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K063_Schoenheit_Mendelssohn

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Überwiegend ist in jedem Satz ein bestimmter<br />

Satztypus mit spezifischem Ausdruckscharakter<br />

ausgeformt. <strong>Mendelssohn</strong> geht oft<br />

aber auch einen anderen Weg und verbindet<br />

mehrere Satztypen innerhalb eines Satzes<br />

miteinander. Programmatisch geschieht dies<br />

gleich in der 1. Sonate in f-Moll, deren erster<br />

Satz mit machtvoller Klangentfaltung und<br />

kunstvoller Mehrstimmigkeit in der Art eines<br />

großen Präludiums anhebt. Mit starker Kontrastwirkung<br />

und in ganz neuer Klangfarbe<br />

erscheint dann ein kurzer Choralabschnitt<br />

über die Melodie „Was mein Gott will, das<br />

g’scheh allzeit“. Im Folgenden entwickelt sich<br />

der Satz aus diesem antithetischen Gegensatz<br />

heraus, sodass polyphones Präludium<br />

und Choral miteinander vereint sind. Technisch<br />

macht sich <strong>Mendelssohn</strong> dabei das<br />

Spiel auf mehreren Manualen mit jeweils<br />

eigener Registrierung zunutze. Einen<br />

ähnlichen Weg geht er im letzten Satz der<br />

4. Sonate in Es-Dur, in dem sich ein majestätischer<br />

Marsch mit einer Fuge über ein dezidiert<br />

unbachisches Thema verbindet, mit der<br />

insbesondere die Virtuosität im Pedalspiel<br />

demonstriert werden kann. Am weitesten<br />

treibt <strong>Mendelssohn</strong> die Integration der Sätze<br />

in der letzten Sonate voran, die bei all ihrer<br />

Unterschiedlichkeit auf den einleitenden<br />

Choral „Vater unser im Himmelreich“ bezogen<br />

sind. So virtuos <strong>Mendelssohn</strong>s Opus 65<br />

auf weiten Strecken gehalten ist, endet es<br />

doch ganz verinnerlicht. Das ausdrücklich so<br />

benannte „Finale“ der 6. Sonate besteht aus<br />

einem ruhigen Satz, dessen gesangliche<br />

Melodie aus einer Umformung dieses Chorals<br />

gewonnen ist – ein eindrucksvolles Ende<br />

für ein Werk, mit dem seinem Schöpfer ein<br />

echter Wurf gelang.<br />

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