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ProArte Magazin 2022/23

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Christian Thielemann © Sebastian Madej<br />

„Dieses Orchester ist eine anspruchsvolle Braut, die<br />

weiß, was sie will“, schwärmte Christian Thielemann<br />

bei seinem Amtsantritt 2012 über die Sächsische<br />

Staatskapelle Dresden, die Richard Wagner zärtlich<br />

seine „Wunderharfe“ nannte. „Sie haben Mendelssohn‘sche<br />

Leichtigkeit, Wagnerische Opulenz und<br />

Strauss‘sche Brillanz. Sie wissen um die verschiedenen<br />

Stile und wann sie was anbieten müssen.“<br />

Tat sächlich scheint der traditionsreich gewachsene<br />

Klang dieses Orchesters den ästhetischen Prinzipien<br />

des bekennenden Ausdrucksmusikers Thielemann<br />

in besonderer Weise entgegenzukommen: die durch<br />

alle Register absolut homogene, selbst im leisesten<br />

Piano noch samten und voll klingende Streichergruppe,<br />

die golden leuchtenden Hörner, die auratisch<br />

verschmelzenden Holzbläser. Und so erwecken sie<br />

bis heute den Eindruck einer idealen künstlerischen<br />

Symbiose: auf der einen Seite die traditionsreiche<br />

Dresdner Kapelle mit ihrer illustren Chefdirigentenreihe<br />

von Heinrich Schütz über Johann Adolf Hasse<br />

und Carl Maria von Weber bis zu Richard Wagner;<br />

auf der anderen Seite der Meister des deutschen<br />

romantischen Repertoires Christian Thielemann, der<br />

sich wie kein zweiter seiner Generation stets auf die<br />

große, deutsche Kapellmeistertradition berufen hat.<br />

Die Rede vom vielbeschworenen „deutschen Klang“<br />

möchte Thielemann differenzieren. Denn der sei<br />

durchaus nicht nur „dunkel und schwer“, wie es das<br />

Klischee will, sondern gerade auch geprägt durch<br />

ein raffiniertes Wechselspiel von Licht und Schatten.<br />

„Es gibt verschiedene deutsche Stile, die alle ihren<br />

spezifischen Klang fordern“, erklärt er im Interview.<br />

„Denken Sie an Mendelssohn und denken Sie an<br />

Brahms: Das sind zwei völlig unterschiedliche Paar<br />

Schuhe. Der deutsche Klang ist also aufgefächert in<br />

verschiedene Finger. Dennoch gibt es etwas Übergreifendes.<br />

Sicherlich ist ‚der‘ deutsche Klang ein<br />

etwas gedeckterer, dunklerer, als der französische<br />

oder der italienische. Das bedeutet aber nicht, dass<br />

er nicht durchsichtig wäre.“<br />

Mit den üblichen Klischees kommt man bei Christian<br />

Thielemann ohnehin nicht weiter. „Ich möchte mich<br />

neu auf Fantasie und Freiheit besinnen“, bekannte er<br />

2020 in seinem Buch Mein Weg zu Beethoven.<br />

Lesen Sie weiter auf Seite 14 →<br />

Klassik für Hamburg <strong>2022</strong>/<strong>23</strong> 13

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