26.12.2012 Aufrufe

16 - VBD

16 - VBD

16 - VBD

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„<br />

<strong>16</strong> Sachverständigen-/Gutachtenpraxis Sachverständigenvergütung<br />

IfS Informationen 1/2010<br />

Abrechnung des Sachverständigen“ erläuterte<br />

Dr. Bleutge die Gefahren des Vergütungsverlustes<br />

und der Vergütungskürzung<br />

anhand der 5 klassischen Fälle:<br />

1. Unbrauchbarkeit des Gutachtens<br />

2. Grob fahrlässig verursachte Ablehnung<br />

wegen Besorgnis der Befangenheit<br />

3. Verletzung der Pflicht zur höchtspersönlichen<br />

Gutachtenerstattung<br />

Am 10. November 2009 fand in Chemnitz<br />

der <strong>16</strong>. Sächsische Sachverständigentag in<br />

der IHK Südwestsachsen statt.<br />

Das IfS war auf dieser sehr gut besuchten<br />

Veranstaltung durch Rechtsanwältin Katharina<br />

Bleutge vertreten. Bleutge gab den anwesenden<br />

Sachverständigen einen Überblick<br />

über Aktuelles im Sachverständigenwesen.<br />

In einem „Rundumschlag“ berichtete sie<br />

über Neuigkeiten aus Berlin, wie etwa die<br />

Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie und<br />

In letzter Zeit häufen sich Probleme mit der<br />

praktischen Anwendung des § 13 JVEG. Bekanntlich<br />

kann ein Sachverständiger nach<br />

dieser Bestimmung einen höheren Stundensatz<br />

erhalten, wenn entweder beide Prozessparteien<br />

oder eine Prozesspartei und das<br />

Gericht seinem konkreten Vorschlag nach<br />

einem höheren Stundensatz als nach dem<br />

JVEG vorgesehen, zustimmen. Gleiches gilt<br />

auch für den Antrag auf eine beabsichtigte<br />

Erhöhung der Auslagen und Aufwendungen,<br />

beispielsweise für ein höheres Kilometergeld<br />

oder für den Stundensatz der eingesetzten<br />

Hilfskraft. Streitigkeiten entstehen bereits<br />

dadurch, dass einige Gerichte den § 13 JVEG<br />

4. Überschreitung des Kostenvorschusses<br />

5. Rückerstattung der Vergütung wegen späterem,<br />

begründeten Einspruch der unterlegenen<br />

Partei im Kostenerinnerungsverfahren.<br />

Besonders wertvoll waren die Praxistipps,<br />

die Dr. Bleutge den Sachverständigen mit<br />

auf den Weg gab. Seine Schulnote für das<br />

JVEG: Eine glatte 5, insbesondere wegen der<br />

IfS informiert über<br />

Aktuelles im Sachverständigenwesen in der IHK Chemnitz<br />

In Heft Nr. 4/2009 der IfS-Informationen haben<br />

wir auf S. 21 ff. ausführlich die Probleme<br />

angesprochen, die sich aus der Hinweispflicht<br />

des Sachverständigen ergeben, wenn<br />

der im Beweisbeschluss genannte Betrag für<br />

die Vergütung des Sachverständigen nicht<br />

ausreicht (vgl. § 407 a Abs. 3 Satz 2 ZPO).<br />

Daraufhin haben uns mehrere Sachverständige<br />

geschrieben, dass sie besonders negative<br />

Erfahrungen gemacht haben, wenn im<br />

Beweisbeschluss überhaupt kein Betrag für<br />

die Vergütung des Sachverständigen ausgeworfen<br />

werde. Das sei beispielsweise der<br />

Fall in Verfahren, in welchen einer Partei<br />

Prozesskostenhilfe gewährt werde, bei Aufträgen<br />

im Zwangsversteigerungsverfahren<br />

deren Auswirkungen auf die Sachverständigenordnungen<br />

der Bestellungskörperschaften.<br />

Themen waren außerdem das neue<br />

GmbH-Recht, die Novellierung der HOAI und<br />

die aktuelle Umfrage des Bundesjustizministeriums<br />

zu den außergerichtlichen Stundensätzen<br />

öffentlich bestellter Sachverständiger<br />

zur Evaluierung des JVEG.<br />

Abgerundet wurde der Vortrag durch aktuelle<br />

Rechtsprechung aus Sachverständigenrecht<br />

und -praxis.<br />

Wenn im Beweisbeschluss keine Vergütungsvorgabe steht<br />

oder wenn der Antragsteller die öffentliche<br />

Hand sei.<br />

Wir haben in dem erwähnten Beitrag in den<br />

IfS-Informationen 4/2009 unter Kapitel 6<br />

ausgeführt, dass in diesen Fällen die<br />

Sachverständigen darauf achten müssten,<br />

dass kein Missverhältnis zwischen der Sachverständigenvergütung<br />

und dem Streitwert<br />

bestehe. Ein solches Missverhältnis sei erst<br />

dann gegeben, wenn die Vergütung des<br />

Sachverständigen 50 % des Streitwerts erreiche.<br />

So steht es in den Kommentaren und so<br />

haben Gerichte entschieden.<br />

Mit dieser Faustregel sind einige Sachverständige<br />

auf die Nase gefallen. Man hat ihnen<br />

vorgeworfen, sie hätten es schuldhaft<br />

Trotz Zustimmung des Gerichts - Kein erhöhter Stundensatz<br />

als Ausnahmevorschrift ansehen und ihn nur<br />

für erfahrene Sachverständige anwenden.<br />

Andere Gericht verlangen eine Begründung<br />

dafür, weshalb die Sachverständigen mit den<br />

„normalen“ Stundensätzen des JVEG (50 -<br />

95 Euro) nicht kostendeckend arbeiten können.<br />

Beide Vorgaben der Gerichte werden<br />

durch den Wortlaut und Zweck des § 13<br />

JVEG nicht gedeckt.<br />

Eines der von vielen Sachverständigen geschilderten<br />

Probleme im Zusammenhang mit<br />

der Anwendung des § 13 JVEG ist der Sachverhalt,<br />

dass zwar beide Prozessparteien<br />

oder eine Partei und das Gericht der vom<br />

Sachverständigen vorgeschlagenen erhöh-<br />

zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe in<br />

den einzelnen Gebührentatbeständen.<br />

Weitere Referentinnen waren die Justiziarin<br />

der IHK Bayreuth, Gabriele Hohenner, und<br />

Rechtsanwältin Dr. Christiane Bierkoven von<br />

der Kanzlei Rödl & Partner. Beide Referentinnen<br />

berichteten praxisnah und in gewohnt<br />

fesselnder Vortrgasart über zwei wichtige<br />

Themen bei der täglichen Sachverständigenarbeit:<br />

Die Werbung von Sachverständigen<br />

und die elektronische Archivierung in Verbindung<br />

mit Fragen des Datenschutzes.<br />

versäumt, das Gericht auf ihre relativ hohe<br />

Gesamtvergütung hinzuweisen und hätten<br />

dann die Entscheidung des Gerichts abwarten<br />

müssen. Dies gelte auch dann, wenn die<br />

Vergütung unter 50 % des Streitwerts bleibe.<br />

Wir empfehlen daher, in allen Fällen, in welchen<br />

im Beweisbeschluss keine konkrete<br />

Summe für die Vergütung des Sachverständigen<br />

angegeben wird, vor Beginn der Arbeiten<br />

das Gericht um schriftliche Mitteilung zu<br />

bitten, welcher Betrag für die Vergütung zur<br />

Verfügung steht und welche Vergütung (einschließlich<br />

MwSt.) der Sachverständige abrechnen<br />

werde, um das Gutachten sachgerecht<br />

zu erarbeiten.<br />

ten Vergütung zustimmen, die vorschusspflichtige<br />

Partei danach aber die Differenz<br />

zwischen der „normalen“ Vergütung nach<br />

dem JVEG und der erhöhten Vergütung nach<br />

§ 13 nicht zahlt. Der Sachverständige erfährt<br />

diesen Fakt immer erst dann, wenn er nach<br />

Erstattung des Gutachtens seine Rechnung<br />

auf der Basis des vereinbarten höheren<br />

Stundensatzes bei Gericht einreicht.<br />

Besonders ärgerlich sind die Fälle, in welchen<br />

eine Partei ihr Einverständnis nicht gibt<br />

und das Gericht nach § 13 Abs. 2 durch<br />

einen besonderen Beschluss das Nein der<br />

Partei durch das eigene Ja ersetzt. Die Sachverständigen<br />

glauben in diesen Fällen, dass


Sachverständigenvergütung<br />

sie aufgrund dieses Gerichtsbeschlusses<br />

darauf vertrauen können, dass das Gericht<br />

in diesem Fall auch dafür Sorge trägt, dass<br />

die vorschusspflichtige Partei die Differenz<br />

zahlt. Besonderes Vertrauen meinen sie in<br />

den Fällen haben zu dürfen, wenn der vorschusspflichtigen<br />

Partei Prozesskostenhilfe<br />

gezahlt wird; hier sind sie der Meinung, dass<br />

der Justifiskus dann die Differenz zahlen werde,<br />

weil ja in diesen Fällen kein Vorschuss von<br />

der „armen“ Partei verlangt wird.<br />

Übereinstimmend wird von der Rechtssprechung<br />

in all diesen Fällen ein Vertrauenstatbestand<br />

verneint. Verneint wird weiter eine<br />

Fürsorgepflicht des Gerichts, bei der vorschusspflichtigen<br />

Partei dafür zu sorgen, dass<br />

der fehlende Differenzbetrag bei Gericht eingezahlt<br />

wird. Und verneint wird schließlich eine<br />

Pflicht des Gerichts, den Sachverständigen<br />

rechtzeitig vor der Rechnungsstellung darüber<br />

zu informieren, dass der zusätzlich erforderliche<br />

Vorschuss nicht eingezahlt wurde. Diese<br />

für die Sachverständigen äußerst misslichen<br />

Benachteiligungen sind unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten<br />

nicht vertretbar und daher<br />

auch nicht erklärbar.<br />

Mithin bleibt dem einzelnen Sachverständigen<br />

nichts anderes übrig als in diesen Fällen<br />

kurze Zeit nach Zugang des Einverständnisses<br />

beider Parteien oder einer Partei und<br />

des Gerichts bei Gericht nachzufragen, ob<br />

der fehlende Differenzbetrag von der kostenvorschusspflichtigen<br />

Partei eingezahlt wurde<br />

und dabei gleichzeitig mitzuteilen, dass er<br />

erst dann mit den Arbeiten am Gutachten<br />

beginnen werde, wenn die erfolgte Zusage<br />

zur Nachzahlung tatsächlich auch realisiert<br />

wurde.<br />

Nicht zulässig ist es jedoch, das Gericht im<br />

Antrag nach § 13 JVEG wissen zu lassen,<br />

dass der Sachverständige nur dann für die<br />

Erledigung des Gutachtenauftrags zur Verfügung<br />

stehe, wenn beide Parteien oder eine<br />

Partei und das Gericht seinem erhöhten Vergütungsvorschlag<br />

zustimmen. Der beauftragte<br />

Sachverständige ist kraft Gesetzes zur<br />

Gutachtenerstattung verpflichtet, und muss<br />

daher auch dann den Gutachtenauftrag erledigen,<br />

wenn seinem Antrag nach § 13 JVEG<br />

nicht entsprochen wird.<br />

Bei nächster Gelegenheit sollte der gesamte<br />

§ 13 JVEG, der inzwischen aufgrund zahlreicher<br />

Novellierungen mit seinen sieben -<br />

umfangreichen - Absätzen zu einem juristischen<br />

Monster (ein Kommentator bezeichnet<br />

diesen Gebührentatbestand als „die Rätselecke<br />

im Bundesgesetzblatt“) angewachsen<br />

ist, dereguliert und praxisnah formuliert<br />

werden. Zu einem Tummelplatz für Kommentatoren<br />

sollte diese, für die Sachverständigen<br />

so wichtige Vorschrift, nicht entarten.<br />

Ein Sachverständiger hat uns zu der vorgenannten<br />

Problematik folgenden exemplarischen<br />

Fall geschildert:<br />

: Beschluss des LG Ansbach vom<br />

3.12.2008 (Az.: 3 O 1156/07 Bau)<br />

Dem vom Sachverständigen vorgeschlagenen<br />

Stundensatz von 95 Euro wird zugestimmt.<br />

: Beschluss des LG Ansbach vom<br />

14.7.2009 (AZ.: 3 O 1156/07 Bau)<br />

Die Vergütung des Sachverständigen wird<br />

auf 1.385,14 Euro festgesetzt (= 374,62<br />

weniger als im Rahmen von § 13 JVEG beantragt)<br />

Gründe<br />

Der Sachverständige Dipl.-Ing. (FH) M. H.<br />

hat gemäß Beschluß vom 04.08.2008 ein<br />

schriftliches Gutachten erstattet. Hierfür hat<br />

er unter dem <strong>16</strong>.02.2009 1.759,77 Euro in<br />

Rechnung gestellt, wobei er bei einer Gesamtzahl<br />

der Stunden von 13,5 einen vereinbarten<br />

Stundensatz von 95,00 Euro zugrunde<br />

gelegt hat.<br />

Der Kläger, dem mit Beschluß vom<br />

09.10.2008 Prozeßkostenhilfe bewilligt worden<br />

war, hatte diesem Stundensatz mit<br />

Schriftsatz vom 02.12.2008 zugestimmt.<br />

Mangels Zustimmung des Beklagten wurde<br />

die Zustimmung zum erhöhten Stundensatz<br />

gemäß § 13 Abs. 2 JVEG durch Beschluß vom<br />

03.12.2008 erteilt.<br />

Der auf die Erhöhung des Stundensatzes<br />

entfallende Teil des Honorars beträgt 337,50<br />

Euro netto.<br />

Dieses Mehrhonorar kann dem Sachverständigen<br />

nach § 13 Abs. 6 S. 1 JVEG nur gewährt<br />

werden, wenn die Partei, die sich mit<br />

dem höheren Stundensatz einverstanden<br />

erklärt hat, zugleich erklärt hat, die entstehenden<br />

Mehrkosten zu übernehmen und<br />

wenn ein ausreichender Betrag für das gegenüber<br />

der gesetzlichen Regelung zusätzliche<br />

Honorar an die Staatskasse gezahlt ist.<br />

Vorliegend hat der Kläger weder eine Übernahmeerklärung<br />

bzgl. der Mehrkosten abgegeben,<br />

noch liegt ein entsprechender Vorschuß<br />

vor. Ein solcher kann vom Kläger auch<br />

nicht gemäß § 13 Abs. 3 S. 2, 3 JVEG angefordert<br />

werden, weil das Gericht seiner<br />

Einverständniserklärung bzgl. des höheren<br />

Stundensatzes zugestimmt hat und er zur<br />

Zahlung dieses Betrags außerstande wäre<br />

(§ 13 Abs. 4 S. 1 JVEG). Dies ergibt sich daraus,<br />

daß ihm Prozeßkostenhilfe ohne Raten<br />

bewilligt wurde.<br />

: Beschluss des OLG Nürnberg vom<br />

23.9.2009 (Az.: leider unleserlich)<br />

Die sofortige Beschwerde des Sachverständigen<br />

N.N. gegen den Beschluss des LG<br />

Ansbach vom 14.7.2009 wird zurückgewiesen.<br />

Gründe<br />

1. Die gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässige Beschwerde<br />

ist unbegründet. Das Landgericht<br />

Ansbach hat die Vergütung des Sachverständigen<br />

zu Recht auf 1.358,15 € statt auf<br />

1.759,77 € festgesetzt.<br />

a) Die gesetzlichen Voraussetzungen einer<br />

höheren Entschädigung nach § 13 JVEG liegen<br />

nicht vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen<br />

wird insoweit auf die zutreffende<br />

Begründung des angegriffenen Beschlusses<br />

Bezug genommen.<br />

b) Mit der Beschwerdebegründung macht<br />

der Sachverständige geltend, ihm sei mit<br />

Auftragsschreiben des Gerichts vom 10. Oktober<br />

2008 mitgeteilt worden, es sei ein Kostenvorschuss<br />

von 3.000 € vorhanden. Der<br />

Beschwerdeführer will sich also offenbar darauf<br />

berufen, ihm sei aus Vertrauensschutzgründen<br />

- trotz objektiv nicht gegebener gesetzlicher<br />

Voraussetzungen - eine höhere<br />

Entschädigung zuzubilligen.<br />

Dafür ist aber schon deshalb kein Raum, weil<br />

dem Beschwerdeführer im gerichtlichen<br />

Schreiben vom 10. Oktober 2008 nicht mitgeteilt<br />

worden war, es sei ein Vorschuss vorhanden,<br />

sondern nur, dass ein solcher angefordert<br />

wurde (was zutraf). Die Anforderung<br />

eines Vorschusses erfüllt aber die Voraussetzungen<br />

des § 13 Abs. 6 Satz 1 JVEG nicht.<br />

Da das Schreiben also inhaltlich richtig war,<br />

kann dahingestellt bleiben, ob ein Schreiben,<br />

in welchem fälschlich die bereits erfolgte<br />

Einzahlung eines Vorschusses mitgeteilt<br />

wird, einen Anspruch auf Mehrentschädigung<br />

auslösen könnte, noch dazu bei einem<br />

ohnehin - unabhängig von der Erhöhung des<br />

Stundensatzes - zur Gutachtenserstattung<br />

verpflichteten öffentlich bestellten und vereidigten<br />

Sachverständigen.<br />

2. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst<br />

(§ 4 Abs. 8 JVEG).<br />

Fundstellen: Keine, da noch nicht in einer Fachzeitschrift<br />

veröffentlicht.<br />

„<br />

17<br />

IfS Informationen 1/2010

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!