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Energetische Quartierlösungen - Effiziente Wärmeübergabe sichert klimaschonenden Netzbetrieb

YADOS Fachartikel im ew-magazin 04-2022 | energie.de Die Klimaschutzziele stellen Städte und Gemeinden vor große Aufgaben. Gefragt sind energetische Quartierlösungen, die im Neubau und im Bestand zur Senkung des Primärenergiebedarfs beitragen. Eine Option dafür sind moderne Wärmenetze. Damit lassen sich erneuerbare Energien und Abwärme in größerem Umfang in die Wärmeversorgung integrieren. Das Bauprojekt »Wohn- und Geschäftsquartier Gallwitz-Kaserne Bonn-Duisdorf« zeigt das große Potenzial nachhaltiger KWK-Fernwärme im Verbund mit optimierter Wärmeübergabe und effizienter Trinkwassererwärmung.

YADOS Fachartikel im ew-magazin 04-2022 | energie.de
Die Klimaschutzziele stellen Städte und Gemeinden vor große Aufgaben. Gefragt sind energetische Quartierlösungen, die im Neubau und im Bestand zur Senkung des Primärenergiebedarfs beitragen.
Eine Option dafür sind moderne Wärmenetze. Damit lassen sich erneuerbare Energien und Abwärme
in größerem Umfang in die Wärmeversorgung integrieren. Das Bauprojekt »Wohn- und Geschäftsquartier Gallwitz-Kaserne Bonn-Duisdorf« zeigt das große Potenzial nachhaltiger KWK-Fernwärme im Verbund mit optimierter Wärmeübergabe und effizienter Trinkwassererwärmung.

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Mobilität + Stadtentwicklung<br />

Quelle: Pandion AG<br />

<strong>Energetische</strong> <strong>Quartierlösungen</strong><br />

<strong>Effiziente</strong> <strong>Wärmeübergabe</strong> <strong>sichert</strong><br />

<strong>klimaschonenden</strong> <strong>Netzbetrieb</strong><br />

Die Klimaschutzziele stellen Städte und Gemeinden vor große Aufgaben. Gefragt sind energetische<br />

<strong>Quartierlösungen</strong>, die im Neubau und im Bestand zur Senkung des Primärenergiebedarfs beitragen.<br />

Eine Option dafür sind moderne Wärmenetze. Damit lassen sich erneuerbare Energien und Abwärme<br />

in größerem Umfang in die Wärmeversorgung integrieren. Das Bauprojekt »Wohn- und Geschäftsquartier<br />

Gallwitz-Kaserne Bonn-Duisdorf« zeigt das große Potenzial nachhaltiger KWK-Fernwärme<br />

im Verbund mit optimierter <strong>Wärmeübergabe</strong> und effizienter Trinkwassererwärmung.<br />

Im Jahr 2016 erwarb die Pandion AG<br />

das 76 000 m 2 umfassende Areal der in<br />

den 1930er Jahren ursprünglich als Artilleriekaserne<br />

erbauten Gallwitz-Kaserne<br />

im Bonner Stadtteil Duisdorf. 2017<br />

wurde die komplette Liegenschaft abgebrochen.<br />

Bereits Mitte des Jahres 2018<br />

startete die erste Bauphase des neuen<br />

Wohn- und Geschäftsquartiers »Pandion<br />

Ville«. Bis 2024 sollen im groß angelegten<br />

Bauprojekt 520 neue Wohnungen<br />

mit insgesamt 42 000 m 2 Wohnfläche,<br />

rund 13 000 m 2 Gewerbefläche mit Bürogebäuden<br />

und Möglichkeiten zur Nahversorgung<br />

sowie eine Kindertagesstätte<br />

und ein Jugendtreff entstehen.<br />

Im September 2020 wurde der erste<br />

Bauabschnitt abgeschlossen, die 160<br />

neu entstandenen Wohneinheiten<br />

sind größtenteils bezogen. Aktuell befindet<br />

sich das Projekt im zweiten Bauabschnitt.<br />

Dieser soll bis Anfang 2022<br />

fertiggestellt und übergeben werden.<br />

Im Anschluss beginnt der dritte Bauabschnitt.<br />

Weitere Bauprojekte sind bereits<br />

in Planung.<br />

Die Wärmeversorgung im neuen Quartier<br />

haben die Stadtwerke Bonn Energie<br />

und Wasser (SWB EnW) übernommen.<br />

Als Contracting-Partner versorgt<br />

der Energiedienstleister künftig das gesamte<br />

Areal mit nachhaltiger Fernwärme<br />

aus dem Heizkraftwerk Nord in der<br />

Weststadt.<br />

10 4 | 2022


Mobilität + Stadtentwicklung<br />

Besonderes Augenmerk bei der Planung<br />

und Umsetzung des Heizwärme- und<br />

Warmwasserversorgungkonzepts galt<br />

der Anlagentechnologie. Ziel ist es, eine<br />

nachhaltige und präzise Wärmeversorgung<br />

mit gleichzeitiger Reduzierung der<br />

Rücklauftemperatur zu erreichen. Die<br />

Technologie zur <strong>Wärmeübergabe</strong> und<br />

Trinkwarmwassererwärmung (TWE)<br />

stammt von der Yados GmbH.<br />

Ganzheitliche Quartierentwicklung<br />

schafft mehr als Wohnraum<br />

Städten und Kommunen kommt eine<br />

zentrale Rolle bei der Erreichung der<br />

Klimaziele zu. Immerhin leben heute<br />

mehr als die Hälfte aller Menschen<br />

in Städten und rund 80 % der globalen<br />

Treibhausgase werden dort emittiert.<br />

Entstehen neue Quartiere oder<br />

wird im Bestand saniert, gilt es daher,<br />

nicht nur die sozialen Belange der Bewohner<br />

zu berücksichtigen, sondern<br />

auch wirtschaftliche, ökologische und<br />

zukunftssichere Versorgungslösungen<br />

zu realisieren. Dieser Aufgabe hat sich<br />

die SWB EnW verschrieben. Und das<br />

mit Erfolg. So stammt zum Beispiel der<br />

Strom für die Kunden in Bonn zu 82 %<br />

aus erneuerbaren Energien.<br />

Die Versorgung mit nachhaltiger Fernwärme<br />

gehört seit den 1950er Jahren<br />

zum Portfolio der Stadtwerke Bonn.<br />

Dafür spricht neben dem Aspekt der<br />

Versorgungssicherheit auch deren geringer<br />

Primärenergiefaktor. Dieser beträgt<br />

derzeit 0,25 bei einem CO 2 -Emissionsfaktor<br />

CO 2 (eq.) von 0 g/kWh. Erreicht<br />

wird dies vor allem durch den<br />

Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung<br />

(KWK) und Hausmüll als »nachwachsenden<br />

Rohstoff«.<br />

Das überzeugte auch die Pandion AG.<br />

»Wir haben schon frühzeitig mit dem<br />

Wohnentwickler Gespräche geführt und<br />

die Vorzüge unserer Fernwärme dargelegt.<br />

Stichworte waren hier Primärenergiefaktor,<br />

nachhaltig, ökologisch<br />

und preisgünstig. Damit und mit unserem<br />

Dienstleistungsportfolio konnten<br />

wir überzeugen«, erinnert sich Thorsten<br />

Ellmann, Fachbereichsleiter Energiedienstleistungen<br />

(EDL) der SWB EnW.<br />

Das Fernwärmenetz in Bonn ist zurzeit<br />

rund 120 km lang. Angeschlossen sind<br />

mehr als 2 700 Gebäude. Dazu gehört<br />

nun auch das Wohn- und Geschäftsquartier<br />

der ehemaligen Gallwitz-Kaserne<br />

Bonn-Duisdorf. In der Endausbaustufe<br />

wird das bestehende Fernwärmenetz<br />

durch den Anschluss von »Pandion<br />

Ville« um über 600 m länger sein.<br />

Quelle: Yados GmbH<br />

Bild 1. Die <strong>Wärmeübergabe</strong>station Yado Pro sorgt für die Wärmeübertragung zwischen<br />

Wärmenetz und Gebäudeheizungsanlage und gewährleistet eine stabile Netzführung.<br />

Planungs- und Systemkompetenz<br />

<strong>sichert</strong> maximale Technologieleistung<br />

Um den hohen Kundenanforderungen<br />

und den eigenen Ansprüchen gerecht zu<br />

werden, setzte die SWB EnW von Anfang<br />

an auf eine fundierte und belastbare<br />

Planung sowie auf erprobte Hocheffizienztechnologien<br />

zur anforderungsspezifischen<br />

Realisierung des neuen Netzabschnitts.<br />

Schließlich lassen sich Effizienzpotenziale<br />

bereits bei Planung und<br />

Bemessung eines Leitungsnetzes mit<br />

Übergabestationen und TWE-Anlagen<br />

ausschöpfen.<br />

Maßgeblich für den späteren bedarfsgerechten<br />

Fernwärmenetzbetrieb sind<br />

niedrige Rücklauftemperaturen, die<br />

die thermische Übertragungskapazität,<br />

Volumenströme, vorhandene Strömungs-<br />

und Wärmeverluste und den<br />

elektrischen Pumpaufwand beeinflussen.<br />

Abhängig von der Temperaturdifferenz<br />

zwischen Vorlauf und Rücklauf<br />

verringert sich der primäre Volumenstrom.<br />

Beispielsweise reduziert sich<br />

der Heizwasservolumenstrom bei einer<br />

Vorlauftemperatur von 80 °C und einer<br />

Senkung der Rücklauftemperatur von 55<br />

auf 40 °C um 30 %. Gleichzeitig führt ein<br />

verminderter Volumenstrom zu weniger<br />

Strömungsverlusten. Die damit verbundenen<br />

Einsparoptionen können sich sehen<br />

lassen: Ein geringer Volumenstrom<br />

ermöglicht kleinere Rohrleitungsquerschnitte<br />

und Pumpengrößen, da durch<br />

den geringeren Strömungsverlust der<br />

benötigte Pumpendifferenzdruck fällt.<br />

Das reduziert den Energiebedarf und<br />

sorgt für eine schwächere thermische<br />

Beanspruchung des Installationsmaterials<br />

– was sich spürbar auf Wirtschaftlichkeit<br />

und Amortisationszeit des Gesamtsystems<br />

auswirkt.<br />

Als Projektpartner für die Planung und<br />

Umsetzung der energetischen Versorgungslösung<br />

konnte die Yados GmbH<br />

gewonnen werden. Das Unternehmen<br />

bietet zum einen umfassende Planungsund<br />

Systemkompetenz im Bereich Fernwärmenetzsysteme<br />

und begleitet energetische<br />

Vorhaben von der Planung bis<br />

zur Inbetriebnahme. Zum anderen fertigt<br />

das Unternehmen maßgeschneiderte,<br />

bedarfsspezifische <strong>Wärmeübergabe</strong>komponenten<br />

sowie ein patentiertes<br />

TWE-System, das die Anforderungen<br />

der geltenden Trinkwasserverordnung<br />

mit optimaler Systemeffizienz wie der<br />

Reduzierung der Heizwasserrücklauftemperatur<br />

verbindet.<br />

Stabile und ökologische<br />

Netzführung dank smarter<br />

<strong>Wärmeübergabe</strong>stationen<br />

Für die Übergabe netzseitig bereitgestellter<br />

Wärmeenergie an angeschlossene<br />

Quartiere, Gebäudekomplexe und<br />

Industrieanlagen sorgen intelligente<br />

Übergabestationen. Je präziser diese<br />

arbeiten, desto effizienter ist die Netzführung<br />

und desto geringer sind die<br />

Transmissionsverluste. Für das neue<br />

4 | 2022<br />

11


Mobilität + Stadtentwicklung<br />

Wohn- und Geschäftsquartier in Bonn-<br />

Duisdorf fertigte die Yados GmbH sechs<br />

indirekte Fernwärme-Kompaktstationen<br />

Yado Pro mit jeweils 2 Heizkreisen und<br />

nachgeschalteter rücklaufoptimierter<br />

Trinkwassererwärmung im Speicherladeprinzip<br />

– weitere werden im Projektverlauf<br />

folgen (Bild 1).<br />

Die flexiblen <strong>Wärmeübergabe</strong>stationen<br />

verbinden das Fernwärmenetz mit den<br />

Gebäudeheizungsanlagen. Als regulierende<br />

Verbindungseinheit zwischen Versorger-<br />

und Verbraucherseite übergeben<br />

die Stationen das Wärmemedium je nach<br />

aktueller Abnahmeanforderung druck-,<br />

temperatur- und bedarfsspezifisch an die<br />

hydraulisch über einen Plattenwärmeübertrager<br />

getrennte Kundenseite. DDC-<br />

Regelungen berechnen die notwendigen<br />

Vorlauftemperaturen entsprechend den<br />

Witterungsverhältnissen sowie den Zeitund<br />

Komfortvorgaben der Nutzer.<br />

Die bodenstehenden, modular erweiterbaren<br />

Übergabestationen wurden entsprechend<br />

den technischen Anschlussbedingungen<br />

(TAB) der SWB EnW und<br />

den kundenseitigen Anforderungen<br />

nach Planungsvorgabe objektspezifisch<br />

geplant und gefertigt. Neben der Verwendung<br />

standardisierter Baugruppen<br />

können die Anlagen grundsätzlich frei<br />

konfiguriert werden.<br />

Patentiertes Trinkwassersystem für<br />

Effizienz und Hygiene<br />

Die Trinkwarmwasserbereitung wird<br />

durch das patentierte Trinkwassersystem<br />

Aqua PR im Speicherladesystem<br />

realisiert. Es ermöglicht die optimale<br />

Nutzung der eingesetzten Primärenergie<br />

und erfüllt die hygienetechnischen<br />

Regelwerksvorgaben der Trinkwasserverordnung<br />

(Bild 2).<br />

Das System basiert auf einem zweistufigen<br />

Speicherladesystem, bei dem<br />

durch Nutzung hoher primärer Vorlauftemperaturen<br />

der Heizwasservolumenstrom<br />

deutlich verringert werden kann<br />

und sich heizwasserseitig niedrige Rücklauftemperaturen<br />

erzielen lassen. Diese<br />

liegen ganzjährig bei maximal 40 °C. Die<br />

Senkung der primärseitigen Rücklauftemperatur<br />

führt zu einer spürbaren Reduktion<br />

des benötigten Volumenstroms.<br />

Das wirkt sich positiv auf die Bilanz der<br />

Anlage aus: Wärmeverluste in der Installation<br />

werden minimiert und die Energieaufwände<br />

für den Pumpenbetrieb<br />

spürbar verringert.<br />

Dies gelingt durch eine spezielle Schaltung<br />

des Vor- und Nachwärmers (Plattenwärmeübertrager).<br />

Dabei wird der<br />

Quelle: Yados GmbH<br />

Bild 2. Trinkwassererwärmer Yado Aqua PR mit zweistufigem Speicherladesystem<br />

Zirkulationsvolumenstrom durchgehend<br />

erwärmt, sodass im Trinkwarmwasser-<br />

Pufferspeicher eine optimale Schichtung<br />

erreicht wird – und dies unter Einhaltung<br />

der hygienerechtlich geforderten Trinkwarmwassertemperatur.<br />

Im Prozess der Speicherladung wird die<br />

Trinkwarmwassertemperatur des Zirkulationsvolumenstroms<br />

im Nacherwärmer<br />

zunächst auf 60 °C erhöht. Parallel<br />

kühlt Wasser aus dem Trinkwarmwasserspeicher<br />

den Heizwasservolumenstrom<br />

im Vorerwärmer ab. Wird über die<br />

Zapfstelle im oberen Teil des Speichers<br />

Warmwasser entnommen, fließt kaltes<br />

Wasser in den unteren Teil des Pufferspeichers<br />

nach. Dabei kommt es zu einer<br />

stabilen Temperaturschichtung, bei der<br />

keine größere Mischzone durch Wärmeströmung<br />

entsteht.<br />

Wird dem Pufferspeicher über längere<br />

Zeit, zum Beispiel nachts, kein Wasser entnommen,<br />

strömt kein Kaltwasser in den<br />

unteren Speicherbereich nach. Das restliche<br />

kalte Wasser wird vom Warmwasser<br />

so lange verdrängt, bis im Trinkwarmwasserspeicher<br />

60 °C erreicht sind. Erst<br />

dann steigt die Primärrücklauftemperatur<br />

wieder an. Die kontinuierliche Erwärmung<br />

des Zirkulationsvolumenstroms im<br />

Rücklaufauskühlungsbetrieb vermeidet<br />

(hydraulisch) Stagnationswasser innerhalb<br />

des Trinkwassernetzes und gewährleistet<br />

die Einhaltung der thermischen<br />

Vorgaben zur Legionellenprävention.<br />

Fazit<br />

Bei der Planung und Bebauung des<br />

Areals der ehemaligen Gallwitz-Kaserne<br />

Bonn-Duisdorf ist es Architekten,<br />

Planern und ausführenden Gewerken<br />

gelungen, unterschiedliche Wohnund<br />

Nutzungsansprüche gesamtheitlich<br />

zu gestalten und zu integrieren.<br />

Das i-Tüpfelchen ist die Umsetzung<br />

der energetischen Quartierversorgung<br />

durch die Projektpartner SBW EnW und<br />

Yados. Das Konzept reduziert nicht nur<br />

Energiebedarf und Kosten für Betreiber<br />

und Kunden, sondern kann in Sachen<br />

Klimaschutz als Blaupause für künftige<br />

kommunale und städtebauliche Entwicklung<br />

dienen.<br />

>> marcus.gigl@yados.de<br />

>> www.yados.de<br />

Marcus Gigl,<br />

Vertriebsleiter,<br />

Yados Vertriebs GmbH, Aalen<br />

12 4 | 2022

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