Theatermagazin - Nationaltheater Mannheim Juli 2022
Die Juliausgabe des Theater Magazins des Nationaltheaters Mannheim. Weitere Infos und Programm: https://www.nationaltheater-mannheim.de/
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Als Sie anfingen, haben Sie nicht nur<br />
begonnen, die sogenannte Geschäftsstelle<br />
Generalsanierung aufzubauen,<br />
sondern auch theaterintern Schnittstellenpositionen<br />
geschaffen und<br />
besetzt. Was waren für Sie die<br />
wesentlichen Aspekte im Bereich<br />
Personalentwicklung?<br />
Eine gute und strategische Personalentwicklung<br />
ist das A und O, weil sie die<br />
Professionalisierung eines ganzen Betriebs<br />
ermöglicht. Das heißt nicht nur,<br />
ausgezeichnete Leute zu finden und<br />
einzustellen. Es bedeutet auch, effiziente<br />
Rahmenbedingungen zu schaffen,<br />
die die Mitarbeiter*innen in die Lage<br />
versetzen, ihre eigene Verantwortung<br />
gut und ergebnisorientiert wahrnehmen<br />
zu können. Ich glaube, dass uns da –<br />
dank der exzellenten Arbeit der unterschiedlichsten<br />
Abteilungsleiter*innen<br />
– Vieles gelungen ist.<br />
Wie haben Sie diese verschiedenen<br />
Herausforderungen persönlich gemeistert?<br />
Was war und ist Ihnen bei<br />
der Aufgabenwahrnehmung wichtig?<br />
Fritjof von Gagern, Erster Vorsitzender<br />
der Musikalischen Akademie, schrieb<br />
mir kürzlich »Klarheit und Entschiedenheit<br />
im Handeln« und einen »klaren<br />
moralischen Kompass« zu. Für mich ist<br />
das durchaus ein Kompliment und beschreibt<br />
zutreffend meinen Arbeitsstil.<br />
Ergebnisorientiertes, verbindliches Arbeiten<br />
in der Organisation ist für mich<br />
die essentielle Basis für einen funktionierenden<br />
Theaterbetrieb. Denn künstlerische<br />
Freiheit kann sich am besten<br />
dann entfalten, wenn der Betrieb personell,<br />
strukturell und organisatorisch<br />
professionell aufgestellt ist. Das gilt erst<br />
recht für ein großes Theater wie das<br />
NTM mit über 800 Kolleg*innen.<br />
Und das ist auch das, was mich an einer<br />
Tätigkeit am und im Theater immer<br />
gereizt hat, denn das, was ich gerade<br />
ausgeführt habe, gilt für das, was im<br />
Probenprozess entsteht und dann auf<br />
der Bühne zu sehen ist, selbstverständlich<br />
gerade nicht: Kunst kann, Kunst<br />
muss sogar gelegentlich scheitern und<br />
muss auch immer wieder den Anspruch<br />
haben, sich entsprechenden Zwängen<br />
nicht zu unterwerfen!<br />
Auch Albrecht Puhlmann sagt wortwörtlich,<br />
dass mit Ihnen die geballte<br />
Marc Stefan Sickel,<br />
Geschäftsführender<br />
Intendant<br />
Kraft aus Autorität, Vehemenz und<br />
Weitsicht gehe, die das Haus in den<br />
letzten Jahren weit vorangebracht<br />
habe. Wie würden Sie die Zusammenarbeit<br />
mit den Intendant*innen<br />
beschreiben?<br />
Die Zusammenarbeit war von großem<br />
Respekt für die Arbeitsbereiche des*der<br />
jeweils anderen geprägt. Gleichzeitig<br />
fand ein reger und sehr konstruktiver<br />
Austausch statt. Ich konnte mich in<br />
jeder Minute auf den Rückhalt der<br />
Kolleg*innen verlassen, da wir an<br />
einem Strang gezogen haben. Auch bei<br />
unterschiedlichen Meinungen fanden<br />
wir am Ende stets eine für das Theater<br />
gute Lösung. Das war mir immer wichtig<br />
und das habe ich sehr geschätzt!<br />
Eine weitere, große Herausforderung<br />
Ihrer Amtszeit war und ist die Corona-<br />
Pandemie. Hier haben Sie sich als<br />
vorausschauender und umsichtiger<br />
Krisenmanager bewiesen, der mit großer<br />
Klarheit für die Sicherheit der Belegschaft<br />
und der Besucher*innen gesorgt<br />
hat. Wie sind Sie vorgegangen?<br />
Rückblickend bin ich froh und dankbar,<br />
dass es uns – der Theaterleitung im<br />
Ganzen, Belegschaft, Personalvertretung<br />
– bei der bisherigen Bewältigung<br />
der Umstände gelungen ist, enorm<br />
konstruktiv zusammenzuarbeiten und<br />
dadurch so entschlossen handeln zu<br />
können. Meine Parameter waren dabei:<br />
ein hohes Maß an Achtsamkeit und Vorsicht<br />
walten zu lassen, immer wieder<br />
abzuwägen und keine vermeidbaren<br />
Risiken einzugehen.<br />
Natürlich gab es enorme künstlerische<br />
Herausforderungen, mit denen die Sparten<br />
kreativ umgehen mussten, und dies<br />
meines Erachtens auch hervorragend<br />
getan haben. Wichtig und durchaus anspruchsvoll<br />
war eine pandemiegerechte<br />
Neuausgestaltung sämtlicher Arbeitsprozesse.<br />
Beispielsweise haben wir die<br />
bestehenden Schichtsysteme sowie die<br />
Belegung der Raum- und Arbeitsstätten<br />
angepasst, damit sich die Mitarbeitenden<br />
so wenig wie möglich einem<br />
Infektionsrisiko aussetzen und wir im<br />
Fall der Fälle den Betrieb aufrechterhalten<br />
konnten.<br />
Besonderes Augenmerk haben wir<br />
auch auf den Publikumsbereich gelegt.<br />
Hier haben wir mit einem detaillierten<br />
Hygienekonzept, das sich stets der konkreten<br />
Situation angepasst hat, mehr<br />
Sicherheit für unsere Besucher*innen<br />
und Mitarbeiter*innen realisiert, als es<br />
die Coronavorschriften von Bund und<br />
Land verlangt haben. Natürlich mussten<br />
wir auch teilweise damit umgehen, dass<br />
wir mit diesen Maßnahmen der Erwartungshaltung<br />
einiger nicht entsprochen<br />
haben. Das lässt sich allerdings in der<br />
konkreten Pandemiesituation – davon<br />
bin ich fest überzeugt – nicht vermeiden.<br />
An welche künstlerischen Ereignisse<br />
und Produktionen, die während Ihrer<br />
Amtszeit auf den Bühnen zu sehen<br />
waren, denken Sie gerne zurück?<br />
Kurz dachte ich darüber nach, die<br />
Antwort in »vor und nach der Pandemie«<br />
zu unterteilen. Aber wenn ich mir<br />
anschaue, was die einzelnen Sparten<br />
während der gesamten Zeit, ob analog<br />
oder digital, realisiert und welche<br />
künstlerische Vielfalt sie präsentiert<br />
haben, denke ich gerne an jede einzelne<br />
Spielzeit zurück. Die vergangenen fünf<br />
Jahre zeigen für mich, dass dieses Haus<br />
rundherum für Qualität steht und auch<br />
in der größten Krise mit viel Kreativität<br />
und Zusammenhalt aufwarten kann.<br />
Und auch wenn es schwer ist, einzelne<br />
Produktionen besonders hervorzuheben,<br />
so würde ich aufgrund meiner Verbundenheit<br />
und Leidenschaft zum Musiktheater<br />
gerne den szenisch unglaublich<br />
gelungenen Monteverdi-Zyklus und<br />
musikalisch die Wiederaufnahme<br />
von Richard Strauss’ »Die Frau ohne<br />
Schatten« unter der Leitung von GMD<br />
Alexander Soddy nennen wollen.<br />
Nun ziehen Sie weiter. Was möchten<br />
Sie dem NTM auf den Weg geben?<br />
Es ist nicht an mir, anderen etwas mit<br />
auf den Weg zu geben. Aber ich würde<br />
mir nicht zuletzt für unser wunderbares<br />
Publikum wünschen, dass alle miteinander<br />
– die Kolleg*innen des Theaters,<br />
die Leitung, die Stadt und ihre Gesellschaft<br />
– die Interimszeit in den unterschiedlichen<br />
Ersatzspielstätten und vor<br />
allem natürlich die Generalsanierung<br />
des Spielhauses so erfolgreich wie möglich<br />
gestalten – mit der wunderbaren<br />
Aussicht, für die nächsten Jahrzehnte<br />
über einen Theaterbau am Goetheplatz<br />
zu verfügen, der sich baulich, bühnentechnisch<br />
und vom Aufenthaltswert her<br />
auf der Höhe der Zeit befindet.