Naturhistorica 161 „Die Sandsteine des Bückebergs bei Obernkirchen“
Die Bückeberg-Sandsteine – Eldorado für Dinosaurierfährten. Der Bückeberg bei Obernkirchen war jahrelang nicht mehr Ziel geologischer Untersuchungen. In akribischer Feldarbeit hat der Autor ein aktuelles und umfassendes Werk vorgelegt, das diesen Mangel behebt. Ausgangspunkt waren Grabungen zu Dinosaurierfährten in Obernkirchen, die während eines Symposiums 2011 das Fehlen neuerer Ergebnisse der geologisch orientierten Landschaftsgeschichte deutlich machten. Nach einer Einführung zur geologischen Vergangenheit des Bückebergs erläutert der Autor die problematische Untergliederung des Berriasium im Niedersächsischen Becken und gibt einen Überblick über die jura-, kreide- und quartärzeitlichen Ablagerungen. Er widmet den Spurenfossilien von Dinosauriern einen umfangreichen Teil seiner Arbeit und stellt die Bedeutung der gefundenen Fährtenhorizonte heraus. Von großem Interesse sind der erneut in Nutzung genommene Hessische Bruch mit drei Fährtenhorizonten, und der nach wie vor aktive Hauptsteinbruch mit zwei Horizonten. Letztere sind durch die gute Erhaltung und die Vielzahl der Trittsiegel pflanzenfressender und räuberischer Dinosaurier bekannt geworden. Parallel verlaufende Fährtenzüge von Eltern- und Jungtieren weisen auf gemeinsame Wanderungen ganzer Herden entlang der Küstenlinie des niedersächsischen Beckens hin. Die Vielfalt vor allem der vogelhaften Raubdinosaurier-Spuren („Hühnerhof“) und deren Deutung haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Von Maik Raddatz-Antusch
Die Bückeberg-Sandsteine – Eldorado für Dinosaurierfährten. Der Bückeberg bei Obernkirchen war jahrelang nicht mehr Ziel geologischer Untersuchungen. In akribischer Feldarbeit hat der Autor ein aktuelles und umfassendes Werk vorgelegt, das diesen Mangel behebt. Ausgangspunkt waren Grabungen zu Dinosaurierfährten in Obernkirchen, die während eines Symposiums 2011 das Fehlen neuerer Ergebnisse der geologisch orientierten Landschaftsgeschichte deutlich machten.
Nach einer Einführung zur geologischen Vergangenheit des Bückebergs erläutert der Autor die problematische Untergliederung des Berriasium im Niedersächsischen Becken und gibt einen Überblick über die jura-, kreide- und quartärzeitlichen Ablagerungen.
Er widmet den Spurenfossilien von Dinosauriern einen umfangreichen Teil seiner Arbeit und stellt die Bedeutung der gefundenen Fährtenhorizonte heraus. Von großem Interesse sind der erneut in Nutzung genommene Hessische Bruch mit drei Fährtenhorizonten, und der nach wie vor aktive Hauptsteinbruch mit zwei Horizonten. Letztere sind durch die gute Erhaltung und die Vielzahl der Trittsiegel pflanzenfressender und räuberischer Dinosaurier bekannt geworden. Parallel verlaufende Fährtenzüge von Eltern- und Jungtieren weisen auf gemeinsame Wanderungen ganzer Herden entlang der Küstenlinie des niedersächsischen Beckens hin. Die Vielfalt vor allem der vogelhaften Raubdinosaurier-Spuren („Hühnerhof“) und deren Deutung haben weltweit für Aufsehen gesorgt.
Von Maik Raddatz-Antusch
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Geologie und Paläontologie der unterkreidezeitlichen Sandsteine des Bückebergs bei Obernkirchen
59
Abb. 24 (siehe gegenüberliegende Seite)
Muscheln aus dem Arbeitsgebiet. A Neomiodon sp.,
Erhaltung als Abdruck auf einem Lesestein (Obernkirchen-Sandstein).
B Doppelklappige Muschel
(Unionidae) aus dem Unteren „Wealden“-Schiefer
von Liekwegen. C Doppelklappige Neomiodontiden
aus dem Obernkirchener Sandsteinbrüchen
(Obernkirchen-Sandstein) mit weißen Rückständen
von den ehemaligen Karbonatschalen. D Doppelklappiger
Steinkern einer Neomiodontiden auf
einem Lesestein (Obernkirchen-Sandstein).
E Muschelabdrücke aus dem Unteren „Wealden“-
Schiefer bei Liekwegen mit Eisenoxidschicht.
Die Funde A, C und D stammen von Halden aus
dem aktiven Obernkirchener Sandsteinbruch.
Länge des Hammers etwa 30 cm.
Besonders auffällig sind die zahlreichen
doppelklappigen Individuen innerhalb des
Obernkirchen-Sandstein (Abb. 24 C, D).
Diese Art der Erhaltung lässt Rückschlüsse
auf die taphonomischen Prozesse der
Muschelschalen zu. Es handelt sich hierbei
um in-situ Einbettungen der Schalen,
die noch vor ihrem Tod im Substrat
sedimentiert wurden. Im Regelfall fallen
nach dem Tod einer Muschel und der Verwesung
der Ligamente die Schalen sehr
schnell auseinander. Schon geringe Strömungen
können ausreichen, um die beiden
Muschelschalen zu zerstreuen. Somit
liegen die Schalen im Regelfall disartikuliert
vor. Im Unteren „Wealden“-Schiefer,
der durch isolierte Muscheln gekennzeichnet
ist, konnte nur ein einzelner Fund einer
doppelklappigen aufgeklappten Muschel
im Steinbruch Liekwegen dokumentiert
werden (Abb. 24 B).
Huckriede (1967) ordnet die Muscheln
der Tonsteine von Obernkirchen den beiden
Arten Cyrena heysii und C. kochii zu.
Zusätzlich können die beiden Arten mit
der Süß- bis Brackwasser-Ostrakode Cypridea
inaequalis vergesellschaftet sein
und gehören in das Niveau des Hauptkohleflözes.
Das Vorkommen der oft nur
fragmentarisch erhaltenen und zu den
Süß- bis Brackwasser-Gastropoden gehörenden
Vivipariden ist auf den Obernkirchen-Sandstein
beschränkt.
Die Spurenfossilien der Dinosaurier
Zu den paläontologischen Besonderheiten
des Untersuchungsgebiets gehören
Fährten von großen und kleineren Dinosauriern.
Dreizehige Trittsiegel aus dem
Gebiet des Bückebergs haben seit dem 19.
Jahrhundert das Hauptaugenmerk der paläontologischen
Arbeiten in diesem Gebiet
auf sich gezogen (Ballerstedt 1905,
1914, 1920) und waren auch der Anlass
der vorliegenden Kartierungsarbeiten. Bereits
1880 beschrieb Struckmann dreizehige
Fußabdrücke aus den unterkretazischen
Sandsteinen Nordwestdeutschlands bei
Bad Rehburg als „vogelähnliche Thierfährten“
und ordnete diese der Dinosauriergattung
Iguanodon zu. Die Identifizierung
des Erzeugers von Fußabdrücken bleibt jedoch
bis heute in der Regel problematisch,
denn verschiedene Faktoren können das
Erscheinungsbild eines Trittsiegels nachhaltig
verändern. Knochenreste von möglichen
Erzeugern sind in den Obernkirchen-Sandsteinschichten
äußerst selten
zu finden. Nach Haubold (1990) kommt
angesichts der wenigen Skelettreste den
Fährten der Unterkreide eine besondere
Bedeutung zu.
Ob und wie ein Fußabdruck erhalten
wird, ist von unterschiedlichen Prozessen
abhängig. Dazu gehören Umweltbedingungen
wie stehende Gewässer mit nur geringem
Wellengang (das vermindert eine
schnelle Zerstörung), spurenstabilisierende
Biofilme auf der Bodenoberfläche, flache
lichtdurchflutete Lagunentümpel und die
„On-Top“-Versiegelung durch die sporadische
Zufuhr von Sediment (Fischer 1998).
Die Entstehung und nachfolgende
Konservierung der Fährten im
Naturhistorica BERICHTE DER NATURHISTORISCHEN GESELLSCHAFT HANNOVER 161 · 2019