2_2022 Leseprobe
Ausgabe 2_2022 des BIOGAS Journals, herausgegeben vom Fachverband Biogas e.V.
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Fachverband Biogas e.V. | ZKZ 50073 | 25. Jahrgang<br />
www.biogas.org<br />
2_<strong>2022</strong><br />
Ab Seite 34<br />
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Biogas GmbH<br />
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Grundlast war gestern,<br />
Residuallast ist heute 30<br />
Nachhaltigkeits-Zertifi -<br />
zierung: Praxisbericht 60<br />
Marktanalyse: teures<br />
Erdgas, teurer Strom 90
INHALT<br />
Biogas Journal | 2_<strong>2022</strong><br />
30<br />
EDITORIAL<br />
3 Energie aus Biogasanlagen ist gefragt!<br />
Von Dr. Stefan Rauh,<br />
Geschäftsführer des<br />
Fachverbandes Biogas e.V.<br />
AKTUELLES<br />
6 Meldungen<br />
10 Bücher<br />
12 Termine<br />
14 Biogas-Kids<br />
16 Biokraftstoffkongress<br />
eFuels: Strombasierte Kraftstoffe<br />
vor dem Markteintritt<br />
Von Dipl.-Ing. agr. (FH) Martin Bensmann<br />
22 BMU-Agrarkongress: Die Zeichen<br />
stehen auf Aufbruch<br />
Von Thomas Gaul<br />
24 Wir sind 30!<br />
POLITIK<br />
34<br />
26 Den Worten Taten folgen lassen –<br />
Auftakt zur EEG-Novelle 2023<br />
Von Sandra Rostek und Dr. Guido Ehrhardt<br />
30 Grundlast war gestern, Residuallast<br />
ist heute<br />
Von Bernward Janzing<br />
PRAXIS<br />
TITELTHEMA<br />
Flexible Stromproduktion<br />
34 Was der aktuelle Strommarkt bietet<br />
Von Dipl.-oec. Uwe Welteke-Fabricius<br />
44 Wie wird eine Biogasanlage zum<br />
flexiblen Speicherkraftwerk?<br />
Von Dipl.-oec. Uwe Welteke-Fabricius<br />
52 Die Preisspitzen an der Strombörse<br />
mitnehmen<br />
Von Thomas Gaul<br />
58 Biomethan-Ausschreibung<br />
Einzige Chance genutzt<br />
Von Christian Dany<br />
60 Um die Massenbilanz und Flächennachweise<br />
kümmern<br />
Von Christian Dany<br />
66 Projekt ZertGas<br />
Praxisbiogasanlagen erreichen hohe<br />
Treibhausgaseinsparung<br />
Von Dr. Stefan Rauh<br />
72 Die bewegen was<br />
Von Dierk Jensen<br />
4
Biogas Journal | 2_<strong>2022</strong><br />
INHALT<br />
88<br />
TITELFOTO: GRAFIK BIGBENREKLAMEBUREAU I FOTOS: ADOBE STOCK_JOHANNESSPRETER, FACHVERBAND BIOGAS E.V.<br />
96<br />
78 Sandstein als Wärmeakku für<br />
den Winter<br />
Von Dipl.-Journ. Wolfgang Rudolph<br />
82 Sicherheitsvorschriften: die<br />
unterschätzte Gefahr für den<br />
Versicherungsschutz<br />
Von Matthias D’Angelo<br />
84 BHKW-Brände – typische Brandursachen<br />
und Schutzmaßnahmen<br />
Von Dipl.-Ing. Anselm Lenz<br />
88 Anlagen des Monats Januar<br />
und Februar<br />
WISSENSCHAFT<br />
90 Analyse der Strompreisentwicklung und<br />
der zugrundeliegenden Treiber<br />
Von Fabian Arnold, Konstantin Gruber<br />
und Dr. Eren Çam<br />
INTERNATIONAL<br />
Serbien<br />
96 Kammer- und Verbands-Partnerschaft<br />
zwischen Fachverband und der Serbian<br />
Biogas Association (SBA)<br />
VERBAND<br />
Aus der Geschäftsstelle<br />
98 Biogas ist wichtig für die Energiemärkte<br />
Von Dr. Stefan Rauh und<br />
Dipl.-Ing. agr. (FH) Manuel Maciejczyk<br />
104 Gastbeitrag<br />
Wärmewende und Klimaschutz im<br />
Gebäudesektor beschleunigen<br />
Von Dr. Simone Peter, BEE<br />
106 Das neu gewählte Präsidium des<br />
Fachverbandes Biogas e.V.<br />
108 Neuen Firmenbeirat im Fachverband<br />
Biogas gewählt<br />
RECHT<br />
110 Clearingstelle veröffentlicht mehrere<br />
Verfahrensergebnisse<br />
Von Birthe Kaps, Elena Richter<br />
und Martin Teichmann<br />
PRODUKTNEWS<br />
112 Produktnews<br />
114 Impressum<br />
Beilagenhinweis:<br />
Das Biogas Journal<br />
enthält einen Beihefter<br />
von agrikomp GmbH.<br />
5
POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
Grundlast war gestern,<br />
Residuallast ist heute<br />
Es werden zwingend<br />
Reservekraftwerke<br />
benötigt für die Zeiten<br />
ohne Wind und Sonne.<br />
Unter den Erneuerbaren<br />
kann das – neben<br />
der Wasserkraft – nur<br />
die Biomasse.<br />
Mit der Flexibilisierung durch Überbauung können Biogasanlagen ihre Stärke im<br />
regenerativen Mix ausspielen. In Zukunft werden die Kraftwerke deutlich weniger<br />
Betriebsstunden erreichen – und nur noch laufen, wenn der Preis an den Strom -<br />
märkten hoch und die Erzeugung aus Sonne und Wind gering ist<br />
Von Bernward Janzing<br />
Die politische Sicht auf das Biogas verändert<br />
sich. In der ersten Hälfte der 2010er<br />
Jahre schien der rasante Preisverfall bei<br />
Photovoltaik und – wenngleich etwas dezenter<br />
– beim Windstrom die Biomasse<br />
aus dem Strommarkt hinwegzufegen. Einer der einflussreichsten<br />
Vertreter dieser Sichtweise war Rainer<br />
Baake, zeitweise Staatssekretär in verschiedenen<br />
Bundesministerien, zeitweise Direktor von Agora<br />
Energiewende. „Warum sollten wir für Strom aus Biomasse<br />
bis zu 25 Cent zahlen, wenn man Solar- und<br />
Windstrom für unter 9 Cent haben kann?“, ließ er sich<br />
zitieren. Das ist nun acht Jahre her.<br />
Zwischenzeitlich aber wird immer deutlicher, dass<br />
die Stromerzeugungskosten nicht der alleinige Maßstab<br />
sein können. Denn seit der Weg vorgezeichnet<br />
ist in eine vollständig regenerativ geprägte Stromwirtschaft,<br />
wird auch vielen politischen Akteuren klar,<br />
dass planbare Stromerzeuger notwendig sind. Solche,<br />
die einspringen, wenn die Sonne nicht scheint<br />
und der Wind nicht weht. Damit ist man beim Biogas.<br />
Noch sind die offiziellen Bekundungen der Bundesregierung<br />
zu diesem Thema karg. Im Koalitionsvertrag<br />
der Ampel-Regierung heißt es lediglich: „Die Bioenergie<br />
in Deutschland soll eine neue Zukunft haben.<br />
Dazu werden wir eine nachhaltige Biomasse-Strategie<br />
erarbeiten.“ Mehr Konkretes ist auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium<br />
derzeit nicht zu erfahren;<br />
eine Sprecherin verweist auf Anfrage lediglich auf die<br />
Eröffnungsbilanz Robert Habecks. Diese enthält jedoch<br />
auch nur grundsätzliche Formulierungen, wie<br />
das Ziel eines „effizienzbasierten Steuerungsmechanismus<br />
für Biomasseströme“. Was auch immer das in<br />
der Praxis bedeuten wird.<br />
Reservekraftwerke werden zwingend<br />
notwendig<br />
Die Notwendigkeit von Biogas im Strommix ergibt<br />
sich bislang eher implizit aus den Zielen der neuen<br />
Regierung. Nach den Plänen Habecks soll die installierte<br />
Photovoltaik-Leistung bis 2030 von heute 60<br />
auf 200 Gigawatt steigen, die Windkraft an Land soll<br />
bis 2030 auf über 100 Gigawatt verdoppelt werden.<br />
Zugleich soll laut Koalitionsvertrag der Kohleausstieg<br />
„idealerweise“ bis 2030 erfolgt sein. Man wird also<br />
zwingend Reservekraftwerke brauchen für die Zeiten<br />
ohne Wind und Sonne. Unter den Erneuerbaren kann<br />
das – neben der Wasserkraft – nur die Biomasse.<br />
Damit kommt auf das Biogas eine völlig neue Rolle<br />
zu. Bislang betrachtete man Biogasanlagen oft<br />
als Grundlastkraftwerke oft mit Laufzeiten von rund<br />
8.000 Stunden im Jahr. Doch in Zukunft braucht<br />
niemand mehr solche Grundlastkraftwerke: „Grundlast<br />
war gestern“, heißt es auch bei der Agentur für<br />
Erneuerbare Energien. Es treten vielmehr Residuallastkraftwerke<br />
an diese Stelle – solche, die flexibel<br />
einspringen, wenn Bedarf herrscht, und die abschalten,<br />
wenn Sonne und/oder Wind den Bedarf alleine<br />
FOTO: ADOBE STOCK_JOHANNESSPRETER<br />
30
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
POLITIK<br />
decken. So ergeben sich für Biogaskraftwerke in<br />
Zukunft nur noch Laufzeiten von vielleicht 2.000,<br />
maximal 3.000 Stunden im Jahr – mit zugleich dann<br />
entsprechend höherer Einspeiseleistung.<br />
Für die Biogasbranche heißt das: Flexibilisierung<br />
durch Überbauung. Das Kraftwerksaggregat kann<br />
dann bei Bedarf ein Mehrfaches dessen an Gas verstromen,<br />
was im gleichen Zeitraum im Fermenter<br />
entsteht. In jenen Zeiten hingegen, in denen Strom<br />
genug vorhanden ist – wenn die Preise im Großhandel<br />
entsprechend niedrig sind –, ruht im Gegenzug die<br />
Stromerzeugung.<br />
Die Extremwerte einer Überbauung liegen im Markt<br />
derzeit beim Fünf- bis Siebenfachen, wissen Experten<br />
in der Branche. Aber solche Werte sind nicht überall<br />
wirtschaftlich erzielbar. In einer Studie für ein neues<br />
Strommarktdesign, das die beiden Fraunhofer-Institute<br />
ISE und IEE zusammen mit der Kanzlei Becker<br />
Büttner Held im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare<br />
Energie (BEE) im Dezember vorstellten, wird<br />
bis 2030 daher ein mittlerer Überbauungsfaktor von<br />
2,5 angenommen.<br />
Welche Chancen aus energiewirtschaftlicher Sicht in<br />
der Flexibilisierung der Biogasanlagen liegen, rechnet<br />
Uwe Welteke-Fabricius vom Netzwerk Flexperten<br />
vor: 60 Terawattstunden (TWh) Strom aus Biogas (aktuell<br />
sind es 33 TWh) seien jährlich in Deutschland<br />
wirtschaftlich zu erzeugen. Diese Menge schaffe man<br />
ohne Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung<br />
und zugleich mit weniger Mais als heute – zum<br />
Beispiel mit mehr Stroh, mit der Nutzung von Dauergrünland<br />
oder mit Substrat von Blühflächen, die einmal<br />
jährlich gemäht werden.<br />
30 Gigawatt Residuallast durch<br />
Biogas möglich<br />
Setzt man ausgehend von diesen 60 TWh künftig im<br />
Durchschnitt nur noch 2.000 jährliche Vollbenutzungsstunden<br />
an, kann Biogas in Deutschland eine<br />
Residuallast von 30 Gigawatt bereitstellen – immerhin<br />
die Hälfte der mittleren Netzlast. Selbst wenn man<br />
– eine Zahl, die in der Branche auch gerne genannt<br />
wird – mit nur 20 Gigawatt an Maximalleistung rechnet,<br />
kann Biogas so einen großen Beitrag zur Stabilität<br />
des Stromsystems leisten und damit den Druck, neue<br />
Erdgaskraftwerke zu bauen, erheblich mindern.<br />
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie,<br />
verweist auf die aktuelle BEE-Studie, die<br />
genau das zeige: Für die Absicherung des Ausbaus<br />
von Wind- und Solarenergienutzung sei „der Neubau<br />
von Gaskraftwerken nicht zwingend notwendig“. Es<br />
stünden in ausreichender Menge alternative Flexibilitätsoptionen<br />
zur Verfügung, eben zum Beispiel der<br />
bestehende Biogasanlagenpark.<br />
Entsprechend fördert der Gesetzgeber die bauliche<br />
Flexibilisierung bereits vermehrt: Im EEG 2021 wurde<br />
die bisherige Deckelung der Flexprämie gestrichen.<br />
Zudem wurde der Flexibilitätszuschlag für neu bezuschlagte<br />
Anlagen über 100 Kilowatt von 40 auf 65<br />
Euro pro installiertem Kilowatt angehoben. Bestandsanlagen,<br />
die bereits im ersten Vergütungszeitraum<br />
die Flexprämie erhielten, können für diese einen Zuschlag<br />
in Höhe von 50 Euro je Kilowatt bekommen, für<br />
zusätzliche installierte Flex-Leistung 65 Euro.<br />
Viele Betreiber haben die Prämie bereits erhalten –<br />
und doch ist die Flexibilisierung bislang oft mehr<br />
Schlagwort als gelebte Praxis. Die Fachagentur Nachwachsende<br />
Rohstoffe verweist darauf, dass viele Anlagen<br />
die Potenziale, die sich aus der Überbauung ergeben,<br />
kaum nutzen: „Obwohl die Stromeinspeisung<br />
zu Hochpreisphasen Mehrerlöse verspricht, fahren die<br />
meisten dieser Anlagen trotzdem bislang nicht marktpreisorientiert.“<br />
„Eine Anlage,<br />
die fünffach überbaut<br />
ist, kann 6 bis 8 Cent mehr<br />
pro Kilowattstunde<br />
erlösen“<br />
Marktpreise bestimmen Zeiten der<br />
Stromproduktion<br />
Langsam erst deutet sich in der Branche ein Wandel<br />
an – forciert auch durch die Vermarkter des Stroms.<br />
Einer der spezialisierten Dienstleister ist die SK Verbundenergie<br />
AG (SKVE) in Regensburg, die Biogas-<br />
Kraftwerke vollautomatisch aus der Ferne steuert mit<br />
dem Ziel, den Strom an den unterschiedlichen Märkten<br />
optimal zu vermarkten. „Wir arbeiten bereits für<br />
200 Kunden“, sagt Vorstand Christian Dorfner.<br />
Das Konzept geht einher mit der Überbauung der Anlagen.<br />
Ist eine Anlage zum Beispiel fünffach überbaut,<br />
dann läuft das Aggregat nur noch vier Stunden am Tag –<br />
im Durchschnitt. Wann das der Fall ist, hängt von<br />
den Preisen an den Märkten ab. Zudem werden alle<br />
weiteren Anforderungen berücksichtigt:<br />
der Füllstand des Gasspeichers, der<br />
eventuelle Wärmebedarf des Anlagenbetreibers,<br />
gegebenenfalls<br />
auch eine gewünschte<br />
tägliche Höchstzahl von<br />
Start- und Stoppvorgängen<br />
des Aggregates. Sehr<br />
hilfreich ist oft auch ein<br />
Wärmespeicher, um den<br />
Kraftwerksbetrieb optimal<br />
am Strommarkt ausrichten<br />
zu können.<br />
Die Firma SKVE agiert an den<br />
diversen Spotmärkten. Bis 12<br />
Uhr werden an der Strombörse Epexspot<br />
die Fahrpläne für den Folgetag in<br />
Stundenblöcken auktioniert, bis 15 Uhr werden die<br />
Viertelstunden vermarktet, ehe dann die Viertelstundenprodukte<br />
in einem fortwährenden Handel bis jeweils<br />
fünf Minuten vor Lieferbeginn (kontinuierlicher<br />
Intraday-Handel) umgesetzt werden. In diesem Geschehen<br />
kann Strom aus Biogas – da dieser planbar<br />
und die dezentrale Technik sehr flexibel ist – seine<br />
Stärken ausspielen. Manche Dienstleister, wie<br />
Christian Dorfner<br />
31
POLITIK<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
etwa die Firma Next Kraftwerke in Köln, agieren ergänzend<br />
auch noch am Markt für Regelenergie, der<br />
noch kurzfristigere Abweichungen im Netz ausgleicht<br />
und daraus Erlöse generiert.<br />
Die Einnahmen, die an diesen Märkten zu erzielen<br />
sind, liegen durch die Konzentration auf die Preisspitzen<br />
deutlich höher als bei einer Anlage, die weitgehend<br />
ungerührt von den Marktsignalen gleichmäßig<br />
ihren Strom einspeist. „Eine Anlage, die fünffach<br />
überbaut ist, kann 6 bis 8 Cent mehr pro Kilowattstunde<br />
erlösen, eine Anlage, die achtfach überbaut ist,<br />
8 bis 10 Cent“, sagt SKVE-Vorstand Dorfner. Das ist<br />
nicht nur für den Landwirt attraktiv, sondern auch für<br />
die gesamte Energiewirtschaft von Vorteil: „Die flexible<br />
Einspeisung von Biogas wirkt auf das Netz wie ein<br />
Batteriespeicher, kostet aber nur ein Fünftel dessen“,<br />
sagt Dorfner.<br />
Wie groß der Gasspeicher bei einer bestimmten Überbauung<br />
sein muss, erläutert Dorfner anhand einer<br />
Faustformel. Diese lautet: Überbauungsfaktor mal<br />
zehn ist die Größe des Gasspeichers, bezogen auf die<br />
Ausschaltzeit des BHKW in Stunden. Am konkreten<br />
Beispiel: „Bei zweifacher Überbauung sollte man im<br />
Idealfall das Gas für 20 Stunden speichern können,<br />
bei fünffacher Überbauung sollten Kapazitäten für 50<br />
Stunden vorhanden sein.“ Das Minimum sei jeweils<br />
die Hälfte dieses Wertes: „Darunter wird es zum Teil<br />
schwer.“<br />
Ob man einen separaten Speicher baut oder ob der<br />
vorhandene Fermenter ausreicht, kommt ganz auf<br />
die Beschaffenheit der Anlage an. Alleine schon mit<br />
einer größeren Doppelmembran auf den Behältern<br />
lässt sich viel erreichen: „Eine Halbkugel statt einer<br />
Drittelkugel erhöht das Speichervolumen um rund 70<br />
Prozent“, rechnet Dorfner vor.<br />
Flexibel füttern<br />
Betreiber, die die Flexibilität voll ausreizen wollen,<br />
füttern ihre Anlage zudem flexibel. Zum Beispiel wird<br />
dann die Gaserzeugung zum Wochenende hin reduziert,<br />
weil dann die Strompreise häufig niedriger sind.<br />
Mit einem halben Tag Vorlauf lässt sich die Gaserzeugung<br />
auf diese Weise in gewissem Rahmen steuern.<br />
„Früher galt die flexible Fütterung als völlig undenkbar“,<br />
sagt Flexperte Welteke-Fabricius. Hier habe sich<br />
die Sichtweise aber gewandelt.<br />
So nutzen heute schon einige Landwirte auch die<br />
Fütterung, um Flexibilität zu generieren – auch durch<br />
die Wahl der Substrate: „Mit Zuckerrüben zum Beispiel<br />
bekommt man die Gaserzeugung schnell in die<br />
Höhe“, sagt Welteke-Fabricius. Auch ein saisonales<br />
Fütterungsmanagement mit einer Erhöhung der Bio-<br />
32
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
POLITIK<br />
FOTO: ADOBE STOCK_DOC RABE MEDIA<br />
gaserzeugung im Winter gegenüber dem Sommer<br />
kann – einerseits aufgrund der im Winter<br />
mitunter höheren Strompreise, andererseits<br />
wegen des Wärmebedarfs – sinnvoll sein. Flexible<br />
Fütterung könne – sofern konsequent umgesetzt<br />
– das nötige Volumen eines Gasspeichers<br />
um 25 bis sogar 50 Prozent reduzieren,<br />
so der Flexperte.<br />
Herausforderungen gibt es aber auch manchmal<br />
mit den Netzen. Nicht ganz leicht sei es<br />
nämlich mitunter, vom Verteilnetzbetreiber<br />
die Zustimmung für die Flexibilisierung einer<br />
Anlage zu bekommen, sagt Welteke-Fabricius.<br />
Denn Überbauung braucht Netzkapazitäten –<br />
weshalb die Netzbetreiber oft erst einmal<br />
abblocken. Häufig machten sie dabei einen<br />
Denkfehler: „Die rechnen dann mit einer maximalen<br />
Wind- und zugleich maximaler Solareinspeisung<br />
in der Region und sehen in diesem<br />
Fall keinen Spielraum mehr für das Biogas.“<br />
Doch da das Biogas-BHKW ohnehin nur dann läuft,<br />
wenn Sonne und Wind schwach sind, sei diese Sicht<br />
nicht haltbar, sagt Welteke-Fabricius. Da braucht man<br />
dann gelegentlich ein wenig Ausdauer: „Wenn man<br />
gut argumentiert, kriegt man die Überbauung beim<br />
Verteilnetzbetreiber meistens durch.“<br />
Autor<br />
Bernward Janzing<br />
Freier Journalist<br />
Wilhelmstr. 24a · 79098 Freiburg<br />
07 61/202 23 53<br />
bernward.janzing@t-online.de<br />
Biogas kann in Deutschland eine<br />
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33<br />
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PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
PROJEKT ZERTGAS<br />
Praxisbiogasanlagen erreichen<br />
hohe Treibhausgaseinsparung<br />
Die Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) in nationales Recht<br />
beschäftigt gerade viele Biogasanlagen in Deutschland. Ein Teil der Umsetzung ist der<br />
Nachhaltigkeitsnachweis, den Anlagen ab 2 Megawatt Feuerungswärmeleistung nun<br />
erbringen müssen, wenn eine Förderung nach EEG genutzt wird. Ein Teil dieses Nachhaltigkeitsnachweises<br />
ist das Erreichen einer Mindesteinsparung an Treibhausgasen.<br />
Nach aktuellem Stand müssen diesen Nachweis nur Anlagen erbringen, die Biomethan<br />
als Kraftstoff vermarkten oder seit dem 1. Januar 2021 in Betrieb gegangen sind.<br />
Von Dr. Stefan Rauh<br />
Die individuelle Ermittlung der Treibhausgasemissionen<br />
nach den Vorgaben der<br />
RED II bekommt eine steigende Bedeutung,<br />
da Standardwerte nur für wenige<br />
Substrate verfügbar sind. Die Folge ist,<br />
dass Anlagenbetreiber die Treibhausgasbilanz individuell<br />
rechnen müssen. Da dies eine große Herausforderung<br />
darstellt, hat der Fachverband Biogas gemeinsam<br />
mit dem Deutschen Biomasseforschungszentrum<br />
(DBFZ) ein Projekt beim Bundeswirtschaftsministerium<br />
beantragt, in dem Treibhausgasberechnungen<br />
auf zehn Praxisanlagen durchgeführt wurden. Das<br />
Projekt „ZertGas“ wurde in den Jahren 2020/2021<br />
umgesetzt. Im Folgenden werden die wesentlichen<br />
Ergebnisse präsentiert.<br />
Die meisten Anlagen erreichen geforderte<br />
Mindesteinsparung<br />
Die zehn ausgewählten Anlagen weisen verschiedenste<br />
Größen, Subtratinputs sowie Verwertungskonzepte<br />
(Biogas, Biomethan) auf, so dass der Bestand<br />
in Deutschland gut repräsentiert wird. In Abbildung<br />
1 ist die Treibhausgaseinsparung der einzelnen Anlagen<br />
bezogen auf den eingespeisten Strom dargestellt.<br />
Die Treibhausgaseinsparung lag bei den untersuchten<br />
Anlagen zwischen 60 und 160 Prozent im Vergleich<br />
zum in der RED II vorgegebenen Strommix. Anlagen,<br />
die ab 1. Januar 2021 in Betrieb gehen, müssen eine<br />
Mindesteinsparung von 70 Prozent nachweisen.<br />
Ab 2026 steigt der Wert auf 80 Prozent. Demnach<br />
überschreiten die meisten Anlagen den geforderten<br />
Wert. Der Hauptgrund für die vergleichsweise geringe<br />
Einsparung der Anlagen #19 und #20 liegt in den offenen<br />
Gärdüngerlager, deren Restgaspotenzial nicht<br />
ermittelt wurde und so die in der RED II vorgesehenen<br />
Methanverluste aus der offenen Lagerung die Bilanz<br />
entsprechend negativ beeinflussen. Ein Großteil der<br />
Anlagen erreicht sogar höhere Einsparungen, wie ab<br />
dem Jahr 2026 gefordert. Die höchste Treibhausgasminderung<br />
mit knapp 160 Prozent weist Anla-<br />
FOTO: ADOBE STOCK_KARA<br />
66
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
PRAXIS<br />
Abbildung 1: Treibhausgaseinsparung der im Projekt ZertGas untersuchten Anlagen<br />
160%<br />
159,36%<br />
140%<br />
THG-Einsparung in %<br />
120%<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
69,47%<br />
89,91%<br />
81,50%<br />
59,57% 61,49%<br />
87,15% 89,22%<br />
96,79%<br />
Mindesteinsparung 2026<br />
73,66%<br />
Mindesteinsparung 2021<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
#1 #8 #10 #19 #20 #29 #33 #34 #35 #36<br />
Quelle: FvB 2021<br />
Anlagen<br />
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67
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
Abbildung 2: Emissionsquellen der Praxisanlagen<br />
100<br />
Emissionen in g/MJ Biogas<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
31,76<br />
9,89<br />
18,38<br />
36,74 38,95<br />
-61,86<br />
13,28 11,64<br />
3,28<br />
27,20<br />
-100<br />
#1 #8 #10 #19 #20 #29 #33 #34 #35 #36<br />
Anlagen<br />
Eec El Ep1 Etd1 Esca Eu E Summe (KWK)<br />
Quelle: FvB 2021<br />
Eec = Emissionen Substratanbau<br />
El = Emissionen Landnutzung<br />
Ep1 = Emissionen Biogaserzeugung<br />
Etd1 = Emissionen Transport Substrate<br />
Esca = Gutschrift Gülle/Mist<br />
Eu = Emissionen Biogasnutzung im BHKW<br />
ge #29 auf. In dieser 330-kW-Anlage werden nahezu<br />
ausschließlich Rindergülle und Rindermist vergoren.<br />
Aus diesem Grund kann eine besonders hohe Gutschrift<br />
für vermiedene Methanemissionen aus der<br />
Wirtschaftsdüngerlagerung in der Landwirtschaft<br />
geltend gemacht werden. Welch hohe Bedeutung<br />
diese Güllegutschrift hat, zeigt exemplarisch Anlage<br />
#35, die knapp 100 Prozent Emissionseinsparung erzielt,<br />
obwohl auch hier offene Lagerbehälter genutzt<br />
werden. Diese 3-Megawatt-Anlage setzt nahezu 50<br />
Prozent Gülle und Mist ein. Gleichzeitig wird eine große<br />
Wärmemenge genutzt sowie ein vergleichsweise<br />
niedriges Stickstoffniveau im Anbau realisiert, da der<br />
landwirtschaftliche Betrieb als Ökobetrieb bewirtschaftet<br />
wird.<br />
Güllegutschrift, offene Lagerbehälter und<br />
Anbau als wesentliche Faktoren einer<br />
Treibhausgasbilanz<br />
Sehr deutlich wird der Einfluss der Güllegutschrift<br />
in Abbildung 2. Bis auf Anlage #36, die als reine<br />
NawaRo-Anlage betrieben wird, setzen alle Anlagen<br />
mehr oder weniger viel Gülle beziehungsweise Mist<br />
ein. Bei den beiden bereits erwähnten Anlagen wird<br />
der positive Effekt auf die Gesamtbilanz gut sichtbar.<br />
Die nach unten abgetragenen Säulen verbessern die<br />
Netto-Einsparung.<br />
Ebenso anschaulich wird die Bedeutung der offenen<br />
Lagerung nach der Gärstrecke im Bereich der Emissionen<br />
bei der Biogaserzeugung (Anlagen #19, #20,<br />
#35). Neben den Emissionen der (offenen) Lager fallen<br />
unter den Bereich „Biogaserzeugung“ noch unter<br />
anderem Emissionen für den benötigten Prozessstrom,<br />
die Emission für die Erzeugung der eingesetzten<br />
Prozesshilfsstoffe sowie der Methanschlupf der<br />
Motoren. Dieser entspricht 1 Prozent des Gasertrags.<br />
Die Emissionen der Biogasnutzung beziehen sich auf<br />
treibhausgasrelevante Emissionen im Abgasstrom<br />
und sind bei allen Anlagen gleich hoch, da von allen<br />
Praxisanlagen der in der RED II vorgegebene Wert<br />
übernommen wurde.<br />
Düngeintensität und Dieselverbrauch als<br />
Stellschrauben beim Anbau<br />
Der größte Aufwand bei der Datenerfassung liegt im<br />
Bereich des Anbaus. Dort sind zahlreiche Parameter<br />
bei der Berechnung der Treibhausgasbilanz zu berücksichtigen:<br />
Saatgut, Düngung, Pflanzenschutz,<br />
Lachgas auf der Fläche, Diesel- und Stromverbräuche.<br />
Ein bis zwei Drittel der Emissionen im Anbau<br />
waren bei den Beispielanlagen auf den Einsatz von<br />
Stickstoff zurückzuführen, wobei Anbausysteme mit<br />
Einsatz von mineralischem Stickstoff schlechter abschneiden.<br />
68
PRAXIS<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
Im Rahmen<br />
des Projektes „ZertGas“<br />
unter Federführung des DBFZ und<br />
Mitwirkung des FvB entstand ein Leitfaden<br />
zur THG-Bilanzierung von Energie aus Biogas.<br />
Der Leitfaden kann von der Homepage des DBFZ<br />
unter https://www.dbfz.de/pressemediathek/weitere-publikationen/broschueren/leitfaden-zurthg-bilanzierung-von-energie-aus-biogas<br />
heruntergeladen werden.<br />
müssen. Besonders schwierig stellt sich die Datenerfassung<br />
beim Anbau dar, insbesondere von nicht so<br />
verbreiteten Substraten. So fehlen in Datenbanken<br />
der EU zur Ermittlung von Lachgasemissionen Daten<br />
für Grünland, GPS, Durchwachsene Silphie und viele<br />
mehr.<br />
Denn zu den Lachgasemissionen auf der Fläche<br />
müssen noch die Emissionen aus der Bereitstellung<br />
des Düngemittels hinzuaddiert werden. Eine ebenfalls<br />
überproportionale Bedeutung hat der Dieselverbrauch,<br />
weshalb mehrschnittige Ernteverfahren<br />
schlechter abschneiden. Eine wesentliche Option für<br />
Landwirte, die Bilanz zu verbessern, ist der Einsatz<br />
von Biodiesel oder Biomethan als Kraftstoff für die<br />
Traktoren.<br />
Individuelle Berechnung der<br />
Treibhausgasemissionen als große<br />
Herausforderung<br />
Die wesentliche Erkenntnis des Projekts war jedoch,<br />
dass die praktische Umsetzung einer individuellen<br />
Treibhausgasberechnung Anlagenbetreiber vor eine<br />
große organisatorische Herausforderung stellt. Auf<br />
der einen Seite müssen Produktionsdaten sehr detailliert<br />
erfasst werden, so sie aktuell überhaupt vorliegen.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass die Daten<br />
von Dritten, zum Beispiel den Substratlieferanten,<br />
bereitgestellt werden müssen.<br />
Auf der anderen Seite fehlen Daten für Emissionsfaktoren<br />
für zahlreiche Produkte, die bilanziert werden<br />
Mehr Standardwerte erforderlich, aber<br />
individuelle Rechnung mit Vorteilen<br />
Aus diesem Grund erscheint die Forderung des<br />
Fachverbandes Biogas nach mehr nutzbaren (Teil-)<br />
Standardwerten dringlicher denn je, gerade vor dem<br />
Hintergrund, dass die Anforderung an eine Treibhausgasbilanzierung<br />
in der RED III ausgeweitet werden<br />
soll.<br />
Das Projekt hat aber auch gezeigt, dass die Treibhausgasbilanzen<br />
bei einer individuellen Berechnung<br />
(zum Teil deutlich) besser ausfallen als die konservativen<br />
Standardwerte. Wenn Klimaschutz einen monetären<br />
Wert erbringt, steigt der Anreiz, individuell<br />
zu rechnen.<br />
Autor<br />
Dr. Stefan Rauh<br />
Geschäftsführer<br />
Fachverband Biogas e.V.<br />
Angerbrunnenstr. 12 · 85356 Freising<br />
0 81 61/98 46 60<br />
info@biogas.org<br />
FOTO: ADOBE STOCK_VOLKER SCHLICHTING/EYEEM<br />
70
WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
STROMPREISE IM REKORDJAHR 2021<br />
Analyse der Strompreisentwicklung<br />
und der zugrundeliegenden Treiber<br />
Die Großhandelsstrompreise haben sich im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr mehr<br />
als verdreifacht. Insbesondere zum Ende des Jahres stiegen die Preise auf Rekordniveau.<br />
Wie die Rekordpreise zustande kamen, haben Wissenschaftler des Energiewirtschaft -<br />
lichen Instituts (EWI) an der Universität zu Köln in einer Kurzanalyse untersucht.<br />
Von Fabian Arnold, Konstantin Gruber und Dr. Eren Çam<br />
Im Jahr 2021 spielte sich eine historische Preisrallye<br />
an der deutschen Strombörse ab. Mit einem<br />
Wert von 97 Euro pro Megawattstunde (€/MWh)<br />
erreichten Großhandelsstrompreise im Jahresmittel<br />
circa das Dreifache des Vorjahreswertes. Vor allem<br />
in der zweiten Jahreshälfte legten die Strompreise<br />
deutlich zu und kletterten auf stündliche Spitzenwerte<br />
von bis zu 500 €/MWh und einen wöchentlichen Mittelwert<br />
in KW 51 von 293 €/MWh.<br />
Eine Vielzahl an Einflussfaktoren hat zu diesen Entwicklungen<br />
beigetragen. In der nachfolgenden Analyse<br />
werden die relevanten Faktoren genauer beleuchtet<br />
und diskutiert. Als Haupttreiber wurden die Verwerfungen<br />
an den globalen Rohstoffmärkten sowie die<br />
Entwicklung der Preise für CO 2<br />
-Emissionszertifikate<br />
identifiziert. Weitere Einflussfaktoren, die den Preisanstieg<br />
ebenfalls gestützt haben, sind beispielsweise<br />
die unterdurchschnittliche Erzeugung aus Erneuerbaren<br />
Energien im Jahr 2021 in Deutschland und<br />
Europa oder der Ausfall von Kraftwerksleistung im<br />
europäischen Ausland. Die Analyse zeigt, dass die<br />
Entwicklung der Grenzkosten der Stromproduktion vor<br />
allem durch Gaskraftwerke getrieben wurde. Dadurch<br />
profitierten günstigere Kraftwerkstechnologien, wie<br />
zum Beispiel Kohlekraftwerke, von den hohen Preisen.<br />
Hohe Strompreise vor allem auf hohe<br />
Gaspreise zurückzuführen<br />
Der Haupttreiber für die Rekordpreise des deutschen<br />
Großhandelsstrommarktes war der Anstieg der Preise<br />
für Erdgas. Im vergangenen Jahr erreichten Gaspreise<br />
am wichtigsten europäischen Handelspunkt TTF mit<br />
zeitweise mehr als 150 €/MWh neue Rekordwerte. Im<br />
Jahresmittel betrugen die Gaspreise 2021 mit rund<br />
49 €/MWh mehr als das Fünffache im Vergleich zum<br />
Jahresdurchschnitt 2020. Diverse nachfrage- sowie<br />
angebotsseitige Faktoren auf dem europäischen und<br />
globalen Gasmarkt haben zu diesem Preissprung ge-<br />
FOTO: ADOBE STOCK_MEDIAPARTS<br />
90
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
WISSENSCHAFT<br />
UltraPract® PG<br />
Abbildung 1: Wöchentlicher Mittelwert des deutschen Großhandelsstrompreises,<br />
2019–2021<br />
Der Beschleuniger für<br />
schwer vergärbare<br />
Substratmischungen!<br />
300<br />
250<br />
20.12.21 – 26.12.21 (KW 51):<br />
293 EUR/MWh<br />
EUR/MWh<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Jan 19 Jul 19 Jan 20 Jul 20 Jan 21 Jul 21<br />
Hochwirksam, mit<br />
patentiertem Enzymprofil<br />
Abbildung 2: Tägliche Brennstoff- und CO 2<br />
-Zertifikatspreise, 2020–2021<br />
200<br />
stock.adobe.com / © JonathanSchöps<br />
EUR/MWh<br />
bzw. EUR/t CO 2<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Steigern Sie die<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Ihrer Biogasanlage.<br />
0<br />
Januar 20 Juli 20 Januar 21 Juli 21<br />
Erdgas (TTF) Steinkohle (ARA) Emissionszertifikate (EUA)<br />
führt. Der lange Winter 2020/2021 führte<br />
dazu, dass die europäischen Gasspeicher<br />
zum Ende der Heizsaison weniger<br />
gefüllt waren als zur selben Zeit in den<br />
Vorjahren. Bis zum Beginn der Heizsaison<br />
verblieb der Füllstand aufgrund der<br />
angespannten Marktbedingungen auf<br />
einem unterdurchschnittlichen Niveau.<br />
Getrieben von der wirtschaftlichen Erholung<br />
in vielen Teilen der Welt nach den<br />
pandemiebedingten Rezessionen im Jahr<br />
2020 ist die Gasnachfrage insbesondere<br />
in Asien deutlich gestiegen.<br />
Vor allem der erhöhte Fokus auf Gaskraftwerke<br />
im chinesischen Strommix hat zu<br />
einem Anstieg der Nachfrage nach Flüssigerdgas<br />
(LNG) geführt. Europa konkurriert<br />
somit zunehmend mit Nordostasien<br />
um LNG-Lieferungen. Darüber hinaus<br />
begrenzten diverse Infrastrukturausfälle<br />
und -wartungen Gaslieferungen nach Europa<br />
und Lieferungen aus Russland fielen<br />
niedriger aus als erwartet.<br />
Steinkohlepreise erreichten<br />
ebenfalls neue Höchstwerte<br />
Nach zwei Jahren sinkender Preise sind<br />
die Steinkohlepreise in der zweiten Jahreshälfte<br />
2021 drastisch angestiegen.<br />
Mit Preisen von mehr als 30 €/MWh erreichte<br />
der Preis für Kohleimporte nach<br />
Europa im Oktober einen neuen Rekord.<br />
Im Jahresmittel waren Kohlepreise im<br />
Jahr 2021 mit etwa 15 €/MWh mehr als<br />
doppelt so hoch wie im Vorjahr.<br />
Nach dem pandemiebedingten Rückgang<br />
der Kohlenachfrage im Jahr 2020 ist die<br />
Nachfrage in 2021 stark angestie-<br />
» Stabilisiert den Anlagenbetrieb<br />
beim Einsatz von<br />
„Problem-Substraten”<br />
(Mist + GPS, Grassilage).<br />
» Maximiert die Geschwindigkeit<br />
der Biogasbildung.<br />
» Optimiert die Substratverwertung<br />
und damit die<br />
Wirtschaftlichkeit der Biogasanlage.<br />
91<br />
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WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
Der Haupttreiber für die<br />
Rekordpreise des deutschen<br />
Großhandelsstrommarktes<br />
war der Anstieg der Preise<br />
für Erdgas. Im vergangenen<br />
Jahr erreichten Gaspreise<br />
am wichtigsten europäischen<br />
Handelspunkt TTF mit<br />
zeitweise mehr als 150 €/<br />
MWh neue Rekordwerte.<br />
FOTO: ADOBE STOCK_CURRAHEE SHUTTER<br />
Abbildung 3: Durchschnittliche Merit-Order im Jahr 2020 (links) und 2021 (rechts)<br />
(auf Basis des EWI Merit-Order-Tools)<br />
Grenzkosten<br />
[EUR/MWh el ]<br />
200<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Ø-Day-Ahead-Preis 2020<br />
30,47 EUR/MWh<br />
10 20 30 40 50 60<br />
Kumulierte Leistung [GW]<br />
200<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
Abfall Kernenergie Braunkohle<br />
GuD Gasturbine Öl<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Ø-Day-Ahead-Preis 2021<br />
96,85 EUR/MWh<br />
10 20 30 40 50 60<br />
Kumulierte Leistung [GW]<br />
Steinkohle<br />
Sonstige<br />
92
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
WISSENSCHAFT<br />
gen. Die Nachfrage in China stieg 2021<br />
vermutlich auf ein Rekordhoch. Auch<br />
in Indien und den USA erholte sich die<br />
Nachfrage. Zusätzlich zu der wirtschaftlichen<br />
Erholung wurde die weltweite<br />
Nachfrage nach Steinkohle durch hohe<br />
Gaspreise gestützt: In der Stromerzeugung<br />
ist die Verbrennung von Kohle eine<br />
Alternative zu Gas. Aufgrund des starken<br />
Preisanstiegs auf den Gasmärkten wurde<br />
in vielen Ländern vermehrt Kohle statt<br />
Erdgas verstromt, was die Nachfrage<br />
nach Kohle zusätzlich erhöht hat.<br />
Die weltweit hohe Nachfrage nach Steinkohle<br />
traf auf diverse Engpässe auf der<br />
Angebotsseite. Unter anderem wurden<br />
Steinkohlelieferungen durch Starkregen<br />
in Indonesien, Überflutungen in China<br />
und schwere Stürme in Australien und<br />
den USA beeinträchtigt. Darüber hinaus<br />
kam es zu logistischen Problemen<br />
durch technische Störungen an Bahnen<br />
und Verladehäfen. Auch Maßnahmen zur<br />
Eindämmung der Pandemie verursachten<br />
Verzögerungen im Schiffsverkehr.<br />
Insbesondere in China konnte die Kohleförderung<br />
in den ersten drei Quartalen<br />
nicht mit der Nachfrageentwicklung mithalten.<br />
Der Anstieg der heimischen Kohlepreise<br />
in China hob ab Mitte des Jahres<br />
die internationalen Preise an. Ab November<br />
2021 sanken die Preise wieder leicht.<br />
Zentraler Treiber hinter dieser Entspannung<br />
der Märkte war eine Ausweitung<br />
der Kohlefördermengen, insbesondere in<br />
China.<br />
Rekordpreise auch im<br />
europäischen Emissionshandel<br />
Der Preis für European Union Allowances<br />
(EUA, CO 2<br />
-Zertifikatspreis) kletterte seit<br />
Anfang des Jahres 2021 von etwa 33 €<br />
pro Tonne (t) CO 2<br />
auf ein Rekordniveau<br />
von fast 90 €/t CO 2<br />
im Dezember 2021.<br />
Im Jahresmittel war der CO 2<br />
-Zertifikatspreis<br />
im Jahr 2021 mit zirka 52 €/t CO 2<br />
mehr als doppelt so hoch wie im Jahr<br />
2020. Der Preisanstieg fand vor dem<br />
Hintergrund der Verschärfung der europäischen<br />
Klimaziele sowie des steigenden<br />
Gaspreises statt. Höhere Gaspreise erhöhen<br />
die Nachfrage nach Kohle, beispielsweise<br />
in der Stromerzeugung, und damit<br />
aufgrund der höheren Emissionsintensität<br />
von Stein- und Braunkohlekraftwerken<br />
die Nachfrage nach CO 2<br />
-Zertifikaten.<br />
Die gestiegenen Preise für Brennstoffe<br />
sowie CO 2<br />
-Emissionszertifikate führen<br />
unmittelbar zu höheren Grenzkosten von<br />
Gas- und Kohlekraftwerken. Kraftwerke<br />
bieten in der Day-Ahead-Auktion ihre Erzeugungsleistung<br />
zum Preis ihrer Grenzkosten<br />
für den folgenden Tag an. Es ergibt<br />
sich für jede Stunde eine Angebotskurve,<br />
die sogenannte Merit-Order 1 der Kraftwerke.<br />
Je günstiger ein Kraftwerk produziert,<br />
desto weiter vorne befindet es sich in der<br />
Einsatzreihenfolge. Wird die Erzeugungsleistung<br />
eines Kraftwerkes benötigt, um<br />
die Stromnachfrage der jeweiligen Stunde<br />
zu decken, erhält dieses Kraftwerk<br />
einen Zuschlag. Die Grenzkosten des teuersten<br />
noch bezuschlagten Kraftwerks<br />
determinieren den Strompreis 2 .<br />
Kohlekraftwerke und Erneuerbare<br />
Energien profitieren<br />
Im Jahr 2021 waren Gaskraftwerke oftmals<br />
preissetzend, da sie aufgrund der<br />
hohen Gaspreise die teuerste Kraftwerkstechnologie<br />
darstellten. Das heißt, dass<br />
die Grenzkosten von Gaskraftwerken<br />
einen zentralen Treiber der Strompreise<br />
ausmachten. Generell lagen die durchschnittlichen<br />
Grenzkosten konventioneller<br />
Technologien im Jahr 2021 auf einem<br />
deutlich höheren Niveau als in vergangenen<br />
Jahren, jedoch stiegen die Grenzkosten<br />
für Gaskraftwerke am deutlichsten.<br />
Während im Jahr 2020 eine Megawattstunde<br />
Strom aus einem Gaskraftwerk<br />
mit elektrischem Wirkungsgrad von 50<br />
Prozent im monatlichen Durchschnitt zu<br />
maximal 51 € erzeugt wurde, betrugen<br />
die Grenzkosten für dieselbe Erzeugungstechnologie<br />
im Jahr 2021 bis zu 262 €/<br />
MWh. Die Treiber hinter dem Anstieg der<br />
Grenzkosten waren die hohen Gaspreise<br />
sowie das Rekordniveau der CO 2<br />
-Zertifikatspreise.<br />
Die Kosten für Emissionszertifikate<br />
machen dabei allerdings nur einen vergleichsweise<br />
geringen Anteil der Grenzkosten<br />
aus. Im Dezember 2021 lag der<br />
Anteil der Brennstoffkosten an den<br />
Grenzkosten der Gasverstromung bei<br />
durchschnittlich etwa 88 Prozent. Hauptverantwortlich<br />
für den Strompreisanstieg<br />
ist folglich der Anstieg der Gaspreise.<br />
Aufgrund der höheren Emissionsintensität<br />
spielt der Preis für Emissionszertifikate<br />
bei der Entwicklung der Grenzkosten<br />
von Kohlekraftwerken eine größere Rolle.<br />
Allerdings war der Kosten steigern-<br />
93<br />
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WISSENSCHAFT<br />
BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
Abbildung 4: Monatliche Grenzkosten konventioneller Kraftwerke, 2019–2021<br />
EUR/MWh<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Jan 19 Jul 19 Jan 20 Jul 20 Jan 21 Jul 21<br />
Steinkohle Braunkohle Gas<br />
de Effekt durch den Preis für Emissionszertifikate<br />
bei Kohlekraftwerken kleiner als der Anstieg der<br />
Grenzkosten der Gaskraftwerke: Im Jahr 2021 konnte<br />
Strom durchschnittlich günstiger aus Braun- und<br />
Steinkohle produziert werden als aus Erdgas.<br />
Daher sind Kohlekraftwerksbetreiber neben<br />
den Anlagenbetreibern von Erneuerbaren<br />
Energien (sofern diese ihren produzierten<br />
Strom an der Börse vermarkten) die Hauptprofiteure<br />
des Strompreisanstiegs. Das wird<br />
auch bei Betrachtung der Entwicklung des<br />
deutschen Stromerzeugungsmixes deutlich:<br />
2020, als Erdgas historisch günstig war, lag<br />
der Anteil von Stein- und Braunkohle an der<br />
deutschen Stromerzeugung bei etwa 24<br />
Prozent, 2021 bei rund 30 Prozent.<br />
Unterdurchschnittliche Erneuerbare<br />
Einspeisung verstärkt die Effekte<br />
Die Rekordpreise im Stromgroßhandel<br />
sind vorwiegend auf die Entwicklungen am<br />
Gasmarkt und in geringerem Maße auf den<br />
Steinkohlepreis sowie den Anstieg des Preises<br />
für Emissionszertifikate zurückzuführen.<br />
Rekordpreise für Gas, Steinkohle sowie<br />
Emissionszertifikate erhöhten unmittelbar<br />
die Grenzkosten der Stromerzeugung.<br />
Gestützt wurde die Preisentwicklung von zusätzlichen<br />
Entwicklungen. Zum einen fiel die Erzeugung<br />
aus erneuerbaren Quellen im Jahr 2021 mit 215<br />
Terawattstunden (TWh) (ohne Pumpspeicher) niedri-<br />
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BIOGAS JOURNAL | 2_<strong>2022</strong><br />
WISSENSCHAFT<br />
ger aus als in den Vorjahren (2020: 233 TWh; 2019:<br />
224 TWh). Dazu kommen Entwicklungen im europäischen<br />
Ausland, die aufgrund des grenzüberschreitenden<br />
Stromhandels ebenfalls die Preise gestützt<br />
haben: Großbritannien verzeichnete beispielsweise<br />
in der zweiten Hälfte des Jahres eine unterdurchschnittliche<br />
Erzeugung aus Windenergieanlagen und<br />
in Frankreich fielen gegen Ende des Jahres vier Atomreaktoren<br />
mit jeweils 1,5 Gigawatt (GW) installierter<br />
Leistung aus.<br />
Eine Entspannung der Großhandelsstrompreise ist<br />
im Januar <strong>2022</strong> noch nicht in Sicht. Die europäischen<br />
Gaspreise verbleiben in Anbetracht niedriger<br />
Speicherfüllstände und geopolitischer Spannungen<br />
auf hohem Niveau. Ob die Strompreise kurz- und<br />
mittelfristig sinken, hängt maßgeblich von den Entwicklungen<br />
des Gasmarktes ab. Langfristig dürften<br />
darüber hinaus die weitere Stilllegung von Kern- und<br />
Kohlekraftwerken sowie der Zubau von Erneuerbaren<br />
Energien die Preisbildung am Strommarkt verändern.<br />
Hinweis: Weitere Abbildungen und weiterführende<br />
Analysen finden sich in der EWI-Kurzanalyse „Strompreis<br />
im Jahr 2021 auf Rekordniveau – Wie Rekordpreise für<br />
Erdgas die Strompreise im Großhandel getrieben haben“.<br />
1<br />
Die durchschnittliche Merit-Order für das Jahr 2021<br />
lässt sich mithilfe des EWI-Merit-Order-Tools ermitteln.<br />
Mit dem Excel basierten Tool können Entwicklungen auf<br />
dem deutschen Strommarkt und deren Wirkung auf die<br />
Merit-Order untersucht werden. Das Tool kann gratis<br />
auf der Website des EWI heruntergeladen werden: https://www.ewi.uni-koeln.de/de/publikationen/ewi-meritorder-tool-<strong>2022</strong><br />
2<br />
Diese vereinfachte Beschreibung der Preisbildung<br />
abstrahiert von den weiteren Stufen des Strommarktes<br />
wie dem Termin- oder Intraday-Handel sowie dem Einfluss<br />
von grenzüberschreitendem Handel auf die Preisbildung.<br />
Autoren<br />
Fabian Arnold<br />
Senior Research Associate<br />
Konstantin Gruber<br />
Research Analyst<br />
Dr. Eren Çam<br />
Manager<br />
Energiewirtschaftliches Institut (EWI)<br />
an der Universität zu Köln gGmbH<br />
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95