ProArte Magazin 2022/23
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jan Lisiecki © Sebastian Madej<br />
Jan, Du hattest schon mit 15 Jahren Deinen internationalen<br />
Durchbruch mit Deinem ersten Chopin-Album<br />
und Deinem Vertrag bei der Deutschen Grammophon.<br />
Jetzt bist Du mit Mitte 20 schon längst kein<br />
Nachwuchs talent mehr, sondern gehörst zur ersten<br />
Riege – ist das ein schwerer Übergang?<br />
Ich hatte nie wirklich das Bedürfnis, da eine Wandlung<br />
zu vollziehen – ich mache das, was ich von<br />
Anfang an getan habe, nämlich auf dem mir höchstmöglichen<br />
Niveau zu spielen und die Musik, die ich<br />
liebe, mit dem Publikum zu teilen, während ich ständig<br />
an den mir gegebenen Grundl agen arbeite, um<br />
mein Spiel besser zu machen. Das ist eine lebenslange<br />
Aufgabe für einen Musiker, einen Künstler:<br />
Perfektion kann man nicht erreichen, also arbeitet<br />
man kontinuierlich an dem, was man hat, und genau<br />
das tue ich.<br />
Du hast schon so viel in Deiner Karriere erreicht – was<br />
sind Deine Ziele für die Zukunft?<br />
Ich habe immer so sehr wie möglich im Hier und Jetzt<br />
gelebt, dem heutigen Tag verschrieben und verpflichtet.<br />
Ich bin mir natürlich der Zukunft bewusst, auch<br />
der Vergangenheit, aber ich versuche, im gegenwärtigen<br />
Moment alles zu geben, was ich kann, auch<br />
wenn ich heute auf der Bühne vor Publikum spiele.<br />
Ich denke, das ist die beste Art zu leben. Das Gleiche<br />
gilt für Träume – die meisten meiner Träume sind auf<br />
sehr natürliche, ungezwungene Weise wahr geworden.<br />
Bevor ich den Traum träumen konnte, ist er schon<br />
eingetreten. Gleichzeitig musste ich auch viele der<br />
Chancen, die sich mir boten, mit beiden Händen<br />
ergreifen und mich ihnen voll und ganz widmen, was<br />
eine sehr schwierige Aufgabe ist. Manchmal muss<br />
man unglaublich hart für sein eigenes Ziel arbeiten,<br />
weil man der Einzige ist, der es verwirklichen kann.<br />
Ein gutes Beispiel ist meine Live-Aufnahme aller fünf<br />
Beet hoven-Konzerte mit der Academy of St Martin<br />
in the Fields. Das war nicht geplant, vorhergesehen<br />
oder gar erträumt. Ich bekam die Chance sehr kurzfristig,<br />
und es war eine unglaubliche Herausforderung,<br />
die ich in wenigen Wochen vorbereiten musste,<br />
statt – was normal wäre – in Jahren.<br />
Lesen Sie weiter auf Seite 8 →<br />
Klassik für Hamburg <strong>2022</strong>/<strong>23</strong> 7