Für selbstverbrauchte<br />
Energie, die auf dem eigenen Gelände<br />
verbleibt, sollen prinzipiell keine Entgelte<br />
erhoben werden. Allerdings kann selbstverbrauchter<br />
Strom mit Abgaben und Um-<br />
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37<br />
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POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Mitgliedstaaten sollen den<br />
EE-Anteil im Wärme- und<br />
Kälte-Bereich jährlich um<br />
1,3 Prozentpunkte erhöhen.<br />
Berechnet werden die<br />
Prozentpunkte bezogen auf<br />
einen Durchschnittswert, der<br />
jeweils für die Perioden 2021<br />
bis 2025 und 2016 bis 2030<br />
errechnet wird. Ausgangswert<br />
ist der im Jahr 2020 erreichte<br />
Anteil von EE-Wärme<br />
und -Kälte am nationalen<br />
Endenergieverbrauch.<br />
lagen belastet werden (müssen verhältnismäßig<br />
sein), wenn der selbsterzeugte und<br />
-verbrauchte Strom gefördert wird, wenn<br />
Strom in einer Anlage mit mehr als 30<br />
Kilowatt erzeugt wird oder wenn ab Ende<br />
2026 der Anteil der Erneuerbare-Energien-<br />
Selbstverbrauchsanlagen 8 Prozent der gesamten<br />
in einem Mitgliedstaat installierten<br />
Stromerzeugungskapazität übersteigt.<br />
Außerdem besteht die Möglichkeit zum<br />
kollektiven Eigenverbrauch in Mehrparteiengebäuden<br />
und Gebäudekomplexen –<br />
allerdings können die Mitgliedstaaten begründet<br />
zwischen individuellem und kollektivem<br />
Eigenverbrauch unterscheiden.<br />
Sind die Erneuerbare-Energien-Anlagen<br />
das Eigentum Dritter oder werden sie von<br />
diesen betrieben, gelten diese Dritten nicht<br />
als Eigenverbraucher. Mitgliedstaaten sollen<br />
einen „förderlichen Rahmen“ für die<br />
Entwicklung des EE-Eigenverbrauchs aufsetzen<br />
und diese Maßnahmen in den NECP<br />
beschreiben. Ebenso soll ein „förderlicher<br />
Rahmen“ für erneuerbare Energiegemeinschaften<br />
geschaffen werden.<br />
Wärme- und Fernwärmenetze<br />
Mitgliedstaaten sollen den EE-Anteil im<br />
Wärme- und Kälte-Bereich jährlich um 1,3<br />
Prozentpunkte erhöhen. Berechnet werden<br />
die Prozentpunkte bezogen auf einen<br />
Durchschnittswert, der jeweils für die Perioden<br />
2021 bis 2025 und 2016 bis 2030<br />
errechnet wird. Ausgangswert ist der im<br />
Jahr 2020 erreichte Anteil von EE-Wärme<br />
und -Kälte am nationalen Endenergieverbrauch.<br />
Die Erhöhung wird für Mitgliedstaaten, in<br />
denen Abwärme bzw. Kälte nicht genutzt<br />
wird, auf 1,1 Prozentpunkte begrenzt. Prioritär<br />
gilt es, die beste verfügbare Technik zu<br />
nutzen. Für die Berechnungsgrundlage gilt<br />
grundsätzlich, dass Mitgliedstaaten Abwärme<br />
und Kälte mit anrechnen können, bis zu<br />
einer Grenze von 40 Prozent der jährlichen<br />
Steigerung; mit einem Anteil von über 60<br />
Prozent an erneuerbarer Wärme und Kälte<br />
können Mitgliedstaaten die Steigerung bereits<br />
als erfüllt betrachten. Mit einem Anteil<br />
zwischen 50 und 60 Prozent können sie<br />
die Steigerung als bereits zur Hälfte erfüllt<br />
betrachten.<br />
Sollten die Maßnahmen nicht ausreichen,<br />
um die jährliche Steigerungsrate zu erfüllen,<br />
ist dies öffentlich bekanntzumachen<br />
und vor der EU-Kommission zu rechtfertigen.<br />
Alle vier Jahre sollen Netzwerkbetreiber<br />
in Zusammenarbeit mit Betreibern von<br />
Fernwärme/-kältesystemen deren Potenzial<br />
bewerten, Ausgleichsfunktionen oder andere<br />
Systemdienstleistungen zu übernehmen;<br />
darüber hinaus sollen sie bewerten<br />
und angeben, ob das identifizierte Potenzial<br />
ressourcen- und kosteneffizienter wäre<br />
als andere Lösungen.<br />
Erneuerbare Energien im<br />
Verkehrssektor<br />
Im Verkehrssektor gibt es ein verbindliches<br />
Ziel von 14 Prozent Erneuerbare Energien<br />
am Endenergieverbrauch bis 2030 mit der<br />
Möglichkeit, das Ziel im Jahr 2023 nach<br />
einer Evaluation der EU-Kommission zu erhöhen.<br />
Mitgliedstaaten können sich auch<br />
dafür entscheiden, sogenannte „recycelte<br />
Kohlenstoffkraftstoffe“ auf das Ziel anzurechnen.<br />
Dies sind flüssige oder gasförmige<br />
abfallbasierte fossile Kraftstoffe, die<br />
aus Abfällen nicht erneuerbaren Ursprungs<br />
bestehen und bei Produktionsprozessen<br />
unvermeidbar anfallen.<br />
Innerhalb der 14 Prozent sollen Biokraftstoffe<br />
und Biogas, die aus einer Liste bestimmter<br />
Rest- und Abfallstoffe wie Stroh,<br />
Gülle, Bioabfälle, etc. produziert werden,<br />
mindestens 0,2 Prozent im Jahr 2022,<br />
1 Prozent im Jahr 2025 und mindestens<br />
3,5 Prozent im Jahr 2030 beitragen. Der<br />
Beitrag von Biokraftstoffen und Biogas aus<br />
Substraten wie bereits genutztes Küchenöl<br />
und Tierfett wird auf 1,7 Prozent des<br />
Energiegehalts vom Kraftstoffverbrauch<br />
limitiert.<br />
Biokraftstoffe und<br />
Biomassebrennstoffe<br />
Die Bezeichnung „Biokraftstoffe“ umfasst<br />
künftig nur noch flüssige Biokraftstoffe.<br />
„Biomassebrennstoffe“ hingegen bezeichnen<br />
Brenn- und Kraftstoffe aus gasförmiger<br />
und fester Biomasse. Diese Unterscheidung<br />
ist wichtig, da sich verschiedene<br />
Bestimmungen nur auf jeweils eine dieser<br />
Arten beziehen. So umfassen „fortschrittliche<br />
Biokraftstoffe“ künftig nur noch flüssige<br />
Biokraftstoffe. Biogas dagegen gilt nicht<br />
als fortschrittlicher Biokraftstoff, sondern<br />
als Biomassebrennstoff.<br />
Mehrfachanrechnung: Der Beitrag von erneuerbarem<br />
Strom soll 4-fach bei Nutzung<br />
im Straßenfahrzeugbetrieb (verpflichtend)<br />
und 1,5-fach bei Nutzung Nutzung im<br />
Bahnbetrieb (freiwillig) angerechnet werden<br />
können. Der Beitrag von Biokraftstoffen<br />
und Biogas aus Substraten des ANNEX<br />
IX kann doppelt angerechnet werden (freiwillig).<br />
Mit Ausnahme von Beiträgen von<br />
Kraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln<br />
soll der Beitrag zu Schiffs- und Flugkraftstoffen<br />
1,2-fach angerechnet werden.<br />
38
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
POLITIK<br />
Biokraftstoffe aus Nahrungsund<br />
Futtermitteln<br />
Der Beitrag von Biokraftstoffen sowie von<br />
Biomassebrennstoffen, die im Transportsektor<br />
verwendet werden, darf in jedem<br />
Mitgliedstaat nicht mehr als 1 Prozent<br />
über deren Beitrag am Bruttoendenergieverbrauch<br />
im Jahr 2020 liegen. Maximalgrenze<br />
bleiben weiterhin die 7 Prozent wie<br />
bislang auch.<br />
Die Mitgliedstaaten können wahlweise<br />
eine niedrigere Obergrenze festlegen<br />
und zwischen verschiedenen Arten von<br />
aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen<br />
gewonnenen Biokraftstoffen, flüssigen<br />
Biobrennstoffen und Biomassebrennstoffen<br />
unterscheiden, zum Beispiel unter Berücksichtigung<br />
indirekter Landnutzungsänderungen.<br />
Der Beitrag von Biokraftstoffen und Biomassebrennstoffen<br />
im Verkehrssektor,<br />
die ein hohes Risiko für indirekte Landnutzungsänderungen<br />
(iLUC) in Gebieten<br />
mit hohem Kohlenstoffgehalt aufweisen,<br />
soll den Stand des Jahres <strong>2019</strong> in den<br />
Mitgliedstaaten nicht übersteigen, es sei<br />
denn, diese sind als Kraftstoffe mit niedrigem<br />
iLUC-Risiko eingestuft. Ab dem 31.<br />
Dezember 2023 soll diese Grenze von dem<br />
jeweiligen Stand <strong>2019</strong> in den Mitgliedstaaten<br />
auf 0 Prozent im Jahr 2030 abgesenkt<br />
werden. Die EU-Kommission wird in einem<br />
delegierten Rechtsakt festlegen, welche<br />
Kraftstoffe zu „Hochrisiko“-Kraftstoffen<br />
und welche zu „Niedrigrisiko“-Kraftstoffen<br />
zählen.<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen<br />
Die Energie aus Biokraftstoffen und Biomassebrennstoffen<br />
wird weiterhin nur auf<br />
das 14-Prozent-Ziel angerechnet, wenn<br />
bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt<br />
werden. Gefördert werden dürfen<br />
nur solche Kraft- und Brennstoffe, die<br />
die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Die<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen entsprechen<br />
weitgehend der alten Richtlinie, was<br />
hoch-biodiverse Flächen und Biodiversität<br />
insgesamt betrifft.<br />
Neu ist, dass die Auswirkungen auf die<br />
Bodenqualität und den Bodenkohlenstoff<br />
des Anbaus des verwendeten Substrats<br />
berücksichtigt werden müssen. Eine zentrale<br />
Neuerung ist, dass auch für Biogas zur<br />
Strom- und Wärmeproduktion Treibhausgasminderungen<br />
nachzuweisen sind. Dies<br />
gilt für alle Neuanlagen, die ab 1. Januar<br />
2021 in Betrieb gehen. Insgesamt sind die<br />
Treibhausgasmindesteinsparungen gestiegen<br />
(siehe Tabelle).<br />
Im ANNEX V der Erneuerbare-Energien-<br />
Richtlinie finden sich die methodischen<br />
Grundlagen zur Berechnung der THG-<br />
Einsparungen für Biokraftstoffe und flüssige<br />
Biobrennstoffe. In Anhang VI findet<br />
sich das Gleiche für Biomassebrennstoffe.<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen müssen für<br />
Biomassebrennstoffe nur erfüllt werden,<br />
wenn sie in Anlagen unter 20 Megawatt<br />
Feuerungswärmeleistung bei festen und in<br />
Anlagen unter 2 Megawatt bei gasförmigen<br />
Biomassebrennstoffen produziert werden.<br />
Die Definition der Einheit für die 2-MW-<br />
Grenze für Biogas ist noch unklar, da der<br />
englische Begriff sich nicht eindeutig ins<br />
Deutsche übersetzen lässt. Beabsichtigt<br />
war eine Definition der 2 MW als Einheit<br />
unabhängig von Endnutzung und installierter<br />
Leistung, quasi die Gaserzeugungskapazität<br />
des Fermenters (Normkubikmeter<br />
Gas pro Stunde multipliziert mit unterem<br />
Heizwert des erzeugten Gases).<br />
Berechnungsmethodik<br />
THG-Einsparungen<br />
Neu ist, dass sich die Bestimmungen für die<br />
THG-Berechnungsmethodik für Biomassebrennstoffe<br />
(feste Biomasse und Biogas)<br />
nun im Anhang VI befinden, die für flüssige<br />
Biokraftstoffe in Anhang V. Alle Standardwerte<br />
für Biogas sind dort ebenfalls zu finden.<br />
Es gibt neu auch einen Standardwert<br />
für Maissilage und für Mischungen aus Gülle<br />
und Maissilage.<br />
Methodisch wurde die Güllebilanzierung<br />
verbessert, es werden nun auch die durch<br />
die Vergärung im Fermenter vermiedenen<br />
Güllelagerungsemissionen berücksichtigt,<br />
sodass sich für Biogas aus Gülle ein<br />
THG-Minderungspotenzial von 100 bis<br />
200 Prozent ergibt. Im Anhang IX, Teil A,<br />
finden sich die Substrate wieder, deren<br />
Kraftstoffe auf die Unterquote angerechnet<br />
werden können. Die Liste kann durch delegierte<br />
Rechtsakte der EU-Kommission um<br />
neue Substrate ergänzt werden, Substrate<br />
können aber nicht von der Liste gestrichen<br />
werden. Alle zwei Jahre wird die EU-Kommission<br />
diese Liste evaluieren.<br />
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39
POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Übersicht über die THG-Mindesteinsparungen<br />
Kraftstoff-/Brennstoffart Anlagen in Betrieb THG-Mindestminderung<br />
Biokraftstoffe u. Biogas als<br />
Kraftstoff, flüssige Biobrennstoffe<br />
Biomassebrennstoffe<br />
Erneuerbare flüssige u. gasförmige<br />
Kraftstoffe nichtbiologischen Ursprungs<br />
Recycelte Kohlenkraftstoffe ab 1. Januar 2021<br />
Bewertung der RED II<br />
Insgesamt gibt es in der RED II einige gute<br />
Ansätze für Biogas. So ist es gelungen, endlich<br />
die verbesserte Berechnungsmethodik<br />
für die Güllenutzung zu verankern, die zu<br />
hohen THG-Einsparungen führen kann und<br />
die reale Bedingungen widerspiegelt. Des<br />
Weiteren gibt es eine Unterquote auch für<br />
Biogas. Mit 32 Prozent fällt zwar das Gesamtziel<br />
für Erneuerbare Energien im Vergleich<br />
zum 2020-Ziel von 20 Prozent nicht<br />
sehr ambitioniert aus, der Fachverband<br />
Biogas begrüßt aber, dass es höher ist als<br />
das ursprünglich von der EU-Kommission<br />
vorgeschlagene Ziel von 27 Prozent.<br />
Insgesamt sind die Ziele im Verkehrssektor<br />
aber angesichts der Herausforderungen<br />
des Klimawandels zu wenig ehrgeizig. 14<br />
Prozent bis 2030 sind kein ambitionierter<br />
Beitrag zum Erreichen des Klimaziels, vor<br />
allem vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens.<br />
Darüber hinaus wird mit<br />
der Mehrfachanrechnung von Kraftstoffen<br />
das tatsächliche Produktionsniveau limitiert<br />
und so der Klimaschutz gerade im<br />
vor 5. Oktober 2015 50 %<br />
ab 5. Oktober 2015 60 %<br />
ab 1. Januar 2021 65 %<br />
ab 1. Januar 2021 70 %<br />
ab 1. Januar 2026 80 %<br />
ab 1. Januar 2021 70 %<br />
Wird durch LCAs ermittelt, Mindesteinsparung wird durch<br />
EU-Kommission mit delegiertem Rechtsakt erlassen.<br />
so wichtigen Verkehrssektor, in dem auch<br />
Deutschland bereits die 2020-Klimaziele<br />
zu verfehlen droht, ausgebremst. Der Fachverband<br />
Biogas plädiert bei der nationalen<br />
Umsetzung für deutlich höhere Quoten.<br />
Mit der kürzlich beschlossenen Verordnung<br />
zum Greening hat die EU Honig- und<br />
Blühpflanzen wie die Durchwachsene Silphie<br />
als vorteilhaft für die Biodiversität<br />
und als wichtige Habitate für Honigbienen<br />
definiert. Um den Anbau solch nützlicher<br />
Pflanzen zu fördern und die EU-Verordnungen<br />
besser aufeinander abzustimmen,<br />
fordert der Fachverband Biogas, diese<br />
Pflanzen auch in die Erneuerbare-Energien-Richtlinie<br />
als Substrat für fortschrittliche<br />
Biokraftstoffe in den Anhang IX der<br />
Richtlinie aufzunehmen.<br />
Bei der Umsetzung der Richtlinie bleibt<br />
Mitgliedstaaten ein gewisser Spielraum.<br />
Hier muss darauf geachtet werden, Bestimmungen<br />
fachgerecht umzusetzen,<br />
sodass die Anwendung auch praktikabel<br />
ist. So sind bei der THG-Berechnung Standardwerte<br />
festgelegt, die für abgedeckte<br />
Gärrestlager gelten. Die deutsche<br />
Bestimmung, 150 Tage<br />
Verweilzeit als ebenso ausreichend<br />
anzusehen, sollte daher<br />
bei der Umsetzung auch für<br />
die Nutzungsmöglichkeit dieser<br />
Standardwerte gelten.<br />
Des Weiteren können Mitgliedstaaten<br />
sogenannte NUTS-2-Werte<br />
ausweisen, um Teilstandardwerte<br />
für die THG-Emissionen<br />
aus dem Anbau regionenspezifisch<br />
festzulegen. Da es außer Mais, Gülle<br />
und Bioabfall keine Standardwerte für andere<br />
Substrate, wie zum Beispiel Gras-, Ganzpflanzen-<br />
oder Zuckerrübensilage gibt, wäre<br />
eine Meldung dieser Werte eine Möglichkeit,<br />
aufwändige Rechnungen durch die Anwendung<br />
solcher NUTS-2-Werte zu vermeiden,<br />
indem die Bundesregierung solche Werte<br />
erhebt und an die Kommission meldet.<br />
Alles in allem bietet die RED II neue Chancen,<br />
aber auch Herausforderungen für den<br />
Biogassektor, der Fachverband Biogas wird<br />
daher auch die Umsetzung in nationales<br />
Recht fachlich gut begleiten.<br />
Autorin<br />
Julia Münch<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
POLITIK<br />
ENERGIESAMMELGESETZ<br />
Verbesserungen für Biogas nach<br />
zehn Monaten politischem Eiertanz<br />
Mehrmals hat es den Zweck, Inhalt, Zeitplan und auch den Namen gewechselt, aber nun ist es<br />
verabschiedet: Das im Februar 2018 als „100-Tage-Gesetz“ angekündigte Vorhaben wurde letztlich<br />
als „Energiesammelgesetz“ am 14. Dezember vom Bundesrat abgesegnet. Viel ist passiert in diesen<br />
zehn Monaten.<br />
Von Sandra Rostek und Dr. Guido Ehrhardt<br />
Es begann harmlos. Die Bundesregierung<br />
hatte sich mit der EU-<br />
Kommission auf Neuregelungen<br />
zum Eigenverbrauch von Strom<br />
aus Kraft-Wärme-Kopplungs-<br />
Anlagen verständigt, die durch Änderungen<br />
des EEG und des KWKG umgesetzt werden<br />
mussten. Auch sollte die Sonderregel für<br />
sogenannte „Bürgerenergie“ bei den Ausschreibungen<br />
für Wind an Land geändert<br />
werden. Beides war dringend und politisch<br />
konsensfähig. Strittigere Punkte im EEG<br />
sollten in einer späteren, „großen EEG-<br />
Novelle“ angepackt werden. Deshalb trug<br />
nun auch der Fachverband Biogas in bewährter<br />
Bioenergie-Verbändekooperation<br />
seine dringenden und aus unserer Sicht<br />
unstrittigen Anliegen an die Politik heran.<br />
Und wie sich zeigte, mit Erfolg. So enthielt<br />
der Entwurf des Gesetzes, das im Mai<br />
und Juni unter dem Namen „EEG/KWKG-<br />
Änderungsgesetz“ verhandelt wurde, zwei<br />
für unsere Branche wichtige Änderungen:<br />
Es sollten Ausnahmen für Anlagen geschaffen<br />
werden, die bei einem drohenden<br />
Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest<br />
nicht mehr genug Gülle beziehen könnten,<br />
um unter anderem die Vergütungsvoraussetzungen<br />
für den Güllebonus einzuhalten.<br />
Und der „Flexdeckel“ im EEG sollte umgestellt<br />
werden, sodass Anlagen, die flexibilisieren,<br />
auch nach Erreichen des Deckels<br />
noch Zeit genug haben, die Flexibilisierung<br />
abzuschließen und die Flexibilitätsprämie<br />
zu erhalten. Doch während sich für<br />
uns die Verhandlungen gut entwickelten,<br />
eskalierten diese an anderer Stelle. Die<br />
SPD forderte, mit dem Gesetz auch die<br />
im Koalitionsvertrag zugesagten „Sonderausschreibungen“<br />
einzuführen. Die Union<br />
widersetzte sich jedoch und der Konflikt<br />
spitzte sich zu. Anfang Juni scheiterten die<br />
Verhandlungen; der Gesetzentwurf wurde<br />
zurückgenommen und die weiteren Gespräche<br />
in den Herbst verschoben.<br />
Dies war natürlich ein Rückschlag. Doch<br />
konnten wir uns mit Unterstützung des<br />
Bundesrates in einem entscheidenden<br />
Punkt letztlich doch durchsetzen: Die bereits<br />
verhandelten Ausnahmeregeln, die<br />
Biogasanlagen vor den Folgen eines möglichen<br />
Seuchenausbruchs schützen sollen,<br />
wurden mit einem anderen Gesetz eingeführt<br />
und sind zwischenzeitlich in Kraft<br />
getreten.<br />
Neuer Gesetzentwurf tauchte<br />
„über Nacht“ auf<br />
Doch was war nun mit dem geplanten EEG-<br />
Änderungsgesetz? Nach mehreren erfolglosen<br />
Sondierungen im Parlament hatte man<br />
die Hoffnung auf Einigung schon beinahe<br />
aufgegeben – da tauchte quasi über Nacht<br />
ein neuer Entwurf auf, diesmal unter dem<br />
Namen „Energiesammelgesetz“. Und nun<br />
ging alles ganz schnell: In knapp sechs Wochen<br />
durchlief das Gesetz alle Instanzen.<br />
Und plötzlich öffneten sich auch politisch<br />
einige Fenster, speziell durch die große Unterstützung<br />
vieler Abgeordneter aller drei<br />
Regierungsparteien sowie mit viel Rückenwind<br />
aus den Ländern.<br />
Im Ergebnis durften wir uns über gleich vier<br />
Verbesserungen für Biogas freuen:<br />
ffKlärung der Vergütungsvoraussetzungen<br />
für den Formaldehydbonus.<br />
ffPlanungssicherheit für Flexibilisierungsvorhaben<br />
durch Einführung einer<br />
16-monatigen Übergangsfrist nach Erreichen<br />
des „Flexdeckels“ (wie bereits<br />
im Juni geplant).<br />
ffUmstellung der Güllekleinanlagenklasse<br />
auf 75 kW Bemessungsleistung.<br />
ffEinführung von jährlich zwei Ausschreibungsrunden<br />
für die Biomasse (jeweils<br />
zum 1. April und zum 1. November)<br />
Nach zehn Monaten Ringen bleibt uns also<br />
eine versöhnlich stimmende Bilanz zu diesem<br />
EEG-Änderungsgesetz. Es bleibt auch<br />
die Erkenntnis, dass politische Verbandsarbeit<br />
mehr denn je abhängig von Schwankungen<br />
in der politischen Großwetterlage<br />
ist. Ebenso bleibt aber die Gewissheit, dass<br />
die Unterstützung der Bioenergie seitens<br />
der Bundesländer und vieler, vieler Parlamentarier<br />
wieder weiter zunimmt.<br />
Und es bleiben uns die großen Anliegen,<br />
die es nun vor allem <strong>2019</strong> in der weiterhin<br />
erforderlichen eigentlichen großen EEG-<br />
Novelle beziehungsweise im geplanten Klimaschutzgesetz<br />
zu adressieren gilt. Dazu<br />
gehörten angemessene Ausschreibungsvolumina,<br />
ein Ausschreibungsverfahren, das<br />
auch kleinen Anlagen Chancen einräumt,<br />
eine langfristige Perspektive für die Flexibilisierung<br />
sowie eine noch stärkere Mobilisierung<br />
der Güllevergärung.<br />
Autoren<br />
Sandra Rostek<br />
Leiterin des Berliner Büros<br />
des Fachverbandes Biogas e.V.<br />
und Dr. Guido Ehrhardt<br />
Leiter des Referats Politik<br />
im Fachverband Biogas e.V.<br />
Invalidenstr. 91 · 10115 Berlin<br />
030/2 75 81 79-0<br />
berlin@biogas.org<br />
41
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
GELEBTE KREISLAUFWIRTSCHAFT<br />
Vergärung von biologisch<br />
abbaubaren Abfällen<br />
Bei der Herstellung, dem Handel, der Zubereitung und dem Verzehr von Nahrungs-,<br />
Genuss- und Futtermitteln fallen unabwendbar eine Vielzahl biologischer Abfälle an. Hier<br />
stellt die Vergärungstechnologie eine optimale Verwertungsmöglichkeit dar. Die Rest- und<br />
Abfallstoffe werden zu nährstoffreichen Düngemitteln sowie Strom-, Wärme- und/oder<br />
Kraftstoff umgewandelt.<br />
Von Dipl.-Ing. David Wilken<br />
Den rechtlichen Umgang mit Abfällen regelt<br />
das Kreislaufwirtschaftsgesetz, um natürliche<br />
Ressourcen zu schonen und den Schutz<br />
von Mensch und Umwelt zu bewahren. Abfälle<br />
werden hier als Stoffe oder Gegenstände<br />
zur Entledigung bezeichnet, zum Beispiel, wenn<br />
diese nicht zielgerichtet hergestellt wurden oder die ursprüngliche<br />
Zweckbestimmung entfällt. Beispiele sind<br />
Produktionsabfälle wie Kartoffelschalen bei der Chips-<br />
Herstellung oder Lebensmittelabfälle wie verdorbenes<br />
Obst im Supermarkt oder nicht verzehrte Speisen von<br />
den Tellern der Restaurantbesucher und privaten Küchen.<br />
Erklärtes Ziel der 5-stufigen Abfallhierarchie (siehe<br />
Abbildung auf Seite 45) für alle EU- und Bundesbürger<br />
ist, Abfälle möglichst zu vermeiden. Das würde für<br />
Bioabfälle bedeuten, nur das zu produzieren, einzukaufen<br />
und zuzubereiten, was auch wirklich gegessen wird.<br />
Auch wenn das in unserer Gesellschaft nicht vollständig<br />
umzusetzen ist, gibt es Studien und Maßnahmen, wie<br />
der Anfall zumindest reduziert werden kann.<br />
Falls dann doch noch genusstaugliche Lebensmittel<br />
übrig bleiben, können diese wiederverwendet werden,<br />
wie im Fall von Lebensmitteln durch die Verteilung an<br />
Tafeln oder das Foodsharing. Verdorbene Lebensmittel<br />
müssen aufgrund ihrer Gefahr für die menschliche Gesundheit<br />
zwangsläufig verwertet werden. Zudem gibt es<br />
Nebenprodukte aus der Lebensmittelverarbeitung, wie<br />
Schalen, Stängel und Knochen, aber auch Rasen- und<br />
Heckenschnitt, die grundsätzlich nicht wiederverwendet,<br />
sondern direkt verwertet werden.<br />
Erst wenn keine Verwendung mehr möglich ist, sollen<br />
organische Materialien als Bioabfälle recycelt werden.<br />
Hier kommt die Vergärung und Kompostierung als geeignetes<br />
Verfahren ins Spiel. In natürlichen Umsetzungsprozessen<br />
werden Gärprodukte und Kompost<br />
erzeugt, die aufgrund der biologischen Behandlung<br />
hygienisch unbedenklich und weitgehend abbaustabil<br />
sind. Zudem sind alle für das Pflanzenwachstum notwendigen<br />
Nähr- und Humusstoffe enthalten.<br />
2025: Recyclingquote für Siedlungsabfälle<br />
Durch die Anwendung solcher organischer Düngemittel<br />
auf landwirtschaftliche Flächen und den Verkauf<br />
an Privatgärtner oder Garten- und Landschaftsbauern<br />
findet eine stoffliche Nutzung und somit ein Recycling<br />
von Bioabfällen statt. Das wird auch durch die von der<br />
EU vorgegebenen Recyclingquoten untermauert. Demnach<br />
sollen Siedlungsabfälle ab 2025 mindestens zu<br />
55 Prozent und ab 2035 sogar zu mehr als 65 Prozent<br />
recycelt werden. Vor dem Hintergrund, dass auch Speiseabfälle,<br />
überlagerte Lebensmittel aus dem Handel<br />
und Fettabscheider aus der Gastronomie in der Regel<br />
zu Siedlungsabfällen zählen, ist für die Erfüllung der<br />
genannten Recyclingquoten die Verwertung dieser Materialien<br />
in Biogasanlagen von besonderer Bedeutung.<br />
Als Recycling gilt die Verwertung aber nur dann, wenn<br />
die Gärprodukte auch als Düngemittel im Pflanzenbau<br />
genutzt werden. Eine thermische Verwertung sowohl<br />
der Bioabfälle als auch der erzeugten Gärprodukte ist<br />
kein Recycling im Sinne der europäischen Abfallrahmenrichtlinie<br />
beziehungsweise des deutschen Kreislaufwirtschaftsgesetzes.<br />
Denn bei der Verbrennung in<br />
Müllverbrennungsanlagen oder Zementwerken werden<br />
die Nährstoffe in Aschen festgelegt und können nur<br />
bedingt und unter immensen Aufwand wieder in eine<br />
pflanzenverfügbare Form überführt werden.<br />
Die Verbrennung darf nur dann durchgeführt werden,<br />
wenn eine stoffliche Verwertung nicht möglich ist. Die<br />
Biogaserzeugung vereint hier das stoffliche Recycling<br />
mit der Energiegewinnung. Die Erzeugung von wertvollen<br />
Düngemitteln bleibt jedoch unbedingt das primäre<br />
Ziel der Abfallvergärung gemäß der Abfallhierachie. Als<br />
letzte Stufe in der Abfallhierarchie kommt dann nur<br />
noch die reine Beseitigung von Abfällen, wie zum Beispiel<br />
die Ablagerung auf Deponien, infrage.<br />
Hier wird weder Energie noch Dünger erzeugt, jedoch<br />
das Abfallvolumen in den Deponien vergrößert. Zudem<br />
dürfen organische Abfälle nicht beziehungsweise nur<br />
mit wenigen Ausnahmen abgelagert werden, da die<br />
42
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
FOTO ADOBE STOCK_WILLIAM<br />
Erst wenn keine Verwendung mehr<br />
möglich ist, sollen organische<br />
Materialien als Bioabfälle recycelt<br />
werden. Hier kommt die Vergärung<br />
und Kompostierung als geeignetes<br />
Verfahren ins Spiel.<br />
43
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Wenn schon wegwerfen,<br />
dann in die Biogasanlage<br />
Wenn Lebensmittel weggeworfen werden, dann ist das nie gut. 18 Millionen Tonnen sollen<br />
es in 2018 gewesen sein. Eine unvorstellbare Menge. Erschwerend hinzu kommt die Verpackung<br />
um diese Lebensmittel. Jede Gurke wird eingeschweißt. Ich frage mich, ob das<br />
wirklich sein muss und ob wir hier nicht schnell und unkompliziert Lösungen finden könnten.<br />
Wenn aber unsere Nahrung schon in der Tonne statt auf dem Teller landet, dann sollte sie<br />
wenigstens noch sinnvoll genutzt werden. In unserem Essen steckt viel Energie. Nicht nur<br />
für uns, sondern auch für die Bakterien in einer Biogasanlage. Die erzeugen daraus Gas, das<br />
wiederum in Strom und Wärme oder auch Kraftstoff umgewandelt werden kann. Wenn wir<br />
es also schon selbst nicht essen, sollten wir<br />
zumindest die Biomethan-Bakterien füttern.<br />
Wichtig ist natürlich, dass die Verpackung<br />
vom Lebensmittel getrennt wird bevor dieses<br />
in der Biogasanlage landet. Das passiert in<br />
modernen Anlagen in der Regel automatisch,<br />
manchmal auch händisch; aber auf<br />
jeden Fall zu 100 Prozent.<br />
Jeder kann seinen Beitrag leisten: nur kaufen<br />
und zubereiten, was auch gegessen<br />
wird, Bioabfall trennen und in die Biotonne<br />
werfen – ohne Plastiktüte, versteht sich!<br />
Macht’s es guad.<br />
Pfiat euch,<br />
Euer<br />
biologischen Zersetzungsprozesse zu ungewollten<br />
Setzungen und klimaschädlicher Gasbildung im Deponiekörper<br />
führen. Das gilt nebenbei bemerkt auch<br />
für Abfälle, die keiner Verwertung zugeführt werden,<br />
wie etwa Rasenschnitt von Sportplätzen oder andere<br />
Bioabfälle, die an Feldrändern oder im Wald abgekippt<br />
unkontrolliert Methan emittieren.<br />
Stand der Abfallvergärung<br />
In Deutschland werden derzeit rund 380 Abfallvergärungsanlagen<br />
betrieben, die etwa 7 Millionen (Mio.)<br />
Tonnen (t) flüssige und feste Gärprodukte sowie bei<br />
Einsatz von kommunalen Bioabfällen auch Komposte<br />
produzieren. Die Größe reicht von sehr kleinen Anlagen<br />
mit 500 eingesetzten Jahrestonnen bis zu sehr großen<br />
Anlagen mit 500.000 Jahrestonnen.<br />
Die installierte Leistung reicht von 25 Kilowatt (kW) bis<br />
über 10 Megawatt (MW). Insgesamt werden von allen<br />
Abfallanlagen 2,8 Mio. Kilowattstunden (kWh) Energie<br />
in Form von Biogas erzeugt. In 135 Anlagen werden gut<br />
2 Mio. t Bio- und Grüngut aus kommunalen Biotonnen<br />
und Grünschnittsammlungen verwertet. In diesen Fällen<br />
werden die erzeugten festen Gärprodukte in aller<br />
Regel nachkompostiert. In etwa 250 weiteren Anlagen<br />
werden hauptsächlich gewerbliche Abfälle (unter anderem<br />
2 Mio. t Speisereste, überlagerte Lebensmittel und<br />
Marktabfälle) eingesetzt.<br />
Darüber hinaus wird eine breite Palette an industriellen<br />
Abfällen, wie zum Beispiel Fettabscheiderinhalte und<br />
Flotate sowie landwirtschaftliche Reststoffe wie Gülle,<br />
Schlempe, Treber und Trester, vergoren. Die Gärprodukte<br />
aus diesen Anlagen werden meist flüssig, ähnlich wie<br />
Gülle, auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht.<br />
Fremd- und Störstoffe<br />
Die erfassten Bioabfälle sind nicht immer frei von<br />
Fremd- und Störstoffen. Nicht verkaufsfähige Lebensmittel<br />
aus dem Einzelhandel, die nicht mehr an Tafeln<br />
abgegeben werden können, sind meistens in Folien,<br />
Auch Reststoffe oder<br />
Fehlchargen aus der<br />
Produktion lassen sich<br />
in Biogasanlagen gut<br />
verwerten.<br />
FOTO: ADOBE STOCK_INDUSTRIEBLICK<br />
44
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
FÜNFSTUFIGE ABFALLHIERACHIE<br />
Kartons, Gläser oder Dosen verpackt. Vor<br />
der Vergärung oder Kompostierung muss<br />
also der biologisch abbaubare Inhalt von der<br />
Verpackung getrennt werden. Das geschieht<br />
mithilfe technischer Aggregate, mit denen<br />
die Verpackung geöffnet, der Inhalt herausgepresst<br />
und über Siebe von der Verpackung<br />
getrennt wird. Erst dann wird die Biomasse<br />
der Vergärung zugeführt.<br />
Auch in der kommunalen Sammlung finden<br />
sich Fehlwürfe von Kunststoff, Papier,<br />
Metall und Steinen im Bioabfall, die von<br />
den Nutzern der Biotonne bewusst oder unbewusst<br />
dort entsorgt wurden. Auch diese<br />
müssen vor der biologischen Behandlung<br />
wieder aufwendig herausgetrennt werden. Dafür wird<br />
der Bioabfall im ersten Schritt über eine Siebtechnik<br />
von groben Verunreinigungen getrennt. Zusätzlich<br />
kommen zum Beispiel Metallabscheider mit Magneten<br />
und Windsichter, bei denen Kunststoffe mit heftigen<br />
Luftströmen/-stößen herausgeblasen werden, zum Einsatz.<br />
Auch die Aussortierung von Fremdstoffen durch<br />
Arbeiter an einem Förderband ist eine Möglichkeit.<br />
Zusätzlich findet nach der Vergärung beziehungsweise<br />
Kompostierung eine weitere Reinigungsstufe mit feinmaschigen<br />
Sieben statt. Die abgabefertigen Produkte<br />
werden durch regelmäßige Analysen überwacht, die<br />
durch gesetzliche Vorgaben des Dünge- und Abfallrechts<br />
gefordert sind. Darüber hinaus unterziehen sich<br />
fast alle Abfallvergärungsanlagen einer unabhängigen<br />
Gütesicherung, bei der weitere und strengere Vorgaben<br />
für die erzeugten Gärprodukte und Komposte gelten<br />
und die Anlagen Vor Ort regelmäßig kontrolliert werden.<br />
Negative Presse<br />
In der Vergangenheit kam es vereinzelt zum Eintrag<br />
von größeren Mengen an Fremdstoffen in Gewässer.<br />
Sehr bedauerlich war der Fall eines Klärwerks, wo<br />
die Filteranlagen über lange Zeit nicht richtig funktionierten.<br />
Daraus entstand großer gesellschaftlicher<br />
und politischer Widerhall, der auch Biogasanlagen des<br />
Eintrags großer Mengen an Kunststoffen in die Umwelt<br />
bezichtigte.<br />
Fälschlicherweise wird in der Presse häufig behauptet,<br />
dass Lebensmittelabfälle samt Verpackungen in den<br />
Fermenter der Biogasanlage eingebracht werden. Das<br />
macht aus Sicht des Stoffstrommanagements keinen<br />
Sinn. Hinzu kommt, dass verfahrenstechnische Nachteile<br />
entstehen, die der Anlagenbetreiber aus Eigeninteresse<br />
vermeidet. Verpackungsmaterialien in den<br />
Gärsubstraten können sich um Rührwerke und Schnecken<br />
wickeln oder sich in Pumpen und Rohrleitungen<br />
festsetzen und so teure Anlagentechnik lahmlegen und<br />
sogar zerstören.<br />
Dabei ist die Ausschleusung von Verpackungsmaterialien<br />
vor der biologischen Behandlung in einem definierten<br />
Stoffstrom deutlich effizienter als nachher. Wie<br />
schon beschrieben findet zwar eine feinmaschige Siebung<br />
der fertigen Produkte statt, die jedoch nur noch<br />
als „Endkontrolle“ dient. Die regelmäßig durchzuführenden<br />
Analysen der Bundesgütegemeinschaft Kompost<br />
e.V. zeigen, dass die Gehalte an Fremdstoffe in den<br />
flüssigen Gärprodukten nach den verschiedenen technischen<br />
Aufbereitungsverfahren gegen null tendieren.<br />
Diese Ergebnisse sind in der Information „Kunststoffe<br />
in Kompost und Gärprodukten“ auf der Seite www.kompost.de<br />
einsehbar. Soweit höhere Fremdstoffgehalte<br />
auftreten, können Anlagen nachgerüstet werden, um<br />
einen Eintrag von Fremdstoffen in die Umwelt zu verhindern.<br />
Der Fachverband Biogas setzt sich dafür ein, dass der<br />
Einsatz von organischen Reststoffen mit all seinen positiven<br />
Umweltwirkungen weiterhin auf sehr hohem<br />
Niveau betrieben werden kann und nicht aufgrund von<br />
einzelnen Vorfällen und einer fehlgeleiteten öffentlichen<br />
Diskussion verboten wird. Dabei begleitet er politische<br />
Forderungen und rechtliche Anpassung unter<br />
Abstimmung der betroffenen Betreiber von Biogasanlagen<br />
und Aufbereitungsanlagen sowie der Hersteller der<br />
eingesetzten Abscheidetechniken.<br />
Weitere Informationen zur Abfallvergärung finden Sie<br />
in unserer englischsprachigen Abfallvergärungsbroschüre<br />
(www.biowaste-to-biogas.com). Zudem bieten wir die<br />
Gelegenheit zur Weiterbildung und Diskussion auf unserer<br />
Abfallvergärungstagung vom 11. bis 13. März <strong>2019</strong><br />
in Dresden. Infos hierzu finden Sie unter http://forumabfallwirtschaft-altlasten.de/abfallvergaerungstagung<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. David Wilken<br />
Leiter des Referats Abfall, Düngung und Hygiene<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />
0 81 61/98 46 65<br />
david.wilken@biogas.org<br />
www.biogas.org<br />
Vermeidung<br />
Vorbereitung zur Wiederverwendung<br />
Recycling (Kreislauf)<br />
Sonstige (energetische) Verwendung<br />
Beseitigung<br />
Weniger produzieren<br />
Abgabe an Tafeln<br />
Kompostierung, Vergärung<br />
Verbrennung in MVA<br />
Ablagerung, Deponierung<br />
45
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Gärprodukte: Fremdstoffgehalte<br />
auf sehr niedrigem Niveau<br />
Die breite Diskussion über Ursachen und Folgen der Meeresverschmutzung mit Kunststoffen<br />
hat auch die Umwelteinträge von Kunststoffen durch Düngemittel in den Fokus der<br />
Wissenschaft und des öffentlichen Interesses gerückt.<br />
Von Karin Luyten-Naujoks<br />
Mikrokunststoff<br />
Von den 330.000 t Mikroplastik, die<br />
Deutschland emittiert, sind 101.000 t<br />
allein auf Reifenabrieb zurückzuführen.<br />
Der Eintrag durch Kompost und<br />
Gärprodukte liegt nach neuesten Berechnungen<br />
im Bereich von jährlich<br />
817 t. Angaben von 12.000 t, wie sie<br />
2018 publiziert wurden, sind unzutreffend.<br />
Je nach Literaturquelle für<br />
den Gesamteintrag an Kunststoffen<br />
liegt der verursachte Anteil bei 0,2<br />
bis 0,5 Prozent.<br />
Quellen zu den getroffenen Aussagen<br />
sind im BGK Themenpapier „Kunststoffe<br />
in Kompost und Gärprodukten<br />
- Herkunft - Bedeutung - Vermeidung“<br />
hinterlegt.<br />
Dieses Themenpapier finden Sie<br />
unter www.kompost.de<br />
Der Beitrag Deutschlands am Eintrag in die<br />
Umwelt weltweit ist aufgrund einer geordneten<br />
und weithin gut funktionierenden<br />
Entsorgungsinfrastruktur relativ unbedeutend.<br />
Dennoch beläuft sich die Menge an<br />
Kunststoffeinträgen in die Umwelt auf schätzungsweise<br />
jährlich bis zu 450.000 Tonnen (t). Hauptaugenmerk<br />
liegt bei den Mikrokunststoffeinträgen auf den<br />
Bereichen Verkehr, Infrastruktur und Gebäude, die<br />
allein schon 62 Prozent der Emissionen verantworten.<br />
Die Thematik umfasst Mikro- und Makrokunststoffe,<br />
wobei Makroplastik Objekte<br />
aus Kunststoff bezeichnet, die in der öffentlichen<br />
Diskussion unter dem Begriff<br />
„Plastic Litter“ gefasst werden. Als „Mikroplastik“<br />
werden kleinste Kunststoffteilchen<br />
bezeichnet, die in der Umwelt<br />
gemessen werden können. Bei den Mikrokunststoffen<br />
wird weiter unterschieden<br />
zwischen „kleinen Mikrokunststoffen“,<br />
die unter 1 Millimeter (mm) Größe liegen,<br />
und „großen Mikrokunststoffen“, die zwischen<br />
1 und 5 mm Größe liegen.<br />
Zudem wird zwischen „primärem Mikroplastik“,<br />
das für bestimmte Verwendungen<br />
gezielt hergestellt und eingesetzt<br />
wird (zum Beispiel in Kosmetikartikeln<br />
mit Peeling-Effekten), und „sekundärem<br />
Mikroplastik“ differenziert. Diese<br />
entstehen aus größeren Kunststoffteilen<br />
durch Außeneinwirkungen wie mechanische<br />
Zerkleinerung, Wärme oder<br />
UV-Strahlung. Bei der Verarbeitung von<br />
Bioabfällen in Biogasanlagen ist der Eintragspfad<br />
für primäre Mikrokunststoffe<br />
unwahrscheinlich. Ein Eintragspfad für<br />
sekundäre Fremdstoffe besteht beispielsweise bei Bestandteilen<br />
von Lebensmittelverpackungen, die aktiv<br />
aus dem Gärsubstrat entfernt werden müssen.<br />
Geltende Grenzwerte und neue Definitionen<br />
Die Düngemittelverordnung macht für Düngemittel, zu<br />
denen unter anderem Gärprodukte und Komposte zählen,<br />
Vorgaben für maximal zulässige Verunreinigungen.<br />
Für folienartige Kunststoffe größer als 2 mm Siebdurchgang<br />
dürfen bis zu 0,1 Prozent in der Trockenmasse<br />
und für sonstige Fremdstoffe über 2 mm Siebdurchgang<br />
dürfen bis zu 0,4 Prozent in der Trockenmasse<br />
enthalten sein. Liegen die untersuchten Werte darüber,<br />
sind die Düngemittel nicht verkehrsfähig. Sie dürfen<br />
weder abgegeben noch angewendet werden.<br />
Es fällt auf, dass die Definitionen zu Mikrokunststoffen<br />
und die Einteilung nach dem Düngerecht unterschiedlich<br />
sind. „Große Mikrokunststoffe“ werden bei einem<br />
Siebdurchgang von 1mm bis 5 mm bemessen und berücksichtigen<br />
nicht Partikel, die größer sind. Andererseits<br />
berücksichtigt die Düngemittelverordnung nicht<br />
die Kunststoffteile unter 2 mm Siebdurchgang. Um<br />
aber Aussagen zu „großen Mikrokunststoffen“ treffen zu<br />
können, ist die Frage zu klären, welche Fremdstoffwerte<br />
zwischen 1 bis 2 mm Siebdurchgang ermittelt werden<br />
können. Sowohl in der Schweiz als auch durch die BGK<br />
wurden diese Untersuchungen durchgeführt, bei denen<br />
die mit bloßem Auge erkennbaren Partikel aussortiert<br />
und gewogen wurden. Diesen Untersuchungen zufolge<br />
liegt bei abgabefertigen, flüssigen Gärprodukten der<br />
Anteil an Fremdstoffen in der Größenklasse 1 bis 2 mm<br />
unter 10 Prozent, und nur in Ausnahmefällen wurden<br />
bis 20 Prozent am Gesamtfremdstoffgehalt ermittelt.<br />
Der Anteil an Fremdstoffen und Kunststoffen der Größe<br />
1 bis 2 mm bewegt sich damit im Bereich der zulässigen<br />
Abweichungen, die bei der Anerkennung von<br />
Prüflaboren zugrunde gelegt werden. Hinzu kommt,<br />
dass sich die Fremdstoffgehalte in den flüssigen Gärprodukten<br />
mit 0,023 Gewichtprozenten in der Trockenmasse<br />
(arithmetrische Mittel) auf einem sehr niedrigen<br />
Niveau befinden.<br />
Gezählte Mikrokunststoffe<br />
Neben der gravimetrischen Ermittlung von Fremdbestandteilen<br />
werden in Veröffentlichungen auch<br />
Untersuchungen publiziert, bei denen die einzelnen<br />
Fremdstoffpartikel gezählt werden. Diese Untersuchungsmethode<br />
entstammt der Wasseranalytik, bei<br />
der ein Bezug auf die Trockenmasse nicht möglich ist.<br />
Für Feststoffe ist diese Untersuchungsmethode wenig<br />
46
nterscheidung BIOGAS von JOURNAL Mikrokunststoffen | 1_<strong>2019</strong> von Mikrokunststoffen nach Entstehung nach Entstehung<br />
nterscheidung von Mikrokunststoffen von Mikrokunststoffen nach Entstehung nach Entstehung<br />
Unterscheidung von Mikrokunststoffen nach Entstehung<br />
imäre Kunststoffe Primäre Kunststoffe<br />
imäre Kunststoffe Primäre Kunststoffe<br />
PRIMÄRE KUNSTSTOFFE<br />
A<br />
B<br />
PRAXIS / TITEL<br />
è Haupteintragspfad è Haupteintragspfad Primärer Primärer<br />
è <br />
Kunststoffe Haupteintragspfad Primärer è über Kunststoffe Haupteintragspfad Abwasser Primärer über Abwasser Primärer<br />
über Abwasser<br />
Kunststoffe über Kunststoffe Abwasser über Abwasser<br />
krobeats Rohpellets Mikrobeats zur Mikrobeats, Rohpellets zur un- Mikrobeats, unrobeats<br />
. Kosmetika Rohpellets Herstellung Mikrobeats z. B. Kosmetika zur regelmäßige Mikrobeats, Herstellung Rohpellets zur un- Partikel regelmäßige Mikrobeats, Partikel un-<br />
. Kosmetika Spureneinträge<br />
Herstellung z.B. B. Kosmetika<br />
Peelingprodukten<br />
Spureneinträge<br />
Herstellung unregelmäßige Partikel<br />
Peelingprodukten<br />
regelmäßige Partikel<br />
Spureneinträge Peelingprodukten<br />
Spureneinträge Peelingprodukten<br />
kundäre Kunststoffe<br />
SEKUNDÄRE Sekundäre KUNSTSTOFFE Kunststoffe<br />
kundäre Kunststoffe Sekundäre Kunststoffe<br />
A<br />
Entstehung durch Zerfall<br />
Textilfasern<br />
tstehung durch größerer Zerfall Entstehung Kunststoffteile größerer durch Textilfasern<br />
Zerfall größerer Textilfasern<br />
nststoffteile<br />
stehung durch Zerfall Kunststoffteile<br />
Entstehung größerer durch Textilfasern Zerfall größerer Textilfasern<br />
elle: ststoffteile Mikroplastik in Quelle: Kunststoffteile<br />
Binnengewässern Mikroplastik Süd- in Binnengewässern und Westdeutschlands Süd- und Westdeutschlands<br />
lle: Mikroplastik in Quelle: Binnengewässern Mikroplastik Süd- in Binnengewässern und Westdeutschlands Süd- und Westdeutschlands<br />
sinnvoll, da zur Bewertung von Umweltwirkungen üblicherweise<br />
die Konzentrationen eines Stoffes zugrunde<br />
gelegt (zum Beispiel in Gewichtsprozent) oder Frachten<br />
berechnet werden (zum Beispiel in Gramm pro Hektar<br />
und Jahr), die bei bestimmungsgemäßer Anwendung<br />
in die Umwelt beziehungsweise in Böden eingetragen<br />
werden können.<br />
Für beides ist die Anzahl an Partikeln kein geeigneter<br />
Maßstab. Die bloße Anzahl hat auch keinen Bezug zur<br />
Größe der einzelnen Partikel, für deren Bewertung vor<br />
allem die Korngrößenverteilung von Bedeutung wäre.<br />
Bei der Messung realer Proben, denen eine optische<br />
Bewertung zugrunde liegt (zum Beispiel Licht- und<br />
Elektronenmikroskop) besteht aufgrund von Verwechselungen<br />
der Kunststoffpartikel mit natürlichen organischen<br />
oder mineralischen Partikeln zudem eine hohe<br />
Gefahr der Fehlinterpretation.<br />
B<br />
è <br />
Haupteintragspfad<br />
è Haupteintragspfad<br />
Textilfasern über Abwasser<br />
è Haupteintragspfad è über Textilfasern Haupteintragspfad<br />
Abwasser über Abwasser<br />
Textilfasern über Textilfasern Abwasser über Abwasser<br />
è <br />
Diffuser Eintrag von<br />
zerfallenen Kunststoffteilen<br />
Eintrag è Diffuser von Eintrag von<br />
è Zerfallenen Diffuser Eintrag è Kunststoffteile<br />
Zerfallenen Diffuser von Eintrag Kunststoffteile von<br />
Zerfallenen Kunststoffteile<br />
Zerfallenen Kunststoffteile<br />
Frachtenberechnungen<br />
In der Presse wird häufig für den Eintrag von Fremdstoffen<br />
durch Gärprodukte und Kompost eine Fracht von<br />
12.000 t angegeben. Allerdings ist diese publizierte<br />
Angabe nicht zutreffend. Bei den Berechnungen der<br />
BGK wird von den in Deutschland erzeugten Mengen an<br />
Komposten (4,071 Mio. t pro Jahr) und Gärprodukten<br />
(3,555 Mio. t pro Jahr) ausgegangen, die aus Bioabfällen<br />
hergestellt werden und beim statistischen Bundesamt<br />
dokumentiert sind. Daraus ergibt sich, dass diese<br />
Einträge in Böden derzeit im Bereich von jährlich 817 t<br />
liegen. Dabei berücksichtigen die Berechnungen der<br />
BGK nicht nur „Mikroplastik“, sondern auch Kunststoffe<br />
der Größenklasse >5 mm (Makroplastik).<br />
Je nachdem, welche Annahmen über Gesamteinträge<br />
an Kunststoffen in die Umwelt zugrunde gelegt werden<br />
(180.000 bis 450.000 t), bewegt sich der über Kompost<br />
und Gärprodukte verursachte Anteil in einem Bereich<br />
von etwa 0,2 bis 0,5 Prozent der Gesamteinträge<br />
in Deutschland. Diese Zahl wurde inzwischen zum Teil<br />
in den Veröffentlichungen korrigiert. Eine ausführliche<br />
Betrachtung zur Thematik hat die Bundesgütegemeinschaft<br />
Kompost in ihrem Themenpapier „Kunststoffe<br />
in Kompost und Gärprodukten – Herkunft – Bedeutung<br />
– Vermeidung“ veröffentlicht.<br />
QUELLE: MIKROPLASTIK IN BINNENGEWÄSSERN SÜD- UND WESTDEUTSCHLANDS, verändert.<br />
RAL-Gütesicherung<br />
RAL-Gütesicherung<br />
RA<br />
RA<br />
Autorin<br />
Karin Luyten-Naujoks<br />
Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. (BGK)<br />
Von-der-Wettern-Str. 25<br />
51149 Köln<br />
0 22 03/3 58 37-50<br />
k.luyten-naujoks@kompost.de<br />
www.kompost.de<br />
47
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Kein Plastik<br />
aufs Feld<br />
Der Hydrozyklon sortiert<br />
die schwereren Abfälle,<br />
also zum Beispiel Glas,<br />
Knochen und Metall,<br />
aus.<br />
Die Verwertung verpackter Lebensmittel fordert eine ausgeklügelte Verfahrenstechnik,<br />
damit der Gärdünger frei von Störstoffen ist. Einem Unternehmen aus Baden-Württemberg<br />
gelingt dies durch mehrstufige Abscheidung.<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Im Herzen des württembergischen Allgäus, nur einen<br />
Katzensprung von den Alpen und dem Bodensee<br />
entfernt, liegt der Luftkurort Kißlegg. Wälder,<br />
Wiesen, Seen und Moore prägen das Landschaftsbild<br />
der noch urtypischen Allgäugemeinde. Seit<br />
1995 betreibt die Familie Rupp hier eine Biogasanlage<br />
(BGA) zur Verwertung von biologischen Reststoffen.<br />
„Mich hat es damals gereizt, aus Gülle Energie zu<br />
machen“, erinnert sich Firmenchef Franz Rupp an die<br />
Anfänge.<br />
Aus diesem Grund hatte er bereits Anfang der Neunzigerjahre<br />
eine erste Versuchsbiogasanlage (28 kW) gebaut.<br />
Weil sie gut funktionierte, wollte er erweitern, doch die<br />
eigenen Tiere lieferten nicht genug Substrat: „Ich hatte<br />
nur 50 Kühe, leider reichte das nicht“, so Rupp, deshalb<br />
habe er von Anfang an auf Abfallvergärung gesetzt. Im<br />
Jahr 1995 wurde die erste Verwertungsanlage genehmigt,<br />
ihre elektrische Leistung lag bei 60 Kilowatt (kW).<br />
„Ich war mit meinen Projekten immer in der Zukunft“,<br />
resümiert er lachend. „Ich wollte schon immer Genehmigungen<br />
für Sachen, von denen das Landratsamt noch<br />
gar nicht wusste, dass es sie gibt“. Dann habe er immer<br />
„weiter ausgebaut“, erinnert sich der Firmenchef, „auf<br />
120 kW und später auf 300 kW.“ Heute beträgt die installierte<br />
elektrische Leistung der Biogasanlage 960 kW.<br />
Zum Familienbetrieb gehören neben Vater Franz, Tochter<br />
Lisa und den beiden Söhnen Thomas und Stephan<br />
rund 50 Mitarbeiter. Lisa Rupp ist für den kaufmännischen<br />
Bereich zuständig. Thomas und Stephan kümmern<br />
sich um die technische Leitung und den Fuhrpark<br />
mit mittlerweile 21 Lkw. Seit 2012 hat das Unternehmen<br />
noch einen zweiten Standort in Ebersbach an der<br />
Fils.<br />
Vorrausschauend geplant<br />
„Angefangen habe ich mit der Verwertung organischer<br />
Schlämme aus der Schlachterei“, erklärt der Firmeninhaber.<br />
Mit diesen sogenannten Flotatschlämmen habe<br />
die Vergärung „hervorragend funktioniert“, zudem<br />
habe es anfangs kaum Mitbewerber gegeben. Als der<br />
Markt schlechter wurde, wechselte das Unternehmen<br />
zur Speiseresteverwertung. „Das Problem waren verpackte<br />
Lebensmittel aus den Supermärkten“, so Rupp.<br />
Weil es wenig Anbieter gab, habe er sich gleich auf dieses<br />
Gebiet spezialisiert.<br />
Heute verarbeitet das Unternehmen täglich K3-Material<br />
aus ganz Süddeutschland. Sogenanntes K3-Material<br />
bezeichnet vor allem Abfälle und Nebenprodukte zum<br />
Beispiel aus Schlachtbetrieben oder Küchen- und<br />
Speiseabfällen, die für den menschlichen Verzehr nicht<br />
geeignet sind. Insgesamt werden 17.885 Tonnen pro<br />
Jahr verwertet. Die Biotonne gehört nicht dazu, denn<br />
sie ist laut Bioabfallverordnung nicht grünlandtauglich.<br />
„Da unser landwirtschaftlicher Betrieb nur aus Grünland<br />
besteht, verzichte ich auf dieses Material“, verdeutlicht<br />
der Entsorger. Mit dem Methangehalt des<br />
Substrats ist er sehr zufrieden. Dieser liegt bei rund<br />
70 Prozent. Dem Betrieb angeschlossen ist auch eine<br />
48
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
FOTOS: MARTINA BRÄSEL<br />
Um den Biomüll von der Verpackung zu befreien, werden die Reststoffe über einen<br />
Schneckenförderer vom Annahmebunker in die Trennmühle transportiert. In ihr werden die<br />
Speisereste zerkleinert.<br />
Firmenchef Franz Rupp zeigt, dass es in der Biomasse nach der<br />
Strainpress keinen sichtbaren Kunststoff mehr gibt.<br />
Gasaufbereitungsanlage mit 500 Normkubikmeter pro<br />
Stunde. „Wir fahren unsere Biogasanlage wärmegesteuert“,<br />
erklärt Franz Rupp. Erzeugt wird dabei nur so<br />
viel Strom und Wärme, wie für den Eigenbedarf benötigt<br />
wird, also: Wärme für die Beheizung der Büroräume<br />
und für die Aufbereitung der Lebensmittel. Der Rest<br />
wird als Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist.<br />
Eine mehrstufige Trennung<br />
„Im ersten Schritt werden die Abfälle, die angeliefert<br />
werden, gewogen“, so Rupp. Danach fahren die Lkw<br />
in die Anlieferungshalle. Hier seien viele der einzelnen<br />
Verfahrensschritte untergebracht. Angeliefert werden<br />
Container- und Paletten oder auch der klassische<br />
Speiseresteeimer aus der Gaststätte. „Anfangs wurde<br />
noch händisch entpackt“, berichtet Rupp, heute sei<br />
das nicht mehr nötig.<br />
Um das K3-Material von der Verpackung zu befreien,<br />
werden die Reststoffe über einen Schneckenförderer<br />
vom Annahmebunker in die Trennmühle transportiert.<br />
In ihr werden die Speisereste zerkleinert. „Die Mühle<br />
entfernt rund 90 Prozent der Störstoffe“, weiß Firmenchef<br />
Rupp aus Erfahrung. Danach gelangen die gereinigten<br />
Speisereste in einen doppelwandigen Tank. Er<br />
befindet sich unter der Trennmühle und hat eine Größe<br />
von 150 Kubikmeter (m³). Aus diesem Tank werden<br />
die Speisereste in den Hygienisierer, der 20 m³ fasst,<br />
gepumpt. In ihm werden sie im nächsten Verfahrensschritt<br />
eine Stunde lang bei 70 Grad erhitzt.<br />
Nach der Erhitzung durchläuft der gesamte Tankinhalt<br />
dreimal den Hydrozyklon. Die schwereren Abfälle, also<br />
zum Beispiel Glas, Knochen und Metall, werden dabei<br />
aussortiert. Kleine Kunststoffteile- und fasern, die bis<br />
jetzt noch entwischen konnten, werden im nächsten<br />
Schritt in der Strainpress mit einem 3-Millimeter-Sieb<br />
entfernt. Danach kommen die gereinigten Speisereste<br />
in den Vorlagebehälter, der sich außerhalb der Entsorgungshalle<br />
befindet.<br />
„Aus ihm wird die Biogasanlage 26-mal pro Tag gefüttert,<br />
am Ende vom Tag sind 49 Tonnen eingebracht<br />
worden“, so Rupp. Die Verweilzeit des Materials liegt<br />
im Durchschnitt bei etwa 60 Tagen. Vor dem Nachgärer<br />
geht es noch einmal über einen Schneckenseparator,<br />
hier werden noch die Reststoffe entfernt, die an Fett<br />
gebunden waren. Der Gärdünger hat am Ende einen<br />
TS-Gehalt von 2,5 bis 3 Prozent. „Durch diese Dünnflüssigkeit<br />
erhalten wir eine saubere Trennung und können<br />
die Störstoffe komplett entfernen“, resümiert der<br />
Anlagenbetreiber.<br />
Qualitätssicherung<br />
„In unserer Prozesskette erreichen wir nachweisbar<br />
eine vollständige Entfernung von Kunststoffpartikeln<br />
und anderen Fremdstoffen“, berichtet Rupp, dies wür-<br />
Kleine Kunststoffteile<br />
und -fasern, die bis<br />
jetzt noch entwischen<br />
konnten, werden im<br />
nächsten Schritt in der<br />
Strainpress mit einem<br />
3-Millimeter-Sieb<br />
entfernt.<br />
49
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Lisa Rupp und Vater Franz<br />
zeigen, dass in ihrem zertifizierten<br />
Entsorgungsfachbetrieb<br />
die gesetzlichen Grenzwerte<br />
deutlich unterschritten<br />
und die weitergehenden<br />
Vorgaben der RAL-Gütesicherung<br />
für Gärprodukte sicher<br />
eingehalten werden.<br />
Zum Familienbetrieb<br />
gehören neben Vater<br />
Franz, Tochter Lisa und<br />
und den beiden Söhnen<br />
Thomas und Stephan<br />
rund 50 Mitarbeiter.<br />
Lisa Rupp ist für den<br />
kaufmännischen<br />
Bereich zuständig.<br />
Thomas und Stephan<br />
kümmern sich um die<br />
technische Leitung<br />
und den Fuhrpark mit<br />
mittlerweile 21 Lkw.<br />
den auch die Laboruntersuchungen bestätigen. Das<br />
Unternehmen ist Mitglied in der Bundesgütegemeinschaft<br />
Kompost e.V. (BGK). Dies ist ein eingetragener<br />
Verein, der sich der Gütesicherung für Kompost und<br />
Gärprodukte in Deutschland widmet.<br />
Die Bundesgütegemeinschaft ist als unabhängige und<br />
neutrale Organisation ausschließlich den Grundsätzen<br />
des RAL-Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung<br />
verpflichtet und von ihr anerkannt. Die Reglementierung<br />
möglicher Fremdstoffgehalte in Düngemitteln<br />
wird in Deutschland durch die Düngemittelverordnung<br />
vorgegeben. Für folienartige Kunststoffe gilt ein Grenzwert<br />
von maximal 0,1 Gewichtsprozent in der Trockenmasse<br />
(TM). Andere Fremdstoffe sind bis zu einem Anteil<br />
von 0,4 Gewichtsprozent in der TM zulässig.<br />
Alle vier Wochen nimmt ein unabhängiges Labor Proben.<br />
„Die Untersuchung ist sehr umfangreich“, berichtet<br />
Lisa Rupp. Bestimmt würden unter anderem<br />
der Schwermetallgehalt, der Vergärungsgrad, der<br />
Anteil an Fremdstoffen und hygienische Parameter.<br />
„Nach der Analyse des Gärprodukts erhalten wir ein<br />
Prüfzeugnis sowie eine RAL-Gütesicherung für unser<br />
Produkt. Diese Untersuchungsergebnisse erhalten alle<br />
Abnehmer der Gärprodukte dann von uns“, berichtet<br />
die junge Frau.<br />
Bei der Rupp-Anlage werden die gesetzlichen Grenzwerte<br />
deutlich unterschritten und die weitergehenden<br />
Vorgaben der RAL-Gütesicherung für Gärprodukte sicher<br />
eingehalten. Dies bestätigen die Untersuchungsergebnisse,<br />
die im Rahmen der RAL-Gütesicherung<br />
regelmäßig erhoben werden. Zudem ist das Unternehmen<br />
als Entsorgungsfachbetrieb vom TÜV Rheinland<br />
zertifiziert.<br />
Nährstoffkreislauf schließen<br />
Bereits Ende der Neunzigerjahre ließ sich Franz Rupp<br />
eine Gärrestaufbereitungsanlage genehmigen. Mit ihr<br />
ist es möglich, dass der Feststoff verbrannt und das<br />
Abwasser direkt in die Kläranlage eingeleitet werden<br />
kann. „Wegen der aufwendigen Aufbereitung des Gärrestes<br />
aus der Abfallanlage ist er ein wertvoller Dünger<br />
für die Landwirtschaft“, dies würden, so der Entsorger,<br />
zahlreiche Untersuchungen bestätigen.<br />
Der Gärdünger enthalte alle Nährstoffe, die die Landwirtschaft<br />
benötigt. Zudem sei er vor Ort und<br />
müsse nicht, wie oftmals der industrielle<br />
Handelsdünger, von<br />
weither importiert<br />
50
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
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51
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Der Gärdünger hat am Ende einen<br />
TS-Gehalt von 2,5 bis 3 Prozent. „Durch<br />
diese Dünnflüssigkeit erhalten wir eine<br />
saubere Trennung und können die Störstoffe<br />
komplett entfernen“, resümiert<br />
der Anlagenbetreiber.<br />
Die Vergärung von Lebensmitteln in einer<br />
Biogasanlage hat also viele Vorteile: Die<br />
Nährstoffe kommen als Dünger auf das<br />
Feld, der Stoffkreislauf wird geschlossen.<br />
Zudem sind die Gaserträge hoch und dienen<br />
zur Strom- und Wärmeerzeugung. Eine<br />
Voraussetzung für die Verarbeitung dieser<br />
Materialien ist natürlich eine geeignete<br />
Prozesskette, die das Produkt reinigt. Wichtig<br />
ist zudem die regelmäßige unabhängige<br />
Überwachung der erzeugten Gärprodukte.<br />
Vor einer wachsenden Konkurrenz hat der<br />
Anlagenbetreiber keine Angst: „Es gibt<br />
noch viel Bedarf. Ich würde mich über mehr<br />
Vergärungsanlagen freuen“.<br />
werden. Gerne würde er Pellets herstellen,<br />
doch das ist „wegen der Gerüche ein Problem“,<br />
da sich die Anwohner beschweren.<br />
Rupp bewirtschaftet selbst noch 40 Hektar,<br />
die er mit dem Gärdünger aus der eigenen<br />
BGA seit Bestehen der Anlage düngt. Auf<br />
Einsatz von Handelsdünger wird seither<br />
verzichtet. Seit einigen Jahren werde der<br />
komplette erste Schnitt als Kleintierfutter<br />
im Handel verkauft. „Mit Verunreinigungen<br />
durch Plastik wäre das nicht möglich“, so<br />
der Anlagenbetreiber.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Freie Journalistin<br />
Hohlgraben 27 · 71701 Schwieberdingen<br />
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52
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
Täglich werden in der Biogasanlage in Geislingen aus rund<br />
95 Tonnen Biomüll 10.000 m³ Biogas mit einem Methangehalt<br />
von durchschnittlich 70 Prozent produziert. Insgesamt werden<br />
pro Jahr 35.000 Tonnen organischer Abfälle verarbeitet.<br />
Entsorgung mit Zertifikat<br />
Für Biogasanlagen bieten sich in der Abfallentsorgung bisher noch kaum genutzte Möglichkeiten,<br />
denn in Deutschland fallen jährlich etwa 11 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle<br />
an. Mit der richtigen Technik ist auch die Verarbeitung verpackter organischer Abfälle kein<br />
Problem.<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Aus einer Tonne Biomüll lassen sich zwischen<br />
20 und 100 Kubikmeter (m³) Biogas<br />
gewinnen“, sagt Christoph von Jan, Geschäftsführer<br />
von Schradenbiogas. An der<br />
oberen Grenze könnten<br />
aus einer Tonne bis zu 250 Kilowattstunden<br />
(kWh) elektrischer<br />
Strom und bis zu 500 kWh Wärme<br />
erzeugt werden. Die Firma Schradenbiogas<br />
betreibt erfolgreich Biogasanlagen,<br />
die Abfall als Sub strat<br />
verwenden, an den Standorten<br />
Gröden, Geislingen und Alteno.<br />
Insgesamt ist das Entsorgungsunternehmen<br />
seit mehr als 20 Jahren<br />
im Bereich Biogas tätig.<br />
„Unsere Anlagen sind alle nach<br />
dem Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
genehmigt und nach der<br />
EU-Hygieneverordnung zugelassen“,<br />
berichtet von Jan. Darüber<br />
hinaus sei das Unternehmen für<br />
das Einsammeln, Befördern, Behandeln,<br />
Lagern und Verwerten<br />
organischer Abfälle zertifiziert.<br />
FOTOS: MARTINA BRÄSEL<br />
An allen Standorten würde nach den Grundsätzen eines<br />
integrierten Managementsystems aus Qualitäts-,<br />
Umwelt-, Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement<br />
gearbeitet.<br />
Die Reststoffe werden über einen Schneckenförderer vom Annahmebunker in den Trennzerkleinerer<br />
transportiert. In ihm werden die Speisereste zerkleinert und Störstoffe zerschnitten.<br />
53
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Störstoffe, die mittels<br />
Trennzerkleinerer<br />
aussortiert wurden.<br />
Die Hygienisierung<br />
besteht aus drei<br />
20-m³-Behältern, in<br />
denen pathogene Keime<br />
und andere Erreger bei<br />
70 °C und einer Verweilzeit<br />
von mindestens<br />
einer Stunde abgetötet<br />
werden.<br />
Das Sieb der Strainpress<br />
entfernt kleine<br />
Kunststoffteile und<br />
-fasern. Wenn der Wirkungsgrad<br />
nachlässt,<br />
weil die Poren verstopft<br />
sind, reinigt es sich<br />
selbst.<br />
„Dies ist unerlässlich für die erfolgreiche Zertifizierung<br />
zum Entsorgungsfachbetrieb und die Erlangung des<br />
RAL Gütezeichen Gärprodukte“, erklärt der Geschäftsführer.<br />
Zudem würde die Einhaltung der gesetzlichen<br />
Vorschriften kontinuierlich geprüft und überwacht:<br />
„Wir möchten ein zuverlässiger Partner für unsere Kunden<br />
sein und unsere Leistungen fehlerfrei unter Berücksichtigung<br />
geltender Vorschriften erbringen“, so<br />
der Agraringenieur.<br />
10.000 m³ Biogas täglich<br />
Hier in Geislingen an der Steige werden pro Jahr bis<br />
zu 35.000 Tonnen organischer Abfälle verarbeitet.<br />
Die sogenannte Fünftälerstadt ist eingebettet von den<br />
Höhen der Schwäbischen Alb und liegt im Südosten<br />
der Region Stuttgart. „Der Standort ist gut gewählt“,<br />
bemerkt der Geschäftsführer, denn die Region habe<br />
über 4 Millionen Einwohner. Täglich werden im Werk<br />
Geislingen rund 95 Tonnen Biomüll umgesetzt, woraus<br />
10.000 m³ Biogas entstehen mit einem Methangehalt<br />
von durchschnittlich 70 Prozent.<br />
Als Substrat für die anaerobe Nassfermentation dienen<br />
flüssige organische Abfälle (zum Beispiel Fettabscheiderinhalte)<br />
und feste organische Abfälle (Bioabfall, Küchen-<br />
und Kantinenabfälle, überlagerte Nahrungsmittel<br />
etc.). Die festen und flüssigen Komponenten werden<br />
vermischt und zu einem landwirtschaftlich nutzbaren<br />
Gärprodukt verarbeitet. „Auf diese Weise erzielen wir<br />
eine vollständige Verwertung der organischen Abfälle<br />
ohne Abfall und Abwasser“, erläutert von Jan. Und es<br />
gebe noch einen weiteren Vorteil: „Die Behandlung der<br />
organischen Abfälle geschieht in einem geschlossenen<br />
System“, so der Agraringenieur, das produzierte Methan-Gas-Gemisch<br />
könne dadurch nicht entweichen.<br />
Fugatwasser nutzen, Wasserverbrauch<br />
senken<br />
Die angelieferten verpackten Lebensmittel aus dem<br />
Handel werden in der Prozesskette mehrstufig aufbereitet.<br />
Jochen Gräber erklärt, wie die Verwertung funktioniert:<br />
„Nach dem Wiegen fahren die Anlieferfahrzeuge<br />
in die Annahmehalle“, berichtet der Betriebsleiter.<br />
Obwohl es reichlich Biomüll hier gibt, riecht es kaum.<br />
„Das liegt daran, dass die Halle durch eine Absauganlage<br />
unter einem leichten Unterdruck steht“, erklärt<br />
Gräber. Die angesaugte Abluft wird, um die Freisetzung<br />
unangenehmer Gerüche zu verhindern, über einen Biofilter,<br />
der mit Hackschnitzeln gefüllt ist, gereinigt.<br />
„Die festen Abfälle werden dann im Annahmebunker<br />
gelagert und über eine Schneckenförderung dosiert in<br />
den Anmaischbehälter eingebracht“, berichtet Gräber.<br />
Dort werden die festen organischen Abfälle mit flüssigen<br />
Bioabfällen und Wasser gemischt. Dabei werde<br />
darauf geachtet, den Wasserverbrauch möglichst gering<br />
zu halten. „Wir senken ihn dadurch, dass wir abgepresstes<br />
Fugatwasser und Regenwasser für die Abfallaufbereitung<br />
nutzen“, erklärt der Betriebsleiter.<br />
Patentierte Entpackung<br />
Damit die Vergärung gelingen kann, werden im nächsten<br />
Schritt die organischen Abfälle von der Lebensmittelverpackung<br />
getrennt. „Natürlich ist es immer<br />
54
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS / TITEL<br />
Der Betriebsleiter<br />
Jochen Gräber<br />
zeigt, dass vor der<br />
Strainpress noch bunte<br />
Plastikschnipsel in der<br />
Biomasse sind.<br />
besser, wenn der Kunde das<br />
Material schon vor der Anlieferung<br />
selbst separiert“, verdeutlicht<br />
Christoph von Jan.<br />
Bei dem einen Kunden klappe<br />
dies, bei dem anderen „nicht<br />
so gut“, bedauert er. „Beim<br />
Trennverfahren sollte einerseits<br />
möglichst wenig Organik in der<br />
Verpackung verbleiben, andererseits sollten möglichst<br />
wenig Störstoffe in der Biomasse sein“, erklärt von Jan.<br />
Je besser das funktioniere, desto weniger Probleme<br />
gebe es bei der Qualitätssicherung. „Aus diesem Grund<br />
haben wir Ende der Neunzigerjahre eine Entpackungsanlage<br />
entwickelt“, so der Geschäftsführer. Sie separiere<br />
den organischen Inhalt von der Umverpackung auf<br />
einem sehr hohen Niveau: „Bei unserer Technik wird<br />
die Verpackung in zwei Schritten zerschnitten“. Die<br />
Zerteilung in 19 und 12 Millimeter große Stückchen<br />
erfolge über zwei Schneidwerke. Der Vorteil sei die „definierte<br />
Korngröße“ mit der sich im Anschluss „sehr gut<br />
arbeiten“ lasse. Nach der Zerteilung würden die restlichen<br />
Störstoffe durch Fliehkräfte und Siebung von den<br />
organischen Bestandteilen getrennt. Eine vollständige<br />
Entfernung des Plastiks sei zwar unmöglich, doch die<br />
Reinheitsstufe nach diesem Aufbereitungsschritt betrage<br />
immerhin etwa 98 Prozent. „Wir haben dieses<br />
Verfahren patentiert“, betont der Agraringenieur.<br />
Strainpress: zuverlässige Technik<br />
Von der Anmaische wandert die Biomasse in den Vorlagebehälter,<br />
der das Material für den Mischbehälter<br />
bereitstellt. Im Misch- und Hydrolysebehälter wird die<br />
Biomasse mit anderen Abfällen vermengt. „Dadurch<br />
Biogasanlage Geislingen:<br />
Die Prozessführung<br />
ist zweistufig, die<br />
mesophile Faultemperatur<br />
liegt bei rund<br />
39 Grad Celsius und<br />
die Verweilzeit der<br />
Biomasse beträgt etwa<br />
20 Tage.<br />
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55
PRAXIS / TITEL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Links: Geschäftsführer<br />
Christoph von Jan vor<br />
der Entsorgungsanlage.<br />
Rechts: Nach der<br />
Zerteilung werden die<br />
restlichen Störstoffe<br />
durch Fliehkräfte und<br />
Siebung von den organischen<br />
Bestandteilen<br />
abgetrennt.<br />
wird die Zusammensetzung homogener und die Biologie<br />
in der nachfolgenden Fermentation deutlich verbessert“,<br />
erklärt Jochen Gräber. Nach dieser Vorbehandlung<br />
werden die organischen Abfälle kontinuierlich in<br />
zwei parallel geschaltete Reaktoren geleitet.<br />
Die Fermenter besitzen jeweils ein Fassungsvermögen<br />
von 2.500 m³. Die Prozessführung sei zweistufig und<br />
die mesophile Faultemperatur liege bei rund 39 Grad<br />
Celsius. Die Verweilzeit der Biomasse betrage etwa<br />
27 Tage. Danach ist die Biomasse durch den Vergasungsprozess<br />
deutlich dünnflüssiger: „Im Eingang hat<br />
das Substrat einen Trockensubstanzgehalt zwischen 8<br />
und 12 Prozent“, bestätigt von Jan, der TS-Gehalt des<br />
Gärdüngers liege hingegen nur noch zwischen 4 und<br />
5 Prozent.<br />
„Der TS-Gehalt baut sich also gut um die Hälfte ab“, resümiert<br />
Gräber. Die wässrige Gärlösung wird dann noch<br />
über eine Strainpress geschickt. Das darin enthaltene<br />
Sieb entfernt Partikel, die größer als 1 Millimeter sind.<br />
„Die Technik ist sehr zuverlässig“, berichtet von Jan.<br />
„Wenn sich das Sieb zugesetzt hat, wird es automatisch<br />
mittels einer Bürstenfunktion gereinigt“. Im Anschluss<br />
wird das Fugatwasser zurück in den Anmaischbehälter<br />
geschickt.<br />
Einhaltung der Grenzwerte<br />
Aus dem Nachgärer, der 2.500 m³ Gärsubstrat fasst,<br />
geht der Gärrest in die Hygiensisierung. Sie besteht aus<br />
drei 20-m³-Behältern, in denen pathogene Keime und<br />
andere Erreger bei 70 Grad Celsius und einer Verweilzeit<br />
von mindestens einer Stunde abgetötet werden.<br />
„Unser Dünger hält alle Richtwerte ein und besitzt das<br />
RAL-Gütesiegel der Bundesgütegemeinschaft Kompost<br />
gemäß Bioabfall-Verordnung“, berichtet von Jan<br />
erfreut.<br />
Laut Düngemittelverordnung liegt der Grenzwert für<br />
die Störstoffanteile bei maximal 0,5 Prozent in der Trockensubstanz.<br />
„Davon darf nur 0,1 Prozent Mikroplastik<br />
sein“, erläutert der Geschäftsführer, die restlichen<br />
0,4 Prozent seien meist kleinste Steinchen und Sand.<br />
Mit der richtigen Technik sei die Einhaltung der Grenzwerte<br />
aber kein Problem, das würden die zahlreichen<br />
Untersuchungen bestätigen.<br />
Von Jan ist davon überzeugt, dass die „Vergärung von<br />
Biomüll in Biogasanlagen der richtige Weg ist“. Sie<br />
sei aus „ökologischer und wirtschaftlicher Sicht der<br />
Biomasse-Verbrennung oder der ausschließlichen<br />
Kompostierung von Gewerbeabfällen vorzuziehen.<br />
Holzabfälle sollten weiterhin kompostiert werden“,<br />
verdeutlicht er, während die nassen Bioabfallfraktionen<br />
(Gewerbeabfälle) vergoren werden sollten. Bei der<br />
anaeroben Behandlung werde kein Methan freigesetzt,<br />
dies sei bei der Verwertung organischer Abfälle in Kompostieranlagen<br />
aber der Fall. Zudem dünge die entgaste<br />
Biomasse wirksamer als Rohgülle: „Dadurch kann der<br />
Einsatz von Mineraldünger, der in energieintensiven<br />
Prozessen gewonnen werden muss, reduziert werden“,<br />
so der Geschäftsführer.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
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PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
INTERVIEW<br />
»Ohne SCR-System wird es nicht mehr möglich<br />
sein, den neuen Grenzwert für Stickoxide von<br />
0,1 g/m³ einzuhalten«<br />
Die 44. BImSchV verschärft die Grenzwerte bei den Emissionen für Biogasanlagen deutlich.<br />
Anlagenbetreiber müssen sich insbesondere auf deutlich strengere Emissionsgrenzwerte<br />
für Stickoxide (NOx) einstellen. Hier rücken SCR-Systeme zur Reduzierung der Stickoxide<br />
wie die modulare Abgasnachbehandlung von MAN Engines in den Fokus. Ein solches System<br />
wird im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz<br />
initiierten und finanzierten Projekts „Minimierung der Emissionen von NOx beim<br />
Betrieb von Biogas-BHKW“ erstmals an einer Biogasanlage im Feld getestet. Wir sprachen<br />
mit dem Anlagenbetreiber Josef Götz, Geschäftsführer der Götz Agrardienst GmbH und<br />
Präsidiumsmitglied des Fachverbandes Biogas e.V.<br />
Interviewer: Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Biogas Journal: Herr Götz, was verändert sich durch die<br />
neue 44. BImSchV für die Anlagenbetreiber?<br />
Josef Götz: Die neue 44. BImSchV sorgt für eine<br />
deutliche Verschärfung der erlaubten Grenzwerte bei<br />
den Emissionen von mit Biogas betriebenen Verbrennungsmotoranlagen.<br />
Bislang war es uns möglich, die<br />
Emissionsrichtlinien innermotorisch einzuhalten, aber<br />
insbesondere die neuen<br />
Emissionsgrenzwerte für<br />
Stickoxide (NOx) stellen alle<br />
Anlagenbetreiber vor neue<br />
Herausforderungen. Um die<br />
neuen Grenzwerte einzuhalten,<br />
wird eine zusätzliche<br />
Abgasnachbehandlung unumgänglich<br />
sein.<br />
Das Container-BHKW von außen: Die Abgasnachbehandlung<br />
ist im oberen Containeraufbau untergebracht.<br />
Gut zu erkennen auch der AdBlue © -Tank auf der rechten<br />
Seite. Der MAN E3262 LE202 wurde speziell für Biound<br />
Sondergasanwendungen entwickelt und läuft im<br />
Dauerbetrieb über 8.600 Stunden im Jahr.<br />
FOTOS: MAN ENGINES/PETER DÖRFEL<br />
Biogas Journal: Wie kam der<br />
Feldversuch zustande?<br />
Götz: Mit der Einführung der<br />
neuen Verordnung wird eine<br />
EU-Richtlinie zur Begrenzung<br />
der Emissionen von<br />
Schadstoffen aus mittelgroßen<br />
Feuerungsanlagen<br />
in die Luft (MCPD) in deutsches<br />
Recht umgesetzt. Es<br />
war also abzusehen, dass es<br />
zeitnah zu einer deutlichen<br />
Verschärfung der Grenzwerte<br />
für Stickoxide kommen<br />
wird. Deshalb haben wir uns gemeinsam mit unserem<br />
langjährigem Partner MAN Engines Gedanken über Lösungen<br />
gemacht.<br />
MAN Engines setzt bereits erfolgreich ein System in<br />
der Landtechnik ein, das auf der SCR-Technologie basiert<br />
und mithilfe einer Harnstofflösung (AdBlue © ) die<br />
Stickoxide reduziert. So entschlossen wir uns dazu,<br />
das sogenannte Modulare Abgasnachbehandlungssystem<br />
(AGN) für Industriegas-Motoren anzupassen und<br />
testen es seit März 2018 an unserer Biogasanlage im<br />
Feld. Dies geschieht im Rahmen des vom Bayerischen<br />
Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz<br />
initiierten Projekts „Minimierung der Emissionen von<br />
NOx beim Betrieb von Biogas-BHKW“. Dieses beschäftigt<br />
sich mit der Frage, wie Stickoxide möglichst effizient<br />
reduziert werden können.<br />
Biogas Journal: Wie ist der Feldversuch aufgebaut?<br />
Götz: Wir haben uns zusammen mit unseren Projektpartnern<br />
bewusst dafür entschieden, ein komplett neues<br />
Container-BHKW für den Feldversuch zu installieren,<br />
um das Gesamtsystem von Grund auf neu denken<br />
zu können. Dafür zeigte der Anlagenbauer Elektro Hagl<br />
viel Engagement, der darüber hinaus sowohl den Motor<br />
als auch dessen Steuerung speziell für die Anwendung<br />
anpasste. Die AGN wurde in einem zweiten Container<br />
über dem BHKW untergebracht. Für jede der beiden<br />
Zylinderbänke des Motors gibt es ein Abgasnachbehandlungssystem<br />
bestehend aus einem SCR-Mischer,<br />
einem SCR-Katalysator sowie einem Oxidationskatalysator<br />
(siehe Infokasten). Der AdBlue © -Vorratstank be-<br />
58
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
Josef Götz betreibt bereits seit 2001 eine Biogasanlage und hat heute<br />
insgesamt acht Biogasmotoren verteilt auf drei Standorte im Einsatz.<br />
Biogas<br />
Infotage <strong>2019</strong><br />
Blick in den oberen Container mit einem SCR-Katalysator für jede<br />
der beiden Zylinderbänke des V-Motors. Großzügige Raumverhältnisse<br />
erleichtern die regelmäßigen Testmessungen.<br />
findet sich außerhalb der Anlage. Insgesamt wurde auf möglichst<br />
großzügige Raumverhältnisse geachtet, um die regelmäßigen Testmessungen<br />
zu erleichtern.<br />
Diese werden von der TUM (Technische Universität München),<br />
einem weiteren Kooperationspartner des Projekts, durchgeführt.<br />
Allgemein funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten<br />
ausgesprochen gut. Alle bringen sich sowohl mit ihrem<br />
Know-how als auch finanziell in das Projekt ein, wobei das Bayerische<br />
Staatsministerium den Großteil der Kosten trägt.<br />
Biogas Journal: Sind Sie mit dem bisherigen Verlauf des Projekts<br />
zufrieden?<br />
Götz: Das Projekt läuft bisher wirklich gut. Die Standzeiten der Katalysatoren<br />
sind ausgezeichnet und der AdBlue © -Verbrauch geringer,<br />
als von uns im Vorfeld erwartet. Zugute kommt uns dabei, dass<br />
der verwendete MAN-Motor (Anmerkung: MAN E3262 LE202) von<br />
Haus aus sehr mager läuft und daher vergleichsweise wenige Stickoxide<br />
gefiltert werden müssen. Neben der Funktionalität des Abgasnachbehandlungssystems<br />
gilt es aber noch die wirtschaftlichen<br />
Unbekannten zu klären. Wir wissen noch nicht genau, wie hoch der<br />
exakte AdBlue © -Verbrauch sein wird oder wie oft die Katalysatoren<br />
ausgetauscht werden müssen. Diese werden im Dauerbetrieb eines<br />
BHKW mit bis zu 8.700 Betriebsstunden jährlich wesentlich<br />
stärker beansprucht als beispielsweise im Pkw-Bereich. Ferner<br />
Messe<br />
Praxis<br />
Wissenschaft<br />
Innovation<br />
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PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Minimierung der Emissionen von NO x<br />
beim Betrieb von Biogas-BHKW<br />
AdBlue<br />
SCR-Katalysator<br />
Reduktion von<br />
Stickoxiden (NO X )<br />
Oxidationskatalysator<br />
Oxidation von überschüssigem<br />
Ammoniak sowie Formaldehyd<br />
und Kohlenmonoxid<br />
Funktionsweise der<br />
Emissionsminimierung<br />
sowie die am Projekt<br />
beteiligten Partner<br />
N2<br />
NO<br />
AdBlue zerfällt zu Ammoniak<br />
NO2<br />
NH3<br />
QUELLE: TU MÜNCHEN/BÜRO FRÄULIN COMMUNICATION DESIGN<br />
Das kompakte Abgasnachbehandlungssystem von<br />
MAN Engines mit SCR-Mischer (Bildmitte), AdBlue © -<br />
Dosiereinheit und isoliertem SCR-Katalysator.<br />
müssen Erfahrungen gesammelt werden, wie sich das<br />
SCR-System auf den gesamten Motorbetrieb und dessen<br />
Verschleiß auswirkt. All diese Erkenntnisse fließen<br />
außerdem in die Entwicklung betriebswirtschaftlicher<br />
Rechenmodelle ein, um die zu erwartenden Gesamtkosten<br />
für Anlagenbetreiber zu ermitteln.<br />
Im Übrigen hilft das Projekt auch uns vom Fachverband<br />
Biogas einzuschätzen, welche Maßnahmen für<br />
die Anlagenbauer realisierbar und finanzierbar sind,<br />
und ermöglicht es uns, konstruktive Vorschläge in den<br />
Gesetzgebungsprozess einzubringen. Persönlich bin<br />
ich zwar in erster Linie als Anlagenbetreiber an dem<br />
Projekt beteiligt, aber begleite den Feldversuch auch<br />
aus meiner Perspektive als Vertreter des Fachverbandes<br />
Biogas e.V.<br />
Biogas Journal: Können Bestandsanlagen, für die<br />
bei den neuen NOx-Grenzwerten voraussichtlich eine<br />
Übergangsfrist bis 2029 gilt,<br />
ohne weiteres nachgerüstet<br />
werden?<br />
Götz: Zunächst einmal ist es<br />
wichtig und gut, dass es diese<br />
Übergangsfristen geben wird.<br />
Denn klar ist: Ohne SCR-System<br />
wird es nicht mehr möglich<br />
sein, den neuen Grenzwert für<br />
Stickoxide von 0,1 g/m³ einzuhalten.<br />
Aber natürlich nimmt<br />
das SCR-System sehr viel<br />
Platz in Anspruch. Die zusätzlichen<br />
Katalysatoren sowie der<br />
AdBlue © -Tank müssen verbaut<br />
werden. Die Integration in bestehende<br />
Systeme gestaltet<br />
sich oft schwierig, da zum Beispiel<br />
der Abgaswärmetauscher<br />
neu positioniert werden muss.<br />
Für neue Containeranlagen<br />
wird es jedoch Wege zur Nachrüstung<br />
geben. Bei älteren Verbrennungsmotoranlagen,<br />
gerade solchen, die in<br />
beengten Räumlichkeiten<br />
verbaut wurden, werden<br />
große und teure Umbaumaßnahmen<br />
nötig. Viele<br />
Betreiber werden sich<br />
nach dem Ende der Übergangsfrist die Frage stellen,<br />
ob sich eine solche Investition wirtschaftlich lohnt.<br />
Biogas Journal: Ist die Bioenergie trotz immer strengerer<br />
Emissionsgrenzwerte und sinkender garantierter<br />
Einspeisevergütungen noch zukunftsfähig?<br />
Götz: Natürlich bleibt die Bioenergie auch in Zukunft<br />
interessant. Grundsätzlich erkennt ja auch die Politik<br />
die Vorteile, die die Bioenergie bietet, und durch die<br />
erreichte Anschlussregelung im EEG konnte eine Perspektive<br />
geschaffen werden. Wenn wir über die Zukunft<br />
der Bioenergie sprechen, sollten wir uns aber nicht<br />
nur auf die Stromerzeugung konzentrieren. Biogas-<br />
BHKW verstromen nicht nur die Biomasse, sondern<br />
nutzen durch Kraft-Wärme-Kopplung auch die dabei<br />
entstehende Wärme. Größere Objekte wie Schulen oder<br />
Sporthallen können dadurch direkt vor Ort mit Wärme<br />
versorgt werden.<br />
Über Fernwärme heizt man so ganze Wohn- oder Industriegebiete.<br />
Erwähnenswert ist darüber hinaus die<br />
ausgesprochen gute Ökobilanz. Biogasanlagen sind bei<br />
effizientem Betrieb mindestens CO 2<br />
-neutral. So haben<br />
wir beispielsweise für eine Anlage mit einer installierten<br />
elektrischen Gesamtleistung von 3 Megawatt ein<br />
CO 2<br />
-Vermeidungspotenzial von 7.600 Tonnen pro Jahr<br />
errechnet. Ein weiterer Vorteil – gerade im Vergleich<br />
zu anderen regenerativen Energiegewinnungsformen –<br />
ist, dass Biogas in Speichern gelagert werden kann.<br />
Bei Bedarf kann es jederzeit zu marktfähigen Preisen<br />
verstromt werden und somit als „Biobatterie“ zur Versorgungssicherheit<br />
beitragen.<br />
Biogas Journal: Herr Götz, vielen Dank für das<br />
Gespräch!<br />
Interviewer<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
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60
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
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PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Entschwefelung<br />
funktioniert –<br />
Kreislauf noch nicht<br />
Filterpellets für die<br />
Entschwefelung von<br />
Biogas. Oben unbeladene,<br />
unten beladene<br />
Pellets.<br />
Die Biogasbranche durchschritt in der<br />
Vergangenheit eine schmerzhafte Lernkurve,<br />
um die Entschwefelung von Rohbiogas<br />
in den Griff zu bekommen. Heute<br />
ist schwefelfreies Gas ein wichtiger Garant<br />
für den wirtschaftlichen und reibungslosen<br />
BHKW-Betrieb. Doch Vorsicht: Unterschiedliche<br />
Filtersysteme und Filtermaterialien<br />
bedürfen einer fachgerechten,<br />
wohlüberlegten Auswahl. Außerdem ist die<br />
derzeitige Entsorgung der mit Schwefel<br />
beladenen Aktivkohlen kritisch zu beurteilen.<br />
Ein Parforceritt durch die Entschwefelungswelt<br />
Von Dierk Jensen<br />
Eigentlich schade. Denn ohne Schwefelwasserstoff<br />
im Biogas hätten es die Anlagenbetreiber<br />
sicherlich einfacher. Doch ist das<br />
Leben im Allgemeinen und auf einer Biogasanlage<br />
im Besonderen alles andere als ein<br />
Ponyhof. Zumal sich ein laxer Umgang mit Schwefelwasserstoff<br />
und auf Abfall- und Kläranlagen zusätzlich<br />
auch noch leichtflüchtigen Kohlenwasserstoffen<br />
und Siloxanen für jeden Betreiber früher oder später<br />
rächt.<br />
Spätestens wenn die Gasmotoren ernsthaft anfangen<br />
zu husten oder der Abgaswärmetauscher leckt, ist der<br />
Ärger sehr groß. Beispielsweise griffen die Symposien<br />
der IG Biogasmotoren diese Fehler der Vergangenheit<br />
im Detail kritisch auf. Zumal sich heutzutage kaum ein<br />
Biogasanlagenbetreiber noch erlauben kann – allein<br />
schon wegen des drohenden Gewährleistungsverlustes<br />
seitens der Motorenhersteller –, kein genaues Auge auf<br />
eine optimale Rohgasaufbereitung zu werfen.<br />
Dies allerdings in Eigenregie bewältigen zu wollen, ist<br />
sicherlich oft keine gute Idee, ist doch die Rohgasaufbereitung<br />
im Bermudadreieck von Temperatur, Feuchtigkeit<br />
und Restsauerstoff eine Wissenschaft für sich.<br />
Daher besteht kaum Zweifel daran, dass es dafür Fachleute<br />
braucht; sowohl für Planung, Bau und Service als<br />
auch für die Lieferung von Filtermaterialien, ob nun<br />
Aktivkohlen, Eisenhydroxide oder Pellets auf Basis von<br />
Cellulose.<br />
So sind in Deutschland etwas mehr als zwei Dutzend<br />
Anbieter und Firmen in sehr unterschiedlicher Weise<br />
als Produzenten, Händler, Berater, Anlagenbauer und<br />
Dienstleister auf diesem Spezialgebiet unterwegs. Ihre<br />
Auftragslage, so das Feedback der Unternehmen zum<br />
Ende des Jahres, sei durchgehend gut, ja teilweise sogar<br />
sehr gut, weil durch die an vielen Orten realisierte<br />
Flexibilisierung bestehender Biogasanlagen ein Auftragsschub<br />
zu verzeichnen ist.<br />
FOTOS: UGN<br />
Aktivkohle optimal beladen<br />
„Mittlerweile wird eine optimale Beladung der Aktivkohlen<br />
schon sehr ernst genommen“, stellt beispielsweise<br />
Frank Heimann fest. Er ist als Betriebsleiter der<br />
AKS-Heimann seit fast zehn Jahren im Biogasgeschäft<br />
unterwegs und hat sich auf den Tausch von Aktivkohle<br />
spezialisiert. Auf rund 650 Biogasanlagen wechselt das<br />
kleine mittelständische Unternehmen aus dem hessischen<br />
Lahntal inzwischen Filter aus.<br />
„Wenn die Parameter richtig eingestellt sind, dann<br />
holen wir optimal beladene Aktivkohlen ab“, erklärt<br />
Heimann. „Wenn die Gaserwärmung mit zu wenig relativer<br />
Luftfeuchtigkeit stattfindet, dann ist die Beladung<br />
häufig nur unzureichend“, fügt Heimann hinzu. Wenn<br />
in solchen Fällen dann die Aktivkohle aus dem Behälter<br />
genommen wird und auf ihre Außenhaut plötzlich<br />
Sauerstoff aus der Umgebungsluft trifft, dann kann unter<br />
Umständen die Aktivkohle „reaktiviert“ werden: Es<br />
kommt zu einem ungewollten Aufglühen.<br />
62
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
FOTO: ZÜBLIN<br />
Aktivkohlefilter-Anlage<br />
der Firma Züblin<br />
Umwelttechnik.<br />
Dies sei in der Vergangenheit schon hier und da mal<br />
passiert; allerdings „brennt“ die Aktivkohle nicht, wie<br />
landläufig behauptet wird, sie entflammt gar nicht. Was<br />
tatsächlich brennt, sind in der Regel die Verpackungsmaterialien.<br />
„Bei der richtigen Handhabe ist das alles<br />
kein Problem“, gibt denn auch Teamleiter Timo Walter<br />
von der Aprovis Energy Systems GmbH aus Weidenbach<br />
Entwarnung.<br />
Aprovis engagiert sich seit 2007 in der Biogasbranche<br />
als Anbieter von Gaskühlern und Gasaufbereitungsanlagen.<br />
Knapp 600 Anlagen in<br />
Deutschland sind mit Techniken<br />
von Aprovis inzwischen ausgestattet,<br />
weltweit sind es etwa<br />
900. In den mehr als elf Jahren,<br />
in der das Technikunternehmen<br />
im Biogasbereich arbeitet, habe<br />
sich nur ein einziger ihnen bekannter<br />
„Brandfall“ ereignet.<br />
„Wenn die BigBags mit Stickstoff<br />
oder CO 2<br />
begast und innerhalb<br />
von rund zwei Wochen entsorgt werden, passiert<br />
in der Regel nichts“, erklärt Walter. Wenn das nicht<br />
der Fall sein sollte, kann bei Gefahr immer noch die<br />
brennbare Verpackung entfernt oder der BigBag in einem<br />
feuerfesten Behälter aufbewahrt werden.<br />
Beladungsfähigkeit von 50 bis 60 Prozent<br />
Rund 10 bis 15 Prozent teurer sei die Aktivkohle aus<br />
Teterow im Vergleich zu den Produkten, die aus China<br />
importiert werden. „Dafür haben unsere Aktivkohlen<br />
auf der Basis von Holzkohle eine Beladungsfähigkeit<br />
von 50 bis 60 Prozent“, erklärt Robin Masuch, Vertriebsleiter<br />
vom Hersteller AdFis products GmbH. Mit<br />
anderen Worten: 100 Kilogramm Aktivkohle kann bis<br />
zu 60 Kilogramm Schwefel aufnehmen.<br />
Nach Angaben von Masuch verlässt eine Produktionsmenge<br />
von jährlich bis zu 2.000 Tonnen das Werk in<br />
Teterow. Abgesetzt wird sie im In- wie im Ausland. Als<br />
einziger deutscher Hersteller kann die AdFis unabhängig<br />
von den Entwicklungen in Asien ihre dotierte Aktivkohle<br />
anbieten und garantiert damit kurze Lieferzeiten<br />
und Lieferwege. Tatsächlich liegt der Marktanteil der<br />
AdFis in Deutschland bei ungefähr 30 Prozent.<br />
„Wir müssen ernsthaft<br />
über eine alternative<br />
Aktivkohleversorgung<br />
nachdenken“<br />
Thorsten Fricke<br />
63
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Dotierte Aktivkohle –<br />
fertig für den Abtransport<br />
in unterschiedlich<br />
großen Gebinden.<br />
„Die Aktivkohlen müssen<br />
ein bis zwei Jahre Standzeit<br />
gewähren“<br />
Claus Bogenrieder<br />
Dabei steigt die Nachfrage. Nicht zuletzt,<br />
weil die bisher aus China importierten Aktivkohlen<br />
seit Ende 2017 deutlich teurer<br />
geworden sind. Dies liegt vornehmlich daran,<br />
dass die chinesische Zentralregierung<br />
die Umweltauflagen für die Kokereien beziehungsweise<br />
für die gesamte Steinkohlewirtschaft<br />
verschärft hat und im Zuge<br />
dessen einige Produktionsstandorte für<br />
Aktivkohlen kurzerhand ihren Betrieb einstellen<br />
mussten.<br />
Dadurch sei das Angebot knapper geworden<br />
und der Preis gestiegen. Dies bestätigt<br />
auch Thorsten Fricke, Vertriebsingenieur<br />
der CarboTech AC GmbH aus Essen, die<br />
FOTO: HEGO BIOTEC<br />
chinesische Aktivkohlen-<br />
Rohlinge importiert und sie<br />
in Deutschland mit Kaliumjodid<br />
imprägniert. „Wir müssen<br />
ernsthaft über eine alternative<br />
Aktivkohleversorgung<br />
nachdenken“, räumt Fricke<br />
ein. Dabei liefert CarboTech,<br />
deren Hauptgeschäft in der<br />
Belieferung von Filterkohlen<br />
an die Industrie liegt, ihre<br />
Aktivkohlen nicht direkt an<br />
die Biogasanlagenbetreiber,<br />
sondern über diverse Vertriebspartner<br />
und Handelsportale.<br />
Im gleichen Segment der<br />
imprägnierten Aktivkohle<br />
ist neben weiteren Anbietern<br />
auch der Mitwettbewerber<br />
Selecta GmbH<br />
unterwegs, der mit der G.U.T. GmbH eng<br />
zusammenarbeitet. Nach Aussage von<br />
Selecta-Geschäftsführer Alexander Nehrig<br />
beschicke man rund 300 Biogasanlagen<br />
in Deutschland in einem Umfang von etwa<br />
300 Tonnen. Optimal laufe es in Sachen<br />
Gasaufbereitung in der Biogasbranche<br />
nach Einschätzung von Nehrig aber noch<br />
nicht. „Es gibt immer noch viel Potenzial<br />
der Verbesserung“, merkt Nehrig an, „es<br />
ist schon erschreckend, wie viele Filterkonstruktionen<br />
immer noch unterdimensioniert<br />
sind. Wenn ein Filter zu klein ist, leidet<br />
die Beladungsfähigkeit durch zu hohe<br />
Strömungsgeschwindigkeit.“<br />
Kurze Standzeiten sind zumeist die Folge,<br />
was für den Betreiber zusätzliche Kosten<br />
verursacht. Das dies aber nicht nötig sein<br />
muss, darauf verweist auch Claus Bogenrieder<br />
von der Züblin Umwelttechnik GmbH<br />
aus Stuttgart. Die Devise des Vertriebsleiters:<br />
„Wir wollen die beste Aktivkohle für<br />
unsere Filteranlagen.“ Und das ist für ihn<br />
die dotierte Aktivkohle. Die Züblin Umwelttechnik<br />
GmbH betreut rund 250 Biogasanlagen<br />
in Deutschland; sie baut einerseits<br />
Filteranlagen, andererseits leistet sie<br />
zusätzlich Betriebsservice – Kontrolle und<br />
Austausch der Aktivkohlen.<br />
Die baden-württembergische Firma verfügt<br />
deutschlandweit verteilt über sechs Zweigstellen,<br />
die „vernünftige Anfahrtswege“<br />
zur Beschickung mit neuer Aktivkohle ermöglichen.<br />
Darüber hinaus arbeitet Züblin<br />
mit lokal agierenden Entsorgungsunternehmen,<br />
die die Aktivkohlen fachgerecht<br />
entsorgen. „Die Aktivkohlen müssen ein<br />
bis zwei Jahre Standzeit gewähren“, meint<br />
Bogenrieder, vorausgesetzt allerdings,<br />
dass die Schwefelkonzentration im Rohgas<br />
nicht höher als 200 ppm liegt.<br />
„Wenn die Konzentrationen aber dauerhaft<br />
höher als 500 ppm sein sollten, dann<br />
bieten wir den Anlagenbetreibern zwei<br />
unterschiedliche Verfahren an, die als externe<br />
Vorentschwefelung in die Gasleitung<br />
vor der Aktivkohle eingebaut werden können“,<br />
offeriert Bogenrieder. Eines dieser<br />
Verfahren ist eine Entwicklung, die noch<br />
neu auf dem Markt ist. Es handelt sich um<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
der speziell für landwirtschaftliche Anlagen<br />
und Abfallanlagen konzipiert ist. Der<br />
Schwefelwasserstoff wird biologisch abgebaut<br />
und der nachfolgende Aktivkohlefilter<br />
kann mit deutlich verlängerter Standzeit<br />
betrieben werden. Zudem sei man gerade<br />
mit der Entwicklung eines neuen Produktes<br />
der biologischen Entschwefelung beschäftigt,<br />
das in <strong>2019</strong> auf den Markt kommt.<br />
Unterdessen drängt auch die PlanET Biogastechnik<br />
GmbH in das Arbeitsgebiet der<br />
Gasentschwefelung hinein. Der Hersteller<br />
von Biogasanlagen aus Vreden bietet seinen<br />
Kunden standardmäßig sowohl eine<br />
Gastrocknung als auch einen Aktivkohlefilter<br />
an. Zudem haben die Niedersachsen<br />
für die biologische Feinentschwefelung<br />
einen speziellen Pelletfilter entwickelt,<br />
der „eine reibungslose Gasverwertung bei<br />
Gülle- und Mistanlagen abdeckt“. „Letztlich<br />
wollen wir ein funktionierendes Gesamtsystem,<br />
das kostengünstig ist“, sagt<br />
Produktentwickler Andreas Nienhaus, „es<br />
muss in Zukunft noch einfacher, automatisierter<br />
und damit salonfähiger werden“,<br />
fügt er hinzu und verweist auf eine biologische<br />
Neuentwicklung, die in der ersten<br />
Jahreshälfte auf den Markt lanciert werden<br />
soll.<br />
Eisenhydroxid statt Aktivkohle<br />
Dabei muss die Entschwefelung bei Weitem<br />
nicht nur mit Aktivkohlen unternommen<br />
werden. So nutzt die Hego BioTec<br />
GmbH aus Berlin für die externe Entschwefelung<br />
in Biogasanlagen Filtergranulate auf<br />
der Basis von Eisenhydroxid.<br />
Diese Produkte, die in denselben<br />
Filtern wie Aktivkohle<br />
eingesetzt werden können,<br />
sind bei nahezu gleicher Reinigungsleistung<br />
zu günstigeren<br />
Preisen von 20 bis 30<br />
Prozent zu beziehen, erklärt<br />
der Vertriebsleiter Christopher<br />
Otto.<br />
Im Rahmen einer Weiterentwicklung<br />
der seit 20 Jahren<br />
produzierten und von der<br />
HeGo Biotec eingesetzten Gasreinigungsmasse<br />
gelingt es jetzt, auch Biogase mit<br />
einer relativen Feuchtigkeit zwischen 30<br />
und 95 Prozent (nicht kondensierend)<br />
sehr effizient zu entschwefeln. Eine neue<br />
Produktlinie wurde vom weltweit operierenden<br />
mittelständischen Unternehmen in<br />
enger Zusammenarbeit mit der Schaumann<br />
BioEnergy GmbH am Markt etabliert und<br />
fand im zurückliegenden Jahr bereits mehr<br />
als 200 zufriedene Anwender.<br />
FOTO: ADFIS<br />
Produktionsanlage der AdFis GmbH<br />
in Teterow.<br />
Spezial-Pelletsfilter für die<br />
Entschwefelung<br />
Und dann gibt es noch ein anderes Filterprodukt<br />
am Markt. Es sind Spezial-Pellets<br />
der UGN Umwelttechnik aus Gera. „Das ist<br />
eine hausinterne Ingenieurs-Entwicklung,<br />
die wir von A bis Z selbst entworfen haben<br />
und die auf einem chemisch-biologischen<br />
Prozess beruht“, verrät Prokurist Herbert<br />
Zölsmann nicht ohne Stolz. „Wir verwenden<br />
dabei für unsere Pellets vier Stoffe: Reststoffe<br />
aus der Cellulose-Herstellung, Kalk,<br />
Dolomit und Eisenhydrat.“ Mittlerweile ist<br />
das Produkt der UGN auf 60 überwiegend<br />
landwirtschaftlichen Biogasanlagen im<br />
Einsatz. Auch in der Schweiz hat die UGN<br />
mit ihrer umweltfreundlichen Technologie<br />
inzwischen Fuß fassen können. Die Beladbarkeit<br />
der Pellets beziffert der Prokurist<br />
auf 40 bis 60 Prozent, wenngleich das<br />
Volumen im Vergleich zum Gewicht etwas<br />
größer als bei Aktivkohlen ausfällt.<br />
Eines ärgert Zölsmann aber ziemlich. Stellvertretend<br />
für viele. Und das ist die bisher<br />
ungelöste Frage, die die gesamte Branche<br />
betrifft. Denn bislang wird der in den Filteranlagen<br />
separierte Schwefel komplett entsorgt<br />
und geht damit dem landwirtschaftlichen<br />
Kreislauf vollends verloren; so werden<br />
alle mit Schwefel beladenen Filterprodukte<br />
als Abfall deklariert und gelangen am Ende<br />
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65
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
entweder in Zementfabriken oder in Müllverbrennungsanlagen<br />
und deren Schlacken<br />
am Ende auf Sondermülldeponien.<br />
Auch UGN-Pellets oder Eisenhydroxid-Präparate<br />
werden nicht vom Düngemittelrecht<br />
berücksichtigt, sind nicht in der Positivliste<br />
vermerkt. Damit ist jeder Anlagenbetreiber<br />
in Deutschland derzeit verpflichtet, den<br />
Behörden einen Entsorgungsnachweis über<br />
jedweden beladenen Filterstoff zu liefern.<br />
Dabei liegt der durchschnittliche Entsorgungspreis<br />
bei etwa 300 bis 400 Euro.<br />
Schwefelkreislauf wird<br />
unterbrochen<br />
„Dass die Politik diese Abfallschiene fährt,<br />
ist angesichts des Kreislaufgedankens<br />
nicht konsequent zu Ende gedacht, da am<br />
Ende der Schwefel verbrannt wird und das<br />
Spurenelement auf den Äckern fehlt“, kritisiert<br />
Zölsmann. Derzeit gehen dem landwirtschaftlichen<br />
Kreislauf rund 3.000 bis<br />
4.000 Tonnen Schwefel jährlich verloren,<br />
schätzt Toralf Goetze von der Necatec AG,<br />
die jährlich über 1.300 Tonnen Aktivkohle<br />
nachhaltig auf dem deutschen Biogasmarkt<br />
verkauft.<br />
„Ich beschäftige mich seit 15 Jahren mit<br />
diesem Thema“, wirft der Geschäftsführer<br />
der Necatec ein, „aber der Gesetzgeber ist<br />
nicht bereit, die verschiedenen Filterprodukte,<br />
ob nun fossil oder aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen, zu differenzieren,<br />
weil er eine genaue Kontrolle offenbar für<br />
nicht durchsetzbar hält und deshalb lieber<br />
alles pauschal als problematischen Abfall<br />
bewertet.“ Goetze warnt jedoch jeden Biogasanlagenbetreiber,<br />
egal welche Produkte<br />
er einsetzt, die gesetzlichen Auflagen zu<br />
ignorieren. Es drohen Strafzahlungen bis in<br />
Höhe von 70.000 Euro.<br />
Ein Zustand, den viele für dauerhaft wenig<br />
sinnvoll halten. „Weshalb“, so Zölsmann,<br />
„wir mit einer breiten Allianz aus<br />
Dotierte Aktivkohle aus<br />
Holzkohle aus Teterow.<br />
Wissenschaft seitens der Fachhochschule<br />
Nordhausen und der Universität Jena, dem<br />
Forum Biogas und anderen einen Antrag<br />
gestellt haben, unsere UGN-Pellets in die<br />
Positivliste der Düngemittelverordnung<br />
aufzunehmen.“ Ohne Erfolg. Wenngleich<br />
sich Zölsmann nicht beirren lässt und weiterhin<br />
hofft, dass die mit dem wertvollen<br />
Schwefel beladenen Pellets in Zukunft<br />
auf Biogasanlagen, die ihre Gärreste kompostieren,<br />
vielleicht doch noch verwertet<br />
werden können und sich damit der Nährstoffkreislauf<br />
wieder schließen würde. Einen<br />
Teilerfolg hat die UGN zumindest im<br />
Ausland erzielt: In der Schweiz wurde das<br />
mit Schwefel beladene Filtermaterial als<br />
Düngemittel bereits amtlich zugelassen.<br />
Düngerecht erlaubt keine<br />
Ausbringung<br />
Indessen hält Tim Hermann den Bodenschutz<br />
hoch. Zwar hält der Mitarbeiter in<br />
der Abteilung Nachhaltige Produktion,<br />
Ressourcenschonung und Stoffkreisläufe<br />
des Umweltbundesamtes den Kreislaufgedanken<br />
im Zusammenhang mit der Rückführung<br />
des Schwefels auf die landwirtschaftlichen<br />
Flächen für „grundsätzlich<br />
gut“, gibt aber zu bedenken, dass das aktuelle<br />
Düngerecht dies nicht erlaube.<br />
Hermann verweist auf leichtflüchtige<br />
Kohlenwasserstoffe und andere mögliche<br />
Schadstoffe, die neben dem Schwefel aus<br />
dem Rohbiogas herausgefiltert werden und<br />
im Filtermaterial gebunden sind: „Diese<br />
Stoffe haben aber nichts auf dem Acker zu<br />
suchen“. Ebenso wenig wie Jod aus imprägnierter<br />
Aktivkohle oder sonstige Schwermetalle<br />
aus Steinkohlen. „Im Bodenschutz<br />
gilt das Vorsorgeprinzip“, unterstreicht<br />
Hermann. „Eine Aufnahme dieses Filtermaterials<br />
in die Düngemittelverordnung ist<br />
nur denkbar, wenn ein Nutzen als Dünger<br />
und die gleichzeitige Schadlosigkeit für<br />
Boden und Grundwasser eindeutig nachgewiesen<br />
sind“.<br />
Wo er recht hat, hat er recht, ohne Kompromisse.<br />
Allerdings sind Nährstoffkreisläufe<br />
sicherlich ebenso wichtig – vor allem dann,<br />
wenn es um die Erzeugung von Erneuerbaren<br />
Energien geht.<br />
FOTO: HEGO BIOTEC<br />
Filtermaterial der<br />
Firma HeGo Biotec.<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Kleine Ursache – große Wirkung<br />
Ein Schadensfall am Behälter einer Biogasanlage kann fatale Folgen haben. Durch die<br />
anstehende Flüssigkeitssäule treten schnell große Mengen an Gärsubstrat aus. Für eine<br />
Reihe von Fällen in der letzten Zeit ist offenbar eine defekte Manschette des Rührwerks die<br />
Unglücksursache. Betreiber sollten jetzt handeln und das Bauteil genauer betrachten.<br />
Von Thomas Gaul<br />
Anlagenbetreiber sollten die Wanddurchführungen ihrer Rührwerke regelmäßig<br />
kontrollieren und auch regelmäßig Dichtungen austauschen, damit es nicht<br />
zum unkontrollierten Substrataustritt kommt.<br />
FOTO: FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />
So hat sich ein 53-jähriger Betreiber einer<br />
Biogasanlage in Mittelfranken seinen Ostermontag<br />
ganz bestimmt nicht vorgestellt:<br />
Aus einem Loch in der Wand seines Fermenters<br />
treten schwallartig große Mengen<br />
Gärsubstrat hervor. „Das Loch trat an der Manschette<br />
des Rührwerks auf“, sagt der Betreiber: „Ich hatte keine<br />
Chance, es so schnell zu stopfen.“ Da der Substrataustritt<br />
aus dem vollen Behälter nicht gestoppt werden<br />
konnte, rückten acht Landwirte aus der Umgebung mit<br />
ihren Güllefässern und einer Gülleverschlauchung an,<br />
um den Inhalt des Behälters abzupumpen und auf umliegenden<br />
Feldern zu verteilen.<br />
Die Freiwillige Feuerwehr des Ortes war bis 2.00 Uhr<br />
nachts damit beschäftigt, den Substratfluss einzudämmen.<br />
Um den Ort nicht zu fluten, verteilten Landwirte<br />
gemeinsam mit den Einsatzkräften das Substrat auf einer<br />
größeren Fläche. Außerdem errichteten die Helfer<br />
einen Damm neben dem Behälter und hoben auf dem<br />
angrenzenden Acker Auffangbecken aus.<br />
Anfang April kam es auch zu einer Havarie an einem<br />
Gärproduktlager einer Biogasanlage im Landkreis<br />
Mansfeld-Südharz. Wie bei einer Fontäne schoss das<br />
Gärprodukt ins Freie. Feuerwehren und das Technische<br />
Hilfswerk versuchten mit bis zu 160 Einsatzkräften, die<br />
Situation unter Kontrolle zu bringen. Um den Druck aus<br />
dem Behälter zu nehmen, wurde ein Teil des Substrats<br />
in Gülletankanhänger umgepumpt.<br />
Trotzdem strömte eine große Menge Substrat über eine<br />
Wiese in einen angrenzenden Bach, von dort aus in<br />
einen kleinen Fluss bis hin zu einer Talsperre. Selbst<br />
mit schnellbindendem Spezialbeton konnte das Leck<br />
nicht vollständig verschlossen werden. Eine Fachfirma<br />
hatte versucht, mit einem Pfropfen aus 8 Kubikmeter<br />
Spezialbeton das Leck in der Wand des Behälters zu<br />
verschließen. Dadurch versiegte der Substrat-Strom<br />
etwas, sodass sich die Flüssigkeit nur noch auf dem<br />
Gelände der Biogasanlage sammelte.<br />
Leider blieb es nicht bei den beiden Fällen. Bei Neuruppin<br />
trat Gärprodukt aus. Aus einem benachbarten<br />
Graben musste daraufhin Wasser abgepumpt und Erde<br />
abtransportiert werden. Auch im südwestlichen Niedersachsen<br />
trat bei einem Schadensfall Gärsubstrat aus.<br />
Sie gelangte in einen angrenzenden Bach und verursachte<br />
dort ein Fischsterben.<br />
68
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Eine solche Umweltbeeinträchtigung konnte<br />
im Landkreis Mansfeld-Südharz noch<br />
verhindert werden, weil Bäche und Flüsse<br />
zu dem Zeitpunkt Hochwasser führten und<br />
das Gärsubstrat so relativ schnell verdünnt<br />
werden konnte. Gelangt Gärsubstrat in ein<br />
Kleingewässer, sinken die Sauerstoffwerte<br />
schnell, was für die empfindlichen Lebewesen<br />
im Gewässer tödlich endet. Mit dem<br />
Abbau der organischen Substanz werden<br />
nicht nur große Mengen Sauerstoff verbraucht,<br />
sondern es entstehen auch die für<br />
Fische und Kleinlebewesen hochgiftigen<br />
Substanzen Nitrit und Ammonium. Nach<br />
Ansicht von Fischereiexperten ersticken<br />
aber die Fische, bevor sie sich vergiften.<br />
Ursache in allen Fällen war eine Undichtigkeit<br />
an der Gummimanschette bei der<br />
Durchführung des Rührwerks in den Behälter.<br />
Diese beweglichen Stabmixer wurden<br />
von verschiedenen Firmen in Fermenter<br />
und Nachgärer unterhalb des Flüssigkeitsspiegels<br />
eingebaut. „Betroffen sind insbesondere<br />
Fabrikate, bei denen es nur eine<br />
Membran gibt“, sagt Josef Ziegler, Sprecher<br />
des AK Sicherheit im Fachverband<br />
Biogas e.V. „Eine zweite Manschette gibt<br />
mehr Sicherheit.“<br />
Bauteil nicht unbeachtet lassen<br />
Problematisch ist sicherlich, dass die Betreiber<br />
diesem Bauteil keine besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt und die Wartung<br />
vernachlässigt haben. „Ein solches<br />
Bauteil unterliegt dem Verschleiß“, so<br />
Ziegler: „Durch die Alterung und den Einfluss<br />
der UV-Strahlung wird das Material<br />
spröde.“ Undichtigkeiten können dann<br />
die Folge sein. Durch den Druck aus dem<br />
Behälterinneren kündigt sich die Materialermüdung<br />
aber nicht frühzeitig an. Denn<br />
kommt es erst einmal zu einem Riss im<br />
Gummi, treten wie in den beschriebenen<br />
Unglücksfällen auch gleich große Mengen<br />
Flüssigkeit aus.<br />
Was sollten Betreiber nun tun? Bei den<br />
ohnehin erforderlichen Kontrollen gilt es,<br />
den Zustand der Manschette im Blick zu<br />
haben. Bei Anlagen, die der Störfallverordnung<br />
unterliegen, ist auch die Gewerbeaufsicht<br />
für die Kontrolle zuständig. Werden<br />
Mängel festgestellt, muss der Betreiber sie<br />
umgehend beseitigen. Bei der Havarie im<br />
Landkreis Mansfeld-Südharz konnte die<br />
zuständige Staatsanwaltschaft Halle „kein<br />
fahrlässiges Verhalten des Anlagenbetreibers<br />
feststellen“.<br />
Zunächst war ermittelt worden, ob die Bodenverunreinigung<br />
als Straftat zu bewerten<br />
sei. Wie die Untersuchungen ergaben, war<br />
es aber ein technischer Mangel, der zum<br />
Austritt des Gärsubstrates geführt hat.<br />
„Der Riss einer Gummimanschette ist ein<br />
technischer Defekt, der passieren kann.<br />
Es ist keine Aufsichts- oder Kontrollpflicht<br />
verletzt worden“, sagte der Staatsanwalt<br />
gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“.<br />
Doch auch ohne strafrechtliche Konsequenzen<br />
sollten Betreiber das Thema ernst<br />
nehmen. „Am besten wäre ein regelmäßiger<br />
Austausch“, so Josef Ziegler. Im täglichen<br />
Betrieb können der Betreiber oder das Personal<br />
auf der Anlage etwas für eine längere<br />
Lebensdauer tun. „Wichtig ist es, bei einer<br />
Änderung der Laufrichtung des Rührwerks<br />
und einer Verstellung das Gummi nicht<br />
einzuquetschen“, rät Michael Sontheimer,<br />
Fachberater beim Rührwerkshersteller<br />
Suma. Auch die Gummipflege mit einem<br />
Fettstift wie bei Gummidichtungen im Auto<br />
oder im Haushalt könnte die Lebensdauer<br />
des Bauteils verlängern, bestätigten die befragten<br />
Experten.<br />
Rundschreiben: Fachverband<br />
macht auf Problematik<br />
aufmerksam<br />
In einem Betreiberrundschreiben vom<br />
3. Mai 2018 hat der Fachverband Biogas<br />
e.V. seine Mitglieder noch einmal auf die<br />
notwendige regelmäßige Instandhaltung<br />
von Biogasanlagen hingewiesen. Denn sowohl<br />
nach der für Biogasanlagen geltenden<br />
Betriebssicherheitsverordnung als auch der<br />
TRGS 529 und der Verordnung über Anlagen<br />
zum Umgang mit wassergefährdenden<br />
Stoffen (AwSV) hat der Anlagenbetreiber<br />
dafür zu sorgen, dass die Instandhaltung<br />
planmäßig nach dem Stand der Technik zu<br />
erfolgen hat.<br />
Maßgeblich für die Wartungsintervalle und<br />
durchzuführenden Maßnahmen sind die<br />
Angaben des Herstellers, wie sie aus der<br />
Betriebsanleitung hervorgehen. Die Firmen<br />
müssen ihrerseits die Betriebsanleitungen<br />
auf den aktuellen Stand der Technik bringen<br />
und ihre Kunden aktiv auf die Änderungen<br />
hinweisen. Aber auch wenn eine<br />
aktuelle Bedienungs- oder Betriebsanleitung<br />
vorliegt, ist der Betreiber nicht von der<br />
Pflicht entbunden, eine Betriebsanweisung<br />
zu erstellen. Dieses Dokument muss bei<br />
Schadenssfällen im Beweissicherungsverfahren<br />
vorgelegt werden.<br />
Rund 50 Rührwerke des Typs „Fermix“<br />
wurden allein von der Firma Schmack in<br />
ihre Biogasanlagen eingebaut. Im Zeitraum<br />
vom Jahr 2009 an wurden die Rührwerke<br />
in Gärproduktlagern eingebaut. Für die von<br />
der Firma Schmack verkauften „Fermix“-<br />
Rührwerke bietet das Unternehmen nun<br />
ein Reparaturset zum Nachrüsten an, das<br />
etwa 500 Euro kostet. Dabei handelt es<br />
sich um einen massiveren Gummikompensator,<br />
der im Austausch gegen den alten<br />
eingebaut wird. Die betroffenen Kunden<br />
wurden durch ein Rundschreiben informiert,<br />
das auch dem Fachverband Biogas<br />
e.V. zur Verfügung gestellt wurde. Daneben<br />
gibt es noch ein „Notfallset“, das bei akuter<br />
Gefahr – also wenn die Versprödung bereits<br />
sichtbar wurde, als Schelle verbaut werden<br />
kann.<br />
Dieses Notfallset könnten sich einzelne<br />
Anlagenbetreiber in den Regionen vorsorglich<br />
in das Ersatzteillager legen, sodass<br />
im Havariefall schnelle Hilfe geleistet<br />
werden kann. Darüber hinaus gibt es auf<br />
Notfall-Management und Schadensfälle<br />
spezialisierte Dienstleister, die im Fall<br />
einer Leckage mit geeigneter Ausrüstung<br />
die örtliche Feuerwehr unterstützen können.<br />
Wichtig ist aber auch, dass – wo noch<br />
nicht geschehen – die Biogasanlagen mit<br />
einer Umwallung ausgestattet werden. Mit<br />
einem solchen Auffangbecken auf dem<br />
Gelände der Biogasanlage wird zumindest<br />
kein Kubikmeter mehr das Grundstück verlassen.<br />
Autor<br />
Thomas Gaul<br />
Freier Journalist<br />
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Faltblatt<br />
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Biogas to go<br />
Der Fachverband Biogas e.V. ist mit über<br />
4.700 Mitgliedern die größte deutsche und<br />
europäische Interessenvertretung der<br />
Biogas-Branche.<br />
Ziel der Verbandsarbeit ist es, die Biogaserzeugung<br />
und -nutzung für die bundesweite<br />
Strom-, Wärme- und Kraftstoffversorgung zu<br />
erhalten und auszubauen<br />
Handliche Fakten zur<br />
Biogasnutzung<br />
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Fachverband Biogas e.V.<br />
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Wissen_to go<br />
BIOGAS<br />
Artenvielfalt<br />
mit Biogas<br />
Handliche Fakten<br />
zur Biogasnutzung<br />
Biogas ist bunt ...<br />
Biogas entsteht durch die Vergärung biogener Stoffe in einem luftdicht abgeschlossenen<br />
Behälter, dem sogenannten Fermenter. Vergoren werden kann fast alles,<br />
was biologischen Ursprungs ist: Gülle und Mist, Bioabfälle - oder Energiepflanzen.<br />
Letztere werden von den Landwirten extra angebaut. Ende 2017 wuchsen auf gut<br />
1,4 Millionen Hektar Energiepflanzen für den Einsatz<br />
in Biogasanlagen. Das sind rund acht Prozent<br />
der landwirtschaftlichen Nutzfläche.<br />
Fast jede Pflanze eignet sich für die Vergärung:<br />
bunte Wildblumen, weiß blühender Buchweizen<br />
oder die gelb blühende Durchwachsene Silphie.<br />
Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem Gas- und<br />
damit Stromertrag. Aus einem Hektar Mais können<br />
ca. 21.000 Kilowattstunden Strom erzeugt<br />
werden. Bei der bunten Alternative Wildpflanzen<br />
liegt der Energieertrag etwa bei der Hälfte.<br />
Zahlreiche Institute und Hochschulen, aber auch<br />
viele Landwirte testen die verschiedensten Pflanzen<br />
auf ihre Biogastauglichkeit. In den letzten<br />
Jahren konnten dabei große Fortschritte erzielt<br />
werden und die Palette der potenziellen Energiepflanzen<br />
wächst kontinuierlich.<br />
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Erneuerbare Energien<br />
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neu<br />
72
Um die Erderhitzung zu stoppen müssen wir auf Erneuerbare Energien umsteigen.<br />
Sonne und Wind stehen uns unbegrenzt und kostenlos zur<br />
Verfügung. Aber nicht immer. Deshalb brauchen wir zusätzliche regenerative<br />
Quellen, die verlässlich zur Verfügung stehen. So wie Biogas.<br />
Das in den Fermentern bei der Vergärung von Gülle, Bioabfall und<br />
Energiepflanzen entstehende Gas kann gespeichert und je nach Bedarf<br />
kurzfristig in Strom und Wärme umgewandelt werden. So wird der<br />
Wind- und Solarstrom genutzt, wenn er entsteht - und Biogas springt ein,<br />
sobald Sonne und Wind eine Pause machen.<br />
Die Biogasanlage Biogas GmbH hat zwei Blockheizkraftwerke (BHKW) mit<br />
einer Leistung von je 250 kW. Darin wird aus Biogas Strom und Wärme<br />
erzeugt.<br />
Die Kraftwerke werden von den Stadtwerken XY ferngesteuert. Je nach<br />
Strombedarf können sie an- oder abgeschaltet werden. Wenn das<br />
Stromnetz voll ist, wird das Biogas in der Kuppel des Fermenters<br />
gespeichert. Und wenn Strombedarf besteht, können die BHKWs<br />
innerhalb weniger Sekunden ihre maximale Leistung von 500 kW abrufen.<br />
Biogasanlage Biogas GmbH<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse,<br />
z.B. biologische Abfälle, nachwachsende Rohstoffe und Gülle,<br />
zu Biogas und Gärprodukten um.<br />
Das erzeugte Biogas wird in der Gashaube aufgefangen<br />
und von hier über Gasleitungen zum<br />
Blockheizkraftwerk (BHKW) transportiert.<br />
Im BHKW wird aus dem Biogas<br />
Strom und Wärme erzeugt.<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />
2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs- oder<br />
Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />
Biomasse oder Reststoffe<br />
3 Einbring- / Pumptechnik transportiert<br />
die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Gasspeicher zur kurz- und mittelfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur Entschwefelung<br />
und Entwässerung<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
Sicherheitsventile<br />
10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom- und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungs technik für die<br />
Um wandlung von Biogas zu Biomethan<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />
Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest-/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />
Pelletierung etc.)<br />
FV Schild - so funktioniert eine Anlage A0 quer.indd 1 16.06.16 11:00<br />
Planeten.<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />
nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />
wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />
(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />
Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />
1<br />
2<br />
6<br />
9<br />
3<br />
5 4<br />
3<br />
12<br />
8<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />
2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs oder<br />
Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />
Biomasse oder Reststoffe<br />
3 Einbring / Pumptechnik transportiert<br />
die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Gasspeicher zur kurz und mittelfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur<br />
Entschwefelung und Entwässerung<br />
Strom<br />
Wärme<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
Sicherheitsventile<br />
10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />
Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />
Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />
Pelletierung etc.)<br />
Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />
8<br />
7<br />
5<br />
8<br />
11<br />
Erdgasnetz<br />
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1<br />
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5 4<br />
3<br />
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8<br />
1 Lager für die zu vergärende Bioma se<br />
(Silo, Annahmeste le, Gü legrube)<br />
2 gf. Aufbereitung, Sortierungs oder<br />
Reinigung systeme für die zu ver<br />
3 Einbring / Pumptechnik transportiert<br />
die Bioma se in die Fermenter bzw.<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Bio<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Ga speicher zur kurz und mi telfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur<br />
Entschwefelung und Entwä serung<br />
gärende Biomasse oder Reststo fe<br />
aus diesen heraus<br />
ma se<br />
6<br />
Wärme<br />
8<br />
7<br />
5<br />
8<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte ( gf. mit entsprechen<br />
methan<br />
der Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest/Flü sigtrennung, Trocknung,<br />
Pelletierung etc.)<br />
1<br />
Strom<br />
10<br />
www.biogas.org<br />
Erdgasnetz<br />
1<br />
2<br />
9<br />
3<br />
5 4<br />
3<br />
12<br />
8<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmeste le, Gü legrube)<br />
2 gf. Aufbereitung, Sortierungs oder<br />
Reinigung systeme für die zu vergärende<br />
Bioma se oder Reststo fe<br />
3 Einbring / Pumptechnik transportiert<br />
die Bioma se in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Bioma<br />
se<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Ga speicher zur kurz und mi telfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigung systeme zur<br />
Entschwefelung und Entwä serung<br />
6<br />
8<br />
7<br />
5<br />
8<br />
Wärme<br />
Strom<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
Sicherheitsventile<br />
10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />
Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte ( gf. mit entsprechender<br />
Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />
Pelletierung etc.)<br />
1<br />
10<br />
Erdgasnetz<br />
Fast jede Pflanze kann in Biogasanlagen vergoren und zu Strom<br />
und Wärme umgewandelt werden – auch jene, die in der Lebensund<br />
Futtermittelproduktion keine Verwendung finden.<br />
Das bei der Energieerzeugung freigesetzte CO 2 entspricht in etwa<br />
der Menge, die die Pflanzen während Ihres Wachstums gebunden<br />
haben.<br />
Durchwachsene Silphie<br />
Franken-Therme Bad Windsheim<br />
Biogasanlage Bad Windsheim<br />
Regionale Biogasanlage<br />
Biogas trägt dazu bei, dass unsere Felder bunter und artenreicher<br />
werden. Blühende Pflanzen sehen nicht nur schön aus, sie bieten<br />
vor allem Lebensraum für Insekten und Wildtiere und verbessern<br />
die Bodengesundheit.<br />
Die Pflanzen benötigen in der Regel keine Pflanzenschutzmittel,<br />
schonen die Umwelt und schützen den Boden vor Auswaschung.<br />
Wildpflanzenmischung<br />
Wärmeabnehmer Freibad<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />
nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />
wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />
(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />
Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />
1<br />
2<br />
9<br />
3<br />
5 4<br />
3<br />
12<br />
8<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />
2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs oder<br />
Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />
Biomasse oder Reststoffe<br />
3 Einbring / Pumptechnik transportiert<br />
die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Gasspeicher zur kurz und mittelfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur<br />
Entschwefelung und Entwässerung<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />
nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />
wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />
(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />
Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />
1<br />
2<br />
9<br />
3<br />
5 4<br />
3<br />
12<br />
8<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />
2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs- oder<br />
Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />
Biomasse oder Reststoffe<br />
3 Einbring- / Pumptechnik transportiert<br />
die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Gasspeicher zur kurz- und mittelfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur<br />
Entschwefelung und Entwässerung<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Biomasse, z.B. biologische Abfälle,<br />
nachwachsende Rohstoffe und Gülle, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />
wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />
(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />
Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfasst folgende Komponenten:<br />
1<br />
2<br />
9<br />
3<br />
5 4<br />
3<br />
12<br />
8<br />
1 Lager für die zu vergärende Biomasse<br />
(Silo, Annahmestelle, Güllegrube)<br />
2 ggf. Aufbereitung, Sortierungs oder<br />
Reinigungssysteme für die zu vergärende<br />
Biomasse oder Reststoffe<br />
3 Einbring / Pumptechnik transportiert<br />
die Biomasse in die Fermenter bzw.<br />
aus diesen heraus<br />
4 Rührwerke vermischen die Bakterien<br />
im Fermenter mit der frischen Biomasse<br />
5 Heizung – die übliche Gärtemperatur<br />
liegt bei 40 °C<br />
6 Gasspeicher zur kurz und mittelfristigen<br />
Speicherung des Biogases<br />
7 Gasreinigungssysteme zur<br />
Entschwefelung und Entwässerung<br />
6<br />
6<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
Sicherheitsventile<br />
10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />
Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />
Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />
Pelletierung etc.)<br />
8<br />
7<br />
5<br />
8<br />
Wärme<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
Sicherheitsventile<br />
10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom- und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />
Umwandlung von Biogas zu Biomethan<br />
12 Lagerbehälter für die ausgefaulten<br />
Gärprodukte (ggf. mit entsprechender<br />
Technik zur Weiterverarbeitung<br />
(Fest-/Flüssigtrennung, Trocknung,<br />
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6<br />
8<br />
7<br />
5<br />
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Wärme<br />
8<br />
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Wärme<br />
11<br />
Strom<br />
11<br />
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Strom<br />
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und Biogasleitungen<br />
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10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom und Wärmeproduktion<br />
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Biogasanlagen leisten einen wichtigen Beitrag auf unserem Weg in eine<br />
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Die Biogasanlage Biogas GmbH erzeugt im Jahr 300.000 Kilowa tstunden<br />
Strom. Das entspricht dem Verbrauch von 100 durchschnittlichen<br />
Haushalten.<br />
Die bei der Stromerzeugung anfallende Wärme wird im Sta l und im<br />
Wohnhaus eingesetzt und außerdem zur Holztrocknung genutzt. In der<br />
Summe spart diese Biogasanlage 450 Tonnen CO 2 ein, die beim Einsatz<br />
fossiler Energieträger wie Kohle und Öl freigesetzt worden wären.<br />
Das entspricht 380 Flügen von München nach New York und zurück.<br />
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So funktioniert eine Biogasanlage<br />
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Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Bioma se, z.B. biologische Abfä le,<br />
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Seit dem Jahr 2009 erzeugt die Biogasanlage Biogas GmbH Strom für 700<br />
Haushalte und versorgt außerdem 26 Privathaushalte, die Schule, das<br />
Altenheim und das Rathaus mit umweltfreundlicher Wärme. Die Substrate<br />
für die Energieerzeugung bezieht die Biogasanlage vo lständig von<br />
Landwirten aus der Umgebung. Das nach der Vergärung entstehende<br />
Gärprodukt geht als hochwertiger Dünger zurück auf die Felder.<br />
Die Kilowa tstunde Biogaswärme kostet die Haushalte im Schni t zwei Cent weniger<br />
als die Wärme aus Heizöl.<br />
Durch das bei den Heizkosten gesparte Geld konnte Neustadt neue Sportgeräte für<br />
die Schule kaufen und den Gemeinschaftsraum im Altenheim renovieren.<br />
Der Bau der Anlagenteile, die Wartung und Erweiterung der Biogasanlage generiert<br />
weitere Jobs bei Handwerksbetrieben in der Umgebung.<br />
Vom Anbau vielfältiger Energiepflanzen profitieren die Bienen und mit ihnen die<br />
Imker in der Region.<br />
So funktioniert eine Biogasanlage<br />
Die im Fermenter befindlichen Bakterien wandeln die Bioma se, z.B. biologische Abfä le,<br />
nachwachsende Rohsto fe und Gü le, zu Biogas und Gärprodukten um. Das erzeugte Biogas<br />
wird in der Gashaube aufgefangen und von hier über Gasleitungen zum Blockheizkraftwerk<br />
(BHKW) transportiert. Im BHKW wird aus dem Biogas Strom und Wärme erzeugt.<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Systeme,<br />
Techniken und Funktionsweisen. Der übliche Aufbau umfa st folgende Komponenten:<br />
8 Pumpleitungen für Gärsubstrate<br />
und Biogasleitungen<br />
9 Sicherheitstechnik: Drucksicherungen,<br />
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10 Blockheizkraftwerk für die gleichzeitige<br />
Strom und Wärmeproduktion<br />
11 ggf. Aufbereitungstechnik für die<br />
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Franken-Therme Bad Winsheim<br />
Biogas Wärme<br />
Die Franken-Therme ist an das Fernwärmenetz der Stadtwerke Bad<br />
Windsheim angeschlossen. 30 Prozent des Wärmeangebotes der Stadtwerke<br />
werden von der Biogasanlage der Bio-Energie Bad Windsheim<br />
erzeugt.<br />
Als Kunde der Stadtwerke profitiert die Franken-Therme direkt von der<br />
umwelt- und klimafreundlichen Wärmegewinnung aus Biogas. So<br />
werden die Thermal-Badelandschaft, das Dampferlebnisbad und die<br />
Sauna zu rund einem Drittel mit Biogaswärme beheizt.<br />
Vorteile<br />
– Die Biogaswärme wird in einer Biogasanlage in Bad Windsheim erzeugt:<br />
Dies stärkt die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten und fördert<br />
die Wirtschaftskraft in der Region.<br />
– Durch die umweltfreundliche Biogaswärme werden pro Jahr rund<br />
300.000 Liter Heizöl eingespart und damit knapp 800 Tonnen<br />
Kohlendioxid (CO 2 ) weniger ausgestoßen.<br />
– Neben der Wärme erzeugt die Biogasanlage der Bio-Energie<br />
Bad Windsheim jährlich Strom für mehr als 1.200 Haushalte.<br />
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Biogasanlage Bad Windsheim<br />
Die Fakten …<br />
Leistung der Anlage<br />
400 kW el<br />
Mit Strom versorgte Haushalte 800<br />
Wärmebereitstellung<br />
Schwimmbad und Wärmenetz<br />
Eingesetzte Substrate Gülle, Mist,<br />
Landschaftspflegematerial,<br />
Maissilage, Grassilage<br />
Besonderheit an der Anlage<br />
Gärpoduktaufbereitung (Herstellung eines hochwertigen Düngers)<br />
… sprechen für sich!<br />
Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />
Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />
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Die deutschen Biogasanlagen erzeugen schon heute<br />
Strom für Millionen Haushalte<br />
Biogasanlagen reduzieren den CO 2 -Ausstoß<br />
und produzieren nahezu klimaneutral Strom und Wärme<br />
Biogas-Strom stabilisiert das Stromnetz<br />
und sichert eine gleichmäßige Versorgung<br />
Biogasanlagen<br />
sichern vielen Landwirten die Existenz<br />
In Biogasanlagen vergorene Gülle stinkt nicht und ist<br />
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8<br />
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3<br />
Erdgasnetz<br />
5 4<br />
5<br />
10<br />
8<br />
3<br />
12<br />
8<br />
Strom<br />
Bei der Ausgestaltung von Biogasanlagen<br />
gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher<br />
Systeme, Techniken und<br />
Funktionsweisen. Der übliche Aufbau<br />
umfasst folgende Komponenten:<br />
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Biogaswärme wird in einer nahe gelegenen Biogasanlage erzeugt. Dies stärkt die<br />
im Blockheizkraftwerk in Strom umgewandelt. Die dabei frei werdende der Region.<br />
Wärme sichert die lokale Versorgung und dient als Heizenergie in:<br />
Viele Dörfer und Kommunen setzen auf Biogas, um eine autarke Energieversorgung<br />
• öffentlichen Einrichtungen, z.B. Schwimmbädern, Schulen, Turnhallen vor Ort anzubieten.<br />
• Wohngebieten und Bioenergie-Dörfern<br />
Mit Biogaswärme können die jährlichen Kosten für Wärmeenergie deutlich gesenkt<br />
• Ställen und Gewächshäusern<br />
und langfristig stabil gehalten werden.<br />
• Unternehmen, z.B. Gärtnereien, Gastronomie, Industrie<br />
Durch die umweltfreundliche Biogaswärme wird Heizöl bzw. Erdgas eingespart und<br />
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73
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Seit 2010 betreibt die Familie<br />
Abele die Biogasanlage. Nun<br />
wollen sie das Wärmenetz so<br />
weit ausbauen, dass im Alter<br />
das Einkommen weiterhin<br />
gesichert ist.<br />
Grüne Wärme für das Alter<br />
FOTOS: MARTINA BRÄSEL<br />
Auf der Ostalb in Baden-Württemberg, inmitten des Städtedreiecks Dinkelsbühl, Ellwangen<br />
und Nördlingen gelegen, erstreckt sich Tannhausen. In der idyllischen Gemeinde lebt und<br />
arbeitet die Familie Abele. Unter dem Namen Bioenergie und Service Abele GbR betreibt<br />
die Familie eine Biogasanlage (BGA) und ein Wärmenetz mit interessanten Besonderheiten.<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Anton Abele nennt die erste Besonderheit:<br />
„Wir sind wohl die einzige Biogasanlage in<br />
ganz Deutschland, die einen Zug mit Wärme<br />
versorgt“, sagt er lachend. Seit 2010<br />
betreibt die Familie die Biogasanlage<br />
(BGA), die von Anton Abele gemeinsam mit Schwiegervater<br />
Alois Bosch gebaut wurde. Dieser hat die Anteile<br />
jüngst seiner Tochter Katja<br />
überschrieben. Die Diplom-<br />
Agraringenieurin kümmert<br />
sich betrieblich vor allem<br />
um die Buchhaltung.<br />
„Gestartet sind wir mit 370<br />
kW“, erinnert sich Anton<br />
Abele. Mit der anfallenden<br />
Wärme wurden damals<br />
Stallungen und Fermenter<br />
beheizt. Ein Jahr später<br />
erweiterte der Energiewirt<br />
Mit seiner Biogasanlage, die seit 2009 störungsfrei<br />
läuft, ist Abele sehr zufrieden. Der Fermenter (links)<br />
fasst 1.800 m³ und hat ein integriertes Gasdach.<br />
Gleich daneben steht der Nachgärer mit 2.200 m³.<br />
die BGA durch ein Satellit-<br />
Blockheizkraftwerk mit<br />
205 kW. In diesem Jahr<br />
wurde auch der erste Bauabschnitt<br />
des Wärmenetzes von 1,4 Kilometern Länge<br />
für 14 Abnehmer gebaut. „Wir schlossen damals unsere<br />
Nachbarn und zehn Gewerbetriebe an“, erinnert sich<br />
der Betriebsleiter. Mit dabei waren unter anderem ein<br />
Autohaus, ein Steinmetz und ein öffentliches Gebäude<br />
(Turnhalle). Von den erzeugten rund 2 Millionen (Mio.)<br />
Kilowattstunden (kWh) Wärmeenergie wurden zu dieser<br />
Zeit bereits rund 70 Prozent ins Netz eingespeist.<br />
Wärme für den Zug<br />
Ein Wärmekunde der ersten Stunde ist auch Gerhard<br />
Goldammer, der eine Art „Erlebnis-Gärtnerei“ betreibt.<br />
Allein die Gewächshausfläche des Gartenbaubetriebes<br />
umfasst 8.500 Quadratmeter. Im dazugehörigen großen<br />
Garten steht ein Zug mit drei Waggons, den Goldhammer<br />
in ein Café umgewandelt hat. Drinnen und<br />
draußen können die Gäste leckeren selbstgemachten<br />
Kuchen genießen. „Der Blumenladen und der Zug sind<br />
vollständig an das Wärmenetz angeschlossen, die Gewächshäuser<br />
nur teilweise“, erklärt der Gärtnereibesitzer,<br />
den „Rest“ würde er mit Propangas beheizen.<br />
Bei seiner Entscheidung für die Biowärme stand für<br />
Goldammer die Kosteneinsparung im Vordergrund.<br />
74
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
Er will aber auch Erneuerbare Energien unterstützen<br />
und findet „es gut, wenn Gülle als Substrat verwendet<br />
wird“. „Momentan verkaufen wir 5,2 Mio. kWh Strom<br />
und 3,7 Mio. kWh Wärme“, merkt Abele an. Würde für<br />
die Stromerzeugung Heizöl verwendet, würden etwa<br />
500.000 Liter benötigt. Das bedeutet allein in diesem<br />
Bereich eine CO 2<br />
-Einsparung von etwa 1,5 Mio. Kilogramm<br />
im Jahr. „Zudem verwerten wir rund 40 Prozent<br />
Schweinegülle“, bestätigt Abele. Die benötigten 7.000<br />
m³ liefere der eigene Betrieb fast vollständig. 1986<br />
habe Schwiegervater Alois Bosch den landwirtschaftlichen<br />
Betrieb von seinen Eltern übernommen und sich<br />
später auf Schweinezucht spezialisiert. „Es gibt 340<br />
Muttersauen und 1.500 Aufzuchtplätze“, fügt Katja<br />
Abele hinzu. Für diese Sparte sei die Alois Bosch &<br />
Partner GbR gegründet worden. Die GbR beschäftige<br />
sich ausschließlich mit der Ferkel- und Jungsauenaufzucht<br />
und werde von ihrer Schwester Judith Bosch<br />
geleitet. Das restliche Substrat, rund 40 Prozent Mais<br />
sowie etwa 15 Prozent Grassilage und GPS werden für<br />
die Biogasproduktion angebaut. Der Großteil ist aus eigener<br />
Erzeugung, der Rest wird von Landwirten aus der<br />
Umgebung zugekauft.<br />
Allein die Gewächshausfläche des Gartenbaubetriebs umfasst 8.500 m². Wärmebedarf ist vor<br />
allem in den frühen Morgenstunden vorhanden. Da bei einer Unterversorgung der wirtschaftliche<br />
Schaden groß ist, bietet der neue Wärmespeicher nun genügend Puffer für den Spitzenbereich.<br />
Früh flexibilisiert<br />
„Flexibilität ist die große Stärke von Biogasanlagen.<br />
Das sollten wir auch zeigen“, sagt Abele, deshalb stieg<br />
die Familie bereits 2012 in die Direktvermarktung ein:<br />
„Damals gehörte ich zu den ersten Mitgliedern des<br />
Pools Bayerisch-Schwaben Nord“, erinnert sich Abele.<br />
Mittlerweile sei er mit über 300 Mitgliedern wohl<br />
der größte Pool in Deutschland. Bereits ein Jahr später<br />
rüstete er die Anlage für die bedarfsgerechte Stromerzeugung<br />
auf. „Wir sind vorsichtig gestartet, gleich<br />
doppelt zu überbauen, wäre im Nachhinein sinnvoller<br />
gewesen“, resümiert der Energiewirt.<br />
Zunächst erweiterte er die Blockheizkraftwerke. So<br />
wurde der 205-kW-Satellit durch einen 400-kW-Motor<br />
ersetzt und die Leistung der Biogasanlage auf 390 kW<br />
erhöht. Etwas später baute er die 205 kW zur Biogasanlage<br />
hinzu. Um das Volumen für die Gasspeicherung zu<br />
erhöhen, überdachte er das Gärdüngerlager mit einem<br />
Foliendach. Auch ein weiteres Wärmenetz mit einer<br />
Länge von einem Kilometer entstand. Es versorgt seit<br />
dieser Zeit neun Betriebe im Tannhauser Gewerbegebiet.<br />
Unter anderem kamen ein Busunternehmer, ein<br />
Autohaus mit Waschstraße und die Firma Lipp hinzu.<br />
Im Jahr 2017 installierte er ein weiteres BHKW mit<br />
360 kW und überarbeitete das Wärmekonzept des Satelliten.<br />
Heute liegt die installierte Leistung bei 1.355<br />
kW, die Bemessungsleistung umfasst 630 kW. Die<br />
Motoren laufen saisonal, also in den Wintermonaten<br />
deutlich mehr. Von der erzeugten Wärme werden noch<br />
immer rund 70 Prozent ins Netz eingespeist. Das Unternehmen<br />
nimmt am Regelenergiemarkt zur bedarfsgerechten<br />
Stromerzeugung teil. Das heißt, die Anlage<br />
fährt nach Fahrplan, es wird Sekundärreserve bereitgestellt<br />
und ein BHKW läuft in der Primärregelenergie.<br />
„Da wir vier Blockheizkraftwerke haben, können wir<br />
sie problemlos steuern“, erklärt der Energiewirt. Meist<br />
würden aber zwei Motoren im Dauerbetrieb laufen und<br />
die beiden anderen die besten Stunden abfahren. „Die<br />
Motoren schaffen die Anforderungen problemlos“, sagt<br />
Abele, der als gelernter Landmaschinenmechaniker-<br />
Meister alle Wartungen selbst erledigt.<br />
Neuer Wärmepufferspeicher<br />
„Da wir die BGA sehr flexibel fahren wollen und die gesamte<br />
Wärme nutzen möchten, haben wir einen neuen<br />
Pufferspeicher angeschafft“, verdeutlicht Abele. Der<br />
neue Behälter, der 800 Kubikmeter fasst, hat einen<br />
Durchmesser von 8 Metern und eine Füllhöhe von 14<br />
Metern. Er wurde von der Firma Lipp vor Ort mit einem<br />
neuartigen Schweißverfahren erstellt. Die Kosten für<br />
die Anschaffung lagen bei über 200.000 Euro. Für den<br />
Energiewirt lohnt sich die Anschaffung, denn „die große<br />
Höhe des Speichers“ helfe „Kosten zu sparen“, so<br />
Abele, und er benötige „wesentlich weniger Bauteile“.<br />
Es wäre nur eine Pumpe nötig, zudem könne er ohne<br />
zusätzlichen Wärmetauscher das heiße Medium ins<br />
Netz schicken und auch die Ausgleichsbehälter würden<br />
entfallen.<br />
Die bereits vorhandenen Puffer, einer mit 25 m³ und einer<br />
mit 100 m³ Fassungsvermögen, hätten nicht mehr<br />
ausgereicht. „Weil wir viele Gewerbekunden haben,<br />
muss ich die Wärme vom Wochenende in die Woche<br />
schieben“, erklärt Abele. Aber auch eine Speicherung<br />
vom Herbst in den Winter sei nun möglich. Der große<br />
Speicher ließe sich sehr gut regeln und wegen der besseren<br />
Auslastung könnte der zweite Hackschnitzelkessel,<br />
der bald kommen soll, kleiner ausfallen. Um die<br />
Spitzenlast abzudecken, soll zum bereits vorhandenen<br />
75-kW-Kessel noch ein zweiter mit 500 kW hinzukom-<br />
75
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Gerade in Arbeit ist ein 1,4-Kilometer-<br />
Netz. Im Jahr 2018 wurden 30 neue<br />
Anschlüsse gebaut, <strong>2019</strong> sollen<br />
weitere 30 folgen.<br />
Der neue Behälter, der 800 m³ fasst, hat einen<br />
Durchmesser von 8 Metern und eine Füllhöhe von<br />
14 Metern. Er wurde von der Firma Lipp vor Ort mit<br />
einem neuartigen Schweißverfahren erstellt.<br />
men. Deshalb wird gerade eine große neue Halle zum<br />
Trocknen und Lagern der Hackschnitzel gebaut.<br />
Nahwärmeversorgung soll<br />
Einkommen sichern<br />
„Wenn die Vergütung ausläuft, sind wir in den Fünfzigern“,<br />
fügt Ehefrau Katja hinzu. Deshalb soll das Wärmenetz<br />
so weit ausgebaut werden, dass das Einkommen<br />
dann gesichert ist. Zukünftig sollen die Kunden<br />
statt einer Teil- eine Vollversorgung erhalten. Gerade in<br />
Arbeit ist ein 1,4-Kilometer-Netz. Im Jahr 2018 wurden<br />
30 neue Anschlüsse gebaut, <strong>2019</strong> sollen weitere<br />
30 folgen.<br />
„Wir haben uns ein Gebiet ausgesucht, das einfach zu<br />
erschließen war“, so Abele, die Anschlussdichte dort<br />
liege bei über 60 Prozent. Der Energiewirt ist damit zufrieden,<br />
mehr sei nicht realistisch: „Manche haben eine<br />
neue Heizung, da wäre ein Anschluss unsinnig“. Erfreulich<br />
ist, dass das Bauprojekt vom Land Baden-Württemberg<br />
eine Förderung von 20 Prozent erhalten hat, diese<br />
bekommen besonders effiziente Nahwärmenetze.<br />
„In der Jahressumme wollen wir zukünftig 7 Mio. kWh<br />
Wärme verkaufen“, berichtet er. Auch die Gärtnerei<br />
Goldammer soll davon profitieren. Bislang werden die<br />
Gewächshäuser ja nur zum Teil mit Nahwärme versorgt.<br />
„Ein Gewächshaus hat unglaublich hohe Spitzen, da<br />
merkt man jede Wolke“, verdeutlicht Abele. Doch gerade<br />
im Winter würden die Pflanzen zuverlässig Wärme<br />
benötigen. Goldammer erklärt warum: „Manche Pflanzen<br />
brauchen es nur frostfrei, andere benötigen mindestens<br />
16 °C.“ Der Bedarf sei vor allem in den frühen<br />
Morgenstunden vorhanden. „Wenn dann die Energie<br />
ausfällt, ist Eile geboten, sonst ist der wirtschaftliche<br />
Schaden groß“. Doch jetzt sei „genügend Puffer für<br />
den Spitzenbereich“ vorhanden. „Wir sind super aufgestellt<br />
miteinander“, sagt der Gärtnereibesitzer lachend.<br />
Wenn tatsächlich mal irgendetwas sei, reiche ein kurzer<br />
Telefonanruf. „Mehr braucht es nicht“, betont Goldammer<br />
zufrieden.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Freie Journalistin<br />
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76
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
Gut gerührt ist halb vergoren<br />
FOTOS: MARTIN BENSMANN<br />
Blick von oben in die<br />
Montagehalle. Die<br />
im Bild zu sehenden<br />
Rührwerksachsen werden<br />
später senkrecht<br />
eingebaut.<br />
Die Firma Steverding im nordrhein-westfälischen Stadtlohn kann in <strong>2019</strong> auf 25 Jahre<br />
erfolgreiche Unternehmensentwicklung zurückblicken. Neben dem Sondermaschinenbau<br />
ist die Komponentenfertigung für Biogasanlagen ein wichtiges Standbein.<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
In vielen Gärbehältern von Biogasanlagen wird fleißig<br />
gepaddelt. Das heißt aber nicht, dass jemand<br />
mit einem Boot auf dem Gärsubstrat unterwegs ist.<br />
Es handelt sich vielmehr um sogenannte Paddelrührwerke,<br />
die die Gärmasse gleichmäßig durchmischen.<br />
Diese Rührwerke haben ein horizontal oder<br />
vertikal gelagertes Rohr (Achse), an die in bestimmten<br />
Abständen die Rührarme mit den daran befestigten<br />
Paddelblechen angeschraubt werden. Angetrieben<br />
werden sie von außen von Elektromotoren.<br />
„Ende der Neunzigerjahre haben wir begonnen, die<br />
ersten Paddelrührwerke für den österreichischen<br />
Markt zu fertigen. Sie hatten die Bezeichnung Hydromixer,<br />
weil sie hydraulisch angetrieben wurden. Kunden<br />
waren damals auch schon Biogasanlagenbetreiber.<br />
Neben den Rührwerken haben wir damals auch<br />
Technik-Container für Biogasanlagen bestückt“, blickt<br />
Stefan Steverding, Gründer und Geschäftsführer des<br />
Unternehmens zurück.<br />
Als Ein-Mann-Start-up begonnen<br />
Er hat sich 1994 als Maschinenbaumeister selbstständig<br />
gemacht. Damals war es ein Ein-Mann-Betrieb.<br />
Neben dem allgemeinen Maschinenbau betätigte sich<br />
der Jungunternehmer in der Produktion von Fördertechnik<br />
sowie dem Sondermaschinenbau für die Holz<br />
und Kunststoff verarbeitende Industrie. 1999 wurde<br />
ein neuer Produktionsstandort aufgebaut und die Mitarbeiterzahl<br />
stieg auf acht Personen an.<br />
Nachdem die Paddelrührwerke sich in österreichischen<br />
Biogasanlagen bewährt hatten, wurden auch Kunden<br />
in Deutschland zu Beginn der 2000er Jahre auf die<br />
Anlagenkomponenten aus dem Münsterland aufmerksam.<br />
„Ab dem Zeitpunkt haben wir begonnen, die Produktfamilie<br />
immer mehr zu vergrößern. Und mit den<br />
immer größer werdenden Gärbehältern wurden die<br />
Rührwerke auch immer größer. Das größte Rührwerk<br />
in einem Rührkesselfermenter<br />
hat eine Länge von 27 Metern<br />
und einen Durchmesser von 4<br />
Metern. 30 mal 6 Meter haben<br />
wir in einem Pfropfenstromfermenter<br />
eingebaut“, berichtet<br />
Steverding freudig.<br />
2003 wurde die Steverding<br />
Rührwerkstechnik GmbH gegründet,<br />
in der seitdem die<br />
Entwicklung, die Fertigung und<br />
der Vertrieb der Geräte stattfindet.<br />
2004 hat das Unternehmen<br />
eine enge Zusammenarbeit<br />
mit der Fachhochschule<br />
Münster, Standort Burgsteinfurt,<br />
begonnen. Dabei wird<br />
von wissenschaftlicher Seite<br />
die Auslegung von Rührwerksgeometrien<br />
untersucht und<br />
auch Strömungssimulationen<br />
Stefan Steverding<br />
(rechts), Geschäftsführer<br />
des Unternehmens,<br />
und Mitarbeiter Markus<br />
Graute in der Montagehalle<br />
für Paddelrührwerke.<br />
77
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
werden getestet. In einem Technikum am Firmensitz kann Steverding<br />
ebenfalls das Rührverhalten überprüfen. An einem speziellen<br />
Leistungsprüfstand kann zum Beispiel die Getriebebelastung<br />
getestet werden. An einem weiteren Prüfstand das an den<br />
Paddeln anliegende Drehmoment. In einem Versuchsbehälter im<br />
Maßstab von 1:10 können unterschiedlichste Rührgeometrien<br />
und deren Strömungsverhalten getestet werden.<br />
Präzisionsbauteile für<br />
die Paddelrührwerke<br />
werden von einem<br />
Mitarbeiter hergestellt.<br />
Ausgezeichnete Technik<br />
Weil sich Mühe lohnt, hat Steverding in 2009 auf NRW-Ebene<br />
den großen Preis des Mittelstandes für Innovationen erhalten.<br />
2013 folgte der Prof.-Adalbert-Seifriz-Preis für Technologietransfer<br />
zwischen Handwerk und Fachhochschule. „Aktuell arbeiten<br />
wir an einer Sensorik, die erkennen soll, wann die Rührwerke<br />
arbeiten müssen und wann nicht“, blickt Steverding<br />
voraus. Und weil Innovationen auch geschützt werden müssen,<br />
wurde das Rührwerk Spiralo zum Patent angemeldet.<br />
Vom Standardrührwerk wurden bisher über 3.000 Stück verbaut.<br />
Anlagenbetreiber in Großbritannien, Frankreich, Griechenland,<br />
in der Türkei, in Lettland, Estland, China, Chile, Kanada und der<br />
Ukraine wissen die Wertarbeit aus Stadtlohn zu schätzen. Allein<br />
nach China müssen für zwei Projekte 70 Rührwerke geliefert<br />
werden. Für das kommende Jahr liegen bereits Anfragen über<br />
210 Rührwerke vor.<br />
In Deutschland (nur noch 10 Prozent des Umsatzes) wird die<br />
Technik aktuell vor allem in Bestandsanlagen eingebaut, die im<br />
Refittingprozess sind und abgenutzte Rührwerke austauschen<br />
müssen. Doch auch der Einsatz von neuen, faserreichen Gärsubstraten<br />
lässt Anlagenbetreiber zum Paddelrührwerk greifen.<br />
Außerhalb der Landwirtschaft ist es die Chemieindustrie, die<br />
Rührwerke made by Steverding kauft. Die meisten Aufträge werden<br />
durch Planungsbüros und Biogasanlagenhersteller realisiert,<br />
geringfügig auch durch direktes Endkundengeschäft.<br />
Per Bahn nach China<br />
Ausländische Firmen, die die Rührwerke vor Ort montieren, werden<br />
im Hause Steverding extra geschult. Die Ersatzteilversorgung<br />
im Ausland geschieht über spezielle Stützpunktpartner.<br />
„Nach China geht die Fracht per Bahn ab Hamburg, demnächst<br />
ab Duisburg. Wir sind sozusagen auf der neuen Seidenstraße<br />
unterwegs. 16 Tage benötigt der Zug bis nach China und ist damit<br />
wesentlich schneller als das Schiff“, betont Steverding. Da<br />
sich die Rührwerke sehr langsam drehen, ist der Verschleiß sehr<br />
gering und die Langlebigkeit hoch. An den Paddeln entsteht laut<br />
Steverding so gut wie gar kein Verschleiß. Nur die Lager und<br />
das Getriebe müssen je nach Beanspruchung irgendwann ausgetauscht<br />
werden.<br />
„Wir passen die Rührwerke individuell an unterschiedliche Behältergeometrien<br />
an“, versichert Stefan Steverding und ergänzt<br />
„unsere Rührwerke haben auch mit hohen Trockensubstanzgehalten<br />
im Gärsubstrat kein Problem.“ Sink- und Schwimmschichten<br />
würden mit dieser Technik erst gar nicht entstehen.<br />
Die horizontal arbeitenden Rührwerke haben eine elektrische<br />
Anschlussleistung von 10 bis 30 Kilowatt, die vertikal arbeitenden<br />
bis 60 Kilowatt.<br />
„Rührwerke in Behältern mit wechselnden Füllständen versehen<br />
wir mit einer speziellen Keramik-Polymer-Beschichtung. Sie<br />
78
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
PRAXIS<br />
Rührwerksachsen für<br />
den späteren waagerechten<br />
Einbau.<br />
schützt den Stahl vor Korrosion im Gasraum. Zusätzlich<br />
zu den horizontal und vertikal arbeitenden Rührwerken<br />
bieten wir neuerdings auch schräg in den Gärbehälter<br />
ragende Rührwerke an“, führt Markus Graute aus, der<br />
im Bereich Technik und Vertrieb tätig ist.<br />
Und damit auch kein Gärsubstrat nach außen dringen<br />
kann, sind im Hause spezielle Dichtungssysteme, die<br />
auch faserreiche Medien oder Medien mit hohem Sandanteil<br />
verhindern nach außen zu gelangen, entwickelt<br />
worden, die sich in den Rührwerken befinden. Sie bieten<br />
zusätzliche Sicherheit zu den Gleitringdichtungen.<br />
Der Zwischenraum zwischen Behälterwand und Rührwerk<br />
wird durch eine Ringraumdichtung abdichtet. Ein<br />
neuer Trend ist auch der Einsatz kleiner Paddelrührwerke<br />
in Anmaischbehältern, um zum Beispiel loses<br />
Stroh einzurühren. Mischungen mit bis zu 20 Prozent<br />
Trockensubstanz können die kleinen Paddeler ohne<br />
Probleme homogen vermischen. Nimmt die Reststoffvergärung<br />
in Deutschland und international erst einmal<br />
richtig Fahrt auf, dann dürften für lange Zeit die Arbeitsplätze<br />
bei Steverding gesichert sein.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Redakteur Biogas Journal<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
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martin.bensmann@biogas.org<br />
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In diesem Behälter<br />
können verschiedene<br />
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in unterschiedlichen<br />
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werden.<br />
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79
WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Dr. Catalina Rodriguez Correa vom<br />
Fachgebiet Konversionstechnologien<br />
nachwachsender Rohstoffe an der<br />
Universität Hohenheim führt die Versuchsreihen<br />
in Deutschland durch.<br />
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zu erhöhen.<br />
Von Dipl.-Ing. · Dipl. Journ. Martina Bräsel<br />
Um Biogas in Erdgasqualität zu erhalten,<br />
muss es gefiltert werden, denn es enthält<br />
vergleichsweise viel Kohlendioxid, das<br />
seinen Brennwert verschlechtert. „Bislang<br />
wird zur Aufbereitung häufig Aktivkohle<br />
benutzt“, erklärt Dr. Catalina Rodriguez Correa<br />
vom Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender<br />
Rohstoffe der Universität Hohenheim. Die Wissenschaftlerin<br />
gehört zum Forschungsteam, dem es<br />
gelungen ist, einen biologischen Filter herzustellen.<br />
Der Clou: Sie verwenden dafür die Gärreste aus Biogasanlagen.<br />
Diese bauen sie zu Aktivkohle um. Diese<br />
Gärrestkohle eignet sich hervorragend, um dem Biogas<br />
überflüssiges Kohlendioxid zu entziehen.<br />
Die Idee, Biofilter aus Gärresten herzustellen, wurde<br />
in einem Kooperationsprojekt entwickelt. Gemeinsam<br />
hatten Wissenschaftler aus Portugal, Mexiko, Kolumbien<br />
und Deutschland daran geforscht, Kohlenstoffmaterialien<br />
aus verschiedenen Agrarreststoffen in wertvollere<br />
Produkte zu verwandeln. Dabei entstand die Idee, die<br />
Vergärungsrückstände für die Absorption von Biogas zu<br />
nutzen. „Wir wollten Biogasanlagen rentabler machen<br />
und den Kreislauf schließen“, erklärt Prof. Dr. Andrea<br />
Kruse, Fachgebietsleiterin der Abteilung Konversionstechnologien<br />
nachwachsender Rohstoffe. „Gärreste<br />
sind ein interessantes Ausgangsmaterial für uns, da sie<br />
einen hohen Kohlenstoffgehalt haben“, fügt Rodriguez<br />
Correa hinzu, zudem seien sie reichlich vorhanden. Die<br />
Forscher der Universitäten Hohenheim in Stuttgart und<br />
Lissabon (Forschungszentrum LAQV-Requimte ) hatten<br />
dann gemeinsam den biologischen Filter entwickelt.<br />
Verkohlung durch HTC<br />
Im ersten Verfahrensschritt muss der Kohlenstoffgehalt<br />
des Gärrests erhöht werden, deshalb wird er karbonisiert.<br />
Auf diese Weise werden Poren und sauerstoffhaltige<br />
Gruppen erzeugt. „Kohlendioxid bleibt an ihnen<br />
hängen, während Methan hindurchschlüpft“, verdeutlicht<br />
Rodriguez Correa. Die Wissenschaftler nutzen<br />
dazu die chemische Verkohlung durch die sogenannte<br />
Hydrothermale Carbonisierung (HTC).<br />
Die Wissenschaftlerin erklärt warum: „Pyrolyse wäre<br />
auch eine Möglichkeit, doch dazu müssten wir dem<br />
Gärrest vorher das Wasser entziehen“ und das sei sehr<br />
energieaufwändig. Bei der HTC handele es sich hingegen<br />
um ein sogenanntes „nasses Verfahren“, denn der<br />
thermochemische Umwandlungsprozess finde im Wasser<br />
statt. „Wir können dabei die im Gärrest enthaltene<br />
Feuchtigkeit als Reaktionsmedium nutzen“, berichtet<br />
die Forscherin.<br />
80
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong> WISSENSCHAFT<br />
Bei dem Verfahren wird die Biomasse in wässriger Suspension<br />
bei Temperaturen zwischen 180 und 250 °C<br />
und erhöhtem Druck in HTC-Kohle (Hydrochar) verwandelt.<br />
Dazu wird die Biomasse in einem Druckbehälter,<br />
dem sogenannten Autoklav, erhitzt. „Zu Beginn ermitteln<br />
wir die Reaktionsparameter in Kleinautoklaven,<br />
die ein Volumen von 10 Milliliter haben“, so Rodriguez<br />
Correa. Im Anschluss werden die Versuche in größeren<br />
Autoklaven (250 ml) wiederholt.<br />
Stimmen die Parameter, ist es Zeit für den „Mini-Coal“.<br />
Der kleine Karbonisierer fasst 8 Liter Gärdünger. Bei<br />
den durchgeführten Versuchen hatte der „Dampfkochtopf“<br />
einen maximalen Druck von 30 bar. „Wir haben<br />
die Temperatur (190 bis 250 °C), den pH-Wert (5 und 7)<br />
und die Verweilzeit (3 und 8 Stunden) variiert“, erklärt<br />
Rodriguez Correa. Dabei hänge die Verweilzeit stark<br />
vom Eingangsmaterial ab: „Gärreste benötigen weniger<br />
Zeit, denn sie sind schon vorverdaut“, fügt die Fachbereichsleiterin<br />
hinzu. Insgesamt hätte die Temperatur,<br />
gefolgt von der Verweilzeit, den stärksten Einfluss auf<br />
die chemische Zusammensetzung und die thermische<br />
Stabilität des Hydrochars gehabt. Die Veränderung des<br />
pH-Wertes hätte hingegen keine große Wirkung gezeigt.<br />
„Nach diesem Verfahrensschritt ist das entstandene<br />
Material reich an Kohlenstoff“, berichtet die Professorin.<br />
Es wäre zudem hydrophob, also „wasserscheu“,<br />
dadurch könnte es besser entwässert werden.<br />
Das erzeugte Hydrochar hat Braunkohle ähnliche Eigenschaften.<br />
Der Kohlenstoff der Ausgangsbiomasse<br />
ist größtenteils Bestandteil der festen Phase, allerdings<br />
zum Teil auch im Prozesswasser gelöst. Nur ein sehr<br />
geringer Teil des Kohlenstoffs wird als CO 2<br />
freigesetzt<br />
(
WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Bild links: Vorher: Der Gärrest wird durch Karbonisierung<br />
zur HTC-Kohle. Die Oberfläche der Gärrestkohle beträgt<br />
zwischen 8 und 14 Quadratmeter pro Gramm.<br />
Bild rechts: Nachher: Nach der Aktivierung hat sich die<br />
Oberfläche der Gärrest-Aktivkohle durch Mikroporen deutlich<br />
erhöht, sie liegt zwischen 930 und 1351 m²/g.<br />
Studentin Svenja Kloße<br />
bei der Aktivierung der<br />
Gärrestkohle: Dabei<br />
werden die Kohlen mit<br />
Lauge gemischt und<br />
erneut erhitzt, diesmal<br />
aber auf 600 Grad.<br />
Durch die nochmalige<br />
Wärmebehandlung<br />
entstehen Mikroporen.<br />
Stange BGJ 4_2018.pdf 1 08.06.18 12:01<br />
renvolumina lagen zwischen 0,35 und 0,5 Kubikzentimeter<br />
pro Gramm. „Ideal für die Biogas-Aufbereitung<br />
ist auch, dass die Oberfläche nach der Aktivierung basisch<br />
ist, denn Kohlendioxid ist eine Säure“, erläutert<br />
die Wissenschaftlerin. Für den basischen Charakter der<br />
Oberfläche seien die sauerstoffhaltigen Gruppen sowie<br />
die graphit-ähnliche Struktur der Materialien nach der<br />
Aktivierung verantwortlich.<br />
Bei den nachfolgenden Untersuchungen zeigte sich,<br />
dass das Gärrestprodukt ein sehr wirksames Adsorbens<br />
für CO 2<br />
ist. Die Abbildung 1 „Selektivität“ auf Seite<br />
79 stellt das Adsorptionsverhältnis zwischen CO 2<br />
und<br />
Methan (CH 4<br />
) dar. „Es zeigt nicht nur, dass die Gärrest-<br />
Aktivkohle mehr CO 2<br />
als Methan adsorbiert, sondern<br />
auch, dass sie besser als andere Materialien ist“, so Dr.<br />
Rodriguez Correa. „Getestet haben wir handelsübliche<br />
sehr moderne Filtermaterialien“, so die Forscherin.<br />
Zu sehen ist in Abbildung 1, dass die Monolithen aus<br />
kommerzieller Aktivkohle (violette gestrichelte Linie)<br />
und die Pellets aus kommerzieller Aktivkohle (rote gestrichelte<br />
Linie) deutlich schlechter abschneiden. Sie<br />
filterten im Versuchsverlauf deutlich weniger CO 2<br />
aus<br />
dem Methanstrom. „Die Gärrest-Kohle nimmt etwa das<br />
Zwei- bis Zweieinhalbfache an Kohlendioxid auf als die<br />
herkömmlichen Aktivkohlen“, ergänzt Prof. Dr. Kruse.<br />
Mit ins Rennen gingen zudem MOF´s (metal-organicframework).<br />
Das sind Metall-organische Gerüste, die<br />
auf molekularer Ebene wie ein Sieb funktionieren.<br />
Auch hier ging die Gärrest-Kohle deutlich als Sieger<br />
hervor. Über das Ergebnis waren die Forscherinnen sehr<br />
erstaunt: „Eigentlich hätten die MOF‘s gewinnen sollen,<br />
denn wir haben einen Sportwagen mit einem Traktor<br />
ins Rennen geschickt“, sagt Andrea Kruse lachend,<br />
doch der Trecker habe gewonnen.<br />
Weil sich die Adsorptionskapazität mit der Temperatur<br />
ändert, wurden Versuche mit unterschiedlichen Temperaturen<br />
gefahren. Die Spanne reichte von 30 °C bis<br />
80 °C. Abbildung 2 „Adsorptionskapaziät“ zeigt die Adsorptions-<br />
(gefüllte Kreise) und Desorptionsisothermen<br />
(leere Kreise) für CO 2<br />
(blau) und CH 4<br />
(rot), die bei 30<br />
°C gemessen wurden. Zu sehen ist, dass die Aktivkohle<br />
aus Gärrest fast doppelt so viel CO 2<br />
wie CH 4<br />
adsorbiert.<br />
„Bei hohen Temperaturen nimmt die Gärrest-Aktivkohle<br />
etwa viermal so viel Kohlendioxid auf“, ergänzt Andrea<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong> WISSENSCHAFT<br />
Kruse. „Damit schneiden die Biokohlen aus Gärresten<br />
deutlich besser ab als die anderen Filtermaterialien“,<br />
resümiert die Fachbereichsleiterin.<br />
Für welche Anlagen geeignet?<br />
„Die Einsatzgebiete sind vielfältig“, sagt Dr. Andrea<br />
Kruse. Wichtig sei nur, dass die Zusammensetzung<br />
des Substrats annähernd konstant ist. Bei Anlagen, die<br />
Abfälle aus der Biotonne vergären, verändere sich die<br />
Zusammensetzung im Jahresverlauf zu stark. „Diese<br />
Schwankungen seien „verfahrenstechnisch schwer<br />
händelbar“, deshalb habe das Gärrestprodukt dann<br />
nicht immer die gleiche gute Qualität. Zudem unterscheiden<br />
sich die Vergärungsrückstände je nach verwendetem<br />
Substrat. „Am besten sind Gärreste aus<br />
Nawaro-Anlagen“, erklärt Rodriguez Correa, denn ihr<br />
Anteil an Mineralien sei hoch, doch auch Gülle eigne<br />
sich: „Wenn Gülle als Substrat eingesetzt wird, können<br />
wir zuvor die Phosphate entfernen, dies gelingt uns zu<br />
über 80 Prozent“. Auch der Stickstoff könne durch<br />
die HTC zu etwa 90 Prozent gewonnen werden. Beide<br />
Stoffe seien wertvolle Düngemittel. „Damit haben wir<br />
alles entfernt, was dem Gärrest einen Wert gibt“, sagt<br />
die Fachbereichsleiterin lachend, denn das Ziel sei, die<br />
Wirtschaftlichkeit von Biogasanlagen zu erhöhen.<br />
„Deshalb wollen wir auch kleine, günstige Aufbereitungsanlagen<br />
produzieren“, so Kruse. Für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
muss sich der Gärrest-Filter<br />
mit der handelsüblichen Aktivkohle vergleichen lassen.<br />
„Mit dem aktuellen Preis können wir auf jeden Fall mithalten“,<br />
berichtet die Fachfrau. Zudem könnten die<br />
Prozessreste in der BGA verwertet werden.<br />
Nächste Schritte<br />
Die jetzige Herausforderung ist, die Kohlen zu pelletieren.<br />
Denn für das Druck-Wechsel-Adsorptions-Verfahren<br />
eignen sich Pulver nicht. Deshalb testen die<br />
Forscherinnen gerade verschiedene Bindemittel, um<br />
größere Pellets herzustellen. Das Medium benötige<br />
„eine bestimmte Konsistenz“ für die Verarbeitung in<br />
einer Kolonne. „Das ist nicht so einfach, denn wir müssen<br />
darauf achten, dass die Poren beim Pressen keinen<br />
Schaden nehmen“, berichtet die Professorin.<br />
Bestellen kann man die Anlage bei der Universität<br />
Hohenheim nicht. Die Vermarktung soll später der<br />
Indus triepartner HTCycle übernehmen. „Wir verkaufen<br />
nicht, uns gehören aber die Rechte an der Anlage“, so<br />
die Fachbereichsleiterin. Noch ist es aber nicht so weit.<br />
Im nächsten Schritt soll die Prozesskette im Technikums-Maßstab<br />
auf der Biogasanlage der Hochschule<br />
aufgebaut werden. Sie wird etwa 20 Kilo der Gärreste<br />
verarbeiten. Zurzeit kümmert sich die Fachbereichsleiterin<br />
um die Finanzierung, ist aber optimistisch: „Bei<br />
wirklich guten Ideen haben wir die Gelder immer bekommen“.<br />
Hinweis: Weitere Informationen und Grafiken unter:<br />
Evaluation of hydrothermal carbonization as a preliminary<br />
step for the production of functional materials from<br />
biogas digestate; in: Journal of Analytical and Applied<br />
Pyrolysis, Volume 124, 2017, S.461–474 http://dx.doi.<br />
org/10.1016/j.jaap.2017.02.014)<br />
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83
WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Von links: Katharina Bär und Abdessamad Saidi von<br />
der TH Ingolstadt, Martin Sieber und Christoph Wörl,<br />
Geschäftsführer der Biogasanlage Zellerfeld.<br />
Am Stromnetz orientiert<br />
flexibilisieren<br />
FOTOS: CHRISTIAN DANY<br />
Die Bedürfnisse des Verteilnetzes standen im Fokus von „FlexFuture“: Das Forschungsprojekt<br />
hatte zum Ziel, durch den Fahrplan einer Biogasanlage Netzengpässe in einem Verteilnetz<br />
mit hohem Anteil fluktuierender Stromerzeuger zu vermeiden – als Alternative zu<br />
Netzausbau und Stromspeichern. Hierzu wurde eine Anlagensteuerung entwickelt und in<br />
der Praxis erprobt, die die Stromproduktion einer benachbarten Photovoltaikanlage ausgleicht.<br />
Die Steuerungslogik ist übertragbar auf jede Biogasanlage.<br />
Von Christian Dany<br />
Gas-Durchflussmessgerät<br />
auf der Biogasanlage<br />
Zellerfeld.<br />
Manche Landwirte investieren gern und<br />
viel in Erneuerbare Energien. Ein besonders<br />
starkes Beispiel hat Egling an<br />
der Paar, südlich von Augsburg gelegen,<br />
zu bieten: Herbert Grundler, Martin<br />
Sieber und Christoph Wörl betreiben hier die Gemeinschafts-Biogasanlage<br />
Zellerfeld, benannt nach dem<br />
Flurnamen. Die Landwirte sind zu gleichen Teilen beteiligt<br />
und führen die Geschäfte gemeinsam. Alle drei<br />
haben viehlose Ackerbaubetriebe, weshalb die Anlage<br />
ausschließlich mit Energiepflanzen gefüttert wird, wie<br />
etwa Zuckerrüben, Gras- und Maissilage.<br />
Direkt nebenan liegt der Solarpark Wolfsgrube mit insgesamt<br />
7.000 Kilowatt (kW) Leistung. Die Photovoltaik-Freiflächenanlage<br />
besteht aus zwei Teilen, die vier<br />
verschiedenen Gesellschaften gehören. Es herrscht jedoch<br />
zum Teil Personengleichheit – sowohl bei den vier<br />
Firmen untereinander als auch mit der Biogas-GmbH &<br />
Co. KG. Am Netzverknüpfungspunkt (NVP) Zellerfeld<br />
sind die Biogasanlage mit einer installierten Leistung<br />
von 1.438 kW und die PV-Freiflächenanlage mit einer<br />
an den Wechselrichtern auf 5.000 kW gedrosselten Einspeiseleistung<br />
angeschlossen. Insgesamt sind hier somit<br />
regenerative Einspeiseanlagen mit 6.438 kW installiert.<br />
Der gemeinsame Anschluss am Mittelspannungs-<br />
Verteilnetz kann aber wechselstromseitig nur maximal<br />
5.000 kW aufnehmen. Bei hoher solarer Einstrahlung<br />
übersteigt die Gesamtstromerzeugung das Limit des<br />
Leistungsschalters am NVP, wodurch der Überstromzeitschutz<br />
aktiviert und alle angeschlossenen Stromerzeuger<br />
vom Netz getrennt werden. Das ist für die<br />
Solar- und Biogasanlagenbetreiber natürlich eine unbefriedigende<br />
Situation, zumal: „Ein Ausbau des NVP hätte<br />
rund 300.000 Euro gekostet“, verrät Christoph Wörl.<br />
Diese Konstellation hatte die Eglinger interessant gemacht<br />
für das zweijährige Forschungsvorhaben „Flex-<br />
Future – Integration von Biogasanlagen in Netze mit hohem<br />
Anteil fluktuierender Stromerzeuger“ des Instituts<br />
für neue Energie-Systeme (InES) an der Technischen<br />
Hochschule Ingolstadt. Im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium<br />
über das Programm „Energetische<br />
Biomassenutzung“ geförderten Projektes entwickelte<br />
das InES zusammen mit Industriepartnern ein<br />
innovatives Einspeisemanagement für Biogasanlagen,<br />
das die Stromproduktion der benachbarten PV-Anlage<br />
einbezieht.<br />
„Wir wenden an unserem Standort die Summendifferenzmessung<br />
an“, sagt Wörl, „das heißt, wir müssen<br />
84
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong> WISSENSCHAFT<br />
es vermeiden, Solarstrom auf der Biogasanlage zu verbrauchen.“<br />
Strom aus der 2010 ans Netz gegangenen<br />
Photovoltaikanlage werde mit 28 Cent pro Kilowattstunde<br />
(kWh) vergütet und soll möglichst vollständig<br />
eingespeist werden. Im Zentrum des FlexFuture-Projektes<br />
stand deshalb die Erweiterung der von der Firma<br />
Burghart GmbH & Co. KG aus Schwindegg entwickelten<br />
Anlagensteuerung um ein Modul mit prognostizierten,<br />
maximalen PV-Erzeugungsprofilen. Einfach gesagt bedeutet<br />
das, dass bei einer hohen PV-Einspeiseleistung<br />
die Biogas-BHKW heruntergefahren werden. In Zeiträumen<br />
geringer solarer Einstrahlung kann die Leistung<br />
der Biogas-BHKW wiederum erhöht werden.<br />
Netzgetriebene flexible Fahrweise realisiert<br />
Für die Flexibilisierung von Biogasanlagen stellt dieser<br />
Ansatz ein Novum dar: Bislang orientieren sich flexible<br />
Fahrpläne im Wesentlichen an den Strompreisen, sind<br />
also marktgetrieben. Auf der Anlage Zellerfeld wurde<br />
hingegen eine netzgetriebene flexible Fahrweise umgesetzt:<br />
„Wir haben im Realbetrieb gezeigt, dass Netzengpässe<br />
im Verteilnetz vermieden werden können und<br />
gleichzeitig ein Beitrag zur Spannungshaltung geleistet<br />
werden kann. Dadurch lassen sich größere Anteile<br />
fluktuierender erneuerbarer Erzeuger ins Verteilnetz<br />
integrieren“, erklärt Prof. Wilfried Zörner, Institutsleiter<br />
am InES. Eine verteilnetzorientierte Fahrweise von<br />
Biogasanlagen sei deshalb geeignet, Netzausbaukosten<br />
zu reduzieren und kostenintensive Stromspeicher<br />
zu vermeiden.<br />
Wie die Projektkoordinatorin Katharina Bär vom InES<br />
schildert, kann die Biogasanlage nach drei verschiedenen<br />
Steuerungs-Modi betrieben werden: entweder nach<br />
Vor-Ort-Einstellung durch die Betreiber, nach Fahrplan<br />
unter Berücksichtigung der PV-Einspeisung, wobei tagesaktuelle<br />
Wetter- und Einstrahlungsprognosen einbezogen<br />
werden, oder mit voll flexibler Fahrweise nach<br />
Im Vordergrund das Flex-BHKW mit 889 kW el<br />
, im<br />
Hintergrund das Grundlast-BHKW mit 549 kW el<br />
.<br />
„Ein Ausbau des NVP<br />
hätte rund 300.000<br />
Euro gekostet“<br />
den Preisen der europäischen<br />
Strombörse EPEX SPOT.<br />
„Bei Schlechtwetter könnte<br />
man auch voll nach EPEX fahren“,<br />
sagt die wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin. Die im Projekt<br />
ausgearbeiteten Fahrpläne<br />
für den BHKW-Betrieb seien<br />
für jeweils 32 Stunden im Voraus<br />
generiert worden. „Dieser<br />
Zeitraum erschien relevant,<br />
weil die Preise der Day-Ahead-<br />
Auktion der EPEX-Strombörse<br />
jeweils ab 13.00 Uhr für den nächsten Tag veröffentlicht<br />
werden und die zur PV-Einspeisung benötigte<br />
solare Einstrahlung bis 21.00 Uhr des Folgetages<br />
betrachtet wird“, erläutert Bär. Weitere Eingangsparameter<br />
für die Anlagensteuerung seien der Wärmebedarf<br />
des angeschlossenen Nahwärmenetzes sowie die<br />
Kapazität und der Füllstand des Biogasspeichers. Bei<br />
den im FlexFuture-Projekt ausgearbeiteten Fahrplänen<br />
seien der Gasspeicher und die<br />
PV-Einspeisung am NVP die Restriktionen,<br />
die Vorrang hätten.<br />
Die Biogasanlage Zellerfeld<br />
verfügt über ein Gasspeicher-<br />
Volumen von 2.700 m³ auf dem<br />
Gärdüngerlager. „Bei einer Bemessungsleistung<br />
von 700 kW<br />
reicht das für sechs Stunden“,<br />
sagt Bär. Die Anlage besteht ansonsten aus einem klassischen<br />
Rührkesselfermenter und einem Nachgärbehälter,<br />
beide mit Betondecken. Im Verwaltungs- und<br />
Technikgebäude sind die zwei BHKW untergebracht:<br />
Bei der Inbetriebnahme 2012 wurde eines mit 549 kW<br />
installiert, das – sozusagen in Grundlast – 24 Stunden<br />
durchläuft.<br />
Christoph Wörl<br />
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85
WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Gemeinschafts-Biogasanlage<br />
Zellerfeld.<br />
Im Jahr 2014 kam ein Flex-BHKW mit 889 kW dazu,<br />
für das eine eigene Gasstrecke aufgebaut wurde und<br />
das je nach Fahrplan etappenweise betrieben wird.<br />
„Zurzeit läuft das Flex-BHKW morgens von 5.00 Uhr<br />
bis 8.30 Uhr und abends von 17.00 bis 23.00 Uhr“,<br />
lässt Geschäftsführer Martin Sieber einblicken. Im<br />
Winter verschiebe sich die Abend-Betriebszeit nach<br />
vorne. Mit der in den BHKW erzeugten Wärme wird ein<br />
kleines Nahwärmenetz mit rund zehn Häusern im benachbarten<br />
Weiler Zell versorgt.<br />
„Den Gasspeicher-Füllstand messen wir<br />
mit einem hydrostatischen System“<br />
Christoph Wörl<br />
Probleme im Praxisbetrieb<br />
In der Praxis ist der Flexbetrieb aber nicht frei von<br />
Schwierigkeiten, wie die Eglinger Energiewirte einräumen.<br />
Das „Zusammenspiel mit der Gasaufbereitung“<br />
sei komplizierter als beim Volllastbetrieb: „Die Gasstrecke<br />
kann auskühlen und die Gaskühlung daraufhin auf<br />
Störung gehen“, erläutert Christoph Wörl, „in der Folge<br />
kommt feuchtes Gas in den Aktivkohlefilter<br />
und setzt diesen zu.“ Ein Fehler, der aufgrund<br />
des On-Off-Betriebes auftrete, könne<br />
eine ganze Folge an weiteren Fehlern nach<br />
sich ziehen.<br />
Deshalb sei es nicht immer leicht, den<br />
vorgegebenen Fahrplan einzuhalten. Man<br />
müsse immer auf die Bedingungen vor Ort<br />
reagieren. Außerdem sei das Flex-BHKW<br />
wegen der zwei Starts pro Tag störungsanfälliger<br />
als das BHKW, das durchläuft.<br />
„Beim Flex-BHKW hatten wir schon einen gravierenden<br />
Schaden am Gemischkühler“, berichtet Wörl. Darüber<br />
hinaus traten auch Probleme beim Anlasser, der Vorschmierpumpe<br />
und der Batterie auf. „Das Gute ist nur,<br />
dass ich bei Störungen meistens nicht sofort reagieren<br />
muss“, schmunzelt er, „wegen des Gasspeichers und<br />
weil das andere BHKW ja trotzdem läuft, bleiben in der<br />
Regel ein paar Stunden Zeit.“<br />
Im Rahmen des FlexFuture-Projektes erfuhr die Biogasanlage<br />
Zellerfeld auch eine messtechnische Aufrüstung:<br />
Unter anderem wird zur energetischen Erfassung<br />
des Biogasspeichers die Zusammensetzung des einund<br />
austretenden Biogasstroms analysiert. „Um eine<br />
Normierung des Biogasspeicherinhalts vornehmen zu<br />
können, werden die Umgebungsbedingungen gemessen“,<br />
erläutert Bär.<br />
Dies seien der atmosphärische Luftdruck und die Umgebungstemperatur<br />
sowie der Betriebsdruck und die<br />
Temperatur im Biogasspeicher. Außerdem müsse der<br />
Feuchtegehalt des Biogases beachtet werden. „Den<br />
Gasspeicher-Füllstand messen wir mit einem hydrostatischen<br />
System“, ergänzt Wörl. Für eine exakte<br />
Erfassung befänden sich hierzu auf dem Tragluftdach<br />
des Gärrestlagers drei Sensoren. Zur Validierung der<br />
entwickelten Fahrpläne ermöglicht das während des<br />
FOTO: TH INGOLSTADT<br />
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BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong> WISSENSCHAFT<br />
Projektes etablierte Monitoring-System einen Abgleich<br />
zwischen der berechneten und der tatsächlich<br />
eingespeisten Leistung der Biogas-BHKW. Wie Bär<br />
resümiert, konnte mit dem Anlagen-Monitoring der<br />
Nachweis erbracht werden, dass mit der auf der Biogasanlage<br />
Zellerfeld angewandten Steuerung Einspeiseprofile<br />
geglättet und Netzengpässe vermieden werden<br />
können.<br />
Die Anlagensteuerung in Verbindung mit dem Einspeisemanagement<br />
sei auch als Modell für andere Biogasanlagen<br />
geeignet: „Die Steuerungslogik ist übertragbar<br />
auf jede Biogasanlage. Mit dem Zubau regenerativer<br />
Stromerzeugung ist zunehmend mit Engpässen in den<br />
Verteilnetzen zu rechnen“, fügt ihr Kollege Abdessamad<br />
Saidi an. Der Netzstabilisierung auf lokaler Ebene<br />
durch einen Lastausgleich und der Kappung von Erzeugungsspitzen<br />
komme deshalb eine immer größere<br />
Bedeutung zu.<br />
Prämiensystem für netzdienlichen Betrieb?<br />
Im Hinblick auf die Etablierung eines lokalen Einspeisemanagements<br />
im Energiemarkt bemängeln die<br />
Ingolstädter Wissenschaftler jedoch, dass bei den gegenwärtigen<br />
Rahmenbedingungen keine finanziellen<br />
Anreize bestehen, um Biogasanlagen netzdienlich zu<br />
flexibilisieren. Noch zu entwickelnde Prämiensysteme<br />
für einen netzdienlichen Betrieb könnten hierbei Abhilfe<br />
schaffen.<br />
Im Folgeprojekt NetFlex, das vom Bundeslandwirtschaftsministerium<br />
über die Fachagentur Nachwachsende<br />
Rohstoffe finanziert wird, soll die Biogasanlagen-Steuerung<br />
nun weiterentwickelt werden, um die<br />
Bedürfnisse des Verteilnetzes in Echtzeit in den Fokus<br />
der vorausschauenden Fahrplanerstellung zu rücken.<br />
Die Steuerung soll auf Schwankungen von PV-Anlagen<br />
kurzfristig und selbstlernend reagieren.<br />
Bei konstanter Einspeisung der Biogasanlage kommt es zu einer Überlastung des<br />
Leistungsschalters am Netzverknüpfungspunkt. Dabei werden die angeschlossenen<br />
Stromerzeuger vom Netz getrennt.<br />
Dazu ist eine detaillierte und sekundengenaue lokale<br />
Vorhersage der PV-Einspeiseleistung über Wolkentracking<br />
vorgesehen. In die Steuerung sollen hierzu verbesserte<br />
Wetterprognosen hinsichtlich kleinräumiger<br />
und kurzfristiger Schwankungen auf Basis hochaufgelöster<br />
Satelliten- und Wetterkameradaten integriert<br />
werden. Deshalb ist das Meteorologische Institut München<br />
in das Projekt unter erneuter Koordination des<br />
Instituts für neue Energie-Systeme an der TH Ingolstadt<br />
einbezogen. Am 1. September ist das dreijährige<br />
Projekt NetFlex gestartet.<br />
Autor<br />
Christian Dany<br />
Freier Journalist<br />
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87
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
KURZ-REISEBERICHTE AHK-GESCHÄFTSREISEN<br />
Myanmar: interessantes Bioenergiepotenzial –<br />
noch zögerliche Marktentwicklung<br />
Insbesondere Asien stand für das Referat International des Fachverbandes Biogas e.V. in den vergangenen<br />
Jahren immer wieder im Fokus, wenn es darum geht, vielversprechende Exportmärkte zu sondieren, in denen<br />
Komponentenhersteller und Errichter von schlüsselfertigen Biogasanlagen aus den Reihen unserer Mitglieder<br />
Geschäftsmöglichkeiten entwickeln können. Vor diesem Hintergrund repräsentierte der beim Fachverband angesiedelte<br />
EZ-Scout der GIZ kürzlich wieder den Fachverband und seine Mitglieder bei zwei AHK-Geschäftsreisen.<br />
Von Markus FürstDas ehemalige<br />
Birma war<br />
in den Fünfzigerjahren<br />
eines der am<br />
Naypyidaw<br />
weitesten entwickelten<br />
Länder Südostasiens<br />
und nach dem Ende<br />
der britischen Kolonialherrschaft<br />
auch eines<br />
der ersten (allerdings<br />
fragilen) demokratischen<br />
Systeme. Nach<br />
dem Putsch und Sturz<br />
der ersten demokratisch<br />
legitimierten Regierung im Jahr 1962 ist<br />
das Land politisch, gesellschaftlich und<br />
wirtschaftlich weit zurückgefallen. Mit<br />
den Wahlen im November 2010 und der<br />
Verabschiedung einer neuen Verfassung<br />
Deutsch-Myanmarisches Erneuerbare-Energien-<br />
Symposium in Yangon.<br />
hat sich das politische System Myanmars<br />
grundlegend verändert: Seit März 2011 hat<br />
Myanmar offiziell wieder eine zivile Regierung,<br />
die nach Jahren politischer und wirtschaftlicher<br />
Isolation erste Reformschritte<br />
in Richtung Demokratisierung und ökonomischer<br />
Öffnung eingeleitet hat.<br />
Angesichts der Reformbemühungen hat<br />
die Europäische Union die Sanktionierung<br />
Myanmars weitestgehend aufgehoben –<br />
damit wurde nach fast zwanzigjähriger<br />
Pause auch wieder deutsches Engagement<br />
möglich: Internationale Geber wie Weltbank<br />
und Asean Development Bank ebenso<br />
wie die deutsche Entwicklungszusammenarbeit<br />
sind erst seit 2012 wieder im Land<br />
aktiv.<br />
Myanmar war zum Zeitpunkt des vom Militär<br />
eingeleiteten Übergangs zu einer ersten<br />
zivilen Regierung im Jahr 2011 bei den<br />
meisten Entwicklungsindikatoren weit abgeschlagen.<br />
Das Land durchläuft seitdem<br />
einen im regionalen, aber auch globalen<br />
Kontext beeindruckenden Reformprozess,<br />
der im April 2016 mit dem Amtsantritt<br />
der ersten demokratisch legitimierten zivilen<br />
Regierung seit Jahrzehnten einen<br />
vorläufigen Höhepunkt fand. Der Prozess<br />
aufholender Entwicklung findet unter herausfordernden<br />
Bedingungen statt – an<br />
erster Stelle sind hier die Defizite bei institutionellen<br />
Strukturen und Kapazitäten<br />
zu nennen.<br />
60 Prozent Wasserkraftstrom<br />
Aufgrund des immensen Aufholbedarfs der<br />
Wirtschaft – aber auch des Energiehungers<br />
der privaten Nutzer – ist der hohe Energiebedarf<br />
im Land unstrittig: 2016/2017<br />
lagen die installierten Stromerzeugungskapazitäten<br />
bei 5.389 Megawatt (MW). Der<br />
Anteil der Wasserkraft an der Energieversorgung<br />
liegt bei 60 Prozent der gesamten<br />
installierten Erzeugungskapazitäten, der<br />
von Erdgas bei 35,8 Prozent und der von<br />
Kohle bei 2 Prozent. Erneuerbare Energien<br />
spielen im aktuellen Strommix noch keine<br />
messbare Rolle – dabei ist das Potenzial<br />
für Erneuerbare sehr groß. Allerdings ist<br />
das natürliche Potenzial für Erneuerbare<br />
Energien bisher noch nicht konsolidiert erfasst:<br />
Für Windenergie wird ein natürliches<br />
Erzeugungspotenzial von 365,1 Terawattstunden<br />
(tWh) pro Jahr angenommen – für<br />
Solarenergie von 51.973 TWh pro Jahr.<br />
Im Bereich Bioenergie handelt es sich bisher<br />
lediglich um – teilweise vom Projektentwickler<br />
mitfinanzierte – Pilotprojekte,<br />
jedoch können diese durchaus das vorhandene<br />
Potenzial Myanmars aufzeigen.<br />
Ein bislang fehlender bzw. unzulänglicher<br />
rechtlicher Rahmen für Erneuerbare Energien<br />
macht die Bewertung des Sektors<br />
schwierig und bringt (zumindest bislang)<br />
signifikante Planungsunsicherheiten mit<br />
sich. Gleichzeitig ist das Interesse ausländischer<br />
(Finanz-)Investoren jedoch sehr<br />
groß.<br />
Vor diesem Hintergrund lud die Renewables<br />
Academy AG im Namen der Exportinitiative<br />
Energie gemeinsam mit der Delegation der<br />
Deutschen Wirtschaft in Myanmar (AHK<br />
Yangon) und dem Projektentwicklungsprogramm<br />
PEP der Deutschen Gesellschaft für<br />
Internationalen Entwicklung (GIZ) GmbH<br />
vom 10. bis 14. September 2018 zu einer<br />
AHK-Geschäftsreise nach Myanmar ein. Im<br />
Rahmen der Fachkonferenz am 11. September<br />
in Yangon hatten acht deutsche Unternehmen<br />
die Möglichkeit, ihre Produkte<br />
und Dienstleistungen dem Fachpublikum<br />
aus Myanmar zu präsentieren.<br />
An den Folgetagen organisierte die AHK für<br />
jedes teilnehmende Unternehmen indivi-<br />
88
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
duelle Termine mit Entscheidungsträgern<br />
und potenziellen Geschäftspartnern in<br />
Myanmar. Das Leitthema der Fachkonferenz,<br />
„Eigenversorgung mit Erneuerbaren<br />
Energien für Industrie & Gewerbe – Fokus<br />
auf Solar- & Bioenergie“, motivierte sieben<br />
deutsche Unternehmen der Bioenergie-<br />
und Solarbranche zu einer Teilnahme.<br />
Sie wurden durch ein überraschend starkes<br />
Interesse von über 120 Teilnehmern<br />
der Fachbranchen aus Myanmar belohnt,<br />
die unter anderem auch dem Vortrag des<br />
EZ-Scouts beim Fachverband zum Thema<br />
„Biomass and biogas as power sources for<br />
green industrial growth“ zuhörten.<br />
Neuer lokaler Biogasverband<br />
Der EZ-Scout repräsentierte auch bei dieser<br />
Veranstaltung die Mitgliedsfirmen aus den<br />
Bereichen Komponenten und schlüsselfertige<br />
Komplettsysteme und hob unter anderem<br />
während der Podiumsdiskussion mit<br />
internationalen Referenten die Vorreiterrolle<br />
der deutschen Biogaswirtschaft sowie<br />
die herausragende Expertise deutscher Firmen<br />
in diesem Sektor hervor. Im weiteren<br />
Verlauf der Konferenzwoche wurden auch<br />
deutsche Unternehmen und potenzielle<br />
Partner aus Myanmar bei Sondierungsgesprächen<br />
unterstützt und erste Gespräche<br />
über mögliche Kooperationen mit dem neu<br />
gegründeten lokalen Biogasverband und<br />
dem Erneuerbare-Energien-Verband Myanmars<br />
geführt.<br />
Während der Fachkonferenz gab ein Vertreter<br />
des Ministeriums für Elektrizität und<br />
Energie von Myanmar (MOEE) auch nähere<br />
Podiumsdiskussion mit Vertretern deutscher Firmen und dem EZ-Scout<br />
als Repräsentant des Fachverbandes Biogas e.V.<br />
Informationen zu einem Gesetzesvorhaben<br />
zur Förderung von Erneuerbaren Energien<br />
bekannt: Myanmar besitzt zwar ein hohes<br />
Potenzial für die Energiegewinnung aus Erneuerbaren<br />
Energien, jedoch fehlte bisher<br />
eine entsprechende Gesetzgebung, die die<br />
Entwicklung von erneuerbaren Energien<br />
regelt.<br />
Mithilfe des neuen Gesetzes beabsichtigt<br />
die Regierung nun Anreize zu schaffen, die<br />
den Markt der Erneuerbaren Energien für<br />
öffentliche sowie private Investoren, unter<br />
anderem durch Steuererleichterungen,<br />
attraktiver gestalten soll. Unter anderem<br />
strebt Myanmar bis 2020 an, 8 Prozent des<br />
Stroms durch erneuerbare Energiequellen<br />
zu erzeugen – bis 2025 soll der Anteil dann<br />
bei 12 Prozent liegen. Ziel des Gesetzes sei<br />
es außerdem, die Versorgung aller Haushalte<br />
mit Elektrizität bis 2030 zu erreichen.<br />
Zum Vergleich: Bisher haben lediglich 40<br />
Prozent der Haushalte in Myanmar Zugang<br />
zu Elektrizität. Insbesondere in den ländlichen<br />
Regionen, die nicht an das nationale<br />
Stromnetz angeschlossen sind, besteht jedoch<br />
Potenzial für die Stromerzeugung aus<br />
Bioenergie. Auch wenn sich die Marktentwicklung<br />
derzeit noch zögerlich darstellt,<br />
zeichnen sich vor allem in diesen Bereichen<br />
sowie im Segment biowaste-to-biogas<br />
(zum Beispiel Lebensmittelproduktion und<br />
Veredelung von Agrarprodukten) durch das<br />
Gesetz neue Marktchancen für deutsche<br />
Unternehmen ab.<br />
FOTOS: DELEGATION DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFT IN MYANMAR (AHK YANGON)<br />
89
INTERNATIONAL<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Manila<br />
FOTOS: DEUTSCH-PHILIPPINISCHE INDUSTRIE- UND<br />
HANDELSKAMMER (AHK MANILA)<br />
Gruppenbild mit Repräsentanten deutscher Firmen der Biogas- und Solarbranche<br />
sowie dem EZ-Scout als Vertreter von FvB und GIZ.<br />
Philippinen: In der Vergangenheit wenig Aktivitäten – aber große Pläne internationaler Unternehmen<br />
Aufgrund des Wirtschaftswachstums<br />
und der stabilen<br />
Beschäftigtenquote wachsen<br />
die Konsumfreude der philippinischen<br />
Mittelschicht und<br />
somit auch der Energiebedarf nach wie vor<br />
stark. Gleichzeitig mangelt es an der Energieversorgung,<br />
weshalb der privatisierte<br />
Energiesektor vor allem für ausländische<br />
Investoren von Interesse ist.<br />
Im Jahr 2016 entfielen 47,7 Prozent der<br />
Bruttostromerzeugung auf (größtenteils<br />
minderwertige) Kohle. Erdgas lag mit einem<br />
Anteil von 21,9 Prozent deutlich<br />
dahinter, gefolgt von Erdwärme (12,2<br />
Prozent) und Wasserkraft (8,9 Prozent) –<br />
während Energie aus Erdöl lediglich einen<br />
Anteil von 6,2 Prozent erreicht. Durch die<br />
starke Nutzung von Wasserkraft und Geothermie<br />
liegt der Anteil der Erneuerbaren<br />
Energien aktuell schon bei 24,2 Prozent.<br />
Zwar erreichen bei dieser Betrachtung die<br />
klassischen Erneuerbaren – also Wind, Solar<br />
und Biomasse – zusammen nur einen<br />
Anteil von 3,1 Prozent, sie erfahren derzeit<br />
aber einen lebhaften Aufschwung.<br />
Zum Vergleich: 2013 lag der Anteil noch<br />
bei 0,3 Prozent. Dieses Wachstum ist zum<br />
einen darauf zurückzuführen, dass die Regierung<br />
kürzlich die zweite Runde an Ausschreibungen<br />
für eine Einspeisevergütung<br />
abgeschlossen hat. Zum anderen werden<br />
die philippinischen Unternehmen – mangels<br />
wirklich förderlicher Rahmenbedingungen<br />
durch Einspeisetarife (FiT) – nun<br />
selbst immer offener und aktiver und sehen<br />
mehr und mehr die Potenziale bei der Wirtschaftlichkeit<br />
von Eigenenergieerzeugung.<br />
Modernes Regelwerk schafft<br />
attraktive Bedingungen<br />
Im ASEAN-Raum gelten die Philippinen<br />
nach wie vor als ein Vorreiter bei den Erneuerbaren<br />
Energien. Bereits die Vorgängerregierungen<br />
hatten, unter anderem im Zuge<br />
ihrer Bemühungen um die Klimaschutzziele,<br />
ein modernes Regelwerk geschaffen<br />
(u.a. Feed-in-Tariffs, Net Metering,<br />
Strombörse), das die Philippinen für viele<br />
deutsche Unternehmen im Bereich Erneuerbare<br />
Energien attraktiv macht. Nicht<br />
zuletzt durch intensive Aufklärungsarbeit<br />
unter anderem auch deutscher Institutionen<br />
ist es gelungen, auch die wichtigsten<br />
Entscheidungsträger der neuen Regierung<br />
davon zu überzeugen, dass Erneuerbare<br />
Energien auch unter den Schlagworten<br />
„Wirtschaftlichkeit“ und „Bezahlbarkeit“<br />
eine zukunftsweisende und unverzichtbare<br />
Bedeutung für die Philippinen mit ihren<br />
zahlreichen Inseln darstellen.<br />
Bei einer Fachkonferenz am 16. Oktober<br />
2018 in Manila, die während der AHK-<br />
Geschäftsreise im Rahmen der Exportinitiative<br />
Energie stattfand, hatten deutsche<br />
Unternehmen nun wieder einmal die Mög-<br />
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90
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
INTERNATIONAL<br />
Dr. Andree Buhl, Wirtschaftsattaché der Deutschen Botschaft in Manila, eröffnete die Konferenz „Unabhängige<br />
Energieversorgung durch Erneuerbare in Industrie und Gewerbe“.<br />
Über 80 Teilnehmer der lokalen Wirtschaft mit<br />
Interesse an Energie-Eigenversorgung nahmen an<br />
dem Symposium teil.<br />
lichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen<br />
dem philippinischen Fachpublikum<br />
zu präsentieren. Die einwöchige Informationsreise<br />
wurde von der Deutsch-Philippinischen<br />
Industrie- und Handelskammer<br />
gemeinsam mit der RENAC AG organisiert<br />
und stand unter dem Motto: „Eigenversorgung<br />
mit erneuerbaren Energien für Industrie<br />
und Gewerbe“. An den darauffolgenden<br />
Tagen hatte die AHK für jedes mitgereiste<br />
Unternehmen auf deren Wunsch hin individuelle<br />
Termine bei relevanten philippinischen<br />
Entscheidungsträgern und potenziellen<br />
Geschäftspartnern organisiert.<br />
Mehrere aus Deutschland angereiste Unternehmensvertreter<br />
diskutierten vor über<br />
80 philippinischen Konferenzteilnehmern<br />
„best practice examples“ und „lessons<br />
learnt“ zum Themenkomplex Eigenversorgung<br />
mit Erneuerbaren. Der durch die<br />
Deutsche Gesellschaft für Internationale<br />
Zusammenarbeit (GIZ) GmbH im Auftrag<br />
des Bundesministeriums für wirtschaftliche<br />
Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ) an den Fachverband Biogas entsandte<br />
EZ-Scout repräsentierte dabei den<br />
Fachverband und seine Mitglieder – u.a.<br />
durch einen Vortrag zu „Biogas for self consumption<br />
in German industries – trends,<br />
figures and practical examples“ sowie<br />
durch seine Teilnahme an einer Podiumsdiskussion<br />
zum Konferenzthema, bei der<br />
er insbesondere die langjährige Expertise<br />
und das vorhandenes Know-how der Firmenmitglieder<br />
hervorhob. Im Anschluss<br />
an die Konferenz begleitete der EZ-Scout<br />
auch direkte bilaterale Gespräche zwischen<br />
deutschen Unternehmen und philippinischen<br />
Partnern. Dabei ging es um Kooperationen<br />
im Bereich Capacity Building<br />
(Sicherheits- und Betreiberschulungen)<br />
und um Unterstützung bei der Erstellung<br />
von Sicherheitskonzepten für biowaste-tobiogas-Anlagen<br />
im Megawattbereich.<br />
Das Fazit der deutschen Teilnehmer war<br />
überwiegend positiv: Zwar gab es in der<br />
Vergangenheit wenig Aktivitäten – vor allem<br />
im Bereich mittlerer und großvolumiger<br />
Biogasanlagen –, durch bessere Rahmenbedingungen<br />
und ein steigendes Bewusstsein<br />
für die Möglichkeiten der Biogastechnologien,<br />
insbesondere in den Bereichen<br />
Abfallmanagement und Eigenenergieerzeugung,<br />
zeichnen sich aber große Pläne –<br />
auch internationaler Unternehmen – für<br />
die nahe Zukunft ab, bei denen deutsche<br />
Unternehmen der Biogasbranche eine wesentliche<br />
Rolle spielen können.<br />
Autor<br />
Markus Fürst<br />
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91
Aus der<br />
Verbandsarbeit<br />
BERICHT AUS DER GESCHÄFTSSTELLE<br />
Zukunft im Fokus<br />
In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche wegweisende<br />
gesetzliche und technische Rahmenbedingungen für die gesamte<br />
Biogasbranche geändert beziehungsweise auf den Weg<br />
gebracht. Der Fachverband Biogas e.V. war bei allen Diskussionen<br />
intensiv eingebunden und konnte hier wichtige Erfolge<br />
für die Branche erreichen.<br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
Im November/Dezember lag das Augenmerk auf der Begleitung des Energiesammelgesetzes.<br />
Im Bundesrat kam deutlicher Rückenwind für Biogas<br />
mit etlichen Änderungsanträgen (unter anderem zum Formaldehydbonus<br />
und zum Flexdeckel). Erfreulich ist natürlich auch, dass die meisten<br />
Forderungen auf konkrete Vorschläge des Fachverbandes zurückgehen.<br />
Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig und auch wie effektiv die Länderarbeit<br />
ist, die der Fachverband mit all seinen Mitgliedern in den jeweiligen Regionen<br />
stets vorantreibt.<br />
Im Dezember wurde dann das Energiesammelgesetz beschlossen. Aufgegriffen<br />
wurden auch wesentliche Änderungsvorschläge der Bioenergieverbände<br />
beziehungsweise der Länder: Zum einen wird es künftig jährlich zwei Ausschreibungen<br />
für Biomasse geben, jeweils zum 1. April und zum 1. November,<br />
während das jährliche Ausschreibungsvolumen auf die beiden Runden<br />
aufgeteilt wird. Zum anderen wird die Güllekleinanlagenklasse von 75 kW<br />
installierter Leistung auf 75 kW Bemessungsleistung umgestellt und damit,<br />
wie von den Bioenergieverbänden vorgeschlagen, die Umrüstung auf eine<br />
bedarfsgerechte Fahrweise ermöglicht. Ebenfalls beschlossen wurde die<br />
Regelung zum Flexdeckel. Ab offizieller Verkündung der Ausschöpfung des<br />
Flexdeckels greift eine Karenzzeit für die Umsetzung von geplanten Vorhaben<br />
von 16 Monaten. Dies löst die Problematik des Invesitionsstaus aufgrund der<br />
Unsicherheiten, wann der Flexdeckel erreicht wird. Ärgerlich ist allerdings,<br />
dass gegenüber der Version von Juni nun nochmals 100 MW abgezogen wurden<br />
und der Deckel nun bei 1.000 MW sein wird.<br />
Das beschlossene Gesetz enthält auch die gewünschte Ergänzung, dass Biogasanlagen,<br />
die nicht bereits zum Zeitpunkt ihrer Inbetriebnahme über eine<br />
BImSch-Genehmigung verfügten, Anspruch auf den Formaldehydbonus haben.<br />
Allerdings gilt die Klarstellung nur unter Vorbehalt, da sie noch von der<br />
EU-Kommission genehmigt werden muss.<br />
92
Engagiert. Aktiv. Vor Ort. Und in Berlin: Der Fachverband Biogas e.V.<br />
Anzahl der Abfragen im<br />
Mitgliederservice steigt wieder an<br />
Im Mitgliederservice hat die Anzahl an Anfragen<br />
in den letzten Wochen wieder deutlich<br />
zugelegt. Schwerpunktmäßig kamen<br />
dabei Fragen zu den möglichen EEG-Änderungen<br />
durch das Energiesammelgesetz<br />
sowie zum Formaldehydbonus. Daneben<br />
spielt nach wie vor die Thematik Flexibilisierung<br />
eine große Rolle. Weiterhin hat die<br />
Herbst/Winter-Veranstaltungssaison in den<br />
Regionalgruppen begonnen und es fanden<br />
bereits in vielen Regionen Treffen, Fachtagungen<br />
oder Praxistage statt. Einen Themenschwerpunkt<br />
wird im nächsten Jahr<br />
das Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur<br />
bilden, das letztendlich für<br />
alle Anlagenbetreiber relevant ist. Die Nutzung<br />
des Webportals wird nach derzeitigem<br />
Stand ab dem 31. Januar <strong>2019</strong> möglich<br />
sein und war zuletzt für den 4. Dezember<br />
2018 vorgesehen gewesen.<br />
TRAS 120 beschlossen<br />
Nach über 35 Sitzungsterminen und harten<br />
Verhandlungen wurden am 29. November<br />
2018 durch die Kommission für Anlagensicherheit<br />
(KAS) die im Rahmen der Ländereinspruchsdiskussion<br />
vorgenommenen<br />
Änderungen der Technischen Regel Anlagensicherheit<br />
(TRAS) 120 – Biogasanlagen<br />
beschlossen. Die TRAS 120 ist damit durch<br />
die KAS final diskutiert und wird jetzt dem<br />
zuständigen Bundesumweltministerium<br />
(BMU) zur Veröffentlichung empfohlen.<br />
Nach einer redaktionellen Überarbeitung<br />
soll die TRAS 120 als neue Erkenntnisquelle<br />
zum Stand der Technik und dem Stand der<br />
Sicherheitstechnik (relevant für Biogasanlagen<br />
im Regelungsbereich der Störfallverordnung)<br />
zeitnah Anfang <strong>2019</strong> im Bundesanzeiger<br />
veröffentlicht werden. Auch wenn der<br />
aktuelle Stand der TRAS 120 noch einige<br />
kritische Anforderungen bereithält, konnten<br />
wir aber durch unser intensives Mitwirken<br />
zahlreiche Probleme und unverhältnismäßige<br />
Anforderungen an Bestands- und Neuanlagen<br />
verhindern. Zum Beispiel konnte kurz<br />
vor Ende der Diskussion der TRAS 120 das<br />
drohende Verbot von Klemmschlauchbefestigungen<br />
von Gasspeichersystemen bei<br />
Biogasanlagen, die dem Störfallrecht unterliegen,<br />
verhindert werden. Klemmschlauchbefestigungen<br />
müssen demnach zukünftig<br />
über eine zusätzliche mechanische Einrichtung<br />
verfügen, die ein spontanes Versagen<br />
des Klemmschlauchsystems verhindert<br />
(zum Beispiel durch Seil- oder Gurtbefestigungen).<br />
Ob und wie die für den Vollzug zuständigen<br />
Behörden die TRAS 120 in die Praxis<br />
umsetzen, bleibt abzuwarten. Der Fachverband<br />
wird die TRAS 120 in den nächsten<br />
Wochen in diversen Regionalgruppen- und<br />
Fachveranstaltungen vorstellen und diskutieren.<br />
Unter anderem ist ein Fachgespräch<br />
für Sachverständige und Firmenvertreter<br />
am 7. Februar <strong>2019</strong> in Fulda geplant. Die<br />
wesentlichen neuen Anforderungen werden<br />
in einem Infopapier aufbereitet und – wo<br />
notwendig – entsprechende Hilfestellungen<br />
(zum Beispiel Vorlagen für Dokumentationsanforderungen)<br />
oder angepasste<br />
Schulungskonzepte (Schulungsverbund<br />
Biogas) entwickelt.<br />
Treffen der AG Instandhaltung<br />
Zu ihrer zweiten Sitzung hat sich Mitte<br />
November die Arbeitsgruppe Instandhaltung<br />
getroffen. Da ein großer Teil der Schadensfälle<br />
und Unfälle auf Biogasanlagen<br />
während Wartungs- und Reparaturarbeiten<br />
passiert, arbeitet die AG an Mustereinweisungsprotokollen<br />
(inkl. Gefährdungsbeurteilung<br />
und Freigabeschein) für besonders<br />
Immer wenn wir Energie brauchen, kann Biogas liefern:<br />
Bei Tag und Nacht, bei Wind und Wetter.<br />
Umstrukturierung in<br />
der Geschäftsstelle<br />
Nach dem Weggang von Dr. Stefan Binder, bisheriger<br />
Leiter des Referats Hersteller und Technik,<br />
wird die Betreuung der Firmen- und Technikthemen<br />
zukünftig wieder durch den Geschäftsführer<br />
Manuel Maciejczyk übernommen. Herausgelöst<br />
werden in diesem Zuge die Themen Stromnetze,<br />
Netzanschluss, Anlagenzertifizierung und Systemdienstleistungen<br />
und in einem neu eingerichteten<br />
Referat (Stromnetze und Systemdienstleistungen)<br />
unter der Leitung von Florian Strippel<br />
bearbeitet. Hierzu gehört auch die Betreuung und<br />
Neustrukturierung des AK Stromnetze, die Vertretung<br />
des Fachverbandes im Kompetenzzentrum<br />
Netze des BEE.<br />
gefährliche Tätigkeiten an Biogasanlagen.<br />
Des Weiteren wird es einen Leitfaden zur<br />
Durchführung und Beauftragung von sicheren<br />
Wartungs- und Reparaturarbeiten<br />
geben sowie ein Schulungskonzept zur sicheren<br />
Instandhaltung (TRAS 120, AwSV).<br />
Nachdem bereits im Juli 2018 die erste<br />
„Qualifizierung für zur Prüfung befähigte<br />
Personen für die jährlich/dreijährlich wiederkehrende<br />
Prüfung“ gemäß Betriebssicherheitsverordnung<br />
(BetrSichV) erfolgreich<br />
durchgeführt wurde, folgte nun im<br />
Oktober 2018 die „Qualifizierung für zur<br />
Prüfung befähigte Personen für die sechsjährlich<br />
wiederkehrende Prüfung“ nach<br />
Anhang 2 Nr. 3.3 BetrSichV (weitere Informationen<br />
auf Seite 101).<br />
Neue Veröffentlichungen im<br />
Bereich Sicherheit<br />
Aufgrund einiger Anmerkungen aus der<br />
Feuerwehrpraxis wurde die Arbeitshilfe<br />
Regional. Verlässlich. Klimafreundlich. Biogas kann‘s!<br />
93
VERBAND<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
A-016 (Brandschutz auf Biogasanlagen)<br />
punktuell (Umgang mit Gasfackeln, Löschwasserversorgung,<br />
Zutrittsmöglichkeiten<br />
für Feuerwehren etc.) überarbeitet und in<br />
neuer Version veröffentlicht.<br />
Das gemeinsam von DWA und DVGW und<br />
Fachverband entwickelte Merkblatt DWA M<br />
375/DVGW G436-2 – „Technische Dichtheit<br />
von Membranspeichersystemen bei<br />
Biogasanlagen“ wurde im September final<br />
im Weißdruck veröffentlicht und kann ab<br />
sofort bei der DWA und der DVGW käuflich<br />
erworben werden. In dem Merkblatt werden<br />
Anforderungen an die Gewährleistung der<br />
Dichtheit von quasi-drucklosen Biogasspeichersystemen<br />
definiert und die nach dem<br />
Stand der Technik geeigneten Prüfmethoden<br />
beschrieben.<br />
Im November wurden zwei neue Infopapiere<br />
zu den gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Prüf- und Dokumentationspflichten sowie<br />
zur Frostsicherheit auf Biogasanlagen auf<br />
der Webseite des Fachverbandes publiziert.<br />
44. BImSchV in Kraft getreten<br />
Das dominierende Thema im Referat Genehmigung<br />
der letzten Zeit war die „Verordnung<br />
über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen-<br />
und Verbrennungsmotoranlagen“,<br />
die als 44. BImSchV am 14. Dezember<br />
im Bundesrat beschlossen wurde und am<br />
Tag danach in Kraft getreten ist. Neben der<br />
Diskussion der sehr komplexen Übergangsvorschriften,<br />
der Identifizierung von dringendem<br />
Änderungsbedarf zur Einspeisung<br />
von Vorschlägen in das Bundesratsverfahren,<br />
galt es insbesondere Fragen zur Einordnung<br />
als „bestehende Anlage“ im Sinne<br />
der Verordnung zu klären. Eine Bewertung<br />
und Interpretation der 44. BImSchV steht<br />
als Infopapier auf der Webseite des Fachverbandes<br />
Biogas zur Verfügung.<br />
Aktivitäten des Referats<br />
International<br />
Im November organisierte der im Fachverband<br />
zugeordnete EZ-Scout Markus Fürst<br />
zusammen mit EZ-Scouts weiterer Energie-Branchenverbände<br />
einen sogenannten<br />
„Private Sector Day“ im Rahmen der Renewable<br />
Energy & Efficiency Week (REEW).<br />
In diesem Zusammenhang fanden mehrere<br />
Podiumsdiskussionen und Workshops unter<br />
Beteiligung von Vertretern des Fachverbandes<br />
statt, in denen sich Vertreter<br />
der Privatwirtschaft aus Deutschland und<br />
von Entwicklungs- und Schwellenländern<br />
zu gelungenen Projekten und Erfahrungen<br />
austauschen konnten.<br />
Organisiert von der Deutsch-Philippinischen<br />
Industrie- und Handelskammer in<br />
Manila in Zusammenarbeit mit der renac<br />
AG war der Fachverband auch bei der letzten<br />
AHK-Geschäftsreise auf die Philippinen<br />
präsent (siehe Seite 88). Im Rahmen<br />
der Kooperationsvereinbarung mit der GIZ<br />
Serbien haben lokale Berater, die GIZ und<br />
der Fachverband Biogas für das serbische<br />
Energieministerium eine Analyse zur Unterstützung<br />
von kleinen Biogasanlagen in<br />
Serbien erstellt. Der Bericht definiert „kleine<br />
Biogasanlagen“ für Serbien als solche<br />
mit einer installierten Leistung von 100<br />
Kilowatt elektrische Leistung und empfiehlt<br />
die Verwendung von mindestens 80<br />
Prozent Gülle, um die Umweltziele zu erreichen.<br />
Ein neuer Einspeisetarif wird für<br />
<strong>2019</strong> erwartet.<br />
Sitzung des Firmenbeirates<br />
bei der Biogas Convention in<br />
Hannover<br />
Im Rahmen der Biogas Convention hatte<br />
sich der Firmenbeirat im Fachverband zusammengefunden<br />
und aktuelle Themen erörtert.<br />
Neben einer Diskussion der gesamten<br />
energiepolitischen Themenpalette wie<br />
des Energiesammelgesetzes, der RED II,<br />
von aktuellen Problemen beim Mischpreisverfahren,<br />
der Ergebnisse der aktuellen<br />
Ausschreibungen, der Flexibilisierung und<br />
eines aktuell in Bearbeitung befindlichen<br />
Biomethanstrategiepapiers standen auch<br />
aktuelle Entwicklungen am technischen<br />
Regelwerk (TRAS 120, 44. BImSchV) auf<br />
der Tagesordnung. Insbesondere hatte man<br />
sich auch dafür ausgesprochen, die Bepreisung<br />
von CO 2<br />
als wesentlichen Schlüssel<br />
für die Weiterentwicklung von Biogas voranzutreiben.<br />
Zahlreiche Veranstaltungen<br />
im Herbst<br />
Das Referat Veranstaltungen hat im letzten<br />
Quartal 2018 erfolgreich die 28. Biogas<br />
Convention und den Gemeinschaftsstand<br />
mit „BIOGAS-Treff“ auf der EnergyDecentral<br />
in Hannover organisiert. Über 525 Teilnehmer<br />
nahmen an den über 60 Vorträgen<br />
und den 8 Workshops und der Lehrfahrt<br />
vom 14. bis 16. November teil. Der Stand<br />
des Fachverbandes war an allen Messetagen<br />
stark frequentiert, Mitglieder und Messebesucher<br />
holten sich von den Experten<br />
aus erster Hand die aktuellsten Informationen<br />
oder ließen sich individuell beraten.<br />
Die Stimmung auf der Tagung und der Messe<br />
war zudem optimistischer als in den Jahren<br />
zuvor. Neben der Biogas Convention wurde<br />
im Referat Veranstaltungen ferner erstmalig<br />
am 15. Oktober das Fachgespräch „Lokale<br />
Hof-Biogastankstelle: Stand der Technik,<br />
Chancen und Perspektiven“ in Friedberg/<br />
Augsburg mit großem Zuspruch organisiert.<br />
Mit fast 70 Teilnehmern war das Fachgespräch<br />
komplett ausgebucht. Schließlich<br />
lag ein weiterer Fokus auf der Vorbereitung<br />
verschiedenster Veranstaltungen in <strong>2019</strong>,<br />
darunter der Messestand auf den Biogasinfotagen<br />
am 30./31. Januar in Ulm, die<br />
Beteiligung am Kongress „Kraftstoffe der<br />
Zukunft“ am 21./22. Januar in Berlin oder<br />
die Abfallvergärungstagung vom 11. bis<br />
13. März, die erstmalig in Kooperation mit<br />
der TU Dresden stattfinden wird.<br />
GP-Broschüre<br />
Die in der Reihe Biogas Wissen erschienene<br />
Broschüre „Düngen mit Gärprodukten“<br />
liegt ab sofort auch in englischer Sprache<br />
als „Digestate as Fertilizer“ sowohl online<br />
als auch als Printversion vor. Die vom Fachverband<br />
gemeinsam mit der Deutschen<br />
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) GmbH, der Indian Biogas Association<br />
(IBA) und dem European Compost<br />
Network (ECN) e.V. erstellte Broschüre verschafft<br />
auf 66 Seiten einen umfassenden<br />
Überblick über die Erzeugung von Gärprodukten,<br />
deren Anwendungsmöglichkeiten,<br />
über rechtliche Anforderungen, Ausbringtechnik<br />
und die unterschiedlichen Aufbereitungsverfahren.<br />
Darüber hinaus gibt es<br />
Tipps zu Vermarktungsstrategien, zur Gütesicherung<br />
und zu Sicherheitsaspekten.<br />
Im hinteren Teil stehen beispielhafte Referenzanlagen<br />
und ein Firmenverzeichnis<br />
renommierter Unternehmen aus dem Bereich<br />
Gärproduktaufbereitung. Die Broschüre<br />
kann kostenlos beim Fachverband<br />
bestellt werden (info@biogas.org) und steht<br />
als Download zur Verfügung (https://www.<br />
digestate-as-fertilizer.com/).<br />
Entpackte Lebensmittel<br />
Aufgrund der aktuellen Diskussion um den<br />
Einsatz verpackter Lebensmittel in Biogasanlagen<br />
(Bundesratsinitiative, Novellierung<br />
94
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
VERBAND<br />
Gewerbeabfallverordnung und Düngemittelverordnung,<br />
Verbote der Düngung im Futterbau für die Milcherzeugung)<br />
hat sich der Fachverband in einem Erfahrungsaustausch<br />
mit rund 40 Betreibern von Abfallvergärungsanlagen<br />
getroffen. Dabei wurden verschiedene<br />
Maßnahmen diskutiert und festgelegt, wie die öffentliche<br />
und politische Wahrnehmung verbessert werden<br />
kann und die ökologischen Vorteile der Kreislaufführung<br />
organischer Reststoffe besser dargestellt werden<br />
können. Dazu zählen politische Maßnahmen durch<br />
Ansprache von Politikern und Ministerien, Öffentlichkeitsarbeit<br />
über verschiedene Medien und Argumentationshilfen<br />
für die Betreiber sowie Selbstverpflichtungen<br />
zu technischen Maßnahmen durch die Branche. Dieses<br />
Vorgehen wird in Kooperation mit anderen Organisationen,<br />
wie der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V.,<br />
und den Betreibern sukzessiv umgesetzt.<br />
Sitzung des Betreiberbeirates Ende<br />
November in Erfurt<br />
Am 30. November traf sich der Betreiberbeirat in<br />
Erfurt. Die Sitzung war an einen Workshop des BBE<br />
(Bundesverband Bioenergie) angedockt, zu dem die<br />
Betreiber als Experten eingeladen worden waren. Im<br />
Workshop, der am Vortag stattfand, wurden zahlreiche<br />
Konzepte für die Zeit nach der ersten Vergütungsperiode<br />
vorgestellt und diskutiert. Insbesondere die Vorträge<br />
zum Thema Kraftstoff wurden vor dem Hintergrund der<br />
neuen EU-Gesetzgebung interessiert verfolgt.<br />
Bei der eigentlichen Sitzung war das Energiesammelgesetz<br />
das dominierende Thema. Darüber hinaus wurden<br />
die Forderungen des Fachverbandes Biogas für die kommende<br />
große Novelle diskutiert. Ebenfalls vorgestellt<br />
wurde der grobe Rahmen der Biomethanstrategie.<br />
Autoren<br />
Dr. Stefan Rauh<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
Geschäftsführer<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />
0 81 61/98 46 60<br />
info@biogas.org<br />
REGIONALGRUPPE SÜDWÜRTTEMBERG<br />
BHKW-Profischulung mit Praxis-Mehrwert<br />
Auf Initiative von Markus Jehle,<br />
Kreissprecher Ravensburg<br />
der Regionalgruppe, fand die<br />
erste Profi-BHKW-Schulung<br />
des Fachverbandes Biogas in<br />
Baden-Württemberg statt. Der auf 25 Teilnehmer<br />
limitierte Workshop in der schwäbischen<br />
Bauernschule Bad Waldsee kam sehr<br />
gut an – das Feedback war ausnahmslos positiv.<br />
Ursache dafür waren die Referenten,<br />
die natürlich von Firmen kamen, aber zumeist<br />
wohltuend neutral über Sachverhalte<br />
informierten, die jeder BHKW-Betreiber als<br />
Standard wissen sollte.<br />
Zitat mehrerer Biogasanlagenbetreiber<br />
nach der Tagung: „Das hätte ich vor meinem<br />
letzten BHKW-Kauf wissen sollen!“<br />
Die Teilnehmer kamen aus ganz Baden-<br />
Württemberg und bis aus München der am<br />
weitesten angereiste Gast. Die Inhalte waren<br />
so vielschichtig wie die zahlreichen Fragen<br />
der Betreiber in den Diskussionsrunden<br />
nach den Vorträgen. Mit dem Einstieg<br />
in typische BHKW-Schäden und deren Vermeidbarkeit<br />
eröffnete Anselm Lenz von der<br />
Firma Exacon die Nabelschau und erläuterte<br />
zahlreiche vermeidbare Schadensbilder.<br />
Rohgasaufbereitung und Aktivkohlefilterung<br />
erklärte Alexander Nehrig von der selecta<br />
bioenergie gmbh in schon fast wissenschaftlicher<br />
Neutralität – einer der klarsten<br />
Vorträge für die Praktiker. Wiederum mit<br />
Schadensbildern startete Anselm Lenz den<br />
Block „Betriebsstoffe überwachen“ und<br />
zeigte Beispiele, die durch ungeeignetes<br />
Motorkühlwasser verursacht wurden. Michael<br />
Gülck von CHEVRON Deutschland<br />
referierte über Kühlmittel und Kühlmittelanalysen,<br />
das richtige Interpretieren von<br />
Ölanalysen und Ursachen klopfender Verbrennung<br />
– mehrere Augenöffner für fast<br />
alle Teilnehmer im Raum.<br />
Kurzfristig aufgrund der Brisanz noch eingestiegen<br />
war Klaus Hagl von Elektor-Hagl,<br />
der über die 44.BImschV und die TA Luft<br />
berichtete. Besonders deshalb, weil der<br />
Veranstaltungstermin Ende Oktober noch<br />
rechtzeitig als (beeinflussbares?) „Warnzeichen“<br />
vor dem 20. Dezember als Stichtag<br />
für die Definition „Bestands-BHKW“<br />
lag. Klar wurde den Teilnehmern, dass<br />
die Schlüsseltechologie SCR-Kat keine<br />
Schuhschachtel-Dimension einnimmt,<br />
sondern durchaus einen halben Container<br />
umfassen kann.<br />
Weitere Themen betrafen Schäden an Abgaswärmetauschern<br />
(Matthias Kahl, Enkotherm),<br />
BHKW-Packaging (Jens Plackner,<br />
MAC energy systems VerwaltungsGmbH)<br />
und als neues Angebot die „vorausschauende<br />
Instandhaltung des BHKW“ (Jürgen<br />
Strecker, 2G Energy AG). An etlichen Stellen<br />
hätten sich die Betreiber sogar mehr,<br />
also noch intensivere Informationen gewünscht,<br />
die zeitlich im gesteckten Rahmen<br />
aber nicht erfüllt werden konnten. Es<br />
gilt aber: Bedarf muss artikuliert und adressiert<br />
werden!<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />
Regionalreferent Süd<br />
Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />
07 71/18 59 98 44<br />
otto.koerner@biogas.org<br />
95
VERBAND<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
REGIONALGRUPPE SCHWARZWALD<br />
Rübentag zeigt interessante<br />
Perspektiven auf<br />
Auf Anregung von Markus Traber,<br />
Kreissprecher Landkreis<br />
Konstanz in der Regionalgruppe,<br />
fand Anfang November der<br />
erste Biogas-Rübentag Baden-<br />
Württemberg statt. Er fand mit über 40<br />
Teilnehmern eine gute Resonanz für ein aus<br />
dem Blickfeld geratenes Thema: Die Futterrübe<br />
war bis vor etwa 20 oder 30 Jahren regulärer<br />
Bestandteil der Tierfütterung in den<br />
landwirtschaftlichen Betrieben der Region!<br />
Anlass zum Rübentag war zum einen die<br />
jetzt in der Region seit 2017 neu verfügbare<br />
mobile Erntetechnik mit der Verlademaus<br />
einschließlich Nachreinigung und<br />
Steintrenner durch den Maschinenring Alb-<br />
Oberschwaben. Und zum anderen konnte<br />
eine neu entwickelte stationäre Zerkleinerung<br />
für Rüben vorgestellt werden, die positive<br />
Betriebserfahrungen von etwa einem<br />
Jahr aufwies.<br />
Im Theorieteil berichteten Sebastian<br />
Schaffner im Überblick über Anbau, Lagerung<br />
und Verwertung, Hubertus Kleiner und<br />
Manfred Stumpp über die Verlademaus und<br />
Prof. Kazda über den Einsatz der Rübe zur<br />
Flexibilisierung. Für die Betreiber waren<br />
die Praktikerberichte von besonderer Bedeutung:<br />
Bernd Günther aus Unterfranken<br />
stellte die geballte Erfahrung aus 14 Jahren<br />
Biogasanlagenbetrieb mit Rüben-Ganzjahresfütterung<br />
und eigenem Anbau für seine<br />
1.100-kW-Biogasanlage vor.<br />
Markus Traber berichtete im Gegensatz dazu<br />
über seine Rüben-Halbjahresfütterung für<br />
Milchvieh und als Betreiber einer kleinen<br />
Biogasanlage (150 kW el<br />
). Die Lagerung als<br />
zentrales Thema erfolgt bei Letzterem als<br />
Ganzrüben-Silage mit Frischzerkleinerung<br />
bis März (April) oder in Mischsilierung mit<br />
verschiedenen von Bernd Günther getesteten<br />
Varianten: schwer verdauliche GPS als<br />
Bett mit weiteren Schichten Rüben und<br />
GPS darüber, gemeinsames Einsilieren mit<br />
Silomais (38 bis 40 Prozent TS-Optimum)<br />
oder Einsilieren mit (Mais-)Stroh.<br />
Der entscheidende Vorteil der Mischsilagen:<br />
Der starke Sickersaftanfall wird von<br />
den Ko-Silagesubstraten aufgesogen und<br />
schließt schwer verdauliche Substrate bereits<br />
im Silo auf für bessere Verdaulichkeit<br />
im Fermenter! Zusammenfassend ist festzuhalten:<br />
Die teurere Energierübe kann in<br />
Biogasanlagen mit Anteilen von 20 bis 30<br />
Prozent durch Substratverflüssigung und<br />
Reduktion des Rühraufwandes, mit höheren<br />
Biogaserträgen bei Mischfütterung<br />
und mit der Fruchtfolgediversifizierung die<br />
Mehrkosten kompensieren, wobei die richtige<br />
angepasste Technologie für den jeweiligen<br />
Betrieb und den Umfang des Rübeneinsatzes<br />
entscheidend ist.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />
Regionalreferent Süd<br />
Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />
07 71/18 59 98 44<br />
otto.koerner@biogas.org<br />
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B<br />
FOTOS: OTTO KÖRNER<br />
Die erste Verlademaus mit Steintrennung in<br />
der Region – vorgestellt von Manfred Stumpp<br />
(Lohnunternehmer), links Markus Traber.<br />
Neben Willibald-Zerkleinerer und der Rübenschaufel<br />
stand der stationäre Frischzerkleinerer von INDU-<br />
NORM im Zentrum des Interesses: Links unten der<br />
mit Widerstandssensoren gesteuerte Steinauswurf<br />
nach vorne.<br />
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96
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
VERBAND<br />
Freilandmuseum Fladungen<br />
profitiert von Biogaswärme<br />
REGIONAL<br />
BÜRO<br />
SÜD-OST<br />
Am 29. November hat sich<br />
die Regionalgruppe Oberfranken/Unterfranken<br />
zum<br />
Biogas-Praxistag auf der<br />
Biogasanlage von Familie<br />
Hückl in Fladungen getroffen.<br />
Regionalgruppensprecher<br />
Andreas Popp konnte zwei Dutzend<br />
Teilnehmer bergrüßen, die sich über neue<br />
innovative Anlagenkonzepte informieren<br />
ließen.<br />
2G Energietechnik stellte ein neues Anlagenkonzept<br />
zur thermischen Nachverstromung<br />
mithilfe einer ORC-Anlage vor. Dabei<br />
ließ vor allem eine Betriebsvariante zur Erzeugung<br />
von Eigenstrom die Anwesenden<br />
aufhorchen. Bei dieser Variante konnte<br />
bisher eine interessante KfW-Fördermöglichkeit<br />
genutzt werden, die zwar zum<br />
Treffen der Regionalgruppe in Fladungen.<br />
Jahresende 2018 ausläuft, aber eine Anschlussregelung<br />
ist bereits verabschiedet.<br />
Regionalreferent Markus Bäuml erläuterte<br />
den Mitgliedern die Ergebnisse der zweiten<br />
EEG-Ausschreibung sowie die daraus resultierenden<br />
Schlussfolgerungen und politischen<br />
Änderungsvorschläge für das Energiesammelgesetz<br />
und die im kommenden<br />
Jahr anstehende große EEG-Novelle. Es<br />
schloss sich eine sehr intensive und anregende<br />
Diskussion über den weiteren Verlauf<br />
der Flexibilisierung an. Einige anwesende<br />
Vertreter von Ingenieursbüros und Planern<br />
mutmaßten, dass der weitere Zubau von<br />
Flexleistung wesentlich über 23 Megawatt<br />
(MW) – dem durchschnittlichen Monatsmittelwert<br />
der letzten Zeit – liegen wird,<br />
sodass der im EnSaG geplante Flex-Deckel<br />
in Höhe von 1.000 MW schon zu Beginn<br />
des zweiten Quartals <strong>2019</strong><br />
ausgeschöpft sein könnte.<br />
Lange Genehmigungs-,<br />
Liefer- und Bauzeiten würden<br />
den Druck auf die Betreiber erhöhen.<br />
Man war sich am Ende darüber einig, dass<br />
alle an einer Flexibilisierung interessierten<br />
Betreiber gut beraten sind, umgehend mit<br />
den Planungen zu beginnen, um die Chancen<br />
einer fristgerechten Projektumsetzung<br />
zu wahren. Zum Schluss stellte Hückl den<br />
Besuchern seine Anlage vor. Dabei konnte<br />
er seine Berufskollegen vor allem mit seinem<br />
Wärmeverwertungskonzept für eine<br />
100-prozentige Wärmeverwertung beeindrucken.<br />
Nicht ohne Stolz verwies er darauf,<br />
dass unter anderem das Freilandmuseum<br />
in Fladungen ganzjährig mit seiner<br />
Biogaswärme versorgt wird.<br />
Autor<br />
Markus Bäuml<br />
Regionalreferent<br />
FOTOS: MARKUS BÄUML<br />
MAPRO International LOGO.pdf 1 12.11.13 10:21<br />
Die Teilnehmer des Regionalgruppentreffens<br />
besichtigten<br />
die Biogasanlage Hückl, hier im<br />
Bildhintergrund ist die Heizzentrale<br />
der Nahwärmeversorgung<br />
zu sehen.<br />
Regionalbüro Süd-Ost<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
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97
VERBAND<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Landesverband Erneuerbare<br />
Energien Baden-Württemberg<br />
wird vorbereitet<br />
REGIONAL<br />
BÜRO<br />
SÜD<br />
Über drei neue Initiativen in Baden-Württemberg<br />
ist zu berichten:<br />
1. Die erste Veranstaltung der Fachverband<br />
Biogas Service GmbH in Baden-Württemberg<br />
fand als BHKW-Profischulung auf<br />
Initiative von Markus Jehle, Kreissprecher<br />
Ravensburg der Regionalgruppe Südwürttemberg,<br />
in der Bauernschule Bad Waldsee mit großem<br />
Erfolg statt – so zumindest ausnahmslos die Rückmeldung<br />
der teilnehmenden Betreiber! Bei Bedarf<br />
kann sie in den beiden anderen Regionalgruppen<br />
erneut starten.<br />
2. Der Rübentag bei Markus Traber, Kreissprecher<br />
Konstanz der Regionalgruppe Schwarzwald, war<br />
gleichfalls eine Premiere – ebenfalls mit erfreulicher<br />
Resonanz; auch Schüler der Fachschule für<br />
Landwirtschaft Stockach waren anwesend. Dabei<br />
konnte deren Lehrern der neue Schulfilm des<br />
Fachverbandes Biogas mit Schorsch Hackl über<br />
die Zusammenschau aller Erneuerbaren Energien<br />
überreicht werden.<br />
3. Nach den Vorgesprächen im Sommer wird in den<br />
kommenden Monaten der Landesverband Erneuerbare<br />
Energien (LEE) Baden-Württemberg zum<br />
Leben erweckt!<br />
Anlass zu der erneuten Initiative ist ganz deutlich die<br />
Erfahrung der vergangenen Dekade, dass die Einzelkämpfer-Aktivitäten<br />
der sechs EE-Branchen in Baden-<br />
Württemberg nicht oder nur begrenzt erfolgreich waren.<br />
Das gilt nicht nur für Baden-Württemberg. Die gleichen<br />
Erkenntnisse waren Motivationsbasis für die bestehenden<br />
LEEs unter anderem in NRW und Thüringen sowie<br />
die Neugründungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen<br />
in 2018.<br />
Als Vorläufer gab es bei uns bereits Anfang der 2000er<br />
Jahre auf Initiative von Walter Witzel (BWE Ba-Wü e.V.)<br />
und dem Verfasser als Vertreter der Biogasbranche eine<br />
informelle Arbeitsgemeinschaft EE gemeinsam mit<br />
dem Holzenergiefachverband Baden-Württemberg e.V.<br />
(HEF) in Person von Helmut Bunk, der Arbeitsgemeinschaft<br />
Wasserkraft Baden-Württemberg e.V. vertreten<br />
durch Julian Aicher und dem Bundesverband Geothermie<br />
e.V. mit Horst Kreutter. Eine Landespressekonferenz<br />
im Landtag in Stuttgart war eine wichtige, weil mit<br />
beachtlichem öffentlichen Interesse verbundene Aktion,<br />
zum Beispiel wurde damals erstmalig das 10-Prozent-Windkraft-Ziel<br />
für Baden-Württemberg massiv<br />
vorgetragen, das heute politische Leitschnur ist. Entscheidender<br />
Nachteil der Aktion: Sie war einmalig und<br />
weitere Aktivitäten verliefen im Sande.<br />
Grundlage der neuen Initiative ist der im vergangenen<br />
Jahrzehnt deutlich größer gewordene Leidensdruck<br />
der Erneuerbaren hier im Lande: Immer mehr EE-<br />
Projekte, insbesondere der Windkraft, sehen sich in<br />
der Öffentlichkeit einer zunehmend kritischen Haltung<br />
bestimmter Bevölkerungskreise gegenüber, die nicht<br />
selten von sogenannten Landschaftsschützern angestachelt<br />
werden.<br />
Wasserkraft und Holzenergie befürchten administrative<br />
Vorgaben, die den Betrieb ihrer Anlagen massiv in Frage<br />
stellen beziehungsweise sogar deren Aus bedeuten<br />
könnten. Die über 900 Biogasanlagen im Lande fürchten<br />
ebenfalls um ihre Existenz, und neue Biogasanlagen,<br />
ob Mais freie Reststoffanlagen oder selbst kleine<br />
75-kW-Hofanlagen, rufen Bürgerinitiativen auf den<br />
Plan. Und selbst Freiflächen-Sonnenstrom-Anlagen<br />
werden bereits von Gemeinden per Beschluss für ihre<br />
Gemarkung ausgeschlossen.<br />
Maßgebend dafür, so die Analyse der beteiligten Verbände,<br />
ist eine häufig weitreichende Uninformiertheit<br />
über die einzelnen Erneuerbaren Energien, die zugehörigen<br />
rechtlichen Rahmenbedingungen und die<br />
Energiewende, wie sie funktioniert und wie sie umgesetzt<br />
werden kann. Der Zusammenschluss der EE-<br />
Verbände soll diese Defizite angehen im Rahmen eines<br />
institutionalisierten LEE Baden-Württemberg, der<br />
offen sein wird für weitere Mitglieder. Gespräche mit<br />
dem Umweltministerium Baden-Württemberg waren<br />
so erfreulich, dass der Initiative eine finanzielle Förderung<br />
in Aussicht gestellt wurde. Momentan stehen<br />
die Erarbeitung von Satzung, Geschäftsordnung und<br />
Programmatik auf der Agenda.<br />
Autor<br />
Dipl.-Ing. RU Otto Körner<br />
Regionalreferent Süd<br />
Gumppstr. 15 · 78199 Bräunlingen<br />
07 71/18 59 98 44<br />
otto.koerner@biogas.org<br />
98
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
VERBAND<br />
Auf Landesebene für Biogas<br />
REGIONAL<br />
BÜRO<br />
OST<br />
Anlässlich der 50. Thüringer<br />
Biogas-Fachtagung in<br />
Erfurt sprach sich die Energieministerin<br />
Anja Siegesmund<br />
entschieden für den<br />
Erhalt der 270 Biogasanlagen<br />
im Freistaat aus. Diese<br />
seien auf dem Weg zum hiesigen Ziel 100<br />
Prozent Erneuerbare Energie in 2040 wichtig.<br />
Neben der vorteilhaften Klimawirkung<br />
sei auch die regionale Wertschöpfung ein<br />
starkes Argument für Biogasanlagen. Gute<br />
zukunftsweisende Referenzprojekte werden<br />
noch zu wenig kommuniziert.<br />
Vor über 100 Teilnehmern bot sie der<br />
Branche Unterstützung an und forderte<br />
die Anwesenden auf, ihr Wünsche und Anregungen<br />
mitzugeben. Diese wollte sie in<br />
nachfolgende Gespräche mit Peter Altmaier<br />
mitnehmen. Die drei Veranstalter, Fachverband<br />
Biogas, Thüringer Bauernverband<br />
und die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft,<br />
formulierten daraufhin dann<br />
auch unverzüglich einen Katalog.<br />
Der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums,<br />
Staatssekretär Dr. Klaus Sühl, hob<br />
die gute kontinuierliche Zusammenarbeit<br />
der Veranstalter in den letzten 17 Jahren<br />
hervor. Jetzt wäre es wichtig, sich zu Post-<br />
EEG-Nutzungsmöglichkeiten auszutauschen.<br />
Dass die Betreiber von der aktuellen<br />
Politik im Stich gelassen werden, kritisierte<br />
FOTO: THÜRINGER BAUERNVERBAND_ANJA NUSSBAUM<br />
Erhardt Oelsner, Regionalgruppe Thüringen, Fachverband Biogas<br />
e.V., Toralf Müller, Thüringer Bauernverband e.V., Ministerin Anja<br />
Siegesmund, Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und<br />
Naturschutz, und Gerd Reinhold, Thüringer Landesanstalt für<br />
Landwirtschaft.<br />
er und rief dazu auf, zusammen<br />
mit gleichgesinnten Bundesländern<br />
für die Bioenergie einzutreten.<br />
In den Fachvorträgen zeichnete<br />
Volker Aschmann von Emission<br />
Partner das Motorverhalten unter<br />
Teillastbetrieb auf welche<br />
Kosten damit verbunden sind.<br />
Wie sich Emissionen aus Über-<br />
Unterdrucksicherungen minimieren<br />
lassen, erklärte Torsten<br />
Reinelt vom DBFZ anschaulich.<br />
„Der Flex-Betrieb von Biogasanlagen<br />
wird die Emissionen<br />
eher reduzieren“, ist sich der<br />
Wissenschaftler sicher.<br />
Anhand von Beispielen zeigte<br />
Florian Strippel von der Service<br />
GmbH des Fachverbandes<br />
Biogas, wie die Dokumentation nach<br />
Stoffstrombilanzverordnung aussehen soll.<br />
Hier gibt es noch viel Unsicherheit bei den<br />
Betreibern. Interessant war auch die Projektauswertung<br />
von Marcel Lindemann von<br />
der Biotechnologie Nordhausen GmbH. In<br />
60 Prozent der Thüringer Biogasanlagen<br />
liegt die Verweilzeit im gasdichten Gärraum<br />
unter 150 Tagen. Fast alle dieser Anlagen<br />
haben einen Gülleanteil von 80 bis<br />
100 Prozent und halten den Grenzwert der<br />
Restgaspotenzialbestimmung von 1,5 Prozent<br />
ein. Dies spricht für eine differenzierte<br />
Bewertung der Anlagen vor einer pauschalisierten<br />
Abdeckpflicht.<br />
Autor<br />
Ingo Baumstark<br />
Regionalreferent Ost<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Meistersingerstr. 4<br />
14471 Potsdam<br />
03 31/23 53 738<br />
ingo.baumstark@biogas.org<br />
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VERBAND<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Kattowitz-Regelbuch wird<br />
Paris nicht umsetzen<br />
FOTO: BEE E.V.<br />
Gastbeitrag von Dr. Simone Peter, Präsidentin des<br />
Bundesverbandes Erneuerbare Energie e.V. (BEE)<br />
In Paris hatte sich die internationale<br />
Staatengemeinschaft das bislang<br />
vielversprechendste Klimaschutzversprechen<br />
gegeben. Wie groß war die<br />
Hoffnung, die Weltwirtschaft bis zur<br />
Mitte des Jahrhunderts klimagerecht zu<br />
gestalten, denn die Beschlüsse von Paris<br />
hielten Ziele und Verpflichtungen der Staatengemeinschaft<br />
fest. Nun, drei Jahre später,<br />
standen auf der mittlerweile 24. UN-<br />
Klimakonferenz im polnischen Kattowitz<br />
die Details zur Umsetzung auf der Agenda.<br />
Auch wenn es einige positive Ansätze gibt –<br />
der große Wurf blieb aus. Das beschlossene<br />
Regelbuch wird Paris nicht umsetzen.<br />
Es war ein zähes Ringen um mehr Ambition<br />
beim Klimaschutz. Die IPCC-Berichte wurden<br />
zwar als wegweisend anerkannt und<br />
alle Staaten müssen für 2030 bessere Klimaschutzziele<br />
vorlegen. Es ist aber völlig<br />
unklar, wie sie das tatsächlich erreichen.<br />
Es liegt bei den Nationalstaaten, was sie<br />
aus den Beschlüssen von Kattowitz machen.<br />
Unbestritten ist: Klimaschutz muss<br />
in den kommenden Jahren tatsächlich<br />
stattfinden und die Erderwärmung in einem<br />
für Mensch und Natur noch vertretbaren<br />
Bereich gehalten werden. Dazu hat das Regelbuch<br />
der COP24 ein Stück weit beigetragen.<br />
Immerhin gibt es jetzt gemeinsame<br />
Regeln für alle, zum Beispiel Transparenzregeln<br />
und Standards zur CO 2<br />
-Erfassung.<br />
Für die Umsetzung in Deutschland wird<br />
das Klimaschutzgesetz entscheidend sein.<br />
Dabei muss es gelingen, an die frühere<br />
Vorreiterrolle in Sachen Energiewende und<br />
Klimaschutz anzuknüpfen. Denn dieses<br />
Bild hat sich mittlerweile geändert. Der<br />
CO 2<br />
-Ausstoß bleibt auf hohem Niveau, die<br />
Energiewende stockt seit Jahren und wird<br />
politisch am kurzen Zügel geführt. So wurde<br />
aus dem Vorreiter ein Nachzügler, wie<br />
der zu Beginn der zweiten COP-Woche von<br />
Germanwatch und New Climate Insitute<br />
vorgestellte Klimaschutz-Index zeigt.<br />
Dem Index zufolge erreicht kein Land<br />
die in Paris getroffenen Vereinbarungen,<br />
denn der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern<br />
verläuft nur schleppend – trotz<br />
des global ungebrochenen Ausbaus der<br />
Erneuerbaren Energien. Das gilt auch für<br />
Deutschland. Anstatt den Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien zu beschleunigen,<br />
bremst die Bundesregierung seit Jahren,<br />
zuerst bei der Photovoltaik, dann beim<br />
Biogas und jüngst bei der Windenergie. Im<br />
Wärme- und Verkehrsbereich stagniert es<br />
seit Jahren – ökologisch wie ökonomisch<br />
unerklärlich.<br />
Den Kohleausstieg schnell einzuleiten,<br />
ist aus Klimaschutzgründen wichtig – ihn<br />
sozialverträglich zu gestalten, ist für die<br />
betroffenen Regionen unverzichtbar. Sie<br />
benötigen gute Alternativen mit Zukunftsperspektiven.<br />
Die Aufgabe der Kommission<br />
für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung<br />
ist daher gewiss keine leichte,<br />
aber es führt kein Weg daran vorbei. Dass<br />
dies für die Regionen durchaus erfolgreich<br />
vonstattengehen kann, präsentiert der BEE<br />
auf seiner Website anhand von Praxisbeispielen<br />
im Rahmen eines Themen-Dossiers.<br />
Denn gerade die Energieregionen sind<br />
aufgrund ihrer Netzinfrastruktur, ihrer<br />
Flächenverfügbarkeit und ihres Knowhows<br />
geeignet, Modellregionen für eine<br />
zukunftsfähige Energieversorgung mit<br />
Erneuerbaren Energien, für die Sektorenkopplung<br />
und den Einsatz von Speichern<br />
zu werden.<br />
In der Erneuerbare-Energien-Branche sind<br />
deutschlandweit bereits hunderttausende<br />
Arbeitsplätze entstanden, gerade auch in<br />
den vom Strukturwandel betroffenen Bundesländern,<br />
zum Beispiel Brandenburg<br />
oder NRW. Entlang der Wertschöpfungskette<br />
arbeiten Planer, Anlagenbauer, Betreiber<br />
und weitere Dienstleister rund um Erhalt<br />
und Wartung der Anlagen.<br />
Beschäftigte der Kohlewirtschaft mit Berufen<br />
aus dem Mechatronik-, Energie- und<br />
Elektrobereich finden mit Umschulungen<br />
und Fortbildungen in Unternehmen der Erneuerbare-Energien-Branche<br />
potenzielle<br />
neue Arbeitgeber. Und eine starke Erneuerbaren-Branche<br />
wird noch viel mehr Beschäftigung<br />
und Wertschöpfung, insbesondere<br />
in ländlichen Regionen, generieren<br />
können; bislang ist das Ausbau-Potenzial<br />
nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft. Das<br />
gilt gerade auch für das Biogas, das sehr<br />
gut geeignet ist, im Strom-, Wärme- und<br />
Verkehrssektor stärker genutzt zu werden.<br />
Die Innovationskraft der Branche macht<br />
Hoffnung auf zahlreiche Zukunftsoptionen,<br />
sofern regulatorische Hemmnisse<br />
beseitigt werden. Und: Biogasanlagen<br />
leisten einen signifikanten Beitrag zum<br />
Klimaschutz.<br />
Sowohl Braunkohletagebau als auch Steinkohlebergwerke<br />
hinterlassen große Konversionsflächen,<br />
die oft weder für Landwirtschaft,<br />
Wohnen oder Industrie geeignet<br />
sind. Erneuerbare Energiequellen lassen<br />
sich dort aber umso effektiver mobilisieren.<br />
Ein verstärkter Einsatz von Erneuerbaren<br />
Energien in allen Sektoren wiederum hilft,<br />
deutlich mehr Emissionen einzusparen,<br />
aber im Gegenzug ist der Einsatz fossiler<br />
Energien deutlich zu reduzieren.<br />
Dem für <strong>2019</strong> geplanten Klimaschutzgesetz<br />
kommt daher eine große Bedeutung<br />
zu. Seine wichtigste Aufgabe wird es sein,<br />
die nationalen Ziele an das Pariser Klimaschutzabkommen<br />
anzupassen und für<br />
alle Sektoren Treibhausgaseinsparungen<br />
festzulegen. Definierte Sektorziele schaffen<br />
hierbei die nötige Verbindlichkeit, und<br />
ebenso eine Regelung, nach der die Bundesregierung<br />
Strafzahlungen bei Zielverfehlungen<br />
an die verantwortlichen Ministerien<br />
durchreichen kann.<br />
Bereits im Jahr 2020 droht Deutschland<br />
eine deutliche Verfehlung des Ziels. Werden<br />
für die Folgejahre nicht verbindliche<br />
Zwischenziele und Maßnahmen definiert,<br />
ist auch die Einhaltung aller nachfolgenden<br />
Ziele ungewiss und damit wichtige<br />
Zeit für den Klimaschutz, aber auch für die<br />
dringende Modernisierung der Energieversorgung<br />
vertan.<br />
100
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
VERBAND<br />
1. „Qualifizierung für zur Prüfung befähigte Personen für<br />
die sechsjährig wiederkehrende Prüfung“ durchgeführt<br />
Nachdem bereits im Juli 2018<br />
die erste „Qualifizierung für<br />
zur Prüfung befähigte Personen<br />
für die jährlich/dreijährlich<br />
wiederkehrende Prüfung“<br />
nach Anhang 2 Nr. 3.1 Betriebssicherheitsverordnung<br />
(BetrSichV) erfolgreich<br />
durchgeführt wurde, folgte nun im Oktober<br />
2018 die „Qualifizierung für zur Prüfung<br />
befähigte Personen für die sechsjährlich<br />
wiederkehrende Prüfung“ nach Anhang 2<br />
Nr. 3.3 BetrSichV.<br />
Den 18 Teilnehmern aus dem gesamten<br />
Bundesgebiet wurde an vier Tagen ein intensives<br />
Programm aus Theorie und Praxis<br />
rund um die Prüftätigkeiten als zur Prüfung<br />
befähigte Person geboten. Neben<br />
rechtlichen Grundlagen, unter anderem<br />
zur Betriebssicherheitsverordnung und<br />
Gefahrstoffverordnung, lag der Schwerpunkt<br />
der Fortbildung besonders auf den<br />
erforderlichen Prüfungen bezüglich Explosionssicherheit<br />
und dem technischen<br />
Explosionsschutz sowie den erforderlichen<br />
Prüfmitteln und der Erstellung der Prüfdokumentation.<br />
Die in der Theorie erworbenen Kenntnisse<br />
konnten dann an eineinhalb Tagen in der<br />
Praxis auf einer Biogasanlage angewendet<br />
werden. So wurde in kleinen Gruppen ein<br />
Explosionsschutzdokument für die Biogasanlage<br />
erstellt und eine Prüfung der Anlage<br />
nach Anhang 2 Nr. 3.3 BetrSichV auf der<br />
Biogasanlage durchgeführt. Das Feedback<br />
der Teilnehmer zu dieser ersten Qualifizierung<br />
nach Anhang 2 Nr. 3.3 BetrSichV war<br />
wie bereits bei der Qualifizierung der jährlich/dreijährig<br />
wiederkehrenden Prüfungen<br />
durchweg positiv, so wurden besonders die<br />
Referenten, die zahlreichen Diskussionen<br />
und interessanten Inhalte gelobt – sowie<br />
die Möglichkeit der direkten Anwendung in<br />
der Praxis.<br />
Die Qualifizierung ist Teil eines modularen<br />
Schulungskonzeptes, innerhalb dessen der<br />
Fachverband sowohl Betreiber als auch zur<br />
FOTO: FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />
Praxisteil: In kleinen Gruppen wurde ein Explosionsschutzdokument<br />
für die Biogasanlage erstellt<br />
und eine Prüfung der Anlage nach Anhang 2 Nr.<br />
3.3 BetrSichV auf der Biogasanlage durchgeführt.<br />
Prüfung befähigte Personen bei der Umsetzung<br />
der BetrSichV unterstützen will.<br />
Im nächsten Jahr sollen weitere Qualifikationen<br />
in anderen Regionen Deutschlands<br />
angeboten werden. Wir werden Sie hierüber<br />
zeitnah informieren.<br />
Autorin<br />
Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Marion Wiesheu<br />
Leiterin des Referats Qualifizierung und Sicherheit<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />
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RECHT<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
Formaldehydbonus –<br />
quo vadis?<br />
Seit dem Urteil des OLG Stuttgart vom April 2018 (Az. 2 U 129/17) ist<br />
die Biogasbranche stark verunsichert: Ist nun der Formaldehydbonus für<br />
alle Zukunft weg? Müssten Zahlungen hierauf in der Vergangenheit zurückerstattet<br />
werden und wenn ja, für wie viele Jahre?<br />
Von Dr. Helmut Loibl<br />
Mit dem EEG 2009 wurde der sogenannte<br />
Formaldehydbonus eingeführt:<br />
demnach sollten Biogasanlagen, die<br />
einen dem Emissionsminderungsgebot<br />
entsprechenden Formaldehydwert einhalten,<br />
einen Bonus in Höhe von 1,0 Cent pro Kilowattstunde<br />
(ct/kWh) bis einschließlich 500 Kilowatt (kW)<br />
Leistung erhalten. Das EEG 2009 sah diesen Bonus<br />
sowohl für alle damaligen Bestandsanlagen als auch<br />
für neue Anlagen vor, für diese aber nur, wenn sie einer<br />
Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz<br />
(BImSchG) bedurften. Klassische Grenzen für<br />
diese BImSchG-Pflicht sind etwa 1 Megawatt (MW)<br />
Feuerungswärmeleistung, 3 Tonnen (t) Gaslager oder<br />
6,5 t Gärrestlager.<br />
Problemstellung<br />
Viele Anlagen, gerade Satelliten-BHKW, waren bei ihrer<br />
ersten Inbetriebnahme lediglich nach Baurecht genehmigt<br />
und konnten damit den Bonus nicht erhalten.<br />
Erst in den letzten Jahren, in denen viel flexibilisiert<br />
und damit in aller Regel durch den BHKW-Zubau die<br />
1-MW-Feuerungswärmeleistung überschritten wurde,<br />
entstand die BImSchG-Pflicht, sodass dann fast alle<br />
Netzbetreiber den Bonus gewährt haben.<br />
Umstritten war die Änderung der Genehmigungsbedürftigkeit<br />
nach dem BImSchG im Jahr 2012: Damals<br />
wurde ein neuer Genehmigungstatbestand (1,2 Millionen<br />
Normkubikmeter Rohgasproduktion) eingeführt,<br />
sodass eine Vielzahl von eigentlich baurechtlich genehmigungsbedürftigen<br />
Anlagen ohne weiteres Zutun ins<br />
BImSchG gefallen sind. Hier war zunächst umstritten,<br />
ob auch diese den Bonus erhalten sollen, der Bundesgerichtshof<br />
(BGH) hat hier aber bereits seit langem<br />
grundsätzlich entschieden, dass – vereinfacht dargestellt<br />
– allein eine nachträgliche Änderung der Rechtslage<br />
nicht zur Auslösung eines Anspruchs führen soll.<br />
Leider wurden aber auch die Fälle, in denen eine Biogasanlage<br />
zunächst baurechtlich genehmigt war und<br />
erst später – zum Beispiel über die Flexibilisierung<br />
und die damit verbundene Erhöhung der Feuerungswärmeleistung<br />
– immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig<br />
wurde, nicht von allen Netzbetreibern<br />
einheitlich gehandhabt. Zwar waren sich in der Praxis<br />
nahezu alle Netzbetreiber einig, dass der Bonus dann<br />
anfallen soll, aber eben nicht alle.<br />
Folglich haben Anlagenbetreiber versucht, auch dort<br />
den Anspruch über den Gerichtsweg durchzusetzen, wo<br />
Netzbetreiber diesen verweigert haben, bislang leider<br />
ohne Erfolg. Im Gegenteil: Das OLG Stuttgart hat im<br />
zitierten Urteil entschieden, dass – vereinfacht dargestellt<br />
– nur derjenige einen Anspruch auf den Formaldehydbonus<br />
haben kann, der bereits bei seiner ersten<br />
Inbetriebnahme, also letztlich bei der ersten eingespeisten<br />
kWh, immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig<br />
war.<br />
Wer zunächst im Baurecht in Betrieb gegangen ist, soll<br />
nach dem OLG-Urteil niemals den Formaldehydbonus<br />
geltend machen können. Die Entscheidung ist nach wie<br />
vor nicht rechtskräftig, vor dem BGH läuft eine sogenannte<br />
Nichtzulassungsbeschwerde, über die wohl erst<br />
<strong>2019</strong> entschieden wird.<br />
Folgen des Urteils<br />
Die Folgen des Urteils – sofern es rechtskräftig wird –<br />
könnten verheerend für die Biogasbranche sein. Damit<br />
würde ein nicht unerheblicher Teil der Anlagenbetreiber<br />
nicht nur für alle Zukunft den Formaldehydbonus verlieren,<br />
es stünde zudem ein nicht unerheblicher Rückforderungsanspruch<br />
im Raum. Grundsätzlich verjähren<br />
Ansprüche des Netzbetreibers gegen Anlagenbetreiber<br />
binnen 2 Jahren bis zum Jahresende. Im Januar <strong>2019</strong><br />
müssten also die Jahre 2017 und 2018 sowie das<br />
begonnene Jahr <strong>2019</strong> zurückgezahlt werden. Ansprüche<br />
aus dem Jahr 2016 sind verjährt, es sei denn, ein<br />
Netzbetreiber hätte insoweit einen sogenannten Verjährungsverzicht<br />
beim Anlagenbetreiber eingeholt.<br />
Wer ist betroffen?<br />
Zunächst soll dargestellt werden, wer nicht betroffen<br />
ist, wer also weder den Bonus in Zukunft verlieren<br />
wird, noch diesen für die Vergangenheit zurückzahlen<br />
muss. „Sicher“ sind alle Anlagenbetreiber, deren<br />
Inbetriebnahmejahr 2008 oder früher ist. Der Form-<br />
102
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
RECHT<br />
aldehydbonus wurde mit dem EEG 2009 eingeführt,<br />
in der dortigen Übergangsvorschrift wurde er allen damals<br />
bestehenden Biogasanlagen zugestanden – und<br />
das völlig unabhängig von der Art der Genehmigung.<br />
Damit können auch lediglich baurechtlich genehmigte<br />
Biogasanlagen oder Satelliten mit einem Inbetriebnahmejahr<br />
vor 2009 weiterhin den Formaldehydbonus geltend<br />
machen.<br />
Betroffen sind damit also alle Biogasanlagen und/oder<br />
Satelliten-BHKW, die während des EEG 2009 in Betrieb<br />
gegangen sind (Inbetriebnahmejahre 2009, 2010<br />
und 2011): Wer hier von Anfang an BImSchG-pflichtig<br />
war, kann nach der OLG-Stuttgart-Entscheidung auch<br />
weiterhin den Bonus beanspruchen, wer das nicht war,<br />
verliert ihn für die Zukunft und muss gegebenenfalls<br />
mehrere Jahre zurückzahlen.<br />
Mögliche Abhilfe<br />
Der Wortlaut des Formaldehydbonus stellt darauf ab, ob<br />
die Biogasanlage oder der Satellit einer Genehmigung<br />
nach BImSchG bedurft hätte, und nicht darauf, ob eine<br />
solche vorlag. Wer also eine „falsche“ Genehmigung<br />
hatte, könnte möglicherweise ein Schlupfloch nutzen.<br />
Das gilt vor allem im Hinblick auf den Genehmigungstatbestand<br />
„3 t Gaslager“, dieser wurde damals von<br />
vielen Behörden schlichtweg übersehen.<br />
Zum Gaslager zählt hierbei der Gassack, aber auch<br />
das Freibord im Fermenter und – auch wenn hier je<br />
nach Bundesland sehr unterschiedliche Auslegungen<br />
denkbar sind – grundsätzlich das Endlager, soweit es<br />
gasdicht abgedeckt ist. Letzteres ist seiner Bestimmung<br />
nach nicht nur für die Aufnahme von Gärresten<br />
zuständig, sondern – sofern das Endlager leergefahren<br />
ist – auch für die Aufnahme von Biogas. In einem leeren,<br />
abgedeckten Endlager befindet sich zwangsläufig<br />
ein Gasgemisch, das zusammen mit den anderen Gaslagern<br />
häufig die 3-t-Grenze überschreitet (was bei der<br />
damaligen Genehmigung aber häufig übersehen wurde).<br />
Hier ist also jedem Anlagenbetreiber anzuraten,<br />
kritisch zu prüfen, ob er hierunter fallen kann.<br />
Allerdings ist hierbei auch Vorsicht geboten: Wer als<br />
EEG-2009-Anlagen BImSchG-pflichtig ist, muss ALLE<br />
(!) Gärrestlager abgedeckt und an die Gaserfassung<br />
angeschlossen haben sowie zudem über eine Gasfackel<br />
oder vergleichbare Einrichtung für Störfälle verfügt<br />
haben, weil ansonsten der NawaRo-, Gülle- und<br />
Landschaftspflegebonus entfallen. Es ist also eine sehr<br />
kritische Prüfung der Gesamtsituation nötig, bevor man<br />
hier vorschnell auf nicht passende Lösungen zusteuert.<br />
Hier ist dringend anzuraten, entsprechenden fachlichen<br />
Rat einzuholen.<br />
Lösung durch Gesetzgeber<br />
Möglicherweise müssen Anlagenbetreiber aber gar keine<br />
derartigen Klimmzüge machen, um ihren Formaldehydbonus<br />
zu retten. Der Fachverband Biogas hat es mit<br />
großem Engagement geschafft, in das „Energiesammelgesetz“,<br />
ein Gesetz also,<br />
das eine Vielzahl energierechtlicher<br />
Regelungen,<br />
darunter auch das EEG<br />
abändert, eine Klarstellung<br />
aufnehmen zu<br />
lassen. Im aktuellen<br />
Entwurf dieses Gesetzes,<br />
das der Bundestag<br />
bereits verabschiedet<br />
hat, ist eine<br />
Regelung in Paragraf<br />
104 enthalten.<br />
Dort heißt es sinngemäß,<br />
dass der Anspruch<br />
auf den Formaldehydbonus<br />
auch dann besteht, wenn die<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit<br />
erst nach<br />
der ersten Inbetriebnahme (aber nicht nur<br />
aufgrund einer Änderung der Gesetzeslage) entsteht.<br />
In diesem Fall soll der Bonus ab dem Zeitpunkt<br />
in Anspruch genommen werden können, ab dem die<br />
BImSchG-pflicht eingetreten ist.<br />
Eine solche gesetzliche Klarstellung würde die gesamte<br />
Problematik komplett erledigen: Der Gesetzgeber<br />
selbst würde damit klarstellen, wie das Gesetz eigentlich<br />
von Anfang an zu verstehen war, der OLG-Stuttgart-<br />
Entscheidung würde also faktisch der Boden entzogen<br />
werden. Damit wäre der Bonus für alle Betroffenen für<br />
die Zukunft gerettet. Nicht ganz klar ist die Vergangenheit,<br />
weil die gesetzliche Änderung ja erst <strong>2019</strong> in<br />
Kraft tritt, sodass man diskutieren könnte, ob hiermit<br />
ein Anspruch für die Vergangenheit bestehen kann. Im<br />
Hinblick auf den klaren Wortlaut und die Ausführungen<br />
in der Begründung sollten hieran aber keine Zweifel<br />
bestehen.<br />
Damit könnte die gesamte Problematik gelöst sein, ein<br />
Pferdefuß bleibt allerdings. Die Klarstellung im Gesetz<br />
muss zunächst von der Europäischen Kommission<br />
genehmigt werden. Das kann dauern. Bis dahin besteht<br />
jedoch die begründete Hoffnung, dass sich die<br />
gesamte Problematik um den Formaldehydbonus in<br />
Luft auflöst.<br />
Autor<br />
Dr. Helmut Loibl<br />
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht<br />
Sprecher des Juristischen Beirats im<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Kanzlei Paluka Sobola Loibl & Partner<br />
Prinz-Ludwig-Straße 11<br />
93055 Regensburg<br />
09 41/58 57 1-0<br />
loibl@paluka.de<br />
www.paluka.de<br />
FOTO: WWW.LANDPIXEL.DE<br />
„Sicher“ vor dem<br />
Verlust des Formaldehydbonus<br />
sind alle<br />
Anlagenbetreiber, deren<br />
Inbetriebnahmejahr<br />
2008 oder früher ist.<br />
103
PRODUKTNEWS<br />
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
„cupaburn“ – neu: Versorgungsgarantie im Nahwärmenetz<br />
Cupaburn ermöglicht eine umfassende<br />
Versorgungsgarantie und kommt dabei<br />
ganz ohne Heizhaus aus. Der Großwärmespeicher-Spezialist<br />
cupasol kombiniert<br />
eine moderne, automatisierte Holzheizung<br />
geschickt mit einem finanziell geförderten<br />
Großwärmespeicher. Beispiel: konstanter<br />
Betrieb einer Biogasanlage (BGA) mit<br />
500 kW el<br />
, 65 Prozent Gülleanteil, großes<br />
Nahwärmenetz, weniger als 20 Prozent<br />
Holzeinsatz, mehr als 85 Prozent Wärmenutzung<br />
der BGA, 2,5-fache thermische<br />
Spitzenleistung – das erreicht das Zusatz-<br />
Heizsystem cupaburn. Jede bestehende<br />
BGA lässt sich damit aufrüsten. Durch<br />
geringe Investitions- und laufende Kosten<br />
ist cupaburn eine preisgünstige Alternative<br />
zum Heizhaus. Die Versorgungsgarantie<br />
wird durch verschiedene Wärmequellen<br />
mehrfach abgesichert und die Wärme von<br />
BGA und Holzofen optimal genutzt. Zusätzlich<br />
lässt sich die BGA stromseitig später<br />
Versorgungsgarantie und hohe Abwärmenutzung mit<br />
dem günstigen Zusatz-Heizsystem „cupaburn“.<br />
stark flexibilisieren. cupaburn ist einfach<br />
aufgebaut und durch eine hohe Automatisierung<br />
sehr betreiberfreundlich.<br />
Kontakt: cupasol GmbH,<br />
Bahnhofstraße 11, 88214 Ravensburg,<br />
Tel. 07 51/76 96 26 70, info@cupasol.com, www.cupasol.com<br />
FOTO: CUPASOL GMBH<br />
Pumpenfabrik Wangen: Neuer Servicepartner<br />
für nordwestdeutschen Raum<br />
Die Firma LP Energy GmbH ist ab sofort<br />
als Servicepartner für die Pumpenfabrik<br />
Wangen GmbH tätig und übernimmt Service-<br />
und Reparaturaufgaben für Kunden<br />
im nordwestdeutschen Raum. LP Energy<br />
GmbH ist bekannt als zuverlässiger und<br />
kompetenter Servicepartner für Biogas<br />
Anlagen.<br />
„Schnellere Reaktionszeiten und noch<br />
mehr Service möchten wir mit dieser Zusammenarbeit<br />
unseren Kunden garantieren.<br />
Dies nicht nur für Biogaspumpen,<br />
sondern für alle Pumpen“, so Thomas<br />
Janowski. „Wir freuen uns, die Firma LP<br />
Energy GmbH als Servicepartner gewonnen<br />
zu haben und sind davon überzeugt,<br />
dass die Zusammenarbeit für unsere Kunden<br />
von Vorteil ist.“ LP Energy, mit Firmensitz<br />
im nordwestdeutschen Ahaus, ist seit<br />
vielen Jahren Kunde der Pumpenfabrik<br />
Wangen GmbH und kennt die Pumpen,<br />
gerade im Bereich Biogas, sehr genau.<br />
Dies war ausschlaggebend für den weiteren<br />
Schritt der intensiven, gemeinsamen<br />
Zusammenarbeit.<br />
Kontakt: Pumpenfabrik Wangen GmbH,<br />
Simoniusstr. 17, 88239 Wangen im Allgäu,<br />
Tel. 0 75 22/997-0, mail@wangen.com, www.wangen.com<br />
Gasertrag-Sofortanalyse mittels FT-NIR-Spektroskopie<br />
Die neuartige Bestimmung des Gasertrags<br />
mittels Nahinfrarotspektroskopie ermöglicht<br />
eine schnelle und präzise Sofortanalyse<br />
des Gasertrags verschiedener Substrate.<br />
In nur 3 Minuten kann das FT-NIR-Gerät<br />
den Gasertrag von Substraten schnell und<br />
zuverlässig bestimmen. Im Gegensatz dazu<br />
dauern herkömmliche Methoden sehr lange,<br />
und aufwändige Analysen mit einer Versuchsdauer<br />
von mindestens 40 Tagen sind<br />
üblich. Betreiber erhalten ihr Analyseergebnis<br />
nur 48 Stunden nach Probeneingang.<br />
Neben Ganzpflanzensilage, Maissilage und<br />
Grassilage können eine Vielzahl weiterer<br />
Substrate (HTK, Rindermist, Szarvasi-Gras,<br />
Luzerne, Bioabfall, Getreide, Hirse) analysiert<br />
werden. Das NIRS-Schnelltestverfahren<br />
der Schmack Biogas Service GmbH ist<br />
eine kostengünstige Alternative zur standardisierten<br />
Gasertragsbestimmung.<br />
Kontakt: Schmack Biogas Service GmbH,<br />
Bayernwerk 8, 92421 Schwandorf, Tel. 0 94 31/751-277,<br />
info@schmack-biogas.com, www.schmack-biogas.com<br />
Awite Bioenergie: Produktneuheit AwiLAB Digester<br />
Mit dem AwiLAB Digester hat Awite erstmals<br />
ein vollautomatisiertes und modulares<br />
Komplettsystem für die Wissenschaft<br />
entwickelt. Der Laborreaktor überzeugt mit<br />
einer qualitativ hochwertigen Ausstattung<br />
vom Edelstahl-Gärbehälter mit Helix-Rührwerk<br />
bis hin zum integrierten Gasanalysesystem<br />
AwiFLEX. Der AwiLAB Digester ist<br />
so konzipiert, dass der Befüll-, Entleer- und<br />
Reinigungsvorgang schnell und einfach zu<br />
bewerkstelligen sind und eine Probenahme<br />
aufgrund des großdimensionierten Probenahme-Stutzens<br />
jederzeit während des Betriebs<br />
möglich ist.<br />
Der AwiRemote-Fernzugriff ermöglicht dem<br />
Anwender eine kontinuierliche Versuchsüberwachung<br />
und Steuerung über Tablet,<br />
PC und Smartphone. Zu den Anwendungsbereichen<br />
des AwiLAB Digesters zählen<br />
neben kontinuierlichen Laborversuchen,<br />
Additiv- und Enzymtests auch Versuche zur<br />
Gasausbeute, der Gaszusammensetzung,<br />
Raumbelastung und Bakterienaktivität.<br />
Kontakt: Awite Bioenergie GmbH,<br />
Grünseiboldsdorfer Weg 5, 85416 Langenbach,<br />
Tel. 0 87 61/72 16 20, info@awite.de, www.awite.de<br />
104
BIOGAS JOURNAL | 1_<strong>2019</strong><br />
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Tel. 04441-921477<br />
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Herausgeber:<br />
Fachverband Biogas e. V.<br />
Dr. Claudius da Costa Gomez (V.i.S.d.P.)<br />
Andrea Horbelt (redaktionelle Mitarbeit)<br />
Angerbrunnenstraße 12 · 85356 Freising<br />
Tel. 0 81 61/98 46 60<br />
Fax: 0 81 61/98 46 70<br />
E-Mail: info@biogas.org<br />
Internet: www.biogas.org<br />
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Redaktion:<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
Fachverband Biogas e. V.<br />
Tel. 0 54 09/9 06 94 26<br />
E-Mail: martin.bensmann@biogas.org<br />
Anzeigenverwaltung & Layout:<br />
bigbenreklamebureau GmbH<br />
An der Surheide 29 · 28870 Ottersberg-Fischerhude<br />
Tel. 0 42 93/890 89-0<br />
Fax: 0 42 93/890 89-29<br />
E-Mail: info@bb-rb.de<br />
Internet: www.bb-rb.de<br />
Druck: Druckhaus Fromm, Osnabrück<br />
Das BIOGAS Journal erscheint sechsmal im Jahr auf Deutsch.<br />
Zusätzlich erscheinen zwei Ausgaben in englischer Sprache.<br />
Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben<br />
die Meinung des Verfassers wieder, die nicht unbedingt mit der<br />
Position des Fachverbandes Biogas e.V. übereinstimmen muss.<br />
Nachdruck, Aufnahme in Datenbanken, Onlinedienste und Internet,<br />
Vervielfältigungen auf Datenträgern wie CD-Rom nur nach vorheriger<br />
schriftlicher Zustimmung. Bei Einsendungen an die Redaktion<br />
wird das Einverständnis zur vollen oder auszugsweisen Veröffentlichung<br />
vorausgesetzt. Für unverlangt eingehende Einsendungen<br />
wird keine Haftung übernommen. Die Redaktion behält sich vor,<br />
Leserbriefe sinnerhaltend zu kürzen.<br />
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