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Eawag Jahresbericht 2021

Der Jahresbericht vermittelt eine breite Übersicht über laufende Projekte der Eawag. Er wird in Deutsch und Englisch publiziert, seit 2013 auch in Französisch.

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16<br />

Grosse genetische Vielfalt invasiver Stichlinge<br />

Stichlinge kommen in vielen Schweizer Bächen und in den meisten grossen Seen der<br />

Schweiz vor, doch nur im Bodensee sind sie invasiv geworden – und besetzen neue<br />

Lebensräume. Eine <strong>Eawag</strong>-Studie legt nahe, dass das mit dem Zusammentreffen dreier<br />

Stichlings-Linien in diesem See zu tun hat.<br />

David Marques, <strong>Eawag</strong><br />

Im Bild See- (links) und<br />

Bach-Ökotypen des Dreistachligen<br />

Stichlings im Bodensee<br />

unterscheiden sich in vielen<br />

Merkmalen, etwa in der Körpergrösse,<br />

Färbung der Weibchen<br />

(oben) und Brutfärbung der<br />

Männchen (unten).<br />

Als der Genfersee noch überdüngt war, vermehrten<br />

sich die Stichlinge darin in Massen. Doch dann kamen<br />

die Kläranlagen, und heute leben die Bestände – ähnlich<br />

wie in den Jurarandseen – relativ unauffällig im<br />

Uferbereich und einigen Zuflüssen. Nur im Bodensee<br />

besetzen die Stichlinge nicht nur die Uferzonen,<br />

sondern auch das offene Wasser, wo sie zuletzt bis in<br />

47 Meter Tiefe gefunden wurden. Sie sind im letzten<br />

Jahrzehnt invasiv geworden, wie sich in den Beifängen<br />

der Berufsfischerinnen und -fischer zeigt: In deren Netzen<br />

verfangen sich die Winzlinge mit ihren Rückenstacheln<br />

seit 2013 in grosser Zahl.<br />

Die farbenfrohen Fische sind Nachkommen von Aquarienfischen,<br />

die im 19. Jahrhundert wiederholt in<br />

Schweizer Seen freigesetzt wurden und zum Teil von<br />

ursprünglich weit entfernten Beständen abstammen.<br />

In den Westschweizer Seen etablierten sich vor allem<br />

Fische aus der Rhone, doch im Bodensee weist das<br />

Erbgut der Stichlinge eine einzigartige Vielfalt auf, wie<br />

das Team um <strong>Eawag</strong>-Gruppenleiter Blake Matthews<br />

und Ole Seehausen – dem Leiter der <strong>Eawag</strong>-Abteilung<br />

Fischökologie & Evolution sowie Professor an der Universität<br />

Bern – mit genetischen Untersuchungen an<br />

fast 1'600 Stichlingen zutage gefördert hat. Die Fische<br />

kommen ursprünglich aus dem Rhein, aus der Rhone<br />

und – anders als in der übrigen Schweiz – vorwiegend<br />

aus der Ostsee.<br />

ihre Knochenschilde, noch ihre langen Stacheln verloren.<br />

Damit sind sie besser geschützt vor den zahlreichen<br />

fischfressenden Vögeln und Fischen im of fenen<br />

Wasser. Die gepanzerten und besonders grossen osteuropäischen<br />

Seestichlinge jagen auch erfolgreich<br />

nahrhaftes Zooplankton, wie Untersuchungen des<br />

Magen inhalts von 253 Tieren ergeben haben.<br />

Die kleineren Bach- und Uferstichlinge hingegen ernähren<br />

sich vor allem von Insektenlarven, die zwar weniger<br />

nahrhaft, aber zuverlässig verfügbar sind. Offenbar<br />

nutzen die Bodenseestichlinge ihre grosse genetische<br />

Vielfalt für Anpassungen an verschiedenste Lebensräume.<br />

Und schon stellen die Biologinnen und Biologen<br />

Fixie rungen unterschiedlicher Spezialisierungen im<br />

Erbgut fest – auf diese Weise entstehen neue Arten.<br />

Seit 2005 untersuchen die Abteilungen für Fischökologie<br />

und Evolution der <strong>Eawag</strong> und der Universität<br />

Bern Stichlinge im Bodensee. Die aktuelle Studie<br />

wurde vom Projekt «SeeWandel» mitfinanziert. Das<br />

interdisziplinäre Projekt von sieben Forschungseinrichtungen<br />

aus Deutschland, Österreich, Liechtenstein<br />

und der Schweiz untersucht den Einfluss von<br />

Nährstoffrückgang, Klimawandel und gebietsfremden<br />

Organismen auf das Ökosystem Bodensee.<br />

Panzer aus Knochenschilden<br />

Im Unterschied zu anderen Süsswasser-Stichlingen<br />

haben Stichlinge dieser osteuropäischen Linie weder

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