09.02.2022 Aufrufe

MÄA-04-2022online

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

6

TITELTHEMA

Münchner Ärztliche Anzeigen

Dr. Andreas Schießl ist

Oberarzt am Fachzentrum für

Anästhesie & Intensivmedizin der

Schön Klinik München Harlaching

und Ärztlicher Leiter PSU Akut e.V.

Foto: www.psu-akut.de

Wer allein gelassen

oder sogar an den

Pranger gestellt wird,

reduziert sein

Engagement schnell.

Dr. Andreas Schießl

Das erleben wir immer wieder –

sowohl nach schwerwiegenden

Ereignissen als auch bei chronischer

Dauerbelastung. Zu spüren, dass

man damit nicht alleine ist und neue

Ideen bekommt, hilft aus dem Fatalismus

heraus. Wir werben dafür,

berufliche Entscheidungen nicht in

einer Defizit-Lage zu treffen – auch

wenn der Wunsch, die Flinte ins Korn

zu werfen, oft völlig verständlich ist.

Stattdessen gilt es, potentielle Traumatisierung

und übermäßigen Stress

abzubauen. In diesem Zusammenhang

müssen wir zunächst zwar oft

akzeptieren, dass manche ihre

Arbeitszeit reduzieren. Indem wir mit

ihnen im Gespräch bleiben, haben

wir als Gesellschaft aber die Chance,

etwas am System zu verändern.

Und das führt dann vielleicht dazu,

dass diese Menschen schließlich

wieder mehr in ihrem Beruf arbeiten

möchten. Auch nach der Pandemie

muss dies eine wichtige Anstrengung

bleiben. Wir haben eine gesellschaftliche

Verantwortung, unseren

Helfenden zu helfen, die jetzt in vorderster

Linie für uns alle bis zur

Erschöpfung arbeiten, diese Belastung

positiv aufarbeiten zu können,

damit sie nicht doppelt geschädigt

aus der Pandemie gehen.

Wie stellen Sie sich das konkret

vor?

Die meisten funktionieren derzeit

nur. Aber nach der Pandemie wird es

Zeiten geben, in denen sie das Erlebte

aufarbeiten müssen. Wenn man

wieder etwas stärker ist, hilft es, das

Erlebte wieder ruhiger anzuschauen,

zu beweinen, zu bewüten etc., um es

schließlich zu verarbeiten und ggf.

ein posttraumatisches Wachstum

einzuleiten. Dies kann z.B. unser

jährliches Resilienzseminar, dieses

Jahr vom 19. bis 22. Mai im Kloster

Bernried, ermöglichen. „Und wie

geht’s Dir, Doc“?: Dieser Titel des

Seminars ist auch nach der Pandemie

immer noch eine gute Frage.

Gibt es weitere Neuerungen seit

der Pandemie?

Besonders interessant für unsere

Delegierten, aber auch für alle anderen

Ärzt*innen Münchens, ist unser

Beschluss beim 124. Deutschen Ärztetag

2021 (Online). Der Ärztetag

bekennt sich darin zur psychosozialen

Unterstützung als Aufgabe der

ärztlichen Selbstverwaltung. Gleichzeitig

ruft er alle ärztlichen Vertreter*innen

bei Sozialversicherungsträgern,

Krankenkassen etc. dazu

auf, sich für eine bessere Fokussierung

auf die „psychische Gesunderhaltung

der Ärztinnen und Ärzte

sowie für die Ausarbeitung konkreter

Unterstützungsangebote unter Mitwirkung

der Ärzteschaft einzusetzen“.

Wir überlassen diese Aufgabe

nicht nur den anderen, sondern

möchten dies als Ärzteschaft mitgestalten.

Auch beim GBA setzen wir

uns aktuell dafür ein, die Einführung

von Peer-Support in Kliniken in

einem Modellprojekt zu fördern.

Welche Botschaft haben Sie als

Gründer von PSU-Akut e.V. an die

Münchner Ärzteschaft?

Der mutige Einsatz der ÄKBV-Delegierten

und der Münchner Ärztinnen

und Ärzte schon bei der Gründung

von PSU Akut e.V. im Jahr 2013 trägt

Früchte: Ohne sie wären wir nie so

weit gekommen. Wir freuen uns sehr

darüber, dass die Gelder zu unserer

Unterstützung auf Beschluss der

Delegiertenversammlung 2021

nochmal verdoppelt wurden. Durch

die aktive Unterstützung des ÄKBV

lassen sich auch andere Geldgeber

überzeugen. Es ist aber weiterhin

nötig, konsequent dranzubleiben

und unseren Peer-to-Peer-Ansatz

weiter zu verfolgen. Wenn wir möchten,

dass die Hilfsangebote für

Beschäftigte im Gesundheitsbereich

fundiert ärztlich geprägt sind, müssen

wir weiter das Heft in der Hand

behalten.

Wie blicken Sie in die Zukunft?

Derzeit reden alle davon, etwas verändern

zu wollen. Aber was passiert

nach der Pandemie? Wir müssen

hartnäckig dranbleiben, die Aufarbeitung

von kleineren und größeren

Katastrophen zu enttabuisieren und

psychosoziale Unterstützung stattdessen

zum Standard und zum klinischen

Alltag zu machen. Diese Veränderungen

brauchen Freiräume in

unserer Arbeitssituation und Zeit

zum kollegialen Austausch.

Das Gespräch führte Stephanie Hügler

Liebe Leserinnen

und Leser,

im Verlauf der Corona-Pandemie

ändert sich vieles täglich. Wir bitten

daher bei allen Beiträgen dazu um Verständnis,

falls manche Informationen

oder Aussagen wegen der zwischen

Redaktionsschluss und Erscheinungstermin

verstrichenen Zeit nicht mehr

aktuell sein sollten.

Die MÄA-Redaktion

Informationen

zu Corona

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!