26.12.2012 Aufrufe

Detektion von Bewehrungsstahl - korrosion - VBD

Detektion von Bewehrungsstahl - korrosion - VBD

Detektion von Bewehrungsstahl - korrosion - VBD

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Detektion</strong> <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong> -<br />

<strong>korrosion</strong> nach dem DGZfP<br />

Merkblatt B 3 zur elektrochemischen Potentialfeldmessung<br />

Einleitung<br />

Im ersten Teil dieses Beitrags [1]<br />

sind die Grundlagen der Passivität<br />

und der Depassivierung sowie des<br />

Korrosionsfortschritts <strong>von</strong> Stahl in<br />

Beton eingehend dargestellt worden.<br />

Die entstehenden Korrosions -<br />

produkte werden zunächst vom<br />

Porengefüge des Betons aufgenommen,<br />

ohne dass es zu äußerlich<br />

sichtbaren Veränderungen an der<br />

Betonoberfläche kommt. Infolge<br />

der sich einstellenden Sättigung des<br />

Porenraumes mit Korrosions pro -<br />

dukten und des daraus resultierenden<br />

Spannungsaufbaus im Beton<br />

können Folgeschäden, wie Risse<br />

und Abplatzungen am Bauwerk<br />

entstehen, die notwendige Sanie -<br />

rungs maßnahmen bedingen.<br />

Die kontinuierliche, weitgehend<br />

zerstörungsfreie Ermittlung <strong>von</strong><br />

Informationen über das aktuelle<br />

Korrosionsverhalten der Stahlbe -<br />

weh rung findet deshalb ständig<br />

größere Beachtung [2-7]. Die elektrochemische<br />

Potentialfeldmes -<br />

sung ist dazu ein etabliertes und<br />

weit verbreitetes Verfahren zur<br />

Beurteilung des Korrosionszu -<br />

standes der Bewehrung in Stahlbe -<br />

ton bauwerken und teilweise auch<br />

in Spannbetonbauwerken [8-14].<br />

Mit Hilfe dieses Verfahrens können<br />

Bereiche korrodierender Beweh -<br />

rung zerstörungsfrei lokalisiert<br />

werden. In der Regel kommt diese<br />

Messmethode bei der <strong>Detektion</strong><br />

chloridinduzierter Korrosion zum<br />

Einsatz. Zusammen mit Kenn -<br />

größen aus begleitenden Bau -<br />

werksuntersuchungen sind Rück -<br />

schlüsse auf den Korrosionszu -<br />

stand möglich. Mit der Poten -<br />

tial messung können jedoch nur solche<br />

Bereiche detektiert werden, bei<br />

denen zum Zeitpunkt der Messung<br />

Korrosionsprozesse ablaufen. Frü -<br />

here Korro sionsprozesse an der<br />

Bewehrung, die zum Messzeit -<br />

punkt zum Erliegen gekommen<br />

sind, können nicht festgestellt werden.<br />

Bei der Potentialmessung an<br />

Spannbetonbauwerken ist zu beachten,<br />

dass nur Spannstähle erfasst<br />

werden können die einen direkten<br />

Verbund zwischen Spannstahl<br />

und Beton haben. Für Spannstähle,<br />

die im indirekten Verbund errichtet<br />

wurden, kann diese Messung wegen<br />

der abschirmenden bzw. isolierenden<br />

Wirkung der Hüllrohre<br />

nicht angewendet werden.<br />

Verfahrensbeschreibung<br />

Die elektrochemische Potential -<br />

messung ist ein Verfahren zur<br />

Beurteilung <strong>von</strong> Korrosionspro -<br />

zessen der Bewehrung in Stahlbe -<br />

ton bauwerken. Da Einzelpotentiale<br />

nicht messbar sind, wird die Mes -<br />

sung des Potentials als Spannungs -<br />

messung zwischen einer Bezugs -<br />

elektrode (bekanntes Potential) und<br />

der Messelektrode (Bewehrung,<br />

Potential unbekannt) durchgeführt.<br />

Bei der Potentialmessung an<br />

Stahlbetonbauwerken wird die<br />

Potentialdifferenz zwischen dem<br />

<strong>Bewehrungsstahl</strong> im Beton und einer<br />

auf der Betonoberfläche aufgesetzten<br />

Bezugselektrode ermittelt.<br />

Die Bezugselektrode dient als ortsveränderlicher<br />

Referenzpunkt für<br />

die Messungen. Ein direkter<br />

Zugang (elektrisch leitender Kon -<br />

takt) zur Bewehrung ist erforderlich<br />

(Abb. 1).<br />

Bauschäden<br />

1 M.Beck und A. Burkert, Korrosion <strong>von</strong> Stahl<br />

in Beton, <strong>VBD</strong>info, <strong>VBD</strong> Verband der Bau -<br />

sachverständigen Deutschlands e.V., Liskow<br />

Druck und Verlag GmbH, Hannover, 2/2011.<br />

2 M. Raupach, Korrosionsüberwachungs sys -<br />

teme für neue und bestehende Stahlbeton -<br />

bau werke, Betoninstandsetzung (2000)<br />

S. 139-144.<br />

3 F. Hunkeler, Monitoring of repaired reinforced<br />

concrete structures by means of resistivity<br />

measurements, Materials Science Forum<br />

247 (1997) S. 93-106.<br />

4 Y. Schiegg, Online-Monitoring zur Erfassung<br />

der Korrosion der Bewehrung <strong>von</strong> Stahl -<br />

beton bauten, Diss. ETH Nr. 14583, Zürich<br />

2002.<br />

5 Y. Schiegg, Online-Monitoring der Korrosion<br />

an Stahlbetonbauwerken, Beton- und Stahl -<br />

beton bau, 2 (2000) S. 92-103.<br />

6 R. B. Polder, Monitoring reinforced concrete<br />

structures, Proc. COST 521, Workshop 2001,<br />

S. 117-120.<br />

7 P. Schiessl, Neue Sensortechnik zur Überwachung<br />

<strong>von</strong> Bauwerken, Internationale Zeit -<br />

schrift für Bauinstandsetzen, 2 (1996) No. 3,<br />

S.189-209.<br />

8 American Society for Testing and Materials:<br />

ASTM C876-91: Standard Test Method for<br />

Half-Cell Potentials of Uncoated Reinforcing<br />

Steel in Concrete, American Society for<br />

Testing and Materials, West Conshohocken,<br />

Philadelphia, USA (1991).<br />

9 Deutsche Gesellschaft für Zerstörungsfreie<br />

Prüfung e. V. (DGZfP): Merkblatt für elektrochemische<br />

Potentialmessungen zur Ermitt -<br />

lung <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong><strong>korrosion</strong> in<br />

Stahl betonbauwerken (B3), Deutsche Gesell -<br />

schaft für Zerstörungsfreie Prüfung e. V.,<br />

Berlin (1990).<br />

10 B. Isecke, Potentialmessung zur Ermittlung<br />

<strong>von</strong> Bewehrungs<strong>korrosion</strong> in: Kroggel, O.<br />

(Hrsg.); Schriftenreihe „Darmstädter Massiv -<br />

bau-Seminar“, „Zerstörungsfreie Prüfmetho -<br />

den am Bauwerk“, Darmstadt (1990).<br />

11 N. Marquardt, Rationelles Meßverfahren zum<br />

Auffinden korrodierender Bewehrung in<br />

Beton in: „Zerstörungsfreie Prüfung im<br />

Bauwesen“, Tagungsbericht Int. ZfPBau-<br />

Symposium 27. Feb.-1. März, Berlin; Hrsg: G.<br />

Schickert, BAM, DGZfP, Berlin 1991, S. 304-<br />

311.<br />

12 Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-<br />

Verein SIA: Durchführung und Interpretation<br />

der Potentialmessung an Stahlbetonbauten,<br />

Interessengemeinschaft Potentialmessung<br />

Stahlbeton (IG Pot), Merkblatt 2006,<br />

Ausgabe Februar 1993.<br />

<strong>VBD</strong>info 3/2011 5


Bauschäden<br />

Abb. 1: oben: Messprinzip; unten: an der Betonoberfläche gemessenes Potential (Beispiel)<br />

Durch gezieltes Versetzen der Be -<br />

zugs elektrode kann ein beliebiges<br />

Raster an Messpunkten (Poten -<br />

tialfeld) aufgenommen werden. Mit<br />

den an der Beton ober fläche messbaren<br />

Potentialwerten können<br />

Rückschlüsse auf das Potential und<br />

die Potentialverteilung der Beweh -<br />

rung gezogen werden. Die Abb. 2<br />

zeigt beispielhaft die Potential -<br />

verteilung in einem Probekörper<br />

und die Ausbildung eines sog.<br />

Potentialtrichters.<br />

Abb. 2: Beispielhafte Ausbildung eines Potentialtrichters in 3D<br />

Geräteanforderungen<br />

Als Bezugselektroden werden<br />

Metall-/Metallionenelektroden eingesetzt<br />

(Quecksilber/Quecksilber -<br />

chloridelektrode, Silber/Silber -<br />

chlorid elektrode, Kupfer-/Kupfer -<br />

sul fat-elektrode). Da die Be zugspotentiale<br />

dieser Elektroden gegenüber<br />

der Normalwasser stoff -<br />

elektrode sehr unterschiedlich sind,<br />

ist die Angabe der verwendeten<br />

Bezugselektrode zusammen mit<br />

den Messergebnissen unbedingt erforderlich.<br />

Die Potentialdifferenz zwischen Be -<br />

wehrungsstahl und Bezugs elek -<br />

trode wird mit einem hochohmigen<br />

Spannungsmessgerät ermittelt<br />

(Eingangswiderstand ≥10 7 Ω) und<br />

die Messdaten in einem Protokoll<br />

bzw. auf einem Speichermedium<br />

mit eindeutiger Zuordnung zum<br />

Messraster abzulegen. Für eine erste<br />

Auswertung ist eine graphische<br />

Anzeige der Potentialwerte in einer<br />

Abstufung <strong>von</strong> 50 mV sinnvoll,<br />

Bereiche mit auffälligen Potential -<br />

differenzen können so erkannt und<br />

gezielter Untersucht werden.<br />

Messraster<br />

Zur Aufnahme der Messwerte ist<br />

vor der Messung ein Messraster<br />

festzulegen, das am Messobjekt zur<br />

eindeutigen Positionszuordnung<br />

der Messwerte zu kennzeichnen ist<br />

(Genauigkeit ≤10 cm). Die Aufnah -<br />

me <strong>von</strong> Messwerten und die Zuord -<br />

nung der Werte zum Messraster<br />

kann durch eine geeignete elektronische<br />

Positionsbestimmung unterstützt<br />

werden.<br />

Als Messraster sind standardmäßig<br />

25 x 25 cm vorzusehen. Dieser Ab -<br />

stand erlaubt auch bei örtlich sehr<br />

begrenzten Korrosionserschei -<br />

nungen noch eine ausreichende<br />

<strong>Detektion</strong>ssicherheit. Bei kleineren<br />

Flächen oder der Lagebestimmung<br />

kleinster Fehlstellen sind Raster <strong>von</strong><br />

minimal 10 x 10 cm noch sinnvoll<br />

[15]. In Ausnahmefällen kann das<br />

13 J. Mietz, B. Elsener, und R. Polder, Corrosion<br />

of reinforcement in Concrete in: Proceedings<br />

from EUROCORR 97, EFC No. 25, London<br />

(1998).<br />

14 B. Elsener, Zerstörungsfreie Diagnose der<br />

Korrosion <strong>von</strong> Stahl in Beton: Potential -<br />

messung, Betonwiderstand und Korrosions -<br />

geschwindigkeit, in: Schwarz, W. (Hrsg.);<br />

Korrosion <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong> in Beton,<br />

WTA Schriftenreihe Heft 19, AEDIFICATIO<br />

Verlag GmbH Freiburg, Zürich 1999, S. 31-50<br />

15 Y. Schiegg, M. Büchler, M. Brem, Potential<br />

mapping technique for the detection of corrosion<br />

in reinforced concrete structures:<br />

Investigation of paramters influencing the<br />

measurement and determination of the reliability<br />

of the method. EUROCORR 2007<br />

Freiburg, Germany, paper 1071.<br />

6 <strong>VBD</strong>info 3/2011


Messraster bis auf 50 x 50 cm erweitert<br />

werden, erkennbare Potential -<br />

trichter sind in jedem Fall mittels<br />

Handelektrode in kleinerem Raster<br />

einzumessen (negativsten Poten -<br />

tial stelle = Zentrum eines Korro -<br />

sionsherdes). Größere Messabstän -<br />

de bedingen, dass kleinere Korro -<br />

sionsherde übersehen werden<br />

können und sich die Nachweis -<br />

sicherheit erheblich verringert.<br />

Größere Raster sind unter ausdrücklichem<br />

Hinweis auf die eingeschränkte<br />

Aussagefähigkeit gesondert<br />

zu vereinbaren.<br />

Einflüsse und Fehlerquellen<br />

Die gemessenen Potentiale unterliegen<br />

verschiedenen Einflüssen.<br />

Diese sind in Bezug auf die vorliegenden<br />

Randbedingungen zu identifizieren<br />

und ggf. zu quantifizieren.<br />

Tabelle 1 gibt eine Übersicht<br />

über die wichtigsten Einflüsse auf<br />

die gemessenen Potentiale. Eine<br />

Eisbildung auf der Betonoberfläche<br />

beeinträchtigt die Potential mes -<br />

sung aufgrund auftretender Wider -<br />

standsänderungen. Eisbildung<br />

kann auf Betonoberflächen auch<br />

noch auftreten, wenn die Luft -<br />

tempe ratur über 0 °C liegt (Kälte -<br />

speicher). Zur sicheren Durchfüh -<br />

rung der Messungen werden ≥ 5 °C<br />

Luft- und Bauteiltemperatur angesehen.<br />

Teilweise freiliegende oder im Zuge<br />

<strong>von</strong> Instandsetzungsmaßnahmen<br />

freigelegte Bewehrung (z. B. Fahr -<br />

bahnübergänge, Fugen) kann auch<br />

in einigem Abstand zu negativeren<br />

Potentialwerten führen. Bei groß -<br />

flächigen Ablösungen/Hohllagen<br />

der Betondeckung sind führen<br />

Potentialmessungen zu fehlerhaften<br />

Messungen und stellen damit<br />

eine Gefahr für Fehlinterpre ta -<br />

tionen der Messergebnisse dar. Bei<br />

Hinweisen auf Hohllagen und Ab -<br />

lösungen sind in diesen Bereichen<br />

ergänzende Untersuchungen erforderlich.<br />

Tabelle 1: Wesentliche Einflüsse auf die gemessenen Potentiale<br />

Bei Wiederholungsmessungen an<br />

Objekten ist auf vergleichbare äußere<br />

Bedingungen zu achten. Dabei<br />

sind die Feuchte- und Tempera -<br />

turabhängigkeit der gemessenen<br />

Po tentiale zu beachten, da der<br />

Feuchtegehalt den elektrolytischen<br />

Widerstand des Betons und das<br />

Sauerstoffangebot beeinflusst.<br />

Durch Temperaturänderungen werden<br />

sowohl die elektrochemischen<br />

Reaktionen an der Bewehrung als<br />

auch das Potential der Bezugs -<br />

elektrode verändert. Temperatur -<br />

abweichungen <strong>von</strong> weniger als 10 K<br />

können i. A. vernachlässigt werden.<br />

Sind vergleichbare Bedingungen<br />

nicht gewährleistet, muss deren<br />

möglicher Einfluss auf die Ergeb -<br />

nisse besondere Aufmerksam keit<br />

finden, um Fehlinterpretationen zu<br />

vermeiden.<br />

Bauschäden<br />

Einfluss Auswirkung auf das gemessene Potential<br />

Betondeckung Bei kleinen Betondeckungen liegen die gemessenen<br />

Potentiale in der Nähe des<br />

Anodenpotentials (tatsächliches Stahl -<br />

potential), bei großen Betondeckungen<br />

Verschiebung in Richtung positiver<br />

Potentiale (Mischpotential)<br />

Feuchtegehalt des Betons i.d.R. Verschiebung in Richtung negativer<br />

Potentiale mit zunehmendem<br />

Feuchtegehalt; bei dauerhaft sehr hohen<br />

Feuchtegehalten im Bereich der<br />

Wassersättigung sehr negative Potentiale<br />

aufgrund Sauerstoffarmut; i.d.R. flachere<br />

Gradienten bei hohen Feuchtegehalten<br />

Schichten mit hohem Verschiebung in Richtung<br />

elektrischen Widerstand positiverer Potentiale.<br />

(z. B. Reparaturschichten)<br />

Freiliegende Bewehrung, Im Bereich der Einbauteile<br />

Einbauteile (z. B. Über- i. d. R. Verschiebung in Richtung<br />

gangskonstruktionen, negativer Potentiale, insbesondere<br />

Entwässerungseinrichtungen) bei Vorhandensein <strong>von</strong> Korrosion und<br />

Feuchtigkeit während der Messung.<br />

Tiefergehende Risse Verschiebung in Richtung negativer<br />

Potentiale im Rissbereich durch höheren<br />

Feuchtegehalt möglich.<br />

Zementart Im Vergleich zu Portlandzement<br />

negativere Potentiale bei Verwendung<br />

<strong>von</strong> Hochofenzement.<br />

Auswertung und Interpretation<br />

Die Interpretation der Messergeb -<br />

nisse erfordert Spezialkenntnisse,<br />

da eine unkritische Bewertung zu<br />

erheblichen Fehlinterpretationen<br />

führen kann [16]. Im passiven<br />

Zustand kann der Potentialbereich<br />

der Bewehrung in Abhängigkeit<br />

<strong>von</strong> verschiedenen Parametern<br />

über einen recht großen Bereich<br />

(mehrere 100 mV) schwanken.<br />

Allein aufgrund der Potentialwerte<br />

ist eine eindeutige Zuordnung aktiver<br />

(korrodierender) oder passiver<br />

Bewehrungszustände nicht möglich<br />

(Abb. 3).<br />

16 J. Gulikers, Development of a calculation<br />

procedure for the statistical interpretation of<br />

the results of potential mapping for reinforced<br />

concrete structures. EUROCORR 2007<br />

Freiburg, Germany, paper 1364.<br />

<strong>VBD</strong>info 3/2011 7


Bauschäden<br />

Abb. 3: Potentialbereiche <strong>von</strong> <strong>Bewehrungsstahl</strong><br />

Die gemessenen Potentialwerte<br />

können dahingehend interpretiert<br />

werden, dass negativere Potentiale<br />

auf eine höhere Wahrscheinlichkeit<br />

für Korrosionsvorgänge hindeuten.<br />

Praktische Erfahrungen haben gezeigt,<br />

dass feste Grenzwerte als alleiniges<br />

Indiz für die Interpretation<br />

der Ergebnisse nicht immer sinnvoll<br />

sind, da die gemessene Poten -<br />

tial differenz <strong>von</strong> verschiedenen<br />

Ein flüssen abhängig ist (siehe<br />

Tabelle 2). Deshalb erweist sich die<br />

Auswertung ortsabhängiger Poten -<br />

tial gradienten an der Oberfläche<br />

i. d. R. als zweckmäßiger. Steile<br />

Gradienten des Potentialfeldes lassen<br />

auf eine höhere Korrosions -<br />

wahr scheinlichkeit schließen.<br />

Chloridinduzierte Bewehrungs -<br />

stahl <strong>korrosion</strong> führt häufig zu örtlich<br />

stark begrenzten korrodierenden<br />

Bereichen. Diese führen bei der<br />

graphischen Darstellung in einem<br />

Potentialdiagramm zu ausgeprägten<br />

Potentialverschiebungen in räumlich<br />

abgegrenzten Bereichen,<br />

den sogenannten Potentialtrich -<br />

tern. Im Zentrum solcher Poten -<br />

tialtrichter liegt das Potential häufig<br />

200 bis 400 mV negativer als in den<br />

umliegenden Bereichen. Hier kann<br />

mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>von</strong> einer örtlichen Depassivierung<br />

der Stahlbewehrung ausgegangen<br />

werden. Zur genauen Lokalisierung<br />

der Schadstelle empfiehlt sich die<br />

Ermittlung der negativsten Poten -<br />

tial stelle innerhalb des Trichters.<br />

Aktive Korrosionsstellen lassen sich<br />

so auf wenige Zentimeter<br />

genau lokalisieren. Durch<br />

gezielte Öffnung der<br />

Betondeckung in solchen<br />

Be reichen kann eine abschließende<br />

Zustandsbe -<br />

wer tung der Stahlbe weh -<br />

rung erfolgen.<br />

Eine Interpretation der<br />

Potential messung bezüglich<br />

des Korrosions zu -<br />

standes der Beweh rung<br />

kann nur im Zusam men -<br />

hang mit ergänzenden In for ma -<br />

tionen aus begleitenden Bauwerks -<br />

unter suchungen erfolgen, die<br />

ob jektabhängig sind, Mindest an -<br />

forde rungen sind:<br />

• vollflächige Betondeckungs -<br />

messung<br />

• vollflächiges Abklopfen der<br />

Beton oberfläche zur Hohlstellen -<br />

findung<br />

• vollflächige Untersuchung der<br />

Betonoberfläche auf:<br />

• freiliegende Bewehrung<br />

• Abdichtungsreste<br />

• Auffrierungen/Betonschädi -<br />

gungen/Rissbildungen<br />

• Entwässerungs einrich -<br />

tungen<br />

• Orientierende Sondierung der<br />

Bewehrung an kennzeichnenden<br />

Stellen<br />

Ferner müssen tiefengestaffelte<br />

Chloridgehaltsbestimmungen an<br />

Stellen mit verdächtigen Potential -<br />

werten und an Referenzstellen<br />

vorgenommen werden. Die Entnah -<br />

me stellen sind anhand der Poten -<br />

tialbilder festzulegen. Die erfor der -<br />

liche Anzahl richtet sich nach den<br />

Ergebnissen der Potentialmessung<br />

und kann vorher nicht genau angegeben<br />

werden.<br />

Um chloridinduzierte Korrosion in<br />

Bauwerken zuverlässig aufzufinden,<br />

ist es <strong>von</strong> entscheidender Be -<br />

deu tung, die Ergebnisse aller o. g.<br />

Untersuchungen/Messungen in<br />

die Auswertung mit aufzunehmen.<br />

Die Festlegung, welche Untersu -<br />

chun gen/Messungen an welcher<br />

Stelle in welchem Umfang durchgeführt<br />

werden, sollte vom verantwortlichen<br />

sachkundigen Prüfer,<br />

welcher letztlich auch die Auswer -<br />

tung vornimmt, erfolgen. Die<br />

Auswertung <strong>von</strong> Potentialmessun -<br />

gen <strong>von</strong> Personen, welche die Po -<br />

tentialmessungen nicht selbst<br />

durch geführt bzw. angeleitet/begleitet<br />

haben, birgt die Gefahr <strong>von</strong><br />

Fehlinterpretationen und sollte nur<br />

in Ausnahmefällen erfolgen.<br />

Die erforderliche Sachkunde zur<br />

Durchführung und Bewertung <strong>von</strong><br />

Potentialmessungen ist durch eine<br />

einschlägige Ausbildung auf dem<br />

Gebiet Korrosion/Korrosions -<br />

schutz nachzuweisen. Sie kann<br />

auch durch Teilnahme an entsprechenden<br />

Schulungen als Zusatz -<br />

quali fi kation erworben werden.<br />

Auswertung und Interpretation<br />

Im Rahmen dieses Beitrags sind die<br />

Grundlagen der Korrosion <strong>von</strong><br />

Stahl in Beton sowie die Mechanis -<br />

men der Depassivierung gegenübergestellt<br />

worden. Dabei konnte<br />

gezeigt werden, dass nicht nur die<br />

Depassivierung sondern auch der<br />

Korrosionsfortschritt Parameter -<br />

abhän gig ist, die sich aus der<br />

Exposition aber auch der Beton -<br />

technologie des Bauteils ergeben.<br />

Darüber hinaus konnte gezeigt werden,<br />

dass die <strong>Detektion</strong> <strong>von</strong> Beweh -<br />

rungsstahlkorrrosion Stand der<br />

Technik ist und bspw. über das B 3-<br />

Merkblatt der DGZfP geregelt ist.<br />

Dabei ist zu beachten, dass sowohl<br />

die Untersuchungen <strong>von</strong> geschultem<br />

Personal sorgfältig durchgeführt<br />

werden müssen, als auch die<br />

Interpretation der Messwerte sensibel<br />

ist. ■<br />

Dr.-Ing. Andreas Burkert, Berlin<br />

BAM Bundesanstalt für<br />

Materialforschung und -prüfung,<br />

Dr.-Ing. Matthias Beck, Hannover<br />

BetonMarketing Nord<br />

8 <strong>VBD</strong>info 3/2011

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!