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BILDUNG<br />
„Arbeitnehmende können<br />
den Lohn einklagen“<br />
Lohnrückstände, Kündigung und Ungewissheit:<br />
Torben Diers über die Insolvenz des Arbeitgebers<br />
Die Regale bleiben leer, der Stapel<br />
mit Rechnungen wird immer höher,<br />
die Gerüchteküche brodelt und<br />
schließlich bestätigen sich die Vermutungen:<br />
Der Arbeitgeber ist insolvent und<br />
kann nicht mehr zahlen. So komplex wie<br />
das eigentliche Insolvenzverfahren sind<br />
auch die damit verbundenen Sorgen und<br />
Fragen der Beschäftigten: Werde ich jetzt<br />
gekündigt? Muss ich trotz ausbleibendem<br />
Lohn zur Arbeit? Und welche Maßnahmen<br />
sollte ich nun selbst in die Hand nehmen?<br />
Torben Diers ist Rechtsberater bei der<br />
Arbeitnehmerkammer und hat Antworten.<br />
Eine Firma hat Insolvenz angemeldet.<br />
Was bedeutet das genau?<br />
Dafür gibt es klare Kriterien. Grundsätzlich<br />
ist eine Firma insolvent, wenn einer<br />
von drei konkreten Tatbeständen erfüllt ist.<br />
Das kann zum Beispiel die Zahlungsunfähigkeit<br />
sein. Sie liegt vor, wenn das Unternehmen<br />
mindestens zehn Prozent seiner<br />
fälligen Verbindlichkeiten in den nächsten<br />
drei Wochen nicht zahlen kann. Der zweite<br />
Insolvenzgrund ist ähnlich: die drohende<br />
Zahlungsunfähigkeit. Arbeitgebende können<br />
ihre Schulden in diesem Fall zwar noch<br />
bezahlen, ahnen aber, dass es eng werden<br />
könnte. Wenn Geschäftsführende also<br />
schon perspektivisch sicher sind, dass sie in<br />
den nächsten drei Wochen über zehn Prozent<br />
ihrer Verbindlichkeiten nicht zahlen<br />
können, können sie auf Basis dieser Vermutung<br />
bereits Insolvenz anmelden. Der<br />
dritte Aspekt, der eine Insolvenz begründet,<br />
ist die sogenannte Überschuldung. Die<br />
Schulden des Unternehmens übertreffen in<br />
diesem Fall vereinfacht gesagt die Vermögenswerte.<br />
Eine Insolvenz entsteht in der Regel nicht<br />
plötzlich. Inwieweit ist der Arbeitgeber<br />
seinen Mitarbeitenden gegenüber zur<br />
Transparenz verpflichtet, wenn eine Zahlungsunfähigkeit<br />
absehbar wird?<br />
Tatsächlich hat der Arbeitgeber rechtlich<br />
erst eine Auskunftspflicht, wenn das Insolvenzverfahren<br />
eröffnet ist. Solange das nicht<br />
der Fall ist, gibt es keine Rechtspflicht, über<br />
eine Zahlungsunfähigkeit zu berichten.<br />
Was bedeutet die Insolvenz eines Unternehmens<br />
konkret für die Beschäftigten,<br />
muss mit Lohnausfällen gerechnet<br />
werden?<br />
Foto: AdobeStock<br />
Ja, leider ist das so. Dort, wo Zahlungsschwierigkeiten<br />
bestehen, gibt es natürlich<br />
auch das Risiko, dass Löhne nicht gezahlt<br />
werden.<br />
Wie sollten Arbeitnehmende damit umgehen?<br />
Ist der Lohn zum regulären Zeitpunkt<br />
nicht gezahlt, ist es am Anfang erst einmal<br />
empfehlenswert, den Arbeitgeber schriftlich<br />
dazu aufzufordern, und zwar mit einer<br />
Fristsetzung von sieben Tagen. Ist im Rahmen<br />
dieser Frist nichts passiert, können<br />
Arbeitnehmende eine Zahlungsklage beim<br />
Arbeitsgericht erheben und den Lohn einklagen.<br />
Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn<br />
absehbar ist, dass der Arbeitgeber finanziell<br />
noch über gewisse Mittel verfügt. In den Beratungen<br />
der Arbeitnehmerkammer prüfen<br />
wir entsprechende Fälle gemeinsam mit den<br />
Ratsuchenden und überlegen, was im Einzelfall<br />
Sinn ergibt. Nicht empfehlenswert ist<br />
es, als Arbeitnehmerin oder als Arbeitnehmer<br />
einen Insolvenzantrag zu stellen.<br />
Warum nicht?<br />
Grundsätzlich gelten Arbeitnehmende, bedingt<br />
durch den Lohnanspruch, als Gläubiger<br />
des Arbeitgebers und haben daher auchdas<br />
Recht, einen Insolvenzantrag zu stellen.<br />
Das Problem ist aber: Wenn das Gericht seine<br />
Vorprüfung startet und dabei überprüft,<br />
ob noch genug Masse vorhanden ist, um<br />
das Insolvenzverfahren zu zahlen, und dann<br />
zu dem Schluss kommt, dass das Verfahren<br />
aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht<br />
eröffnet wird, tragen Arbeitnehmende, die<br />
einen Insolvenzantrag gestellt haben, die<br />
Kosten für diese Vorprüfung.<br />
Wie steht es um die Nutzung des Leistungsverweigerungsrechts,<br />
können<br />
Arbeitnehmende, die ihren Lohn nicht<br />
erhalten, einfach zu Hause bleiben?<br />
Das ist nur selten empfehlenswert, da es sehr<br />
voraussetzungsvoll ist. Es müssen erheb-<br />
Für Ihr gutes Recht!<br />
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