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VERBAND DRUCK + MEDIEN NORD-WEST<br />
PARTNER<br />
INTERVIEW<br />
Wir erleben im<br />
Datenschutz eine<br />
Art Zeitenwende<br />
Wir haben mit Rechtsanwalt Sascha Hesse (SH)<br />
und Rechtsanwältin Justyna Rulewicz (JR) über<br />
die Entwicklungen und Trends im Bereich<br />
Datenschutz und Datensicherheit gesprochen<br />
und nachgefragt, was Unternehmerinnen und<br />
Unternehmer der Druck und Medienbranche<br />
beachten sollten.<br />
Sascha Hesse und Justyna Rulewicz, AGOR AG<br />
Sie beraten Unternehmen seit vielen<br />
Jahren im Datenschutz. Wie ist die<br />
Lage vier Jahre nach Inkrafttreten<br />
der Datenschutzgrundverordnung<br />
(DSGVO)?<br />
JR: Die allgemeine Nervosität nahm<br />
damals zu und es stieg der Druck auf<br />
Unternehmen, etwas zu tun. Wir haben<br />
immer zu Gelassenheit geraten<br />
– auch auf Veranstaltungen des Verbandes.<br />
Aber noch heute schwirren<br />
die 20 Millionen Bußgeld in den<br />
Köpfen von Entscheidern herum.<br />
SH: Das sind oftmals auch weiterhin<br />
diffuse Ängste. Dennoch schauen wir<br />
nach vier Jahren auf eine sich verändernde<br />
Lage, da sich die Wirkungen<br />
der DSGVO jetzt so langsam auch<br />
deutlich in der Praxis zeigen.<br />
Inwiefern?<br />
JR: Die DSGVO fordert die totale<br />
Transparenz. Das bedeutet, dass Unternehmen<br />
ihre Kunden und Nutzer<br />
über alle Datenverarbeitungsvorgänge<br />
informieren und im Falle einer<br />
Nachfrage, Auskunft darüber erteilen<br />
müssen – nicht anders als nach dem<br />
Bundesdatenschutzgesetz.<br />
SH: Nur, dass jetzt damit gerechnet<br />
werden muss, dass der Kunde, Nutzer<br />
oder Mitarbeiter im Falle einer falschen<br />
oder gar nicht erfolgten Auskunft<br />
einen Schmerzensgeldanspruch<br />
hat. Da werden schnell 3000 Euro<br />
durch Gerichte zugesprochen.<br />
Wir hören dies auch immer wieder<br />
von unseren Juristen im Rahmen von<br />
arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen.<br />
JR: Da wird das Thema Datenschutz<br />
mittlerweile als „Waffe“ genutzt. Wir<br />
erleben sozusagen eine Zeitenwende:<br />
Es zeichnet sich deutlich ab, dass ich<br />
mit dem Thema „eine schnelle Mark<br />
machen“ oder zumindest Stress erzeugen<br />
und so jemanden zum Handeln<br />
zwingen kann. Denken Sie dabei<br />
auch an erpresserische Software und<br />
Hacks – viele zahlen auch aus Scham.<br />
Das Thema ist mittlerweile technisch<br />
und juristisch so komplex, dass es<br />
zwangsläufig Angriffspunkte gibt.<br />
Datenschutzaufsichtsbehörden sind<br />
besser ausgestattet, Betroffene sind<br />
besser informiert und auch Non-Profit-<br />
Organisationen treten auf den Plan.<br />
Betrifft das auch die Druck- und Medienbranche?<br />
SH: Ja, durch die Anforderungen<br />
durch Kunden, die immer strengere<br />
Vertragsklauseln diktieren. Medienunternehmen<br />
sind oft Auftragsverarbeiter<br />
und als Teil der Datenverarbeitungskette<br />
viel stärker im Fokus.<br />
Durch die Cyberrisiken rücken auch<br />
Medienunternehmen mehr in den Mittelpunkt.<br />
Datenpannen haben seit Anfang<br />
des Jahres massiv zugenommen.<br />
Was wir sehen ist, dass die Unternehmen<br />
im Bereich der Datensicherheit<br />
oft große Lücken haben. Viele wissen<br />
auch nicht, wie sie mit den Datenpannenmeldungen<br />
umgehen sollen. Da<br />
herrscht große Unsicherheit.<br />
Was sollten die Unternehmen tun?<br />
JR: Sich Zeit nehmen, eine Bestandsaufnahme<br />
durchführen, das Personal<br />
und die Datenschutzverantwortlichen<br />
schulen und ausbilden und am Ende<br />
eine solide Risikoanalyse erstellen, die<br />
sowohl die juristischen als auch technischen<br />
Aspekte angemessen berücksichtigt.<br />
SH: Das war auch zu des Bundesdatenschutzgesetzes-Zeiten<br />
schon wichtig,<br />
nur ist das Thema nun wirk lich angekommen<br />
in den Unternehmen. Die<br />
Digitalisierung wird weitere Herausforderungen<br />
mit sich bringen. Da gilt<br />
es, immer up to date zu sein.<br />
www.agor-ag.com<br />
<strong>02</strong>/2<strong>02</strong>2 09