Raus in die Natur - Band 1 - Durch meine Heimat
Die Geschichte beginnt im Spessart. Auf einer Mehrtageswanderung durchquerten wir mit unseren Kindern das Mittelgebirge von West nach Ost. Anschließend erzähle ich von Paddelerlebnissen auf dem Main von Gemünden nach Lohr und auf der fränkischen Saale. Dann geht es über das Sinntal in die Rhön. Das Land der offenen Fernen lässt sich auf Schusters Rappen am besten erkunden und wir waren von der einstigen Vulkanlandschaft begeistert. Über die Hassberge ging es dann weiter mit dem Rad, ebenso den Main entlang. In den Steigerwald führte mich ein Wanderweg zu alten Buchenwaldbeständen, die auf Keuper stehen. Anschließend fuhren wir auf dem Mainradweg weiter bis nach Lohr. Ein weiteres Mal von Bayreuth nach Bamberg. Auf unserer Frankenrunde durfte das Fichtelgebirge natürlich nicht fehlen. Dort wanderten wir mit dem Zelt und wurden von einem Wintereinbruch überrascht. Was wir dabei erlebten war mehr als abenteuerlich. Ins Boot stieg ich dann wieder in der Fränkischen Schweiz, denn die Wiesent ist ein herrlicher Paddelfluss in dieser Region. Die Fränkische Schweiz und das Pegnitztal bis hinunter in den Nürnberger Reichswald durchradelten wir im Familienquartett, ebenso entlang der Altmühl und der Tauber. Am Ende waren wir wieder am Main angelangt und unsere „Frankenrunde“ neigte sich dem Ende zu. Am Schloss Johannisburg setzte ich meine letzten Paddelschläge im Winter 2020. Ich war wieder in Aschaffenburg und somit am Startpunkt unserer Reise angekommen.
Die Geschichte beginnt im Spessart. Auf einer Mehrtageswanderung durchquerten wir mit unseren Kindern das Mittelgebirge von West nach Ost. Anschließend erzähle ich von Paddelerlebnissen auf dem Main von Gemünden nach Lohr und auf der fränkischen Saale. Dann geht es über das Sinntal in die Rhön. Das Land der offenen Fernen lässt sich auf Schusters Rappen am besten erkunden und wir waren von der einstigen Vulkanlandschaft begeistert. Über die Hassberge ging es dann weiter mit dem Rad, ebenso den Main entlang. In den Steigerwald führte mich ein Wanderweg zu alten Buchenwaldbeständen, die auf Keuper stehen. Anschließend fuhren wir auf dem Mainradweg weiter bis nach Lohr. Ein weiteres Mal von Bayreuth nach Bamberg. Auf unserer Frankenrunde durfte das Fichtelgebirge natürlich nicht fehlen. Dort wanderten wir mit dem Zelt und wurden von einem
Wintereinbruch überrascht. Was wir dabei erlebten war mehr als abenteuerlich. Ins Boot stieg ich dann wieder in der Fränkischen Schweiz, denn die Wiesent ist ein herrlicher Paddelfluss in dieser
Region. Die Fränkische Schweiz und das Pegnitztal bis hinunter in den Nürnberger Reichswald durchradelten wir im Familienquartett, ebenso entlang der Altmühl und der Tauber. Am Ende waren wir wieder am Main angelangt und unsere „Frankenrunde“ neigte sich dem Ende zu. Am Schloss Johannisburg setzte ich meine letzten Paddelschläge im Winter 2020. Ich war wieder in Aschaffenburg und somit am Startpunkt unserer Reise angekommen.
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Seite 5
Wer
Lange
Sitzt
Muss
Rosten
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Der Weg ist das Ziel
Wie durch einen
Tunnel führt der Weg
durch den dichten
Wald. Auf alten
Wegen zu
wandern, ist eine
Naturerfahrung,
die man durch nichts
ersetzen kann.
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Der Weg ist das Ziel
Wie durch einen
Tunnel führt der Weg
durch den dichten
Wald. Auf alten
Wegen zu
wandern, ist eine
Naturerfahrung,
die man durch nichts
ersetzen kann.
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Wandern
Wandern ist Natur pur. In Zeitlupe schwebt sie an dir vorbei und fordert doch
all deine Sinne. Du realisierst das Singen der Vögel im Frühling, das Summen
der Bienen und den Duft der Blüten im Sommer, das Rascheln des Herbstlaubs
im Sturmwind und das Knistern der Blätter, das beim Aufsetzen deiner Füße
entsteht.
Du saugst das leise Nichts im Winter auf, wenn alles ruht und schläft.
Wenn nur das leise „Flupp“ zu vernehmen ist, das unter deinen Füßen entsteht,
wenn diese auf dem Schnee aufsetzen und ihn zerdrücken.
Die Kälte beißt sich in dein Gesicht und du spürst, wie sie mit dem
aufkommenden Wind zunimmt.
Du spürst bei Windstille die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut,
du bleibst stehen und verschließt die Augen, wenn die Sonne schräg über dem
Horizont steht und dich für einen kurzen Moment zum Innehalten einlädt.
Gutes Schuhwerk
an den Füßen ist die
Grundvoraussetzung
für angenehmes
Laufen in der Natur.
Je schwerer der
Rucksack umso
besser muss der
Halt im Schuh sein.
Wandern ist aber auch die Sehnsucht, jene alten Wege zu gehen, die uns von der
Zivilisation wegführen, fort von den Ablenkungen dieser schnelllebigen Zeit
hin zu Orten, die uns Ausblicke in endlose Weiten ermöglichen.
Orte, die uns die Möglichkeit geben, in die Tiefe unserer Seele hinein zu horchen.
Es sind magische Orte und es sind die Wege dorthin. Sie zwingen uns zum Nachdenken
nach dem wohin.
Insofern ist Wandern Meditation, bei jedem Schritt nach vorne. Wandern kann uns
bis zum Rande unserer bekannten Welt führen, bis zu einem Abgrund, an dem es
nicht mehr weitergeht.
Aussicht auf die
fränkische Flur vom
Gipfelplateau des
Staffelsteins aus
gesehen.
Aussicht vom
Walberla auf der
folgenden Seite.
Beim Wandern macht es nichts aus, in welche Richtung du blickst,
ob es am Morgen, abends, mittags oder mitten in der Nacht ist.
Die Natur ist einfach immer da, wenn du läufst.
Dann konzentrierst du dich wieder auf deinen Weg, denn du möchtest
diese ganz bestimmte Strecke gehen, als wehte dort, wo es dich hinzieht,
eine besondere Luft.
Du fühlst dich wie ein Jäger aus einer längst vergessenen Zeit.
Doch es ist nicht die Luft, es ist dein Leben, das dir begegnet.
Beim Paddeln steht
das Flusserlebnis
im Vordergrund. Nur
so ist das Element
Wasser wirklich
erlebbar. Auch die
Kraft, die ein Fluss
besitzt, lässt sich
nur von demjenigen
nachempfi nden, der
sie schon einmal
gespürt hat. Ob
beim Paddeln gegen
den Strom oder
beim Kentern, wenn
das mitgeführte
Equipment unter dir
verschwindet.
Im gleichen langsamen Tempo wie beim Wandern lassen sich die Wege
auf dem Wasser erkunden. Die Dynamik des Gewässers, seine Kälte und
Strömungen, aber auch die Langsamkeit, mit der du dich fortbewegst.
Fließt der Fluss schneller, wirken vermehrt andere Eindrücke auf dich ein.
Deine Sinne fokusieren sich, weil du versuchst die Bewegung zu kontrollieren.
Auch mit dem Rad lässt sich ein Flusstal erkunden.
Es ist eine weitere Möglichkeit, aktiv und gleichzeitig
umweltschonend unterwegs zu sein.
Doch das Erlebnis ist ein ganz anderes.
Aktiv draußen unterwegs
zu sein, fordert
uns, es vermittelt
aber gleichzeitig
Zufriedenheit.
Man merkt dies an
Kleinigkeiten, zum
Beispiel wie gut
doch frisches kaltes
Wasser schmeckt.
Beim Fahren im
Gelände werden
alle Sinne gefordert,
denn die Geschwindigkeit
muss ständig
dem Untergrund
angepasst werden.
Je schneller du mit
dem Rad fährst oder
je wilder ein Fluss
ist, der dich beim
paddeln umgiebt,
umso weniger an
Natur können deine
Sinne aufnehmen.
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In der morgendlichen
Frische dem
Sonnenaufgang
entgegenlaufen.
„Waldbaden entspannt.
Es erzeugt
ein Gefühlserlebnis,
das aufgrund seiner
positiven Auswirkungen
auf unser
Bewusstsein und
unsere Gesundheit
immer mehr
umworben wird.
Man erreicht nach
gelaufener Strecke
einen Zustand der
Zufriedenheit mit
sich und der Natur.
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Wandern ist die älteste Art der Fortbewegung.
Du folgst einem Weg, zwischen den Bäumen
und Sträuchern hindurch. Sie sollten nicht zu
zahlreich sein, damit sie deinen Blick nicht
einengen. Auch der Boden sollte nicht zu üppig
bewachsen sein, damit deine Aufmerksamkeit nicht
von der Erde gefesselt wird.
Dir begegnet der Dunst, der dem Boden entströmt.
Du bist immer auf der Suche nach dem richtigen
Weg. Und während du läufst, merkst du,
das dies der Weg des Lebens sein muss.
Und immer hinterlässt du nur einen Fußabdruck,
mehr nicht.
Aktiv die Natur erleben.
Das heißt, sie in ihrer ganzen
Schönheit kennenzulernen.
Sie verbirgt sich hinter jeder
Ecke, in unzähligen Details
und weckt unsere Neugierde.
Begleiten Sie uns eine Weile
und lassen Sie sich den Schatz
zeigen, der direkt vor unserer
Haustür liegt.
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01 Durch den Spessart 4
02 Main und Saale 32
Alles im Fluss
Mit dem Rad
durch das Sinntal 46
03 Rhöndurchquerung 54
04 Mainradweg 98
05 Im Steigerwald 106
06 Wandern unter Buchen 108
07 Am Main entlang 114
08 Im Reich der Pilze 118
09 Von Würzburg nach Lohr 122
10 Am Oberen Main 130
11 Mainradweg Teil 3 132
12 Wandern im Fichtelgebirge 154
14 Altmühltal und
Fränkische Seenplatte 224
Durch das Altmühltal 228
15 Taubertal 240
Liebliches Taubertal 244
16 Mainradweg Teil 4
Von Lohr Mainabwärts 262
Zurück nach
Aschaffenburg 272
Mit Kindern unterwegs
Paddeln 42
Radfahren 128, 244 - 260
Wandern 12-15, 177-183
13 In der „Fränkischen“ 196
Auf der Wiesent 200
Durch die „Fräkische“ 206
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Es ist kaum zu
beschreiben. Man
steht irgendwo
mitten im Wald und
muss beinahe die
Augen zukneifen,
so sehr blenden die
goldgelben Blätter,
die von der Sonne
beleuchtet werden.
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Herbst
Es sind solche Momente wie diese, weshalb ich den Herbst so liebe. Kurz bevor ich
diese Zeilen schrieb, war ich im Wald, wie jeden Tag, gleich hinter meinem Haus um
zu laufen. Nachdem ich durch genau diese Farbenpracht zwischen Erichstollen und
Marienschacht, den beiden Eingängen der Partensteiner Schwerspatgruben, gelaufen
war, lockten mich die Sonnenstrahlen hinauf auf die Hofhöh. Dort oben wurde
ich Zeuge eines einmaligen Schauspiels. Weit hinten im Reichengrund hing eine
Nebelschwade ganz unten im Tal. Sie zog sich bis hinter zum Kastanienwäldchen.
Darüber spielten kleine Nebelfetzen mit den bunten Farben der Baumkronen, indem
sie vorsichtig auf und abwippten. Zeitgleich rang die Sonne mit den Wolken um den
entscheidenden Platz am Himmel bis das Licht plötzlich wieder die Oberhand
gewann und ein Strahlenfächer schräg auf die Pfirschhöh traf. Die Nebelschwade
darunter rührte sich plötzlich nicht mehr und für einen kurzen Moment leuchteten die
Farben des Herbstes wie auf dem gerade gezeigten Bild. Leider hatte ich keine
Kamera dabei. Doch ich behielt die Eindrücke in meinem Gedächtnis und schrieb sie
zu Hause auf dieses Papier. Doch warum schreibe ich hier über den Herbst?
Es ist die Jahreszeit, in der folgende Geschichte beginnt.
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Durch den Spessart
Durch den Herbstwald
laufen ist für
Kinder ein Spiel,
denn Eichen- und
Buchenblätter
wirbeln umher und
sie rascheln unter
den Füßen, wenn sie
zertreten werden.
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Der Spessart bietet dem Wanderer einmalige Erlebnisse. Er ist eines der größten
zusammenhängenden Waldgebiete Europas. Alte, mächtige Eichen und Buchen
können hier noch bewundert werden. Quasi im Vorbeilaufen können Wanderer bis
zu sieben Spechtarten rufen und klopfen hören und mit etwas Geduld sogar beobachten.
Und noch vieles mehr. Über 4000 Tier- und 1.500 Pflanzenarten wurden
bisher im Spessart gezählt. Darunter auch Raritäten wie der Schwarzstorch oder
der Mittelspecht. Sie alle sind in diesem Waldkomplex heimisch.
Außerdem hat die Gegend historische Zeugnisse zu bieten. Die fränkische Kulturlandschaft
zeigt sich durch Burgen, Schlösser und Ruinen, die hoch über den Tälern hinter
den Bäumen hervorragen. Klöster und Kirchen findet man ebenfalls in abgelegenen
Dörfern. Doch bald verschwindet der Weg anschließend wieder im Grün des Waldes.
Wie durch einen Torbogen taucht dann der Wanderer in die alten Eichen- und Buchenwälder
ein. Dazwischen führen die Wege über Wiesen und durch Bachtäler in das
nächste Dorf hinein. Dort erzählen schmucke Fachwerkbauten von ihrer langen
Geschichte.
Diese abwechslungsreiche Landschaft war ein wesentlicher Grund, weshalb sich bereits
früh Wanderfreunde im Spessart zusammenfanden. Heute zählt der Spessartbund, der
auch die Wege unterhält, etwa 17.000 Mitglieder, die in 88 Ortsgruppen organisiert sind.
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Seite 7
Die Route
Der Spessartweg 1 durchquert auf 60 km dieses Mittelgebirge von West nach Ost.
Der Weg beginnt in Aschaffenburgs Parkanlagen und führt hinauf zur mittelalterlichen
Ausgrabungsstätte Ketzelsburg.
Über die Bergrücken des Spessarts geht der Weg
hinüber nach Rothenbuch und weiter bis in die
historische Altstadt von Lohr.
Anschließend quert der Weg den Main und
wechselt nach einem Anstieg seine Richtung.
Er begleitet uns nun nach Norden und endet in der
Dreiflüssestadt Gemünden.
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Unterwegs im Räuberwald
November 2010
„Was sind das für knarrende Geräusche“, erschrak Jan als Erster. „Jemand verfolgt uns“. Ich
blickte in weit geöffnete Augen, konnte mir das Grinsen aber nicht verkneifen. „Da schon wieder.
Ich habs auch gehört“, meinte Lena. „Das sind die langen Fichten, Kinder, die da knarren”.
„Dort drüben sind sogar welche umgefallen, mitsamt
der Wurzel“. „Ja, Nadelbäume sind halt nicht so stabil“,
erklärten wir. „Deshalb bemüht man sich heute wieder
vermehrt Laubbäume zu pfl anzen, wenn die Fichten
vom Sturm niedergeworfen wurden“, fuhr ich fort. Wenig
später bestätigten uns die Kinder, dass der Laubwald ja
auch wesentlich schöner sei. Wir schlurften mit den Füßen
durch die bunten Blätter des Halsbachtales und ließen sie
tanzen, sobald der Wind aufkam und ein wenig nachhalf.
Wir waren auf dem Weg zur Ruine Schönrain, einem
alten Gemäuer mit einer langen Geschichte. Dort oben
wllten wir Rast machen. Es war die letzte Etappe auf
dem Spessartweg 1, die jenseits des Mains von Lohr
nach Gemünden führt und dort endet.
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Einblicke in die Geschichte
Es waren schöne Tage Anfang November. Die Herbstferien
hatten gerade begonnen und wir nutzten die Zeit,
um den vom nationalen Wanderinstitut ausgezeichneten
Premiumweg fertig zu laufen. Nachdem wir
Mariabuchen und Halsbach hinter uns gelassen hatten,
ging es hinauf zur Ruine Schönrain. Die Aussicht von
dort oben hinunter auf den Main ist zu dieser Jahreszeit
traumhaft, denn das lichter werdende Blätterdach
ermöglicht weite Ausblicke hinunter ins Maintal. Während
des Schlenderns durch die Gemäuer erzählte ich den
Kindern nebenbei die bewegte Geschichte dieses Ortes.
Ganz oben:
Vom alten Klostergarten
aus blickt man über die
Mainschleife in Richtung
Lohr.
Links und oben:
Abenteuerspielplatz
Burgruine.
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Impressionen auf dem Spessartweg 1
1
2
3
Schloss Johannisburg, Aschaffenburg
Waldboden im Hochspessart
Valentinuskapelle und Altstadt in Lohr
1
3
3
2
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Der Start dieser Tour lag bereits ein Jahr zurück.
Ebenfalls im Herbst fuhren wir mit der Bahn nach
Aschaffenburg, dem Mainfl orenz am Westrand des
Spessarts, wie es so schön heißt. Die größte Metropole
des Untermains zählt mittlerweile über 70.000 Einwohner.
Bequem erreichten wir mit dem Zug von Partenstein
kommend direkt die Innenstadt und schon nach
wenigen Minuten standen wir am Schloss Johannisburg,
einem der eindrucksvollsten Schlösser Frankens.
Die Markierung des Wanderwegs, ein blaugrüner
Specht, der vom Mainviereck umgeben ist, führte uns
anschließend durch den Stadtpark. Vorbei an schönen
Teichanlagen wanderten wir die ersten Kilometer mitten
im Grünen durch die Stadt.
Wir passierten nach dem Adriansdenkmal das gelbe
Stadtschild und waren wenig später bereits über
Streuobstwiesen auf den Godelsberg hochgelaufen.
Oben angekommen genossen wir von der Teufelskanzel
den Ausblick auf den Talkessel. Im Mittelpunkt
erkannten wir das Schloss und die Stiftskirche, und
somit die Keimzelle der Stadt. Aschaffenburgs. Nach
dem Aussichtspunkt ging es mit wenigen Schritten
direkt in den Spessartwald hinein.
Oben:
Beschreibung des
Wegverlaufs direkt an
der Fasanerie
Links:
Am Denkmal Ludwig I
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Ausblick von der
Teufelskanzel Richtung
Aschaffenburg und das
sich anschließende
Maintal.
Große Steinblöcke am Wegesrand sind für die Kinder
eine willkommene Abwechslung. Auf dem weiteren
Weg geht es auf und ab und wir erreichten nach sieben
Kilometern Haibach. Nach einer kurzen Pause am Wildgehege
wanderten wir der Ketzelsburg entgegen.
Diese kleine Höhenbefestigung wurde vom Archäologischen
Spessartprojekt ausgegraben und näher
untersucht. Eine detailierte Hinweistafel informierte
uns detailgetreu über die neuesten Erkenntnisse der
Grabungen.
Auf einer Wiese direkt am Ort durften wir übernachten,
auch wenn wir gerne noch weitergelaufen
wären. Für die Kinder sind jedoch kurze Etappen
wichtig, denn sie sollen die Lust am Wandern nicht
verlieren.
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Der Spieltrieb packte Jan und Lena auch am nächsten
Morgen. Nach wenigen Kilometern erreichten wir ein
kleines Rinnsal. Es fl ießt gemütlich über Sandsteinstufen
bergab und endet in einem trüben Teich. Eine
Schutzhütte direkt daneben bot sich für eine kurze
Rast an. Für die Kinder ist es spannend, einem kleinen
Bächlein zu folgen, dieses immer wieder zu überspringen
und in die unzähligen Pfützen daneben zu tappen.
Dabei kamen wir nur langsam voran, denn so manches
ließ sich auf dem Weg entdecken. Als wir nach der
Ankunft am Kloster Schmerlenbach die Trinkflaschen
gefüllt hatten, ging es über Felder leicht bergauf. Wir
nutzten dabei die Zeit, um das kleine Einmaleins zu
lernen.
Nach der Unterquerung der Autobahn, die sich mitten
durch den Spessart schlängelt, wunderten wir uns,
denn schon nach einigen Minuten war nichts mehr vom
Autolärm zu hören. Der Wald verschluckt zum Glück
die Geräusche bereits nach etwa einem Kilometer.
Auf einer kleinen Lichtung konnten wir anschließend
die Sonnenstrahlen genießen. Wir legten uns dazu ins
Laub, lauschten dem Vogelgezwitscher und beobachteten
die Bewegungen der Vögel, die sich über uns in
den Baumkronen tummelten. Über Waldaschaff sahen
wir zum letzten Mal die Autobahn und tauchten danach
immer tiefer in die Waldlandschaft ein. Über Forstwege
zog sich unser Wanderweg anschließend auf den
Höhenzügen entlang Richtung Osten.
Heute sind diese Wege recht einfach zu bewandern.
Früher war dies ein anstrengendes Unterfangen, vor
allem bei Nässe. Fuhrleute brachten über diese Höhenwege
Waren wie etwa Glasprodukte der Lohrer Manufaktur
zur Frankfurter Messe. Brüchiges Glas wurde auf
Pferde- und Ochsenkarren transportiert. Wieviel der
Ware dabei wohl zu Bruch gegangen ist, wenn es dann
geregnet hatte, der Waldboden aufgeweicht war und
die Karren im Morast versanken. Wir können uns das
heute kaum vorstellen. Ausgeruht folgten wir nach der
Rast wieder unserem „Specht mit der 1“. Dabei sollten
wir bald den Spessartweg 2 kreuzen. Dieser verläuft
in Nord-Südrichtung, führt durch Heigenbrücken und
endet in Stadtprozelten.
Oben: Stockschwämme
am Wegrand
Links: beim Packen nach
der Rast
Ganz Links:
Eine Blindschleiche
kroch vor unseren Füßen
über den Weg.
14 Seite
Zeltplatz mitten im
Spessart.
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Übernachten im Zelt
Gibt es etwas Schöneres als mit Kindern im Zelt zu
schlafen? Wohl kaum. Seit einigen Jahren kann man
dies auch direkt im Wald realisieren und bequem über
den Spessartbund, die Geschäftsstelle des Naturparks in
Gemünden oder über „www.trekking-bayern.de“ buchen.
Endlich am Zeltplatz angekommen, stellten wir unser
Kuppelzelt auf und holten anschließend die Daunenschlafsäcke
aus dem Rucksack heraus. Nach ein paar
Minuten haben diese ihr bauschiges Volumen erreicht
und bieten für die Nacht eine kuschelige Schlafhöhle.
Doch vorher gibt es noch einen leckeren Nudeltopf.
Die Dämmerung löste den Tag in schnellen Schritten
ab und die Geräusche des Waldes veränderten sich.
Gespannt lauschten wir in die Dämmerung hinein. Äste
fielen gelegentlich herab und der Wind rauschte über die
Baumwipfel, während ein Käutzchen die einbrechende
Nacht ankündigte. Jan und Lena liebten es, im Zelt zu
schlafen und so waren wir glücklich, dass unser Hobby
in den Kindern ein wenig weiterlebte. Wir krochen ins
Zelt und nach einigen Minuten umgab uns die kuschelige
Wärme der Daunen. Beachten sollte man jedoch, dass
die Daunenschlafsäcke trocken bleiben. Aneinander
gekuschelt schliefen wir bald ein.
Am nächsten Morgen, nachdem wir die Schlafsäcke verstaut
hatten und aus dem Zelt gekrochen waren, gab es
Tee, Kaffee und Nutellabrote. Während Kerstin die Brote
schmierte, was mit der harten Butter nicht gerade leicht ist,
baute ich mit kalten Fingern das Zelt ab. In der Zwischenzeit
verputzten Jan und Lena die zubereiteten Brote. Aber
die Kälte kroch bald unter unsere Jacken. Nach dem Essen
wurden daher zügig die Rücksäcke gepackt. Je kälter
es ist, umso besser müssen die zu erledigenden Arbeiten
Hand in Hand ablaufen, um schnell wieder in Bewegung
zu kommen. Zuletzt muss noch das Zelt mit den unteren
Packriemen festgezurrt und die Isomatten an den oberen
Schnallen direkt an die Deckeltasche befestigt werden.
Mit dieser Anordnung lässt sich während der Tagesetappe
schnell ein warmes Sitzkissen realisieren. Nur wenige
Minuten nach dem Frühstück waren wir wieder unterwegs.
Oben:
Gemütliche Wärme im
Inneren des Zeltes
Links:
Abends wird meist ein
Fertiggericht zubereitet.
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Auch alte Buchen- und Traubeneichenbestände sind rund
um Rotenbuch, vor allem in den Naturschutzgebieten
Metzgergraben und Krone, Rohrberg und Eichhall zu
finden. Auf über 400 Jahre wurde das Alter der Bäume anhand
der Jahresringe ermittelt. Der Traubeneichenbestand
des Spessarts ist somit einzigartig in Deutschland. Und diese
urwaldartigen Naturschutzgebiete, die aber nur kleinere
Waldinseln darstellen, werden durch Natura 2000-Gebiete
zusammengefasst und somit vernetzt. Glücklicherweise
verläuft unser Wanderweg mitten durch diese schützenswerten
Gebiete hindurch, die als Naturwunder unserer
Heimat bezeichnet werden können. Aus diesem Grund
habe ich darüber auch ein Buch geschrieben, aug dass am
Ende des Kapitels noch einmal eingegangen wird.
Neben den Eichen sind aber auch die vielen Spechte
das Wahrzeichen dieses Waldes. Von Zeit zu Zeit hörten
wir ihr Trommeln an morschen Baumstämmen. Diese
enthalten unzählige Larven und Insekten und sind
somit als Kinderstube nicht nur für Spechte eine ideale
Bleibe. Wir liefen auf dem Höhenweg weiter bis nach
Rothenbuch, einem ehemaligen Jagdsitz der Mainzer
Erzbischöfe. Den Wald hinter uns lassend, geht es über
ausgedehnte Wiesen hinunter in das schöne Dörfchen
mitten im Spessart. Nach den Bunt- und Schwarzspechten
im Wald bekamen wir auf der Wiese vor allem
Grünspechte zu Gesicht. Doch nicht nur die sieben
Spechtarten sind im Spessart zahlreich anzutreffen.
Sorgen bereitet den Bewohnern vor allem das viel zu
hohe Schwarzwildvorkommen. Es richtet jedes Jahr
erhebliche Schäden besonders auf den Feldern rings
um die Dörfer an. Der steigende Maisanbau fördert
auch die Schwarzwildbestände, denn Wildschweine
lieben den Mais.
Aus Naturschutzkreisen gibt es aber auch Erfreuliches
zu berichten. Der Luchs ist auf seinen leisen Pfoten
immer öfter in unseren Wäldern unterwegs. Pfotenabdrücke
und Fotofallen liefern eindeutige Beweise
dafür, dass dieser große Beutegreifer in den Spessart
zurückgekehrt ist.
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Nachdem wir Rothenbuch hinter uns gelassen hatten,
führte uns das Wegzeichen auf den alten Handelsweg
zwischen Lohr und Aschaffenburg zurück. Er erstreckt
sich nahe der B26 auf dem nördlich von Rothenbuch
verlaufenden Höhenrücken. Nach ein paar Minuten
verlässt die Markierung den Verlauf der Teerstraße
wieder und führt den Wanderer über den Gaulskopf zum
Bischborner Hof.
Anschließend verläuft der Weg in Richtung Weikertswiese
bis hinunter nach Lohr über einen Abstecher
am Steinernen Haus vorbei und weiter bergab bis zum
Valentinusberg. Wir erreichten die gleichnahmige Kapelle,
die über der Altstadt von Lohr liegt.
Seit dem 15. Jahrhundert ist an diesem Platz eine Kapelle
belegt. Wahrscheinlich stand hier aber schon viel früher ein
sakrales Bauwerk. Die heutige Kapelle wurde 1660 bis 1664
zu Ehren des heiligen Rochus gegen die Pestepidemien
errichtet und von den Lohrer Bürgern finanziert.
Direkt hinter dem Kirchlein konnten wir einen flüchtigen
Blick auf den Talkessel werfen. Leider ist die Aussicht etwas
zugewachsen, aber zwischen den Ästen schimmerte
der Kirchturm hindurch. Er zeigte uns den Weg hinab in
die Stadt.
Oben: Abstecher zum
Steinernen Haus etwa
3 km vor Lohr
18 Seite
Blick durch die Altstadt auf den
Kirchturm von St. Michael.
Noch heute überragt er weit
sichtbar die Altstadt. Er war
viele Jahrhunderte lang
Wahrzeichen und zeigte den
Stolz der Lohrer Bürger, die ihn
erbauten.
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Der Weg führt uns direkt in die Altstadt mit ihrer Fußgängerzone
hinein. Vorbei am alten Rathaus aus dem
16. Jahrhundert geht es über Sandsteinpflaster an alten
Fachwerkhäusern entlang und geradewegs auf den
Kirchturm zu.
Das Weinhaus Mehling steht direkt am Alten Dorfbrunnen.
Unter dem Weinhaus liegt der alte Weinkeller,
der zur Theaterbühne umgebaut wurde. Viele weitere
Lokale und Gasthäuser laden in der Fußgängerzone
zum Einkehren ein.
Oben: Hotel Krone
und Blick auf den
Treppenturm des
Rathauses
Links: Weinreben klettern
an manchen Fassaden
der Fachwerkhäuser
empor
20 Seite
Lohrer Schloss mit Spessartmuseum
Der fränkische Baustil prägt die
ganze Altstadt. Der Bayersturm
überragt Turmstraße
und Fuchseneck. Der Brunnen
in der Fischergasse symbolisiert
mit seinem Fischer eine
der ältesten Nahrungsquellen,
den Main.
Seite 21
Das Lohrer Schloss, das mit dem Ausbau der Stadt ab 1330
errichtet wurde, beheimatet heute das Spessartmuseum. Die
Ausstellung zeigt unter anderem einen „Schnewittchenspiegel“
aus der ehemaligen Spiegelmanufaktur, es werden aber
auch alte Handwerksberufe vorgestellt und Räubergeschichten
aus dem Spessart erzählt. Über den Schlossplatz erreicht
man schnell die Hauptstraße, die durch die Altstadt führt. Am
unteren Ende gelangt man über ein Torhaus in die ehemalige
Burg, die nach dem Schlossbau Stück für Stück für kirchliche
Zwecke weiter umgestaltet wurde.
Wir verließen die Altstadt über die alte Mainbrücke in Richtung
Sendelbach und genossen noch einmal die Silhouette der Lohrer
Altstadt mit dem Bayersturm. Auf der gegenüberliegenden
Seite des Mains sollte es im kommenden Jahr weiter gehen.
Oben und links: Zugang
zur alten Burg und zum
heutigem Kirchplatz.
Ganz links: Fischergasse
mit Brunnen und anschließendem
Durchgang zur
alten Mainbrücke
22 Seite
Hinweisschilder am
Romberg erkären uns
Flora und Fauna im
gleichnahmigen
Naturschutzgebiet.
Seite 23
Genau ein Jahr später starteten wir von Lohr aus zur
letzten Etappe des Spessartwegs 1. Die alten, knorrigen
Eichenbäume am Romberg bilden eine beeindruckende
Allee, durch die der Weg hindurchführt. Hinweistafeln
erklären die besonderen Lebensräume, die hier neben
dem Wald anzutreffen sind. Neben Magerrasen und
Streuobstwiesen fanden wir aufgesetzte, alte Steinmauern,
in denen Zauneidechsen heimisch sind.
Wir kamen bald auf eine Lichtung und sahen am Himmel
drei Mäusebussarde kreisen. Ihr lauter Warnschrei
signalisierte, dass sie uns gesehen hatten. Wir liefen
weiter den Romberg hinauf und waren bald auf seinem
von Sandgruben durchzogenen Bergrücken.
Oben: Eine alte Eiche
direkt am Straßenrand
hinter Sendelbach ist als
Naturdenkmal ausgezeichnet.
Links: Immer wieder
stoßen die Kinder auf
außergewöhnliche Dinge.
24 Seite
Herbstfarben schmücken
alte Buchenwälder im
Spessart.
Seite 25
Das Spechtzeichen folgt dem Prozessionsweg nach
Mariabuchen, einem alten Gebäudekomplex. Neben der
Kirche läd die Buchenmühle zum Essen ein. Sie liegt
direkt in der Talsohle des Buchentals. Wir wanderten aber
weiter über die Rettersbacher Höfe in Richtung Halsbach.
Hier oben endet der Spessart und die fränkische Platte
mit ihren Wiesen und Feldern beginnt. Hinter Wiesenfeld
ragten eine Reihe Windräder in den Himmel. Sie sind
Zeugen der Energiewende, deren schnelle Realisierung
für unsere Kinder so wichtig ist. Die Agrarlandschaften
darunter bieten sich als Standort für regenerative Energien
geradezu an. Die weite Fernsicht endete, als wir hinter
Halsbach in ein bewaldetes Tal hinuntertrotteten. Der
Spessartwald hatte uns wieder.
Rechts: Auf dem Bergrücken
angekommen lockte
eine leckere Brotzeit an
der Schönrain.
Unten: Einsiedelhäuschen
hinter dem Halsbach
26 Seite
Abenteuerspielplatz an
der Ruine Schönrain
Seite 27
Nach der Brotzeit erkundeten die Kinder sofort das
alte Gemäuer. Von den Wanderstrapazen war plötzlich
keine Rede mehr. Ebenso von den Schmerzen an den
Füßen. Wir ließen die Kinder noch eine Weile spielen
und setzten eine halbe Stunde später unsere Wanderung
fort.
Nun ging es hinauf zur etwa einem Kilometer entfernten
Klosterquelle. Dort füllten wir unsere Trinkflaschen auf.
Von hier oben hatten die Mönche im Mittelalter eine
Steinrohrleitung verlegt und damit die Wasserversorgung
für das Kloster sichergestellt. Heute speißt die
Quelle einen kleinen Waldteich und dient Amphibien
und Libellen als Laichgewässer.
Oben: Die Klosterquelle
speißt einen kleinen
Teich mitten im Wald.
Blick von der Schönrain
auf die Mainschleife in
Richtung Lohr
28 Seite
Blick von der Mainbrücke
auf die Dreifl üssestadt
Gemünden
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Kurz vor Massenbuch wird der Wald wieder durch Felder abgelöst und unsere
Blicke zieht es weit hinüber bis zur Homburg. Bei gutem Wetter kann
man sogar bis in die Rhön blicken. Uns blies jedoch der Wind ins Gesicht
und die Blätter tanzten vor unserem Weg auf und ab. Sie umrahmten ihn
dabei und wirkten teilweise wie ein Schneegestöber auf uns. Nun hörten
wir auch das Knarren der Nadelbäume wieder.
Die Markierung führte uns gleichzeitig sicher über alte Hohlwege hinab
bis nach Gemünden, unserem heutigen Ziel. Das Wetter hätte ruhig etwas
besser sein können, aber den Kindern schien es nichts auszumachen. Am
Huttenschloss wurden noch einmal die Regenjacken benötigt. Doch bis
zum Bahnhof war es ja nicht mehr weit.
Oben: Scherenburg
über der Dreifl üssestadt
Gemünden
Links: Huttenschloß mit
Wappen der Erbauerfamilie
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Main und Saale
An den Ufern des
Mains liegen zum
Teil wunderschöne
Buchten. Über sie
kann man mit dem
Boot bequem auf
das Wasser gelangen.
Am besten
findet wird man
diese Stellen aber
vom Wasser aus.
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Unsere heimischen Flüsse wie der Main, aber auch die fränkische Saale oder die
Wiesent laden zum Bootsfahren geradezu ein. Der Main ist dabei die Lebensader
unserer Region. Sein Name ist keltischen Ursprungs. Man nannte den Fluss damals
Moin oder Mogin und bezog sich dabei auf die Windungen des Flusses, der sich wie
eine Schlange durch die Landschaft windet.
Für den Main werden verschiedene Längen genannt, denn er hat mehrere
Ursprünge. Wenn man ihn von der Qelle des Roten Mains aus berechnet, ergibt sich
bis zur Mündung in den Rhein eine Fließlänge von 527 km. Von seinem kürzeren
Quellfluss, dem Weißen Main bis zur Mündung werden 518 km angegeben. Doch
auch die Regnitz könnte man mit einbeziehen, denn sie ist am Zusammenfluss
deutlich größer als der Main. Inklusiv der Rednitz kämen dann etwa 553 km zusammen.
Vor der Wiedervereinigung wurde der Main sogar als längster Fluss der BRD
genannt. Das Einzugsgebiet des Mains und seiner Nebenflüsse umfasst jedenfalls
eine Fläche von 27.292 km². Somit entwässert er den größten Teil Frankens.
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Die Route
Der Main ist nicht nur ein langer, sondern auch ein sehr schöner Paddelfluss.
Vor allem an seinem Oberlauf. Denn die Hauptschiffartsroute führt ab Bamberg über
den RMD-Kanal nach Nürnberg und weiter zur Donau. Auf dem Oberlauf zwischen
Bamberg und Kulmbach geht es dagegen wesentlich ruhiger zu.
Aber auch rund um den Spessart lässt es sich
hervorragend paddeln. Von gelegentlichem Um
tragen an den Staustufen einmal abgesehen,
kann auch der Mittlere- und der Untermain
schöne Abschnitte vorweisen. Hier wird der Fluss
auf der Strecke zwischen Gemünden und Lohr
beschrieben und am Ende auch der Unterlauf der
fränkischen Saale.
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Alles im Fluss
Juli 2020
Gemünden ist als Dreiflüssestadt überregional bekannt. Sinn und Saale treffen sich am Rande
dieser Stadt, um sich dort mit dem Main zu vereinen. Anschließend umfließt dieser im weiten Bogen
den Spessart und durchquert gleichzeitig den Landkreis Main-Spessart von Nord nach Süd.
Schon immer war der Fluss für diese Region bedeutend.
Er wurde am Ende namensgebend für den Landkreis.
Da ich dem Paddeln verfallen bin, war klar, dass
ich den Main, der meine Heimat geprägt hat, einmal
befahren würde.
Über den Sommer wollte ich den Abschnitt zwischen
Gemünden und Miltenberg in mehreren Etappen
erkunden. Bei herrlichstem Wetter startete ich Ende
Juli mit dem ersten Teilstück zwischen Gemünden
und Sackenbach und fuhr am Bootseinstieg an der
Einmündung der Saale los. Der Main war nach wenigen
Paddelschlägen erreicht. Ihm folgte ich nun und kam
bald an der Saaleinsel vorbei. Sie ist als „Tanzinsel“ im
Umkreis bekannt. Diese Landzunge zwischen Sinn und
Saale zieht sich weit in den Main hinein. Bis letztes Jahr
fanden hier noch rauschende Techno-Events statt.
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Doch durch die Corona-Pandemie hatte sich vieles
geändert. Ich paddelte gemütlich unter der neuen Mainbrücke
hindurch und tauchte in ein sattes Grün ein, das
am Ufer des Mains hinter der Stadt zunehmend nach
oben strebt. Etwa ab Wernfeld durchfließt der Fluss in
weiten Bögen den Spessart und seine markanten Mittelgebirgsrücken.
Diese stellen dem Gewässer Bollwerke
entgegen und haben ihn bei Gemünden am Äußeren
Berg im Laufe der Zeit zu einer scharfen Linkskurve
gezwungen und auch die 536 Meter hohe Sohlhöhe
drängt ihn nocheinmal weiter nach links ab. Wie eine
Schlange windet sich der Fluss nun zwischen den zum
Teil recht steil abfallenden Waldhängen hindurch und
geht mit ihnen eine Verbindung ein.
Ich mache am Ufer die ersten Bilder. Ein Kormoran sitzt
auf einem abgestorbenen Ast und hält Ausschau nach
seinem zweiten Frühstück. Mittlerweile ist es 9.30 Uhr
und die Sonne wärmt noch angenehm meinen Rücken
während eine leichte Brise von vorne kommt. Ich lege
mich ins Zeug und paddle mit kräftigen Schlägen vorwärts,
was zu hörbaren Geräuschen unter meinem Boot
führt. Kleine Wellen schlagen nun gegen mein Boot und
lassen so das typische Flair entstehen, das man sich
herbeisehnt, wenn man auf dem Wasser unterwegs
sein will. Das Schlagen der Wellen und der Wind suggerieren
auch einen Hauch von Geschwindigkeit, die
jedoch beim Paddeln nicht der Wahrheit entspricht.
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Zum Glück, denn bei etwa vier bis fünf Kilometern pro
Stunde wird ein ganz anderes Gefühl in uns geweckt.
Man ist dann eins mit der Natur, wie man so schön
sagt, und das liegt vor allem an der Geschwindigkeit,
mit der man sich fortbewegt. Sie entspricht exakt dem
Tempo beim Laufen und somit der Geschwindigkeit, mit
der wir als Menschen bereits am längsten auf der Erde
unterwegs sind. In den letzten 100.000 Jahren haben
sich daher auch unsere Sinne an diese Geschwindigkeit
bestmöglichst angepasst. Der Grund, warum wir die
uns umgebenden Eindrücke beim Wandern und beim
Paddeln mit maximaler Aufmerksamkeit aufnehmen
können, liegt genau an dieser Geschwindigkeit. Die
gesteigerte Achtsamkeit, die sich daraus ergibt, schulden
wir sogar diesen Fortbewegungsarten. Gleichzeitig ist
dies auch die Voraussetzung, um die Vorgänge in der
Natur bestmöglichst aufnehmen und Veränderungen beobachten
zu können. Und so wird das Schöne an diesen
Sportarten deutlich. Für Neulinge, die zum ersten Mal
auf einem Fluss unterwegs sind, ist dies durchaus ungewohnt,
denn bei vier bis fünf Kilometern pro Stunde wird
auch Langsamkeit sprürbar, die heute viele Menschen
wieder suchen. Wir fühlen, wie das Wasser mit uns fließt.
Wir bekommen auf langsamer fließenden Gewässern ein
Gespür für die Wasseroberfläche und für das Boot, mit
dem wir uns auf dem Fluss bewegen. Wir erfahren, dass
stärkere Paddelschläge zum schnelleren Drehen des
Bootes führen. Anschließend müssen wir gegensteuern
und unser Boot mit leichten Paddelschlägen an der zu
paddelnden Strecke ausrichten. Hinzu kommt oft noch
der Wind. Im ungünstigsten Fall muss man nämlich
gegen den Wind paddeln und dies kann bei stärkerem
Gegenwind, wie ich ihn an diesem Tag noch spüren
werde, durchaus anspruchsvoll sein, obwohl man
eigentlich den Fluss hinunterfährt. Das Wetter spielt also
beim Paddeln eine tragende Rolle. Doch in der Regel
gleitet man gemächlich dahin und kann dabei entschleunigt
das „Leben und Treiben“ am vorbeiziehenden Ufer
genießen. Bald war ich an der Furt bei Langenprozelten
angekommen.
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Hier überquerten die Menschen schon vor Jahrtausenden
den Fluss. Alte Straßen, wie zum Beispiel
die Birkenheiner Straße, die von Hanau in Ost-West-
Richtung über den Spessart bis nach Gemünden führt,
trafen hier auf Wege, die aus nördlicher Richtung auf
den Fluss zuführten, um hier in Langenprozelten auf die
andere Mainseite hinüberzuwechseln. Ein wichtiger Ort
also, der bereits bei Feldzügen der Römer ins feindliche
Germanien um die Zeitwende eine Rolle spielte. Auch
heute noch werden Fährdienste eingerichtet, wenn zum
Beispiel Brücken erneuert oder gebaut werden müssen.
Ich überquerte mit meinem Boot ebenfalls den Main
jedoch nur, um auf der Innenseite der Biegung auf dem
kürzeren Weg und zusätzlich iim Schatten weiter zu
paddeln.
Hinter Langenprozelten tauchten am linken Ufer Schilfgürtelsäume
auf. Sie haben hier die darunterliegende
Uferbefestigung überwachsen und zeigen so, dass die
Natur die Kraft hat, wieder zurückzukommen wenn wir
ihr dafür ein wenig Freiraum gewähren, Ursprünglich
war dieser Schilfbewuchs nämlich über weite Strecken
am Ufer des Mains die typische Vegetation.
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Wenig später konnte ich an der rechten Mainseite in
das V-Förmige Sinderbachtal hineinschauen und etwa
einen halben Kilometer nach der Schilfzone paddelte
ich an einer Stelle vorbei, an der einige Schafe bis an
den Main herangekommen waren, um ihren Durst zu
stillen. Bereits vor Neuendorf windet sich der Main mit
einer weitläufigen Rechtsbiegung. Er hat nun einen südlichen
Kurs eingenommen und seine Richtung um fast
180 Grad umgekehrt. Ich überquerte erneut den Fluss
und traf auf einen Fischreiher, der nicht gleich wegflog,
sondern mir die Gelegenheit für einen Schnappschuss
bot. Anschließend paddelte ich auf die ICE-Eisenbahnstrecke
zu. Die Brücke quert hier das Maintal zwischen
Nantenbach und Neuendorf. Ein Zug schoss wie aus
einem Kanonenrohr kommend aus dem Berg und störte
mit seinem unverkennbaren Lärm die Ruhe des Fischreihers,
der mir gerade so schön entgegengeschaut
hatte. Die idyllische Ruhe war schlagartig unterbrochen
und der Reiher, der mit seiner Familie eine Kolonie am
gegenüberliegenden Salzberg bewohnt, flog aufgeschreckt
davon. Schräg über der Brücke liegt die Ruine
Schönrain, die sich auf dem unten gezeigten Bild hinter
dem Blätterdach versteckt.
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Dabei hatten sie sich durch den Zuglärm nicht stören
lassen. Die friedliebenden Vögel strahlen generell eine
Ruhe aus, wie man sie im Tierreich nur selten beobachten
kann. Möglicherweise liegt es daran, dass sie so
gut wie keine natürlichen Feinde besitzen. Sobald sie
auf dem Wasser sind, trifft dies sogar zu 100% zu. Ich
genoss es, dieser Familie beim Fressen zuzuschauen.
Gelegentlich tauchte am Himmel eine weiße Wolke auf.
Ich nahm einen Schluck aus meiner Trinkfl asche und
paddelte gemütlich weiter. Noch ein letztes Mal drehte
ich mich um und schaute zurück. Doch dann passierte
etwas Überraschendes.
Nach einigen hundert Metern war die Brücke bereits
nicht mehr zu sehen, doch vom Sporn des Geißbergs
blickte mir beim Zurückschauen noch einmal die Ruine
Schönrain entgegen, deren Gemäuer der Leser ja bereits
aus den vorherigen Wandererzählung kennt. Direkt
darunter sah ich zwei weiße Schwäne graziös am Ufer
entlangziehen. Sie zeigten ihren Jungen, was es hier so
alles zu fressen gibt.
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Zwischen Gemünden
und Lohr durchfl
ießt der Main den
östlichen Spessart,
nachdem er von der
massiven Solhöhe,
die sich auf 536
Meter erhebt, nach
Süden hin abgedrängt
wurde.
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Während es weiter den Fluss abwärts geht, werde ich
nur wenige Augenblicke später erneut überrascht. Ein
Eisvogel fliegt plötzlich mit einem schrillen Pfiff aus der
Ufervegetation heraus und eilt den Main hinab. Diese
schönen Vögel sind sehr schnell in der Luft unterwegs
und man bekommt sie daher nur selten zu Gesicht.
Sie werden deshalb auch als fl iegende Edelsteine bezeichnet,
denn ihr schimmerndes türkisblaues Gefi eder
hebt sich deutlich von den Farben der Uferbereiche ab.
Wenn die türkiesen Federn noch dazu wie an diesem
Tag von der Sonne angestrahlt werden, kann man die
Bezeichnung Edelstein leicht nachvollziehen. Doch
nach Sekundenbruchteilen ist der Schönling wieder im
Gebüsch verschwunden.
Ein paar Mal habe ich diese schönen Vögel bereits fotografieren
können und ich möchte dem Leser an dieser
Stelle meine Bilder nicht vorenthalten.
Wenige Paddelschläge später hatten meine Augen ein
schönes wippendes Gelb auf den dunkelgrauen Granitfelsen
des Uferrandstreifens entdeckt. Auf den zweiten Blick
kamen weitere gelbe Farbkleckse hinzu. Mit einem kurzen
Piep gaben sie sich zu erkennen. Es war eine Gruppe
Schafstelzen, die das Ufer nach Insekten absuchten. Sie
flogen wie bestellt in kleinen Bögen immer wieder vor meinem
Boot hin und her und begleiteten mich so ein Stück.
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Ausladende Weidenäste
ragen weit
über die Wasserfläche
auf den Main
und vermitteln uns
ein Stück Ursprünglichkeit
dieser stark
befahrenen Wasserstraße.
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Wenige Paddelschläge später hatten meine Augen ein
schönes wippendes Gelb auf den dunkelgrauen Granitfelsen
des Uferrandstreifens entdeckt. Auf den zweiten
Blick kommen weitere gelbe Farbkleckse hinzu. Mit einem
kurzen Piep gaben sie sich zu erkennen. Es war eine
Gruppe Schafstelzen, die das Ufer nach Insekten absuchten.
Sie flogen wie bestellt in kleinen Bögen immer wieder
vor meinem Boot hin und her und begleiteten mich so ein
Stück. Doch auch sie wurden bald gestört. Ein Motorboot,
dass an mir vorbeifuhr, vertrieb sie mit den Wellen, die an
das Ufer schwappten. Mir wurde dabei klar, wie wichtig
diese künstliche Befestigung entlang der Wasserstraße
Main eigentlich ist und warum sie angelegt wurde. Ohne
die schweren Steine würden die Randzohnen viel zu
schnell erodieren, da sie durch den Wellenschlag der
Motorboote und Schwerlastschiffe stetigen Belastungen
ausgesetzt sind.
Zusätzlich hat der Main eine ausgebaggerte Fahrrinne,
die ihn zusammen mit der Randbebauung und den Staustufen
leider zu einer künstlichen Wasserstraße gemacht
haben. Die Schafstelzen kehrten nach einer Weile wieder
an das Gewässer zurück. Viele Wanderfische konnten dies
leider nicht.
Noch einmal forderte mich der Fluss. Vom Buchberg und
dem Lohrer Talkessel blies mir starker Wind entgegen.
Auch die fehlende Strömung der näher kommenden Staustufe
Sackenbach, einem Stadtteil von Lohr half nun dazu,
dass ich kaum mehr vorwärts kam. Mit höchster Kraftanstrengung
schob ich mit meinem Paddel das Wasser nach
hinten und kam dabei kaum noch vorwärts. Entsprechend
abgekämpft und naß erreichte ich meine Ausstiegstelle.
Ich hätte nicht gedacht, dass die drei Kilometer von Nantenbach
bis hierher doch so anstrengend sein würden.
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Familienpaddeln auf der fränkischen Saale
Die fränkische Saale ist mit einem Zweierboot ab Bad Kissingen zwar generell befahrbar,
jedoch im Oberlauf bei meist niedrigem Pegelstand problematisch. Ich habe daher den
Fluss ab Hammelburg befahren. Von hier aus sind es nach Gemünden knapp 30 km Paddelstrecke,
die in zwei Tagen geschafft werden können. Wenn Sie mit Kindern paddeln
möchten, sollten sie mit kurzen Strecken beginnen. Hier ist bereits das Aufpumpen des
Bootes ein Erlebnis. Neben der richtigen Einweisung über die Gefahren auf dem Fluss
(Strömungen, Wehre usw.), sollten die Kinder unbedingt ruhig im Boot sitzenbleiben. Auch
das Tragen einer Schutzweste, die es extra für Kindergrößen zu kaufen gibt, ist ein Muss.
Lassen Sie gelegentlich die Kinder paddeln, auch wenn dadurch die ein oder andere Uferkontakt
nicht ausbleibt. Nur so bekommen sie ein Gefühl für Boot, Fluss und Strömungen.
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4
2
5
3
1
Selbst beim Treideln, so nennt man das Untragen der Wehre, haben die Kinder ihren Spaß.
Gönnen Sie ihnen zwischen den Paddelstrecken jedoch ausgiebige Pausen zum Spielen,
da sie im Boot ja ruhig sitzen bleiben müssen. KENTERN dürfen Sie mit Kindern gar nicht!
Einstiegsmöglichkeiten:
1
5
In Wolfsmünster am Ortseingang links.
Wenn Sie hier starten und bis nach
Gemünden fahren, müssen die Boote an
zwei Stellen umtragen werden. Dieser
Abschnitt kann mit Kindern befahren werden.
Weitere Einstiege sind in Gräfendorf, an der
Roßmühle und in Diebach möglich. Es
steigen dann die Anzahl der Wehre, die zu
umtragen sind, und die Paddelstrecke.
Von Hammelburg aus sind es etwa 29 km
und 7 Wehre.
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Mit dem Rad durch das Sinntal
Mai 2011
Es war ein halbes Jahr vergangen. Der Frühling war mit voller Kraft am Werk und so konnten wir
schon in den Osterferien unseren Weg durch die Heimat fortsetzen. Wir starteten direkt hinter
dem Huttenschloss und radelten entlang der Fränkischen Sinn in Richtung Norden.
Auf einem Damm, der Schutz gegen das alljährliche
Hochwasser bildet, starteten wir unsere Radtour. Das
Wetter war perfekt an diesem Morgen. Frisches Grün
hatte die Bäume bereits komplett geschmückt und wir
waren bald am Gemündener Anglersee angelangt.
Da wir unbedingt die bekannten Schachblumen
betrachten wollten, hielten wir uns aber nicht lange am
See auf.
Bald erreichten wir die ersten ausgeschilderten Blumenfl
ächen. Die unter Naturschutz stehende Schachblume
blüht im Frühling in herrlichem Lila. Da sie auf
Überfl utungsperioden angewiesen ist, fühlt sie sich
hier im Sinntal sehr wohl. Der natürliche Flusslauf der
Sinn stellt ideale Voraussetzungen für ihr Wachstum
zur Verfügung. Das Tal ist aufgrund des zahlreichen
Vorkommens dieser Blume einzigartig in Deutschland.
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Im Tal der Schachblume
Wir machten einige Fotos von einer Gruppe Lupinen, die
am Radweg blühten und radelten weiter. Dabei unterquerten
wir die ICE-Strecke. Die Züge brausen hier von Tunnel
zu Tunnel durch den Nordspessart. Dazwischen werden
sie auf rießigen Betonpfeilern über die Täler geschleust.
Oft erschrickt man, wenn wieder ein weißer Pfeil aus
einem Tunnel herausschießt. Doch die Bewohner haben
sich mit dem Steckenverlauf mittlerweile arrangiert. Als
nächstes erreichten wir Schaippach. Der Ort kann auf
ei ne 1200-jäh ri ge Ge schich te zu rück bli cken. Denn wie
eine Ur kun de belegt, wurden bereits 812 Be sit zun gen zu
„Sce ip bach“ dem Klos ter Ful da übertragen. Ein gewisser
Reginfrid ver schenk te dabei nicht nur ei ne Neu ro dung mit
Län de rei en und ste hen den sowie flie ßen den Ge wäs sern,
son dern auch die dort be schäf tig ten Un ter ta nen Na mens
Hei u u ig, Al trat, He ri muot, Per aht ni u ui mit zwei Kin dern und
Per aht lind mit al len le bens not wen di gen Sa chen. Aus gestellt
wur de die se Ur kun de im Klos ter Ful da. Warum ich
dies erwähne, hat einen Grund. Es ist einer der ältesten,
urkundlich nachweisbaren Orte in unserem Landkreis Main-
Spessart. Später zählten die Gra fen von Rieneck den Ort
Schaippach zu ihrem Be sitz, nachdem sie um 1150 Burg
und Stadt Rieneck zum Mit tel punkt ih rer Herr schaft machten.
Zusätzlich belegen einzelne archäologische Funde
aus der Umgebung eine Besiedlungsgeschichte, die bis
in die Steinzeit zurückreicht. Doch die Bevölkerung wuchs
bis heute überschaubar, sodass wir immer noch von einer
relativ intakten Natur umgeben sind. Es ist der Spessart,
ein Naturwunder, das direkt vor unserer Haustür liegt.
Ganz oben:
Burg Rieneck
Links und oben:
Schachblume im
Naturschutzgebiet
Sinntal
Ganz Links: Lupinen
48 Seite
Wir überquerten eine alte Brücke und es dauerte nicht
lange, als wir plötzlich in der Ferne die Rienecker
Stammburg erblickten. Sie schaut von einem Felssporn
herunter und überwachte einst die Weiten des Sinntals.
Die Stadt Rieneck liegt direkt unter der Burg. Eine alte
Sandsteinbrücke führt vom Wiesengrund in die Altstadt.
Im Tal wurde mittlerweile eine Umgehungsstraße um
die Stadt gebaut. Wir radelten an der Stadt vorüber und
das schöne Sinntal weiter hinauf.
Auf seinem ansprechensten Teilstück zwischen Rieneck
und Burgsinn breiten sich die Wiesenlandschaften
weit sichtbar aus. Einzelne Pappeln und Erlen stehen
in den Talauen und der Biber hat sich dort sein Reich
wieder zurückerobert. An vielen Stellen fanden wir seine
Spuren. Er legt Dämme an und sorgt so gebietsweise für
Stauwasser, die zum einen fördernd für die Schachblumen
im Naturschutzgebiet sind und zum anderen der
Artenvielfalt dienen. Das 380 Hektar große Naturschutzgebiet
an der Sinn reicht bis hinauf nach Altengronau.
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Manchmal fl og eine Wasseramsel dicht über der Oberfläche
den Bachlauf entlang. Ihre weiße Kehle verrät sie
oft schon von Weitem.
Inzwischen waren Wolken aufgezogen. Mit ihnen war es
auch schwül geworden. Die Mücken ärgerten uns stetig
während die Bachstelzen, die am Ufer entlangwippten,
die Plagegeister in ihren Schnäbeln für den Nachwuchs
sammelten. An einer überdachten Bank machten wir
Brotzeit. Die Kinder saßen mit Kerstin schon unter einem
Dächlein und waren so dem kurzen Schauer entgangen.
Ich hatte es nicht geschafft. Der Drang zum Fotografieren
war stärker gewesen und so hatten mich die großen
Tropfen noch vor dem Unterstand erreicht. Frisch gestärkt
und wieder trocken ging es weiter. Vor Burgsinn
bewunderten wir noch einen Standort voller Kuckucks-
Lichtnelken, die in einem Halbkreis am Wegrand wuchsen.
Das herrliche Lila bildete einen guten Kontrast zum
saftigen Grün der umliegenden Wiese.
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Parkanlage am
Wasserschloss in
Burgsinn
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Wir erreichten Burgsinn. Hinter der alten Wasserburg
kamen wir an einem kleinen Park vorbei, der uns zur
erneuten Rast einlud.
Bereits um 1000 kannte man Burgsinn als Siedlung,
doch erst ab 1334 wurde hier verstärkt gebaut. Die
links gezeigte Wasserburg stammt aus dem Jahr 1339.
Der 22 Meter hohe Bergfried mit seinen zweieinhalb
Meter dicken Mauern wird jedoch schon auf das 12.
Jahrhundert datiert. 1405 übernahm Wilhelm von Thüngen
die Wasserburg. 10.000 Gulden musste er dafür
an das Würzburger Erzbistum bezahlen, so jedenfalls
informierte uns eine Infotafel im Park.
Auch dem neuen Schloss, das etwas nördlicher verborgen
am Waldrand liegt, statteten wir einen Besuch ab.
Danach radelten wir wieder nach Gemünden zurück.
Als wir endlich die Scherenburg über Gemünden sahen,
freuten wir uns. Vor allem die Kinder traten fleißig in
die Pedalen, denn ihnen hatten wir versprochen, am
Marktplatz zum Abschluss ein Eis zu essen.
Unsere Geschichte verlässt hier nun den Naturpark
Spessart mit seinen alten Eichen- und Buchenwäldern
und seinen schönen Talauen. Doch eine Reise per
Pedes hindurch hinterlässt ihre Spuren. Viele Tier- und
Pflanzenarten gibt es dort zu entdecken. Sie füllen ein
eigenes Buch, das ich geschrieben habe und auf der
folgenden Doppelseite kurz vorstelle. Anschließend
verlassen wir den Spessart und wandern in Richtung
Nordosten weiter.
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Seite 53
54 Seite
Rhöndurchquerung
Außergewöhnliche
Gesteinsformationen
sind über die
Hochlagen der Rhön
verteilt. Bei den hier
gezeigten „Prismenwänden“
handelt es
sich um erkaltetes
Basaltgestein, das
im Jungtertiär vor
etwa 20 Millionen
Jahren aus dem Erdmantel
in Aufstiegsschloten
nach oben
geschoben wurde.
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Wer vom Spessart aus in die Rhön läuft, wird Zeuge erstaunlicher Veränderungen,
die sich beim Blick unter die Füße zeigen. Denn die Gesteinsarten wechseln sich
gleich mehrmals ab. So folgt nach dem Sandsteinuntergrund erst Kalk und später
Vulkangestein. So findet man von Bad Neustadt bis hinauf nach Bischofsheim entlang
der Brend ausschließlich Buntsandstein. Im Umfeld der Saale wird der Sandstein,
der nördlich von ihr vorkommt, vom Kalk im südlichen Bereich getrennt.
Diese Trennung kann man entlang der fränkischen Saale von Hammelburg bis
nach Bad Kissingen an den Berghängen sehr schön erkennen. Nördlich davon
schließt sich die Hohe Rhön an. Deren Vulkanreste aus Basalt, die heute noch in
Form von Polygon-Säulen in der Landschaft zu sehen sind, haben sich mit der Zeit
durch Hebungen des Untergrundes schräg gestellt. Durch die an der Oberfläche
stattfindenden Verwitterungsprozesse zerfallen die Basaltlager im Laufe der Zeit
immer mehr zu Blockmeeren. Basaltprismen, wie sie auf der vorherigen Seite zu
sehen sind, können nördlich von Bischofsheim und um Oberelsbach besichtigt
werden. Diese erdgeschichtlichen Vorgänge haben die Bergkuppen der knapp
1000 Meter hohen Rhön entstehen lassen, die sie heute prägen. Diese Landschaften
der „Offenen Fernen“, wie die Rhön heute genannt wird, durchziehen viele
Wanderwege wie zum Beispiel der „Hochröhner“, auf dem unsere Geschichte
basiert. Er ist einer von vielen Wanderwegen, die der Rhönclub immer wieder neu
markiert und so für die nächsten Generationen erhält.
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Die Route
Wir verlassen jetzt den Sinngrund. Von Burgsinn aus führt der Rhön-Höhenweg bis hinauf
zum Kreuzberg mit seinen 928 Metern, der höchste Berg in Unterfranken. Weiter ging es
dan bis nach Unterebersbach, das an der Fränkischen Saale liegt.
Die Grenze zwischen Rhön und Spessart erreichen
wir jedoch erst kurz vor Roßbach. Herrliche
Höhenzüge mit Weitblick zeichnen dann den
Weg ab Roßbach aus. Denn nun führt er uns
weiter in die Hochröhn hinauf, die wie der Spessart
viele Naturschönheiten zu bieten hat. Mit
dem Rad ging es weiter zur Saalequelle und über die
Haßberge bis hinunter nach Bamberg.
58 Seite
Die Weiten der Rhön
April 2011
In den Osterferien hatte Petrus ein Einsehen gehabt. Für die folgenden Tage war herrlichstes Wetter
gemeldet. Die Apfelbäume blühten bereits und schmückten die Streuobstwiesen mit ihren
traumhaften Farbtönen in weiß-rosa. Wir beschlossen daher, die schönen Tage zu nutzen.
In Burgsinn lag der Rhön-Höhenweg am nächsten Tag
vor uns. Sein Verlauf sollte die ganze Familie bis auf den
Kreuzberg führen. Doch zuerst einmal ging es bergauf
und wir kamen bald ins Schwitzen. Zum Glück war der
Waldrand bereits zu sehen und wir nahmen einen kräftigen
Schluck aus der Wasserflasche. Der anschließende
Hohlweg ließ sich danach schon viel angenehmer laufen.
Die Steigung wurde geringer und im Halbschatten der
Bäume suchten wir Schutz vor der Sonne.
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Wir begannen wieder ein wenig zu erzählen. Nach einer
Weile aber bemerkten wir, daß Jan immer weiter abfiel.
Nachfragend erfuhren wir den Grund. Seine Versen
taten ihm weh. Wir schauten uns an und ahnten Schlimmes.
Wir blieben stehen setzten die Rucksäcke ab. Als
Jan den Schuh auszog, wurde das Malheur sichtbar.
Er hatte sich in seinen neuen Schuhen rechts und links
Blasen gelaufen. Sofort wurde die Rucksackapotheke
herausgekramt. Die bewährten Blasenpflaster kamen
zum Einsatz. Nach einer kleinen Brotzeit ging es dann
etwas besser. Wir merkten jedoch, dass es keine Freude
für Jan war, auf der Strecke nach Roßbach den ewig
geraden Schotterweg entlangzulaufen.
Oft sahen wir am
Wegrand schöne Blüten,
wie das Waldveilchen
oben. Das Kleeblatt links,
das die Kinder fanden,
hatte eine ganz außergewöhnliche
Maßerung.
60 Seite
Jetzt hieß es alle Register ziehen, um Abwechslung ins
Spiel zu bringen. Wir suchten Schleichwege abseits der
Schotterstraße. Diese Idee brachte jedoch nicht viel.
Außer einer schönen Lichtung fanden wir nur Kleinigkeiten
am Boden. Auch mit kleinen Geschichten konnten
wir kaum Begeisterung wecken.
Doch bald erreichten wir Roßbach und ließen uns auf
einer Bank am Ortseingang nieder. Herrlich konnten
wir von hier aus hinauf in die Rhön schauen. Bis zum
Horizont sahen wir mit Löwenzahn übersähte Wiesen
inmitten des Frühlingsgrüns. Zu unserem Zeltplatz war
es jetzt nicht mehr weit. Unsere Planung sah eine Wiese
in der Nähe eines kleinen Sees vor. Als wir diesen
erreichten, konnten wir ihn leider aber nur von außen
bewundern.
Oben:
Kurze Trinkpause vor der
letzten Etappe nach
Roßbach
Links: Ein Holzmännlein
begrüßte uns gleich am
Ortseingang.
Seite 61
Der See war eingezäunt und Teil eines größeren Privatbesitzes.
Hinter dem Anwesen schien aber eine Wiese
geeignet zu sein und wir beschlossen, den Besitzer
zu fragen. Ein Bauer im Hof nebenan hatte jedoch
eine bessere Idee. Er stellte uns seine Wiese für die
Zeltübernachtung zur Verfügung. Vor allem waren die
Kinder heilfroh, denn auch Lena zeigte Müdigkeit vom
Laufen. Die letzten Meter und wir hatten es geschafft.
Die Kinder legten sich auf die Wiese und wir holten die
Trinkflaschen heraus. Im nu kehrte wieder Fröhlichkeit
ein. Kaum hatten wir das Zelt aufgebaut, rannten die
Beiden schon wieder um unser Lager.
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Würfelspiele auf der
Isomatte, Tee und Kaffee
mit Keksen, Sonnenschein
und gute Laune
und zusätzlich eine
grandiose Aussicht.
Schöner kann ein
Wandertag nicht enden.
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Ohne die Schuhe merkte Jan die Blasen kaum noch,
doch für den nächsten Tag brauchten wir noch eine
Lösung. Jetzt wurde aber erst einmal entspannt. Ich
holte im Dorf vier volle Wasserfl aschen, während Kerstin
mit den Kids die Isomatten ausbreitete. Als ich wiederkam,
saßen die drei bereits in der Sonne und freuten
sich riesig auf die bevorstehende Zeltübernachtung.
Wir genossen einen Kaffee im Gras und spielten mit den
Kindern. Der Rest des Nachmittags verging wie im Flug.
Wir hatten unsere Schlafsäcke bereits zum Lüften in das
aufgebaute Zelt gelegt, sodass sie am Abend schön flauschig
sein würden und ließen uns anschließend von den
Sonnenstrahlen die müden Füße wärmen. Unterdessen
steigerte sich die Vorfreude auf das Abendessen.
Schließlich sollte unsere Wanderung ein erster Test für
unsere Lapplandtour im Sommer sein. Endlich wieder
einmal in Europas Norden fahren. Eine achttägige
Wanderung auf dem Kungsleden stand auf unserem
Plan, daher auch die neuen Schuhe, die vorher getestet
werden mussten. Auch unser Kocher fiel durch den
Test. Erstaunlich, welchen Hunger doch so eine Wanderung
auslöst. Im Handumdrehen war der Topf mit
dem Nudelgericht leer. „Da dürfen wir ganz schön was
mitschleppen, um jeden Tag satt zu werden“, meinte
Kerstin abschließend. Der Topf war für unsere Zwecke
mit vier Personen viel zu klein. „Dann gibt es eben
einen neuen“, meinte ich. Nach dem Essen wurde es
langsam kühl und der Tag endete mit ein paar Gummibärchen
vor dem Zelt. Freudestrahlend hüpften Jan und
Lena ins Zelt und krochen in die Schlafsäcke.
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Am nächsten Tag, als wir aus dem Zelt krochen, stand
die Sonne bereits zwei Finger breit über dem Horizont.
Über Nacht hatte sich eine ganze Menge Kondenswasser
unter dem Außenzelt gebildet. Jeder Schritt musste
daher beim Verlassen des Zeltes gut überlegt sein, wenn
man keinen nassen Rücken bekommen wollte. Nach
dem Wachknuddeln frühstückten wir. Dazu wurde Tee
gekocht und Kerstin schmierte mit Lena die Nutellabrote.
Jan und ich bauten in der Zwischenzeit das Zelt ab. Nach
dem Frühstück wurde alles in die Rucksäcke verstaut.
Wir schauten uns noch einmal die Blasen an. Das sah
nicht gut aus. Jan wollte auf keinen Fall mehr die Schuhe
anziehen und drängte darauf, mit seinen Flip Flops
weiter zu laufen.
Wir wollten es probieren und liefen los. Wie ein neuer
Mensch trappste Jan froh neben uns erzählend her.
Auch schien ihm das nasse Gras nichts auszumachen.
Zügig hatten wir die Felder überquert und erreichten
bald Weißenbach. Die Apfelbäume standen reihenweise
in voller Blütenpracht in den saftigen Wiesen. An der
Hauptstraße angekommen, hatten wir dann Probleme
den weiteren Verlauf des Rhön-Höhenwegs zu fi nden.
Nach mehrmaligem Hin- und Herlaufen war die Sache
dann wieder stimmig und wir folgten dem roten Tropfen
auf weißem Grund erneut. Felder säumten unseren
Weg und bald erreichten wir den Waldrand. Nach sechs
Kilometern in Jans wackeligen Sandalen merkten wir,
dass die geplanten zwölf Kilometer heute nicht zu
schaffen waren.
Oben und links:
Impressionen am
Weißenbacher Schloß.
Dort mussten wir auf
Wegsuche gehen.
Direkt am Blauen Turm
(ganz links) hatten wir das
Wegzeichen verloren.
Seite 65
Wir erzählten den Kindern weitere Geschichten aus
Nepal, wo die Sherpas ganze Kühlschränke mit diesem
Sandalen durch die Gebirge tragen, doch es half nichts.
Während einer kurzen Rast entschieden wir uns für
Plan B.
Die mitgebrachten Ostereier wurden verzehrt und der
letzte Anstieg in Angriff genommen. Es folgte noch ein
kurzes Stück bis hinunter zu einem kleinen Sägewerk.
Auf einer schönen Wiese hinter den Häusern ließen
sich die drei nieder. Ohne Gepäck eilte ich anschließend
den Dreistein hinauf, denn einer musste ja die
Tour fertiglaufen, um mit dem Auto den Rest wieder
abzuholen. Wir hatten es auf einem Parkplatz bei Bad
Brückenau abgestellt.
Auf dem Dreistein angekommen, genoss ich für einen
Moment die Stille auf der Aussichtskanzel des Bergs.
Mein Blick schweifte hinunter bis in den Spessart. Ich
sah die Höhenzüge, auf denen wir entlanggelaufen
waren. Auf der gegenüberliegenden Seite lag Bad Brückenau
unten im Tal und dahinter die Hochrhön. „Dort
drüben könnte es bald weitergehen“, dachte ich. Nachdem
ich die Stahlkonstruktion des Turms verlassen
hatte, eilte ich bergab, querte die Straße und war bald
am Auto angekommen. Der Rest ist schnell erzählt. Die
Kinder warteten schon ungeduldig. Doch im Sitzen traf
ich sie nicht an. Beide tollten auf der Wiese hin und her.
Oben: Ein Hochsitz mit
Weitblick. Darunter: eine
große Gruppe Waldmeisterblüten
bedeckte den Boden
unter dichtgewachsenen
Buchen am Wegrand.
Links: Ausblick vom Dreistein
nach Bad Brückenau.
66 Seite
Durch die Hohe Rhön
Oktober 2011
Unsere Herbsttour, die über den 3. Oktober stattfinden sollte, hatten wir bereits im Frühjahr geplant.
Damals schauten wir sehnsüchtig hinüber zu den Kuppen der Hohen Rhön. Eine Woche vorher war
dann das Wetter bereits perfekt gewesen. Ob es auch so bleiben würde? Ich bangte jeden Tag.
Wozu haben wir schließlich einen Camper, dachte ich. Lena saß neben mir, während
Jan und Kerstin mit der A-Klasse unterwegs waren. So hatten wir es abgemacht. Eine
Anreise mit der Bahn wie im Spessart wäre für die Rhön nicht möglich gewesen, was
wir sehr bedauerten. Bei herrlichem Sonnenuntergang fuhren wir mit der Sonne im
Rücken das fränkische Saaletal hinauf.
Hammelburgs schönes Schloss glitzerte im Abendlicht und auch die bewaldeten Hänge
unter der Trimmburg leuchteten in herrlichen Orange- und Gelbtönen. Die Sonne
verschwand bald und wir ruckelten einem litauischen LKW bis kurz vor Ebersbach
hinterher.
Die Arbeitswoche verging und das Hoch hielt. Freitags starteten wir endlich in Richtung
Bad Neustadt. Durch die Anfahrt am Abend sparten wir locker zwei Stunden, die wir am
nächsten Morgen als Reserve für den ersten Wandertag einplanen konnten.
Als wir endlich abbiegen konnten, war es bereits stockdunkel. Mühsam schlängelten
wir uns durch enge Gassen und parkten am Sportplatz in Ebersbach. Hier wollten wir
in drei Tagen unsere Tour beenden. Nach einer deftigen Brotzeit im Camper ging es ab
in die Betten.
Seite 67
Wir schliefen sehr gut in dieser Nacht, doch bereits um
7 Uhr 30 tollten die Kinder gut gelaunt durch die Federbetten
im hinteren Teil unseres Campers. Wir machten
uns in der Zwischenzeit daran, die Übernachtungsutensilien
zu verstauen. Den Camper wollten wir in Ebersbach
stehen lassen und später, nach unserer Wanderung
wieder abholen.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit unserem Kleinwagen
in Richtung Bad Neustadt und anschließend weiter nach
Bad Brückenau. Wir starteten unsere Wanderung am
gleichen Parkplatz, an dem wir die letzte Tour im Mai
beendet hatten. Schnell war der erste Höheabschnitt
überwunden. Die Verkehrsgeräusche hinter uns lassend,
standen wir an einer ersten Hinweistafel, welche die
Umgebung näher beschrieb. Auf dem benachbarten
Basaltkegel, dem Mettermich, wurde eine keltische
Höhensiedlung nachgewiesen. Aber auch die fruchtbaren,
leicht nach Süden abfallenden Felder um uns herum
waren schon ab 812 besiedelt, wie auf einem Schild zu
lesen war. Das heutige Oberleichtersbach ist somit der
älteste genannte Ort der südlichen Rhön.
Unten: Nach dem ersten
kurzen Anstieg trennten
wir uns von den Hosenbeinen.
An Maisfeldern
und Heckengehölzen
vorbei ging es hinunter
nach Breitenbach.
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Rapsfelder so weit das
Auge reicht. In der Hohen
Rhön sind sie oft anzutreffen.
Sie leuchten dann bei
Sonnenschein das
Offenland manchmal bis
zum Horizont aus.
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Die leckeren Birnen und Äpfel am Ortseingang von
Mitgenfeld waren ein guter Grund für eine erste kleine
Pause. Jan kickte die herabgefallenen Birnen beim
Weiterlaufen die Hauptstraße hinunter, während Lena
und Kerstin versuchten, die süßeste Frucht aus unserer
„Auflese“ ausfindig zu machen. Wir verließen nach Mitgenfeld
die Straße und passierten herrlich gelb blühende
Ackersenf-Felder. Ein großes Bienenhäuschen gleich
nebenan wurde emsig umflogen. Wir blieben daher auf
sicherem Abstand. Bald folgte ein Anstieg, der uns an
Streuobstwiesen und Hagebuttenhecken vorbei gehen
ließ. Anschließend führte uns der Weg durch ein kurzes
Waldstück. Am Ende hörten wir bereits die Autobahn
und unterquerten diese in Folge. In heißer Mittagssonne
erreichten wir Schildeck und freuten uns bereits auf das
nahe Naturschutzgebiet „Schwarze Berge“. Dieser waldreiche
Ausläufer der Hohen Rhön beginnt hinter dem Ort
Schildeck. Wir tauchten in den kühlen Wald ein.
Links:
Bienenstaaten bei der
Arbeit. Hier sammeln die
Fleißigen Völker ihren
Blütenstaub auf weiten
Acker-Senf-Wiesen.
70 Seite
1
2
Impressionen auf dem Rhön-Höhenweg NSG Schwarze Berge
3
1
2
3
Drehmoos
Zunderschwamm
Waldameisenbau
Seite 71
Die Schwarzen Berge sind ein waldreicher Ausläufer
der Hohen Rhön. Das Naturschutzgebiet beginnt hinter
dem Ort Schildeck. Wir tauchten in den kühlen Wald
ein und eine abwechslungsreiche Vegetation begegnete
uns. Unzählige Moose und Flechten waren am Wegrand zu
bestaunen. Riesige Ameisenkolonien sorgen hier für eine
funktionierende Reststoffverwertung. An einem Wegweiser
war unser Mittagspausenziel bereits angeschrieben.
„Nur noch ein kurzes Stück zum Würzburger Haus“, rief
ich in die Runde. Wir verließen den kühlenden Wald nach
einer kurzen Trinkpause und überquerten anschließend eine
weitläufige Lichtung. Ein herrlicher Blick in Richtung Süden
überraschte uns.
72 Seite
Herrliche Ausblicke bietet
die Hohe Rhön wie hier
am östlichen Ende der
Schwarzen Berge.
Seite 73
Wir folgten weiter unserer Markierung, dem „Rhöntropfen“
und wieder ging es steil bergauf. Alte Buchenriesen
säumten den Weg hinauf zum Steinernen Meer. Diese
Bezeichnung ist auf das Basaltgestein auf den weitläufigen
Bergrücken zurückzuführen.
Die Kinder waren vom abwechslungsreichen Streckenverlauf
begeistert. Sie schmiedeten bereits Pläne, was
sie mit den vielen Tannenzapfen und Stöcken heute
Mittag basteln könnten. Auch wir waren erleichtert,
dass es den Kindern hier so gut gefiel. Aber es lag nicht
nur an der Natur. Das schöne Wetter spielte auch eine
große Rolle, doch vor allem gab es dieses Mal keine
Fußbeschwerden.
74 Seite
Oben angekommen ruhte sich eine Gruppe Rhönschafe
unter einem Baum aus. Es kam mir vor, als warteten sie
nur darauf, von uns fotografi ert zu werden.
Gleich dahinter ein herrlich leuchtender Strauch mit
knallroten Beeren. Und immer wieder wanderten wir an
Aussichtsfenstern vorbei, die uns Ausblicke über die
Weiten der Rhön ermöglichten.
Die roten Herbstfrüchte
des Gemeinen Schneeballs
glänzen in der
Sonne.
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Wir überquerten einen Parkplatz kurz vor dem Würzburger
Haus und fanden eine weitere außergewöhnliche
Pflanzenart vor, die unsere Kinder unbedingt näher untersuchen
mussten. Es handelte sich um die abgeblühten
Stängel des Schmalblättrigen Weidenröschens, die
von der Sonne angestrahlt in hellem Weiß leuchteten.
Ihre flauschigen Röllchen sahen aus wie Watte.
„Da hinten ist die Hütte“, rief ich den Kindern zu, die
immer noch mit den Weidenröschen beschäftigt waren.
Hier wollten wir Mittagspause machen. Neben der Hütte
fanden wir ein schönes Plätzchen. Ich holte uns Getränke
und die Kinder packten unser Vesper aus.
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Direkt hinter der Würzburger Hütte wehte die unterfränkische
Fahne und schmückte den Höhenzug der
hessischen Kuppenrhön am Horizont dahinter. Zu
dieser Aussicht schlemmten wir leckeren Heidelbeerkuchen.
Keiner will bei diesem Panorama noch mal
aufbrechen. Doch unser Weg für den heutigen Tag
war noch nicht zu Ende. Zunächst ging es noch einmal
in den Wald und ein Holzgesicht streckte uns seine
Zunge entgegen. Anschließend kamen wir an einem
Basaltwerk vorbei. Tief blickten wir hinunter in eine mit
Wasser gefüllte Abbaugrube.
Seite 77
Der Rhön-Höhenweg führte nun weiter bergauf. Eine
weite Hochebene breitete sich vor uns aus, während wir
auf unser heutiges Ziel, die Kissinger Hütte, zuliefen.
Auf einer Bank hinter dem Haus machten wir es uns
gemütlich. Dabei schauten wir hinüber zum Kreuzberg
mit seiner bewaldeten Westfl anke. Hinter uns senkte
sich bereits die Sonne über den Fichtenspitzen ab und
ein kaum beschreibliches Gefühl der Zufriedenheit
stellte sich ein. Die Kinder spielten auf der Wiese in der
Abendsonne und wir saßen nach einem ereignisreichen
Tag einfach nur da, genossen die Lichtspiele am
Horizont und ließen uns von den Beiden die Glockenblumen
zeigen, die in der Abendsonne im schönsten
Lila glitzerten. Die Rundumsicht an diesem Abend auf
dem 832 Meter hohen Feuerberg zählt für uns zu den
schönsten Erinnerungen an die Rhön.
Aber mit der Zeit verloren die Farben der Blumen an
Kraft, auch die Insekten kamen langsam zur Ruhe.
Doch nicht nur das Leuchten der Blumen verblasste.
Auch die Bäume verdunkelten mit ihren langen
Schatten die saftiggrünen Wiesen um uns herum und
die Kälte verdrängte die zuvor warme Luft dieses
traumhaften Tages.
78 Seite
Zuletzt stand nur noch der zunehmende Mond über der
nahen Fichtenschonung. Ein traumhafter Tag war zu
Ende gegangen. Er hätte für unsere Wanderung nicht
schöner sein können.
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Am nächsten Morgen war ich zum Fotografieren bereits
früh aus den Federn gekrochen. Den Sonnenaufgang
genoss ich in aller Stille. Nachdem auch die anderen
drei aufgewacht waren, gab es Frühstück. Heißer
Dampf stieg bald aus unseren Tassen und schwebte
um unsere Köpfe. Die Sonne setzte ihren Gang am
Himmel fort und es war Zeit, um aufzubrechen. Wir
packten die Rucksäcke und setzten uns wieder in
Bewegung.
Wir konnten es kaum glauben, aber der Tag begann,
wie der Gestrige geendet hatte. Vom Himmel strahlte
das herrlichste Blau, das man sich vorstellen konnte.
Durch das herbstliche Blätterwerk schien uns die Sonne
in dosierten Strahlenbündeln schräg bis vor die Wanderschuhe.
Die Temperatur war recht kühl, aber zum Laufen
ideal. Die Insekten, die wir am Abend um uns herum
noch beobachten konnten, waren inzwischen am Boden.
Viele von ihnen hatten sich unter die Erde zurückgezogen.
Die Meisten überleben die kalte Jahreszeit jedoch
gar nicht. Anders einige Schmetterlinge, die oft verpuppt
an Astgabeln oder unter der Rinde überwintern. Auch
Reptilien, die von wärmenden Sonnenstrahlen abhängig
sind, findet man im Herbst kaum noch. In der Natur wird
es somit generell ruhiger in dieser Jahreszeit.
80 Seite
Gesteinsformationen
kommen durch die
leuchtenden Herbstfarben
sehr schön zur
Geltung.
Seite 81
Am Guckapass angekommen, trafen wir bereits die
ersten Kreuzbergbesucher. Ein Pärchen demontierte
seine Fahrräder vom Dachträger, eine andere Gruppe
packte die Rucksäcke und einige stiegen auch wieder in
ihre Autos ein und fuhren davon. Wir schauten uns an
und wunderten uns über die teilweise recht unentschlossenen
Reaktionen mancher Besucher. Unser Weg
führte uns nun hinter dem Parkplatz direkt hinauf auf
den Kreuzberg. Die Klosteranlage war sehr überfüllt.
Wir suchten daher den schnellsten Weg hindurch und
stiegen die Stufen zu den bekannten drei Kreuzen
hinauf. Dort angekommen schauten wir über Wildflecken
in Richtung Nordosten. Neben den großen Kreuzen
überragt ein riesiger Funkmast den idyllischen Ort.
82 Seite
Nach den vielen
Treppenstufen, die
hinauf zum Gipfel des
Kreuzbergs führen, bleibt
vor allem der Ausblick in
bleibender Erinnerung.
Seite 83
Wir wanderten nach einer kurzen Trinkpause auf dem
Kreuzberg weiter zum Neustädter Haus. Auch dort war
sehr viel los. „Kein Wunder, bei diesem Wetter haben
viele die gleiche Idee“, meinte Kerstin.
Wir vesperten ein wenig abseits des Trubels im Schatten
der Bäume. Frisch gestärkt verließen wir unseren
Platz unter den Bäumen und folgten dem fränkischen
Marienweg. Bald wurde es um uns ganz still, denn wir
waren wieder tief in den Wald eingetaucht.
Bereits nach wenigen hundert Metern änderte sich der
Bewuchs am Boden. Nun entdeckten wir rechts und links
des Weges Filzmoos unter den Bäumen, das sich mit
Ordenskissen und Heidelbeersträuchern abwechselte.
84 Seite
Schöner kann ein
Wanderweg nicht sein.
Nach der Gemündener
Hütte und dem Neustädter
Haus schwenkte der
Pfad langsam in
südöstliche Richtung der
Fränkischen Saale
entgegen.
Seite 85
Wir folgten anschließend einer Schotterstraße und unterhielten
uns dabei über Schulfächern, Turnstunden und
andere Dinge, die in der nächsten Woche so anstehen
würden. Ich merkte jedoch, dass der Weg nicht mehr
mit seinem Verlauf auf der Karte übereinstimmte. Da wir
aber das Marienzeichen immer wieder fanden, machten
wir uns keine weiteren Gedanken darüber. Wir merkten
nicht, dass wir uns immer weiter von der geplanten Route
fortbewegten.
Auch tauchten immer öfter märchenhafte Mooslandschaften
am Wegrand auf. Neben dem typischen Filzmoos
breiteten sich Ordenskissen neben einer großflächigen
Muschelmooslandschaft aus. Dazwischen kämpften
Borstgräser weiter oben um das bessere Licht. Sieger
blieb in diesem Mikrogarten jedoch das Heidekraut, das
mit seinen lila Blüten an die 60 cm das Moos übertraf.
Seine Blüten leuchteten in der schräg stehenden Sonne.
Muschelmoos
86 Seite
Der Kahle Krempling,
ein typischer Pilz in
Nadelwäldern mit
saurem Boden
Seite 87
Langsam wurde es dunkel und wir beschlossen, an einer
halbwegs geeigneten Stelle zu übernachten. Schließlich
hatten wir bereits 16 km geschafft. Für die Kinder war das
ein neuer Rekord. Noch am Abend debattierten wir über
den weiteren Streckenverlauf, während die Kinder ihr
„Schlumpfhausen“ fanden. Es war eine Gruppe Fichtenreizker,
ein essbarer Pilz, der typischerweise in Symbiose
mit Fichtenwäldern wächst.
Eigentlich wollten wir nach Kilianshof laufen, um dort zu
übernachten. Durch eine Unachtsamkeit waren wir aber
vom Weg abgekommen. Die Kinder teilten unsere Bedenken
jedoch nicht, sie freuten sich sogar darüber.
Rauköpfe im Drehmoos
Am Ende kuschelten wir uns gleich nach dem Essen in
die Schlafsäcke, denn es war bereits dunkel geworden
und ein Weiterlaufen unmöglich geworden. Eine unruhige
Nacht stand uns bevor. Kerstin lag schlecht auf dem
unebenen Untergrund und ich hatte Kopfschmerzen
bekommen. Wir drehten uns oft und waren froh, als es am
nächsten Morgen langsam hell wurde.
88 Seite
Ob wir den Weg wieder fi nden würden?
Bald waren auch die Kinder wach. Sie rieben sich zwar
noch die Aufgen, doch waren sie gleich begeistert,
denn das Frühstück stand bereits fertig zubereitet vor
ihnen. Ein Rotkehlchen hüpfte neugierig von Ast zu Ast
und schaute uns anschließend beim Essen zu. Danach
packten wir unsere sieben Sachen und waren alle
gespannt, wie es nun weitergehen würde. Der Weg den
wir entlangliefen, passte gar nicht mehr zur geplanten
Route auf meiner topographischen Karte. Letztlich
fanden wir aber wieder ein Wegzeichen des Marienwegs.
Aber wo waren wir genau? Wir überquerten eine
Teerstraße. Sie war eine Chance, uns neu zu orientieren.
Der Vergleich von Karte und Gelände machte mich
sicherer und ich wagte eine erste Aussage:
„Bald müssten wir an der Bildeiche sein“. „Das werden
wir ja sehen“ erwiderte meine Familie ungläubig, doch
nahezu gleichzeitig. „Jedenfalls wäre das eine angenehme
Überraschung“, meinte ich zu Kerstin. Erleichterung
kam auf, denn unser Umweg gestern Abend war
damit gar nicht so groß gewesen. Tatsächlich erreichten
wir bald die genannte Bildeiche, während eine größere
Radgruppe an uns vorbeistrampelte.
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Die Biker waren in Bad Neustadt losgefahren, wie sie erzählten. Wir mussten somit
bald rechts abbiegen um in ein schmales Tal zu gelangen, das uns direkt nach
Ebersbach hinunterführte. Karte und Realer Weg passten wieder exakt zusammen.
Erleichtert ging es weiter an die restliche Strecke. Ein großer Ameisenhaufen weckte
noch einmal die Aufmerksamkeit von Lena und Jan bevor wir über ein Treppchen steil
nach unten dem Talgrund entgegenliefen.
Nach den Stufen erreichten wir einen kleinen Weiher und
an dessen Ende begann eine Schotterstraße, die uns
nach Ebersbach und zurück zu unserem Camper führen
sollte. Am Wegrand sorgte Springkraut noch einmal für
eine Spieleinlage, doch bereits an der nächsten Ecke
tauchten die ersten Häuser von Ebersbach auf. Eine weitere
Etappe unserer Rhöndurchquerung war beendet.
90 Seite
Seite 91
92 Seite
Fränkische Saale und Hassberge
Juli 2012
Ein herrliches Sommerwochenende lockte mich hinaus in die Natur. Doch für die geplante
Radelstrecke, die etwa 100 km betrug, musste klug aufgeteilt werden. Motiviert und guter Dinge
startete ich in Ebersbach.
„Ob ich die 40 km heute Abend noch schaffen werde?“
Ich war gespannt, denn es war bereits 19 Uhr, doch
die Temperaturen fühlten sich durchaus angenehm an.
Immer wenn ich alleine unterwegs bin, kann es auch
mal etwas sportlicher sein. Mit diesen Gedanken im
Kopf strampelte ich mich warm, kurvte die Windungen
des oberen Saaletales ab und war gute Dinge. Alles lief
wie am Schnürchen.
Vier Stunden später wollte ich in Bad Königshofen
eintreffen, so der Plan. Dort hatte ich mit dem Rest der
Familie die Frankenthermen als Treffpunkt ausgemacht.
Die Sonne stand hinter mir am Horizont und
ihre immer noch intensiven Strahlen wärmten meine
Waden, während sich vor mir der Radweg am Flusslauf
dahinschlängelte.
Seite 93
Ab und an tauchten kleine Biotope im Wiesengrund auf.
Bald war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden.
Eine laue Brise wehte mir nun angenehm um die Nase.
Zügig und mit stetiger Geschwindigkeit strampelte ich
dahin, bis eine Brücke die Saale hinter einer weiteren
Schleife querte. Kleine Pausen mussten sein, denn der
Sonnenuntergang war prächtig an diesem Abend und
ein paar Bilder mussten ja auch sein. Ich erreichte den
Talkessel von Bad Neustadt. Die Mücken tanzten unaufhörlich
über meinem Fahrradhelm. Ich trank noch einen
Schluck aus der Wasserflasche und schaute auf die Uhr.
Passt. Weiter ging es in Richtung Innenstadt. Es war
merkwürdig still, als ich an der Altstadt rechts vorbeifuhr.
Am Kurpark folgte ich anschließend dem Fluss weiter in
Richtung Bad Königshofen.
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Windung um Windung strampelte ich die Schleifen der Saale ab. Sie schienen kein Ende
zu nehmen. Das herrliche Abendlicht sorgte jedoch für die grandiose Stimmung. Kleine
Dörfer reihten sich wie Perlen an der Schnur an der Saale entlang. Die Sonne war bald
endgültig hinter dem Horizont verschwunden, während ich weiter auf Bad Königshofen
zuradelte. Weite Getreidefelder leuchteten im orangenen Abendlicht. Die Insekten summten
um meinen Kopf und attackierten mich dabei so heftig, als wäre ich ihre letzte Chance für
eine Mahlzeit. Mit 15 Minuten Verspätung erreichte ich meine Familie auf dem verabredeten
Parkplatz. Wir fuhren zurück zum Camper, um dort zu übernachten. Ein ausgewiesener
Parkplatz bot eine perfekte Gelegenheit für eine Übernachtung. Ihn hatten wir bereits bei
unserer Rhönwanderung genutzt. Die Brotzeit schmeckte am Familientisch nach diesem
Radelvergnügen besonders lecker, auch wenn es bereits dunkel war.
Der nächste Morgen begann erneut bei strahlendem Sonnenschein. Wir fuhren zurück zur Therme,
an der ich „ausgesetzt“ wurde, um auf dem weiteren Weg die Haßberge zu durchqueren.
Ich hatte dafür eine leichte Route ausgewählt, mit viel Teeranteil unter den Reifen. Bereits nach
fünf km verließ ich die Saale und fuhr bei Sulzdorf und Ermershausen lediglich einen Steinwurf
an der Thüringischen Landesgrenze vorbei. In Pfaffendorf bog ich auf den bekannten Burgenrundweg
ein. Über das Naturschutzgebiet Galgenberg-Goßberg erreichte ich die bekannte
Ruine Altenstein, der ich gemeinsam mit der nachgereisten Familie einen Besuch abstattete.
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Von der Aussichtsplattform der Ruine Altenstein reicht
der Blick weit über die Haßberge bis nach Thüringen
hinüber. Auf der anderen Seite grüßt die Rhön zurück,
die wir davor durchwandert hatten. Die Burgruine
Altenstein selbst wurde bereits 1225 erstmals erwähnt.
Ein gewisser Marquard vom alten Stein wohnte damals
im Castrum, 150 Meter über dem Baunachtal. Bis 1703
lebten später die Freiherren von Stein auf der Burg.
Danach bezogen sie ihr neues Schloss in Pfaffendorf,
das ganz links gezeigt ist. Im Bauernkrieg wurde die
Anlage weitgehend zerstört und nur noch Reste sind
heute auf dem Berg zu besichtigen. Um so schöner ist
die Aussicht von dort oben. Bei herrlichstem Radelwetter
ging es anschließend weiter die Baunach hinunter,
bis wir kurz vor Ebern erneut Halt machten.
96 Seite
Seite 97
Die hier gezeigte malerische Dreiflügelanlage bildete
einen weiteren Höhepunkt der Haßbergdurchquerung.
Bereits 1232 wurde die Wasserburg der Freiherren von
Rotenhan erstmals urkundlich erwähnt und im Laufe der
Jahrhunderte oft umgebaut.
Die letzte Erweiterung und Restaurierung fand 1846
statt. Hierbei erhielten auch die niedrigeren Ostteile ihre
heutige Form. Die Besitzer gestatten Besuchern einen
freien Zugang zum Innenhof dieser schönen Anlage
mitten in den Hassbergen.
Meine Radtour war auch bald geschafft. Eine letzte
Etappe nach Baunach brachte mich dem Ziel entgegen,
denn der gleichnamige Fluss fl ießt südlich der Stadt in
den Main. Am Horizont war bereits Bamberg zu erkennen.
Dort sollte es beim nächsten Mal weitergehen.
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Mainradweg
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Die Route
Wir verlassen jetzt die Hassberge und radeln etwa 100 Kilometer am Main entlang von
Bamberg nach Würzburg. Auf dem Weg nach Kitzingen umrunden wir den Steigerwald,
der als Wandergebiet kurz beschreiben wird.
Auch die Gäulandschaft und der Irtenberger
Forst bergen Naturwunder vor den Toren
Würzburgs und Ochsenfurts. Daher dürfen sie auf
meiner Reise nicht fehlen. Anschließend geht
es weiter auf dem Radweg den Main abwärts bis
nach Lohr.
100 Seite
Zurück am Main
Mai 2014
Nachdem wir die Altmühl erkundet hatten, die im weiteren Verlauf des Buches noch behandelt wird,
stand 2014 wieder Mainfrankens Lebensader auf dem Programm. Dafür hatten wir die Strecke zwischen
Bamberg und Kitzingen herausgesucht.
Seite 101
Als wir die Räder sicher im Zugabteil befestigt hatten, war die
Tageszeitung an der Reihe. Entspannt ging unsere Reise
dann am Main entlang, bis ins oberfränkische Bamberg. Beim
Blick aus dem Fenster war auch unser Radweg teilweise
zu sehen, den wir bald befahren würden. In Bamberg
eingetroffen, konnten wir uns am Bahnhof leicht orientieren,
denn gleich an der Bahnhofsstraße war der Mainradweg
ausgeschildert. Wir folgten den Zeichen des grünen Rades
mitten durch die Innenstadt. An der Kettenbrücke machten
wir kurz Rast und aßen unsere Brote. Danach ging es an der
Regnitz entlang in Richtung Gaustadt. Der Radweg folgte
anschließend direkt der B26 in Richtung Westen. Ein kurzer
Tic-Tac-Zwischenstop wurde eingelegt, nachdem wir im
Supermarkt unsere Getränkeration aufgefüllt hatten.
In Eltmann angekommen, wurde auf einem Hinweisschild
auf eine alte Burganlage hingewiesen. Die Kinder
wollten aber die vielen Stufen nicht hochsteigen und
so warteten sie in der Zwischenzeit auf einem kleinen
Spielplatz am Fichtenbach direkt am Aufstieg zur Burg.
Wir machten uns auf, über die Treppenstufen durch
den Wald bis hoch zur Wallburg zu laufen. So hatten
die Kinder und wir eine kleine Abwechslung. Oben
angekommen, besichtigten wir den gut erhaltenen
Turm der ehemaligen Anlage, tranken einen Schluck
aus unserer Flasche und stiegen wieder hinab nach
Eltmann. Anschließend setzten wir unsere Fahrradtour
weiter nach Limbach fort. Dort wollten wir erneut eine
Pause einlegen.
102 Seite
An der Wallfahrtskirche Maria Limbach bewunderten wir ein Brunnenhäuschen, das direkt
neben einer alten Linde stand, doch das schöne Wetter lockte uns weiter den Mainradweg
entlang. Die neuen Räder von Jan und Lena rollten quasi wie von selbst dahin und bald
war die erste Tagesetappe geschafft. Am Dorfbrunnen von Sand am Main standen wir
vor einem wuchtigen Kunstwerk. Die Rebe aus Beton, die im Ort schon für so manchen
Gesprächsstoff gesorgt hat, nutzten Jan und Lena als Bildhintergrund.
Von Eltmann, unserem letzten Rastpunkt, bzw. von Sand am Main aus kann man in nur
wenigen Kilometern die Wälder des Steigerwaldes besuchen. Auch der Tretzendorfer
Weiher, ein Naturidyll an der Aurach, liegt quasi nebenan. Ein Abstecher dorthin wird nach
dieser Radtour auf den darauffolgenden Seiten näher beschrieben. Nach einem verdienten
Abendessen und der anschließenden Übernachtung fuhren wir am zweiten Tag weiter nach
Zeil am Main. Die dortigen Fachwerkhäuser der Altstadt bilden einen schmucken Ortskern
im Umfeld der Kirche.
Seite 103
Unseren nächsten Halt legten wir an der Ritterkapelle in
Haßfurt ein. Die aus hellem Sandstein errichtete Kirchenanlage
erinnerte uns ein wenig an Notre Dame. Auch die
Steinverzierungen hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit
ihrem viel größeren französischen Gegenstück. Danach
ging es weiter nach Schweinfurt.
Etwa in der Mitte der Strecke wurde erneut eine kleine
Pause eingeschoben, denn Strohballen luden direkt am
Wegrand zum Spielen ein.
Gegenüber dem Spielplatz in Eltmann hatte die Strohballenreihe
wesentliche Vorteile, sie diente als überdimensionale
Balancierstange und die Beiden konnten zusätzlich noch
ihre Kräfte messen nach dem Motto: Wer wirft wen hinunter?
Regulierend griffen wir daher bald ein, denn einen Sturz
wollten wir nicht in Kauf nehmen. Verletzungen entstehen so
schneller als einem lieb ist. Wir konnten die Kinder schließlich
mit dem Versprechen „Eisbecher in Sicht“ überzeugen,
das wir dann am Marktplatz in Schweinfurt einlösten.
104 Seite
Von Schweinfurt nach Gergrheinfeld war es dann auch nicht mehr weit. Nach unserer
zweiten Übernachtung radelten wir weiter in Richtung Volkach. Dabei kamen wir an einem
Labyrinth vorbei, das unsere Kinder gleich erkunden wollten. Innerhalb des Labyrinthes war
ein Balken aufgestellt, der auf zwei Federn befestig war. So konnten wir unser Gleichgewicht
testen. Daneben befand sich eine Holztrommel, die wir ebenfalls ausprobierten.
In Wippfeld warteten wir auf die Fähre, mit der wir auf die andere Mainseite wechseln wollten.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Fähre auf unserer Seite angelegt hatte, doch
schon nach dieser kurzen Zeit waren weitere Fahrradgruppen am Übergang eingetroffen.
Die Schranke öffnete sich und mit einem eigenartigen Gefühl im Bauch beobachteten wir
den Start der Fähre, die sich gleich am Anfang leicht drehte und zur anderen Seite hinüberfuhr.
In der Mitte des Mains konnten wir den Fluss auf und abschauen, doch nach einer
gefühlten Minute waren wir schon drüben auf der anderen Seite und konnten die Radtour
fortsetzen.
Seite 105
In der Zwischenzeit war die Temperatur stark gestiegen.
Die Sonne stand hoch am Himmel und die gelegendlich
vorbeiziehenden Wolken brachten nur selten Schatten.
In Volkach suchten wir daher am Marktplatz ein schattiges
Örtchen. Die Pause versüßten wir uns dabei mit
Kaffee und Kuchen und nahmen nach dieser sonnigen
Rast die letzten Kilometer in Richtung Schwarzach
unter die Pedalen. Vorbei an den Weinbergen bei
Sommerach erreichten wir bald Schwarzach mit seinem
Kloster, das als Ältestes in Franken genannt wird.
In Hörbach übernachteten wir dann ein drittes Mal.
Am Abend spürten wir unsere Sitzhöcker doch schon
ein wenig, doch wir machten unsere Späße darüber,
denn die Tagesstrecken waren ja vor allem kindergerecht
ausgewählt. Für die etwa 100 Kilometer hatten
wir uns vier Tage Zeit genommen. Der Mainradweg
führte uns am vierten Tag weiter nach Dettelbach. Seit
Schwarzach hatten wir immer wieder den Schwanberg
im Blick, der am Westhang des Steigerwaldes über die
Gäulandschaft hinausragt. Ich freute mich bereits
über die Wanderungen in diesem schönen Waldgebiet,
von dem ich im Anschluss ein wenig erzählen möchte.
Auch die restlichen acht Kilometer bis nach Kitzingen
waren schnell gefahren und zufrieden kamen wir in
dem Städtchen an. Von dort brachte uns ein Zug nach
Hause zurück. Das Wetter hatte sich dieses Mal von
seiner besten Seite gezeigt, denn wir konnten die
Regenbegleitung während der ganzen Radtour in den
Rucksäcken lassen. Größere Wolken zogen dann erst
zuhause auf. Wir hatten wirklich Glück gehabt.
106 Seite
Im Steigerwald
Im Naturwaldreservat
Waldhaus sind
aufgrund fehlender
Nutzung wieder urige
Landschaftselemente
entstanden. Moose
und viele Pilzarten
breiten sich wieder
stärker aus. Es
entstehen aber auch
höhlenartige Strukturen,
die seltenen
Tierarten, wie zum
Beispiel der Wildkatze,
als Unterschlupf
für die
Jungenaufzucht
dienen.
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Der Steigerwald ist neben dem Spessart das naturschutzfachlich hochwertigste
Laubwaldgebiet in Bayern. Als Mittelgebirge des fränkischen Schichtstufenlandes
erreicht er Berghöhen bis fast 500 m üNN und gilt als Herzstück des Keuperberglandes.
Der Steigerwald liegt südlich des Mains zwischen den Städten Nürnberg
und Bamberg im Osten und Würzburg und Schweinfurt im Westen. Das Aischtal
begrenzt den Steigerwald im Süden.
Die sanft abgedachten Steigerwaldrücken umfassen gut 129.000 Hektar und können
noch herausragende Laubwaldbestände vorweisen. Mein Besuch galt den
Kernzohnen des nördlichen Steigerwalds, die man am einfachsten über die B22
erreicht. Westlich von Ebrach befindet sich ein Baumwipfelpfad und Nördlich davon
schließt sich das NSG „Der hohe Buchene Wald“ an. Es umfasst auch zwei Naturwaldreservate
und bildet mit 920 Ha ein Kernstück des Naturschutzes in diesem
Waldgebiet. Hier kann man schöne Wanderungen unternehmen und dabei die
heimische Natur kennenlernen. Des weiteren möchte ich noch den Pfad der Artenvielfalt
im Weilersbachtal und die Talauen rund um den Tretzendorfer Weiher
erwähnen, die ich ebenfalls besucht habe.
108 Seite
Wandern unter Buchen
Mai 2019
Für mein Buch “Naturwunder Steigerwald” war ich viele Male in diesem Wald unterwegs. Sei es
zum Fotografi eren oder einfach nur zum Wandern, um das Gebiet näher kennenzulernen. An
einem schönen Maitag war ich wieder mal dort, um unter den Buchen zu wandern.
Nach dem Besuch des Baumwipfelpfades, der einen
herrlichen Ausblick über dieses Waldgebiet ermöglicht,
machte ich mich von Ebrach aus auf den Weg in den
Wald. Ich wollte das Naturwaldreservat Waldhaus erkunden.
Die Wanderung führte zunächst am Handtaler
Graben entlang, bis dieser sich am südlichen Rand des
Reservates aufteilt. Mehrere Teiche werden in diesem
Tal aufgestaut. Sie dienen der Fischzucht und gleichzeitig
als Rückzugsgebiete für Feuchtraumbewohner wie
zum Beispiel Amphibien und Libellen. Die ersten Teiche
hatte ich bereits hinter mir gelassen, als plötzlich ein
Bundspecht vor meinen Augen in etwa sechs Metern
Höhe über den Waldweg fl og und unter dem Blätterdach
verschwand. Ich war sofort hellwach und zog
meinen Fotoaparat aus der Brusttasche. Gleichzeitig
suchte ich die Baumregionen über mir ab um herauszufi
nden, wo sich der Kerl nun befi nden würde.
Seite 109
Gleichzeitig hörte ich ein zartes Piepsen. Da wird doch
nicht etwa Nachwuchs sein, dachte ich. Welch ein
Glück, ich hatte tatsächlich eine bewohnte Spechthöhle
gefunden. Sie befand sich seitlich des Weges und so
konnte ich den Prachtkerl sehen, wie er fest am Stamm
geklammert seine Jungen fütterte. Jetzt noch ganz
vorsichtig die Kamera anheben und zack, da war der
Bundspecht bereits im Kasten. Etwa eine halbe Stunde
später erreichte ich einen Waldteich. Herrlich spiegelten
sich die Bäume auf der Wasseroberfläche, während
über mir ein Bussard kreiste.
110 Seite
Ich war bald im Zentrum des Naturwaldreservates angekommen.
Mächtige Buchen türmten sich vor mir auf und
verdeckten dabei den Himmel fast gänzlich. Ich blickte
hinauf in ein üppiges Grün der Blätter, die gerade im
Frühling den Wald so schön einfärben und mit Hilfe
der Sonne zusätzliche Wärme ausstrahlen. Teilweise
waren die alten Urwaldriesen bereits umgekippt. Doch
was sich an diesen selten gewordenen Orten entdecken
lässt, zeigt, dass seltene Arten auch wieder zurückkommen,
wenn man auf Teilfl ächen den Wald aus der
Nutzung nimmt. Bei genauem Hinsehen fi elen mir von
weitem bereits weiße Flecken auf, die sich am Stamm
festgesetzt hatten. Es waren Stachelbärte, die nur auf
absterbenden Baumstämmen wachsen. Daher gelten
diese Pilze auch als Zeiger für naturnahe Wälder.
Seite 111
Auch in den Wiesentälern und an Fließgewässern tummelt
sich das Leben. So bieten Feuchtlebensräume entlang der
Aurach wie im oben gezeigten Tretzendorfer Weiher seltenen
Amphibien eine Heimat. Gerade aufgrund der immer
wärmer und trockener werdenden Sommermonate werden
diese Feuchtgebiete für die Natur zunehmend wichtiger.
Eine weitere Wanderung führte mich in das Naturschutzgebiet
Weilersbach. Das langgestreckte Tal, das
man über Obersteinbach erreicht, schlängelt sich etwa
sieben Kilometer lang durch den nördlichen Steigerwald.
Es läd somit zu einer ausgiebigen Wanderung ein. Hinweisschilder
erläutern uns die Naturwunder, die sich hier finden
lassen. Zum Beispiel das unten gezeigte Schwefelvögelchen.
Seine Raupen ernähren sich von Sauerampfer-Arten,
insbesondere vom Wiesen-Sauerampfer, an deren Basis
sie auch überwintern. Am Ende war ich froh, dieses besondere
Tal besucht zu haben.
112 Seite
Seite 113
114 Seite
Am Main entlang
Mai 2015
Für unser Vorhaben, mit dem Rad die Fränkische Schweiz zu durchqueren, war ein wenig Training
nötig. Denn für das geplante Auf und Ab in dieser Region konnte ein wenig Kondition nicht
schaden. Natürlich freute ich mich auch darauf, endlich mein neues Rad testen zu können.
Schon vor der Bahnfahrt erlebten wir leider unsere erste
Überraschung. Jan holte sich bereits in der Unterführung
in Partenstein einen Platten. Schnell wurde vor
dem ankommenden Zug der Schlauch gewechselt. Zum
Glück hatte dieser ein paar Minuten Verspätung. Für
solche Gelegenheiten habe ich für jede Radgröße einen
Ersatzschlauch im Rucksack und wie man an diesem
Tag sehen konnte, war dies eine gute Idee.
denn draußen war es noch recht ungemütlich. Erst am Nachmittag war schönes Wetter
gemeldet. In Kitzingen angekommen, radelten wir den vom letzten Jahr bereits
bekannten Weg durch die Altstadt hinunter zum Main. Wir passierten Fußballplätze
und Schrebergärten entlang der Strecke, während uns ein unangenehmer Wind
entgegenblies. Bald erreichten wir Marktbreit. Größere Anbaufl ächen für Spargel
und Kartoffeln füllen die Freifl ächen hier im Maintal. Gleich daneben stehen einige
Gewächshäuser. Ein Zeichen, dass der Boden hier am Mainknie eine gute Qualität
besitzt.
Auch die beiden Mantelheber sind hierzu nützlich. Sie
beschleunigen das Lösen des Mantels von der Felge.
Zuletzt zog ich den neuen Schlauch ein und fixierte
das Vorderrad wieder mit den Schnellspannern am
Rahmen. Jetzt noch fi x aufpumpen und fertig. Jan
beobachtete das Ganze und staunte nicht schlecht, als
er sein repariertes Rad wieder in Händen hielt. Im Zug
eingestiegen freuten wir uns über das warme Abteil,
Seite 115
In der Sanderau, einem
Stadtteil von Würzburg
angekommen, war der
Würzburger Marathon
bereits voll im Gange, der
an diesem Tag stattfand.
Mit unseren Rädern
suchten wir nun einen
Weg jenseits der Absperrungen
in die Innenstadt.
Würzburg gilt auch als
Stadt der Kirchen. Etwa
70 Stück lassen sich zählen.
Ihre Türme überragen
die Altstadt. Sie sind
am besten von oben zu
sehen, zum Beispiel wenn
man vom Stein oder von
der Marienburg über die
Dächer blickt.
Der Radweg führte uns weiter nach Ochsenfurt. Hier waren wir schon ein paar Mal
gewesen und wir erinnerten uns an ein schnuckeliges Örtchen in der Fußgängerzone.
Dort befand sich ein gemütliches Kaffee, in dem wir uns aufwärmen wollten.
Im Kaffee lernten wir dann, dass Blotskuchen und Blots nicht dasselbe ist. Jedenfalls
heißt hier in Ochsenfurt Blotskucha Käseblots. Wenig später saßen wir wieder in den
Sätteln und radelten noch an einem Flohmarkt vorbei, bevor wir Ochsenfurt wieder
hinter uns ließen.
Mittlerweile hatten die Wolken ihre Farbe geändert.
Vom anfänglichen Grau, waren sie gegen Mittag weiß
geworden. Als wir in Richtung Würzbug fuhren, kamen
immer mehr blaue Felder dazu. Die Sonnenstrahlen
durchdrangen nun die Mainauen und der grüne Uferbewuchs
erfreute unsere Augen. Bald hatten wir Sommerhausen
und Eibelstadt hinter uns gelassen und radelten
auf der rechten Mainseite in Randersacker ein.
116 Seite
Eine der bekanntesten Kirchen ist der Würzburger
Kiliansdom. Hier war eine kurze Rast angesagt. Dabei
genossen wir ein Eis und schauten den Läufern zu. Das
Treiben in den Straßen der Innenstadt ist für uns immer
ein Erlebnis und wir genießen es, die vielen Menschen
zu beobachten.
Von der alten Mainbrücke aus blickten wir noch einmal
zurück zum Dom und ich musste einen Moment an die
Legende des Heiligen Kilian denken, dessen Grab sich
vor dem Dombau in der kleinen Marienkirche auf der
Marienburg befand.
Diese Festung Marienburg erhebt sich auf der gegenüberliegenden
Seite über den Main und gilt ebenfalls
als eines der Wahrzeichen der Stadt. Bis 2027 soll dort
das neue „Museum für Franken“ entstehen.
Seite 117
Unbedingt sollte man in Würzburg die Residenz sehen.
Während der Franconiabrunnen mit der Patronin
Frankens den Residenzplatz schmückt, verschönert
der Hofgarten den hinteren Bereich der Anlage. Er wird
durch die noch erhaltene Stadtmauer begrenzt. Bereits
Balthasar Neumann hatte die Idee, diese Bastion an
der Stadtmauer mit in die Gartengestaltung einzubeziehen.
Ein Glück für heutige Spaziergänger, denn ihnen
wird so ein herrlicher Blick über Garten, Schloss und
Teile der Stadt ermöglicht. Symmetrische Treppenanlagen
führen zum Ausblick hinauf, wobei auf halber Höhe
eine Terrasse eingefügt wurde. Daneben können neben
vielen Skulpturen auch hunderte von alten Rosensorten
bestaunt werden.
Die Residenz selber ist UNESCO-Welterbe. Der barocke
Bau am Rande von Würzburgs Innenstadt wurde
1720 begonnen und bis 1744 vollendet. Die Innenausstattung
wurde unter der Regie von Balthasar Neumann
bis 1781 fertiggestellt. Das prunkvolle Schloss diente
bis zur Auflösung der geistlichen Territorien durch die
Säkularisation als Sitz der Würzburger Fürstbischöfe.
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Im Reich der Pilze
September 2019
Der Irtenberger Forst liegt keine vier Kilometer vom Würzburger Stadtzentrum entfernt. Er ist
somit über die Löwenbrücke etwa in einer Stunde zu Fuß erreichbar. Eine gute Gelegenheit für
einen Sonntagsspatziergang in Bayerns erstem Pilzschutzgebiet, um das Leben dieser Lebensform
näher kennenzulernen.
Im Mai 2019 wurde ein etwa ein Hektar großes Gebiet,
das sich im Irtenberger Forst befindet und nörtlich des
Naturschutzgebiets Blutsee-Moor liegt, zum ersten Pilzschutzgebiet
in Bayern erklärt. Man geht davon aus, dass
dort etwa 500 Pilzarten wachsen. Pilze, die nach heutiger
Kenntnis näher mit den Tieren verwandt sind als wie
zunächst vermutet mit den Pflanzen. Sie bilden somit ein
eigenes Reich in der Natur mit erstaunlichen Eigenschaften.
Pilze sind ähnlich wie Pflanzen sesshaft, können aber
im Unterschied zu diesen keine Photosynthese betreiben
und müssen sich ähnlich wie Tiere durch Aufnahme
von organischer Substanz ernähren. Dabei nehmen die
weltweit 120.000 Pilzarten etwa fünf bis acht Prozent der
Artenvielfalt ein. Der sichtbare Fruchtkörper ist aber nur
ein Teil des Pilzes. Der eigentliche Pilz ist jedoch das feine
Mycel, ein meist unsichtbares Geflecht aus Hyphen, das
sich im Boden oder bei Baumpilzen im Holz befindet.
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Baumschwamm,
Schwefelköpfchen
Goldgelber Ziegenbart,
und Steinpilz (im
Urzeigersinn) sind vier
Beispiele aus dem
Reich der Pilze, die
sie im Herbst fi nden
können.
120 Seite
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122 Seite
Von Würzburg nach Lohr
August 2015
Die Sommerferien hatten bereits angefangen und die Temperaturen waren für das Wochenende
nicht ganz so heiß gemeldet. Was sprach also dagegen, einen weitern Abschnitt des Mains zu
befahren.
Der Sonntagmorgen begann, wie es der Wetterbericht vorausgesagt
hatte. Es war nicht zu warm, aber doch sonnig.
Die Begeisterung der Familie hielt sich jedoch in Grenzen.
Genau genommen hatte keiner so richtig Lust außer Papa.
Nachdem auch Kerstin für die Radtour Partei ergriffen hatte,
konnten auch Jan und Lena überzeugt werden. Bald saßen
wir im Zug und unterhielten uns über den bevorstehenden
Urlaub. Dabei schauten alle eher teilnahmslos aus den
Fenstern. Die Kinder tippten begeistert vor sich hin, als ich
plötzlich mit einem lauten NEIN für Aufmerksamkeit sorgte.
Ich hatte meine Kamera vergessen. Das konnte ja
heiter werden. Zusätzlich entstand in Jans Kopf die
glorreiche Idee auf dem Rückweg bereits in Karlstadt
wieder in den Zug einzusteigen, was die Strecke um
die Hälfte verkürzen würde. Meine Mundwinkel fi elen
merklich nach unten. Gestöhne beim Rest.
Ankunft Würzburg HBF: Der Vorplatz des Bahnhofs war
gut besucht. Die Sonne schien und wir traten sogleich in
die Pedalen. Wir radelten über die Friedensbrücke und
anschließend nach rechts in Richtung Mainaustraße am
Kilianifestplatz vorbei.
Direkt am Kloster unter dem Zeller Berg führte der Radweg
an der langen Klostermauer entlang. Rechts von uns wächst
saftiges Grün. In Margetshöchheim angekommen, erwartete
uns Feststimmung direkt neben dem Main. Wir trafen einen
Arbeitskollegen, der uns über das Fest in seinem Wohnort
näher informierte. Da er hier wohnt, hatte er sozusagen ein
„Heimspiel“, was er recht lustig fand. Nach einer kurzen Rast
fuhren wir weiter. Wir kamen an Erlabrunn vorbei und radelten
anschließend durch Zellingen. Der schöne Mainabschnitt
ermöglichte Ausblicke auf die rechtsmainischen Weinberge
und das Fortbildungszentrum Benediktushöhe.
Seite 123
Während ich noch in Gedanken noch in den Weinbergen
unterwegs war, fiel in Himmelstadt die endgültige
Entscheidung. „Wir nehmen in Kascht den Zug“, riefen sich
die Kinder strahlend zu, während in mir die Idee reifte in
diesem Fall alleine weiter zu fahren. So schnell wollte ich
die Radtour nicht enden lassen. Auch Kerstin war mit dem
Vorschlag zufrieden.
Auf dem Weg nach Karlstadt kamen wir noch in Laudenbach
vorbei, während sich links über uns der erste von
mehreren steilen Kalkfelsen erhebt. Sie prägen diesen
Mainabschnitt um die Kreisstadt des Landkreises Main-
Spessart. Darüber thront die Ruine Karlburg mit ihren
hellgrauen Außenmauern, von der man einen herrlichen
Blick über das Maintal hat.
Durch die Weinberge
kann man zum Beispiel
von Thüngersheim oder
von Retzbach aus
wandern. Die Steilhänge
ermöglichen nicht nur
herrliche Ausblicke über
den Main. Kombinierbar
ist dies auch mit einer
Weinprobe, die lokal
angeboten wird.
124 Seite
Wir fuhren über die Brücke und durch den hohen Katzenturm
in die Altstadt bis zum Marktplatz. Nun hatten wir uns
ein Eis aber wirklich verdient.
An dieser Stelle muss ich noch einmal erwähnen, dass ich
an diesem Tag meinen Foto vergessen hatte. Die Bilder
die hier gezeigt werden, entstanden zu einem späteren
Zeitpunkt Mitte November.
Seite 125
Am Marktplatz vor dem historischen Rathaus mit seinen
Treppengiebeln rasteten wir eine Weile und bewunderten
die Fachwerkäuser in der Innenstadt. Sie sind von außergewöhnlicher
Schönheit.
durch den Torbogen der Stadtmauer hinüber zur Karlburg.
Am Main angekommen, radelte ich alleine weiter in Richtung
Gemünden. am Main entlang.
Nach dem Eisessen verabschiedete ich mich von der Familie.
Sie fuhren hinüber zum Bahnhof. Ich ging mit meinem
Rad die Maingasse hinunter und schaute noch einmal
126 Seite
Von nun an war ich auf der rechten Mainseite unterwegs.
Peinlich musste ich mir nun zugestehen, dass ich zwar keine
30 Kilometer von zuhause weg war, jedoch diesen Abschnitt
bis nach Gemünden noch nie mit dem Rad gefahren war.
Um so besser gefiel es mir. Bei Gambach sah ich rechts
über mir das Edelweiß in der Sonne blitzen. Auch dort oben
war ich schon oft gewesen. Man hat von der Steilkante
aus einen grandiosen Ausblick hinunter auf den Main, auf
Karlburg und auf den gegenüberliegenden Mäusberg.
Ich radelte weiter an der Schleuse von Harrbach vorbei
und war bald wieder von Wald umgeben. Denn hier
beginnt nicht nur der Spessart, sondern mit ihm auch der
Bundsandstein. In Kleinwernfeld wechselte ich erneut
die Mainseite. Die Mittagssonne brannte senkrecht auf
meinen Radhelm und der schwarze Asphalt strahlte die
Wärme zusätzlich zurück. Der lange Mainbogen zog sich
nun, denn ich merkte die hinter mir liegenden Kilometer in
meinen Beinen. Mein Blick wanderte über den Main und
ich sah einen Zug auf der anderen Seite vorbeifahren.
„Dort könnte meine Familie drinsitzen“, dachte ich.
Vom Edelweis, das man
über Gambach oder
Karlstadt erreichen kann,
hat man herrliche
Ausblicke über den Main.
Seite 127
bergab. Nun hieß es die Räder laufen lassen und durchatmen.
Ich fuhr ich an der Roten Mühle vorbei und erreichte
das Libellenbiotop. „Mein schönes Lohrtal“, dachte ich.
Wie jedesmal, wenn ich nach Lohr fahre, ging mir auch an
diesem Tag ein weiterer Gedanke durch den Kopf: „Ob der
Radweg im Tal in die Stadt Lohr wohl irgendwann fertig
werden wird?“. Die blaue Brücke an der Gemarkungsgrenze
zwischen Lohr und Partenstein überfuhr ich mit
einer schnellen rechts-links-Kurvenkombination. Am Ende
strampelte ich noch den steilen Leheweg hoch und war
ziemlich müde, als ich zu Hause ankam. Die anderen drei
Räder standen bereits vor der Haustür.
Ich erreichte Hofstetten und ein gewohntes Bild breitete sich
vor meinem Lenker aus. Viele Male waren wir diese Strecke
bereits mit den Inlinern gefahren. Dazu hatten wir unser
Auto an der Einfahrt unter der Ruine Schönrain geparkt und
waren auf dem feinen Teer in Richtung Hofstetten entlang
gefahren. Die Strecke nahm jetzt schnell ab, denn der Teer
ist hier von besonders feiner Struktur. Ich schaute kurz
hoch zur Ruine. Bald tauchte Steinbach auf. Anschließend
am Horizont der Lohrer Kirchturm. Ich bog nach rechts
ab und fuhr auf die Mainbrücke. „Fast geschafft“, dachte
ich. Nun ging es noch vorbei am Zob und am Lohrbach
entlang. Der Radweg durchquert die Wörde und führt über
den Eisenhammer nach Partenstein. Die bekannte Strecke
über den Eisenhammer hoch zum Steintalerhof fährt mein
Rad eigentlich wie von selber. Es ist die tägliche Strecke zu
meinem Arbeitsplatz in Lohr. Nur noch eine letzte Steigung,
dann ging es hinein in den Spessartwald und anschließend
Blick von der Burg
Partenstein hinab in
meinen Heimatort.
128 Seite
Familienradeln durch die Spessartwiesen
300
250
200
Höhenprofi l:
5km 10km 14km
Wir starten am Rathaus in Partenstein und fahren durch
das Viadukt in die Buchsiedlung. An der Einmündung in
den Schneidweg führt der Radweg am Kepplerskanal
entlang in Richtung Krommenthal.
Die Schotterstraße verläuft durch den Wald und hat nur
wenig Steigung. Sie bietet eine gute Gelegenheit, mit
Kindern eine Radtour zu machen. Ein kurzer Anstieg ist
lediglich vor Krommenthal zu überwinden.
Route:
Partenstein - Krommenthal - Wiesthal - Habichsthal.
Die Strecke führt auf Schotterstraßen durch den Wald
am Aubach entlang
Distanz: 14 Kilometer und 140 Hm (einfach)
Seite 129
Die anschließende Abfahrt lässt die Räder bis zur
Staatsstraße hinunterrollen. Dieser muss man dann
etwa 100 Meter folgen und anschließend nach rechts
abbiegen.
Am Bachlauf geht es angenehm weiter durch das
Naturschutzgebiet Spessartwiesen bis nach Wiesthal.
Am Ortsausgang muss dann noch einmal ein letzter Anstieg
gemeistert werden. Danach kann man gemütlich
weiter bis zu den Aubachseen radeln.
Die bewirtschaftete Fischerhütte lädt anschließend
zur Einkehr ein. Ein kleiner Spielplatz daneben und
die Seen weiter unten im Tal sorgen für die nötige
Abwechslung.
Oben:
Zum Entspannen
Kaulquappen fangen.
Für die Kinder ein
Riesenspaß.
Die Aubachseen bieten
eine ideale Gelegenheit
für eine Pause.
130 Seite
Am Oberen Main
Orte, von denen man
weit über das
Umland schauen
konnte, wie zum
Beispiel von der
Giechburg östlich
von Bamberg oder
wie vom Staffelberg
bei Staffelstein,
haben die Menschen
schon immer fasziniert.
Dort fanden sie
Schutz vor herannahenden
Feinden.
Seite 131
Der Main ist die Lebensader der Region und seiner Menschen. Wenn man den Fluss
entgegengesetzt seiner Fließrichtung betrachtet, so teilt er sich zwei mal in etwa
gleich große „Adern“ auf. Das eine Mal in Bamberg, hier trifft der Rhein-Main-Donau
Kanal auf den Oberen Main, und das andere Mal in Kulmbach, dort fließt der Rote
mit dem Weißen Main zusammen. Der RMD-Kanal, der 1992 fertiggestellt wurde, ist
eine künstliche Wasserstraße, die den Main über die Altmühl mit der Donau verbindet
und so die Nordsee mit dem Schwarzen Meer. Er verkürzt die Schiffsroute von
Südeuropa in den Norden und spart dadurch Zeit und Treibstoff. Die technischen
Herausforderungen zur Realisierung des Kanals waren aber gigantisch. Die Idee
dieser kürzeren Verbindung wurde bereits von Karl dem Großen in Angriff genommen.
Doch bevor wir im späteren Verlauf des Buches diesem ersten Kanalabschnitt
in Mittelfranken einen Besuch abstatten, wollen wir den natürlichen Mainverlauf bis
zur Weißmainquelle erkunden. Sie liegt hoch oben im Fichtelgebirge. Um sie zu
erreichen, ist vorher die Durchquerung Oberfrankens nötig. Eine Aufgabe, die wir mit
dem Rad umsetzen wollten.
Eine Radtour entlang des Oberen Mains bietet gleichzeitig die Möglichkeit, den Fluss in
seiner Ursprünglichkeit besser kennenzulernen, denn oberhalb von Bamberg befinden
sich keine Staustufen mehr. Gleichzeitig begegnet man vielen kulturellen Besonderheiten
wie einer alten Bierbraukunst und einem eindrucksvollen Einblick in unsere Geschichte.
132 Seite
Mainradweg Teil 3
Seite 133
Die Route
Mit der Bahn fahren wir zunächst nach Bayreuth. Von dort aus geht es mit dem Rad am
Roten Main entlang bis nach Kulmbach. Anschließend erkunde ich noch vor dem Frühstück
alleine das Weißmaintal und muss dabei bis hinauf nach Bischofsgrün kräftig in die
Pedalen treten, was mich aber nicht wundert, denn der Ort liegt ja im Fichtelgebirge.
Zurück in Kulmbach fahren wir gemeinsam
weiter über Bad Staffelstein bis nach Bamberg.
Bis hierher hat der Main, der in Bamberg
mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal zusammenfl
ießt, bereits eine Höhendifferenz von etwa 600
Metern überwunden. Die Hälfte davon fällt auf
den ersten 12 Kilometern an. Es ist ein erster
Hinweis darauf, dass man das Fichtelgebirge
nicht unterschätzen sollte.
134 Seite
Von Bayreuth nach Bamberg
Mai 2012
Bamberg lag hinter uns. Wir saßen im Zug der dem Oberen Main bis nach Kulmbach und weiter
nach Bayreuth folgte. Durch das Fenster konnte man bald den Staffelberg sehen, der weit über das
Maintal hinausragt. Schräg gegenüber auf der anderen Mainseite das Kloster Banz. Die Sonne
strahlte vom Himmel und die Vorfreude aufs radeln stieg.
Nach der Zugfahrt machten wir die Räder am Bahnhof
in Bayreuth startklar und starteten geradewegs in die
Innenstadt. Von dort aus wollten wir uns orientieren und
unsere Fahrradtour beginnen. Nach der Fußgängerzone
ging es parallel zur Hindenburgstraße bereits am
Roten Main entlang in Richtung Kulmbach.
Die ersten Windungen auf dem Fahrradweg genossen
wir in vollen Zügen. Wir waren froh wieder „on Tour“ zu
sein und sammelten die Eindrücke hinter jeder Biegung
auf. Das ständige Wechselspiel zwischen schmucken
Dörfern und der Natur im Maintal hob die Stimmung.
Zusätzlich war auch noch das Wetter fabelhaft.
Hinter Altenplos ging es nach Dreschenau und Neudrosselfeld.
Es wurde Zeit für eine Mittagspause. Frischkäse,
Paprika und Schinken hatten wir von zu Hause mitgebracht.
Was fehlte waren nur noch frische Brötchen. An
der Bergmühle machten wir kurz Halt, während ich in der
Ortsmitte eine Bäckerei aufsuchte.
Seite 135
Eine gepflasterte Straße führte bergauf zum Ortskern.
Mit zwei frischen Weißbroten beladen fuhr ich wieder
hinab und wir suchten eine Bank für unser Vesper.
Am Ortsausgang fanden wir dann ein gemütliches
Plätzchen inklusive Brünnchen. Ein perfekter Ort,
dachten wir und packten unsere Verpflegung aus. Die
Kinder waren noch am Kauen, da packte sie bereits der
Spieltrieb und der Brunnen musste genauestens inspiziert
werden. Ausruhen war nicht. Auch beim nächsten
Halt sorgte eine Wasserschnecke für Abwechslung. Im
Alter ab zehn Jahren ist die Energie schier grenzenlos.
Wir saßen nebenan und beobachteten das Ganze mit
Freude. Es gibt nichts Schöneres als den Kindern beim
Spielen zuzuschauen.
136 Seite
Nicht nur den
Kindern gefallen
bunte Blumen. Vor
allem unsere Bienen
finden hier Nahrung.
An den Mohn- und
Kornblumen sieht
man gut, wie ein
Feld bewirtschaftet
wird. Intensiv oder
eher nachhaltig bzw.
extensiv.
Seite 137
Bald erreichten wir Kulmbach. Seit Melkendorf ging
es nur noch bergab und wir rollten geradewegs in die
Altstadt hinein. Nach wenigen Minuten standen wir
am Marktplatz direkt unter der Plassenburg. Bei diesem
Wetter musste ein Eisbecher her, der an einem
solchen Tag besonders gut schmeckt.
Nach dem leckeren Eis mussten wir eine Unterkunft
finden. Im Hotel Ertl bekamen wir ein schönes Zimmer
und stellten unser Gepäck und die Räder dort ab. Frisch
geduscht waren wir bereits nach einer halben Stunde
wieder auf dem Weg in die Innenstadt. Nun ging es
hinauf zur Plassenburg.
138 Seite
Der kurze Anstieg führte uns am roten Turm vorbei. Als Teil
der alten Stadtbefestigung liegt er direkt unter der Festung.
Wenige Minuten später standen wir bereits auf dem großen
runden Mauervorbau der Plassenburg, von wo sich ein
herrlicher Ausblick auf Kulmach und das Maintal bietet. Im
Inneren der Anlage mit ihrem beeindruckenden Rundgang,
ist das Landschaftsmuseum untergebracht.
Die Plassenburg in
Kulmbach ermöglicht
weite Ausblicke über
das Maintal.
Seite 139
140 Seite
Am nächsten Morgen stand ich um 4 Uhr auf. Ich wollte
einen Ausflug nach Bischofsgrün machen, um auch mit
dem Rad einmal im Fichtelgebirge unterwegs gewesen
zu sein. Das Vorhaben ist ein Teil der Idee, von zu Hause
aus auf den höchsten Berg Frankens zu steigen und
die Strecke bis dorthin ausschließlich mit Muskelkraft zu
überwinden. Die Idee nahm nun so langsam Formen an.
Ich startete also, während alle noch schliefen, und fuhr in
Richtung Bad Berneck los. Gleich hinter Kauerndorf bog
mein Weg nach rechts ab. Dem Weißen Main folgend,
fuhr ich durch dieses schöne Tal und durchquerte kleine
Dörfer, die sich wie Perlen an einer Schnur entlang des
Mains hintereinanderreihen. Ich erreichte Weizendorf, danach
kam Himmelkron und Lanzendorf. Dort sah ich eine
schöne alte Sandsteinbrücke, die den Main überspannt.
Ich erreichte bald die A9, die überquert werden musste.
In der Mitte der Brücke angelangt schaute ich hinab auf
die unendlich dahinströmende Blechlawine, die bereits in
dieser frühen Morgenstunde eine schaurige Erinnerung
in meinem Gedächtnis hinterließ. Doch nach einer halben
Minute hatte ich die Lebensader unserer Zivilisation hinter
mir gelassen. Wie schön war es doch, die Stille auf dem
Rad wieder zu haben, das Summen der Reifen, während
die Vögel um mich herum den Morgen ankündigen.
Nach 25 km ging es ab Bad Berneck dann noch einmal
zur Sache. Der Weg bis nach Bischofsgrün ging stetig
bergauf. Auf den 12 km bis in den Ort waren ganze 300
Höhenmeter zu bewältigen und meine Oberschenkel kamen
gehörig ins Schwitzen. Ich erreichte Bischofsgrün bei
strömendem Regen und drehte daher gleich wieder um.
Doch gleichzeitig durchdrang mich ein kurzer Augenblick
lang ein Gefühl der Befriedigung, denn in diesem Augenblick
war ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen.
Seite 141
Bereits an Ostern waren wir von Bischofsgrün aus auf den
Schneeberg gelaufen und anschließend zur Weißmainquelle
aufgestiegen. Der Schnee hatte die Quelle und den
Weißmainfelsen über die Feiertage in eine märchenhafte
Landschaft verwandelt und uns Wanderer gehörig
überrascht. Wie bereits am Anfang des Kapitels gesagt,
sollte man das Fichtelgebirge nicht unterschätzen. Doch
davon später. An diesem Morgen jedenfalls, als ich mit
dem Rad am Ortsschild von Bischofsgrün stand, waren
die Aussichten auf die umliegenden Berge eher düster.
Nebelverhangen zeigte sich das Gebirge von seiner
unangenehmen Seite und so fuhr ich auf nassem Belag
zurück nach Bad Berneck und halbwegs trocken weiter
nach Kulmbach zurück. Am Ende war ich pünktlich zum
Frühstück wieder im Hotel. Ich genoss nun die zweistündige
Pause während des Frühstücks. Doch bereits nach
zwei Stunden radelten wir jetzt wieder zu viert weiter über
Mainroth nach Burgkunstadt. Nach einer Kaffeepause und
einem Bad im Rudufer See erreichten wir Michelau, unser
nächstes Etappenziel. Noch am Morgen hatte ich mächtig
gefroren, denn der Fahrtwind hatte mir den Regen in die
Schuhe gedrückt. Am Nachmittag dann lagen wir bei
Badewetter kurz vor Michelau am Strand und schwitzten.
Die zweite Etappe unserer Radtour war geschafft.
142 Seite
Am nächsten Tag
strampelten wir nach
einem Besuch der
Lichtenfelser Altstadt
zu den Vierzehnheiligen
hinauf. Ein
schöner aber
anstrengender
Anstieg ;-). Neben
dem gut besuchten
Kloster, das mit
seinen schönen
Fassaden Bildhauerkünste
in Vollendung
zeigt, waren wir vor
allem vom großartigen
Ausblick hinunter
ins Maintal
begeistert.
Seite 143
Nach dem Klosterbesuch freuten sich vor allem die
Kinder über die Abfahrt hinunter nach Grundfeld mit dem
nächsten Kloster direkt vor Augen. Vom Radweg aus war
Kloster Banz dann etwas deutlicher erkennbar und ich
dachte noch, welche Anstrengungen man doch unternahm,
um dem keltischen Heiligtum auf dem gegenüberliegenden
Staffelstein einst paroli zu bieten.
In Bad Staffelstein gönnten wir uns einen dreistündigen
Aufenthalt in der dortigen Obermain-Therme. Die wärmste
und stärkste Thermalsole in ganz Bayern tat unseren
Muskeln gut. Ein abschließender Saunagang sorgte für
zusätzliche Erholung. Nach dieser „Jungbrunnenpause“
meisterten wir das letzte Stück nach Ebensfeld mit Leichtigkeit.
Von unserer Unterkunft waren wir ebenso begeistert
wie vom frisch gebrauten Schwanenbier, das wir am Abend
in der Pizzeria zum Abschluss genießen konnten.
Der Main sorgt immer
wieder für Weitblicke.
Zwischen Kulmbach
und Bamberg windet
er sich gemächlich
dahin. Bei Unterbrunn
hat man ihm mit
Renaturierungsmaßnahmen
wieder mehr
Raum gebeben.
144 Seite
An einigen Stellen am
Oberen Main glaubt
man am Meer zu sein.
Die Felsen und das
Kiesbett bilden einen
natürlichen Lebensraum
für viele Lebewesen.
Die steinige
Uferzohne, die sich im
blauen Mainwasser
spiegelt, strahlt aber
gleichzeitig eine
stoische Ruhe aus.
Dieses ruhige Gemüt
besitzen auch die
Menschen, die entlang
des Flusses leben.
Seite 145
Der letzte Tag führte uns über eine abgelegene
Landstraße nach Rattelsdorf. Es war ein Rat unseres
Pensionswirtes, den wir befolgten, den der Routenverlauf
in unserem Radführer hatte einen anderen Weg
vorgeschlagen. Es war jedoch ein guter Tip wie sich
herausstellte. Denn so konnten wir noch einmal weit
über das Maintal und die Altarmseen hinüberschauen.
Am Straßenrand blühten dazu Kornblumen im herrlichsten
Blau. Auch die Sonne ließ uns an diesem letzten
Tag nicht im Stich. Überrascht wurden wir von zwei
Kanadagänsen, die ihren Flug über einen Altwasserarm
des Mains starteten. Sie konnten wir direkt vom Radweg
aus beobachten. Anscheinend hatten wir sie beim
Fressen gestört, denn nach einer kurzen Flugphase
landeten sie auf der gegenüberliegenden Seite des
Gewässers in sicherem Abstand von uns.
146 Seite
Flüsse wie der Main
durchdringen weiträumig
unsere Landschaften
und vernetzen so
unsere Lebensräume.
Doch der Mensch hat
die Flussläufe begradigt
und sie durch
Bauwerke zerschnitten.
Am Oberlauf des Mains
wurde jedoch durch
Renaturierungsmaßnahmen
wieder mehr
Lebensraum für die
Natur geschaffen.
Seite 147
Hinter Kemmern rasteten wir noch einmal kurz an
einem schönen See. Ein abgestorbener Baum ragte
aus dem Wasser und bildete einen willkommenen
Blickfang.
Nach einigen weiteren Schnappschüssen am Ufer zog
ein Fischreiher über unsere Köpfe hinweg. Es kam mir
vor, als wollte er „auf Wiedersehen“ sagen.
Keine Sorge, dachte ich so bei mir, wir kommen bestimmt
irgendwann mal wieder hierher zurück.
148 Seite
Seite 149
150 Seite
Nach dem Besuch der Mainauen bei Baunach ging es
weiter direkt auf Bamberg zu. Dort angekommen wollten
wir nun unseren Gesäßen etwas ruhe gönnen und
beschlossen, zu Fuß durch die Innenstadt zu laufen.
Dies war genau die richtige Entscheidung. Wir überquerten
den Main-Donau-Kanal auf der Luitpoltbrücke
mit ihren großen Stahlbögen und liefen über die Lange
Straße dem alten Kranen entgegen. Hier, am alten
Hafen direkt an der Regnitz, genossen wir das so
genannte „klein Venedig“ in der Abendsonne. Es war
mächtig was los auf der unteren Brücke. Hier trifft sich
die Jugend, um das Abendprogramm zu besprechen.
In unmittelbarer Nachbarschaft befi ndet sich das alte
Rathaus. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der
historischen Innenstadt. Das schöne Fachwerkgebäude
wurde auf einer kleinen Insel mitten auf der Regnitz
errichtet. Es liegt somit genau am Bindeglied von
Berg- und Inselstadt. Seine Lage zeugt von der alten
Herrschaftsgrenze zwischen der ehemals bischöfl i-
chen Bergfestung und der aufstrebenden bürgerlichen
Inselstadt. Wie in Würzburg wird auch hier in Bamberg
die Machtpolitik des ausgehenden Mittelalters zwischen
Kirche und Bürgertum sichtbar. 1387 wurde das
Rathaus erstmals urkundlich erwähnt und bis 1467 in
seiner heutigen Gestalt fertiggestellt.
Seite 151
Vor dem alten Kran saßen wir zum Abschluss des Tages
auf einer Bank. Im Schein der untergehenden Sonne
genossen wir frisches Weißbrot mit Käse, Tomaten und
Gurken, ein Hochgenuss. Das Abendlicht ließ die Türme
von St. Michael in einer traumhaften Siluette erscheinen.
Enten schnatterten direkt unter uns in der Regnitz,
während junge Pärchen an der Promenade des Schiffbauplatzes
vorbeiflanierten. Jan und Lena erzählten
ihre neuesten Geschichten, während wir den Abend mit
einem kühlen Bier verfeinerten.
Zwischen Ober- und Unterbrücke waren Stangen für
einen Kajakparcour aufgehängt, doch leider waren
keine Boote im Wasser. Uns zog es bald weiter zum
Domhügel hinauf. Oben angekommen war ein frisches
Lüftchen zu spüren. Mit unseren kurzen Hosen
begannen wir bald zu frieren und Müdigkeit kam auf.
Schließlich hatten wir ja schon den Mainradweg in den
Beinen. Langsam schlenderten wir wieder hinunter in
die Altstadt um zu übernachten. Am nächsten Tag war
ja noch ein Besuch von Schloss Seehof geplant.
- Abstecher zum Seehof
152 Seite
Schloss Seehof ist die ehemalige
Sommerresidenz und das Jagdschloss
der Bamberger Fürstbischöfe. Heute wird
es als Dienstsitz des Archäologischen
Instituts in Franken genutzt.
Seite 153
Das etwa fünf Kilometer nordöstlich von
Bamberg gelegene Schloss wird von
einem großen Garten umschlossen, der
im Stil des Rokoko angelegt wurde. Die
Fläche der gesamten Anlage mit dem
Garten umfasst etwa 21 Hektar.
154 Seite
Wandern im Fichtelgebirge
Wer durch das
Fichtelgebirge
wandert, entdeckt an
vielen Ecken eine
sagenhafte Landschaft.
Durch die
Felsblöcke zu laufen
befreit Seele und
Geist. Selbst unliebsame
Gedanken
verschwinden dabei
für kurze Zeit.
Seite 155
Das Fichtelgebirge wird im Allgemeinen den submontanen Bergmischwäldern
zugeordnet. Je nach Höhenzone und geologischen Gegebenheiten verändern sich
auch die Vegetationsformen. So kommen Fichte, Tanne, Buche und Bergahorn vor,
an regenarmen bis trockenen Standorten findet man außerdem die Kiefer. Neben
den Gesteinsarten Granit, Gneis, Basalt trifft man auch auf Phyllit und Porphyr.
In den Hochlagen des Fichtelgebirges herrscht ein raues und feuchtes Mittelgebirgsklima,
was die jährlichen Durchschnittstemperaturen auf etwa 5 Grad Celsius
sinken lässt. Die Niederschläge liegen dabei zwischen 800-1200 mm. Im inneren
„Hufeisen“ des Fichtelgebirges ist es aufgrund der Windschattenseite und der niedrigeren
Höhenlage etwa ein Grad wärmer und die Niederschäge sinken auf 550 bis
850 mm Jährlich.
Eine Wanderung im Fichtelgebirge bietet somit nicht nur die Möglichkeit, unterschiedliche
Gesteine und Vegetationszonen kennenzulernen, es ist daneben auch
überaus spannend, in den Felslabyrinthen auf- und abzusteigen. Vor allem für Kinder
sind die Felslandschaften ein Abenteuerspielplatz. Gründe genug, dem Fichtelgebirge
ab und an „aufs Dach zu steigen“.
156 Seite
Seite 157
Die Route
Nachdem wir auf unserer Osterwanderung über die Luisenburg und den Prinzenfelsen
von einem Wintereinbruch überrascht wurden, machte anschließend ein Besuch auf dem
Schneeberg seinem Namen alle Ehre.
Die beschriebenen Wanderungen sind überwiegend
Etappen auf dem Fränkischen Gebirgs
weg. Neben dem Schneebergmassiv und der
Ochsenkopfregion erkundeten wir auch den
Großen Waldstein und die Umgebung rund um
den Fichtelsee. Der Fränkische Gebirgsweg
zieht sich über die Höhen Oberfrankens. Er star
tet in Blankenstein an der Saale, durchquert den
Frankenwald und das Fichtelgebirge und abschließend die Fränkische Schweiz. In Hersbruck,
vor den Toren Nürnbergs, endet dieser 425 km lange Fernwanderweg.
158 Seite
Wenn der Winter zurückkommt
April 2012
Endlich war es wieder soweit. Ein verlängertes Wochenende über die Osterfeiertage stand bevor.
Wir hatten die Rucksäcke für eine Frühlingstour gepackt. Mit abgespeckter Wechselganitur
starteten wir ins Fichtelgebirge. Doch das Wetter erteilte uns eine Lehre.
Wir waren bereits nach der Schule gestartet und fuhren
auf der A70 nach Bamberg. Über die B 303 gelangten
wir schließlich nach Wunsiedel. An der Naturbühne
angekommen verließen wir den warmen Camper und
schauten ungläubig hinüber zu den Tannenwäldern des
Fichtelgebirges. Doch unser Ausgangspunkt war mit
Bedacht ausgewählt, denn wir wollten die runden Steine
Frankens sehen.
Die Felsformationen dieser Region bestehen unter
anderem aus Granit und sind vor etwa 240 Mio. Jahren
entstanden. Damals füllten sich die Hohlräume des dortigen
Grundgebirges mit Magma aus dem Erdinneren. Es
erstarrte unter der Erdoberfläche zu diesem harten Tiefengestein.
Nachdem das darüberliegende Schiefergestein
durch Oberflächenverwitterung abgetragen war, wurden
die Granitblöcke durch Klimatische Gegensätze geformt.
Seite 159
Die Gesteinsformung geschah dabei über lange Zeiträume,
in denen tropische Phasen mit dazwischenliegenden
Eiszeiten abwechselten. Mit der Zeit wurden so
die Steine an ihren Ecken „abgeschliffen“ und erhielten
ihre heutige runde Gestalt. Nachdem anschließend
das abgetragene Material ausgeschwemmt war,
versuchten die zurückgebliebenen Granitmonoliten ihre
neue Ballance zu fi nden, was zu den heute sichtbaren
schönen Formationen führte.
Einige dieser Felslandschaften wollten wir uns näher
anschauen. Das erste Ziel sollte die Luisenburg sein.
Dieses Felsenlabyrinth liegt nicht weit von Wunsiedel
entfernt und so standen wir nun vor unserer ersten
Etappe. Wir starteten mit der Besteigung des Kaiserfelsens.
Über urige Steige, Treppen und Tunnel ging es
hinauf auf die Aussichtskanzel.
160 Seite
Auf dem Weg nach oben erwartete uns hinter jeder
Ecke ein neues Abenteuer. Nach jeder Biegung waren
neue, noch schönere „Kieselsteine im Großformat“ zu
bewundern. Oben angekommen nahm uns leider der
Nebel die Aussicht und so kraxelten wir weiter zum
Burgsteinfelsen hinüber. Diesen kann man bereits seit
1790 über Holzstufen erreichen. Sogar Goethe soll die
Felsen hier oben schon bewundert haben. In dieser
spektakulären Umgebung bemerkten wir nicht, wie
schnell die Zeit verging und bald hatten wir unseren
Rundkurs auch schon beendet.
Seite 161
Klimatische Gegensätze
formten einst
diese Felsformationen,
die heute als Luisenburg
bekannt sind.
162 Seite
Wieder zurück auf dem Fränkischen Gebirgsweg wanderten
wir weiter bergauf zum großen Haberstein. Wir
genossen ein weiteres Mal das Klettern durch die Felsen,
wobei die Kinder fröhlich von einem Stein auf den nächsten
sprangen. Lediglich Kerstin und ich waren anschließend
wieder froh, den weichen Waldboden unter unseren
Füßen zu haben. Leider hatte sich seit dem Morgen der
Nebel immer noch nicht verzogen. Die schöne Aussicht,
von der wir in den Tourenbeschreibungen gelesen hatten,
blieb uns leider an diesem Tag verwehrt.
Seite 163
Doch der dichte Nebel hatte auch etwas besonderes.
Zwischen den Fichten hindurch sorgte er vor unseren
Augen für eine mystische Stimmung und ich konnte mir
die ein oder andere Koboldgeschichte nicht verkneifen.
Zusätzlich waren die Temperaturen in den Keller
gegangen. Mittlerweile hatten wir alles angezogen, was
unsere Rucksäcke hergaben. Sogar die Mützen wurden
ausgepackt.
Bald ging es jedoch wieder leicht bergan und wir
kamen wieder ins Schwitzen. Es ist nicht einfach, beim
Wandern die richtige Kleiderauswahl zu treffen. Auf den
Punkt kommt man eigentlich fast nie. Meistens schwitzt
man oder es ist einem zu kalt.
Unterhalb der Kösseine angekommen, war der Nebel
immer noch da und wir beschlossen, diesen letzten
Aussichtspunkt nicht mehr hochzusteigen. Wir liefen
daher rechts bergab, weiter auf Reichenbach zu.
164 Seite
Dichter Nebelwald
erschwerte uns zwar
die Orientierung, doch
gleichzeitig sorgte er
auch für eine Portion
Abenteuer.
Seite 165
Beim nächsten Aufstieg zum großen Haberstein ging es
zunächst durch dichten Fichtenwald bergauf. An einem
Wegweiser kreuzten sich Höhenweg, Fränkischer Gebirgsweg
und ein bisher nicht bekannter Weg, der durch
einen blauen Querbalken gekennzeichnet war. Wir
hatten nun die Qual der Wahl, entschieden uns aber
letztlich für den Höhenweg, der uns direkt zum Haberstein
führen sollte. Die nun folgenden 150 Höhenmeter
brachten uns ganz schön außer Puste. Wie bereits bei
früheren Wanderungen drückte auch diesmal der Rucksack
gehörig auf unsere alten Hüftknochen.
Zum Glück hatten die Kinder damit keine Probleme.
Jetzt bot auch der Nebel einen kleinen Vorteil, denn er
sorgte weiterhin für kühleTemperaturen und ermöglichte
uns somit auch beim Bergauf gehen ein wenig von
den Dingen zu erzählen, die momentan in der Familie
aktuell waren.
166 Seite
So verging schnell die Zeit und wir erreichten eine
Bank, die wir für eine kurze Rast nutzten. Ein Schluck
aus der Feldflasche, ein Müsliriegel und eine Pinkelpause.
Ausruhen war nicht, denn gleich nach dem Riegel
waren die Beiden schon wieder auf den Steinen unterwegs.
Wir schulterten unsere Rucksäcke und stiegen
weiter bergauf.
Dabei passierten wir Baumstämme, die vom Blitzschlag
getroffen waren, kletterten über sie hinweg und hatten
dabei ständig den Untergrund im Blick. Wenn sich jetzt
einer den Knöchel verstauchen würde, hätte das fatale
Folgen haben können.
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Die letzten Meter zum
Haberstein wurden
wieder steiniger. Wir
stiegen über Felsblöcke
und Leitern nach
oben. Nun machte es
wieder Spaß an den
Türmen entlang und
über Quader zu
steigen.
168 Seite
Als wir dann oben auf dem Haberstein standen, sahen wir
erneut vor allem eines, viel Nebel. „Ganz schön blöd“, meinten
Jan und Lena. Wir sagten, dass es schade sei und schluckten
dabei unsere negativen Gedanken hinunter. Der Ausblick
von hier oben ist besonders schön, das hatten schon die
Recherchen ergeben. Etwas enttäuscht schauten die Kinder
in den Nebel hinein. Schönes Wetter wäre wirklich noch das
Tüpfelchen auf dem „I“ gewesen, doch wir mussten jetzt das
Beste daraus machen.
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Nun galt es die vielen Treppenstufen wieder hinunter
zu steigen. Vorsichtig nahmen wir eine Etage nach der
anderen. Die Hohlkörper unter den Stufen machten sich
bei jedem Schritt mit lautem Pochen bemerkbar.
Als wir am Fuß des Gelsgebildes angekommen waren,
hatten die Kinder die Enttäuschung schon wieder
vergessen. Die schönen Steine, die halb in der Erde und
halb darüber auf dem Weg nach unten aneinandergereiht
platziert waren, forderten den Spieltrieb geradezu
heraus. Hüpfend und balancierend ging es nun weiter
bergab, während wir anfingen, Liederraten zu spielen.
Die gute Stimmung war zum Glück zurückgekehrt.
170 Seite
Seite 171
Wir durchquerten Reichenbach und passierten etwas
später einen See. Anschließend ging es wieder bergauf
und durch den Wald.
Die Natur hatte uns in ihren Bann gezogen. Ständig
entdeckten wir Neues. Froschleich, Zunderschwämme
und plötzlich, nach weiteren Kilometern, stand plötzlich
ein Felsen mitten im Wald. Ein perfekter Platz zum Übernachten.
Nach wenigen Minuten stand unser Zelt.
172 Seite
Auf unserer Osterwanderung
durften natürlich
die Ostereier nicht
fehlen. Während die
Kinder das Nest
suchten, fingen wir an
zu kochen. Schnell
war der Nudeltopf
zubereitet und noch
schneller gegessen.
Seite 173
Nach dem Essen
wurden noch rasch ein
paar Notizen angefertigt,
doch bald kroch
die Kälte in unsere
Glieder und wir
krochen kurz darauf
in unsere warmen
Schlafsäcke. Bis zu
diesem Zeitpunkt lief
alles wie geplant. Wir
wussten aber noch
nicht, dass wir am
nächsten Morgen eine
Überraschung erleben
würden.
174 Seite
Über Nacht hatte es
geschneit. Dadurch
mussten die aufeinander
folgenden Handgriffe
für die Frühstücksvorbereitung
und fürs Packen der
Rucksäcke abgestimmt
werden, denn
oberstes Ziel bei
solchen Touren ist ein
trockenes Equipment.
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Bereits um vier Uhr früh hatten wir die leisen Geräusche
des Niederschlags bemerkt. Da man im Zelt
oft unruhiger schläft, hörten wir das Aufploppen der
Flocken auf der Zeltaußenseite deutlich. Aufgrund der
niederen Temperaturen hätten wir eigentlich damit
rechnen müssen, zumal der Himmel den ganzen gestrigen
Tag über wolkenverhangen blieb. Eigentlich war
das ja kein Problem, denn die weiße Pracht würde für
unsere Augen eine schöne Abwechslung abgeben.
Doch beim Zubereiten des Frühstücks und beim
Zeltabbau mussten wir jetzt umdenken, denn oberstes
Ziel beim Draußensein ist es nicht nur selbst trocken
zu bleiben, sondern auch das Gepäck trocken zu
halten. Dies klingt erst einmal recht einfach, zumal wir
uns ja unter einem Dach befanden. Aber bei genauer
Betrachtung wurde es dann doch etwas schwieriger.
176 Seite
Bei Schneefall oder
bei Regen ändern sich
die Abläufe und
Handgriffe beim Zelten
Sachen zusammenzupacken,
denn es gilt
so wenig Nässe wie
möglich zuzulassen.
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Der Grund für bedachtes Handeln ist simpel. Alles was
nass geworden ist, wiegt mehr beim Tragen und wärmt
nicht mehr bei Kälte. Bei anhaltendem Niederschlag
heißt dies dann unter der Absiede Tee kochen und im
Zelt frühstücken. Dies geht zwar, führt aber aufgrund
der gebückten Haltung bald zu Rückenschmerzen,
falls man vom nächtlichen Liegen nicht schon welche
hat. Ideal ist daher, wenn es zumindest von oben
trocken ist. Bei Schneefall ist dies etwas einfacher,
doch auch der Schnee taut auf der Ausrüstung schnell
und verwandelt sich in Nässe. Da es noch leicht
fl öckelte, war für uns das weitere Vorgehen eindeutig.
Frühstück raus vors Zelt stellen, Schlafsäcke im Zelt
zusammenpacken. Anschließend Klamotten anziehen
und die Ausrüstung in den Rucksack stopfen. Dieser
befi ndet sich unter der Apside des Zeltes. Damit sind
die beiden Bereiche außerhalb des Innenzeltes aber
innerhalb des Außenzeltes gemeint. Idealerweise
muss man nun nur noch in die Schuhe schlüpfen und
mit einem Ruck aus dem Innenzelt unter der Apside
hindurch ins Freie treten. Dies ist die Theorie. In der
Praxis machen einem das fehlende Gleichgewicht und
die Rückenschmerzen oft einen Strich durch die Rechnung.
Entweder man streift mit dem Rücken am Überzelt
entlang und ist nun nass, dann war das Bücken zu
zaghaft, oder man bückt sich zu weit vor und stolpert
über die Dinge, die man vorher vors Zelt gelegt hat.
Der Outdoormeister jedenfalls schafft alles in einem
Schwung und steht mit trockenem Rücken und seiner
Teetasse in der Hand in der freien Natur, die sich nun
wie auf dem Balkon vor einem ausbreitet.
Wenn alle aus dem Zelt gekrochen sind, läuft das anschließende
Frühstück im Zeitraffer ab, denn die Kälte
kriecht in schnellen Schritten in die gerade im Schlafsack
noch warm gewesenen Körper. Meist ist man
schon durchgefroren, wenn das Teewasser endlich gekocht
hat und das gefrorene Nutella irgendwie auf dem
Brot arrangiert ist. Die Kunst besteht dabei darin, dass
die geschnittenen Nutellascheiben vor dem
Essen nicht auf den Boden fallen und dabei unter
den Blättern verschwinden. Hat man dies geschafft,
ist der Tee in der Tasse meistens schon wieder kalt.
Schon etwas steif von der Kälte gilt es nun auch das
Zelt halbwegs trocken einzupacken. Die zwei Liter
Flüssigkeit, die ein Mensch in der Nacht ausdünstet,
hängen natürlich im Inneren des Außenzeltes. Genau,
dies war der Trick mit dem trockenen Rücken.
178 Seite
Am Ende ist dann alles gepackt und ordendlich verstaut.
Dabei wird man gleichzeitig wieder etwas warm. Von
den kalten Fingern, mit denen man die gefrorenen Alustangen
verstaut, rede ich dabei nicht so gerne. Ich möchte
an dieser Stelle bestimmt nicht schwarzmalen, aber
man muss das Draußensein schon mögen. Da wir als
Outdoorer nach dem Motto leben: „Hinterlasse nur deine
Fußspuren“, versteht es sich von selbst, dass kein Abfall
zurückgelassen wird! Beim Wandern mit dem Rucksack
lernt man eh, mit minimalem Gepäck auszukommen.
Dabei lässt man im Laufe der Jahre die Dinge zu Hause,
die man auf der Tour nicht gebraucht hat. Gut, in diesem
Fall wäre eine wärmere Jacke gar nicht so schlecht
gewesen, aber das passiert. Rucksackwanderer werden
mit der Zeit Minimalisten. Wenn nicht, dann sind sie
noch nicht weit genug mit schwerem Rucksack gelaufen.
Wir freuten uns, wieder unterwegs zu sein, auch wenn
morgens der Rucksack ein wenig drückt. Man gewöhnt
sich doch recht schnell wieder daran. Auch die Füße
tauten langsam wieder auf. Ich war mächtig stolz auf
die Kinder. Heute Morgen hatten sie die Kälte und den
Neuschnee einfach so hingenommen. Es schien für sie
keine zusätzliche Belastung zu sein. Vielleicht weil wir mit
ihnen schon früh mit dem Wandern begonnen hatten. Vor
einem Jahr waren wir eine Woche in Lappland unterwegs
gewesen und mit Zelt und Rucksack durch den Abisko
Nationalpark gelaufen. Jan und Lena hatten gelernt, beim
Zeltaufbau mitzuhelfen. Sie kannten es, draußen zu kochen
und sich den Tag über draußen in der Natur aufzuhalten.
Diese Erfahrung konnte ich jetzt spüren, denn die
nötigen Handgriffe, die rund ums Draußensein benötigt
werden, konnten beide aus dem Gedächtnis abrufen.
Seite 179
Nach einer Weile waren wir am Prinzenfelsen angekommen.
Geotope wie der Prinzenfelsen ermöglichen Einblicke in die
Erdgeschichte. Durch sie wird die geologische Entwicklung auf
unserer Erde sichtbar. Das Naturdenkmal liegt 751 Meter über
dem Meeresspiegel. In diesen Höhenlagen beginnt der Frühling
daher relativ spät und es kann bis in den April hinein zu
Kälteeinbrüchen kommen. Wir waren nun mitten drin in diesem
Kälteeinbruch. Der Schnee überdeckte die Vegetation am Fuß
des Prinzenfelsens und hob so das Geotop optisch hervor. Die
Leitern für den Aufstieg waren schnell entdeckt. Vorsichtig ging
es Schritt für Schritt nach oben, doch mit der Aussicht wurde
es wieder nichts. Wir kehrten daher gleich wieder um.
Weiter gings in Richtung
Fichtelsee.
Der Fränkische Gebirgsweg führte uns anschließend weiter
zwischen den Fichten hindurch. Doch bei Niederschlag zu
laufen, das ist so eine Sache. Ihn zu ertragen, fällt wirklich
nicht leicht. Das konnte ich in den Gesichtern lesen und es
nieselte bereits seit einer Stunde. Kerstin und mir war klar,
dass es ihnen bald zu viel werden würde. Wir beschlossen
daher, unsere geplante Tour zum Fichtelsee vorzeitig abzubrechen.
Hierfür war das Silberhaus eine gute Möglichkeit.
Dort sollte der Fränkische Gebirgsweg die B303 queren.
Als wir wenig später in der Gaststätte saßen, wurde mir
endgültig klar, dass dies die richtige Entscheidung gewesen
war. In einem entscheidenden Moment auch mal abbrechen
zu können, ist aus meiner Sicht die wichtigste Eigenschaft,
die man erlernen sollte und die für das Wandern mit Kindern
enorm wichtig ist. Ausschließlich Kilometer abzulaufen, wirkt
da kontraproduktiv. Schließlich wollten wir ja nächstes Jahr
wieder mit guter Laune mit ihnen in den Norden reisen, um
ein weiteres Stück auf dem Kungsleden zu wandern.
180 Seite
Nachdem wir schließlich das Silberhaus erreicht hatten,
wärmten wir uns zunächst in der Gaststätte auf. Nach
einem Getränk lief ich hinüber zur Bundesstraße, um
zurück zum Camper zu trampen. Anschließend konnte
ich dann meine Familie ahholen. Diese Praxis hatte
sich bereits in der Rhön bewährt. Die Nacht verbrachten
wir im Camper.
Am nächsten Morgen hatte es wieder geschneit. Nach
dem Frühstück fuhren wir zum Seehaus-Wanderparkplatz,
denn wir wollten zum Weißmainfelsen hochwandern.
Unsere großen Rucksäcke ließen wir für diese
Tagestour im Auto. Ich hatte lediglich einen Daypack
dabei, um Getränke und eine Brotzeit mitnehmen zu
können. Mit diesem leichten Gepäck auf den Schultern
war es nun wesentlich angenehmer zu laufen. Auf leichten
Füßen starteten wir erneut in den Wald hinein.
Schnee unter den Füßen und die Märchenlandschaft um
uns herum, dies war einfach sagenhaft. Man saugt das
leise Nichts auf, wenn alles ruht und schläft. Keine Vögel
zwitschern. Nur ein leises „Flupp“ ist zu hören, das bei
jedem Schritt unter den Füßen entsteht. Dann setzt du
zum nächsten Schritt an und du hörst dieses „Flupp“
erneut, wenn dein Schritt auf dem Schnee aufsetzt und
ihn zerdrückt. Es beißt sich die Kälte in dein Gesicht
und du spürst, wie sie mit dem aufkommenden Wind
zunimmt. Das Wandern im Winter ist Naturerlebnis pur.
Seite 181
Der Aufstieg zum
Weißmainfelsen war
an diesem Tag nicht
ohne. Die Stufen
waren naß und
rutschig.
182 Seite
Auf dem Felsen
angekommen, beobachteten
wir eine
Gruppe Soldaten, die
sich am Nordhang des
Weißmainfelsens
abseilten. Anschließend
ging es die
rutschigen Stufen
wieder hinunter
Seite 183
Der Weg führte uns nun wieder bergab durch herrlichen
Neuschnee. Wie Puderzucker klebte das Weiß auf
den Zweigen der Nadelbäume und bei jedem Schritt
knirschte es unter unseren Füßen.
Ohne Gepäck war der Aufstieg wirklich ein Kinderspiel
gewesen. Jan war ein Stück vorausgeeilt, um als Erster
an der Weißmainquelle anzukommen.
„Hoffentlich hat er an der Wegkreuzung die Richtige
Route gewählt“, dachten wir. Ein gelbes M führte nämlich
vom Karchessee hinauf auf den Ochsenkopf und
querte unseren fränkischen Gebirgsweg.
184 Seite
Hinter einem Bohlensteg tauchte plötzlich die Weißmainquelle
vor unseren Augen auf. Eine kleine Hütte,
eine Hinweistafel und der Bohlensteg umrahmten die
mit Granitgestein eingefasste Quelle.
Von hier aus also startet die fränkische Lebensader ihre
mehr als 500 Kilometer lange Strecke. Auf ihrem Weg
passiert der Main alte Städte und schöne Landschaften.
Kulmbach oder Bamberg sind hier zwei Beispiele. Dann
fließt der Main an Hassfurt und Schweinfurt vorbei.
Renaturierte Flussauen fi nden wir auf seinem Weg
flussabwärts ebenso, wie mächtige Felsstrukturen zum
Beispiel den Staffelstein. Weiter geht es durch das
fränkische Weinland. Während er das Keupergestein
des Steigerwalds umfl ießt, nimmt er zunehmend eine
südliche Richtung ein. Enge Windungen hinterließen
bei Volkach steile Kalkhänge, die sich heute ideal für
den Weinanbau eignen. Nach Kitzingen und Marktbreit
erreicht der Fluss die unterfränkische Metropole
Würzburg. Hinter Karlstadt verlässt er den Muschelkalk
und fließt hinter Gemünden erneut nach Süden, mitten
durch den Buntsandstein des Spessarts. Nach dessen
Umrundung endet er in Mainz und fl ießt mit dem Rhein
weiter nach Norden. Es ist unsere Heimat, das Land
der Franken.
Seite 185
Nach einer weiteren
Nacht im Camper
wanderten wir am
letzten Tag auf den
Schneeberg. Mit
seinen 1051 Metern
ist er der höchste Berg
Frankens und er
forderte noch einmal
unsere Kräfte. Über
eine Zufahrtstraße, die
für die militärische
Funkstation angelegt
wurde, stiegen wir
dem Berg aufs Dach.
186 Seite
Vor 200 Mio Jahren
war der Schneeberg
sogar höher als die
Alpen. Aber auch
heute herrscht hier
oben noch ein raues
Klima.
Seite 187
Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur
von
3,8 Grad findet man
auf dem Schneeberg
Bedingungen wie nach
der letzten Eiszeit.
Heute ist das ehemalige
Sperrgebiet
Naturschutzgebiet.
188 Seite
Aufgrund der Kälte ist
das Pflanzenwachstum
nicht gerade
üpppig. Oft gedeiht
neben Fichten vor
allem Strauchvegetation.
Für selten
gewordene Arten ist
das Schneebergmassiv
jedoch ein Rückzugsort.
So hat man
dort bereits Fußspuren
des Luchses entdeckt.
Unsere größte Katze
scheint auf ihren
leisen Pfoten wieder
zurückzukehren.
Seite 189
Am letzten Tag war
dann doch noch die
Sonne hinter den
Wolken hervorgekrochen.
Doch leider
endete hier oben
unser Ausflug in das
höchste Gebirge
Frankens und wir
hatten noch einmal
den Winter genießen
dürfen. Schweren
Herzens verließen wir
den Schneeberg und
beendeten damit
unsere Wanderung
im Fichtelgbirge.
190 Seite
Steinreich
Juni 2018
Sechs Jahre nach unserer winterlichen Osterwanderung schrieb ich an meinem Buch über die
Naturwunder im Fichtelgebirge und benötigte dafür noch brauchbare Bilder. Neben dem Fichtelsee
besuchte ich dafür den Großen Waldstein und erkundete das ganze Egertal. Auch auf dem
Ochsenkopf war ich zwischenzeitlich gewesen, aber dies ist eine andere Geschichte.
Im Fichtelgebirge kann man nicht nur schöne Felsen betrachten,
man findet dort auch faszinierende Lebensräume
mit Übergangs- und Flachmoorbereichen sowie nährstoffarme
Teichgewässer. Gerade Moore sind Extremstandorte.
Sie zwingen Tier- und Pflanzenarten vor allem aufgrund der
dort vorherrschenden Nährstoffarmut zur Spezialisierung.
Ein Spezialist ist das links gezeigte Wollgras, das am Fichtelseemoor,
aber auch zum Beispiel im FFH-Gebiet Zeitelmoos
wächst. Die Nährstoffarmut des Fichtelseemoors
fördert dabei diese seltenen Arten, die an ihren weißen
Wattebäuschen leicht zu erkennen sind und von denen es
mehrere Unterarten gibt. Moore faszinieren aber auch aus
einem anderen Grund. In ihnen wird weltweit doppelt so
viel CO 2
gespeichert wie in den Wäldern. Moore sind daher
auch besonders hochwertige Kohlenstoffspeicher.
Seite 191
Das Fichtelseemoor
ist ein bedeutendes
Hochmoor, das sich
seit der letzten Eiszeit
vor 8.000 bis 10.000
Jahren entwickelt hat.
Die kargen Bedingungen
haben eine
einzigartige Tier- und
Pflanzenwelt hervorgebracht.
Aufgrund
einer ständigen
Wasserversorgung
konnten sich die
versumpften Flächen
zu einem Hochmoor
weiterentwickeln.
192 Seite
Entlang des Egertals
gibt es viele Naturwunder
zu entdecken.
Hier leben Biber,
Fischotter, Skabiosen-
Scheckenfalter und
die Große Moosjungfer.
Aber auch seltene
Fischarten wie die
Groppe oder das
Bachneunauge sind
hier zuhause. Zu
ihrem Schutz wurden
im Egertal 941 Ha
Naturschutzflächen
ausgewiesen. Dort
kann der Biber aktiv
die Flusslandschaften
verändern. Seine
Bauwerke verbessern
den Wasserhaushalt
und ermöglichen die
Wiedervernässung der
Landschaft. Schon
nach kurzer Zeit
entstehen damit neue,
artenreiche Biotope.
Seite 193
Auch das Waldsteinmassiv
birgt zahlreiche
Überraschungen.
Der Große Waldstein
liegt 877 Meter über
dem Meeresspiegel.
Bekannt ist er vor
allem aufgrund seiner
Felsenformationen
und der tollen Aussicht,
weshalb auch
mehrere Burganlagen
auf seinen Felsen
errichtet wurden. Im
Gipfelbereich gibt es
neben mächtigen
Felsentürmen aber
auch Mischwald mit
altem Buchenbestand
zu bestaunen, der
im Fichtelgebirge eher
selten vorkommt. Über
all dies kann man
beim Ausblick vom
Großen Waldstein
schauen.
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In der „Fränkischen“
Die Täler und
Kalkfelsen der
Fränkischen Schweiz
sind einzigartig. Ihre
Lebensräume bieten
aber nicht nur
seltenen Arten einen
Lebensraum, sie
überraschen den
Besucher auch durch
ungewöhnliche
Wuchsformen wie die
der hier gezeigten
urigen Kiefer im
Naturschutzgebiet
„Trockenhänge um
Pottenstein“.
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Die Fränkische Schweiz ist aufgrund ihrer geologischen Besonderheiten sehr
beliebt. Die charakteristische Berg- und Hügellandschaft wird durch markante
Felsformationen und Höhlen durchzogen. Sie entstanden vor etwa 150 Millionen
Jahren, als ganz Süddeutschland noch im Bereich eines großen Flachmeeres lag.
Diese Kalk- und Dolomitfelsen des Weißen Jura prägen die Fränkische Schweiz
bis heute. Im Laufe der Zeit ist daraus eine typische Karstlandschaft mit tief
eingeschnittenen Flusstälern und trockenen, kargen Hochflächen entstanden.
Auch die Flüsse der „Fränkischen“, wie Wiesent und Trubach, sind von außergewöhnlicher
Schönheit. Man findet dort steile Täler mit verzweigten Gewässersystemen,
die mit Rad und Boot erkundet werden können. Als dritten Fluss möchte
ich noch die Pegnitz erwähnen, die im östlichen Teil der Fränkischen Schweiz liegt
und bis hinab in die Metropole Nürnberg fließt.
Die „Fränkische“ ist eine einzigartige Landschaft, die man aktiv erleben sollte.
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Die Routen
Die folgende Geschichte beginnt auf der Wiesent, einem Fluss von außergewöhnlicher
Schönheit. Das idyllische Tal ist an seinem Oberlauf tief eingeschnitten und der Fluss
ändert ständig seine Richtung. Sein Oberlauf ist für Bootsfahrer etwas anspruchsvoller
als die im vorderen Teil des Buches beschriebene Fränkische Saale.
Die zweite Tour startet in Bamberg. Mit dem
Rad wird die Fränkische Schweiz in Richtung
Osten durchquert. Unsere Route folgt teilweise
der Wiesent, verlässt das Tal aber hinter Pottenstein
wieder. Anschließend geht es im stetigen
Wechsel erneut bergauf und bergab. An der
Pegnitz angekommen, folgen wir dem Fluss bis
hinab in die Metropole Nürnberg, dabei durchqueren
wir die Ausläufer des Reichswaldes.
200 Seite
Auf der Wiesent
Juli 2020
Franken ist sehr vielseitig. Dabei ermöglichen gerade die Flussläufe ganz neue Einblicke in die
Natur und ich habe die Erfahrung gemacht, dass unsere Heimat sich auch als Paddelregion sehen
lassen kann.
Diesen Satz wollte ich mir ein weiteres Mal selbst
bestätigen und startete deshalb zu einer Paddeltour,
die ich schon lange im Hinterkopf hatte. In das tief eingeschnittene
Tal am Oberlauf der Fränkischen Schweiz
hatte ich mich bereits in den 1990er Jahren bei unseren
unzähligen Kletteraktivitäten verliebt. 2020 war es
dann endlich so weit und ich hatte endlich Zeit für das
Abenteuer gefunden. Lena begleitete mich zusätzlich
als Fotografi n, was mich sehr freute. Bereits die Anreise
war spannend, denn die B470 führte mich schnell nach
Ebermannstadt. Das Walberla hatte sich bereits hinter
Forchheim gezeigt und auf die Schönheit dieser Landschaft
hingewiesen. Im weiteren Verlauf meiner Anfahrt
durch das Wiesenttal wurden die Windungen der Straßé
bis hinauf nach Gößweinstein immer zahlreicher und
die Ausblicke auf die weißen Kalkfelsen spektakulärer.
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An der Behringersmühle bogen wir nach links ab und
folgten der kurvigen Straße St2191, während das Tal
immer schmaler wurde. Die Vorfreude stieg, denn
ich spürte, dass es bald losgehen würde. Vor mir lag
der Oberlauf der Wiesent, ein gemächlich durch die
fränkische Schweiz mäandernder Fluss, mit herrlichen
Ausblicken auf das Umland. Ab Doos ist er für Paddler
sicher befahrbar und daher hatte ich mich für den
Einstieg dort in das Gewässer entschieden. Vorher war
aber noch etwas Logistik nötig. Zunächst wollten wir
einen schönen Ort für die Bilder aussuchen, denn Lena
wollte nicht mitpaddeln, sondern war ausschließlich zum
Fotografieren dabei. Hierfür bot sich die Schottersmühle
geradezu an. Man konnte über einen Steg zum anderen
Ufer hinüberlaufen. Anschließend ging ein Pfad noch
etwas weiter in nördlicher Richtung an der Mühle vorbei.
Dieser Ort ist einer der Umtragestellen für Paddler. Nach
etwa einhundert Metern hatten wir einen perfekten Platz
zum Fotografieren gefunden, denn neben dem schönen
Blick flussaufwärts ragte ein Felsmasiv über dem
hinteren Tal empor. Er sollte als Kulisse für meine Bilder
dienen. Wir testeten nun bei angenehmen Temperaturen
und gelegentlichem Sonnenschein einige Bildkompositionen
und waren beide von dieser Location begeistert. Nun
konnte auch die Bootstour starten. In Doos angekommen
packte ich das Boot aus und begann mit der üblichen
Pumparbeit, um meinen Schlauchkanadier startklar zu
machen. Ich beeilte mich, da noch keine anderen Paddler
in Sicht waren. Guter Dinge setzte ich für Lena eine
letzte Whatsapp ab und stieg ins Boot. Gleich am Anfang
war auch schon die erste knifflige Stelle zu meistern.
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Ich war noch keine hundert Meter gepaddelt und schon
wurde meine Aufmerksamkeit gefordert. Nur ein kleiner
Durchlass schien für die Weiterfahrt geeignet. Ihn galt
es jetzt mittig zu treffen. Ich war hell wach. In der selben
Sekunde schob mich der Fluss aufgrund der höheren
Durchfl ussmenge von hinten an. Für einen kurzen
Moment beschleunigte das Boot und schon war ich
durch. Geschafft! Das erste Hindernis lag hinter mir.
Erst danach griff ich zum ersten Mal zur Kamera, die ich
in meinem wasserdichten Gehäuse im Boot mitführte.
Vor mir tauchten die Talwindungen am Horizont auf,
wobei sich die bewuchsfreien Stellen mit dichten
Baumgruppen abwechselten. Dadurch erlebt man
den Flusslauf, als wäre man auf einer Achterbahn mit
vielen kleinen dunkelgrünen Tunneln, die den Paddler
immer wieder in sich einzusaugen scheinen. Darin
gefangen gleitet dann das Boot gemächlich weiter und
es wird schlagartig kühl und still. Wenn das Plätschern
verstummt, erklingen die Stimmen von Schafstelzen,
Weidenmeisen oder Zaunkönigen. Doch nach wenigen
Sekunden gleitet das Boot wieder aus dem Schattenreich
in die Sonne und Wärme zurück. Gleichzeitig
wechseln sich von einer auf die andere Sekunde
Tier- und Pfl anzenarten ab. Nun schwirrten hunderte
Prachtlibellen an den grasbewachsenen Flussrändern
hin und her. Sie lieben die Sonne und suchen am Ufer
nach Nahrung oder nach einem Partner. Hat sich ein
Pärchen gefunden, setzen sie sich gemeinsam ab,
um sich zu paaren. Ich schaute ihnen zu und ließ die
Eindrücke wie im Kino an mir vorüberziehen. Ich war
nun ganz auf dem Fluss angekommen.
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Plötzlich schoss ein türkisblauer Pfeil aus der Uferböschung
heraus, um im Tiefflug dem Flusslauf direkt vor
meiner Nase entlangzufliegen. Mit einem schrillen Pfiff
machte er sich bemerkbar und war nach einer Sekunde
auch schon wieder aus meinem Blickfeld verschwunden.
Es sind diese kurzweiligen Eindrücke, die mich auf dem
Fluss immer wieder begeistern und die mich bereits früh
prägten. Als Kind war ich mit dem Schlauchboot und
den Eltern zwar nur auf Badeseen unterwegs gewesen,
aber die Lebendigkeit an den Uferrändern ist dort oft
ähnlich. Diese Erinnerungen fesseln mich auch heute
noch an unsere heimischen Gewässer.
204 Seite
Nach einer weiteren Biegung tauchte ein Felsmassiv
rechts vor mir auf. Ich erkannte die Struktur des weißen
Gebildes wieder. Nun war es bis zur Schottersmühle
nicht mehr weit. Ich gab daher Lena ein Zeichen. Mein
Pfiff hallte durch das Tal und das Boot näherte sich dem
Steeg, auf dem meine Tochter mit dem Foto auf mich
wartete. Nach wenigen Minuten waren die Bilder „im
Kasten“, wie man so schön sagt. Am Ufer tauschten wir
unsere Erfahrungen aus. Vor allem aber war ich von
den Bildern, die Lena gemacht hatte, begeistert. Mittlerweile
waren weitere Paddler auf dem Fluss unterwegs.
Auch sie hatten die gleiche Idee gehabt und nutzten
das gute Wetter für einen Ausfl ug auf der Wiesent.
Nun war treideln angesagt. Ich zog mein Boot über die
Wiese zur nächsten Einstiegsstelle. Diese liegt meist in
etwa 100 Meter von der Ausstiegsstelle entfernt fl ussabwärts.
So werden Wehre und andere Hindernisse
überwunden. Gleich hinter dem Wehr der Mühle führt
der Treidelpfad wieder hinunter an den Fluss. Der kurze
Kraftakt ist in der Regel alle zwei bis drei Kilometer
nötig, denn unsere Flüsse sind nahezu vollständig mit
Querbauwerken verbaut. Die Durchgängigkeit unserer
Flüsse, die für Wanderfi sche zum Überleben dringend
nötig ist, wird so leider verhindert. Dabei sind unsere
Gewässer wie Main und Saale, Itz, Regnitz und
Pegnitz, aber auch die hier beschriebene Wiesent die
Lebensadern unserer Heimat. Durch Begradigungen
und Stauwerke haben wir sie jedoch in den letzten
Jahrhunderten immer weiter zurückgedrängt und so ihre
natürliche Dynamik weitestgehend unterbunden.
Mittlerweile wurde dieser Fehler erkannt. In Teilbe-reichen,
wie zum Beispiel am Oberlauf des Mains, wurde
durch Renaturierungsmaßnahmen ein Stück Natürlichkeit
wiederhergestellt. Seltene Arten haben sich dort so
mit der Zeit wieder eingefunden.
Hatten wir vergessen, dass die Flüsse ein Netzwerk für
unsere Lebensräume darstellen?
Seite 205
Wie die Adern, die unseren Körper vernetzen und mit
Nährstoffen versorgen, durchfl ießen auch die Flüsse
unsere heimische Natur und übernehmen dort Versorgung
und Abtransport von Stoffen. Doch ihr Schutz
ist nötiger denn je, da immer mehr Arten aus ihren
ursprünglichen Lebensräumen verschwinden. Doch
was können wir dagegen tun?
Ein letztes Mal tauchten meine Paddelschläge in regelmäßigen
Abständen in das kühle Wasser ein. Nicht zum
Antreiben des Bootes, sondern vor allem zum Steuern
werden sie auf den engen Windungen der Wiesent
benötigt. Am Wölmer Steg war meine heutige Etappe
zu Ende. Ich steuerte meinen Schlauchkanadier an die
linke Uferseite zum Ausstieg hin. Anschließend zog
ich das Boot über den Steeg hinüber und weiter einen
sanften Anstieg bis zum Parkplatz hinauf.
Mein Rad hatte ich wie üblich in den Sträuchern deponiert
und konnte so zügig zum Auto zurückfahren. Ich
schaute beim Radeln noch einmal hinunter zum Fluss,
während das Wasser der Wiesent unermütlich das
Tal abwärts fl oss. An der Behringersmühle knickt der
Fluss scharf nach rechts ab und wird von dort aus von
Eisenbahnschienen und der B470 begleitet.
Ich kehrte zurück zu Lena und freute mich daüber,
dass alles so gut geklappt hatte. Lena fand dies auch,
vor allem gefi elen uns die Bilder die wir gemacht
hatten. Vielleicht möchte sie ja das nächste Mal wieder
mitpaddeln.
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Durch die Fränkische Schweiz
Juni 2015
Wir waren mit dem Zug nach Bamberg zurückgekehrt, um eine weitere Etappe unserer “Frankenrunde”
zu fahren. Bei zweifelhaftem Wetter verließen wir den Bahnhof in Richtung Bamberg-Ost.
Friesen und über Seigendorf weiter nach Buttenheim.
Ein schönes Kaffee lud uns dort zum Bleiben ein.
Die Pause im Kaffee war entspannend, vor allem die
Croissants waren besonders lecker. Doch wer mit der
Familie unterwegs ist, der weiß, dass immer etwas
geboten ist. Dieses Mal verhakte sich bei Jan ein
Plastikstück der Trinkflasche in den Hauptdrähten seiner
Zahnspange. Dieses Malheur musste natürlich sofort
behoben werden, was entsprechende Blicke auf unseren
Tisch zog.
Bald hatten wir die A73 unterquert und waren in den
unter Naturkennern bekannten Hauptsmoorwald
hineingeradelt. Doch schon die ersten Abzweigungen
forderten unsere Orientierungskenntnisse heraus. Auch
die Beschilderung durch den Staatsforst ergab mehrere
Möglichkeiten der Weiterfahrt. Wir beschlossen letztlich
die Mountainbike-Route nach Geisfeld zu nehmen und
kurz vorher nach Roßdorf abzubiegen. In Wernsdorf
waren wir wieder auf der in unserem Führer beschriebenen
Route. Anschließend ging es aufwärts bis nach
Nach der Beseitigung des Plastikstückes bezahlten wir
und verließen so unauffällig wie möglich das Cafe.
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Frisch gestärkt radelten wir weiter durch Wiesen, Felder
und fränkische Dörfer. In Drügendorf verfehlten wir an
einer scharfe Rechtskurve erneut den richtigen Weg.
Während wir am Schützenhaus gerade aus weiterfuhren,
hätten wir eigentlich rechts abbiegen müssen. Erst
in Götzendorf bemerkten wir das Problem und mussten
etwa einen Kilomenter zurückfahren. Erstes Gemurmel
war hinter mir zu hören. Leider sollte nun unser richtiger
Weg etwa zwei Kilometer steil bergauf gehen, was das
Stimmungsbarometer weiter steigen ließ. An der Steigung
nebelten uns dann schwere Lastwagen mit Staub
und Abgasen ein. Erst als wir oben an der Mirsberger
Höhe angekommen waren, bogen die Lastwagen in ein
Kieswerk ab.
Somit hatten wir auch dieses Stück geschafft und so
rollten wir jetzt wieder die letzten Kilometer nach Ebermannstadt
hinunter. Mein kleines Scherzwort: „Hoffentlich
müssen wir da nicht wieder hoch“, trug leider nicht
zur Erheiterung bei.
In Ebermannstadt angekommen, kehrten wir im Schwanenbräu
ein. Nach dem Duschen schlenderten wir noch
die Altstadt hinunter. Abschließend gab es deftigen
Sauerbraten und hausgebrautes Dunkelbier. Das hatten
wir uns nach dieser anstrengenden Tour wirklich verdient.
Am Morgen lockte das leckere Frühstück wieder
lachende Gesichter hervor. Jan mit seinen Esponscho-
Schlickas war wie immer der erste am Büffet.
208 Seite
Der zweite Tag führte uns an der Wiesent entlang. Zunächst
ging es nach Streitberg und Muggendorf. Herrlich
lagen diese kleinen fränkischen Dörfer im Wiesenttal.
Blütenteppiche hatten sich auf der Wiesent gebildet.
Eindrucksvoll leuchteten sie uns in der Sonne entgegen.
Auch die Strecke entlang des Flusses bis nach Pottenstein
gefiel uns an diesem Morgen wesentlich besser als
die anstrengende Berg- und Talfahrt am Tag davor.
Seite 209
Felsformation bei
Pottenstein. Urige
Kiefern wachsen hier
auf den Kalkfelsen der
Fränkischen Schweiz.
Doch noch viele
weitere Naturschätze
sind hier verborgen.
210 Seite
Seite 211
212 Seite
Auf dem Weg durch
das Wiesenttal kommen
wir an einem
herrlichen Zeltplatz
vorbei. Er liegt kurz vor
Pottenstein zwischen
Felsstrukturen idyllisch
am Fluss.
Malerisch schmiegten
sich Fachwerkhäuser
Pottensteins bis in die
Felsen hinein. Vielleicht
war Platzmangel
der Grund, denn das
Wiesenttal wird
flussaufwärts immer
enger.
Seite 213
In Pottenstein sorgte die Rodelbahn für Abwechslung.
Der Weg dahin führte direkt unter
der gleichnamigen Burg vorbei. Eindrucksvoll
thronen die Gebäude auf den bizarren Felsen.
Auch das bekannte Felsenbad ist einen
Besuch wert. Nach einer ausgiebigen Pause
und einem Eis ging es weiter an der Püttlach
entlang. Die Wiesent hatte sich zuvor in
Richtung Norden verabschiedet.
Jan und Lena hatten
auf dem kurvenreichen
Parkur der
Rodelbahn mächtig
Spaß.
214 Seite
Ein herrlicher Waldweg löste die Teerstraße ab und
eine schöne Moutainbike-Route schlängelte sich an
der Püttlach entlang. Ein wahrer Genuß für Offroader.
Leider nicht für Fahrer mit Satteltaschen, wie wir
bemerkten. Doch die Mühen wurden durch die uns
umgebende Natur belohnt und der Waldweg sollte nach
einigen Balanceabschnitten bald wieder in leichteres
Terrain führen.
Doch zunächst mussten wir unter Zähneknirschen noch
eine Anhöhe meistern. Nach diesem Kraftakt freuten
sich alle wieder auf der Teerstraße zurück zu sein und
wir folgten ihr die letzten Kilometer bis nach Pegnitz.
Dort erwartete uns das schöne Hotel Ratsstube. Als Belohnung
gab es am Abend leckere Pizza, denn bereits
beim Absteigen hatten wir ein Lokal direkt gegenüber
entdeckt.
Seite 215
Am nächsten Morgen starteten wir unser längstes
Teilstück mit einer Länge von 50 Kilometern. Bereits in
den Straßen von Pegnitz ging es ständig bergauf und
bergab.
In Horlach führte uns anschließend ein bezaubernder
Weg durch den Wald. Herrliche Kalkfelsen standen
zwischen den Tannen und Kiefern. Zusätzlich luden
kleinere Seen zum Rasten ein.
216 Seite
Bald öffnete sich das Pegnitztal vor unseren Augen.
Herrliche Hochwiesen wechselten sich mit dazwischen
liegenden kleineren Waldstücken ab. In weiter Ferne
waren die sanften Berge der Oberpfalz zu sehen.
Wir erreichten gegen Mittag Mosenberg und die Sonne
machte sich nun immer stärker bemerkbar. Doch es
war unser erster Sonnentag und wir genossen ihn. In
Neuhaus war eine Kaffeepause angesagt. Der Bergfried
von Burg Neuhaus überragte weit das Pegnitztal. Von
hier ab schlängelte sich der Radweg nur noch mit
wenigen Steigungen an der Pegnitz entlang, weiter in
Richtung Süden.
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Ein Spielplatz am
Radweg sorgt immer
für Abwechslung.
Während wir uns im
Schatten eine Pause
gönnten, konnten die
Kinder keine Minute
still sitzen.
Die Orte Velden, Enzendorf und Artelshofen, die sich
entlang des Pegnitztals befanden, waren aufgrund
der ebenen Wegstrecke schnell erreicht. Nach einer
Pause auf einem Spielplatz mussten wir wieder heftig
in die Pedale treten, denn der Fahrradweg war frisch
mit feinem Kies aufgefüllt worden und erschwerte
das Vorwärtskommen. Die letzten 10 Kilometer über
Eschenbach und Hohenstadt wurden daher eine
Herausforderung für unsere Nerven. Zudem brannte
jetzt die Sonne gnadenlos auf uns herab. Alle waren
daher froh, als plötzlich Hersbruck auf dem nächsten
Ortsschild stand. Dort angekommen fanden wir in der
Stadtmitte auch gleich unser Zimmer. Bei angenehmen
Temperaturen genossen wir den restlichen Tag. Mit
fränkischen Bratwürsten und Kraut und einem leckeren
Eis am Marktplatz ließen wir den Tag ausklingen.
218 Seite
Am nächsten Morgen hatten alle heftige Poschmerzen. Zum Glück lag nun der leichtere
Teil unserer Radtour vor uns. Kerzengerade führte der Radweg an der Pegnitz
entlang. Am Wegrand konnten wir einen Weißstorch beim Fröschesuchen beobachten.
Direkt neben uns schmückten Mohnblumen ein Weizenfeld.
Seite 219
Foto: Udo Steigerwald
as Kalkgestein, das uns die ganze Zeit durch die Fränkische Schweiz begleitet hat, endet
inter Hersbruck. Dann wechseln die Steine ihre Zusammensetzung und Farbe.
Ab Lauf haben die Steine eine cremig rote Farbe. Sie ist typisch für den Sandstein,
der ab Lauf an die Oberfl äche tritt und sich auf dem Weg nach Nürnberg unter unseren
Rädern befi ndet.
220 Seite
Die Pegnitz windet sich weitläufi g durch die Landschaft
und führt zwischen Lauf und Nürnberg durch den
Reichswald. Bis fast an den Hauptbahnhof radelten wir
so an der Pegnitz entlang im Grünen.
Der Wöhrder See zeigte uns Nürnberg von einer uns
bis dahin unbekannten Seite. Die Naturnähe unweit
der Stadtmitte ist sicher ein Grund, weshalb viele Frühsportler
hier unterwegs sind.
Wir erreichten die Stadtmauer und bewunderten
die mächtigen Sandsteinquader an den Toren und
Türmen. Viele davon wurden in Schausenbuck, einem
Steinbruch im Reichswald ab dem 12. Jahrhundert
gebrochen. Noch heute kann man dort die Spuren des
Abbaus besichtigen. Hinter der Stadtmauer beginnt die
Fußgängerzone. Wir stiegen ab und liefen gemütlich
auf der Suche nach einer Eisdiele ein Stück hinein.
Seite 221
Die Nürnberger haben zu ihrer Natur einen guten
Draht. Dies erkannten wir, nachdem bereits wenige
Minuten hinter dem Pegnitzradweg der Hauptbahnhof
auftauchte. Doch die Stadt kann darüber hinaus mit
vielen weiteren Highlights aufwarten, auch kulturell.
Ein Besuch auf der Kaiserburg wäre zum Beispiel eine
solche Möglichkeit.
Wir ließen jeoch unsere Tour bei einem Kaffee in der
Fußgängerzone ausklingen und fanden es abschließend
bewundernswert,
dass das Pegnitztal und der
Reichswald direkt vor den
Toren dieser großen Stadt
liegen.
222 Seite
Seite 223
224 Seite
Altmühltal und
Fränkische Seenplatte
Flüsse wie die
Altmühl durchdringen
mit ihren unzähligen
Schleifen weiträumig
unsere Landschaften.
Ein fortwährender
Veränderungsprozess,
der
die Lebensräume
vernetzt, denn viele
selten gewordene
Tier- und Pflanzenarten
sind auf diese
Süßwasserlebensräume
angewiesen.
Heute wird durch
Rückbaumaßnahmen
an Stauwehren,
die der Renaturierung
dienen, wieder
eine bessere Durchgängigkeit
geschaffen.
Dies ist ein
Segen für die Flusslandschaften
und ihre
Bewohner.
Seite 225
Die Altmühl entspringt am Südende der Frankenhöhe unterhalb des 500 Meter
hohen Breitharts und ist 227 Kilometer lang. Zunächst fließt sie nach Südosten,
knickt dann bei Altendorf ostwärts ab und schlängelt im weiteren Verlauf über Eichstätt
nach Dietfurt bis sie bei Kelheim in die Donau mündet. Dabei überwindet sie
einen Höhenunterschied von etwa 120 Metern und hat dabei ein Einzugsgebiet von
3.250 km².
Sie gehört damit zu den größten Flüssen in Franken und birgt dabei Naturschätze
von außergewöhnlicher Schönheit. Die breite Tallandschaft mit weit verzweigten
Gewässersystemen kann man bequem mit Rad und Boot erkunden.
Auch die Fränkische Seenplatte ist für Natur und Freizeit von großer Bedeutung.
Vor der Haustür von Gunzenhausen erstrecken sich nicht nur der naturschutzfachlich
hochwertige Altmühlsee, sondern auch die beiden Brombachseen. Sie bieten
sich als Naherholungsgebiet geradezu an, denn sie befinden sich nur knappe 40
Kilometer von der Metropole Nürnberg entfernt.
226 Seite
Foto: Gunther Zieger
An den fränkischen
Seen kann man
nicht nur gelegentlich
Seeadler beobachten.
So bietet etwa
die Beobachtungsstation
des LBV am
Altmühlsee die
Möglichkeit, eine
Vielzahl an Wasservögeln
kennenzulernen.
Seite 227
Die Route
Die Altmühl bietet sich mit ihrem sanften Gefälle als Radelregion geradezu an.
In Rothenburg ob der Tauber beginnt der offizielle Radweg und führt von dort zur
Altmühlquelle. Wir trafen kurz vor Colmberg das erste Mal auf die Altmühl und den ausgezeichneten
Weg. Ihn radelten wir von dort aus bis nach Treuchtlingen entlang.
Dabei besuchten wir noch die fränkische Seenplatte.
Die Altmühl eignet sich aber ebenfalls zum
Paddeln. Als alte Wasserratten entschieden wir
uns daher, den Fluss auch vom Wasser her zu
erkunden. In Treuchtlingen ging es los und die
Tour endete nach 16 Kilometern Paddelerlebnis
in Solnhofen. Aufgrund der vielen Themen muss
diese Geschichte aber in einem Folgeband zu
Ende erzählt werden.
228 Seite
Durch das Altmühltal
Mai 2013
Bei schlechten Wetteraussichten waren wir an einem Freitagabend noch nach Treuchtlingen aufgebrochen
und hatten dort im Camper übernachtet. Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Zug
zurück nach Rothenburg. Von dort aus wollten wir starten. Das Wetter war immer noch schlecht,
doch wir dachten: “Bei Sonnenschein radeln, das kann ja jeder”.
Nach einer 1,5 Grad kalten Nacht im Camper freuten
wir uns auf die Wärme im Zug, während draußen die
Felder an uns vorbeizogen. Wir sahen auch viele
Touristen, die bereits in Richtung Innenstadt unterwegs
waren. Auch wir mussten nun aussteigen. Ein
Mädchen wurde dabei in der Schlange sehr unruhig,
denn sie hatte mit ihrem Fahrrad und den angehängten
Satteltaschen so ihre Probleme. Am Ende wurde
sie sogar hysterisch, denn sie dachte bestimmt, dass
sie aus dem Zug nicht mehr heraus kommen würde.
An allen Ecken schien es nun zu klemmen. Wir halfen
ein wenig beim Ausstieg und orientierten uns anschließend
am Bahnsteig, denn unsere Frage lautete:
“ In welche Richtung müssen wir losfahren?“
Seite 229
Bald nahm der Verkehr um uns herum ab, denn wir hatten
die ersten Felder am Rande Rothenburgs erreicht.
Vor uns lagen landwirtschaftlich genutzte Flächen so
weit das Auge reichte. Bald stand unser erster Anstieg
bevor und wir zogen die Mützen unter den Radhelmen
aus. Nun galt es, kräftig in die Pedalen treten. Ein
Angler bot uns direkt am Fahrradweg einen Kaffee an.
Sahen wir wirklich schon so erschöpft aus? Wir lehnten
dankend ab und fuhren weiter. Auf dem nächsten Bergrücken
angekommen, klatschte uns ein älteres Ehepaar
sogar Beifall. Die Kinder freuten sich darüber, während
wir die Beiden passierten. Nach dem Anstieg ging es
wieder gerade aus und die Kinder traten tüchtig in die
Pedalen. Rechts und links des Radwegs konnten wir
einige Greifvögel über den Feldern beobachten.
Es waren Bussarde und Milane, aber auch Turmfalken
und Sperber zu sehen. Dazu zwitscherten Feldlerchen
in den Weizenfeldern ihre Strophen. Um die Mittagszeit
kamen wir an einem kleinen Tante-Emma-Lädchen vorbei.
Auf dem Schild war „Nahkauf“ zu lesen. Wir betraten
den Laden und kauften leckere Brötchen, die wir vor dem
Laden in der Sonne bei mittlerweile 10 Grad genossen.
Weiter ging es über Feldlandschaften und an kleinen
fränkischen Gehöften vorbei bis nach Collenberg. Die
schöne Burg Colmberg war schon von weitem sichtbar.
Nun stießen wir zum ersten Mal auf die Altmühl, die hier
ihre ersten Kilometer Fließstrecke bereits hinter sich hat.
Rechts von uns lag ein Golfplatz und wir rätselten beim
Vorbeifahren, wer wohl die vielen Bälle einsammeln
würde, die dort lagen.
230 Seite
Wir kamen an einem schönen Rastplatz vorbei. Auf einer
Sitzgruppe unter Bäumen war es nun Zeit für einen Apfel
und ein paar Müsliriegel. Die Rast tat uns gut, doch die
Kälte scheuchte uns bald wieder auf. Kurze Zeit später
konnten wir ein Güllefahrzeug beobachten, das beim
Entladen der Gülle seine Duftspuren hinterließ. Wir
beeilten uns, um schnell an der Stelle vorbeizuradeln,
denn es tat gut, wieder frische Luft zu atmen. Kurze Zeit
später erreichten wir erneut eine gemütliche Bank. Da
unser Tagesziel Leutershausen nicht mehr weit entfernt
war, nutzten wir auch dieses schön hergerichtete Plätzchen
für eine kurze Trinkpause. Bald danach begrüßte
uns bereits die hübsche Altstadt von Leutershausen.
Die Sonne blinzelte hervor und wir erreichten nach einer
abschließenden Kaffeepause unsere Unterkunft.
Seite 231
Leutershausen ist für ein Ereignis bekannt, das zwei
Jahre vor dem Flug der Gebrüdern Wright stattgefunden
haben soll. 1901 startete ein gewisser Gustav Albin Weißkopf
mit seiner rechts gezeigten Konstruktion zu seinem
ersten Flug. Der Leutershausener überbrückte mit seinem
Flieger eine Strecke von zweieinhalb Kilometern in
Bridgeport (Connecticut), nachdem er in die USA ausgewandert
war. Ein wirtschaftlicher Erfolg blieb jedoch aus.
In seiner fränkischen Heimat baute man aber seine Flugmaschine
Nr. 21 orginalgetreu wieder nach und widmete
ihm ein Museum in seiner Heimatstadt. Seinen Flieger
konnten wir direkt neben dem Radweg bewundern.
Abends gab es dann Cordon Bleu direkt gegenüber. Nach
einem tollen Frühstück am nächsten Morgen im Tanzsaal
der Neuen Post fuhren wir bei schlechtem Wetter in Richtung
Gunzenhausen weiter. Und wieder musste ich meinen
Hut vor Jan und Lena ziehen, da die Beiden auch diesen
Tag trotz schlechtem Wetter gut meisterten. Dabei waren
der stetige Nieselregen und die fünf Grad Lufttemperatur
kein Zuckerschleicken gewesen. Stetig bließ uns der
Seitenwind gegen die Räder und es blieb während der
ganzen 42 Kilometer langen Tagesetappe von oben her
nass. Auch der Versuch, uns etwa zwölf Kilometer vor Gunzenhausen
ein wenig aufzuwärmen, brachte nicht viel. Die
tanzenden Rauchschwalben, die uns das letzte Stück am
Altmühlkanal entlang begleiteten und mit ihren Flugkünsten
Erstaunliches darboten, konnten nicht mehr begeistern. Die
Kinder fluchten am Ende nur noch. Finger und Füße waren
ausgekühlt und so schafften wir es mit letzten Kräften zum
Gasthof Arnold. Endlich wieder im Trockenen, genossen
wir die schöne Ferienwohnung und nahmen ein heißes
Bad. Danach sah die Welt schon wieder viel besser aus.
232 Seite
Am dritten Tag hatte es endlich aufgehört zu regnen.
Motiviert gingen wir zum Frühstück und fühlten uns in
der warmen Bauernstube gut aufgehoben. Nur schweren
Herzens verließen wir daher diesen gemütlichen Ort
am Kachelofen.
Bald waren unsere sieben Sachen unter dem Regenschutz
verschwunden. Wir hatten alles angezogen, was
der Rucksack hergab. Doch bereits der ausbleibende
Regen war ein angenehmes Geschenk. Alle kamen
gut in den Tritt und die schöne Auenlandschaft begann
wieder auf uns zu wirken. Die Altmühl zog gemächlich
dahin und wir radelten von einer Ortschaft zur anderen
mit dem nächsten Ziel: Treuchtlingen.
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Seit einigen Jahren wird die Altmühl in ihrem mittleren
Verlauf ökologisch umgestaltet. Durch diese Flussverlängerung
hat sich wieder ein vielfältiger Lebensraum
für Planzen und Tiere gebildet. Auf vielen Hinweistafeln
werden die eingearbeiteten Altwasserarme und Feuchtbiotope
gezeigt, aber auch der Lebensraum Wasser
erläutert. Nicht nur für die Kinder eine gute Gelegenheit,
neues Wissen aufzunehmen.
234 Seite
Anschließend war noch ein Besuch des Karlsgrabens
vorgesehen. Es war der erste Versuch, eine Verbindung
zwischen Rhein und Donau zu schaffen. Ein erstes
großangelegtes Grabungsprojekt unternahm bereits
Karl der Große vor rund 1200 Jahren. Heute stellt sein
Nachfolger, der RMD-Kanal, eine der wichtigsten Wasserstraßen
Mitteleuropas dar.
Nachdem wir die alte Erfi ndung der im Bild sichtbaren
Wasserschnecke ausprobiert hatten, radelten wir die
letzten Kilometer nach Treuchtlingen hinab. Anschließend
gönnten wir uns den Badespaß im Wellenbad und
beendeten dort unsere Radtour.
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Vorschau
Mit unserem 4-er
Kanu paddelten wir
an den 12 Aposteln
vorbei. An einer der
schönsten Altmühlschleifen
unterbrachen
wir jedoch die
Paddelschläge,
um möglichst lange
die Aussicht auf
diese Kalkfelsen
genießen zu können.
236 Seite In Pappenheim
machten wir nach gut
sieben Kilometern
unsere erste Pause.
Dabei aßen wir die
leckeren Sandwiches,
die wir in
Treuchtlingen
eingekauft hatten.
Nach der Weiterfahrt
und einer Treidelstelle
erreichten wir
Solnhofen.
Die Kalkfelsen der 12 Apostel haben eine lange Entstehungsgeschichte,
denn das Altmühltal hat sich im
Laufe der Jahrmillionen stetig verändert. Vor 147 Millionen
Jahren lag das heutige Altmühltal mitten in einer subtropischen
Insel- und Lagunenlandschaft. Ammoniten, Raubfische
und Krokodile bevölkerten damals das Jurameer und
Dinosaurier druchstreiften das Land, während Flugsaurier
und riesige Libellen den Himmel beherrschten.
Unter ihnen war ein halbgefi ederter Freund, der heute
als Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln zu einer
Berühmtheit geworden ist. Der Urvogel Archaeopteryx.
1860 wurde in Solnhofen der erste spektakuläre Fossilienfund
gemacht: der Abdruck einer Feder aus der Jurazeit,
der ein erster Hinweis auf den Urvogel war. Bald
darauf kamen auch vollständige Fossilien ans Licht,
die zeigten, dass der Archaeopteryx sowohl Merkmale
der Dinosaurier als auch der modernen Vögel trug.
Das faszinierende Tier wurde bisher nur im Naturpark
Altmühltal entdeckt. Ein Grund für uns, dem Museum
einen Besuch abzustatten.
Seite 237
Hinter Solnhofen verlässt die Altmühl Mittelfranken.
Nach unserer Bootsfahrt, die an der Hammersmühle
endete, folgte ich im Mai 2018 erneut den Windungen
der Altmühl, aber dieses Mal in Richtung Osten und mit
dem Rad.
Ich befand ich mich nun bereits in Oberbayern und ich
war erstaunt, dass ich an der Grenze nicht kontrolliert
wurde ;-). Doch ich möchte an diesem Punkt umkehren.
Meine Geschichte, die hier ja weitergeht, werde ich zu
einem späteren Zeitpunkt weitererzählen.
238 Seite
Seite 239
240 Seite
Taubertal
Die Tauber windet
sich in unzähligen
Schleifen durch die
Landschaft und ist
dabei einem ständigen
Veränderungsprozess
unterworfen.
Dieser vernetzt die
Lebensräume und
gibt vielen Tier- und
Pflanzenarten eine
Heimat.
Die Tauber entspringt am Westfuß der Frankenhöhe und fließt in nordwestlicher
Richtung etwa 130 km durch unsere Heimat, bis sie in Wertheim in den Main
mündet. Dabei überwindet sie einen Höhenunterschied von etwa 120 Meter und
hat ein Einzugsgebiet von 3.250 km².
Seite 241
Im Laufe der Zeit ist an der Tauber ein repräsentatives Mittelgebirgsflusstal mit
vielfältigen Komplexlebensräumen entstanden. Neben Hang- und Auewiesen
haben sich Feucht- und Trockenstandorte etabliert, die sich mit Laub- und
Mischwäldern, aber auch mit Streuobstwiesen abwechseln.
Das Taubertal gehört somit zu den größeren Flusslandschaften unserer Heimat
und birgt entlang ihres Flussbettes auch eine Fauna von außergewöhnlicher
Schönheit. So sind neben vielen Libellenarten auch Eisvögel und Wasseramseln
in ihrer Ufervegetation zu Hause.
Die Tallandschaft kann bequem mit Rad und teilweise auch mit dem Boot
erkundet werden. Sie wartet geradezu auf aufmerksame Besucher.
242 Seite
An der Tauber kann
man sehr gut Eisvögel
beobachten,
Doch um sie fotografieren
zu können,
muss man sehr
schnell sein und
gleichzeitig Glück
haben. Doch nur
wenn man oft genug
draußen unterweg ist,
kann man die fliegenden
Edelsteine
irgendwann in einem
Bild einfangen.
Seite 243
Die Route
Das liebliche Taubertal kann sehr gut mit dem Rad befahren werden. Für diese Tour
starteten wir von Roth am See und fuhren zunächst zur Tauberquelle. Zwei Tage
lang waren wir mit unseren damals zehn- und achtjährigen Kindern unterwegs.
Dabei lernten wir eine außergewöhnliche
Flusslandschaft kennen. Gleich hinter Rothenburg
sahen wir urige Wege mit tiefen Taleinschnitten.
Es stand aber auch viel Kultur auf
unserem Programm. Schließlich durchquerten
wir neben Rothenburg ob der Tauber auch
Creglingen oder Bad Mergentheim mit seinem
Deutschordensschloss. Kulturelle Höhepunkte
fi ndet man aber auch in Weikertsheim mit dessen Schlosspark. Am Ende besuchten wir
noch das mittelalterliche Kloster Bronnbach mit seinen prächtigen Sandsteinskulpturen
und natürlich die schöne Burg Wertheim.
244 Seite
Liebliches Taubertal
Juni 2011
Unsere Flusslandschaften lassen sich mit Kindern und mit dem Rad sehr gut erkunden.
Dies wollten wir auf einer Mehrtagestour durchs Taubertal endlich selbst ausprobieren. Dabei
verspricht die Tauber viel Abwechslung, denn neben der schönen Natur hat das Tal auch viel
Kulturelles zu bieten. Mit dem Zug fuhren wir nach Rot am See, um dort mit den Rädern zu starten.
Gut markierte Radwege führten uns zunächst durch
Felder hinüber zur Tauberquelle. Von dort ab sollte das
kleine Rinnsal unsere weitere Strecke begleiten. Zügig
ging es von da an ins Taubertal hinab. „Geht es eigentlich
nur bergab?“, fragte Jan. „Fast nur“, erwiderte ich.
Ein Vorteil, der wirklich Lust aufs Radfahren macht, so
war unser Plan gewesen. Den Kindern gefi el die Idee,
auch wenn einige Anstiege im Verlauf der Tour die ein
oder andere Frage aufkommen ließen.
Der Radwanderweg entlang der Tauber wird überall als
„der Klassiker“ angepriesen. Er führt von Rothenburg
ob der Tauber bis nach Wertheim. Der Vorschlag, auch
die Quelle in unsere Tour mit einzubeziehen, war dann
meine Idee gewesen, denn ich liebe frisches Quellwasser
und vor allem direkt daraus zu trinken.
Seite 245
Die Zuganbindung nach Rot am See war ideal gewesen.
Auch der Start mit dem Rad gelang ohne Schwierigkeiten.
Doch nach etwa 20 Kilometern übersahen wir eine
Markierung und fuhren geradeaus anstatt links abzubiegen.
Bald standen wir an einem schönen Anglersee,
doch unser eigentlicher Radweg war verschwunden.
Mühsam strampelten wir einen Feldweg bergauf. Die
ersten Fragen kamen auf. Zu allem Übel sprang auch
noch die Kette von Kerstins hinterem Ritzel ab und
verklemmte sich zwischen Rahmen und Rad. Nun hieß
es tief durchschnaufen, reparieren, schönreden und
weiterfahren.
Solche Pannen sind natürlich übel. Sie drücken aufs
Gemüt und nehmen einem die Lust am Radeln. Zum
Glück hatte es nicht ein Rad der Kinder getroffen, denn
sie hätten das vielleicht persönlich genommen. Das
schöne Wetter verdrängte aber bald das kleine Maleur
aus unseren Sinnen und die Schmerzen meiner zerschundenen
Hand behielt ich vorsichtshalber für mich.
Die letzten zehn Kilometer in Richtung Rothenburg ob
der Tauber verliefen dann ohne weitere Zwischenfälle.
Leider waren wir etwa eine Stunde hinter unseren Zeitplan
zurückgefallen und die Vorfreude auf ein Eis in der
Altstadt musste noch ein wenig Geduld haben.
Getreidefelder so
weit das Auge reicht.
Die Gegend rund um
die Tauberquelle ist
stark landwirtschaftlich
geprägt. Dabei
wechseln sich alte
Fachwerkhäuser mit
modernen Traktoren
ab.
246 Seite
Ein herrlicher Weg führte durch die Schlucht nahe der
Stadt und bald standen wir vor den Toren Rothenburgs.
Riesige Mauern verbanden die Türme der Stadtmauer
und wir schoben unsere Räder in das Innere der mittelalterlichen
Anlage.
Die herrlich restaurierte Altstadt gefi el nicht nur uns auf
Anhieb. Eine große Besucherzahl war an vielen Stellen
in Rothenburg anzutreffen. An einem einladenden Cafe
stellten wir die Räder ab und genossen unser verdientes
Eis, während Touristen an uns vorbeiströmten. Ihr
Ziel waren die Souvenirgeschäfte. Ausgeruht schoben
wir weiter die Altstadt hinauf bis zum Marktplatz und
weiter hinunter zur Burganlage.
Seite 247
Von der Wehranlage aus genossen wir den Ausblick auf
das Taubertal. Anschließend verließen wir den schönen
Aussichtsort in Richtung Norden, denn wir wollten noch
ein paar Kilometer radeln und dann in einem Gasthof
übernachten. In Bettwar fanden wir in der „alten Schreinerei“
eine ideale Bleibe. Bei köstlichem Essen endete
unser erster Tag auf der Terasse. Ein Gewitter brachte
abends noch etwas Regen und wir gingen nach unserem
perfekten Rehbraten mit Klösen in unser Zimmer.
In der Fußgängerzone
von Rothenburg
reihen sich die
Fachwerkhäuser
aneinander. Besonders
gut gefiel uns
der Ausblick vom
Burggarten auf die
Tauberschleife.
248 Seite
Wir schliefen wie die Murmeltiere, doch da unser Zimmer
keine Außenrollos besaß, war die Nacht schon um
sieben Uhr vorbei und eine halbe Stunde später saßen
wir bereits beim Frühstück. Vor unserem Tisch stand
Müsli in verschiedenen Variationen bereit, daneben
lagen frische Brötchen mit hausgemachter Marmelade
und es duftete nach frischem Kaffe. Herz was begehrst
du mehr.
Nach dem Frühstück packten wir gemütlich unsere sieben
Sachen zusammen und holten die Räder aus dem
Keller und schon bald spürten wir wieder den Fahrtwind
in unseren Gesichtern. Das Wetter sollte noch ein paar
Stunden halten und wir nutzten die Zeit, die Eindrücke
des Taubertals an uns vorbeiziehen zu lassen. Wiesen-
Flockenblumen ragten mit ihren lila Köpfen weit aus den
Wiesen hinaus. Dann kam wieder eine der Siedlungen.
die sich zwischen die Felder wie Knoten an einer Schnur
dem Taubertal entlangreihten.
Seite 249
Klatschmohn bildete schöne
Kontraste am Rand der Roggen-
felder. Die roten Blüten gefielen
den Kindern, doch sie sind vor
allem für die Insekten wichtig.
Auch wir würden uns solche
Anblicke viel öfter in der Landschaft
wünschen. Sie zu finden
wäre so einfach, wenn man die
Randstreifen an allen Feld- und
Radwegen nicht mulchen, sondern
länger stehen lassen würde.
250 Seite
Bald rollten wir in Creglingen ein und Hinweisschilder
machten uns auf ein Rosenfest am Römerschlösschen
aufmerksam. Wir beschlossen daher, dort einen kleinen
Zwischenstop zu machen. Hinter einem Bauwerk am
Hang gelegen, hatte der hiesige Gartenbauverein über
die Jahre ein herrliches Kleinod geschaffen. Viele heimische
Kräuter und Wein, vor allem aber Rosen, konnte
man hier bestaunen. Überhalb des Gartens hatten
die Blumenfreunde eine Tribüne aufgebaut. Von dort
schauten wir auf die Wiese darunter und bewunderten
die Muster aus Teelichtern, die von vielen fleißigen
Helfern dekoriert worden waren und die jedes Jahr
diesem Fest einen Rahmen gaben. Wir hofften für die
Veranstalter nur, dass das Wetter halten würde, denn
der Himmel schaute bereits bedrohlich aus. Wir verließen
den Ort wieder und fuhren weiter nach Röttingen.
Seite 251
Röttingen mit seiner mittelalterlichen Stadtmauer lag
direkt am Tauberradweg. In der Innenstadt angekommen,
warb ein Plakat für einen Bühnenauftritt in der
Burganlage. Das wäre auch eine schöne Idee gewesen,
doch das Wetter mit den immer dunkler werdenden
Wolken ließ uns keine Ruhe. Wir mussten ja weiter nach
Weikersheim. Dabei kamen wir an einer schönen Brücke
vorbei, die von Baltasar Neumann entworfen worden
war. Zu unserem Glück blieb es noch trocken.
Wir tasteten uns quasi Stück für Stück von Ort zu Ort
vorwärts. Bald blies uns jedoch heftiger Wind in die
Gesichter. Er wurde schließlich so stark, dass wir beinahe
unser eigenes Wort nicht mehr verstanden. Wir duckten
uns über die Lenker und traten in die Pedalen so gut es
eben ging. Ich glaube, dass wir auf den letzten paar Kilometern
nach Weikersheim mehr Kraft benötigt hatten als
während des gesamten vorherigen Tages. In Weikersheim
angekommen, waren die Kinder ziemlich erschöpft.
Wie lange sie noch fahren müssten, fragten sie mehrfach,
während wir versuchten, sie immer wieder aufzumuntern.
Eigentlich war unser nächster Halt am Weikertsheimer
Schloss geplant. Doch wir entschlossen uns,
direkt am Marktpatz eine Pause einzulegen und kehrten
dazu in ein kleines Cafe mit großen Fenstern ein. Gemütlich
war es hier und vor allem ganz ohne Wind. So
konnten wir ganz angenehm neue Kraft tanken.
252 Seite
Das Weikertsheimer Schloss ist eine Augenweide
und auch der Schlosspark gefi el uns. Er würde bei
Sonnenschein sicher noch prächtiger sein. Wir wollten
ihn aber trotz des schlechten Wetters anschauen und
schlenderten gemütlich durch die Anlage. Der Bau des
eindrucksvollen Residenzschlosses wurde im 16 Jh.
begonnen, wobei die Baustelle 200 Jahre unvollendet
bleiben sollte. An gleicher Stelle stand bereits vorher
ein Bauwerk, das Hohenloher Wasserschloss. Nach der
Säkularisation wurde dann das einst zusammenhängende
Territorium an der Tauber zwischen Bayern und
Baden-Württenberg aufgeteilt.
Wir verließen den Barockgarten und beendeten nach
80 gefahrenen Kilometern unsere Taubertour. Aber nur
vorläufi g. Bei nächster Gelegenheit wollen wir dann von
hier aus nach Wertheim weiterfahren, soviel stand fest,
als wir im Zug saßen um nach hause zurückzufahren.
Seite 253
Zwei Wochen später rollten unsere Räder bereits wieder
auf dem Radweg an der Tauber entlang. Zwei freie
Tage standen an und das Wetter versprach dieses Mal
besser zu werden. In Weikertsheim angekommen führten
uns die ersten Kilometer durch das breit gewordene
Tal. Hier zwischen Weikersheim und Bad Mergentheim
wird viel Wein angebaut. Die Hänge scheinen mit
Rebstöcken bis auf den letzten Platz besetzt zu sein.
Den Landesherren beschehrte dies große Einnahmen,
die sich in den Prachtbauten wiederspiegelten. Das
Weikertsheimer Schloss ist eines davon. In Bad Mergentheim
würden wir vor einem weiteren stehen.
Vorher bestaunten wir aber noch im Kurpark eine herrliche
Rosensammlung. Der Duft der Rosen stieg uns
schon beim Vorbeigehen in die Nase.
254 Seite
Das Schloss in Bad Mergentheim war einstiges
Machtzentrum des Deutschen Ordens. Der hohe Turm
überragt das Geschehen rund um den Marktplatz. Die
schwarz-weißen Fahnen an der Eingangsbrücke zum
Schloß und die vielen Ordenskreuze, die in Sandstein
gemeißelt überall zu fi nden sind, zeigen noch heute,
wer hier früher das Sagen hatte. Beeindruckend ist
auch das Ordensmuseum, dem wir einen Besuch abstatteten.
Dort kann man ein schönes Modell der Burg
Rehden in der Eingangshalle betrachten. Bei angenehmem
Wetter schlenderten wir durch den Innenhof und
betrachteten die fi ligranen Fassaden, die sich plastisch
in der Sonne präsentierten.
Seite 255
Auf dem Makrtplatz genossen wir dann leckeren
Rhabarberkuchen und Pizzastücke. Gestärkt gingen
wir anschließend an die Strecke. Unser Plan war
nun, weiter dem Taubertal zu folgen. In der Nähe von
Tauberbischofsheim wollten wir uns dann ein Zimmer
suchen. Wir wussten aber noch nicht, dass dies nicht so
einfach werden würde.
256 Seite
Entlang des Radweges hatten wir immer wieder
Gelegenheiten, die für Abwechslung sorgten. So zum
Beispiel ein Mühlenspiel mit Riesensteinen, das wir in
einer Parkanlage vorfanden. Ab und an fütterten wir auch
einfach nur die Enten, die in der Tauber schwammen.
Anschließend radelten wir weiter, durchquerten kleinere
Ortschaften und erreichten schließlich Grünsfeld, das
etwa vier Kilometer von der Tauber entfernt liegt. Dort
fanden wir endlich ein Quartier, nachdem wir vorher noch
zwei kraftraubende Kilometer einen Berg hochgestrampelt
waren.
Eine alte Mühle sollte für diesen Tag unsere Bleibe sein.
Es war eine perfekte Location, wie wir fanden. Mit Blick
auf einen Garten belohnte uns die gegenüberliegende
Pizzeria für die Anstrengungen des Tages.
Seite 257
Unsere Tour lief bis dahin „wie am Schnürchen“, wie man
so schön sagt. Der zweite Tag startete jedoch mit wesentlich
schlechterem Wetter, was uns die Laune aber nicht
trübte. Das gemütliche „Dahinfahren“ schien momentan
das ideale Betätigungsfeld für uns zu sein. Trotz der
kühleren Temperaturen und dem Gegenwind erreichten
wir gut gelaunt die Altstadt von Tauberbischofsheim.
Einen Tag früher wäre ein Fest in Tauberbischofsheim
gewesen, das mit dem Auftritt einer Soulband beendet
wurde. Wir schoben unsere Räder durch die Spuren der
letzten Nacht, aber auch durch den gerade stattfindenden
Flohmarkt. Nun setzte Nieselregen ein, während wir
die Stadt wieder verließen. Schnell war die Regenbegleidung
übergezogen und es ging am schönen Rathaus
vorbei hinunter zur Tauber. Eine alte Steinbrücke
führte uns über den Fluss und wir folgten dem Lauf der
Tauber nun auf der linken Flussseite.
258 Seite
Das Tal wurde nun enger und wir waren erstaunt über
die Naturbelassenheit dieses Flussabschnitts. In engen
Schleifen fl oss die Tauber jetzt gemächlich in Richtung
Wertheim weiter. Wie eine Schlange, die sich beherzt
ihren Weg bahnen muss, windete sie sich durch das Tal
dem Main entgegen.
Die Weinberge waren nun ganz verschwunden,
dagegen machten sich Waldhänge breit. Bei Kloster
Bronnbach schien nichts mehr vom landwirtschaftlich
geprägten Tal übrig geblieben zu sein.
Seite 259
Im Innenhof des Klosters Bronnbach kamen wir
dann aus dem Staunen kaum heraus, denn die hohe
Schule der Steinmetzkunst wurde innerhalb der
Klosteranlage sichtbar und es schien, als wollten uns
die Figuren ihre eigene Geschichte erzählen. Auch
RTL war von der Anlage begeistert und nutzte die
Örtlichkeiten als Drehort für seine DSDS-Show.
260 Seite
Noch einmal radelten wir zurück zur Tauber, doch unsere
Tour neigte sich so langsam dem Ende entgegen,
denn bis nach Wertheim war es nun nicht mehr weit.
Nach einer letzten Rast radelten wir gemütlich auf die
Stadt zu. Während die gleichnamige Burg schon von
Weitem sichtbar über Main und Tauber wacht, dringen
erste Verkehrsgeräusche aus der alten Mainstadt in
unsere Ohren. Kurz bevor wir die Tauber überqueren,
präsentiert sich die Burganlage vor unseren Augen in
ihrer ganzen Größe. Wie ein Bollwerk thront sie über
dem Taubertal und demonstriert gleichzeitig an der
Mündung hoch über dem Main den Machtanspruch des
einstigen Adels über diese Region. Der Main jedoch,
der sich wie ein größeres Geschwisterkind unter der
Burg mit der Tauber vereint, soll nun Gegenstand für
die letzte Tour dieses Buches sein, die abschließend
erzählt wird. Ihm wollen wir nun mit dem Rad noch
einmal folgen.
Die Burg Wertheim
liegt auf einer schmalen
Bergzunge zwischen
den Tälern von Main und
Tauber. Sie ist eine der
mächtigsten Burganlagen
weit über die Region
hinaus. Es gibt begründete
Hinweise darauf,
dass hier Teile des
Mittelalterepos des
Parzival entstanden
sind, dessen Niederschrift
zwischen 1200
und 1210 erfolgte.
Seite 261
262 Seite
Der Main zeigt sich
zusammen mit dem
Spessart hinter
Erlenbach von seiner
schönsten Seite und
der aufmerksame
Beobachter bemerkt,
dass dieses Bild auch
den Rücken meiner
Buchserie „Naturwunder
in Franken“
schmückt.
Seite 263
Die Route
Es gibt gerade aus meinem Landkreis Main-Spessart noch so einiges zu erzählen.
Nach der Wanderung durch den Spessart, Paddeltouren auf Main und Saale, einer
Radtour entlang der Sinn, schließe ich nun meine Geschichten mit einer Radel- und
Bootserzählung um das Mainviereck, zumindest vorläufig.
Bis nach Wertheim werde ich mich aufgrund
der bereits überschrittenen maximalen Seitenanzahl,
die ich für dieses Buchkonzept vorgesehen
habe, kurz halten. Doch zwischen
Wertheim und Miltenberg gibt es noch kurz
ein paar Dinge zu erwähnen, die für die
Geschichte Frankens von weitreichender
Bedeutung waren und bis heute geblieben sind.
264 Seite
Von Lohr Mainabwärts
Mai 2016
Pfingsten stand vor der Tür und somit ein fast schon traditionelles Familienereignis - unsere
Fahrradtour. Es waren dieses mal drei Tage mit zwei Übernachtungen geplant. Die Zimmer
waren bereits reserviert, doch wir haderten ein Tag vor der Tour mit dem Wetter. Die Sonne
strahlte zwar vom Himmel, aber für die kommenden Tage war Regen angekündigt.
Seite 265
Wir wollten die freien Tage trotzdem nutzen, wenigstens
den ersten sonnigen Tag. Daher telefonierten wir ein wenig,
buchten und starteten kurzentschlossen gleich nach dem
Frühstück. Keine Stunde später saßen wir auf unseren Rädern,
die uns hinunter nach Lohr an den Main brachten. Es
war später Vormittag und wir freuten uns mächtig aufs
Radeln in der Sonne. Vom Radführer wird das Teilstück
zwischen Lohr und Miltenberg ausdrücklich gelobt,
denn der Fluss durchschneidet hier nicht nur in Schlangenlinien
den Spessart, seine Waldränder drängeln sich
etwa bei Neustadt bis auf wenige Meter an den Fluß
heran. In Erlach war die erste Rast angesagt. Wir saßen
direkt am Wasser und schauten auf das gegenüberliegende
Kloster Neustadt hinüber.
266 Seite
Ein Schwanenweibchen brütete direkt neben der Straße in
einem Blumenbeet und ließ sich von uns Radfahrern nicht
stören. Gemütlich ging es weiter den Main abwärts. Bei
Rothenfels thront die Burg aus dem 12. Jahrhundert
über dem Altstädtchen auf der gegenüberliegenden
Mainseite. Es hatte mittlerweile 25 Grad erreicht und
wir passierten zwei Campingplätze, deren schöne Lage
direkt am Fluß uns gefi el. Wir radelten durch Zimmern
und blickten anschließend auf Hafenlohr auf der rechten
Mainseite hinüber.
Jan und Lena erzählten von den letzten Wochen in
der Schule, die noch vor ihnen lagen und schwärmten
anschließend von einem kalten Eis, das in Marktheidenfeld
auf uns warten würde. Die neue Mainbrücke
sahen wir bereits und zur Altstadt war es nicht mehr
weit. Das schöne Wetter hinterließ auch in den Gassen
Marktheidenfelds seine Spuren. Eine Schlange vor
der Eisdiele war die logische Folge. Bald verließen wir
frisch gestärkt den Rummel in der Altstadt wieder und
radelten weiter in Richtung Süden. In Lengfurt angekommen,
sahen wir das gleichnamige Kloster auf der
anderen Mainseite.
Seite 267
Mit dem Kallmuth wurde nun Kalkstein über den
Main sichtbar. Die halbrunde Form des Berges und
seine sonnige Lage lassen hier einen leckeren Wein
gedeihen. Im oberen Bereich hat die Natur zusätzlich
ihr Rückzugsgebiet und wir sahen einige Greifvögel am
Himmel, die nach Nahrung suchten.
Unterhalb der Homburg rasteten wir ein zweites Mal.
Wir flüchteten vor den weißen Löwenzahnwolken, die
durch die Luft schwebten und suchten hinter einer
Baumreihe direkt am Wasser Schutz.
268 Seite
Nach einer weiteren Rast in einer Heckenwirtschaft
erreichten wir mit der Urparer Mainschleife den ersten
Eckpunkt im südlichen Mainviereck. Bald sahen wir wieder
die Wertheimer Burg über dem Zusammenfluß von Tauber
und Main. Der erste Tag war damit geschafft und wir bezogen
unser Quatier im „Tauberhotel Kette“. Nach Kuchen
und Kaffee in der Altstadt suchten wir nach einer Pizzeria
an der Mainpromenade für den Abend. Noch während
des Essens zogen bereits dicke Wolken auf und erste
Donnergeräusche waren in der Ferne zu hören. Noch auf
dem Heimweg in unsere Unterkunft erreichten uns erste
Regentropfen. Mit einem leckeren Frühstück starteten wir
in den zweiten Tag. Das Wetter war weiterhin durchwachsen,
doch wir konnten ohne Regen losfahren. Es war aber
bereits merklich kühler geworden.
Seite 269
Kurz vor Stadtprozelten
machten wir
unsere erste Rast,
denn die Regenbekleidung
musste
übergezogen werden.
Trotz des schlechten
Wetters blieb die
Stimmung gut.
Einige Mainwindungen später ragten zwei mächtige
Türme aus dem umliegenden Baumbestand hoch über
dem Main. Beim Näherkommen, vor allem aber beim
Anblick der Henneburg von Mondfeld aus fragt man
sich, wie eine solch riesenhafte Anlage in die eher
abgeschiedene kleine Welt des Mainvierecks kam und
wozu sie diente. Aus der einstigen Burg des
12. Jahrhunderts machte der Deutsche Orden, der
die Henneburg 150 Jahre lang besaß, durch große
gotische Umbauten eine schlossähnliche Festung,
deren Außmaße wir heute noch erahnen können. Da
auch die nachfolgende Machtzentrale des Ordens
in Bad Mergentheim und somit in direkter Nähe des
Taubertals entstand, taucht die Frage auf, weshalb
sich die Machtkonzentration des Deutschen Ordens
gerade in Mainfranken befand. Nun, das ist kein Zufall
und eine längere Geschichte. Ich möchte sie aber
kurz erwähnen. Auslöser dieser Entwicklung war die
Übertragung großer Gebiete in Franken durch Karl den
Großen an die Kirche. Er brauchte jede nur erdenkliche
Unterstützung, vor allem für seinen Krieg gegen die
Sachsen und für gewisse Zugeständnisse bekam er
diese natürlich auch. Gegenleistungen für den Aufbau
neuer Verwaltungsstrukturen, deren Ausbildung die
Kirche in Verbindung mit dem Kloster Fulda realisieren
sollte, waren vor allem Besitztümer und Rechte an Einkünften
bzw. Zöllen in den fränkischen Gebieten. Dabei
mussten die zukünftigen geistlichen Würdenträger logischerweise
auch in weltlichen, sprich wirtschaftlichen
Künsten ausgebildet werden. Nachdem Karl der Große
bereits 742 die Bistumsgründung gefördert hatte, stattete
er 753 den ersten Bischof des Bistums Würzburg mit
weitreichenden Besitzrechten und -gütern aus,
denn die Kirche erwies sich auch in weltlichen Angelegenheiten
als überaus geschickt. Dabei handelte
Karl nach dem gleichen Vorgehen wie bereits bei der
„Pippinischen Schenkung“ an die Römische Kirche, die
nahezu zeitgleich stattfand. Im Gegenzug legitimierte
der Papst die Karolinger als Könige des Fränkischen
Reiches. Mit dieser klassischen Win-Win-Situation war
auch der Grundstein für die spätere Gründung des
fränkischen Fürstbischoftums gelegt und die Realisierung
dieser Chance wusste die Kirche in der Folgezeit
zu nutzen. Sie brauchte aufgrund der Erbproblematik
in Dynastiegeschlechtern eigentlich nur auf eine günstige
Gelegenheit zu warten, um auch ihre weltlichen
Ansprüche für die Zukunft zementieren zu können. Und
diese Gelegenheit kam. Nach dem Tod des letzten
rechtmäßigen fränkischen Herzogs, dem Konradiner
Eberhard, der 939 in der Schlacht bei Andernach
ohne Nachkommen fi el, war diese Chance endlich
gekommen. Darauf hin griff die katholische Kirche in
den ihr zugesprochenen Gebieten nun endgültig nach
der weltlichen Macht. Dies zeigt sich in den folgenden
Jahren eindeutig an der starken Aufwertung der
herrschaftlichen Rolle der Bischöfe von Würzburg. Auch
wenn spätere Könige, wie etwa der Staufer Konrad, der
Kirche diese Rechstansprüche, etwa um 1120, immer
wieder streitig machen wollte, kämpften die kirchlichen
Würdenträger hartnäckig weiter. Die Zeit hatte ihnen in
die Hände gespielt, ihre weltliche Macht war bereits zu
groß geworden. 1446 hatten sie es endlich geschafft,
denn seit diesem Zeitpunkt trugen die Würzburger
Bischöfe die Bezeichnung „Herzog zu Franken“ bzw.
„Franciae orientalis dux“ bis zum Ende des Alten Reiches
bzw. der Säkularisation in ihrer Titulatur.
270 Seite
Doch was hat diese Geschichte mit Stadtprozelten zu
tun? Diese Brücke erschließt sich beim Blick auf die
kirchliche Institution des Ordens. Denn der deutsche
Orden mit seinen Zentren, zu Beginn auf der Henneburg
und später in Bad Mergentheim, spielte beim Aufbau
eines eigenen Kirchenstaates eine zentrale Rolle.
Von hier aus wurden die Fäden für die Besitzansprüche
im Baltikum und dem dort gegründeten Deutschordensstaat
gezogen, der am Ende des 14. Jahrhunderts ein
Gebiet von rund 200.000 Quadratkilometern umfasste,
was beinahe der Fläche der alten Bundesrepublik
entsprach. Die Wurzeln dieser Organisation aber sind
hier bei uns am Mainviereck zu suchen. Anders lässt
sich die mächtige Festung Henneburg, die ihre ganze
Größe erst beim Anblick von Mondfeld aus zu erkennen
gibt, nicht erklären. Selbst von einem späteren Zentrum
des Ordens auf einer bekannten Bodenseehalbinsel
kann man zumindest vom Namen her Rückschlüsse auf
seine einstige Herkunft ziehen. Zu weit hergeholt? Ich
denke nicht. Aber für alle, die bis hierher gelesen haben,
möchte ich noch kurz den Grund erklären, weshalb
ich hier vom großen Karl, dem deutschen Orden und
der Verbindung hinunter an den Bodensee schreibe.
Zugegeben, ich bin auch ein Fan des großen Karls,
aber nicht nur, weil er es als erster schaffte, weite Teile
Europas zu einen, sondern weil er etwas viel Großartigeres
auf den Weg brachte und hier kommt wieder der
Bodensee ins Spiel. Konkret die Insel Reichenau mit
ihrem Kloster. Auch die kirchlichen Leistungen möchte
ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich loben.
Es waren die Schreibstuben der Benediktinerklöster
Reichenau und Murbach, das westlich von Freiburg
im heutigen Frankreich liegt, die von Karl den Auftrag
bekamen, eine einheitliche deutsche Sprache zu entwickeln,
die doch so wichtig für uns geworden ist.
Mit Hilfe unserer Muttersprache können wir all die
Gedanken zum Ausdruck bringen, die uns bewegen.
Ja, sie ist komplex und für alle, denen es nicht schnell
genug geht, dem Englischen unterlegen. Jedoch für
Tiefgründiges aus meiner Sicht dem Angelsächsischen
weit überlegen. Doch das muss jeder selbst beurteilen.
Aber um noch einmal auf Reichenau zurückzukommen.
Es gehörte bis zum Übergang an das Bistum Freiburg
zum Bistum Konstanz. Auch Reichenau hatte ursprünglich
königliche Dankbarkeit erfahren, nämlich den
Zugriff auf umfangreichen Grundbesitz, vor allem aber
auf die daraus resultierenden Abgaben. Auch heute
noch ist die Macht des deutschen Ordens in Konstanz
spürbar, nicht nur auf der Blumeninsel und in Reichenau,
wobei alles im Umkreis von unter zwölf Kilometern
beieinanderliegt.
Während wir weiter den Mainradweg entlang fuhren,
wechselten sich Naturlandschaften mit weitläufi gen
Felsstrukturen und sandsteinfarbenen Burgen ab. Nach
der Henneburg folgten die Ruinen Collenberg und
Freudenburg, die sich malerisch über dem Main in die
Waldhänge schmiegten.
Seite 271
In Miltenberg angekommen bestaunten wir zunächst
die Altstadt, denn sie ist wirklich außergewöhnlich. In
den engen Gassen lässt es sich herrlich spazieren gehen.
Neben dem Schnatterloch und der Burg können
viele weitere Sehenswürdigkeiten besichtigt werden.
In einem speisten wir sogar. Der Riese gilt als das
älteste Gasthaus in Deutschland. Neben der schönen
Außenfassade gibt es auch auf der Speißekarte selbst
nur Lobenswertes. Neben tollen Gerichten wird das
süffige Hausbier angeboten. Auch dies ist, wie bereits
gesagt, vom Feinsten.
Am nächsten Morgen waren wir vom leichten Regen
nicht gerade überrascht. Wir quälten uns noch weiter
bis nach Erlenbach und hofften, dass der Regen
aufhören würde. Doch vergebens, daher entschieden
wir uns an der nächsten Station, mit der Bahn nach
Hause zu fahren. In Obernburg mussten wir dann
auf den Schienenersatzverkehr umsteigen und es
folgte eine ruckelige Fahrt aufgrund der Räder im Bus
bis nach Aschaffenburg. Immer noch durchgefroren
saßen wir im Zug zurück nach Partenstein.
272 Seite
Der Spätherbst ist für
viele Naturfreunde
als Wanderzeit schon
lange beliebt. Ebenso
gut eignet sich diese
Jahreszeit für das
Paddeln auf dem
Main. Wer es nicht
glaubt, sollte es
einmal probieren.
Seite 273
Auf den letzten Kilometern...
Mit den vorangegangenen Schlechtwetterbildern möchte ich mein Buch auf keinen Fall
beenden und lade daher den Leser noch einmal ein, mich das letzte Stück zurück nach
Aschaffenburg auf dem Wasser zu begleiten.
Dazu stieg ich in Klingenberg in mein Boot ein.
Von dort aus mussten bis nach Aschaffenburg
28 Kilometer Paddelstrecke zurückgelegt werden.
Zusätzlich waren zwei Schleusen zu überwinden.
Nach gerechneten zweieinhalb Etappen war ich
am Ziel und damit schließt sich nun der Kreis,
denn wir sind wieder am Startpunkt meiner
Geschichte angekommen. Mit jedem Paddelschlag
werden über der Stadt die Konturen einer bekannten Silhouette immer deutlicher.
Beim Ausstieg aus meinem Schlauchkanadier schaue ich noch einmal nach oben und
vor mir erhebt sich die Johannisburg, eines der schönsten Schlösser Mainfrankens.
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Zurück nach Aschaffenburg
November 2020
Mit gemischten Gefühlen fahre ich Mitte November durch den Spessart. Nebel hängt dicht in den
Tälern und das Thermometer zeigt 4,5 Grad an. Sicherlich gibt es bessere Voraussetzungen, um
mit dem Boot auf dem Main zu paddeln, so dachte ich zumindest am Anfang.
Doch ich vertraute auf den Wetterbericht, der für diesen
18. November strahlenden Sonnenschein vorausgesagt
hatte und tatsächlich, hinter Eschau fuhr ich durch
den Nebel hinaus in einen sonnigen Tag hinein. Super
gelaunt erreichte ich Klingenberg und machte mein
Boot startklar.
Gegen die Kälte hatte ich diesmal vorgesorgt, nachdem
ich beim letzten Mal vor zwei Wochen mächtig gefroren
hatte. Mit Winterstiefeln und Regenhose war ich jedoch
an diesem Tag gut gerüstet. Auf dem Main angekommen,
legte ich mich bequem zurück und genoss die
leuchtenden Herbstfarben, die mir von den Spessarthängen
entgegenleuchteten. Dazu der strahlendblaue
Himmel über mir. Sagenhaft, so schön kann es im
Spätherbst auf dem Wasser sein.
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Die Temperaturen stiegen nun allmählich an und das
Paddeln machte so richtig Freude. Nebenbei mussten
selbstverständlich einige Bilder gemacht und an die
Familie zuhause geschickt werden. Dabei kam ich das
ein oder andere Mal etwas zu nah ans Ufer, denn beim
Handygebrauch vergeht die Zeit im Flug. Nach dem
Gegensteuern musste ich mich wieder auf Kurs bringen
und ich machte die erstaunliche Erfahrung, dass es
Handy´s selbt bei mir, einem Ultra-Naturfreak schaffen,
andauernd für Ablenkung zu sorgen. Und das trotz des
perfekten Wetters. Nein, jetzt hab ich dich durchschaut,
dachte ich, während das oben gezeigte Bild mit der
Klingenburg im Hintergrund gerade im Kasten war,
denn mit dem nächsten Griff beförderte ich das Handy
dorthin, wo es für die nächsten Stunden hingehörte,
weit weg in den Packsack.
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Ich erreichte Erlenbach und paddelte an der Schiffswerft
vorbei. Sie zählte noch 1970 mit ihren über 300 Mitarbeitern
zu den führenden Binnenschiffswerften in Deutschland.
Auch heute, nach dem erfolgreichen Unternehmensumbau,
kann man auf dem etwa 50.000 m² großen
Gelände, Schiffe bis 135 Meter Länge hellingen. Die über
100 Meter lange Werft, die man aufgrund ihrer Schräglage
auch als Helling bezeichnet, ist dabei die einzige Anlage
für Schiffe dieser Größe zwischen Duisburg und Linz. Zu
den Schiffsneubauten zählen Seenotrettungskreuzer und
Hochseeschlepper. Auch an diesem Tag lagen neben der
Werfthalle zwei Schiffe an der Helling und ich beobachtete
wie drei Arbeiter um die aufgestellten Rümpfe herumliefen.
Langsam paddelte ich an den Stahlträgern vorbei, die als
Unterlage für die Schiffe am Boden befestigt waren.
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Dahinter tauchte das Altstädtchen auf, dessen Lage
man am spitzen Kirchturm gut erkennen konnte.
Hinter Erlenbach erwartete mich dann wieder Natur pur.
Insgesamt sechs Eisvögel konnte ich an diesem Tag
sehen, wie sie vor meinem Boot den Main hinabflogen.
An diesem Tag leuchteten ihre türkisen Hinterteile aufgrund
der schräg stehenden Sonne besonders intensiv.
Dieser Tag war der schönste für mich in diesem Jahr
auf dem Main gewesen, denn im Gegensatz zu den
Sommermonaten, in denen gegen Mittag die Sonne
viel zu warm wird, waren nun die Temperaturen zum
Paddeln ideal.
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Unter den langen
Ästen einer Weide
legte ich mein Paddel
für einige Minuten auf
das Boot und lehnte
mich zurück. Dabei
fing das Boot an sich
zu drehen. In Zeitlupe
kreiste es nun mit mir
auf dem Main und ich
kam dabei vollständig
zur Ruhe. In solchen
Momenten kann man
die Natur um sich
herum nicht nur mit
allen Sinnen wahrnemen,
sondern man
erkennt in solchen
Augenblicken auch
ihren unermesslichen
Wert, den sie für uns
und das Leben, das
uns umgibt, besitzt.
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Später kam ich noch an einem selbst gebauten Boot
vorbei. Aus Paletten war ein Grundgerüst erstellt worden
und eine Sitzbank im hinteren Bereich, schmückte
das Gefährt. Das Boot besaß sogar eine Dachkonstruktion,
die mir besonders gut gefi el. In diesem Augenblick
musste ich an die Kinder denken, die es gebaut haben
mussten. Ich konnte mich dabei sehr gut in sie hineinversetzten,
denn als Jugendicher hatte ich mit meinen
Freunden ähnliche Dinge unternommen. Dabei genoss
ich das schöne Herbstwetter noch bis zum Nachmittag.
Dann tauchten die Schlote des Industriecenters
Obernburg auf. Wehmütig zog ich mein Boot über das
Gebüsch ans Ufer hinauf und sah bereits mein Fahrrad,
mit dem ich zurück nach Klingenberg fuhr.
280 Seite
Hinter der Staustufe in Kleinwallstatt ging es zunächst
weiter nach Obernau, wo mich nach zehn Kilometern
das nächste Querbauwerk zum Verlassen des Wassers
zwang. Dahinter, auf den letzten Paddelkilometern nach
Aschaffenburg, begleitete mich dann erneut herrlichstes
Wetter auf dem Main. Es war der 25. Februar 2021 und
es sollte an diesem Tag fast 20 Grad geben. Zehn Tage
vorher hatte es an manchen Stellen in Deutschland
unter minus 20 Grad gehabt, was einem Temperaturhub
von 40 Grad entspricht. Was aber da noch auf uns
zukommen wird? Es kann einem wirklich Angst und
Bange werden.
Noch etwa sechs Kilometer paddelte ich bis zur Uferpromenade
der Stadt. Dort angekommen war ich wieder
am Startpunkt meiner Geschichte angelangt.
Seite 281
Als ich in der großen Mainschleife aus dem Boot ausgestiegen
war, blickte ich staunend nach oben. Welch ein Prachtbau
sich da vor einem erhebt. Die schönen Außenfassaden
von Schloss Johannisburg sind ein Augenschmaus für jeden
Kunstliebhaber. Auch die vielen Fenster und die mächtigen
Türme müssen jeden Betrachter beeindrucken. Eher
unscheinbar wirkt dagegen der ebenfalls mächtige Bergfried
der alten Vorgängerburg im Inneren des Schlosses, denn er
wird von der neueren Vierfl ügelanlage gänzlich umschlossen.
War da etwa beim Neubau der zweiten Residenz der
Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten Absicht im Spiel?
Nachdem der Straßburger Baumeister Georg Ridinger 1614
sein Werk aus Rotsandstein fertig gestellt hatte, muss es
für die weltlichen Vorbesitzer einen ernüchternden Eindruck
hinterlassen haben, denn sie waren nun nicht nur in ihrem
ehemaligen Gebäude ummauert, sie hatten in Aschaffenburg
auch schon lange den politischen Führungsanspruch
abgeben müssen. Dies war nun auch visuell klargestellt.
Doch die Zeiten des Umbruchs waren bereits voll im Gange,
denn der Widerstand gegen das weltliche Machtstreben der
Kirche war bereits in vollem Gange und die Reformation auf
dem Weg. 200 Jahre später kam nach der Sekularisation,
welche die Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer
regelte, König Ludwig I. als neuer Herr an den Untermain.
Er lies 1840 gleich neben dem Schloss das Pompejanum
bauen. Zugegeben, im Vergleich zu Johannisburg wirkt
das nach außen hin nahezu fensterlose Gebäude auf mich
nicht gerade ästhetisch. Es zeugt eher von Desinteresse an
dieser schönen Region am Main. Dieser Eindruck auf mich
änderte sich auch nicht, nachdem ich wieder im Boot saß
und weiter den Main Flussabwärts weiterfuhr.
4 Seite
Routenübersicht
Band 1
S. 32 S. 54 S. 106 S. 92 S. 100
S. 130
S. 154
S. 4
S. 262
S. 272
S. 196
S. 114
S. 206
S. 118
S. 240
S. 224
S. 235
Seite 5
Zwischen Karwendel und Spessart
Band 2
Die Geschichte beginnt im Karwendel. Auf einer Mehrtageswanderung
durchquerten wir mit unseren Kindern das Gebirge von Ost
nach West. Anschließend erzähle ich über die Erlebnisse unserer
Zugspitzbesteigung, die über das Reintal erfolgte. Mit dem Rad
und im Schlauchkanadier erkundete ich die obere Isar, einem der
schönsten bayerischen Alpenflüsse, denn hier darf sie teilweise noch
frei fließen. Angenehm war das Radeln auch an der Isar entlang
durch München. Auf dem Weg nach Deggendorf lernte ich dann eine
Auenlandschaft kennen, die ihresgleichen sucht. An der breiten
Donau ging es anschließend weiter bis nach Kehlheim. Mich beeindruckte
nicht nur der Donaudurchbruch bei Weltenburg, sondern
auch das untere Altmühltal. Dort faszinierten mich die steinzeitlichen
Pfahlbauten wie auch die trutzigen Burgen hoch über dem Fluss.
Die landschaftlich einmaligen Kulissen zeigten sich vom Rad aus
optimal. Über das liebliche Taubertal erreichten wir anschließend
den Spessart und den Main. Der Fluss schlängelt sich in endlosen
Schleifen durch das fränkische Schichtstufenland. Nun wird der Leser
erneut auf den Fluss gelockt, denn ich erzähle, was ich zwischen
Lohr und Wertheim beim paddeln erlebte. Am Ende des Buches sind
es aber die alten Eichen und Buchen des Spessarts, die immer wieder
zu einer Wanderung in dieses sagenhafte Waldgebiet einladen.
Weitere Informationen und Bestelldaten unter:
www.raus-indienatur.de
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Fürs Leben lernen
Wenn man draußen unterwegs ist, lernt man, nach dem
Motto „Hinterlasse nur deine Fußspuren“ zu leben, was
bedeutet, dass generell kein Abfall zurückgelassen
wird. Beim Wandern mit Rucksack lernt man aber auch,
mit minimalem Gepäck auszukommen. Denn je weniger
man rumschleppt, desto schneller kommt man vorwärts.
Im Laufe der Jahre lässt man immmer mehr Dinge zu
Hause, die auf der letzten Tour nicht gebraucht wurden.
Neben der Botschaft, dass wir unsere Naturräume zum
Überleben brauchen, war es das Hinterfragen vieler
unnötig gewordener Dinge, die wir im Leben mitschleppen.
Damit müssen wir unsere Kindern konfrontieren,
damit sie fürs Leben lernen. Denn unser Leben im
Überfl uss hat uns in die Sackgasse geführt. Im Grunde
müssen wir diese Fehlentwicklung in allen Lebensbereichen
überdenken, denn es hat uns in eine prekäre,
nahezu aussichtslose Position gebracht. Vor allem aber
müssen wir handeln!
Die Rede ist von der Klimakatastrophe, die obwohl seit
50 Jahren bekannt, von Politik als Klimawandel verharmlost
und seitens der Industrie wenn möglich totgeschwiegen
wird - bis zum heutigen Tag. Und ich frage mich, wie
wir mit dieser Schuld leben wollen, die wir durch unser
Nichtstun in dieser Sache auf uns geladen haben.
Daher lag mir noch ein weiteres Thema seit vielen
Jahren auf der Seele. Und mein Herz hat mich solange
gedrängelt, bis ich es endlich zu Papier gebracht hatte.
Warum auf einmal alles so schnell gehen soll
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Unser Klima hat sich im Laufe der Evolution schon oft verändert. Doch seit der Industrialisierung wird
es vom Menschen aufgrund des steigenden Energieverbrauchs zunehmend beeinflusst, was zu einer
Erwärmung führt. Diese Klimaveränderung entsteht durch Treibhausgase, vor allem durch CO2, Methan
und Lachgas. Diese Gase reichern sich immer mehr in der Atmosphäre und in den Weltmeeren an und
erhitzen dabei unseren Planeten in ständig steigendem Maße. Doch warum erkennen und akzeptieren
wir diese Veränderungen nicht, obwohl die Meldungen über Hitzesommer, Waldbrände, Überflutungen
und Wirbelstürme immer mehr zunehmen?
Wie können kleine Teilchen wie das CO 2 , das wir weder sehen noch riechen können,
durch ihre Anreicherung in der Atmosphäre so große Auswirkungen hervorrufen?
Wissenschaftler trauen diesen Teilchen sogar zu, dass sie unseren Lebensraum auf der
Erde zerstören. Die genauen Zusammenhänge sind komplex, doch ständig werden wir
mit immer neuen Zahlen und Hiobsbotschaften bombardiert.
Dieses Büchlein ist der Versuch, die Auswirkungen unseres Handelns möglichst einfach
zu erklären. Denn es kann nur dann ein Umdenken stattfinden, wenn wir die Zusammenhänge
hinreichend verstehen.
Verständnis für diese Entwicklungen wird automatisch unser Handeln einfordern.
100 Seiten, die Sie unbedingt lesen sollten. Weitere Infos unter: www.schroepfer-net.de
292 Seite
Naturwunder als Netzwerk
Das neunbändige Werk zeigt, wie sich die Natur mit den ausgewiesenen Natura 2000 Gebieten
vernetzt. Dies wurde beispielhaft für die Region Franken dargestellt. Für einen besseren Schutz
wäre es jedoch nötig, dass in diesen Gebieten die Nutzung eingeschränkt oder ganz eingestellt
wird. Zumindest so lange, bis der Artenschwund gestoppt ist und sich die Natur wieder erholt hat.
www.naturwunderinfranken.de
Seite 293
Auf meinen Touren durch unsere Heimat lernte ich unsere Flüsse, viele Wälder, Wiesen und Felder
kennen. Gleichzeitig wurde ich dabei mit der steigenden Übernutzung unserer Lebensräume konfrontiert.
Die Flüsse, die als Wasserstraßen dienen, werden durch Querbauwerke alle paar Kilometer
zerschnitten. Dabei geht nicht nur ihre Ursprünglichkeit verloren, sondern langfristig auch das Leben
darin. Aber auch die Wälder haben wir zurückgedrängt. 50% unserer Landesfläche wird heute beackert
und die verbliebene Waldfläche immer intensiver genutzt. Dies hinterlässt jedoch tiefe Spuren
in der Natur, die zu einer extremen Ausdünnung der heimischen Artenvielfalt geführt hat. Wie lange
soll dieser Trend anhalten?
Natura2000 ist ein Versuch, eine Umkehr herbeizuführen, denn dort
soll die Nutzung solange zurückgefahren werden, bis das Artensterben
nicht mehr weiter geht. Ein Grund für mich, auf dieses Naturnetzwerk
aufmerksam zu machen und dies in Büchern zu publizieren.
Daraus entstand „Naturwunder in Franken“ (siehe oben)
Doch dieses Netzwerk Natura2000 funktioniert nur, wenn weitere
Großschutzgebiete entstehen würden, Die beste Möglichkeit dies
zu tun, ist das Einrichten weiterer Nationalparks in Deutschland.
Möglichkeiten für geeignete Flächen gibt es viele. Daher war für
mich auch klar, dass ich diese Gebiete aufsuche. Also machte ich
mich auf den Weg.
Die ersten Gebiete findest du unter:
www.derschatzvorunsererhaustuer.de
284 Seite
Impressum
Danksagung
Mein Dank gilt vor allem meiner Familie. Sie hat mir durch ihr Verständnis ermöglicht, dieses Buch zu schreiben,
auch wenn es zeitweise sicher nicht immer einfach war.
Zusätzlich möchte ich mich bei meinem treuen Lektor Herrn Wolfgang Weismantel bedanken.
Er hilft mir bei jedem neuen Buch, mit dem ich „um die Ecke komme“.
Quellen / Bildmaterial
Text und Bildmaterial stammt vom Buchautor.
Einige Bilder wurden von Kerstin, Jan und Lena gemacht.
Autor, Layout, Satz und Gestaltung / Herausgeber
Frank Schröpfer, Partenstein / Eigenverlag
Druck
Gmedien, Genheimer Druck GmbH, Lohr a. Main
Copyright
© 2020, Frank Schröpfer, Partenstein
Alle Rechte der Verbreitung, wie Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.
Seite 285
Über den Autor
Frank Schröpfer ist in Lohr a. Main geboren und seit seiner Kindheit im Spessart unterwegs. Mittlerweile ist er verheiratet und hat zwei Kinder.
Bereits mit 15 Jahren unternahm er mit Freunden und seinem ersten Fotoapparat mehrtägige Wanderungen durch seine Heimat, später auch durch andere Länder.
»Durch das Draußensein ist meine Liebe zur Natur entstanden, die einen festen Platz in meinem Herzen einnimmt.« So beschreibt Frank Schröpfer seine Grundeinstellung.
Dabei sieht er sich als Naturbeobachter, nicht als Experte. Und bis heute treibt ihn diese Leidenschaft oft mit dem Rucksack hinaus in die Natur. Dabei begleitet ihn meistens noch immer
die Familie. Im Laufe der Jahre ist so einiges an Bild- und Textmaterial entstanden, das er schrittweise in einzelnen Buchprojekten vorstellt. Der gelernte Elektrotechniker arbeitet seit
über 30 Jahren bei Bosch Rexroth. Zu seinen Plänen sagt er: „Es gibt noch vieles, was ich gerne fotografieren und aufschreiben würde. Ich möchte mit meiner Arbeit für mehr Naturschutz
werben und hoffe, dass viele meine Bücher lesen und dadurch den Schätzen unserer Heimat einen höheren Wert beimessen.«
Mit meinen Geschichten möchte ich Werbung für den sanften
Tourismus machen, denn wenn man per pedes die Heimat
erkundet, schont man Klima und Geldbeutel.
Gleichzeitig fördert es die Gesundheit und man lernt ganz
nebenbei auch noch die Natur kennen, die uns umgibt.
Dies führt dazu, dass wir sie wieder mehr schätzen.
Wenn wir dabei unsere Kinder mitnehmen, ist das pädagogisch
unschlagbar, da unsere Natur voller Überraschungen steckt und
sie dadurch viel fürs spätere Leben lernen. Die Natur ist der
Schatz vor unserer Haustür, den wir leider immer mehr verlieren.
Als Corona kam, wurde alles dicht gemacht.
Gleichzeitig fi ndet in der Gesellschaft ein Umdenken statt,
denn Aktivitäten im eigenen Land rückten wieder in den Fokus.
Wollen Sie mich ein Stück begleiten?
Die vorgestellten Touren führen durch ausgewählte
Naturlandschaften unserer Heimat.
Sie werden als Bildergeschichten erzählt
und sind in die drei Themenblöcke
Wandern, Paddeln und Radeln unterteilt.
Grafi ken und Übersichtskarten helfen dem Leser
den Routenverlauf nachzuvollziehen.
© 2010 Frank Schröpfer © 2019
Seite 3
Wandern
Wandern ist Natur pur. In Zeitlupe schwebt sie an dir vorbei und fordert doch
all deine Sinne. Du realisierst das Singen der Vögel im Frühling, das Summen
der Bienen und den Duft der Blüten im Sommer, das Rascheln des Herbstlaubs
im Sturmwind und das Knistern der Blätter, das beim Aufsetzen deiner Füße
entsteht.
Du saugst das leise Nichts im Winter auf, wenn alles ruht und schläft.
Wenn nur das leise „Flupp“ zu vernehmen ist, das unter deinen Füßen entsteht,
wenn diese auf dem Schnee aufsetzen und ihn zerdrücken.
Die Kälte beißt sich in dein Gesicht und du spürst, wie sie mit dem
aufkommenden Wind zunimmt.
Du spürst bei Windstille die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut,
du bleibst stehen und verschließt die Augen, wenn die Sonne schräg über dem
Horizont steht und dich für einen kurzen Moment zum Innehalten einlädt.
12 Seite
In der morgendlichen
Frische dem
Sonnenaufgang
entgegenlaufen.
„Waldbaden entspannt.
Es erzeugt
ein Gefühlserlebnis,
das aufgrund seiner
positiven Auswirkungen
auf unser
Bewusstsein und
unsere Gesundheit
immer mehr
umworben wird.
Man erreicht nach
gelaufener Strecke
einen Zustand der
Zufriedenheit mit
sich und der Natur.
Seite 13
Wandern ist die älteste Art der Fortbewegung.
Du folgst einem Weg, zwischen den Bäumen
und Sträuchern hindurch. Sie sollten nicht zu
zahlreich sein, damit sie deinen Blick nicht
einengen. Auch der Boden sollte nicht zu üppig
bewachsen sein, damit deine Aufmerksamkeit nicht
von der Erde gefesselt wird.
Dir begegnet der Dunst, der dem Boden entströmt.
Du bist immer auf der Suche nach dem richtigen
Weg. Und während du läufst, merkst du,
das dies der Weg des Lebens sein muss.
Und immer hinterlässt du nur einen Fußabdruck,
mehr nicht.
Aktiv die Natur erleben.
Das heißt, sie in ihrer ganzen
Schönheit kennenzulernen.
Sie verbirgt sich hinter jeder
Ecke, in unzähligen Details
und weckt unsere Neugierde.
Begleiten Sie uns eine Weile
und lassen Sie sich den Schatz
zeigen, der direkt vor unserer
Haustür liegt.
Seite 1
01 Durch den Spessart 4
02 Main und Saale 32
Alles im Fluss
Mit dem Rad
durch das Sinntal 46
03 Rhöndurchquerung 54
04 Mainradweg 98
05 Im Steigerwald 106
06 Wandern unter Buchen 108
07 Am Main entlang 114
08 Im Reich der Pilze 118
09 Von Würzburg nach Lohr 122
10 Am Oberen Main 130
11 Mainradweg Teil 3 132
12 Wandern im Fichtelgebirge 154
14 Altmühltal und
Fränkische Seenplatte 224
Durch das Altmühltal 228
15 Taubertal 240
Liebliches Taubertal 244
16 Mainradweg Teil 4
Von Lohr Mainabwärts 262
Zurück nach
Aschaffenburg 272
Mit Kindern unterwegs
Paddeln 42
Radfahren 128, 244 - 260
Wandern 12-15, 177-183
13 In der „Fränkischen“ 196
Auf der Wiesent 200
Durch die „Fräkische“ 206
2 Seite
Es ist kaum zu
beschreiben. Man
steht irgendwo
mitten im Wald und
muss beinahe die
Augen zukneifen,
so sehr blenden die
goldgelben Blätter,
die von der Sonne
beleuchtet werden.
Seite 3
Herbst
Es sind solche Momente wie diese, weshalb ich den Herbst so liebe. Kurz bevor ich
diese Zeilen schrieb, war ich im Wald, wie jeden Tag, gleich hinter meinem Haus um
zu laufen. Nachdem ich durch genau diese Farbenpracht zwischen Erichstollen und
Marienschacht, den beiden Eingängen der Partensteiner Schwerspatgruben, gelaufen
war, lockten mich die Sonnenstrahlen hinauf auf die Hofhöh. Dort oben wurde
ich Zeuge eines einmaligen Schauspiels. Weit hinten im Reichengrund hing eine
Nebelschwade ganz unten im Tal. Sie zog sich bis hinter zum Kastanienwäldchen.
Darüber spielten kleine Nebelfetzen mit den bunten Farben der Baumkronen, indem
sie vorsichtig auf und abwippten. Zeitgleich rang die Sonne mit den Wolken um den
entscheidenden Platz am Himmel bis das Licht plötzlich wieder die Oberhand
gewann und ein Strahlenfächer schräg auf die Pfirschhöh traf. Die Nebelschwade
darunter rührte sich plötzlich nicht mehr und für einen kurzen Moment leuchteten die
Farben des Herbstes wie auf dem gerade gezeigten Bild. Leider hatte ich keine
Kamera dabei. Doch ich behielt die Eindrücke in meinem Gedächtnis und schrieb sie
zu Hause auf dieses Papier. Doch warum schreibe ich hier über den Herbst?
Es ist die Jahreszeit, in der folgende Geschichte beginnt.
4 Seite
Durch den Spessart
Durch den Herbstwald
laufen ist für
Kinder ein Spiel,
denn Eichen- und
Buchenblätter
wirbeln umher und
sie rascheln unter
den Füßen, wenn sie
zertreten werden.
Seite 5
Der Spessart bietet dem Wanderer einmalige Erlebnisse. Er ist eines der größten
zusammenhängenden Waldgebiete Europas. Alte, mächtige Eichen und Buchen
können hier noch bewundert werden. Quasi im Vorbeilaufen können Wanderer bis
zu sieben Spechtarten rufen und klopfen hören und mit etwas Geduld sogar beobachten.
Und noch vieles mehr. Über 4000 Tier- und 1.500 Pflanzenarten wurden
bisher im Spessart gezählt. Darunter auch Raritäten wie der Schwarzstorch oder
der Mittelspecht. Sie alle sind in diesem Waldkomplex heimisch.
Außerdem hat die Gegend historische Zeugnisse zu bieten. Die fränkische Kulturlandschaft
zeigt sich durch Burgen, Schlösser und Ruinen, die hoch über den Tälern hinter
den Bäumen hervorragen. Klöster und Kirchen findet man ebenfalls in abgelegenen
Dörfern. Doch bald verschwindet der Weg anschließend wieder im Grün des Waldes.
Wie durch einen Torbogen taucht dann der Wanderer in die alten Eichen- und Buchenwälder
ein. Dazwischen führen die Wege über Wiesen und durch Bachtäler in das
nächste Dorf hinein. Dort erzählen schmucke Fachwerkbauten von ihrer langen
Geschichte.
Diese abwechslungsreiche Landschaft war ein wesentlicher Grund, weshalb sich bereits
früh Wanderfreunde im Spessart zusammenfanden. Heute zählt der Spessartbund, der
auch die Wege unterhält, etwa 17.000 Mitglieder, die in 88 Ortsgruppen organisiert sind.
6 Seite
Seite 7
Die Route
Der Spessartweg 1 durchquert auf 60 km dieses Mittelgebirge von West nach Ost.
Der Weg beginnt in Aschaffenburgs Parkanlagen und führt hinauf zur mittelalterlichen
Ausgrabungsstätte Ketzelsburg.
Über die Bergrücken des Spessarts geht der Weg
hinüber nach Rothenbuch und weiter bis in die
historische Altstadt von Lohr.
Anschließend quert der Weg den Main und
wechselt nach einem Anstieg seine Richtung.
Er begleitet uns nun nach Norden und endet in der
Dreiflüssestadt Gemünden.
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Unterwegs im Räuberwald
November 2010
„Was sind das für knarrende Geräusche“, erschrak Jan als Erster. „Jemand verfolgt uns“. Ich
blickte in weit geöffnete Augen, konnte mir das Grinsen aber nicht verkneifen. „Da schon wieder.
Ich habs auch gehört“, meinte Lena. „Das sind die langen Fichten, Kinder, die da knarren”.
„Dort drüben sind sogar welche umgefallen, mitsamt
der Wurzel“. „Ja, Nadelbäume sind halt nicht so stabil“,
erklärten wir. „Deshalb bemüht man sich heute wieder
vermehrt Laubbäume zu pfl anzen, wenn die Fichten
vom Sturm niedergeworfen wurden“, fuhr ich fort. Wenig
später bestätigten uns die Kinder, dass der Laubwald ja
auch wesentlich schöner sei. Wir schlurften mit den Füßen
durch die bunten Blätter des Halsbachtales und ließen sie
tanzen, sobald der Wind aufkam und ein wenig nachhalf.
Wir waren auf dem Weg zur Ruine Schönrain, einem
alten Gemäuer mit einer langen Geschichte. Dort oben
wollten wir Rast machen. Es war die letzte Etappe auf
dem Spessartweg 1, die jenseits des Mains von Lohr
nach Gemünden führt und dort endet.
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Einblicke in die Geschichte
Es waren schöne Tage Anfang November. Die Herbstferien
hatten gerade begonnen und wir nutzten die Zeit,
um den vom nationalen Wanderinstitut ausgezeichneten
Premiumweg fertig zu laufen. Nachdem wir
Mariabuchen und Halsbach hinter uns gelassen hatten,
ging es hinauf zur Ruine Schönrain. Die Aussicht von
dort oben hinunter auf den Main ist zu dieser Jahreszeit
traumhaft, denn das lichter werdende Blätterdach
ermöglicht weite Ausblicke hinunter ins Maintal. Während
des Schlenderns durch die Gemäuer erzählte ich den
Kindern nebenbei die bewegte Geschichte dieses Ortes.
Ganz oben:
Vom alten Klostergarten
aus blickt man über die
Mainschleife in Richtung
Lohr.
Links und oben:
Abenteuerspielplatz
Burgruine.
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Impressionen auf dem Spessartweg 1
1
2
3
Schloss Johannisburg, Aschaffenburg
Waldboden im Hochspessart
Valentinuskapelle und Altstadt in Lohr
1
3
3
2
Seite 11
Der Start dieser Tour lag bereits ein Jahr zurück.
Ebenfalls im Herbst fuhren wir mit der Bahn nach
Aschaffenburg, dem Mainfl orenz am Westrand des
Spessarts, wie es so schön heißt. Die größte Metropole
des Untermains zählt mittlerweile über 70.000 Einwohner.
Bequem erreichten wir mit dem Zug von Partenstein
kommend direkt die Innenstadt und schon nach
wenigen Minuten standen wir am Schloss Johannisburg,
einem der eindrucksvollsten Schlösser Frankens.
Die Markierung des Wanderwegs, ein blaugrüner
Specht, der vom Mainviereck umgeben ist, führte uns
anschließend durch den Stadtpark. Vorbei an schönen
Teichanlagen wanderten wir die ersten Kilometer mitten
im Grünen durch die Stadt.
Wir passierten nach dem Adriansdenkmal das gelbe
Stadtschild und waren wenig später bereits über
Streuobstwiesen auf den Godelsberg hochgelaufen.
Oben angekommen genossen wir von der Teufelskanzel
den Ausblick auf den Talkessel. Im Mittelpunkt
erkannten wir das Schloss und die Stiftskirche, und
somit die Keimzelle der Stadt. Aschaffenburgs. Nach
dem Aussichtspunkt ging es mit wenigen Schritten
direkt in den Spessartwald hinein.
Oben:
Beschreibung des
Wegverlaufs direkt an
der Fasanerie
Links:
Am Denkmal Ludwig I
12 Seite
Ausblick von der
Teufelskanzel Richtung
Aschaffenburg und das
sich anschließende
Maintal.
Große Steinblöcke am Wegesrand sind für die Kinder
eine willkommene Abwechslung. Auf dem weiteren
Weg geht es auf und ab und wir erreichten nach sieben
Kilometern Haibach. Nach einer kurzen Pause am Wildgehege
wanderten wir der Ketzelsburg entgegen.
Diese kleine Höhenbefestigung wurde vom Archäologischen
Spessartprojekt ausgegraben und näher
untersucht. Eine detailierte Hinweistafel informierte
uns detailgetreu über die neuesten Erkenntnisse der
Grabungen.
Auf einer Wiese direkt am Ort durften wir übernachten,
auch wenn wir gerne noch weitergelaufen
wären. Für die Kinder sind jedoch kurze Etappen
wichtig, denn sie sollen die Lust am Wandern nicht
verlieren.
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Der Spieltrieb packte Jan und Lena auch am nächsten
Morgen. Nach wenigen Kilometern erreichten wir ein
kleines Rinnsal. Es fl ießt gemütlich über Sandsteinstufen
bergab und endet in einem trüben Teich. Eine
Schutzhütte direkt daneben bot sich für eine kurze
Rast an. Für die Kinder ist es spannend, einem kleinen
Bächlein zu folgen, dieses immer wieder zu überspringen
und in die unzähligen Pfützen daneben zu tappen.
Dabei kamen wir nur langsam voran, denn so manches
ließ sich auf dem Weg entdecken. Als wir nach der
Ankunft am Kloster Schmerlenbach die Trinkflaschen
gefüllt hatten, ging es über Felder leicht bergauf. Wir
nutzten dabei die Zeit, um das kleine Einmaleins zu
lernen.
Nach der Unterquerung der Autobahn, die sich mitten
durch den Spessart schlängelt, wunderten wir uns,
denn schon nach einigen Minuten war nichts mehr vom
Autolärm zu hören. Der Wald verschluckt zum Glück
die Geräusche bereits nach etwa einem Kilometer.
Auf einer kleinen Lichtung konnten wir anschließend
die Sonnenstrahlen genießen. Wir legten uns dazu ins
Laub, lauschten dem Vogelgezwitscher und beobachteten
die Bewegungen der Vögel, die sich über uns in
den Baumkronen tummelten. Über Waldaschaff sahen
wir zum letzten Mal die Autobahn und tauchten danach
immer tiefer in die Waldlandschaft ein. Über Forstwege
zog sich unser Wanderweg anschließend auf den
Höhenzügen entlang Richtung Osten.
Heute sind diese Wege recht einfach zu bewandern.
Früher war dies ein anstrengendes Unterfangen, vor
allem bei Nässe. Fuhrleute brachten über diese Höhenwege
Waren wie etwa Glasprodukte der Lohrer Manufaktur
zur Frankfurter Messe. Brüchiges Glas wurde auf
Pferde- und Ochsenkarren transportiert. Wieviel der
Ware dabei wohl zu Bruch gegangen ist, wenn es dann
geregnet hatte, der Waldboden aufgeweicht war und
die Karren im Morast versanken. Wir können uns das
heute kaum vorstellen. Ausgeruht folgten wir nach der
Rast wieder unserem „Specht mit der 1“. Dabei sollten
wir bald den Spessartweg 2 kreuzen. Dieser verläuft
in Nord-Südrichtung, führt durch Heigenbrücken und
endet in Stadtprozelten.
Oben: Stockschwämme
am Wegrand
Links: beim Packen nach
der Rast
Ganz Links:
Eine Blindschleiche
kroch vor unseren Füßen
über den Weg.
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Zeltplatz mitten im
Spessart.
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Übernachten im Zelt
Gibt es etwas Schöneres als mit Kindern im Zelt zu
schlafen? Wohl kaum. Seit einigen Jahren kann man
dies auch direkt im Wald realisieren und bequem über
den Spessartbund, die Geschäftsstelle des Naturparks in
Gemünden oder über „www.trekking-bayern.de“ buchen.
Endlich am Zeltplatz angekommen, stellten wir unser
Kuppelzelt auf und holten anschließend die Daunenschlafsäcke
aus dem Rucksack heraus. Nach ein paar
Minuten haben diese ihr bauschiges Volumen erreicht
und bieten für die Nacht eine kuschelige Schlafhöhle.
Doch vorher gibt es noch einen leckeren Nudeltopf.
Die Dämmerung löste den Tag in schnellen Schritten
ab und die Geräusche des Waldes veränderten sich.
Gespannt lauschten wir in die Dämmerung hinein. Äste
fielen gelegentlich herab und der Wind rauschte über die
Baumwipfel, während ein Käutzchen die einbrechende
Nacht ankündigte. Jan und Lena liebten es, im Zelt zu
schlafen und so waren wir glücklich, dass unser Hobby
in den Kindern ein wenig weiterlebte. Wir krochen ins
Zelt und nach einigen Minuten umgab uns die kuschelige
Wärme der Daunen. Beachten sollte man jedoch, dass
die Daunenschlafsäcke trocken bleiben. Aneinander
gekuschelt schliefen wir bald ein.
Am nächsten Morgen, nachdem wir die Schlafsäcke verstaut
hatten und aus dem Zelt gekrochen waren, gab es
Tee, Kaffee und Nutellabrote. Während Kerstin die Brote
schmierte, was mit der harten Butter nicht gerade leicht ist,
baute ich mit kalten Fingern das Zelt ab. In der Zwischenzeit
verputzten Jan und Lena die zubereiteten Brote. Aber
die Kälte kroch bald unter unsere Jacken. Nach dem Essen
wurden daher zügig die Rücksäcke gepackt. Je kälter
es ist, umso besser müssen die zu erledigenden Arbeiten
Hand in Hand ablaufen, um schnell wieder in Bewegung
zu kommen. Zuletzt muss noch das Zelt mit den unteren
Packriemen festgezurrt und die Isomatten an den oberen
Schnallen direkt an die Deckeltasche befestigt werden.
Mit dieser Anordnung lässt sich während der Tagesetappe
schnell ein warmes Sitzkissen realisieren. Nur wenige
Minuten nach dem Frühstück waren wir wieder unterwegs.
Oben:
Gemütliche Wärme im
Inneren des Zeltes
Links:
Abends wird meist ein
Fertiggericht zubereitet.
16 Seite
Auch alte Buchen- und Traubeneichenbestände sind rund
um Rotenbuch, vor allem in den Naturschutzgebieten
Metzgergraben und Krone, Rohrberg und Eichhall zu
finden. Auf über 400 Jahre wurde das Alter der Bäume anhand
der Jahresringe ermittelt. Der Traubeneichenbestand
des Spessarts ist somit einzigartig in Deutschland. Und diese
urwaldartigen Naturschutzgebiete, die aber nur kleinere
Waldinseln darstellen, werden durch Natura 2000-Gebiete
zusammengefasst und somit vernetzt. Glücklicherweise
verläuft unser Wanderweg mitten durch diese schützenswerten
Gebiete hindurch, die als Naturwunder unserer
Heimat bezeichnet werden können. Aus diesem Grund
habe ich darüber auch ein Buch geschrieben, aug dass am
Ende des Kapitels noch einmal eingegangen wird.
Neben den Eichen sind aber auch die vielen Spechte
das Wahrzeichen dieses Waldes. Von Zeit zu Zeit hörten
wir ihr Trommeln an morschen Baumstämmen. Diese
enthalten unzählige Larven und Insekten und sind
somit als Kinderstube nicht nur für Spechte eine ideale
Bleibe. Wir liefen auf dem Höhenweg weiter bis nach
Rothenbuch, einem ehemaligen Jagdsitz der Mainzer
Erzbischöfe. Den Wald hinter uns lassend, geht es über
ausgedehnte Wiesen hinunter in das schöne Dörfchen
mitten im Spessart. Nach den Bunt- und Schwarzspechten
im Wald bekamen wir auf der Wiese vor allem
Grünspechte zu Gesicht. Doch nicht nur die sieben
Spechtarten sind im Spessart zahlreich anzutreffen.
Sorgen bereitet den Bewohnern vor allem das viel zu
hohe Schwarzwildvorkommen. Es richtet jedes Jahr
erhebliche Schäden besonders auf den Feldern rings
um die Dörfer an. Der steigende Maisanbau fördert
auch die Schwarzwildbestände, denn Wildschweine
lieben den Mais.
Aus Naturschutzkreisen gibt es aber auch Erfreuliches
zu berichten. Der Luchs ist auf seinen leisen Pfoten
immer öfter in unseren Wäldern unterwegs. Pfotenabdrücke
und Fotofallen liefern eindeutige Beweise
dafür, dass dieser große Beutegreifer in den Spessart
zurückgekehrt ist.
Seite 17
Nachdem wir Rothenbuch hinter uns gelassen hatten,
führte uns das Wegzeichen auf den alten Handelsweg
zwischen Lohr und Aschaffenburg zurück. Er erstreckt
sich nahe der B26 auf dem nördlich von Rothenbuch
verlaufenden Höhenrücken. Nach ein paar Minuten
verlässt die Markierung den Verlauf der Teerstraße
wieder und führt den Wanderer über den Gaulskopf zum
Bischborner Hof.
Anschließend verläuft der Weg in Richtung Weikertswiese
bis hinunter nach Lohr über einen Abstecher
am Steinernen Haus vorbei und weiter bergab bis zum
Valentinusberg. Wir erreichten die gleichnahmige Kapelle,
die über der Altstadt von Lohr liegt.
Seit dem 15. Jahrhundert ist an diesem Platz eine Kapelle
belegt. Wahrscheinlich stand hier aber schon viel früher ein
sakrales Bauwerk. Die heutige Kapelle wurde 1660 bis 1664
zu Ehren des heiligen Rochus gegen die Pestepidemien
errichtet und von den Lohrer Bürgern finanziert.
Direkt hinter dem Kirchlein konnten wir einen flüchtigen
Blick auf den Talkessel werfen. Leider ist die Aussicht etwas
zugewachsen, aber zwischen den Ästen schimmerte
der Kirchturm hindurch. Er zeigte uns den Weg hinab in
die Stadt.
Oben: Abstecher zum
Steinernen Haus etwa
3 km vor Lohr
18 Seite
Blick durch die Altstadt auf den
Kirchturm von St. Michael.
Noch heute überragt er weit
sichtbar die Altstadt. Er war
viele Jahrhunderte lang
Wahrzeichen und zeigte den
Stolz der Lohrer Bürger, die ihn
erbauten.
Seite 19
Der Weg führt uns direkt in die Altstadt mit ihrer Fußgängerzone
hinein. Vorbei am alten Rathaus aus dem
16. Jahrhundert geht es über Sandsteinpflaster an alten
Fachwerkhäusern entlang und geradewegs auf den
Kirchturm zu.
Das Weinhaus Mehling steht direkt am Alten Dorfbrunnen.
Unter dem Weinhaus liegt der alte Weinkeller,
der zur Theaterbühne umgebaut wurde. Viele weitere
Lokale und Gasthäuser laden in der Fußgängerzone
zum Einkehren ein.
Oben: Hotel Krone
und Blick auf den
Treppenturm des
Rathauses
Links: Weinreben klettern
an manchen Fassaden
der Fachwerkhäuser
empor
20 Seite
Lohrer Schloss mit Spessartmuseum
Der fränkische Baustil prägt die
ganze Altstadt. Der Bayersturm
überragt Turmstraße
und Fuchseneck. Der Brunnen
in der Fischergasse symbolisiert
mit seinem Fischer eine
der ältesten Nahrungsquellen,
den Main.
Seite 21
Das Lohrer Schloss, das mit dem Ausbau der Stadt ab 1330
errichtet wurde, beheimatet heute das Spessartmuseum. Die
Ausstellung zeigt unter anderem einen „Schnewittchenspiegel“
aus der ehemaligen Spiegelmanufaktur, es werden aber
auch alte Handwerksberufe vorgestellt und Räubergeschichten
aus dem Spessart erzählt. Über den Schlossplatz erreicht
man schnell die Hauptstraße, die durch die Altstadt führt. Am
unteren Ende gelangt man über ein Torhaus in die ehemalige
Burg, die nach dem Schlossbau Stück für Stück für kirchliche
Zwecke weiter umgestaltet wurde.
Wir verließen die Altstadt über die alte Mainbrücke in Richtung
Sendelbach und genossen noch einmal die Silhouette der Lohrer
Altstadt mit dem Bayersturm. Auf der gegenüberliegenden
Seite des Mains sollte es im kommenden Jahr weiter gehen.
Oben und links: Zugang
zur alten Burg und zum
heutigem Kirchplatz.
Ganz links: Fischergasse
mit Brunnen und anschließendem
Durchgang zur
alten Mainbrücke
22 Seite
Hinweisschilder am
Romberg erkären uns
Flora und Fauna im
gleichnahmigen
Naturschutzgebiet.
Seite 23
Genau ein Jahr später starteten wir von Lohr aus zur
letzten Etappe des Spessartwegs 1. Die alten, knorrigen
Eichenbäume am Romberg bilden eine beeindruckende
Allee, durch die der Weg hindurchführt. Hinweistafeln
erklären die besonderen Lebensräume, die hier neben
dem Wald anzutreffen sind. Neben Magerrasen und
Streuobstwiesen fanden wir aufgesetzte, alte Steinmauern,
in denen Zauneidechsen heimisch sind.
Wir kamen bald auf eine Lichtung und sahen am Himmel
drei Mäusebussarde kreisen. Ihr lauter Warnschrei
signalisierte, dass sie uns gesehen hatten. Wir liefen
weiter den Romberg hinauf und waren bald auf seinem
von Sandgruben durchzogenen Bergrücken.
Oben: Eine alte Eiche
direkt am Straßenrand
hinter Sendelbach ist als
Naturdenkmal ausgezeichnet.
Links: Immer wieder
stoßen die Kinder auf
außergewöhnliche Dinge.
24 Seite
Herbstfarben schmücken
alte Buchenwälder im
Spessart.
Seite 25
Das Spechtzeichen folgt dem Prozessionsweg nach
Mariabuchen, einem alten Gebäudekomplex. Neben der
Kirche läd die Buchenmühle zum Essen ein. Sie liegt
direkt in der Talsohle des Buchentals. Wir wanderten aber
weiter über die Rettersbacher Höfe in Richtung Halsbach.
Hier oben endet der Spessart und die fränkische Platte
mit ihren Wiesen und Feldern beginnt. Hinter Wiesenfeld
ragten eine Reihe Windräder in den Himmel. Sie sind
Zeugen der Energiewende, deren schnelle Realisierung
für unsere Kinder so wichtig ist. Die Agrarlandschaften
darunter bieten sich als Standort für regenerative Energien
geradezu an. Die weite Fernsicht endete, als wir hinter
Halsbach in ein bewaldetes Tal hinuntertrotteten. Der
Spessartwald hatte uns wieder.
Rechts: Auf dem Bergrücken
angekommen lockte
eine leckere Brotzeit an
der Schönrain.
Unten: Einsiedelhäuschen
hinter dem Halsbach
26 Seite
Abenteuerspielplatz an
der Ruine Schönrain
Seite 27
Nach der Brotzeit erkundeten die Kinder sofort das
alte Gemäuer. Von den Wanderstrapazen war plötzlich
keine Rede mehr. Ebenso von den Schmerzen an den
Füßen. Wir ließen die Kinder noch eine Weile spielen
und setzten eine halbe Stunde später unsere Wanderung
fort.
Nun ging es hinauf zur etwa einem Kilometer entfernten
Klosterquelle. Dort füllten wir unsere Trinkflaschen auf.
Von hier oben hatten die Mönche im Mittelalter eine
Steinrohrleitung verlegt und damit die Wasserversorgung
für das Kloster sichergestellt. Heute speißt die
Quelle einen kleinen Waldteich und dient Amphibien
und Libellen als Laichgewässer.
Oben: Die Klosterquelle
speißt einen kleinen
Teich mitten im Wald.
Blick von der Schönrain
auf die Mainschleife in
Richtung Lohr
28 Seite
Blick von der Mainbrücke
auf die Dreifl üssestadt
Gemünden
Seite 29
Kurz vor Massenbuch wird der Wald wieder durch Felder abgelöst und unsere
Blicke zieht es weit hinüber bis zur Homburg. Bei gutem Wetter kann
man sogar bis in die Rhön blicken. Uns blies jedoch der Wind ins Gesicht
und die Blätter tanzten vor unserem Weg auf und ab. Sie umrahmten ihn
dabei und wirkten teilweise wie ein Schneegestöber auf uns. Nun hörten
wir auch das Knarren der Nadelbäume wieder.
Die Markierung führte uns gleichzeitig sicher über alte Hohlwege hinab
bis nach Gemünden, unserem heutigen Ziel. Das Wetter hätte ruhig etwas
besser sein können, aber den Kindern schien es nichts auszumachen. Am
Huttenschloss wurden noch einmal die Regenjacken benötigt. Doch bis
zum Bahnhof war es ja nicht mehr weit.
Oben: Scherenburg
über der Dreifl üssestadt
Gemünden
Links: Huttenschloß mit
Wappen der Erbauerfamilie
30 Seite
Main und Saale
An den Ufern des
Mains liegen zum
Teil wunderschöne
Buchten. Über sie
kann man mit dem
Boot bequem auf
das Wasser gelangen.
Am besten
findet wird man
diese Stellen aber
vom Wasser aus.
Seite 31
Unsere heimischen Flüsse wie der Main, aber auch die fränkische Saale oder die
Wiesent laden zum Bootsfahren geradezu ein. Der Main ist dabei die Lebensader
unserer Region. Sein Name ist keltischen Ursprungs. Man nannte den Fluss damals
Moin oder Mogin und bezog sich dabei auf die Windungen des Flusses, der sich wie
eine Schlange durch die Landschaft windet.
Für den Main werden verschiedene Längen genannt, denn er hat mehrere
Ursprünge. Wenn man ihn von der Qelle des Roten Mains aus berechnet, ergibt sich
bis zur Mündung in den Rhein eine Fließlänge von 527 km. Von seinem kürzeren
Quellfluss, dem Weißen Main bis zur Mündung werden 518 km angegeben. Doch
auch die Regnitz könnte man mit einbeziehen, denn sie ist am Zusammenfluss
deutlich größer als der Main. Inklusiv der Rednitz kämen dann etwa 553 km zusammen.
Vor der Wiedervereinigung wurde der Main sogar als längster Fluss der BRD
genannt. Das Einzugsgebiet des Mains und seiner Nebenflüsse umfasst jedenfalls
eine Fläche von 27.292 km². Somit entwässert er den größten Teil Frankens.
32 Seite
Seite 33
Die Route
Der Main ist nicht nur ein langer, sondern auch ein sehr schöner Paddelfluss.
Vor allem an seinem Oberlauf. Denn die Hauptschiffartsroute führt ab Bamberg über
den RMD-Kanal nach Nürnberg und weiter zur Donau. Auf dem Oberlauf zwischen
Bamberg und Kulmbach geht es dagegen wesentlich ruhiger zu.
Aber auch rund um den Spessart lässt es sich
hervorragend paddeln. Von gelegentlichem Um
tragen an den Staustufen einmal abgesehen,
kann auch der Mittlere- und der Untermain
schöne Abschnitte vorweisen. Hier wird der Fluss
auf der Strecke zwischen Gemünden und Lohr
beschrieben und am Ende auch der Unterlauf der
fränkischen Saale.
34 Seite
Alles im Fluss
Juli 2020
Gemünden ist als Dreiflüssestadt überregional bekannt. Sinn und Saale treffen sich am Rande
dieser Stadt, um sich dort mit dem Main zu vereinen. Anschließend umfließt dieser im weiten Bogen
den Spessart und durchquert gleichzeitig den Landkreis Main-Spessart von Nord nach Süd.
Schon immer war der Fluss für diese Region bedeutend.
Er wurde am Ende namensgebend für den Landkreis.
Da ich dem Paddeln verfallen bin, war klar, dass
ich den Main, der meine Heimat geprägt hat, einmal
befahren würde.
Über den Sommer wollte ich den Abschnitt zwischen
Gemünden und Miltenberg in mehreren Etappen
erkunden. Bei herrlichstem Wetter startete ich Ende
Juli mit dem ersten Teilstück zwischen Gemünden
und Sackenbach und fuhr am Bootseinstieg an der
Einmündung der Saale los. Der Main war nach wenigen
Paddelschlägen erreicht. Ihm folgte ich nun und kam
bald an der Saaleinsel vorbei. Sie ist als „Tanzinsel“ im
Umkreis bekannt. Diese Landzunge zwischen Sinn und
Saale zieht sich weit in den Main hinein. Bis letztes Jahr
fanden hier noch rauschende Techno-Events statt.
Seite 35
Doch durch die Corona-Pandemie hatte sich vieles
geändert. Ich paddelte gemütlich unter der neuen Mainbrücke
hindurch und tauchte in ein sattes Grün ein, das
am Ufer des Mains hinter der Stadt zunehmend nach
oben strebt. Etwa ab Wernfeld durchfließt der Fluss in
weiten Bögen den Spessart und seine markanten Mittelgebirgsrücken.
Diese stellen dem Gewässer Bollwerke
entgegen und haben ihn bei Gemünden am Äußeren
Berg im Laufe der Zeit zu einer scharfen Linkskurve
gezwungen und auch die 536 Meter hohe Sohlhöhe
drängt ihn nocheinmal weiter nach links ab. Wie eine
Schlange windet sich der Fluss nun zwischen den zum
Teil recht steil abfallenden Waldhängen hindurch und
geht mit ihnen eine Verbindung ein.
Ich mache am Ufer die ersten Bilder. Ein Kormoran sitzt
auf einem abgestorbenen Ast und hält Ausschau nach
seinem zweiten Frühstück. Mittlerweile ist es 9.30 Uhr
und die Sonne wärmt noch angenehm meinen Rücken
während eine leichte Brise von vorne kommt. Ich lege
mich ins Zeug und paddle mit kräftigen Schlägen vorwärts,
was zu hörbaren Geräuschen unter meinem Boot
führt. Kleine Wellen schlagen nun gegen mein Boot und
lassen so das typische Flair entstehen, das man sich
herbeisehnt, wenn man auf dem Wasser unterwegs
sein will. Das Schlagen der Wellen und der Wind suggerieren
auch einen Hauch von Geschwindigkeit, die
jedoch beim Paddeln nicht der Wahrheit entspricht.
36 Seite
Zum Glück, denn bei etwa vier bis fünf Kilometern pro
Stunde wird ein ganz anderes Gefühl in uns geweckt.
Man ist dann eins mit der Natur, wie man so schön
sagt, und das liegt vor allem an der Geschwindigkeit,
mit der man sich fortbewegt. Sie entspricht exakt dem
Tempo beim Laufen und somit der Geschwindigkeit, mit
der wir als Menschen bereits am längsten auf der Erde
unterwegs sind. In den letzten 100.000 Jahren haben
sich daher auch unsere Sinne an diese Geschwindigkeit
bestmöglichst angepasst. Der Grund, warum wir die
uns umgebenden Eindrücke beim Wandern und beim
Paddeln mit maximaler Aufmerksamkeit aufnehmen
können, liegt genau an dieser Geschwindigkeit. Die
gesteigerte Achtsamkeit, die sich daraus ergibt, schulden
wir sogar diesen Fortbewegungsarten. Gleichzeitig ist
dies auch die Voraussetzung, um die Vorgänge in der
Natur bestmöglichst aufnehmen und Veränderungen beobachten
zu können. Und so wird das Schöne an diesen
Sportarten deutlich. Für Neulinge, die zum ersten Mal
auf einem Fluss unterwegs sind, ist dies durchaus ungewohnt,
denn bei vier bis fünf Kilometern pro Stunde wird
auch Langsamkeit sprürbar, die heute viele Menschen
wieder suchen. Wir fühlen, wie das Wasser mit uns fließt.
Wir bekommen auf langsamer fließenden Gewässern ein
Gespür für die Wasseroberfläche und für das Boot, mit
dem wir uns auf dem Fluss bewegen. Wir erfahren, dass
stärkere Paddelschläge zum schnelleren Drehen des
Bootes führen. Anschließend müssen wir gegensteuern
und unser Boot mit leichten Paddelschlägen an der zu
paddelnden Strecke ausrichten. Hinzu kommt oft noch
der Wind. Im ungünstigsten Fall muss man nämlich
gegen den Wind paddeln und dies kann bei stärkerem
Gegenwind, wie ich ihn an diesem Tag noch spüren
werde, durchaus anspruchsvoll sein, obwohl man
eigentlich den Fluss hinunterfährt. Das Wetter spielt also
beim Paddeln eine tragende Rolle. Doch in der Regel
gleitet man gemächlich dahin und kann dabei entschleunigt
das „Leben und Treiben“ am vorbeiziehenden Ufer
genießen. Bald war ich an der Furt bei Langenprozelten
angekommen.
Seite 37
Hier überquerten die Menschen schon vor Jahrtausenden
den Fluss. Alte Straßen, wie zum Beispiel
die Birkenheiner Straße, die von Hanau in Ost-West-
Richtung über den Spessart bis nach Gemünden führt,
trafen hier auf Wege, die aus nördlicher Richtung auf
den Fluss zuführten, um hier in Langenprozelten auf die
andere Mainseite hinüberzuwechseln. Ein wichtiger Ort
also, der bereits bei Feldzügen der Römer ins feindliche
Germanien um die Zeitwende eine Rolle spielte. Auch
heute noch werden Fährdienste eingerichtet, wenn zum
Beispiel Brücken erneuert oder gebaut werden müssen.
Ich überquerte mit meinem Boot ebenfalls den Main
jedoch nur, um auf der Innenseite der Biegung auf dem
kürzeren Weg und zusätzlich iim Schatten weiter zu
paddeln.
Hinter Langenprozelten tauchten am linken Ufer Schilfgürtelsäume
auf. Sie haben hier die darunterliegende
Uferbefestigung überwachsen und zeigen so, dass die
Natur die Kraft hat, wieder zurückzukommen wenn wir
ihr dafür ein wenig Freiraum gewähren, Ursprünglich
war dieser Schilfbewuchs nämlich über weite Strecken
am Ufer des Mains die typische Vegetation.
38 Seite
Wenig später konnte ich an der rechten Mainseite in
das V-Förmige Sinderbachtal hineinschauen und etwa
einen halben Kilometer nach der Schilfzone paddelte
ich an einer Stelle vorbei, an der einige Schafe bis an
den Main herangekommen waren, um ihren Durst zu
stillen. Bereits vor Neuendorf windet sich der Main mit
einer weitläufigen Rechtsbiegung. Er hat nun einen südlichen
Kurs eingenommen und seine Richtung um fast
180 Grad umgekehrt. Ich überquerte erneut den Fluss
und traf auf einen Fischreiher, der nicht gleich wegflog,
sondern mir die Gelegenheit für einen Schnappschuss
bot. Anschließend paddelte ich auf die ICE-Eisenbahnstrecke
zu. Die Brücke quert hier das Maintal zwischen
Nantenbach und Neuendorf. Ein Zug schoss wie aus
einem Kanonenrohr kommend aus dem Berg und störte
mit seinem unverkennbaren Lärm die Ruhe des Fischreihers,
der mir gerade so schön entgegengeschaut
hatte. Die idyllische Ruhe war schlagartig unterbrochen
und der Reiher, der mit seiner Familie eine Kolonie am
gegenüberliegenden Salzberg bewohnt, flog aufgeschreckt
davon. Schräg über der Brücke liegt die Ruine
Schönrain, die sich auf dem unten gezeigten Bild hinter
dem Blätterdach versteckt.
Seite 39
Dabei hatten sie sich durch den Zuglärm nicht stören
lassen. Die friedliebenden Vögel strahlen generell eine
Ruhe aus, wie man sie im Tierreich nur selten beobachten
kann. Möglicherweise liegt es daran, dass sie so
gut wie keine natürlichen Feinde besitzen. Sobald sie
auf dem Wasser sind, trifft dies sogar zu 100% zu. Ich
genoss es, dieser Familie beim Fressen zuzuschauen.
Gelegentlich tauchte am Himmel eine weiße Wolke auf.
Ich nahm einen Schluck aus meiner Trinkfl asche und
paddelte gemütlich weiter. Noch ein letztes Mal drehte
ich mich um und schaute zurück. Doch dann passierte
etwas Überraschendes.
Nach einigen hundert Metern war die Brücke bereits
nicht mehr zu sehen, doch vom Sporn des Geißbergs
blickte mir beim Zurückschauen noch einmal die Ruine
Schönrain entgegen, deren Gemäuer der Leser ja bereits
aus den vorherigen Wandererzählung kennt. Direkt
darunter sah ich zwei weiße Schwäne graziös am Ufer
entlangziehen. Sie zeigten ihren Jungen, was es hier so
alles zu fressen gibt.
40 Seite
Zwischen Gemünden
und Lohr durchfl
ießt der Main den
östlichen Spessart,
nachdem er von der
massiven Solhöhe,
die sich auf 536
Meter erhebt, nach
Süden hin abgedrängt
wurde.
Seite 41
Während es weiter den Fluss abwärts geht, werde ich
nur wenige Augenblicke später erneut überrascht. Ein
Eisvogel fliegt plötzlich mit einem schrillen Pfiff aus der
Ufervegetation heraus und eilt den Main hinab. Diese
schönen Vögel sind sehr schnell in der Luft unterwegs
und man bekommt sie daher nur selten zu Gesicht.
Sie werden deshalb auch als fl iegende Edelsteine bezeichnet,
denn ihr schimmerndes türkisblaues Gefi eder
hebt sich deutlich von den Farben der Uferbereiche ab.
Wenn die türkiesen Federn noch dazu wie an diesem
Tag von der Sonne angestrahlt werden, kann man die
Bezeichnung Edelstein leicht nachvollziehen. Doch
nach Sekundenbruchteilen ist der Schönling wieder im
Gebüsch verschwunden.
Ein paar Mal habe ich diese schönen Vögel bereits fotografieren
können und ich möchte dem Leser an dieser
Stelle meine Bilder nicht vorenthalten.
Wenige Paddelschläge später hatten meine Augen ein
schönes wippendes Gelb auf den dunkelgrauen Granitfelsen
des Uferrandstreifens entdeckt. Auf den zweiten Blick
kamen weitere gelbe Farbkleckse hinzu. Mit einem kurzen
Piep gaben sie sich zu erkennen. Es war eine Gruppe
Schafstelzen, die das Ufer nach Insekten absuchten. Sie
flogen wie bestellt in kleinen Bögen immer wieder vor meinem
Boot hin und her und begleiteten mich so ein Stück.
42 Seite
Ausladende Weidenäste
ragen weit
über die Wasserfläche
auf den Main
und vermitteln uns
ein Stück Ursprünglichkeit
dieser stark
befahrenen Wasserstraße.
Seite 43
Wenige Paddelschläge später hatten meine Augen ein
schönes wippendes Gelb auf den dunkelgrauen Granitfelsen
des Uferrandstreifens entdeckt. Auf den zweiten
Blick kommen weitere gelbe Farbkleckse hinzu. Mit einem
kurzen Piep gaben sie sich zu erkennen. Es war eine
Gruppe Schafstelzen, die das Ufer nach Insekten absuchten.
Sie flogen wie bestellt in kleinen Bögen immer wieder
vor meinem Boot hin und her und begleiteten mich so ein
Stück. Doch auch sie wurden bald gestört. Ein Motorboot,
dass an mir vorbeifuhr, vertrieb sie mit den Wellen, die an
das Ufer schwappten. Mir wurde dabei klar, wie wichtig
diese künstliche Befestigung entlang der Wasserstraße
Main eigentlich ist und warum sie angelegt wurde. Ohne
die schweren Steine würden die Randzohnen viel zu
schnell erodieren, da sie durch den Wellenschlag der
Motorboote und Schwerlastschiffe stetigen Belastungen
ausgesetzt sind.
Zusätzlich hat der Main eine ausgebaggerte Fahrrinne,
die ihn zusammen mit der Randbebauung und den Staustufen
leider zu einer künstlichen Wasserstraße gemacht
haben. Die Schafstelzen kehrten nach einer Weile wieder
an das Gewässer zurück. Viele Wanderfische konnten dies
leider nicht.
Noch einmal forderte mich der Fluss. Vom Buchberg und
dem Lohrer Talkessel blies mir starker Wind entgegen.
Auch die fehlende Strömung der näher kommenden Staustufe
Sackenbach, einem Stadtteil von Lohr half nun dazu,
dass ich kaum mehr vorwärts kam. Mit höchster Kraftanstrengung
schob ich mit meinem Paddel das Wasser nach
hinten und kam dabei kaum noch vorwärts. Entsprechend
abgekämpft und naß erreichte ich meine Ausstiegstelle.
Ich hätte nicht gedacht, dass die drei Kilometer von Nantenbach
bis hierher doch so anstrengend sein würden.
44 Seite
Familienpaddeln auf der fränkischen Saale
Die fränkische Saale ist mit einem Zweierboot ab Bad Kissingen zwar generell befahrbar,
jedoch im Oberlauf bei meist niedrigem Pegelstand problematisch. Ich habe daher den
Fluss ab Hammelburg befahren. Von hier aus sind es nach Gemünden knapp 30 km Paddelstrecke,
die in zwei Tagen geschafft werden können. Wenn Sie mit Kindern paddeln
möchten, sollten sie mit kurzen Strecken beginnen. Hier ist bereits das Aufpumpen des
Bootes ein Erlebnis. Neben der richtigen Einweisung über die Gefahren auf dem Fluss
(Strömungen, Wehre usw.), sollten die Kinder unbedingt ruhig im Boot sitzenbleiben. Auch
das Tragen einer Schutzweste, die es extra für Kindergrößen zu kaufen gibt, ist ein Muss.
Lassen Sie gelegentlich die Kinder paddeln, auch wenn dadurch die ein oder andere Uferkontakt
nicht ausbleibt. Nur so bekommen sie ein Gefühl für Boot, Fluss und Strömungen.
Seite 45
4
2
5
3
1
Selbst beim Treideln, so nennt man das Untragen der Wehre, haben die Kinder ihren Spaß.
Gönnen Sie ihnen zwischen den Paddelstrecken jedoch ausgiebige Pausen zum Spielen,
da sie im Boot ja ruhig sitzen bleiben müssen. KENTERN dürfen Sie mit Kindern gar nicht!
Einstiegsmöglichkeiten:
1
5
In Wolfsmünster am Ortseingang links.
Wenn Sie hier starten und bis nach
Gemünden fahren, müssen die Boote an
zwei Stellen umtragen werden. Dieser
Abschnitt kann mit Kindern befahren werden.
Weitere Einstiege sind in Gräfendorf, an der
Roßmühle und in Diebach möglich. Es
steigen dann die Anzahl der Wehre, die zu
umtragen sind, und die Paddelstrecke.
Von Hammelburg aus sind es etwa 29 km
und 7 Wehre.
46 Seite
Mit dem Rad durch das Sinntal
Mai 2011
Es war ein halbes Jahr vergangen. Der Frühling war mit voller Kraft am Werk und so konnten wir
schon in den Osterferien unseren Weg durch die Heimat fortsetzen. Wir starteten direkt hinter
dem Huttenschloss und radelten entlang der Fränkischen Sinn in Richtung Norden.
Auf einem Damm, der Schutz gegen das alljährliche
Hochwasser bildet, starteten wir unsere Radtour. Das
Wetter war perfekt an diesem Morgen. Frisches Grün
hatte die Bäume bereits komplett geschmückt und wir
waren bald am Gemündener Anglersee angelangt.
Da wir unbedingt die bekannten Schachblumen
betrachten wollten, hielten wir uns aber nicht lange am
See auf.
Bald erreichten wir die ersten ausgeschilderten Blumenfl
ächen. Die unter Naturschutz stehende Schachblume
blüht im Frühling in herrlichem Lila. Da sie auf
Überfl utungsperioden angewiesen ist, fühlt sie sich
hier im Sinntal sehr wohl. Der natürliche Flusslauf der
Sinn stellt ideale Voraussetzungen für ihr Wachstum
zur Verfügung. Das Tal ist aufgrund des zahlreichen
Vorkommens dieser Blume einzigartig in Deutschland.
Seite 47
Im Tal der Schachblume
Wir machten einige Fotos von einer Gruppe Lupinen, die
am Radweg blühten und radelten weiter. Dabei unterquerten
wir die ICE-Strecke. Die Züge brausen hier von Tunnel
zu Tunnel durch den Nordspessart. Dazwischen werden
sie auf rießigen Betonpfeilern über die Täler geschleust.
Oft erschrickt man, wenn wieder ein weißer Pfeil aus
einem Tunnel herausschießt. Doch die Bewohner haben
sich mit dem Steckenverlauf mittlerweile arrangiert. Als
nächstes erreichten wir Schaippach. Der Ort kann auf
ei ne 1200-jäh ri ge Ge schich te zu rück bli cken. Denn wie
eine Ur kun de belegt, wurden bereits 812 Be sit zun gen zu
„Sce ip bach“ dem Klos ter Ful da übertragen. Ein gewisser
Reginfrid ver schenk te dabei nicht nur ei ne Neu ro dung mit
Län de rei en und ste hen den sowie flie ßen den Ge wäs sern,
son dern auch die dort be schäf tig ten Un ter ta nen Na mens
Hei u u ig, Al trat, He ri muot, Per aht ni u ui mit zwei Kin dern und
Per aht lind mit al len le bens not wen di gen Sa chen. Aus gestellt
wur de die se Ur kun de im Klos ter Ful da. Warum ich
dies erwähne, hat einen Grund. Es ist einer der ältesten,
urkundlich nachweisbaren Orte in unserem Landkreis Main-
Spessart. Später zählten die Gra fen von Rieneck den Ort
Schaippach zu ihrem Be sitz, nachdem sie um 1150 Burg
und Stadt Rieneck zum Mit tel punkt ih rer Herr schaft machten.
Zusätzlich belegen einzelne archäologische Funde
aus der Umgebung eine Besiedlungsgeschichte, die bis
in die Steinzeit zurückreicht. Doch die Bevölkerung wuchs
bis heute überschaubar, sodass wir immer noch von einer
relativ intakten Natur umgeben sind. Es ist der Spessart,
ein Naturwunder, das direkt vor unserer Haustür liegt.
Ganz oben:
Burg Rieneck
Links und oben:
Schachblume im
Naturschutzgebiet
Sinntal
Ganz Links: Lupinen
48 Seite
Wir überquerten eine alte Brücke und es dauerte nicht
lange, als wir plötzlich in der Ferne die Rienecker
Stammburg erblickten. Sie schaut von einem Felssporn
herunter und überwachte einst die Weiten des Sinntals.
Die Stadt Rieneck liegt direkt unter der Burg. Eine alte
Sandsteinbrücke führt vom Wiesengrund in die Altstadt.
Im Tal wurde mittlerweile eine Umgehungsstraße um
die Stadt gebaut. Wir radelten an der Stadt vorüber und
das schöne Sinntal weiter hinauf.
Auf seinem ansprechensten Teilstück zwischen Rieneck
und Burgsinn breiten sich die Wiesenlandschaften
weit sichtbar aus. Einzelne Pappeln und Erlen stehen
in den Talauen und der Biber hat sich dort sein Reich
wieder zurückerobert. An vielen Stellen fanden wir seine
Spuren. Er legt Dämme an und sorgt so gebietsweise für
Stauwasser, die zum einen fördernd für die Schachblumen
im Naturschutzgebiet sind und zum anderen der
Artenvielfalt dienen. Das 380 Hektar große Naturschutzgebiet
an der Sinn reicht bis hinauf nach Altengronau.
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Manchmal fl og eine Wasseramsel dicht über der Oberfläche
den Bachlauf entlang. Ihre weiße Kehle verrät sie
oft schon von Weitem.
Inzwischen waren Wolken aufgezogen. Mit ihnen war es
auch schwül geworden. Die Mücken ärgerten uns stetig
während die Bachstelzen, die am Ufer entlangwippten,
die Plagegeister in ihren Schnäbeln für den Nachwuchs
sammelten. An einer überdachten Bank machten wir
Brotzeit. Die Kinder saßen mit Kerstin schon unter einem
Dächlein und waren so dem kurzen Schauer entgangen.
Ich hatte es nicht geschafft. Der Drang zum Fotografieren
war stärker gewesen und so hatten mich die großen
Tropfen noch vor dem Unterstand erreicht. Frisch gestärkt
und wieder trocken ging es weiter. Vor Burgsinn
bewunderten wir noch einen Standort voller Kuckucks-
Lichtnelken, die in einem Halbkreis am Wegrand wuchsen.
Das herrliche Lila bildete einen guten Kontrast zum
saftigen Grün der umliegenden Wiese.
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Parkanlage am
Wasserschloss in
Burgsinn
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Wir erreichten Burgsinn. Hinter der alten Wasserburg
kamen wir an einem kleinen Park vorbei, der uns zur
erneuten Rast einlud.
Bereits um 1000 kannte man Burgsinn als Siedlung,
doch erst ab 1334 wurde hier verstärkt gebaut. Die
links gezeigte Wasserburg stammt aus dem Jahr 1339.
Der 22 Meter hohe Bergfried mit seinen zweieinhalb
Meter dicken Mauern wird jedoch schon auf das 12.
Jahrhundert datiert. 1405 übernahm Wilhelm von Thüngen
die Wasserburg. 10.000 Gulden musste er dafür
an das Würzburger Erzbistum bezahlen, so jedenfalls
informierte uns eine Infotafel im Park.
Auch dem neuen Schloss, das etwas nördlicher verborgen
am Waldrand liegt, statteten wir einen Besuch ab.
Danach radelten wir wieder nach Gemünden zurück.
Als wir endlich die Scherenburg über Gemünden sahen,
freuten wir uns. Vor allem die Kinder traten fleißig in
die Pedalen, denn ihnen hatten wir versprochen, am
Marktplatz zum Abschluss ein Eis zu essen.
Unsere Geschichte verlässt hier nun den Naturpark
Spessart mit seinen alten Eichen- und Buchenwäldern
und seinen schönen Talauen. Doch eine Reise per
Pedes hindurch hinterlässt ihre Spuren. Viele Tier- und
Pflanzenarten gibt es dort zu entdecken. Sie füllen ein
eigenes Buch, das ich geschrieben habe und auf der
folgenden Doppelseite kurz vorstelle. Anschließend
verlassen wir den Spessart und wandern in Richtung
Nordosten weiter.
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54 Seite
Rhöndurchquerung
Außergewöhnliche
Gesteinsformationen
sind über die
Hochlagen der Rhön
verteilt. Bei den hier
gezeigten „Prismenwänden“
handelt es
sich um erkaltetes
Basaltgestein, das
im Jungtertiär vor
etwa 20 Millionen
Jahren aus dem Erdmantel
in Aufstiegsschloten
nach oben
geschoben wurde.
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Wer vom Spessart aus in die Rhön läuft, wird Zeuge erstaunlicher Veränderungen,
die sich beim Blick unter die Füße zeigen. Denn die Gesteinsarten wechseln sich
gleich mehrmals ab. So folgt nach dem Sandsteinuntergrund erst Kalk und später
Vulkangestein. So findet man von Bad Neustadt bis hinauf nach Bischofsheim entlang
der Brend ausschließlich Buntsandstein. Im Umfeld der Saale wird der Sandstein,
der nördlich von ihr vorkommt, vom Kalk im südlichen Bereich getrennt.
Diese Trennung kann man entlang der fränkischen Saale von Hammelburg bis
nach Bad Kissingen an den Berghängen sehr schön erkennen. Nördlich davon
schließt sich die Hohe Rhön an. Deren Vulkanreste aus Basalt, die heute noch in
Form von Polygon-Säulen in der Landschaft zu sehen sind, haben sich mit der Zeit
durch Hebungen des Untergrundes schräg gestellt. Durch die an der Oberfläche
stattfindenden Verwitterungsprozesse zerfallen die Basaltlager im Laufe der Zeit
immer mehr zu Blockmeeren. Basaltprismen, wie sie auf der vorherigen Seite zu
sehen sind, können nördlich von Bischofsheim und um Oberelsbach besichtigt
werden. Diese erdgeschichtlichen Vorgänge haben die Bergkuppen der knapp
1000 Meter hohen Rhön entstehen lassen, die sie heute prägen. Diese Landschaften
der „Offenen Fernen“, wie die Rhön heute genannt wird, durchziehen viele
Wanderwege wie zum Beispiel der „Hochröhner“, auf dem unsere Geschichte
basiert. Er ist einer von vielen Wanderwegen, die der Rhönclub immer wieder neu
markiert und so für die nächsten Generationen erhält.
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Die Route
Wir verlassen jetzt den Sinngrund. Von Burgsinn aus führt der Rhön-Höhenweg bis hinauf
zum Kreuzberg mit seinen 928 Metern, der höchste Berg in Unterfranken. Weiter ging es
dan bis nach Unterebersbach, das an der Fränkischen Saale liegt.
Die Grenze zwischen Rhön und Spessart erreichen
wir jedoch erst kurz vor Roßbach. Herrliche
Höhenzüge mit Weitblick zeichnen dann den
Weg ab Roßbach aus. Denn nun führt er uns
weiter in die Hochröhn hinauf, die wie der Spessart
viele Naturschönheiten zu bieten hat. Mit
dem Rad ging es weiter zur Saalequelle und über die
Haßberge bis hinunter nach Bamberg.
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Die Weiten der Rhön
April 2011
In den Osterferien hatte Petrus ein Einsehen gehabt. Für die folgenden Tage war herrlichstes Wetter
gemeldet. Die Apfelbäume blühten bereits und schmückten die Streuobstwiesen mit ihren
traumhaften Farbtönen in weiß-rosa. Wir beschlossen daher, die schönen Tage zu nutzen.
In Burgsinn lag der Rhön-Höhenweg am nächsten Tag
vor uns. Sein Verlauf sollte die ganze Familie bis auf den
Kreuzberg führen. Doch zuerst einmal ging es bergauf
und wir kamen bald ins Schwitzen. Zum Glück war der
Waldrand bereits zu sehen und wir nahmen einen kräftigen
Schluck aus der Wasserflasche. Der anschließende
Hohlweg ließ sich danach schon viel angenehmer laufen.
Die Steigung wurde geringer und im Halbschatten der
Bäume suchten wir Schutz vor der Sonne.
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Wir begannen wieder ein wenig zu erzählen. Nach einer
Weile aber bemerkten wir, daß Jan immer weiter abfiel.
Nachfragend erfuhren wir den Grund. Seine Versen
taten ihm weh. Wir schauten uns an und ahnten Schlimmes.
Wir blieben stehen setzten die Rucksäcke ab. Als
Jan den Schuh auszog, wurde das Malheur sichtbar.
Er hatte sich in seinen neuen Schuhen rechts und links
Blasen gelaufen. Sofort wurde die Rucksackapotheke
herausgekramt. Die bewährten Blasenpflaster kamen
zum Einsatz. Nach einer kleinen Brotzeit ging es dann
etwas besser. Wir merkten jedoch, dass es keine Freude
für Jan war, auf der Strecke nach Roßbach den ewig
geraden Schotterweg entlangzulaufen.
Oft sahen wir am
Wegrand schöne Blüten,
wie das Waldveilchen
oben. Das Kleeblatt links,
das die Kinder fanden,
hatte eine ganz außergewöhnliche
Maßerung.
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Jetzt hieß es alle Register ziehen, um Abwechslung ins
Spiel zu bringen. Wir suchten Schleichwege abseits der
Schotterstraße. Diese Idee brachte jedoch nicht viel.
Außer einer schönen Lichtung fanden wir nur Kleinigkeiten
am Boden. Auch mit kleinen Geschichten konnten
wir kaum Begeisterung wecken.
Doch bald erreichten wir Roßbach und ließen uns auf
einer Bank am Ortseingang nieder. Herrlich konnten
wir von hier aus hinauf in die Rhön schauen. Bis zum
Horizont sahen wir mit Löwenzahn übersähte Wiesen
inmitten des Frühlingsgrüns. Zu unserem Zeltplatz war
es jetzt nicht mehr weit. Unsere Planung sah eine Wiese
in der Nähe eines kleinen Sees vor. Als wir diesen
erreichten, konnten wir ihn leider aber nur von außen
bewundern.
Oben:
Kurze Trinkpause vor der
letzten Etappe nach
Roßbach
Links: Ein Holzmännlein
begrüßte uns gleich am
Ortseingang.
Seite 61
Der See war eingezäunt und Teil eines größeren Privatbesitzes.
Hinter dem Anwesen schien aber eine Wiese
geeignet zu sein und wir beschlossen, den Besitzer
zu fragen. Ein Bauer im Hof nebenan hatte jedoch
eine bessere Idee. Er stellte uns seine Wiese für die
Zeltübernachtung zur Verfügung. Vor allem waren die
Kinder heilfroh, denn auch Lena zeigte Müdigkeit vom
Laufen. Die letzten Meter und wir hatten es geschafft.
Die Kinder legten sich auf die Wiese und wir holten die
Trinkflaschen heraus. Im nu kehrte wieder Fröhlichkeit
ein. Kaum hatten wir das Zelt aufgebaut, rannten die
Beiden schon wieder um unser Lager.
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Würfelspiele auf der
Isomatte, Tee und Kaffee
mit Keksen, Sonnenschein
und gute Laune
und zusätzlich eine
grandiose Aussicht.
Schöner kann ein
Wandertag nicht enden.
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Ohne die Schuhe merkte Jan die Blasen kaum noch,
doch für den nächsten Tag brauchten wir noch eine
Lösung. Jetzt wurde aber erst einmal entspannt. Ich
holte im Dorf vier volle Wasserfl aschen, während Kerstin
mit den Kids die Isomatten ausbreitete. Als ich wiederkam,
saßen die drei bereits in der Sonne und freuten
sich riesig auf die bevorstehende Zeltübernachtung.
Wir genossen einen Kaffee im Gras und spielten mit den
Kindern. Der Rest des Nachmittags verging wie im Flug.
Wir hatten unsere Schlafsäcke bereits zum Lüften in das
aufgebaute Zelt gelegt, sodass sie am Abend schön flauschig
sein würden und ließen uns anschließend von den
Sonnenstrahlen die müden Füße wärmen. Unterdessen
steigerte sich die Vorfreude auf das Abendessen.
Schließlich sollte unsere Wanderung ein erster Test für
unsere Lapplandtour im Sommer sein. Endlich wieder
einmal in Europas Norden fahren. Eine achttägige
Wanderung auf dem Kungsleden stand auf unserem
Plan, daher auch die neuen Schuhe, die vorher getestet
werden mussten. Auch unser Kocher fiel durch den
Test. Erstaunlich, welchen Hunger doch so eine Wanderung
auslöst. Im Handumdrehen war der Topf mit
dem Nudelgericht leer. „Da dürfen wir ganz schön was
mitschleppen, um jeden Tag satt zu werden“, meinte
Kerstin abschließend. Der Topf war für unsere Zwecke
mit vier Personen viel zu klein. „Dann gibt es eben
einen neuen“, meinte ich. Nach dem Essen wurde es
langsam kühl und der Tag endete mit ein paar Gummibärchen
vor dem Zelt. Freudestrahlend hüpften Jan und
Lena ins Zelt und krochen in die Schlafsäcke.
64 Seite
Am nächsten Tag, als wir aus dem Zelt krochen, stand
die Sonne bereits zwei Finger breit über dem Horizont.
Über Nacht hatte sich eine ganze Menge Kondenswasser
unter dem Außenzelt gebildet. Jeder Schritt musste
daher beim Verlassen des Zeltes gut überlegt sein, wenn
man keinen nassen Rücken bekommen wollte. Nach
dem Wachknuddeln frühstückten wir. Dazu wurde Tee
gekocht und Kerstin schmierte mit Lena die Nutellabrote.
Jan und ich bauten in der Zwischenzeit das Zelt ab. Nach
dem Frühstück wurde alles in die Rucksäcke verstaut.
Wir schauten uns noch einmal die Blasen an. Das sah
nicht gut aus. Jan wollte auf keinen Fall mehr die Schuhe
anziehen und drängte darauf, mit seinen Flip Flops
weiter zu laufen.
Wir wollten es probieren und liefen los. Wie ein neuer
Mensch trappste Jan froh neben uns erzählend her.
Auch schien ihm das nasse Gras nichts auszumachen.
Zügig hatten wir die Felder überquert und erreichten
bald Weißenbach. Die Apfelbäume standen reihenweise
in voller Blütenpracht in den saftigen Wiesen. An der
Hauptstraße angekommen, hatten wir dann Probleme
den weiteren Verlauf des Rhön-Höhenwegs zu fi nden.
Nach mehrmaligem Hin- und Herlaufen war die Sache
dann wieder stimmig und wir folgten dem roten Tropfen
auf weißem Grund erneut. Felder säumten unseren
Weg und bald erreichten wir den Waldrand. Nach sechs
Kilometern in Jans wackeligen Sandalen merkten wir,
dass die geplanten zwölf Kilometer heute nicht zu
schaffen waren.
Oben und links:
Impressionen am
Weißenbacher Schloß.
Dort mussten wir auf
Wegsuche gehen.
Direkt am Blauen Turm
(ganz links) hatten wir das
Wegzeichen verloren.
Seite 65
Wir erzählten den Kindern weitere Geschichten aus
Nepal, wo die Sherpas ganze Kühlschränke mit diesem
Sandalen durch die Gebirge tragen, doch es half nichts.
Während einer kurzen Rast entschieden wir uns für
Plan B.
Die mitgebrachten Ostereier wurden verzehrt und der
letzte Anstieg in Angriff genommen. Es folgte noch ein
kurzes Stück bis hinunter zu einem kleinen Sägewerk.
Auf einer schönen Wiese hinter den Häusern ließen
sich die drei nieder. Ohne Gepäck eilte ich anschließend
den Dreistein hinauf, denn einer musste ja die
Tour fertiglaufen, um mit dem Auto den Rest wieder
abzuholen. Wir hatten es auf einem Parkplatz bei Bad
Brückenau abgestellt.
Auf dem Dreistein angekommen, genoss ich für einen
Moment die Stille auf der Aussichtskanzel des Bergs.
Mein Blick schweifte hinunter bis in den Spessart. Ich
sah die Höhenzüge, auf denen wir entlanggelaufen
waren. Auf der gegenüberliegenden Seite lag Bad Brückenau
unten im Tal und dahinter die Hochrhön. „Dort
drüben könnte es bald weitergehen“, dachte ich. Nachdem
ich die Stahlkonstruktion des Turms verlassen
hatte, eilte ich bergab, querte die Straße und war bald
am Auto angekommen. Der Rest ist schnell erzählt. Die
Kinder warteten schon ungeduldig. Doch im Sitzen traf
ich sie nicht an. Beide tollten auf der Wiese hin und her.
Oben: Ein Hochsitz mit
Weitblick. Darunter: eine
große Gruppe Waldmeisterblüten
bedeckte den Boden
unter dichtgewachsenen
Buchen am Wegrand.
Links: Ausblick vom Dreistein
nach Bad Brückenau.
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Durch die Hohe Rhön
Oktober 2011
Unsere Herbsttour, die über den 3. Oktober stattfinden sollte, hatten wir bereits im Frühjahr geplant.
Damals schauten wir sehnsüchtig hinüber zu den Kuppen der Hohen Rhön. Eine Woche vorher war
dann das Wetter bereits perfekt gewesen. Ob es auch so bleiben würde? Ich bangte jeden Tag.
Wozu haben wir schließlich einen Camper, dachte ich. Lena saß neben mir, während
Jan und Kerstin mit der A-Klasse unterwegs waren. So hatten wir es abgemacht. Eine
Anreise mit der Bahn wie im Spessart wäre für die Rhön nicht möglich gewesen, was
wir sehr bedauerten. Bei herrlichem Sonnenuntergang fuhren wir mit der Sonne im
Rücken das fränkische Saaletal hinauf.
Hammelburgs schönes Schloss glitzerte im Abendlicht und auch die bewaldeten Hänge
unter der Trimmburg leuchteten in herrlichen Orange- und Gelbtönen. Die Sonne
verschwand bald und wir ruckelten einem litauischen LKW bis kurz vor Ebersbach
hinterher.
Die Arbeitswoche verging und das Hoch hielt. Freitags starteten wir endlich in Richtung
Bad Neustadt. Durch die Anfahrt am Abend sparten wir locker zwei Stunden, die wir am
nächsten Morgen als Reserve für den ersten Wandertag einplanen konnten.
Als wir endlich abbiegen konnten, war es bereits stockdunkel. Mühsam schlängelten
wir uns durch enge Gassen und parkten am Sportplatz in Ebersbach. Hier wollten wir
in drei Tagen unsere Tour beenden. Nach einer deftigen Brotzeit im Camper ging es ab
in die Betten.
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Wir schliefen sehr gut in dieser Nacht, doch bereits um
7 Uhr 30 tollten die Kinder gut gelaunt durch die Federbetten
im hinteren Teil unseres Campers. Wir machten
uns in der Zwischenzeit daran, die Übernachtungsutensilien
zu verstauen. Den Camper wollten wir in Ebersbach
stehen lassen und später, nach unserer Wanderung
wieder abholen.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit unserem Kleinwagen
in Richtung Bad Neustadt und anschließend weiter nach
Bad Brückenau. Wir starteten unsere Wanderung am
gleichen Parkplatz, an dem wir die letzte Tour im Mai
beendet hatten. Schnell war der erste Höheabschnitt
überwunden. Die Verkehrsgeräusche hinter uns lassend,
standen wir an einer ersten Hinweistafel, welche die
Umgebung näher beschrieb. Auf dem benachbarten
Basaltkegel, dem Mettermich, wurde eine keltische
Höhensiedlung nachgewiesen. Aber auch die fruchtbaren,
leicht nach Süden abfallenden Felder um uns herum
waren schon ab 812 besiedelt, wie auf einem Schild zu
lesen war. Das heutige Oberleichtersbach ist somit der
älteste genannte Ort der südlichen Rhön.
Unten: Nach dem ersten
kurzen Anstieg trennten
wir uns von den Hosenbeinen.
An Maisfeldern
und Heckengehölzen
vorbei ging es hinunter
nach Breitenbach.
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Rapsfelder so weit das
Auge reicht. In der Hohen
Rhön sind sie oft anzutreffen.
Sie leuchten dann bei
Sonnenschein das
Offenland manchmal bis
zum Horizont aus.
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Die leckeren Birnen und Äpfel am Ortseingang von
Mitgenfeld waren ein guter Grund für eine erste kleine
Pause. Jan kickte die herabgefallenen Birnen beim
Weiterlaufen die Hauptstraße hinunter, während Lena
und Kerstin versuchten, die süßeste Frucht aus unserer
„Auflese“ ausfindig zu machen. Wir verließen nach Mitgenfeld
die Straße und passierten herrlich gelb blühende
Ackersenf-Felder. Ein großes Bienenhäuschen gleich
nebenan wurde emsig umflogen. Wir blieben daher auf
sicherem Abstand. Bald folgte ein Anstieg, der uns an
Streuobstwiesen und Hagebuttenhecken vorbei gehen
ließ. Anschließend führte uns der Weg durch ein kurzes
Waldstück. Am Ende hörten wir bereits die Autobahn
und unterquerten diese in Folge. In heißer Mittagssonne
erreichten wir Schildeck und freuten uns bereits auf das
nahe Naturschutzgebiet „Schwarze Berge“. Dieser waldreiche
Ausläufer der Hohen Rhön beginnt hinter dem Ort
Schildeck. Wir tauchten in den kühlen Wald ein.
Links:
Bienenstaaten bei der
Arbeit. Hier sammeln die
Fleißigen Völker ihren
Blütenstaub auf weiten
Acker-Senf-Wiesen.
70 Seite
1
2
Impressionen auf dem Rhön-Höhenweg NSG Schwarze Berge
3
1
2
3
Drehmoos
Zunderschwamm
Waldameisenbau
Seite 71
Die Schwarzen Berge sind ein waldreicher Ausläufer
der Hohen Rhön. Das Naturschutzgebiet beginnt hinter
dem Ort Schildeck. Wir tauchten in den kühlen Wald
ein und eine abwechslungsreiche Vegetation begegnete
uns. Unzählige Moose und Flechten waren am Wegrand zu
bestaunen. Riesige Ameisenkolonien sorgen hier für eine
funktionierende Reststoffverwertung. An einem Wegweiser
war unser Mittagspausenziel bereits angeschrieben.
„Nur noch ein kurzes Stück zum Würzburger Haus“, rief
ich in die Runde. Wir verließen den kühlenden Wald nach
einer kurzen Trinkpause und überquerten anschließend eine
weitläufige Lichtung. Ein herrlicher Blick in Richtung Süden
überraschte uns.
72 Seite
Herrliche Ausblicke bietet
die Hohe Rhön wie hier
am östlichen Ende der
Schwarzen Berge.
Seite 73
Wir folgten weiter unserer Markierung, dem „Rhöntropfen“
und wieder ging es steil bergauf. Alte Buchenriesen
säumten den Weg hinauf zum Steinernen Meer. Diese
Bezeichnung ist auf das Basaltgestein auf den weitläufigen
Bergrücken zurückzuführen.
Die Kinder waren vom abwechslungsreichen Streckenverlauf
begeistert. Sie schmiedeten bereits Pläne, was
sie mit den vielen Tannenzapfen und Stöcken heute
Mittag basteln könnten. Auch wir waren erleichtert,
dass es den Kindern hier so gut gefiel. Aber es lag nicht
nur an der Natur. Das schöne Wetter spielte auch eine
große Rolle, doch vor allem gab es dieses Mal keine
Fußbeschwerden.
74 Seite
Oben angekommen ruhte sich eine Gruppe Rhönschafe
unter einem Baum aus. Es kam mir vor, als warteten sie
nur darauf, von uns fotografi ert zu werden.
Gleich dahinter ein herrlich leuchtender Strauch mit
knallroten Beeren. Und immer wieder wanderten wir an
Aussichtsfenstern vorbei, die uns Ausblicke über die
Weiten der Rhön ermöglichten.
Die roten Herbstfrüchte
des Gemeinen Schneeballs
glänzen in der
Sonne.
Seite 75
Wir überquerten einen Parkplatz kurz vor dem Würzburger
Haus und fanden eine weitere außergewöhnliche
Pflanzenart vor, die unsere Kinder unbedingt näher untersuchen
mussten. Es handelte sich um die abgeblühten
Stängel des Schmalblättrigen Weidenröschens, die
von der Sonne angestrahlt in hellem Weiß leuchteten.
Ihre flauschigen Röllchen sahen aus wie Watte.
„Da hinten ist die Hütte“, rief ich den Kindern zu, die
immer noch mit den Weidenröschen beschäftigt waren.
Hier wollten wir Mittagspause machen. Neben der Hütte
fanden wir ein schönes Plätzchen. Ich holte uns Getränke
und die Kinder packten unser Vesper aus.
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Direkt hinter der Würzburger Hütte wehte die unterfränkische
Fahne und schmückte den Höhenzug der
hessischen Kuppenrhön am Horizont dahinter. Zu
dieser Aussicht schlemmten wir leckeren Heidelbeerkuchen.
Keiner will bei diesem Panorama noch mal
aufbrechen. Doch unser Weg für den heutigen Tag
war noch nicht zu Ende. Zunächst ging es noch einmal
in den Wald und ein Holzgesicht streckte uns seine
Zunge entgegen. Anschließend kamen wir an einem
Basaltwerk vorbei. Tief blickten wir hinunter in eine mit
Wasser gefüllte Abbaugrube.
Seite 77
Der Rhön-Höhenweg führte nun weiter bergauf. Eine
weite Hochebene breitete sich vor uns aus, während wir
auf unser heutiges Ziel, die Kissinger Hütte, zuliefen.
Auf einer Bank hinter dem Haus machten wir es uns
gemütlich. Dabei schauten wir hinüber zum Kreuzberg
mit seiner bewaldeten Westfl anke. Hinter uns senkte
sich bereits die Sonne über den Fichtenspitzen ab und
ein kaum beschreibliches Gefühl der Zufriedenheit
stellte sich ein. Die Kinder spielten auf der Wiese in der
Abendsonne und wir saßen nach einem ereignisreichen
Tag einfach nur da, genossen die Lichtspiele am
Horizont und ließen uns von den Beiden die Glockenblumen
zeigen, die in der Abendsonne im schönsten
Lila glitzerten. Die Rundumsicht an diesem Abend auf
dem 832 Meter hohen Feuerberg zählt für uns zu den
schönsten Erinnerungen an die Rhön.
Aber mit der Zeit verloren die Farben der Blumen an
Kraft, auch die Insekten kamen langsam zur Ruhe.
Doch nicht nur das Leuchten der Blumen verblasste.
Auch die Bäume verdunkelten mit ihren langen
Schatten die saftiggrünen Wiesen um uns herum und
die Kälte verdrängte die zuvor warme Luft dieses
traumhaften Tages.
78 Seite
Zuletzt stand nur noch der zunehmende Mond über der
nahen Fichtenschonung. Ein traumhafter Tag war zu
Ende gegangen. Er hätte für unsere Wanderung nicht
schöner sein können.
Seite 79
Am nächsten Morgen war ich zum Fotografieren bereits
früh aus den Federn gekrochen. Den Sonnenaufgang
genoss ich in aller Stille. Nachdem auch die anderen
drei aufgewacht waren, gab es Frühstück. Heißer
Dampf stieg bald aus unseren Tassen und schwebte
um unsere Köpfe. Die Sonne setzte ihren Gang am
Himmel fort und es war Zeit, um aufzubrechen. Wir
packten die Rucksäcke und setzten uns wieder in
Bewegung.
Wir konnten es kaum glauben, aber der Tag begann,
wie der Gestrige geendet hatte. Vom Himmel strahlte
das herrlichste Blau, das man sich vorstellen konnte.
Durch das herbstliche Blätterwerk schien uns die Sonne
in dosierten Strahlenbündeln schräg bis vor die Wanderschuhe.
Die Temperatur war recht kühl, aber zum Laufen
ideal. Die Insekten, die wir am Abend um uns herum
noch beobachten konnten, waren inzwischen am Boden.
Viele von ihnen hatten sich unter die Erde zurückgezogen.
Die Meisten überleben die kalte Jahreszeit jedoch
gar nicht. Anders einige Schmetterlinge, die oft verpuppt
an Astgabeln oder unter der Rinde überwintern. Auch
Reptilien, die von wärmenden Sonnenstrahlen abhängig
sind, findet man im Herbst kaum noch. In der Natur wird
es somit generell ruhiger in dieser Jahreszeit.
80 Seite
Gesteinsformationen
kommen durch die
leuchtenden Herbstfarben
sehr schön zur
Geltung.
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Am Guckapass angekommen, trafen wir bereits die
ersten Kreuzbergbesucher. Ein Pärchen demontierte
seine Fahrräder vom Dachträger, eine andere Gruppe
packte die Rucksäcke und einige stiegen auch wieder in
ihre Autos ein und fuhren davon. Wir schauten uns an
und wunderten uns über die teilweise recht unentschlossenen
Reaktionen mancher Besucher. Unser Weg
führte uns nun hinter dem Parkplatz direkt hinauf auf
den Kreuzberg. Die Klosteranlage war sehr überfüllt.
Wir suchten daher den schnellsten Weg hindurch und
stiegen die Stufen zu den bekannten drei Kreuzen
hinauf. Dort angekommen schauten wir über Wildflecken
in Richtung Nordosten. Neben den großen Kreuzen
überragt ein riesiger Funkmast den idyllischen Ort.
82 Seite
Nach den vielen
Treppenstufen, die
hinauf zum Gipfel des
Kreuzbergs führen, bleibt
vor allem der Ausblick in
bleibender Erinnerung.
Seite 83
Wir wanderten nach einer kurzen Trinkpause auf dem
Kreuzberg weiter zum Neustädter Haus. Auch dort war
sehr viel los. „Kein Wunder, bei diesem Wetter haben
viele die gleiche Idee“, meinte Kerstin.
Wir vesperten ein wenig abseits des Trubels im Schatten
der Bäume. Frisch gestärkt verließen wir unseren
Platz unter den Bäumen und folgten dem fränkischen
Marienweg. Bald wurde es um uns ganz still, denn wir
waren wieder tief in den Wald eingetaucht.
Bereits nach wenigen hundert Metern änderte sich der
Bewuchs am Boden. Nun entdeckten wir rechts und links
des Weges Filzmoos unter den Bäumen, das sich mit
Ordenskissen und Heidelbeersträuchern abwechselte.
84 Seite
Schöner kann ein
Wanderweg nicht sein.
Nach der Gemündener
Hütte und dem Neustädter
Haus schwenkte der
Pfad langsam in
südöstliche Richtung der
Fränkischen Saale
entgegen.
Seite 85
Wir folgten anschließend einer Schotterstraße und unterhielten
uns dabei über Schulfächern, Turnstunden und
andere Dinge, die in der nächsten Woche so anstehen
würden. Ich merkte jedoch, dass der Weg nicht mehr
mit seinem Verlauf auf der Karte übereinstimmte. Da wir
aber das Marienzeichen immer wieder fanden, machten
wir uns keine weiteren Gedanken darüber. Wir merkten
nicht, dass wir uns immer weiter von der geplanten Route
fortbewegten.
Auch tauchten immer öfter märchenhafte Mooslandschaften
am Wegrand auf. Neben dem typischen Filzmoos
breiteten sich Ordenskissen neben einer großflächigen
Muschelmooslandschaft aus. Dazwischen kämpften
Borstgräser weiter oben um das bessere Licht. Sieger
blieb in diesem Mikrogarten jedoch das Heidekraut, das
mit seinen lila Blüten an die 60 cm das Moos übertraf.
Seine Blüten leuchteten in der schräg stehenden Sonne.
Muschelmoos
86 Seite
Der Kahle Krempling,
ein typischer Pilz in
Nadelwäldern mit
saurem Boden
Seite 87
Langsam wurde es dunkel und wir beschlossen, an einer
halbwegs geeigneten Stelle zu übernachten. Schließlich
hatten wir bereits 16 km geschafft. Für die Kinder war das
ein neuer Rekord. Noch am Abend debattierten wir über
den weiteren Streckenverlauf, während die Kinder ihr
„Schlumpfhausen“ fanden. Es war eine Gruppe Fichtenreizker,
ein essbarer Pilz, der typischerweise in Symbiose
mit Fichtenwäldern wächst.
Eigentlich wollten wir nach Kilianshof laufen, um dort zu
übernachten. Durch eine Unachtsamkeit waren wir aber
vom Weg abgekommen. Die Kinder teilten unsere Bedenken
jedoch nicht, sie freuten sich sogar darüber.
Rauköpfe im Drehmoos
Am Ende kuschelten wir uns gleich nach dem Essen in
die Schlafsäcke, denn es war bereits dunkel geworden
und ein Weiterlaufen unmöglich geworden. Eine unruhige
Nacht stand uns bevor. Kerstin lag schlecht auf dem
unebenen Untergrund und ich hatte Kopfschmerzen
bekommen. Wir drehten uns oft und waren froh, als es am
nächsten Morgen langsam hell wurde.
88 Seite
Ob wir den Weg wieder fi nden würden?
Bald waren auch die Kinder wach. Sie rieben sich zwar
noch die Aufgen, doch waren sie gleich begeistert,
denn das Frühstück stand bereits fertig zubereitet vor
ihnen. Ein Rotkehlchen hüpfte neugierig von Ast zu Ast
und schaute uns anschließend beim Essen zu. Danach
packten wir unsere sieben Sachen und waren alle
gespannt, wie es nun weitergehen würde. Der Weg den
wir entlangliefen, passte gar nicht mehr zur geplanten
Route auf meiner topographischen Karte. Letztlich
fanden wir aber wieder ein Wegzeichen des Marienwegs.
Aber wo waren wir genau? Wir überquerten eine
Teerstraße. Sie war eine Chance, uns neu zu orientieren.
Der Vergleich von Karte und Gelände machte mich
sicherer und ich wagte eine erste Aussage:
„Bald müssten wir an der Bildeiche sein“. „Das werden
wir ja sehen“ erwiderte meine Familie ungläubig, doch
nahezu gleichzeitig. „Jedenfalls wäre das eine angenehme
Überraschung“, meinte ich zu Kerstin. Erleichterung
kam auf, denn unser Umweg gestern Abend war
damit gar nicht so groß gewesen. Tatsächlich erreichten
wir bald die genannte Bildeiche, während eine größere
Radgruppe an uns vorbeistrampelte.
Seite 89
Die Biker waren in Bad Neustadt losgefahren, wie sie erzählten. Wir mussten somit
bald rechts abbiegen um in ein schmales Tal zu gelangen, das uns direkt nach
Ebersbach hinunterführte. Karte und Realer Weg passten wieder exakt zusammen.
Erleichtert ging es weiter an die restliche Strecke. Ein großer Ameisenhaufen weckte
noch einmal die Aufmerksamkeit von Lena und Jan bevor wir über ein Treppchen steil
nach unten dem Talgrund entgegenliefen.
Nach den Stufen erreichten wir einen kleinen Weiher und
an dessen Ende begann eine Schotterstraße, die uns
nach Ebersbach und zurück zu unserem Camper führen
sollte. Am Wegrand sorgte Springkraut noch einmal für
eine Spieleinlage, doch bereits an der nächsten Ecke
tauchten die ersten Häuser von Ebersbach auf. Eine weitere
Etappe unserer Rhöndurchquerung war beendet.
90 Seite
Seite 91
92 Seite
Fränkische Saale und Hassberge
Juli 2012
Ein herrliches Sommerwochenende lockte mich hinaus in die Natur. Doch für die geplante
Radelstrecke, die etwa 100 km betrug, musste klug aufgeteilt werden. Motiviert und guter Dinge
startete ich in Ebersbach.
„Ob ich die 40 km heute Abend noch schaffen werde?“
Ich war gespannt, denn es war bereits 19 Uhr, doch
die Temperaturen fühlten sich durchaus angenehm an.
Immer wenn ich alleine unterwegs bin, kann es auch
mal etwas sportlicher sein. Mit diesen Gedanken im
Kopf strampelte ich mich warm, kurvte die Windungen
des oberen Saaletales ab und war gute Dinge. Alles lief
wie am Schnürchen.
Vier Stunden später wollte ich in Bad Königshofen
eintreffen, so der Plan. Dort hatte ich mit dem Rest der
Familie die Frankenthermen als Treffpunkt ausgemacht.
Die Sonne stand hinter mir am Horizont und
ihre immer noch intensiven Strahlen wärmten meine
Waden, während sich vor mir der Radweg am Flusslauf
dahinschlängelte.
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Ab und an tauchten kleine Biotope im Wiesengrund auf.
Bald war die Sonne hinter dem Horizont verschwunden.
Eine laue Brise wehte mir nun angenehm um die Nase.
Zügig und mit stetiger Geschwindigkeit strampelte ich
dahin, bis eine Brücke die Saale hinter einer weiteren
Schleife querte. Kleine Pausen mussten sein, denn der
Sonnenuntergang war prächtig an diesem Abend und
ein paar Bilder mussten ja auch sein. Ich erreichte den
Talkessel von Bad Neustadt. Die Mücken tanzten unaufhörlich
über meinem Fahrradhelm. Ich trank noch einen
Schluck aus der Wasserflasche und schaute auf die Uhr.
Passt. Weiter ging es in Richtung Innenstadt. Es war
merkwürdig still, als ich an der Altstadt rechts vorbeifuhr.
Am Kurpark folgte ich anschließend dem Fluss weiter in
Richtung Bad Königshofen.
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Windung um Windung strampelte ich die Schleifen der Saale ab. Sie schienen kein Ende
zu nehmen. Das herrliche Abendlicht sorgte jedoch für die grandiose Stimmung. Kleine
Dörfer reihten sich wie Perlen an der Schnur an der Saale entlang. Die Sonne war bald
endgültig hinter dem Horizont verschwunden, während ich weiter auf Bad Königshofen
zuradelte. Weite Getreidefelder leuchteten im orangenen Abendlicht. Die Insekten summten
um meinen Kopf und attackierten mich dabei so heftig, als wäre ich ihre letzte Chance für
eine Mahlzeit. Mit 15 Minuten Verspätung erreichte ich meine Familie auf dem verabredeten
Parkplatz. Wir fuhren zurück zum Camper, um dort zu übernachten. Ein ausgewiesener
Parkplatz bot eine perfekte Gelegenheit für eine Übernachtung. Ihn hatten wir bereits bei
unserer Rhönwanderung genutzt. Die Brotzeit schmeckte am Familientisch nach diesem
Radelvergnügen besonders lecker, auch wenn es bereits dunkel war.
Der nächste Morgen begann erneut bei strahlendem Sonnenschein. Wir fuhren zurück zur Therme,
an der ich „ausgesetzt“ wurde, um auf dem weiteren Weg die Haßberge zu durchqueren.
Ich hatte dafür eine leichte Route ausgewählt, mit viel Teeranteil unter den Reifen. Bereits nach
fünf km verließ ich die Saale und fuhr bei Sulzdorf und Ermershausen lediglich einen Steinwurf
an der Thüringischen Landesgrenze vorbei. In Pfaffendorf bog ich auf den bekannten Burgenrundweg
ein. Über das Naturschutzgebiet Galgenberg-Goßberg erreichte ich die bekannte
Ruine Altenstein, der ich gemeinsam mit der nachgereisten Familie einen Besuch abstattete.
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Von der Aussichtsplattform der Ruine Altenstein reicht
der Blick weit über die Haßberge bis nach Thüringen
hinüber. Auf der anderen Seite grüßt die Rhön zurück,
die wir davor durchwandert hatten. Die Burgruine
Altenstein selbst wurde bereits 1225 erstmals erwähnt.
Ein gewisser Marquard vom alten Stein wohnte damals
im Castrum, 150 Meter über dem Baunachtal. Bis 1703
lebten später die Freiherren von Stein auf der Burg.
Danach bezogen sie ihr neues Schloss in Pfaffendorf,
das ganz links gezeigt ist. Im Bauernkrieg wurde die
Anlage weitgehend zerstört und nur noch Reste sind
heute auf dem Berg zu besichtigen. Um so schöner ist
die Aussicht von dort oben. Bei herrlichstem Radelwetter
ging es anschließend weiter die Baunach hinunter,
bis wir kurz vor Ebern erneut Halt machten.
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Die hier gezeigte malerische Dreiflügelanlage bildete
einen weiteren Höhepunkt der Haßbergdurchquerung.
Bereits 1232 wurde die Wasserburg der Freiherren von
Rotenhan erstmals urkundlich erwähnt und im Laufe der
Jahrhunderte oft umgebaut.
Die letzte Erweiterung und Restaurierung fand 1846
statt. Hierbei erhielten auch die niedrigeren Ostteile ihre
heutige Form. Die Besitzer gestatten Besuchern einen
freien Zugang zum Innenhof dieser schönen Anlage
mitten in den Hassbergen.
Meine Radtour war auch bald geschafft. Eine letzte
Etappe nach Baunach brachte mich dem Ziel entgegen,
denn der gleichnamige Fluss fl ießt südlich der Stadt in
den Main. Am Horizont war bereits Bamberg zu erkennen.
Dort sollte es beim nächsten Mal weitergehen.
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Mainradweg
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Die Route
Wir verlassen jetzt die Hassberge und radeln etwa 100 Kilometer am Main entlang von
Bamberg nach Würzburg. Auf dem Weg nach Kitzingen umrunden wir den Steigerwald,
der als Wandergebiet kurz beschreiben wird.
Auch die Gäulandschaft und der Irtenberger
Forst bergen Naturwunder vor den Toren
Würzburgs und Ochsenfurts. Daher dürfen sie auf
meiner Reise nicht fehlen. Anschließend geht
es weiter auf dem Radweg den Main abwärts bis
nach Lohr.
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Zurück am Main
Mai 2014
Nachdem wir die Altmühl erkundet hatten, die im weiteren Verlauf des Buches noch behandelt wird,
stand 2014 wieder Mainfrankens Lebensader auf dem Programm. Dafür hatten wir die Strecke zwischen
Bamberg und Kitzingen herausgesucht.
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Als wir die Räder sicher im Zugabteil befestigt hatten, war die
Tageszeitung an der Reihe. Entspannt ging unsere Reise
dann am Main entlang, bis ins oberfränkische Bamberg. Beim
Blick aus dem Fenster war auch unser Radweg teilweise
zu sehen, den wir bald befahren würden. In Bamberg
eingetroffen, konnten wir uns am Bahnhof leicht orientieren,
denn gleich an der Bahnhofsstraße war der Mainradweg
ausgeschildert. Wir folgten den Zeichen des grünen Rades
mitten durch die Innenstadt. An der Kettenbrücke machten
wir kurz Rast und aßen unsere Brote. Danach ging es an der
Regnitz entlang in Richtung Gaustadt. Der Radweg folgte
anschließend direkt der B26 in Richtung Westen. Ein kurzer
Tic-Tac-Zwischenstop wurde eingelegt, nachdem wir im
Supermarkt unsere Getränkeration aufgefüllt hatten.
In Eltmann angekommen, wurde auf einem Hinweisschild
auf eine alte Burganlage hingewiesen. Die Kinder
wollten aber die vielen Stufen nicht hochsteigen und
so warteten sie in der Zwischenzeit auf einem kleinen
Spielplatz am Fichtenbach direkt am Aufstieg zur Burg.
Wir machten uns auf, über die Treppenstufen durch
den Wald bis hoch zur Wallburg zu laufen. So hatten
die Kinder und wir eine kleine Abwechslung. Oben
angekommen, besichtigten wir den gut erhaltenen
Turm der ehemaligen Anlage, tranken einen Schluck
aus unserer Flasche und stiegen wieder hinab nach
Eltmann. Anschließend setzten wir unsere Fahrradtour
weiter nach Limbach fort. Dort wollten wir erneut eine
Pause einlegen.
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An der Wallfahrtskirche Maria Limbach bewunderten wir ein Brunnenhäuschen, das direkt
neben einer alten Linde stand, doch das schöne Wetter lockte uns weiter den Mainradweg
entlang. Die neuen Räder von Jan und Lena rollten quasi wie von selbst dahin und bald
war die erste Tagesetappe geschafft. Am Dorfbrunnen von Sand am Main standen wir
vor einem wuchtigen Kunstwerk. Die Rebe aus Beton, die im Ort schon für so manchen
Gesprächsstoff gesorgt hat, nutzten Jan und Lena als Bildhintergrund.
Von Eltmann, unserem letzten Rastpunkt, bzw. von Sand am Main aus kann man in nur
wenigen Kilometern die Wälder des Steigerwaldes besuchen. Auch der Tretzendorfer
Weiher, ein Naturidyll an der Aurach, liegt quasi nebenan. Ein Abstecher dorthin wird nach
dieser Radtour auf den darauffolgenden Seiten näher beschrieben. Nach einem verdienten
Abendessen und der anschließenden Übernachtung fuhren wir am zweiten Tag weiter nach
Zeil am Main. Die dortigen Fachwerkhäuser der Altstadt bilden einen schmucken Ortskern
im Umfeld der Kirche.
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Unseren nächsten Halt legten wir an der Ritterkapelle in
Haßfurt ein. Die aus hellem Sandstein errichtete Kirchenanlage
erinnerte uns ein wenig an Notre Dame. Auch die
Steinverzierungen hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit
ihrem viel größeren französischen Gegenstück. Danach
ging es weiter nach Schweinfurt.
Etwa in der Mitte der Strecke wurde erneut eine kleine
Pause eingeschoben, denn Strohballen luden direkt am
Wegrand zum Spielen ein.
Gegenüber dem Spielplatz in Eltmann hatte die Strohballenreihe
wesentliche Vorteile, sie diente als überdimensionale
Balancierstange und die Beiden konnten zusätzlich noch
ihre Kräfte messen nach dem Motto: Wer wirft wen hinunter?
Regulierend griffen wir daher bald ein, denn einen Sturz
wollten wir nicht in Kauf nehmen. Verletzungen entstehen so
schneller als einem lieb ist. Wir konnten die Kinder schließlich
mit dem Versprechen „Eisbecher in Sicht“ überzeugen,
das wir dann am Marktplatz in Schweinfurt einlösten.
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Von Schweinfurt nach Gergrheinfeld war es dann auch nicht mehr weit. Nach unserer
zweiten Übernachtung radelten wir weiter in Richtung Volkach. Dabei kamen wir an einem
Labyrinth vorbei, das unsere Kinder gleich erkunden wollten. Innerhalb des Labyrinthes war
ein Balken aufgestellt, der auf zwei Federn befestig war. So konnten wir unser Gleichgewicht
testen. Daneben befand sich eine Holztrommel, die wir ebenfalls ausprobierten.
In Wippfeld warteten wir auf die Fähre, mit der wir auf die andere Mainseite wechseln wollten.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Fähre auf unserer Seite angelegt hatte, doch
schon nach dieser kurzen Zeit waren weitere Fahrradgruppen am Übergang eingetroffen.
Die Schranke öffnete sich und mit einem eigenartigen Gefühl im Bauch beobachteten wir
den Start der Fähre, die sich gleich am Anfang leicht drehte und zur anderen Seite hinüberfuhr.
In der Mitte des Mains konnten wir den Fluss auf und abschauen, doch nach einer
gefühlten Minute waren wir schon drüben auf der anderen Seite und konnten die Radtour
fortsetzen.
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In der Zwischenzeit war die Temperatur stark gestiegen.
Die Sonne stand hoch am Himmel und die gelegendlich
vorbeiziehenden Wolken brachten nur selten Schatten.
In Volkach suchten wir daher am Marktplatz ein schattiges
Örtchen. Die Pause versüßten wir uns dabei mit
Kaffee und Kuchen und nahmen nach dieser sonnigen
Rast die letzten Kilometer in Richtung Schwarzach
unter die Pedalen. Vorbei an den Weinbergen bei
Sommerach erreichten wir bald Schwarzach mit seinem
Kloster, das als Ältestes in Franken genannt wird.
In Hörbach übernachteten wir dann ein drittes Mal.
Am Abend spürten wir unsere Sitzhöcker doch schon
ein wenig, doch wir machten unsere Späße darüber,
denn die Tagesstrecken waren ja vor allem kindergerecht
ausgewählt. Für die etwa 100 Kilometer hatten
wir uns vier Tage Zeit genommen. Der Mainradweg
führte uns am vierten Tag weiter nach Dettelbach. Seit
Schwarzach hatten wir immer wieder den Schwanberg
im Blick, der am Westhang des Steigerwaldes über die
Gäulandschaft hinausragt. Ich freute mich bereits
über die Wanderungen in diesem schönen Waldgebiet,
von dem ich im Anschluss ein wenig erzählen möchte.
Auch die restlichen acht Kilometer bis nach Kitzingen
waren schnell gefahren und zufrieden kamen wir in
dem Städtchen an. Von dort brachte uns ein Zug nach
Hause zurück. Das Wetter hatte sich dieses Mal von
seiner besten Seite gezeigt, denn wir konnten die
Regenbegleitung während der ganzen Radtour in den
Rucksäcken lassen. Größere Wolken zogen dann erst
zuhause auf. Wir hatten wirklich Glück gehabt.
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Im Steigerwald
Im Naturwaldreservat
Waldhaus sind
aufgrund fehlender
Nutzung wieder urige
Landschaftselemente
entstanden. Moose
und viele Pilzarten
breiten sich wieder
stärker aus. Es
entstehen aber auch
höhlenartige Strukturen,
die seltenen
Tierarten, wie zum
Beispiel der Wildkatze,
als Unterschlupf
für die
Jungenaufzucht
dienen.
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Der Steigerwald ist neben dem Spessart das naturschutzfachlich hochwertigste
Laubwaldgebiet in Bayern. Als Mittelgebirge des fränkischen Schichtstufenlandes
erreicht er Berghöhen bis fast 500 m üNN und gilt als Herzstück des Keuperberglandes.
Der Steigerwald liegt südlich des Mains zwischen den Städten Nürnberg
und Bamberg im Osten und Würzburg und Schweinfurt im Westen. Das Aischtal
begrenzt den Steigerwald im Süden.
Die sanft abgedachten Steigerwaldrücken umfassen gut 129.000 Hektar und können
noch herausragende Laubwaldbestände vorweisen. Mein Besuch galt den
Kernzohnen des nördlichen Steigerwalds, die man am einfachsten über die B22
erreicht. Westlich von Ebrach befindet sich ein Baumwipfelpfad und Nördlich davon
schließt sich das NSG „Der hohe Buchene Wald“ an. Es umfasst auch zwei Naturwaldreservate
und bildet mit 920 Ha ein Kernstück des Naturschutzes in diesem
Waldgebiet. Hier kann man schöne Wanderungen unternehmen und dabei die
heimische Natur kennenlernen. Des weiteren möchte ich noch den Pfad der Artenvielfalt
im Weilersbachtal und die Talauen rund um den Tretzendorfer Weiher
erwähnen, die ich ebenfalls besucht habe.
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Wandern unter Buchen
Mai 2019
Für mein Buch “Naturwunder Steigerwald” war ich viele Male in diesem Wald unterwegs. Sei es
zum Fotografi eren oder einfach nur zum Wandern, um das Gebiet näher kennenzulernen. An
einem schönen Maitag war ich wieder mal dort, um unter den Buchen zu wandern.
Nach dem Besuch des Baumwipfelpfades, der einen
herrlichen Ausblick über dieses Waldgebiet ermöglicht,
machte ich mich von Ebrach aus auf den Weg in den
Wald. Ich wollte das Naturwaldreservat Waldhaus erkunden.
Die Wanderung führte zunächst am Handtaler
Graben entlang, bis dieser sich am südlichen Rand des
Reservates aufteilt. Mehrere Teiche werden in diesem
Tal aufgestaut. Sie dienen der Fischzucht und gleichzeitig
als Rückzugsgebiete für Feuchtraumbewohner wie
zum Beispiel Amphibien und Libellen. Die ersten Teiche
hatte ich bereits hinter mir gelassen, als plötzlich ein
Bundspecht vor meinen Augen in etwa sechs Metern
Höhe über den Waldweg fl og und unter dem Blätterdach
verschwand. Ich war sofort hellwach und zog
meinen Fotoaparat aus der Brusttasche. Gleichzeitig
suchte ich die Baumregionen über mir ab um herauszufi
nden, wo sich der Kerl nun befi nden würde.
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Gleichzeitig hörte ich ein zartes Piepsen. Da wird doch
nicht etwa Nachwuchs sein, dachte ich. Welch ein
Glück, ich hatte tatsächlich eine bewohnte Spechthöhle
gefunden. Sie befand sich seitlich des Weges und so
konnte ich den Prachtkerl sehen, wie er fest am Stamm
geklammert seine Jungen fütterte. Jetzt noch ganz
vorsichtig die Kamera anheben und zack, da war der
Bundspecht bereits im Kasten. Etwa eine halbe Stunde
später erreichte ich einen Waldteich. Herrlich spiegelten
sich die Bäume auf der Wasseroberfläche, während
über mir ein Bussard kreiste.
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Ich war bald im Zentrum des Naturwaldreservates angekommen.
Mächtige Buchen türmten sich vor mir auf und
verdeckten dabei den Himmel fast gänzlich. Ich blickte
hinauf in ein üppiges Grün der Blätter, die gerade im
Frühling den Wald so schön einfärben und mit Hilfe
der Sonne zusätzliche Wärme ausstrahlen. Teilweise
waren die alten Urwaldriesen bereits umgekippt. Doch
was sich an diesen selten gewordenen Orten entdecken
lässt, zeigt, dass seltene Arten auch wieder zurückkommen,
wenn man auf Teilfl ächen den Wald aus der
Nutzung nimmt. Bei genauem Hinsehen fi elen mir von
weitem bereits weiße Flecken auf, die sich am Stamm
festgesetzt hatten. Es waren Stachelbärte, die nur auf
absterbenden Baumstämmen wachsen. Daher gelten
diese Pilze auch als Zeiger für naturnahe Wälder.
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Auch in den Wiesentälern und an Fließgewässern tummelt
sich das Leben. So bieten Feuchtlebensräume entlang der
Aurach wie im oben gezeigten Tretzendorfer Weiher seltenen
Amphibien eine Heimat. Gerade aufgrund der immer
wärmer und trockener werdenden Sommermonate werden
diese Feuchtgebiete für die Natur zunehmend wichtiger.
Eine weitere Wanderung führte mich in das Naturschutzgebiet
Weilersbach. Das langgestreckte Tal, das
man über Obersteinbach erreicht, schlängelt sich etwa
sieben Kilometer lang durch den nördlichen Steigerwald.
Es läd somit zu einer ausgiebigen Wanderung ein. Hinweisschilder
erläutern uns die Naturwunder, die sich hier finden
lassen. Zum Beispiel das unten gezeigte Schwefelvögelchen.
Seine Raupen ernähren sich von Sauerampfer-Arten,
insbesondere vom Wiesen-Sauerampfer, an deren Basis
sie auch überwintern. Am Ende war ich froh, dieses besondere
Tal besucht zu haben.
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114 Seite
Am Main entlang
Mai 2015
Für unser Vorhaben, mit dem Rad die Fränkische Schweiz zu durchqueren, war ein wenig Training
nötig. Denn für das geplante Auf und Ab in dieser Region konnte ein wenig Kondition nicht
schaden. Natürlich freute ich mich auch darauf, endlich mein neues Rad testen zu können.
Schon vor der Bahnfahrt erlebten wir leider unsere erste
Überraschung. Jan holte sich bereits in der Unterführung
in Partenstein einen Platten. Schnell wurde vor
dem ankommenden Zug der Schlauch gewechselt. Zum
Glück hatte dieser ein paar Minuten Verspätung. Für
solche Gelegenheiten habe ich für jede Radgröße einen
Ersatzschlauch im Rucksack und wie man an diesem
Tag sehen konnte, war dies eine gute Idee.
denn draußen war es noch recht ungemütlich. Erst am Nachmittag war schönes Wetter
gemeldet. In Kitzingen angekommen, radelten wir den vom letzten Jahr bereits
bekannten Weg durch die Altstadt hinunter zum Main. Wir passierten Fußballplätze
und Schrebergärten entlang der Strecke, während uns ein unangenehmer Wind
entgegenblies. Bald erreichten wir Marktbreit. Größere Anbaufl ächen für Spargel
und Kartoffeln füllen die Freifl ächen hier im Maintal. Gleich daneben stehen einige
Gewächshäuser. Ein Zeichen, dass der Boden hier am Mainknie eine gute Qualität
besitzt.
Auch die beiden Mantelheber sind hierzu nützlich. Sie
beschleunigen das Lösen des Mantels von der Felge.
Zuletzt zog ich den neuen Schlauch ein und fixierte
das Vorderrad wieder mit den Schnellspannern am
Rahmen. Jetzt noch fi x aufpumpen und fertig. Jan
beobachtete das Ganze und staunte nicht schlecht, als
er sein repariertes Rad wieder in Händen hielt. Im Zug
eingestiegen freuten wir uns über das warme Abteil,
Seite 115
In der Sanderau, einem
Stadtteil von Würzburg
angekommen, war der
Würzburger Marathon
bereits voll im Gange, der
an diesem Tag stattfand.
Mit unseren Rädern
suchten wir nun einen
Weg jenseits der Absperrungen
in die Innenstadt.
Würzburg gilt auch als
Stadt der Kirchen. Etwa
70 Stück lassen sich zählen.
Ihre Türme überragen
die Altstadt. Sie sind
am besten von oben zu
sehen, zum Beispiel wenn
man vom Stein oder von
der Marienburg über die
Dächer blickt.
Der Radweg führte uns weiter nach Ochsenfurt. Hier waren wir schon ein paar Mal
gewesen und wir erinnerten uns an ein schnuckeliges Örtchen in der Fußgängerzone.
Dort befand sich ein gemütliches Kaffee, in dem wir uns aufwärmen wollten.
Im Kaffee lernten wir dann, dass Blotskuchen und Blots nicht dasselbe ist. Jedenfalls
heißt hier in Ochsenfurt Blotskucha Käseblots. Wenig später saßen wir wieder in den
Sätteln und radelten noch an einem Flohmarkt vorbei, bevor wir Ochsenfurt wieder
hinter uns ließen.
Mittlerweile hatten die Wolken ihre Farbe geändert.
Vom anfänglichen Grau, waren sie gegen Mittag weiß
geworden. Als wir in Richtung Würzbug fuhren, kamen
immer mehr blaue Felder dazu. Die Sonnenstrahlen
durchdrangen nun die Mainauen und der grüne Uferbewuchs
erfreute unsere Augen. Bald hatten wir Sommerhausen
und Eibelstadt hinter uns gelassen und radelten
auf der rechten Mainseite in Randersacker ein.
116 Seite
Eine der bekanntesten Kirchen ist der Würzburger
Kiliansdom. Hier war eine kurze Rast angesagt. Dabei
genossen wir ein Eis und schauten den Läufern zu. Das
Treiben in den Straßen der Innenstadt ist für uns immer
ein Erlebnis und wir genießen es, die vielen Menschen
zu beobachten.
Von der alten Mainbrücke aus blickten wir noch einmal
zurück zum Dom und ich musste einen Moment an die
Legende des Heiligen Kilian denken, dessen Grab sich
vor dem Dombau in der kleinen Marienkirche auf der
Marienburg befand.
Diese Festung Marienburg erhebt sich auf der gegenüberliegenden
Seite über den Main und gilt ebenfalls
als eines der Wahrzeichen der Stadt. Bis 2027 soll dort
das neue „Museum für Franken“ entstehen.
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Unbedingt sollte man in Würzburg die Residenz sehen.
Während der Franconiabrunnen mit der Patronin
Frankens den Residenzplatz schmückt, verschönert
der Hofgarten den hinteren Bereich der Anlage. Er wird
durch die noch erhaltene Stadtmauer begrenzt. Bereits
Balthasar Neumann hatte die Idee, diese Bastion an
der Stadtmauer mit in die Gartengestaltung einzubeziehen.
Ein Glück für heutige Spaziergänger, denn ihnen
wird so ein herrlicher Blick über Garten, Schloss und
Teile der Stadt ermöglicht. Symmetrische Treppenanlagen
führen zum Ausblick hinauf, wobei auf halber Höhe
eine Terrasse eingefügt wurde. Daneben können neben
vielen Skulpturen auch hunderte von alten Rosensorten
bestaunt werden.
Die Residenz selber ist UNESCO-Welterbe. Der barocke
Bau am Rande von Würzburgs Innenstadt wurde
1720 begonnen und bis 1744 vollendet. Die Innenausstattung
wurde unter der Regie von Balthasar Neumann
bis 1781 fertiggestellt. Das prunkvolle Schloss diente
bis zur Auflösung der geistlichen Territorien durch die
Säkularisation als Sitz der Würzburger Fürstbischöfe.
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Im Reich der Pilze
September 2019
Der Irtenberger Forst liegt keine vier Kilometer vom Würzburger Stadtzentrum entfernt. Er ist
somit über die Löwenbrücke etwa in einer Stunde zu Fuß erreichbar. Eine gute Gelegenheit für
einen Sonntagsspatziergang in Bayerns erstem Pilzschutzgebiet, um das Leben dieser Lebensform
näher kennenzulernen.
Im Mai 2019 wurde ein etwa ein Hektar großes Gebiet,
das sich im Irtenberger Forst befindet und nörtlich des
Naturschutzgebiets Blutsee-Moor liegt, zum ersten Pilzschutzgebiet
in Bayern erklärt. Man geht davon aus, dass
dort etwa 500 Pilzarten wachsen. Pilze, die nach heutiger
Kenntnis näher mit den Tieren verwandt sind als wie
zunächst vermutet mit den Pflanzen. Sie bilden somit ein
eigenes Reich in der Natur mit erstaunlichen Eigenschaften.
Pilze sind ähnlich wie Pflanzen sesshaft, können aber
im Unterschied zu diesen keine Photosynthese betreiben
und müssen sich ähnlich wie Tiere durch Aufnahme
von organischer Substanz ernähren. Dabei nehmen die
weltweit 120.000 Pilzarten etwa fünf bis acht Prozent der
Artenvielfalt ein. Der sichtbare Fruchtkörper ist aber nur
ein Teil des Pilzes. Der eigentliche Pilz ist jedoch das feine
Mycel, ein meist unsichtbares Geflecht aus Hyphen, das
sich im Boden oder bei Baumpilzen im Holz befindet.
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Baumschwamm,
Schwefelköpfchen
Goldgelber Ziegenbart,
und Steinpilz (im
Urzeigersinn) sind vier
Beispiele aus dem
Reich der Pilze, die
sie im Herbst fi nden
können.
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Von Würzburg nach Lohr
August 2015
Die Sommerferien hatten bereits angefangen und die Temperaturen waren für das Wochenende
nicht ganz so heiß gemeldet. Was sprach also dagegen, einen weitern Abschnitt des Mains zu
befahren.
Der Sonntagmorgen begann, wie es der Wetterbericht vorausgesagt
hatte. Es war nicht zu warm, aber doch sonnig.
Die Begeisterung der Familie hielt sich jedoch in Grenzen.
Genau genommen hatte keiner so richtig Lust außer Papa.
Nachdem auch Kerstin für die Radtour Partei ergriffen hatte,
konnten auch Jan und Lena überzeugt werden. Bald saßen
wir im Zug und unterhielten uns über den bevorstehenden
Urlaub. Dabei schauten alle eher teilnahmslos aus den
Fenstern. Die Kinder tippten begeistert vor sich hin, als ich
plötzlich mit einem lauten NEIN für Aufmerksamkeit sorgte.
Ich hatte meine Kamera vergessen. Das konnte ja
heiter werden. Zusätzlich entstand in Jans Kopf die
glorreiche Idee auf dem Rückweg bereits in Karlstadt
wieder in den Zug einzusteigen, was die Strecke um
die Hälfte verkürzen würde. Meine Mundwinkel fi elen
merklich nach unten. Gestöhne beim Rest.
Ankunft Würzburg HBF: Der Vorplatz des Bahnhofs war
gut besucht. Die Sonne schien und wir traten sogleich in
die Pedalen. Wir radelten über die Friedensbrücke und
anschließend nach rechts in Richtung Mainaustraße am
Kilianifestplatz vorbei.
Direkt am Kloster unter dem Zeller Berg führte der Radweg
an der langen Klostermauer entlang. Rechts von uns wächst
saftiges Grün. In Margetshöchheim angekommen, erwartete
uns Feststimmung direkt neben dem Main. Wir trafen einen
Arbeitskollegen, der uns über das Fest in seinem Wohnort
näher informierte. Da er hier wohnt, hatte er sozusagen ein
„Heimspiel“, was er recht lustig fand. Nach einer kurzen Rast
fuhren wir weiter. Wir kamen an Erlabrunn vorbei und radelten
anschließend durch Zellingen. Der schöne Mainabschnitt
ermöglichte Ausblicke auf die rechtsmainischen Weinberge
und das Fortbildungszentrum Benediktushöhe.
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Während ich noch in Gedanken noch in den Weinbergen
unterwegs war, fiel in Himmelstadt die endgültige
Entscheidung. „Wir nehmen in Kascht den Zug“, riefen sich
die Kinder strahlend zu, während in mir die Idee reifte in
diesem Fall alleine weiter zu fahren. So schnell wollte ich
die Radtour nicht enden lassen. Auch Kerstin war mit dem
Vorschlag zufrieden.
Auf dem Weg nach Karlstadt kamen wir noch in Laudenbach
vorbei, während sich links über uns der erste von
mehreren steilen Kalkfelsen erhebt. Sie prägen diesen
Mainabschnitt um die Kreisstadt des Landkreises Main-
Spessart. Darüber thront die Ruine Karlburg mit ihren
hellgrauen Außenmauern, von der man einen herrlichen
Blick über das Maintal hat.
Durch die Weinberge
kann man zum Beispiel
von Thüngersheim oder
von Retzbach aus
wandern. Die Steilhänge
ermöglichen nicht nur
herrliche Ausblicke über
den Main. Kombinierbar
ist dies auch mit einer
Weinprobe, die lokal
angeboten wird.
124 Seite
Wir fuhren über die Brücke und durch den hohen Katzenturm
in die Altstadt bis zum Marktplatz. Nun hatten wir uns
ein Eis aber wirklich verdient.
An dieser Stelle muss ich noch einmal erwähnen, dass ich
an diesem Tag meinen Foto vergessen hatte. Die Bilder
die hier gezeigt werden, entstanden zu einem späteren
Zeitpunkt Mitte November.
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Am Marktplatz vor dem historischen Rathaus mit seinen
Treppengiebeln rasteten wir eine Weile und bewunderten
die Fachwerkäuser in der Innenstadt. Sie sind von außergewöhnlicher
Schönheit.
durch den Torbogen der Stadtmauer hinüber zur Karlburg.
Am Main angekommen, radelte ich alleine weiter in Richtung
Gemünden. am Main entlang.
Nach dem Eisessen verabschiedete ich mich von der Familie.
Sie fuhren hinüber zum Bahnhof. Ich ging mit meinem
Rad die Maingasse hinunter und schaute noch einmal
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Von nun an war ich auf der rechten Mainseite unterwegs.
Peinlich musste ich mir nun zugestehen, dass ich zwar keine
30 Kilometer von zuhause weg war, jedoch diesen Abschnitt
bis nach Gemünden noch nie mit dem Rad gefahren war.
Um so besser gefiel es mir. Bei Gambach sah ich rechts
über mir das Edelweiß in der Sonne blitzen. Auch dort oben
war ich schon oft gewesen. Man hat von der Steilkante
aus einen grandiosen Ausblick hinunter auf den Main, auf
Karlburg und auf den gegenüberliegenden Mäusberg.
Ich radelte weiter an der Schleuse von Harrbach vorbei
und war bald wieder von Wald umgeben. Denn hier
beginnt nicht nur der Spessart, sondern mit ihm auch der
Bundsandstein. In Kleinwernfeld wechselte ich erneut
die Mainseite. Die Mittagssonne brannte senkrecht auf
meinen Radhelm und der schwarze Asphalt strahlte die
Wärme zusätzlich zurück. Der lange Mainbogen zog sich
nun, denn ich merkte die hinter mir liegenden Kilometer in
meinen Beinen. Mein Blick wanderte über den Main und
ich sah einen Zug auf der anderen Seite vorbeifahren.
„Dort könnte meine Familie drinsitzen“, dachte ich.
Vom Edelweis, das man
über Gambach oder
Karlstadt erreichen kann,
hat man herrliche
Ausblicke über den Main.
Seite 127
bergab. Nun hieß es die Räder laufen lassen und durchatmen.
Ich fuhr ich an der Roten Mühle vorbei und erreichte
das Libellenbiotop. „Mein schönes Lohrtal“, dachte ich.
Wie jedesmal, wenn ich nach Lohr fahre, ging mir auch an
diesem Tag ein weiterer Gedanke durch den Kopf: „Ob der
Radweg im Tal in die Stadt Lohr wohl irgendwann fertig
werden wird?“. Die blaue Brücke an der Gemarkungsgrenze
zwischen Lohr und Partenstein überfuhr ich mit
einer schnellen rechts-links-Kurvenkombination. Am Ende
strampelte ich noch den steilen Leheweg hoch und war
ziemlich müde, als ich zu Hause ankam. Die anderen drei
Räder standen bereits vor der Haustür.
Ich erreichte Hofstetten und ein gewohntes Bild breitete sich
vor meinem Lenker aus. Viele Male waren wir diese Strecke
bereits mit den Inlinern gefahren. Dazu hatten wir unser
Auto an der Einfahrt unter der Ruine Schönrain geparkt und
waren auf dem feinen Teer in Richtung Hofstetten entlang
gefahren. Die Strecke nahm jetzt schnell ab, denn der Teer
ist hier von besonders feiner Struktur. Ich schaute kurz
hoch zur Ruine. Bald tauchte Steinbach auf. Anschließend
am Horizont der Lohrer Kirchturm. Ich bog nach rechts
ab und fuhr auf die Mainbrücke. „Fast geschafft“, dachte
ich. Nun ging es noch vorbei am Zob und am Lohrbach
entlang. Der Radweg durchquert die Wörde und führt über
den Eisenhammer nach Partenstein. Die bekannte Strecke
über den Eisenhammer hoch zum Steintalerhof fährt mein
Rad eigentlich wie von selber. Es ist die tägliche Strecke zu
meinem Arbeitsplatz in Lohr. Nur noch eine letzte Steigung,
dann ging es hinein in den Spessartwald und anschließend
Blick von der Burg
Partenstein hinab in
meinen Heimatort.
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Familienradeln durch die Spessartwiesen
300
250
200
Höhenprofi l:
5km 10km 14km
Wir starten am Rathaus in Partenstein und fahren durch
das Viadukt in die Buchsiedlung. An der Einmündung in
den Schneidweg führt der Radweg am Kepplerskanal
entlang in Richtung Krommenthal.
Die Schotterstraße verläuft durch den Wald und hat nur
wenig Steigung. Sie bietet eine gute Gelegenheit, mit
Kindern eine Radtour zu machen. Ein kurzer Anstieg ist
lediglich vor Krommenthal zu überwinden.
Route:
Partenstein - Krommenthal - Wiesthal - Habichsthal.
Die Strecke führt auf Schotterstraßen durch den Wald
am Aubach entlang
Distanz: 14 Kilometer und 140 Hm (einfach)
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Die anschließende Abfahrt lässt die Räder bis zur
Staatsstraße hinunterrollen. Dieser muss man dann
etwa 100 Meter folgen und anschließend nach rechts
abbiegen.
Am Bachlauf geht es angenehm weiter durch das
Naturschutzgebiet Spessartwiesen bis nach Wiesthal.
Am Ortsausgang muss dann noch einmal ein letzter Anstieg
gemeistert werden. Danach kann man gemütlich
weiter bis zu den Aubachseen radeln.
Die bewirtschaftete Fischerhütte lädt anschließend
zur Einkehr ein. Ein kleiner Spielplatz daneben und
die Seen weiter unten im Tal sorgen für die nötige
Abwechslung.
Oben:
Zum Entspannen
Kaulquappen fangen.
Für die Kinder ein
Riesenspaß.
Die Aubachseen bieten
eine ideale Gelegenheit
für eine Pause.
130 Seite
Am Oberen Main
Orte, von denen man
weit über das
Umland schauen
konnte, wie zum
Beispiel von der
Giechburg östlich
von Bamberg oder
wie vom Staffelberg
bei Staffelstein,
haben die Menschen
schon immer fasziniert.
Dort fanden sie
Schutz vor herannahenden
Feinden.
Seite 131
Der Main ist die Lebensader der Region und seiner Menschen. Wenn man den Fluss
entgegengesetzt seiner Fließrichtung betrachtet, so teilt er sich zwei mal in etwa
gleich große „Adern“ auf. Das eine Mal in Bamberg, hier trifft der Rhein-Main-Donau
Kanal auf den Oberen Main, und das andere Mal in Kulmbach, dort fließt der Rote
mit dem Weißen Main zusammen. Der RMD-Kanal, der 1992 fertiggestellt wurde, ist
eine künstliche Wasserstraße, die den Main über die Altmühl mit der Donau verbindet
und so die Nordsee mit dem Schwarzen Meer. Er verkürzt die Schiffsroute von
Südeuropa in den Norden und spart dadurch Zeit und Treibstoff. Die technischen
Herausforderungen zur Realisierung des Kanals waren aber gigantisch. Die Idee
dieser kürzeren Verbindung wurde bereits von Karl dem Großen in Angriff genommen.
Doch bevor wir im späteren Verlauf des Buches diesem ersten Kanalabschnitt
in Mittelfranken einen Besuch abstatten, wollen wir den natürlichen Mainverlauf bis
zur Weißmainquelle erkunden. Sie liegt hoch oben im Fichtelgebirge. Um sie zu
erreichen, ist vorher die Durchquerung Oberfrankens nötig. Eine Aufgabe, die wir mit
dem Rad umsetzen wollten.
Eine Radtour entlang des Oberen Mains bietet gleichzeitig die Möglichkeit, den Fluss in
seiner Ursprünglichkeit besser kennenzulernen, denn oberhalb von Bamberg befinden
sich keine Staustufen mehr. Gleichzeitig begegnet man vielen kulturellen Besonderheiten
wie einer alten Bierbraukunst und einem eindrucksvollen Einblick in unsere Geschichte.
132 Seite
Mainradweg Teil 3
Seite 133
Die Route
Mit der Bahn fahren wir zunächst nach Bayreuth. Von dort aus geht es mit dem Rad am
Roten Main entlang bis nach Kulmbach. Anschließend erkunde ich noch vor dem Frühstück
alleine das Weißmaintal und muss dabei bis hinauf nach Bischofsgrün kräftig in die
Pedalen treten, was mich aber nicht wundert, denn der Ort liegt ja im Fichtelgebirge.
Zurück in Kulmbach fahren wir gemeinsam
weiter über Bad Staffelstein bis nach Bamberg.
Bis hierher hat der Main, der in Bamberg
mit dem Rhein-Main-Donau-Kanal zusammenfließt,
bereits eine Höhendifferenz von etwa 600
Metern überwunden. Die Hälfte davon fällt auf
den ersten 12 Kilometern an. Es ist ein erster
Hinweis darauf, dass man das Fichtelgebirge
nicht unterschätzen sollte.
134 Seite
Von Bayreuth nach Bamberg
Mai 2012
Bamberg lag hinter uns. Wir saßen im Zug der dem Oberen Main bis nach Kulmbach und weiter
nach Bayreuth folgte. Durch das Fenster konnte man bald den Staffelberg sehen, der weit über das
Maintal hinausragt. Schräg gegenüber auf der anderen Mainseite das Kloster Banz. Die Sonne
strahlte vom Himmel und die Vorfreude aufs radeln stieg.
Nach der Zugfahrt machten wir die Räder am Bahnhof
in Bayreuth startklar und starteten geradewegs in die
Innenstadt. Von dort aus wollten wir uns orientieren und
unsere Fahrradtour beginnen. Nach der Fußgängerzone
ging es parallel zur Hindenburgstraße bereits am
Roten Main entlang in Richtung Kulmbach.
Die ersten Windungen auf dem Fahrradweg genossen
wir in vollen Zügen. Wir waren froh wieder „on Tour“ zu
sein und sammelten die Eindrücke hinter jeder Biegung
auf. Das ständige Wechselspiel zwischen schmucken
Dörfern und der Natur im Maintal hob die Stimmung.
Zusätzlich war auch noch das Wetter fabelhaft.
Hinter Altenplos ging es nach Dreschenau und Neudrosselfeld.
Es wurde Zeit für eine Mittagspause. Frischkäse,
Paprika und Schinken hatten wir von zu Hause mitgebracht.
Was fehlte waren nur noch frische Brötchen. An
der Bergmühle machten wir kurz Halt, während ich in der
Ortsmitte eine Bäckerei aufsuchte.
Seite 135
Eine gepflasterte Straße führte bergauf zum Ortskern.
Mit zwei frischen Weißbroten beladen fuhr ich wieder
hinab und wir suchten eine Bank für unser Vesper.
Am Ortsausgang fanden wir dann ein gemütliches
Plätzchen inklusive Brünnchen. Ein perfekter Ort,
dachten wir und packten unsere Verpflegung aus. Die
Kinder waren noch am Kauen, da packte sie bereits der
Spieltrieb und der Brunnen musste genauestens inspiziert
werden. Ausruhen war nicht. Auch beim nächsten
Halt sorgte eine Wasserschnecke für Abwechslung. Im
Alter ab zehn Jahren ist die Energie schier grenzenlos.
Wir saßen nebenan und beobachteten das Ganze mit
Freude. Es gibt nichts Schöneres als den Kindern beim
Spielen zuzuschauen.
136 Seite
Nicht nur den
Kindern gefallen
bunte Blumen. Vor
allem unsere Bienen
finden hier Nahrung.
An den Mohn- und
Kornblumen sieht
man gut, wie ein
Feld bewirtschaftet
wird. Intensiv oder
eher nachhaltig bzw.
extensiv.
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Bald erreichten wir Kulmbach. Seit Melkendorf ging
es nur noch bergab und wir rollten geradewegs in die
Altstadt hinein. Nach wenigen Minuten standen wir
am Marktplatz direkt unter der Plassenburg. Bei diesem
Wetter musste ein Eisbecher her, der an einem
solchen Tag besonders gut schmeckt.
Nach dem leckeren Eis mussten wir eine Unterkunft
finden. Im Hotel Ertl bekamen wir ein schönes Zimmer
und stellten unser Gepäck und die Räder dort ab. Frisch
geduscht waren wir bereits nach einer halben Stunde
wieder auf dem Weg in die Innenstadt. Nun ging es
hinauf zur Plassenburg.
138 Seite
Der kurze Anstieg führte uns am roten Turm vorbei. Als Teil
der alten Stadtbefestigung liegt er direkt unter der Festung.
Wenige Minuten später standen wir bereits auf dem großen
runden Mauervorbau der Plassenburg, von wo sich ein
herrlicher Ausblick auf Kulmach und das Maintal bietet. Im
Inneren der Anlage mit ihrem beeindruckenden Rundgang,
ist das Landschaftsmuseum untergebracht.
Die Plassenburg in
Kulmbach ermöglicht
weite Ausblicke über
das Maintal.
Seite 139
140 Seite
Am nächsten Morgen stand ich um 4 Uhr auf. Ich wollte
einen Ausflug nach Bischofsgrün machen, um auch mit
dem Rad einmal im Fichtelgebirge unterwegs gewesen
zu sein. Das Vorhaben ist ein Teil der Idee, von zu Hause
aus auf den höchsten Berg Frankens zu steigen und
die Strecke bis dorthin ausschließlich mit Muskelkraft zu
überwinden. Die Idee nahm nun so langsam Formen an.
Ich startete also, während alle noch schliefen, und fuhr in
Richtung Bad Berneck los. Gleich hinter Kauerndorf bog
mein Weg nach rechts ab. Dem Weißen Main folgend,
fuhr ich durch dieses schöne Tal und durchquerte kleine
Dörfer, die sich wie Perlen an einer Schnur entlang des
Mains hintereinanderreihen. Ich erreichte Weizendorf, danach
kam Himmelkron und Lanzendorf. Dort sah ich eine
schöne alte Sandsteinbrücke, die den Main überspannt.
Ich erreichte bald die A9, die überquert werden musste.
In der Mitte der Brücke angelangt schaute ich hinab auf
die unendlich dahinströmende Blechlawine, die bereits in
dieser frühen Morgenstunde eine schaurige Erinnerung
in meinem Gedächtnis hinterließ. Doch nach einer halben
Minute hatte ich die Lebensader unserer Zivilisation hinter
mir gelassen. Wie schön war es doch, die Stille auf dem
Rad wieder zu haben, das Summen der Reifen, während
die Vögel um mich herum den Morgen ankündigen.
Nach 25 km ging es ab Bad Berneck dann noch einmal
zur Sache. Der Weg bis nach Bischofsgrün ging stetig
bergauf. Auf den 12 km bis in den Ort waren ganze 300
Höhenmeter zu bewältigen und meine Oberschenkel kamen
gehörig ins Schwitzen. Ich erreichte Bischofsgrün bei
strömendem Regen und drehte daher gleich wieder um.
Doch gleichzeitig durchdrang mich ein kurzer Augenblick
lang ein Gefühl der Befriedigung, denn in diesem Augenblick
war ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen.
Seite 141
Bereits an Ostern waren wir von Bischofsgrün aus auf den
Schneeberg gelaufen und anschließend zur Weißmainquelle
aufgestiegen. Der Schnee hatte die Quelle und den
Weißmainfelsen über die Feiertage in eine märchenhafte
Landschaft verwandelt und uns Wanderer gehörig
überrascht. Wie bereits am Anfang des Kapitels gesagt,
sollte man das Fichtelgebirge nicht unterschätzen. Doch
davon später. An diesem Morgen jedenfalls, als ich mit
dem Rad am Ortsschild von Bischofsgrün stand, waren
die Aussichten auf die umliegenden Berge eher düster.
Nebelverhangen zeigte sich das Gebirge von seiner
unangenehmen Seite und so fuhr ich auf nassem Belag
zurück nach Bad Berneck und halbwegs trocken weiter
nach Kulmbach zurück. Am Ende war ich pünktlich zum
Frühstück wieder im Hotel. Ich genoss nun die zweistündige
Pause während des Frühstücks. Doch bereits nach
zwei Stunden radelten wir jetzt wieder zu viert weiter über
Mainroth nach Burgkunstadt. Nach einer Kaffeepause und
einem Bad im Rudufer See erreichten wir Michelau, unser
nächstes Etappenziel. Noch am Morgen hatte ich mächtig
gefroren, denn der Fahrtwind hatte mir den Regen in die
Schuhe gedrückt. Am Nachmittag dann lagen wir bei
Badewetter kurz vor Michelau am Strand und schwitzten.
Die zweite Etappe unserer Radtour war geschafft.
142 Seite
Am nächsten Tag
strampelten wir nach
einem Besuch der
Lichtenfelser Altstadt
zu den Vierzehnheiligen
hinauf. Ein
schöner aber
anstrengender
Anstieg ;-). Neben
dem gut besuchten
Kloster, das mit
seinen schönen
Fassaden Bildhauerkünste
in Vollendung
zeigt, waren wir vor
allem vom großartigen
Ausblick hinunter
ins Maintal
begeistert.
Seite 143
Nach dem Klosterbesuch freuten sich vor allem die
Kinder über die Abfahrt hinunter nach Grundfeld mit dem
nächsten Kloster direkt vor Augen. Vom Radweg aus war
Kloster Banz dann etwas deutlicher erkennbar und ich
dachte noch, welche Anstrengungen man doch unternahm,
um dem keltischen Heiligtum auf dem gegenüberliegenden
Staffelstein einst paroli zu bieten.
In Bad Staffelstein gönnten wir uns einen dreistündigen
Aufenthalt in der dortigen Obermain-Therme. Die wärmste
und stärkste Thermalsole in ganz Bayern tat unseren
Muskeln gut. Ein abschließender Saunagang sorgte für
zusätzliche Erholung. Nach dieser „Jungbrunnenpause“
meisterten wir das letzte Stück nach Ebensfeld mit Leichtigkeit.
Von unserer Unterkunft waren wir ebenso begeistert
wie vom frisch gebrauten Schwanenbier, das wir am Abend
in der Pizzeria zum Abschluss genießen konnten.
Der Main sorgt immer
wieder für Weitblicke.
Zwischen Kulmbach
und Bamberg windet
er sich gemächlich
dahin. Bei Unterbrunn
hat man ihm mit
Renaturierungsmaßnahmen
wieder mehr
Raum gebeben.
144 Seite
An einigen Stellen am
Oberen Main glaubt
man am Meer zu sein.
Die Felsen und das
Kiesbett bilden einen
natürlichen Lebensraum
für viele Lebewesen.
Die steinige
Uferzohne, die sich im
blauen Mainwasser
spiegelt, strahlt aber
gleichzeitig eine
stoische Ruhe aus.
Dieses ruhige Gemüt
besitzen auch die
Menschen, die entlang
des Flusses leben.
Seite 145
Der letzte Tag führte uns über eine abgelegene
Landstraße nach Rattelsdorf. Es war ein Rat unseres
Pensionswirtes, den wir befolgten, den der Routenverlauf
in unserem Radführer hatte einen anderen Weg
vorgeschlagen. Es war jedoch ein guter Tip wie sich
herausstellte. Denn so konnten wir noch einmal weit
über das Maintal und die Altarmseen hinüberschauen.
Am Straßenrand blühten dazu Kornblumen im herrlichsten
Blau. Auch die Sonne ließ uns an diesem letzten
Tag nicht im Stich. Überrascht wurden wir von zwei
Kanadagänsen, die ihren Flug über einen Altwasserarm
des Mains starteten. Sie konnten wir direkt vom Radweg
aus beobachten. Anscheinend hatten wir sie beim
Fressen gestört, denn nach einer kurzen Flugphase
landeten sie auf der gegenüberliegenden Seite des
Gewässers in sicherem Abstand von uns.
146 Seite
Flüsse wie der Main
durchdringen weiträumig
unsere Landschaften
und vernetzen so
unsere Lebensräume.
Doch der Mensch hat
die Flussläufe begradigt
und sie durch
Bauwerke zerschnitten.
Am Oberlauf des Mains
wurde jedoch durch
Renaturierungsmaßnahmen
wieder mehr
Lebensraum für die
Natur geschaffen.
Seite 147
Hinter Kemmern rasteten wir noch einmal kurz an
einem schönen See. Ein abgestorbener Baum ragte
aus dem Wasser und bildete einen willkommenen
Blickfang.
Nach einigen weiteren Schnappschüssen am Ufer zog
ein Fischreiher über unsere Köpfe hinweg. Es kam mir
vor, als wollte er „auf Wiedersehen“ sagen.
Keine Sorge, dachte ich so bei mir, wir kommen bestimmt
irgendwann mal wieder hierher zurück.
148 Seite
Seite 149
150 Seite
Nach dem Besuch der Mainauen bei Baunach ging es
weiter direkt auf Bamberg zu. Dort angekommen wollten
wir nun unseren Gesäßen etwas ruhe gönnen und
beschlossen, zu Fuß durch die Innenstadt zu laufen.
Dies war genau die richtige Entscheidung. Wir überquerten
den Main-Donau-Kanal auf der Luitpoltbrücke
mit ihren großen Stahlbögen und liefen über die Lange
Straße dem alten Kranen entgegen. Hier, am alten
Hafen direkt an der Regnitz, genossen wir das so
genannte „klein Venedig“ in der Abendsonne. Es war
mächtig was los auf der unteren Brücke. Hier trifft sich
die Jugend, um das Abendprogramm zu besprechen.
In unmittelbarer Nachbarschaft befi ndet sich das alte
Rathaus. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der
historischen Innenstadt. Das schöne Fachwerkgebäude
wurde auf einer kleinen Insel mitten auf der Regnitz
errichtet. Es liegt somit genau am Bindeglied von
Berg- und Inselstadt. Seine Lage zeugt von der alten
Herrschaftsgrenze zwischen der ehemals bischöfl i-
chen Bergfestung und der aufstrebenden bürgerlichen
Inselstadt. Wie in Würzburg wird auch hier in Bamberg
die Machtpolitik des ausgehenden Mittelalters zwischen
Kirche und Bürgertum sichtbar. 1387 wurde das
Rathaus erstmals urkundlich erwähnt und bis 1467 in
seiner heutigen Gestalt fertiggestellt.
Seite 151
Vor dem alten Kran saßen wir zum Abschluss des Tages
auf einer Bank. Im Schein der untergehenden Sonne
genossen wir frisches Weißbrot mit Käse, Tomaten und
Gurken, ein Hochgenuss. Das Abendlicht ließ die Türme
von St. Michael in einer traumhaften Siluette erscheinen.
Enten schnatterten direkt unter uns in der Regnitz,
während junge Pärchen an der Promenade des Schiffbauplatzes
vorbeiflanierten. Jan und Lena erzählten
ihre neuesten Geschichten, während wir den Abend mit
einem kühlen Bier verfeinerten.
Zwischen Ober- und Unterbrücke waren Stangen für
einen Kajakparcour aufgehängt, doch leider waren
keine Boote im Wasser. Uns zog es bald weiter zum
Domhügel hinauf. Oben angekommen war ein frisches
Lüftchen zu spüren. Mit unseren kurzen Hosen
begannen wir bald zu frieren und Müdigkeit kam auf.
Schließlich hatten wir ja schon den Mainradweg in den
Beinen. Langsam schlenderten wir wieder hinunter in
die Altstadt um zu übernachten. Am nächsten Tag war
ja noch ein Besuch von Schloss Seehof geplant.
- Abstecher zum Seehof
152 Seite
Schloss Seehof ist die ehemalige
Sommerresidenz und das Jagdschloss
der Bamberger Fürstbischöfe. Heute wird
es als Dienstsitz des Archäologischen
Instituts in Franken genutzt.
Seite 153
Das etwa fünf Kilometer nordöstlich von
Bamberg gelegene Schloss wird von
einem großen Garten umschlossen, der
im Stil des Rokoko angelegt wurde. Die
Fläche der gesamten Anlage mit dem
Garten umfasst etwa 21 Hektar.
154 Seite
Wandern im Fichtelgebirge
Wer durch das
Fichtelgebirge
wandert, entdeckt an
vielen Ecken eine
sagenhafte Landschaft.
Durch die
Felsblöcke zu laufen
befreit Seele und
Geist. Selbst unliebsame
Gedanken
verschwinden dabei
für kurze Zeit.
Seite 155
Das Fichtelgebirge wird im Allgemeinen den submontanen Bergmischwäldern
zugeordnet. Je nach Höhenzone und geologischen Gegebenheiten verändern sich
auch die Vegetationsformen. So kommen Fichte, Tanne, Buche und Bergahorn vor,
an regenarmen bis trockenen Standorten findet man außerdem die Kiefer. Neben
den Gesteinsarten Granit, Gneis, Basalt trifft man auch auf Phyllit und Porphyr.
In den Hochlagen des Fichtelgebirges herrscht ein raues und feuchtes Mittelgebirgsklima,
was die jährlichen Durchschnittstemperaturen auf etwa 5 Grad Celsius
sinken lässt. Die Niederschläge liegen dabei zwischen 800-1200 mm. Im inneren
„Hufeisen“ des Fichtelgebirges ist es aufgrund der Windschattenseite und der niedrigeren
Höhenlage etwa ein Grad wärmer und die Niederschäge sinken auf 550 bis
850 mm Jährlich.
Eine Wanderung im Fichtelgebirge bietet somit nicht nur die Möglichkeit, unterschiedliche
Gesteine und Vegetationszonen kennenzulernen, es ist daneben auch
überaus spannend, in den Felslabyrinthen auf- und abzusteigen. Vor allem für Kinder
sind die Felslandschaften ein Abenteuerspielplatz. Gründe genug, dem Fichtelgebirge
ab und an „aufs Dach zu steigen“.
156 Seite
Seite 157
Die Route
Nachdem wir auf unserer Osterwanderung über die Luisenburg und den Prinzenfelsen
von einem Wintereinbruch überrascht wurden, machte anschließend ein Besuch auf dem
Schneeberg seinem Namen alle Ehre.
Die beschriebenen Wanderungen sind überwiegend
Etappen auf dem Fränkischen Gebirgs
weg. Neben dem Schneebergmassiv und der
Ochsenkopfregion erkundeten wir auch den
Großen Waldstein und die Umgebung rund um
den Fichtelsee. Der Fränkische Gebirgsweg
zieht sich über die Höhen Oberfrankens. Er star
tet in Blankenstein an der Saale, durchquert den
Frankenwald und das Fichtelgebirge und abschließend die Fränkische Schweiz. In Hersbruck,
vor den Toren Nürnbergs, endet dieser 425 km lange Fernwanderweg.
158 Seite
Wenn der Winter zurückkommt
April 2012
Endlich war es wieder soweit. Ein verlängertes Wochenende über die Osterfeiertage stand bevor.
Wir hatten die Rucksäcke für eine Frühlingstour gepackt. Mit abgespeckter Wechselganitur
starteten wir ins Fichtelgebirge. Doch das Wetter erteilte uns eine Lehre.
Wir waren bereits nach der Schule gestartet und fuhren
auf der A70 nach Bamberg. Über die B 303 gelangten
wir schließlich nach Wunsiedel. An der Naturbühne
angekommen verließen wir den warmen Camper und
schauten ungläubig hinüber zu den Tannenwäldern des
Fichtelgebirges. Doch unser Ausgangspunkt war mit
Bedacht ausgewählt, denn wir wollten die runden Steine
Frankens sehen.
Die Felsformationen dieser Region bestehen unter
anderem aus Granit und sind vor etwa 240 Mio. Jahren
entstanden. Damals füllten sich die Hohlräume des dortigen
Grundgebirges mit Magma aus dem Erdinneren. Es
erstarrte unter der Erdoberfläche zu diesem harten Tiefengestein.
Nachdem das darüberliegende Schiefergestein
durch Oberflächenverwitterung abgetragen war, wurden
die Granitblöcke durch Klimatische Gegensätze geformt.
Seite 159
Die Gesteinsformung geschah dabei über lange Zeiträume,
in denen tropische Phasen mit dazwischenliegenden
Eiszeiten abwechselten. Mit der Zeit wurden so
die Steine an ihren Ecken „abgeschliffen“ und erhielten
ihre heutige runde Gestalt. Nachdem anschließend
das abgetragene Material ausgeschwemmt war,
versuchten die zurückgebliebenen Granitmonoliten ihre
neue Ballance zu fi nden, was zu den heute sichtbaren
schönen Formationen führte.
Einige dieser Felslandschaften wollten wir uns näher
anschauen. Das erste Ziel sollte die Luisenburg sein.
Dieses Felsenlabyrinth liegt nicht weit von Wunsiedel
entfernt und so standen wir nun vor unserer ersten
Etappe. Wir starteten mit der Besteigung des Kaiserfelsens.
Über urige Steige, Treppen und Tunnel ging es
hinauf auf die Aussichtskanzel.
160 Seite
Auf dem Weg nach oben erwartete uns hinter jeder
Ecke ein neues Abenteuer. Nach jeder Biegung waren
neue, noch schönere „Kieselsteine im Großformat“ zu
bewundern. Oben angekommen nahm uns leider der
Nebel die Aussicht und so kraxelten wir weiter zum
Burgsteinfelsen hinüber. Diesen kann man bereits seit
1790 über Holzstufen erreichen. Sogar Goethe soll die
Felsen hier oben schon bewundert haben. In dieser
spektakulären Umgebung bemerkten wir nicht, wie
schnell die Zeit verging und bald hatten wir unseren
Rundkurs auch schon beendet.
Seite 161
Klimatische Gegensätze
formten einst
diese Felsformationen,
die heute als Luisenburg
bekannt sind.
162 Seite
Wieder zurück auf dem Fränkischen Gebirgsweg wanderten
wir weiter bergauf zum großen Haberstein. Wir
genossen ein weiteres Mal das Klettern durch die Felsen,
wobei die Kinder fröhlich von einem Stein auf den nächsten
sprangen. Lediglich Kerstin und ich waren anschließend
wieder froh, den weichen Waldboden unter unseren
Füßen zu haben. Leider hatte sich seit dem Morgen der
Nebel immer noch nicht verzogen. Die schöne Aussicht,
von der wir in den Tourenbeschreibungen gelesen hatten,
blieb uns leider an diesem Tag verwehrt.
Seite 163
Doch der dichte Nebel hatte auch etwas besonderes.
Zwischen den Fichten hindurch sorgte er vor unseren
Augen für eine mystische Stimmung und ich konnte mir
die ein oder andere Koboldgeschichte nicht verkneifen.
Zusätzlich waren die Temperaturen in den Keller
gegangen. Mittlerweile hatten wir alles angezogen, was
unsere Rucksäcke hergaben. Sogar die Mützen wurden
ausgepackt.
Bald ging es jedoch wieder leicht bergan und wir
kamen wieder ins Schwitzen. Es ist nicht einfach, beim
Wandern die richtige Kleiderauswahl zu treffen. Auf den
Punkt kommt man eigentlich fast nie. Meistens schwitzt
man oder es ist einem zu kalt.
Unterhalb der Kösseine angekommen, war der Nebel
immer noch da und wir beschlossen, diesen letzten
Aussichtspunkt nicht mehr hochzusteigen. Wir liefen
daher rechts bergab, weiter auf Reichenbach zu.
164 Seite
Dichter Nebelwald
erschwerte uns zwar
die Orientierung, doch
gleichzeitig sorgte er
auch für eine Portion
Abenteuer.
Seite 165
Beim nächsten Aufstieg zum großen Haberstein ging es
zunächst durch dichten Fichtenwald bergauf. An einem
Wegweiser kreuzten sich Höhenweg, Fränkischer Gebirgsweg
und ein bisher nicht bekannter Weg, der durch
einen blauen Querbalken gekennzeichnet war. Wir
hatten nun die Qual der Wahl, entschieden uns aber
letztlich für den Höhenweg, der uns direkt zum Haberstein
führen sollte. Die nun folgenden 150 Höhenmeter
brachten uns ganz schön außer Puste. Wie bereits bei
früheren Wanderungen drückte auch diesmal der Rucksack
gehörig auf unsere alten Hüftknochen.
Zum Glück hatten die Kinder damit keine Probleme.
Jetzt bot auch der Nebel einen kleinen Vorteil, denn er
sorgte weiterhin für kühleTemperaturen und ermöglichte
uns somit auch beim Bergauf gehen ein wenig von
den Dingen zu erzählen, die momentan in der Familie
aktuell waren.
166 Seite
So verging schnell die Zeit und wir erreichten eine
Bank, die wir für eine kurze Rast nutzten. Ein Schluck
aus der Feldflasche, ein Müsliriegel und eine Pinkelpause.
Ausruhen war nicht, denn gleich nach dem Riegel
waren die Beiden schon wieder auf den Steinen unterwegs.
Wir schulterten unsere Rucksäcke und stiegen
weiter bergauf.
Dabei passierten wir Baumstämme, die vom Blitzschlag
getroffen waren, kletterten über sie hinweg und hatten
dabei ständig den Untergrund im Blick. Wenn sich jetzt
einer den Knöchel verstauchen würde, hätte das fatale
Folgen haben können.
Seite 167
Die letzten Meter zum
Haberstein wurden
wieder steiniger. Wir
stiegen über Felsblöcke
und Leitern nach
oben. Nun machte es
wieder Spaß an den
Türmen entlang und
über Quader zu
steigen.
168 Seite
Als wir dann oben auf dem Haberstein standen, sahen wir
erneut vor allem eines, viel Nebel. „Ganz schön blöd“, meinten
Jan und Lena. Wir sagten, dass es schade sei und schluckten
dabei unsere negativen Gedanken hinunter. Der Ausblick
von hier oben ist besonders schön, das hatten schon die
Recherchen ergeben. Etwas enttäuscht schauten die Kinder
in den Nebel hinein. Schönes Wetter wäre wirklich noch das
Tüpfelchen auf dem „I“ gewesen, doch wir mussten jetzt das
Beste daraus machen.
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Nun galt es die vielen Treppenstufen wieder hinunter
zu steigen. Vorsichtig nahmen wir eine Etage nach der
anderen. Die Hohlkörper unter den Stufen machten sich
bei jedem Schritt mit lautem Pochen bemerkbar.
Als wir am Fuß des Gelsgebildes angekommen waren,
hatten die Kinder die Enttäuschung schon wieder
vergessen. Die schönen Steine, die halb in der Erde und
halb darüber auf dem Weg nach unten aneinandergereiht
platziert waren, forderten den Spieltrieb geradezu
heraus. Hüpfend und balancierend ging es nun weiter
bergab, während wir anfingen, Liederraten zu spielen.
Die gute Stimmung war zum Glück zurückgekehrt.
170 Seite
Seite 171
Wir durchquerten Reichenbach und passierten etwas
später einen See. Anschließend ging es wieder bergauf
und durch den Wald.
Die Natur hatte uns in ihren Bann gezogen. Ständig
entdeckten wir Neues. Froschleich, Zunderschwämme
und plötzlich, nach weiteren Kilometern, stand plötzlich
ein Felsen mitten im Wald. Ein perfekter Platz zum Übernachten.
Nach wenigen Minuten stand unser Zelt.
172 Seite
Auf unserer Osterwanderung
durften natürlich
die Ostereier nicht
fehlen. Während die
Kinder das Nest
suchten, fingen wir an
zu kochen. Schnell
war der Nudeltopf
zubereitet und noch
schneller gegessen.
Seite 173
Nach dem Essen
wurden noch rasch ein
paar Notizen angefertigt,
doch bald kroch
die Kälte in unsere
Glieder und wir
krochen kurz darauf
in unsere warmen
Schlafsäcke. Bis zu
diesem Zeitpunkt lief
alles wie geplant. Wir
wussten aber noch
nicht, dass wir am
nächsten Morgen eine
Überraschung erleben
würden.
174 Seite
Über Nacht hatte es
geschneit. Dadurch
mussten die aufeinander
folgenden Handgriffe
für die Frühstücksvorbereitung
und fürs Packen der
Rucksäcke abgestimmt
werden, denn
oberstes Ziel bei
solchen Touren ist ein
trockenes Equipment.
Seite 175
Bereits um vier Uhr früh hatten wir die leisen Geräusche
des Niederschlags bemerkt. Da man im Zelt
oft unruhiger schläft, hörten wir das Aufploppen der
Flocken auf der Zeltaußenseite deutlich. Aufgrund der
niederen Temperaturen hätten wir eigentlich damit
rechnen müssen, zumal der Himmel den ganzen gestrigen
Tag über wolkenverhangen blieb. Eigentlich war
das ja kein Problem, denn die weiße Pracht würde für
unsere Augen eine schöne Abwechslung abgeben.
Doch beim Zubereiten des Frühstücks und beim
Zeltabbau mussten wir jetzt umdenken, denn oberstes
Ziel beim Draußensein ist es nicht nur selbst trocken
zu bleiben, sondern auch das Gepäck trocken zu
halten. Dies klingt erst einmal recht einfach, zumal wir
uns ja unter einem Dach befanden. Aber bei genauer
Betrachtung wurde es dann doch etwas schwieriger.
176 Seite
Bei Schneefall oder
bei Regen ändern sich
die Abläufe und
Handgriffe beim Zelten
Sachen zusammenzupacken,
denn es gilt
so wenig Nässe wie
möglich zuzulassen.
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Der Grund für bedachtes Handeln ist simpel. Alles was
nass geworden ist, wiegt mehr beim Tragen und wärmt
nicht mehr bei Kälte. Bei anhaltendem Niederschlag
heißt dies dann unter der Absiede Tee kochen und im
Zelt frühstücken. Dies geht zwar, führt aber aufgrund
der gebückten Haltung bald zu Rückenschmerzen,
falls man vom nächtlichen Liegen nicht schon welche
hat. Ideal ist daher, wenn es zumindest von oben
trocken ist. Bei Schneefall ist dies etwas einfacher,
doch auch der Schnee taut auf der Ausrüstung schnell
und verwandelt sich in Nässe. Da es noch leicht
fl öckelte, war für uns das weitere Vorgehen eindeutig.
Frühstück raus vors Zelt stellen, Schlafsäcke im Zelt
zusammenpacken. Anschließend Klamotten anziehen
und die Ausrüstung in den Rucksack stopfen. Dieser
befi ndet sich unter der Apside des Zeltes. Damit sind
die beiden Bereiche außerhalb des Innenzeltes aber
innerhalb des Außenzeltes gemeint. Idealerweise
muss man nun nur noch in die Schuhe schlüpfen und
mit einem Ruck aus dem Innenzelt unter der Apside
hindurch ins Freie treten. Dies ist die Theorie. In der
Praxis machen einem das fehlende Gleichgewicht und
die Rückenschmerzen oft einen Strich durch die Rechnung.
Entweder man streift mit dem Rücken am Überzelt
entlang und ist nun nass, dann war das Bücken zu
zaghaft, oder man bückt sich zu weit vor und stolpert
über die Dinge, die man vorher vors Zelt gelegt hat.
Der Outdoormeister jedenfalls schafft alles in einem
Schwung und steht mit trockenem Rücken und seiner
Teetasse in der Hand in der freien Natur, die sich nun
wie auf dem Balkon vor einem ausbreitet.
Wenn alle aus dem Zelt gekrochen sind, läuft das anschließende
Frühstück im Zeitraffer ab, denn die Kälte
kriecht in schnellen Schritten in die gerade im Schlafsack
noch warm gewesenen Körper. Meist ist man
schon durchgefroren, wenn das Teewasser endlich gekocht
hat und das gefrorene Nutella irgendwie auf dem
Brot arrangiert ist. Die Kunst besteht dabei darin, dass
die geschnittenen Nutellascheiben vor dem
Essen nicht auf den Boden fallen und dabei unter
den Blättern verschwinden. Hat man dies geschafft,
ist der Tee in der Tasse meistens schon wieder kalt.
Schon etwas steif von der Kälte gilt es nun auch das
Zelt halbwegs trocken einzupacken. Die zwei Liter
Flüssigkeit, die ein Mensch in der Nacht ausdünstet,
hängen natürlich im Inneren des Außenzeltes. Genau,
dies war der Trick mit dem trockenen Rücken.
178 Seite
Am Ende ist dann alles gepackt und ordendlich verstaut.
Dabei wird man gleichzeitig wieder etwas warm. Von
den kalten Fingern, mit denen man die gefrorenen Alustangen
verstaut, rede ich dabei nicht so gerne. Ich möchte
an dieser Stelle bestimmt nicht schwarzmalen, aber
man muss das Draußensein schon mögen. Da wir als
Outdoorer nach dem Motto leben: „Hinterlasse nur deine
Fußspuren“, versteht es sich von selbst, dass kein Abfall
zurückgelassen wird! Beim Wandern mit dem Rucksack
lernt man eh, mit minimalem Gepäck auszukommen.
Dabei lässt man im Laufe der Jahre die Dinge zu Hause,
die man auf der Tour nicht gebraucht hat. Gut, in diesem
Fall wäre eine wärmere Jacke gar nicht so schlecht
gewesen, aber das passiert. Rucksackwanderer werden
mit der Zeit Minimalisten. Wenn nicht, dann sind sie
noch nicht weit genug mit schwerem Rucksack gelaufen.
Wir freuten uns, wieder unterwegs zu sein, auch wenn
morgens der Rucksack ein wenig drückt. Man gewöhnt
sich doch recht schnell wieder daran. Auch die Füße
tauten langsam wieder auf. Ich war mächtig stolz auf
die Kinder. Heute Morgen hatten sie die Kälte und den
Neuschnee einfach so hingenommen. Es schien für sie
keine zusätzliche Belastung zu sein. Vielleicht weil wir mit
ihnen schon früh mit dem Wandern begonnen hatten. Vor
einem Jahr waren wir eine Woche in Lappland unterwegs
gewesen und mit Zelt und Rucksack durch den Abisko
Nationalpark gelaufen. Jan und Lena hatten gelernt, beim
Zeltaufbau mitzuhelfen. Sie kannten es, draußen zu kochen
und sich den Tag über draußen in der Natur aufzuhalten.
Diese Erfahrung konnte ich jetzt spüren, denn die
nötigen Handgriffe, die rund ums Draußensein benötigt
werden, konnten beide aus dem Gedächtnis abrufen.
Seite 179
Nach einer Weile waren wir am Prinzenfelsen angekommen.
Geotope wie der Prinzenfelsen ermöglichen Einblicke in die
Erdgeschichte. Durch sie wird die geologische Entwicklung auf
unserer Erde sichtbar. Das Naturdenkmal liegt 751 Meter über
dem Meeresspiegel. In diesen Höhenlagen beginnt der Frühling
daher relativ spät und es kann bis in den April hinein zu
Kälteeinbrüchen kommen. Wir waren nun mitten drin in diesem
Kälteeinbruch. Der Schnee überdeckte die Vegetation am Fuß
des Prinzenfelsens und hob so das Geotop optisch hervor. Die
Leitern für den Aufstieg waren schnell entdeckt. Vorsichtig ging
es Schritt für Schritt nach oben, doch mit der Aussicht wurde
es wieder nichts. Wir kehrten daher gleich wieder um.
Weiter gings in Richtung
Fichtelsee.
Der Fränkische Gebirgsweg führte uns anschließend weiter
zwischen den Fichten hindurch. Doch bei Niederschlag zu
laufen, das ist so eine Sache. Ihn zu ertragen, fällt wirklich
nicht leicht. Das konnte ich in den Gesichtern lesen und es
nieselte bereits seit einer Stunde. Kerstin und mir war klar,
dass es ihnen bald zu viel werden würde. Wir beschlossen
daher, unsere geplante Tour zum Fichtelsee vorzeitig abzubrechen.
Hierfür war das Silberhaus eine gute Möglichkeit.
Dort sollte der Fränkische Gebirgsweg die B303 queren.
Als wir wenig später in der Gaststätte saßen, wurde mir
endgültig klar, dass dies die richtige Entscheidung gewesen
war. In einem entscheidenden Moment auch mal abbrechen
zu können, ist aus meiner Sicht die wichtigste Eigenschaft,
die man erlernen sollte und die für das Wandern mit Kindern
enorm wichtig ist. Ausschließlich Kilometer abzulaufen, wirkt
da kontraproduktiv. Schließlich wollten wir ja nächstes Jahr
wieder mit guter Laune mit ihnen in den Norden reisen, um
ein weiteres Stück auf dem Kungsleden zu wandern.
180 Seite
Nachdem wir schließlich das Silberhaus erreicht hatten,
wärmten wir uns zunächst in der Gaststätte auf. Nach
einem Getränk lief ich hinüber zur Bundesstraße, um
zurück zum Camper zu trampen. Anschließend konnte
ich dann meine Familie ahholen. Diese Praxis hatte
sich bereits in der Rhön bewährt. Die Nacht verbrachten
wir im Camper.
Am nächsten Morgen hatte es wieder geschneit. Nach
dem Frühstück fuhren wir zum Seehaus-Wanderparkplatz,
denn wir wollten zum Weißmainfelsen hochwandern.
Unsere großen Rucksäcke ließen wir für diese
Tagestour im Auto. Ich hatte lediglich einen Daypack
dabei, um Getränke und eine Brotzeit mitnehmen zu
können. Mit diesem leichten Gepäck auf den Schultern
war es nun wesentlich angenehmer zu laufen. Auf leichten
Füßen starteten wir erneut in den Wald hinein.
Schnee unter den Füßen und die Märchenlandschaft um
uns herum, dies war einfach sagenhaft. Man saugt das
leise Nichts auf, wenn alles ruht und schläft. Keine Vögel
zwitschern. Nur ein leises „Flupp“ ist zu hören, das bei
jedem Schritt unter den Füßen entsteht. Dann setzt du
zum nächsten Schritt an und du hörst dieses „Flupp“
erneut, wenn dein Schritt auf dem Schnee aufsetzt und
ihn zerdrückt. Es beißt sich die Kälte in dein Gesicht
und du spürst, wie sie mit dem aufkommenden Wind
zunimmt. Das Wandern im Winter ist Naturerlebnis pur.
Seite 181
Der Aufstieg zum
Weißmainfelsen war
an diesem Tag nicht
ohne. Die Stufen
waren naß und
rutschig.
182 Seite
Auf dem Felsen
angekommen, beobachteten
wir eine
Gruppe Soldaten, die
sich am Nordhang des
Weißmainfelsens
abseilten. Anschließend
ging es die
rutschigen Stufen
wieder hinunter
Seite 183
Der Weg führte uns nun wieder bergab durch herrlichen
Neuschnee. Wie Puderzucker klebte das Weiß auf
den Zweigen der Nadelbäume und bei jedem Schritt
knirschte es unter unseren Füßen.
Ohne Gepäck war der Aufstieg wirklich ein Kinderspiel
gewesen. Jan war ein Stück vorausgeeilt, um als Erster
an der Weißmainquelle anzukommen.
„Hoffentlich hat er an der Wegkreuzung die Richtige
Route gewählt“, dachten wir. Ein gelbes M führte nämlich
vom Karchessee hinauf auf den Ochsenkopf und
querte unseren fränkischen Gebirgsweg.
184 Seite
Hinter einem Bohlensteg tauchte plötzlich die Weißmainquelle
vor unseren Augen auf. Eine kleine Hütte,
eine Hinweistafel und der Bohlensteg umrahmten die
mit Granitgestein eingefasste Quelle.
Von hier aus also startet die fränkische Lebensader ihre
mehr als 500 Kilometer lange Strecke. Auf ihrem Weg
passiert der Main alte Städte und schöne Landschaften.
Kulmbach oder Bamberg sind hier zwei Beispiele. Dann
fließt der Main an Hassfurt und Schweinfurt vorbei.
Renaturierte Flussauen fi nden wir auf seinem Weg
flussabwärts ebenso, wie mächtige Felsstrukturen zum
Beispiel den Staffelstein. Weiter geht es durch das
fränkische Weinland. Während er das Keupergestein
des Steigerwalds umfl ießt, nimmt er zunehmend eine
südliche Richtung ein. Enge Windungen hinterließen
bei Volkach steile Kalkhänge, die sich heute ideal für
den Weinanbau eignen. Nach Kitzingen und Marktbreit
erreicht der Fluss die unterfränkische Metropole
Würzburg. Hinter Karlstadt verlässt er den Muschelkalk
und fließt hinter Gemünden erneut nach Süden, mitten
durch den Buntsandstein des Spessarts. Nach dessen
Umrundung endet er in Mainz und fl ießt mit dem Rhein
weiter nach Norden. Es ist unsere Heimat, das Land
der Franken.
Seite 185
Nach einer weiteren
Nacht im Camper
wanderten wir am
letzten Tag auf den
Schneeberg. Mit
seinen 1051 Metern
ist er der höchste Berg
Frankens und er
forderte noch einmal
unsere Kräfte. Über
eine Zufahrtstraße, die
für die militärische
Funkstation angelegt
wurde, stiegen wir
dem Berg aufs Dach.
186 Seite
Vor 200 Mio Jahren
war der Schneeberg
sogar höher als die
Alpen. Aber auch
heute herrscht hier
oben noch ein raues
Klima.
Seite 187
Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur
von
3,8 Grad findet man
auf dem Schneeberg
Bedingungen wie nach
der letzten Eiszeit.
Heute ist das ehemalige
Sperrgebiet
Naturschutzgebiet.
188 Seite
Aufgrund der Kälte ist
das Pflanzenwachstum
nicht gerade
üpppig. Oft gedeiht
neben Fichten vor
allem Strauchvegetation.
Für selten
gewordene Arten ist
das Schneebergmassiv
jedoch ein Rückzugsort.
So hat man
dort bereits Fußspuren
des Luchses entdeckt.
Unsere größte Katze
scheint auf ihren
leisen Pfoten wieder
zurückzukehren.
Seite 189
Am letzten Tag war
dann doch noch die
Sonne hinter den
Wolken hervorgekrochen.
Doch leider
endete hier oben
unser Ausflug in das
höchste Gebirge
Frankens und wir
hatten noch einmal
den Winter genießen
dürfen. Schweren
Herzens verließen wir
den Schneeberg und
beendeten damit
unsere Wanderung
im Fichtelgbirge.
190 Seite
Steinreich
Juni 2018
Sechs Jahre nach unserer winterlichen Osterwanderung schrieb ich an meinem Buch über die
Naturwunder im Fichtelgebirge und benötigte dafür noch brauchbare Bilder. Neben dem Fichtelsee
besuchte ich dafür den Großen Waldstein und erkundete das ganze Egertal. Auch auf dem
Ochsenkopf war ich zwischenzeitlich gewesen, aber dies ist eine andere Geschichte.
Im Fichtelgebirge kann man nicht nur schöne Felsen betrachten,
man findet dort auch faszinierende Lebensräume
mit Übergangs- und Flachmoorbereichen sowie nährstoffarme
Teichgewässer. Gerade Moore sind Extremstandorte.
Sie zwingen Tier- und Pflanzenarten vor allem aufgrund der
dort vorherrschenden Nährstoffarmut zur Spezialisierung.
Ein Spezialist ist das links gezeigte Wollgras, das am Fichtelseemoor,
aber auch zum Beispiel im FFH-Gebiet Zeitelmoos
wächst. Die Nährstoffarmut des Fichtelseemoors
fördert dabei diese seltenen Arten, die an ihren weißen
Wattebäuschen leicht zu erkennen sind und von denen es
mehrere Unterarten gibt. Moore faszinieren aber auch aus
einem anderen Grund. In ihnen wird weltweit doppelt so
viel CO 2
gespeichert wie in den Wäldern. Moore sind daher
auch besonders hochwertige Kohlenstoffspeicher.
Seite 191
Das Fichtelseemoor
ist ein bedeutendes
Hochmoor, das sich
seit der letzten Eiszeit
vor 8.000 bis 10.000
Jahren entwickelt hat.
Die kargen Bedingungen
haben eine
einzigartige Tier- und
Pflanzenwelt hervorgebracht.
Aufgrund
einer ständigen
Wasserversorgung
konnten sich die
versumpften Flächen
zu einem Hochmoor
weiterentwickeln.
192 Seite
Entlang des Egertals
gibt es viele Naturwunder
zu entdecken.
Hier leben Biber,
Fischotter, Skabiosen-
Scheckenfalter und
die Große Moosjungfer.
Aber auch seltene
Fischarten wie die
Groppe oder das
Bachneunauge sind
hier zuhause. Zu
ihrem Schutz wurden
im Egertal 941 Ha
Naturschutzflächen
ausgewiesen. Dort
kann der Biber aktiv
die Flusslandschaften
verändern. Seine
Bauwerke verbessern
den Wasserhaushalt
und ermöglichen die
Wiedervernässung der
Landschaft. Schon
nach kurzer Zeit
entstehen damit neue,
artenreiche Biotope.
Seite 193
Auch das Waldsteinmassiv
birgt zahlreiche
Überraschungen.
Der Große Waldstein
liegt 877 Meter über
dem Meeresspiegel.
Bekannt ist er vor
allem aufgrund seiner
Felsenformationen
und der tollen Aussicht,
weshalb auch
mehrere Burganlagen
auf seinen Felsen
errichtet wurden. Im
Gipfelbereich gibt es
neben mächtigen
Felsentürmen aber
auch Mischwald mit
altem Buchenbestand
zu bestaunen, der
im Fichtelgebirge eher
selten vorkommt. Über
all dies kann man
beim Ausblick vom
Großen Waldstein
schauen.
194 Seite
Seite 195
196 Seite
In der „Fränkischen“
Die Täler und
Kalkfelsen der
Fränkischen Schweiz
sind einzigartig. Ihre
Lebensräume bieten
aber nicht nur
seltenen Arten einen
Lebensraum, sie
überraschen den
Besucher auch durch
ungewöhnliche
Wuchsformen wie die
der hier gezeigten
urigen Kiefer im
Naturschutzgebiet
„Trockenhänge um
Pottenstein“.
Seite 197
Die Fränkische Schweiz ist aufgrund ihrer geologischen Besonderheiten sehr
beliebt. Die charakteristische Berg- und Hügellandschaft wird durch markante
Felsformationen und Höhlen durchzogen. Sie entstanden vor etwa 150 Millionen
Jahren, als ganz Süddeutschland noch im Bereich eines großen Flachmeeres lag.
Diese Kalk- und Dolomitfelsen des Weißen Jura prägen die Fränkische Schweiz
bis heute. Im Laufe der Zeit ist daraus eine typische Karstlandschaft mit tief
eingeschnittenen Flusstälern und trockenen, kargen Hochflächen entstanden.
Auch die Flüsse der „Fränkischen“, wie Wiesent und Trubach, sind von außergewöhnlicher
Schönheit. Man findet dort steile Täler mit verzweigten Gewässersystemen,
die mit Rad und Boot erkundet werden können. Als dritten Fluss möchte
ich noch die Pegnitz erwähnen, die im östlichen Teil der Fränkischen Schweiz liegt
und bis hinab in die Metropole Nürnberg fließt.
Die „Fränkische“ ist eine einzigartige Landschaft, die man aktiv erleben sollte.
198 Seite
Seite 199
Die Routen
Die folgende Geschichte beginnt auf der Wiesent, einem Fluss von außergewöhnlicher
Schönheit. Das idyllische Tal ist an seinem Oberlauf tief eingeschnitten und der Fluss
ändert ständig seine Richtung. Sein Oberlauf ist für Bootsfahrer etwas anspruchsvoller
als die im vorderen Teil des Buches beschriebene Fränkische Saale.
Die zweite Tour startet in Bamberg. Mit dem
Rad wird die Fränkische Schweiz in Richtung
Osten durchquert. Unsere Route folgt teilweise
der Wiesent, verlässt das Tal aber hinter Pottenstein
wieder. Anschließend geht es im stetigen
Wechsel erneut bergauf und bergab. An der
Pegnitz angekommen, folgen wir dem Fluss bis
hinab in die Metropole Nürnberg, dabei durchqueren
wir die Ausläufer des Reichswaldes.
200 Seite
Auf der Wiesent
Juli 2020
Franken ist sehr vielseitig. Dabei ermöglichen gerade die Flussläufe ganz neue Einblicke in die
Natur und ich habe die Erfahrung gemacht, dass unsere Heimat sich auch als Paddelregion sehen
lassen kann.
Diesen Satz wollte ich mir ein weiteres Mal selbst
bestätigen und startete deshalb zu einer Paddeltour,
die ich schon lange im Hinterkopf hatte. In das tief eingeschnittene
Tal am Oberlauf der Fränkischen Schweiz
hatte ich mich bereits in den 1990er Jahren bei unseren
unzähligen Kletteraktivitäten verliebt. 2020 war es
dann endlich so weit und ich hatte endlich Zeit für das
Abenteuer gefunden. Lena begleitete mich zusätzlich
als Fotografi n, was mich sehr freute. Bereits die Anreise
war spannend, denn die B470 führte mich schnell nach
Ebermannstadt. Das Walberla hatte sich bereits hinter
Forchheim gezeigt und auf die Schönheit dieser Landschaft
hingewiesen. Im weiteren Verlauf meiner Anfahrt
durch das Wiesenttal wurden die Windungen der Straßé
bis hinauf nach Gößweinstein immer zahlreicher und
die Ausblicke auf die weißen Kalkfelsen spektakulärer.
Seite 201
An der Behringersmühle bogen wir nach links ab und
folgten der kurvigen Straße St2191, während das Tal
immer schmaler wurde. Die Vorfreude stieg, denn
ich spürte, dass es bald losgehen würde. Vor mir lag
der Oberlauf der Wiesent, ein gemächlich durch die
fränkische Schweiz mäandernder Fluss, mit herrlichen
Ausblicken auf das Umland. Ab Doos ist er für Paddler
sicher befahrbar und daher hatte ich mich für den
Einstieg dort in das Gewässer entschieden. Vorher war
aber noch etwas Logistik nötig. Zunächst wollten wir
einen schönen Ort für die Bilder aussuchen, denn Lena
wollte nicht mitpaddeln, sondern war ausschließlich zum
Fotografieren dabei. Hierfür bot sich die Schottersmühle
geradezu an. Man konnte über einen Steg zum anderen
Ufer hinüberlaufen. Anschließend ging ein Pfad noch
etwas weiter in nördlicher Richtung an der Mühle vorbei.
Dieser Ort ist einer der Umtragestellen für Paddler. Nach
etwa einhundert Metern hatten wir einen perfekten Platz
zum Fotografieren gefunden, denn neben dem schönen
Blick flussaufwärts ragte ein Felsmasiv über dem
hinteren Tal empor. Er sollte als Kulisse für meine Bilder
dienen. Wir testeten nun bei angenehmen Temperaturen
und gelegentlichem Sonnenschein einige Bildkompositionen
und waren beide von dieser Location begeistert. Nun
konnte auch die Bootstour starten. In Doos angekommen
packte ich das Boot aus und begann mit der üblichen
Pumparbeit, um meinen Schlauchkanadier startklar zu
machen. Ich beeilte mich, da noch keine anderen Paddler
in Sicht waren. Guter Dinge setzte ich für Lena eine
letzte Whatsapp ab und stieg ins Boot. Gleich am Anfang
war auch schon die erste knifflige Stelle zu meistern.
202 Seite
Ich war noch keine hundert Meter gepaddelt und schon
wurde meine Aufmerksamkeit gefordert. Nur ein kleiner
Durchlass schien für die Weiterfahrt geeignet. Ihn galt
es jetzt mittig zu treffen. Ich war hell wach. In der selben
Sekunde schob mich der Fluss aufgrund der höheren
Durchfl ussmenge von hinten an. Für einen kurzen
Moment beschleunigte das Boot und schon war ich
durch. Geschafft! Das erste Hindernis lag hinter mir.
Erst danach griff ich zum ersten Mal zur Kamera, die ich
in meinem wasserdichten Gehäuse im Boot mitführte.
Vor mir tauchten die Talwindungen am Horizont auf,
wobei sich die bewuchsfreien Stellen mit dichten
Baumgruppen abwechselten. Dadurch erlebt man
den Flusslauf, als wäre man auf einer Achterbahn mit
vielen kleinen dunkelgrünen Tunneln, die den Paddler
immer wieder in sich einzusaugen scheinen. Darin
gefangen gleitet dann das Boot gemächlich weiter und
es wird schlagartig kühl und still. Wenn das Plätschern
verstummt, erklingen die Stimmen von Schafstelzen,
Weidenmeisen oder Zaunkönigen. Doch nach wenigen
Sekunden gleitet das Boot wieder aus dem Schattenreich
in die Sonne und Wärme zurück. Gleichzeitig
wechseln sich von einer auf die andere Sekunde
Tier- und Pfl anzenarten ab. Nun schwirrten hunderte
Prachtlibellen an den grasbewachsenen Flussrändern
hin und her. Sie lieben die Sonne und suchen am Ufer
nach Nahrung oder nach einem Partner. Hat sich ein
Pärchen gefunden, setzen sie sich gemeinsam ab,
um sich zu paaren. Ich schaute ihnen zu und ließ die
Eindrücke wie im Kino an mir vorüberziehen. Ich war
nun ganz auf dem Fluss angekommen.
Seite 203
Plötzlich schoss ein türkisblauer Pfeil aus der Uferböschung
heraus, um im Tiefflug dem Flusslauf direkt vor
meiner Nase entlangzufliegen. Mit einem schrillen Pfiff
machte er sich bemerkbar und war nach einer Sekunde
auch schon wieder aus meinem Blickfeld verschwunden.
Es sind diese kurzweiligen Eindrücke, die mich auf dem
Fluss immer wieder begeistern und die mich bereits früh
prägten. Als Kind war ich mit dem Schlauchboot und
den Eltern zwar nur auf Badeseen unterwegs gewesen,
aber die Lebendigkeit an den Uferrändern ist dort oft
ähnlich. Diese Erinnerungen fesseln mich auch heute
noch an unsere heimischen Gewässer.
204 Seite
Nach einer weiteren Biegung tauchte ein Felsmassiv
rechts vor mir auf. Ich erkannte die Struktur des weißen
Gebildes wieder. Nun war es bis zur Schottersmühle
nicht mehr weit. Ich gab daher Lena ein Zeichen. Mein
Pfiff hallte durch das Tal und das Boot näherte sich dem
Steeg, auf dem meine Tochter mit dem Foto auf mich
wartete. Nach wenigen Minuten waren die Bilder „im
Kasten“, wie man so schön sagt. Am Ufer tauschten wir
unsere Erfahrungen aus. Vor allem aber war ich von
den Bildern, die Lena gemacht hatte, begeistert. Mittlerweile
waren weitere Paddler auf dem Fluss unterwegs.
Auch sie hatten die gleiche Idee gehabt und nutzten
das gute Wetter für einen Ausfl ug auf der Wiesent.
Nun war treideln angesagt. Ich zog mein Boot über die
Wiese zur nächsten Einstiegsstelle. Diese liegt meist in
etwa 100 Meter von der Ausstiegsstelle entfernt fl ussabwärts.
So werden Wehre und andere Hindernisse
überwunden. Gleich hinter dem Wehr der Mühle führt
der Treidelpfad wieder hinunter an den Fluss. Der kurze
Kraftakt ist in der Regel alle zwei bis drei Kilometer
nötig, denn unsere Flüsse sind nahezu vollständig mit
Querbauwerken verbaut. Die Durchgängigkeit unserer
Flüsse, die für Wanderfi sche zum Überleben dringend
nötig ist, wird so leider verhindert. Dabei sind unsere
Gewässer wie Main und Saale, Itz, Regnitz und
Pegnitz, aber auch die hier beschriebene Wiesent die
Lebensadern unserer Heimat. Durch Begradigungen
und Stauwerke haben wir sie jedoch in den letzten
Jahrhunderten immer weiter zurückgedrängt und so ihre
natürliche Dynamik weitestgehend unterbunden.
Mittlerweile wurde dieser Fehler erkannt. In Teilbe-reichen,
wie zum Beispiel am Oberlauf des Mains, wurde
durch Renaturierungsmaßnahmen ein Stück Natürlichkeit
wiederhergestellt. Seltene Arten haben sich dort so
mit der Zeit wieder eingefunden.
Hatten wir vergessen, dass die Flüsse ein Netzwerk für
unsere Lebensräume darstellen?
Seite 205
Wie die Adern, die unseren Körper vernetzen und mit
Nährstoffen versorgen, durchfl ießen auch die Flüsse
unsere heimische Natur und übernehmen dort Versorgung
und Abtransport von Stoffen. Doch ihr Schutz
ist nötiger denn je, da immer mehr Arten aus ihren
ursprünglichen Lebensräumen verschwinden. Doch
was können wir dagegen tun?
Ein letztes Mal tauchten meine Paddelschläge in regelmäßigen
Abständen in das kühle Wasser ein. Nicht zum
Antreiben des Bootes, sondern vor allem zum Steuern
werden sie auf den engen Windungen der Wiesent
benötigt. Am Wölmer Steg war meine heutige Etappe
zu Ende. Ich steuerte meinen Schlauchkanadier an die
linke Uferseite zum Ausstieg hin. Anschließend zog
ich das Boot über den Steeg hinüber und weiter einen
sanften Anstieg bis zum Parkplatz hinauf.
Mein Rad hatte ich wie üblich in den Sträuchern deponiert
und konnte so zügig zum Auto zurückfahren. Ich
schaute beim Radeln noch einmal hinunter zum Fluss,
während das Wasser der Wiesent unermütlich das
Tal abwärts fl oss. An der Behringersmühle knickt der
Fluss scharf nach rechts ab und wird von dort aus von
Eisenbahnschienen und der B470 begleitet.
Ich kehrte zurück zu Lena und freute mich daüber,
dass alles so gut geklappt hatte. Lena fand dies auch,
vor allem gefi elen uns die Bilder die wir gemacht
hatten. Vielleicht möchte sie ja das nächste Mal wieder
mitpaddeln.
206 Seite
Durch die Fränkische Schweiz
Juni 2015
Wir waren mit dem Zug nach Bamberg zurückgekehrt, um eine weitere Etappe unserer “Frankenrunde”
zu fahren. Bei zweifelhaftem Wetter verließen wir den Bahnhof in Richtung Bamberg-Ost.
Friesen und über Seigendorf weiter nach Buttenheim.
Ein schönes Kaffee lud uns dort zum Bleiben ein.
Die Pause im Kaffee war entspannend, vor allem die
Croissants waren besonders lecker. Doch wer mit der
Familie unterwegs ist, der weiß, dass immer etwas
geboten ist. Dieses Mal verhakte sich bei Jan ein
Plastikstück der Trinkflasche in den Hauptdrähten seiner
Zahnspange. Dieses Malheur musste natürlich sofort
behoben werden, was entsprechende Blicke auf unseren
Tisch zog.
Bald hatten wir die A73 unterquert und waren in den
unter Naturkennern bekannten Hauptsmoorwald
hineingeradelt. Doch schon die ersten Abzweigungen
forderten unsere Orientierungskenntnisse heraus. Auch
die Beschilderung durch den Staatsforst ergab mehrere
Möglichkeiten der Weiterfahrt. Wir beschlossen letztlich
die Mountainbike-Route nach Geisfeld zu nehmen und
kurz vorher nach Roßdorf abzubiegen. In Wernsdorf
waren wir wieder auf der in unserem Führer beschriebenen
Route. Anschließend ging es aufwärts bis nach
Nach der Beseitigung des Plastikstückes bezahlten wir
und verließen so unauffällig wie möglich das Cafe.
Seite 207
Frisch gestärkt radelten wir weiter durch Wiesen, Felder
und fränkische Dörfer. In Drügendorf verfehlten wir an
einer scharfe Rechtskurve erneut den richtigen Weg.
Während wir am Schützenhaus gerade aus weiterfuhren,
hätten wir eigentlich rechts abbiegen müssen. Erst
in Götzendorf bemerkten wir das Problem und mussten
etwa einen Kilomenter zurückfahren. Erstes Gemurmel
war hinter mir zu hören. Leider sollte nun unser richtiger
Weg etwa zwei Kilometer steil bergauf gehen, was das
Stimmungsbarometer weiter steigen ließ. An der Steigung
nebelten uns dann schwere Lastwagen mit Staub
und Abgasen ein. Erst als wir oben an der Mirsberger
Höhe angekommen waren, bogen die Lastwagen in ein
Kieswerk ab.
Somit hatten wir auch dieses Stück geschafft und so
rollten wir jetzt wieder die letzten Kilometer nach Ebermannstadt
hinunter. Mein kleines Scherzwort: „Hoffentlich
müssen wir da nicht wieder hoch“, trug leider nicht
zur Erheiterung bei.
In Ebermannstadt angekommen, kehrten wir im Schwanenbräu
ein. Nach dem Duschen schlenderten wir noch
die Altstadt hinunter. Abschließend gab es deftigen
Sauerbraten und hausgebrautes Dunkelbier. Das hatten
wir uns nach dieser anstrengenden Tour wirklich verdient.
Am Morgen lockte das leckere Frühstück wieder
lachende Gesichter hervor. Jan mit seinen Esponscho-
Schlickas war wie immer der erste am Büffet.
208 Seite
Der zweite Tag führte uns an der Wiesent entlang. Zunächst
ging es nach Streitberg und Muggendorf. Herrlich
lagen diese kleinen fränkischen Dörfer im Wiesenttal.
Blütenteppiche hatten sich auf der Wiesent gebildet.
Eindrucksvoll leuchteten sie uns in der Sonne entgegen.
Auch die Strecke entlang des Flusses bis nach Pottenstein
gefiel uns an diesem Morgen wesentlich besser als
die anstrengende Berg- und Talfahrt am Tag davor.
Seite 209
Felsformation bei
Pottenstein. Urige
Kiefern wachsen hier
auf den Kalkfelsen der
Fränkischen Schweiz.
Doch noch viele
weitere Naturschätze
sind hier verborgen.
210 Seite
Seite 211
212 Seite
Auf dem Weg durch
das Wiesenttal kommen
wir an einem
herrlichen Zeltplatz
vorbei. Er liegt kurz vor
Pottenstein zwischen
Felsstrukturen idyllisch
am Fluss.
Malerisch schmiegten
sich Fachwerkhäuser
Pottensteins bis in die
Felsen hinein. Vielleicht
war Platzmangel
der Grund, denn das
Wiesenttal wird
flussaufwärts immer
enger.
Seite 213
In Pottenstein sorgte die Rodelbahn für Abwechslung.
Der Weg dahin führte direkt unter
der gleichnamigen Burg vorbei. Eindrucksvoll
thronen die Gebäude auf den bizarren Felsen.
Auch das bekannte Felsenbad ist einen
Besuch wert. Nach einer ausgiebigen Pause
und einem Eis ging es weiter an der Püttlach
entlang. Die Wiesent hatte sich zuvor in
Richtung Norden verabschiedet.
Jan und Lena hatten
auf dem kurvenreichen
Parkur der
Rodelbahn mächtig
Spaß.
214 Seite
Ein herrlicher Waldweg löste die Teerstraße ab und
eine schöne Moutainbike-Route schlängelte sich an
der Püttlach entlang. Ein wahrer Genuß für Offroader.
Leider nicht für Fahrer mit Satteltaschen, wie wir
bemerkten. Doch die Mühen wurden durch die uns
umgebende Natur belohnt und der Waldweg sollte nach
einigen Balanceabschnitten bald wieder in leichteres
Terrain führen.
Doch zunächst mussten wir unter Zähneknirschen noch
eine Anhöhe meistern. Nach diesem Kraftakt freuten
sich alle wieder auf der Teerstraße zurück zu sein und
wir folgten ihr die letzten Kilometer bis nach Pegnitz.
Dort erwartete uns das schöne Hotel Ratsstube. Als Belohnung
gab es am Abend leckere Pizza, denn bereits
beim Absteigen hatten wir ein Lokal direkt gegenüber
entdeckt.
Seite 215
Am nächsten Morgen starteten wir unser längstes
Teilstück mit einer Länge von 50 Kilometern. Bereits in
den Straßen von Pegnitz ging es ständig bergauf und
bergab.
In Horlach führte uns anschließend ein bezaubernder
Weg durch den Wald. Herrliche Kalkfelsen standen
zwischen den Tannen und Kiefern. Zusätzlich luden
kleinere Seen zum Rasten ein.
216 Seite
Bald öffnete sich das Pegnitztal vor unseren Augen.
Herrliche Hochwiesen wechselten sich mit dazwischen
liegenden kleineren Waldstücken ab. In weiter Ferne
waren die sanften Berge der Oberpfalz zu sehen.
Wir erreichten gegen Mittag Mosenberg und die Sonne
machte sich nun immer stärker bemerkbar. Doch es
war unser erster Sonnentag und wir genossen ihn. In
Neuhaus war eine Kaffeepause angesagt. Der Bergfried
von Burg Neuhaus überragte weit das Pegnitztal. Von
hier ab schlängelte sich der Radweg nur noch mit
wenigen Steigungen an der Pegnitz entlang, weiter in
Richtung Süden.
Seite 217
Ein Spielplatz am
Radweg sorgt immer
für Abwechslung.
Während wir uns im
Schatten eine Pause
gönnten, konnten die
Kinder keine Minute
still sitzen.
Die Orte Velden, Enzendorf und Artelshofen, die sich
entlang des Pegnitztals befanden, waren aufgrund
der ebenen Wegstrecke schnell erreicht. Nach einer
Pause auf einem Spielplatz mussten wir wieder heftig
in die Pedale treten, denn der Fahrradweg war frisch
mit feinem Kies aufgefüllt worden und erschwerte
das Vorwärtskommen. Die letzten 10 Kilometer über
Eschenbach und Hohenstadt wurden daher eine
Herausforderung für unsere Nerven. Zudem brannte
jetzt die Sonne gnadenlos auf uns herab. Alle waren
daher froh, als plötzlich Hersbruck auf dem nächsten
Ortsschild stand. Dort angekommen fanden wir in der
Stadtmitte auch gleich unser Zimmer. Bei angenehmen
Temperaturen genossen wir den restlichen Tag. Mit
fränkischen Bratwürsten und Kraut und einem leckeren
Eis am Marktplatz ließen wir den Tag ausklingen.
218 Seite
Am nächsten Morgen hatten alle heftige Poschmerzen. Zum Glück lag nun der leichtere
Teil unserer Radtour vor uns. Kerzengerade führte der Radweg an der Pegnitz
entlang. Am Wegrand konnten wir einen Weißstorch beim Fröschesuchen beobachten.
Direkt neben uns schmückten Mohnblumen ein Weizenfeld.
Seite 219
Foto: Udo Steigerwald
as Kalkgestein, das uns die ganze Zeit durch die Fränkische Schweiz begleitet hat, endet
inter Hersbruck. Dann wechseln die Steine ihre Zusammensetzung und Farbe.
Ab Lauf haben die Steine eine cremig rote Farbe. Sie ist typisch für den Sandstein,
der ab Lauf an die Oberfl äche tritt und sich auf dem Weg nach Nürnberg unter unseren
Rädern befi ndet.
220 Seite
Die Pegnitz windet sich weitläufi g durch die Landschaft
und führt zwischen Lauf und Nürnberg durch den
Reichswald. Bis fast an den Hauptbahnhof radelten wir
so an der Pegnitz entlang im Grünen.
Der Wöhrder See zeigte uns Nürnberg von einer uns
bis dahin unbekannten Seite. Die Naturnähe unweit
der Stadtmitte ist sicher ein Grund, weshalb viele Frühsportler
hier unterwegs sind.
Wir erreichten die Stadtmauer und bewunderten
die mächtigen Sandsteinquader an den Toren und
Türmen. Viele davon wurden in Schausenbuck, einem
Steinbruch im Reichswald ab dem 12. Jahrhundert
gebrochen. Noch heute kann man dort die Spuren des
Abbaus besichtigen. Hinter der Stadtmauer beginnt die
Fußgängerzone. Wir stiegen ab und liefen gemütlich
auf der Suche nach einer Eisdiele ein Stück hinein.
Seite 221
Die Nürnberger haben zu ihrer Natur einen guten
Draht. Dies erkannten wir, nachdem bereits wenige
Minuten hinter dem Pegnitzradweg der Hauptbahnhof
auftauchte. Doch die Stadt kann darüber hinaus mit
vielen weiteren Highlights aufwarten, auch kulturell.
Ein Besuch auf der Kaiserburg wäre zum Beispiel eine
solche Möglichkeit.
Wir ließen jeoch unsere Tour bei einem Kaffee in der
Fußgängerzone ausklingen und fanden es abschließend
bewundernswert,
dass das Pegnitztal und der
Reichswald direkt vor den
Toren dieser großen Stadt
liegen.
222 Seite
Seite 223
224 Seite
Altmühltal und
Fränkische Seenplatte
Flüsse wie die
Altmühl durchdringen
mit ihren unzähligen
Schleifen weiträumig
unsere Landschaften.
Ein fortwährender
Veränderungsprozess,
der
die Lebensräume
vernetzt, denn viele
selten gewordene
Tier- und Pflanzenarten
sind auf diese
Süßwasserlebensräume
angewiesen.
Heute wird durch
Rückbaumaßnahmen
an Stauwehren,
die der Renaturierung
dienen, wieder
eine bessere Durchgängigkeit
geschaffen.
Dies ist ein
Segen für die Flusslandschaften
und ihre
Bewohner.
Seite 225
Die Altmühl entspringt am Südende der Frankenhöhe unterhalb des 500 Meter
hohen Breitharts und ist 227 Kilometer lang. Zunächst fließt sie nach Südosten,
knickt dann bei Altendorf ostwärts ab und schlängelt im weiteren Verlauf über Eichstätt
nach Dietfurt bis sie bei Kelheim in die Donau mündet. Dabei überwindet sie
einen Höhenunterschied von etwa 120 Metern und hat dabei ein Einzugsgebiet von
3.250 km².
Sie gehört damit zu den größten Flüssen in Franken und birgt dabei Naturschätze
von außergewöhnlicher Schönheit. Die breite Tallandschaft mit weit verzweigten
Gewässersystemen kann man bequem mit Rad und Boot erkunden.
Auch die Fränkische Seenplatte ist für Natur und Freizeit von großer Bedeutung.
Vor der Haustür von Gunzenhausen erstrecken sich nicht nur der naturschutzfachlich
hochwertige Altmühlsee, sondern auch die beiden Brombachseen. Sie bieten
sich als Naherholungsgebiet geradezu an, denn sie befinden sich nur knappe 40
Kilometer von der Metropole Nürnberg entfernt.
226 Seite
Foto: Gunther Zieger
An den fränkischen
Seen kann man
nicht nur gelegentlich
Seeadler beobachten.
So bietet etwa
die Beobachtungsstation
des LBV am
Altmühlsee die
Möglichkeit, eine
Vielzahl an Wasservögeln
kennenzulernen.
Seite 227
Die Route
Die Altmühl bietet sich mit ihrem sanften Gefälle als Radelregion geradezu an.
In Rothenburg ob der Tauber beginnt der offizielle Radweg und führt von dort zur
Altmühlquelle. Wir trafen kurz vor Colmberg das erste Mal auf die Altmühl und den ausgezeichneten
Weg. Ihn radelten wir von dort aus bis nach Treuchtlingen entlang.
Dabei besuchten wir noch die fränkische Seenplatte.
Die Altmühl eignet sich aber ebenfalls zum
Paddeln. Als alte Wasserratten entschieden wir
uns daher, den Fluss auch vom Wasser her zu
erkunden. In Treuchtlingen ging es los und die
Tour endete nach 16 Kilometern Paddelerlebnis
in Solnhofen. Aufgrund der vielen Themen muss
diese Geschichte aber in einem Folgeband zu
Ende erzählt werden.
228 Seite
Durch das Altmühltal
Mai 2013
Bei schlechten Wetteraussichten waren wir an einem Freitagabend noch nach Treuchtlingen aufgebrochen
und hatten dort im Camper übernachtet. Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Zug
zurück nach Rothenburg. Von dort aus wollten wir starten. Das Wetter war immer noch schlecht,
doch wir dachten: “Bei Sonnenschein radeln, das kann ja jeder”.
Nach einer 1,5 Grad kalten Nacht im Camper freuten
wir uns auf die Wärme im Zug, während draußen die
Felder an uns vorbeizogen. Wir sahen auch viele
Touristen, die bereits in Richtung Innenstadt unterwegs
waren. Auch wir mussten nun aussteigen. Ein
Mädchen wurde dabei in der Schlange sehr unruhig,
denn sie hatte mit ihrem Fahrrad und den angehängten
Satteltaschen so ihre Probleme. Am Ende wurde
sie sogar hysterisch, denn sie dachte bestimmt, dass
sie aus dem Zug nicht mehr heraus kommen würde.
An allen Ecken schien es nun zu klemmen. Wir halfen
ein wenig beim Ausstieg und orientierten uns anschließend
am Bahnsteig, denn unsere Frage lautete:
“ In welche Richtung müssen wir losfahren?“
Seite 229
Bald nahm der Verkehr um uns herum ab, denn wir hatten
die ersten Felder am Rande Rothenburgs erreicht.
Vor uns lagen landwirtschaftlich genutzte Flächen so
weit das Auge reichte. Bald stand unser erster Anstieg
bevor und wir zogen die Mützen unter den Radhelmen
aus. Nun galt es, kräftig in die Pedalen treten. Ein
Angler bot uns direkt am Fahrradweg einen Kaffee an.
Sahen wir wirklich schon so erschöpft aus? Wir lehnten
dankend ab und fuhren weiter. Auf dem nächsten Bergrücken
angekommen, klatschte uns ein älteres Ehepaar
sogar Beifall. Die Kinder freuten sich darüber, während
wir die Beiden passierten. Nach dem Anstieg ging es
wieder gerade aus und die Kinder traten tüchtig in die
Pedalen. Rechts und links des Radwegs konnten wir
einige Greifvögel über den Feldern beobachten.
Es waren Bussarde und Milane, aber auch Turmfalken
und Sperber zu sehen. Dazu zwitscherten Feldlerchen
in den Weizenfeldern ihre Strophen. Um die Mittagszeit
kamen wir an einem kleinen Tante-Emma-Lädchen vorbei.
Auf dem Schild war „Nahkauf“ zu lesen. Wir betraten
den Laden und kauften leckere Brötchen, die wir vor dem
Laden in der Sonne bei mittlerweile 10 Grad genossen.
Weiter ging es über Feldlandschaften und an kleinen
fränkischen Gehöften vorbei bis nach Collenberg. Die
schöne Burg Colmberg war schon von weitem sichtbar.
Nun stießen wir zum ersten Mal auf die Altmühl, die hier
ihre ersten Kilometer Fließstrecke bereits hinter sich hat.
Rechts von uns lag ein Golfplatz und wir rätselten beim
Vorbeifahren, wer wohl die vielen Bälle einsammeln
würde, die dort lagen.
230 Seite
Wir kamen an einem schönen Rastplatz vorbei. Auf einer
Sitzgruppe unter Bäumen war es nun Zeit für einen Apfel
und ein paar Müsliriegel. Die Rast tat uns gut, doch die
Kälte scheuchte uns bald wieder auf. Kurze Zeit später
konnten wir ein Güllefahrzeug beobachten, das beim
Entladen der Gülle seine Duftspuren hinterließ. Wir
beeilten uns, um schnell an der Stelle vorbeizuradeln,
denn es tat gut, wieder frische Luft zu atmen. Kurze Zeit
später erreichten wir erneut eine gemütliche Bank. Da
unser Tagesziel Leutershausen nicht mehr weit entfernt
war, nutzten wir auch dieses schön hergerichtete Plätzchen
für eine kurze Trinkpause. Bald danach begrüßte
uns bereits die hübsche Altstadt von Leutershausen.
Die Sonne blinzelte hervor und wir erreichten nach einer
abschließenden Kaffeepause unsere Unterkunft.
Seite 231
Leutershausen ist für ein Ereignis bekannt, das zwei
Jahre vor dem Flug der Gebrüdern Wright stattgefunden
haben soll. 1901 startete ein gewisser Gustav Albin Weißkopf
mit seiner rechts gezeigten Konstruktion zu seinem
ersten Flug. Der Leutershausener überbrückte mit seinem
Flieger eine Strecke von zweieinhalb Kilometern in
Bridgeport (Connecticut), nachdem er in die USA ausgewandert
war. Ein wirtschaftlicher Erfolg blieb jedoch aus.
In seiner fränkischen Heimat baute man aber seine Flugmaschine
Nr. 21 orginalgetreu wieder nach und widmete
ihm ein Museum in seiner Heimatstadt. Seinen Flieger
konnten wir direkt neben dem Radweg bewundern.
Abends gab es dann Cordon Bleu direkt gegenüber. Nach
einem tollen Frühstück am nächsten Morgen im Tanzsaal
der Neuen Post fuhren wir bei schlechtem Wetter in Richtung
Gunzenhausen weiter. Und wieder musste ich meinen
Hut vor Jan und Lena ziehen, da die Beiden auch diesen
Tag trotz schlechtem Wetter gut meisterten. Dabei waren
der stetige Nieselregen und die fünf Grad Lufttemperatur
kein Zuckerschleicken gewesen. Stetig bließ uns der
Seitenwind gegen die Räder und es blieb während der
ganzen 42 Kilometer langen Tagesetappe von oben her
nass. Auch der Versuch, uns etwa zwölf Kilometer vor Gunzenhausen
ein wenig aufzuwärmen, brachte nicht viel. Die
tanzenden Rauchschwalben, die uns das letzte Stück am
Altmühlkanal entlang begleiteten und mit ihren Flugkünsten
Erstaunliches darboten, konnten nicht mehr begeistern. Die
Kinder fluchten am Ende nur noch. Finger und Füße waren
ausgekühlt und so schafften wir es mit letzten Kräften zum
Gasthof Arnold. Endlich wieder im Trockenen, genossen
wir die schöne Ferienwohnung und nahmen ein heißes
Bad. Danach sah die Welt schon wieder viel besser aus.
232 Seite
Am dritten Tag hatte es endlich aufgehört zu regnen.
Motiviert gingen wir zum Frühstück und fühlten uns in
der warmen Bauernstube gut aufgehoben. Nur schweren
Herzens verließen wir daher diesen gemütlichen Ort
am Kachelofen.
Bald waren unsere sieben Sachen unter dem Regenschutz
verschwunden. Wir hatten alles angezogen, was
der Rucksack hergab. Doch bereits der ausbleibende
Regen war ein angenehmes Geschenk. Alle kamen
gut in den Tritt und die schöne Auenlandschaft begann
wieder auf uns zu wirken. Die Altmühl zog gemächlich
dahin und wir radelten von einer Ortschaft zur anderen
mit dem nächsten Ziel: Treuchtlingen.
Seite 233
Seit einigen Jahren wird die Altmühl in ihrem mittleren
Verlauf ökologisch umgestaltet. Durch diese Flussverlängerung
hat sich wieder ein vielfältiger Lebensraum
für Planzen und Tiere gebildet. Auf vielen Hinweistafeln
werden die eingearbeiteten Altwasserarme und Feuchtbiotope
gezeigt, aber auch der Lebensraum Wasser
erläutert. Nicht nur für die Kinder eine gute Gelegenheit,
neues Wissen aufzunehmen.
234 Seite
Anschließend war noch ein Besuch des Karlsgrabens
vorgesehen. Es war der erste Versuch, eine Verbindung
zwischen Rhein und Donau zu schaffen. Ein erstes
großangelegtes Grabungsprojekt unternahm bereits
Karl der Große vor rund 1200 Jahren. Heute stellt sein
Nachfolger, der RMD-Kanal, eine der wichtigsten Wasserstraßen
Mitteleuropas dar.
Nachdem wir die alte Erfi ndung der im Bild sichtbaren
Wasserschnecke ausprobiert hatten, radelten wir die
letzten Kilometer nach Treuchtlingen hinab. Anschließend
gönnten wir uns den Badespaß im Wellenbad und
beendeten dort unsere Radtour.
Seite 235
Vorschau
Mit unserem 4-er
Kanu paddelten wir
an den 12 Aposteln
vorbei. An einer der
schönsten Altmühlschleifen
unterbrachen
wir jedoch die
Paddelschläge,
um möglichst lange
die Aussicht auf
diese Kalkfelsen
genießen zu können.
236 Seite In Pappenheim
machten wir nach gut
sieben Kilometern
unsere erste Pause.
Dabei aßen wir die
leckeren Sandwiches,
die wir in
Treuchtlingen
eingekauft hatten.
Nach der Weiterfahrt
und einer Treidelstelle
erreichten wir
Solnhofen.
Die Kalkfelsen der 12 Apostel haben eine lange Entstehungsgeschichte,
denn das Altmühltal hat sich im
Laufe der Jahrmillionen stetig verändert. Vor 147 Millionen
Jahren lag das heutige Altmühltal mitten in einer subtropischen
Insel- und Lagunenlandschaft. Ammoniten, Raubfische
und Krokodile bevölkerten damals das Jurameer und
Dinosaurier druchstreiften das Land, während Flugsaurier
und riesige Libellen den Himmel beherrschten.
Unter ihnen war ein halbgefi ederter Freund, der heute
als Bindeglied zwischen Reptilien und Vögeln zu einer
Berühmtheit geworden ist. Der Urvogel Archaeopteryx.
1860 wurde in Solnhofen der erste spektakuläre Fossilienfund
gemacht: der Abdruck einer Feder aus der Jurazeit,
der ein erster Hinweis auf den Urvogel war. Bald
darauf kamen auch vollständige Fossilien ans Licht,
die zeigten, dass der Archaeopteryx sowohl Merkmale
der Dinosaurier als auch der modernen Vögel trug.
Das faszinierende Tier wurde bisher nur im Naturpark
Altmühltal entdeckt. Ein Grund für uns, dem Museum
einen Besuch abzustatten.
Seite 237
Hinter Solnhofen verlässt die Altmühl Mittelfranken.
Nach unserer Bootsfahrt, die an der Hammersmühle
endete, folgte ich im Mai 2018 erneut den Windungen
der Altmühl, aber dieses Mal in Richtung Osten und mit
dem Rad.
Ich befand ich mich nun bereits in Oberbayern und ich
war erstaunt, dass ich an der Grenze nicht kontrolliert
wurde ;-). Doch ich möchte an diesem Punkt umkehren.
Meine Geschichte, die hier ja weitergeht, werde ich zu
einem späteren Zeitpunkt weitererzählen.
238 Seite
Seite 239
240 Seite
Taubertal
Die Tauber windet
sich in unzähligen
Schleifen durch die
Landschaft und ist
dabei einem ständigen
Veränderungsprozess
unterworfen.
Dieser vernetzt die
Lebensräume und
gibt vielen Tier- und
Pflanzenarten eine
Heimat.
Die Tauber entspringt am Westfuß der Frankenhöhe und fließt in nordwestlicher
Richtung etwa 130 km durch unsere Heimat, bis sie in Wertheim in den Main
mündet. Dabei überwindet sie einen Höhenunterschied von etwa 120 Meter und
hat ein Einzugsgebiet von 3.250 km².
Seite 241
Im Laufe der Zeit ist an der Tauber ein repräsentatives Mittelgebirgsflusstal mit
vielfältigen Komplexlebensräumen entstanden. Neben Hang- und Auewiesen
haben sich Feucht- und Trockenstandorte etabliert, die sich mit Laub- und
Mischwäldern, aber auch mit Streuobstwiesen abwechseln.
Das Taubertal gehört somit zu den größeren Flusslandschaften unserer Heimat
und birgt entlang ihres Flussbettes auch eine Fauna von außergewöhnlicher
Schönheit. So sind neben vielen Libellenarten auch Eisvögel und Wasseramseln
in ihrer Ufervegetation zu Hause.
Die Tallandschaft kann bequem mit Rad und teilweise auch mit dem Boot
erkundet werden. Sie wartet geradezu auf aufmerksame Besucher.
242 Seite
An der Tauber kann
man sehr gut Eisvögel
beobachten,
Doch um sie fotografieren
zu können,
muss man sehr
schnell sein und
gleichzeitig Glück
haben. Doch nur
wenn man oft genug
draußen unterweg ist,
kann man die fliegenden
Edelsteine
irgendwann in einem
Bild einfangen.
Seite 243
Die Route
Das liebliche Taubertal kann sehr gut mit dem Rad befahren werden. Für diese Tour
starteten wir von Roth am See und fuhren zunächst zur Tauberquelle. Zwei Tage
lang waren wir mit unseren damals zehn- und achtjährigen Kindern unterwegs.
Dabei lernten wir eine außergewöhnliche
Flusslandschaft kennen. Gleich hinter Rothenburg
sahen wir urige Wege mit tiefen Taleinschnitten.
Es stand aber auch viel Kultur auf
unserem Programm. Schließlich durchquerten
wir neben Rothenburg ob der Tauber auch
Creglingen oder Bad Mergentheim mit seinem
Deutschordensschloss. Kulturelle Höhepunkte
fi ndet man aber auch in Weikertsheim mit dessen Schlosspark. Am Ende besuchten wir
noch das mittelalterliche Kloster Bronnbach mit seinen prächtigen Sandsteinskulpturen
und natürlich die schöne Burg Wertheim.
244 Seite
Liebliches Taubertal
Juni 2011
Unsere Flusslandschaften lassen sich mit Kindern und mit dem Rad sehr gut erkunden.
Dies wollten wir auf einer Mehrtagestour durchs Taubertal endlich selbst ausprobieren. Dabei
verspricht die Tauber viel Abwechslung, denn neben der schönen Natur hat das Tal auch viel
Kulturelles zu bieten. Mit dem Zug fuhren wir nach Rot am See, um dort mit den Rädern zu starten.
Gut markierte Radwege führten uns zunächst durch
Felder hinüber zur Tauberquelle. Von dort ab sollte das
kleine Rinnsal unsere weitere Strecke begleiten. Zügig
ging es von da an ins Taubertal hinab. „Geht es eigentlich
nur bergab?“, fragte Jan. „Fast nur“, erwiderte ich.
Ein Vorteil, der wirklich Lust aufs Radfahren macht, so
war unser Plan gewesen. Den Kindern gefi el die Idee,
auch wenn einige Anstiege im Verlauf der Tour die ein
oder andere Frage aufkommen ließen.
Der Radwanderweg entlang der Tauber wird überall als
„der Klassiker“ angepriesen. Er führt von Rothenburg
ob der Tauber bis nach Wertheim. Der Vorschlag, auch
die Quelle in unsere Tour mit einzubeziehen, war dann
meine Idee gewesen, denn ich liebe frisches Quellwasser
und vor allem direkt daraus zu trinken.
Seite 245
Die Zuganbindung nach Rot am See war ideal gewesen.
Auch der Start mit dem Rad gelang ohne Schwierigkeiten.
Doch nach etwa 20 Kilometern übersahen wir eine
Markierung und fuhren geradeaus anstatt links abzubiegen.
Bald standen wir an einem schönen Anglersee,
doch unser eigentlicher Radweg war verschwunden.
Mühsam strampelten wir einen Feldweg bergauf. Die
ersten Fragen kamen auf. Zu allem Übel sprang auch
noch die Kette von Kerstins hinterem Ritzel ab und
verklemmte sich zwischen Rahmen und Rad. Nun hieß
es tief durchschnaufen, reparieren, schönreden und
weiterfahren.
Solche Pannen sind natürlich übel. Sie drücken aufs
Gemüt und nehmen einem die Lust am Radeln. Zum
Glück hatte es nicht ein Rad der Kinder getroffen, denn
sie hätten das vielleicht persönlich genommen. Das
schöne Wetter verdrängte aber bald das kleine Maleur
aus unseren Sinnen und die Schmerzen meiner zerschundenen
Hand behielt ich vorsichtshalber für mich.
Die letzten zehn Kilometer in Richtung Rothenburg ob
der Tauber verliefen dann ohne weitere Zwischenfälle.
Leider waren wir etwa eine Stunde hinter unseren Zeitplan
zurückgefallen und die Vorfreude auf ein Eis in der
Altstadt musste noch ein wenig Geduld haben.
Getreidefelder so
weit das Auge reicht.
Die Gegend rund um
die Tauberquelle ist
stark landwirtschaftlich
geprägt. Dabei
wechseln sich alte
Fachwerkhäuser mit
modernen Traktoren
ab.
246 Seite
Ein herrlicher Weg führte durch die Schlucht nahe der
Stadt und bald standen wir vor den Toren Rothenburgs.
Riesige Mauern verbanden die Türme der Stadtmauer
und wir schoben unsere Räder in das Innere der mittelalterlichen
Anlage.
Die herrlich restaurierte Altstadt gefi el nicht nur uns auf
Anhieb. Eine große Besucherzahl war an vielen Stellen
in Rothenburg anzutreffen. An einem einladenden Cafe
stellten wir die Räder ab und genossen unser verdientes
Eis, während Touristen an uns vorbeiströmten. Ihr
Ziel waren die Souvenirgeschäfte. Ausgeruht schoben
wir weiter die Altstadt hinauf bis zum Marktplatz und
weiter hinunter zur Burganlage.
Seite 247
Von der Wehranlage aus genossen wir den Ausblick auf
das Taubertal. Anschließend verließen wir den schönen
Aussichtsort in Richtung Norden, denn wir wollten noch
ein paar Kilometer radeln und dann in einem Gasthof
übernachten. In Bettwar fanden wir in der „alten Schreinerei“
eine ideale Bleibe. Bei köstlichem Essen endete
unser erster Tag auf der Terasse. Ein Gewitter brachte
abends noch etwas Regen und wir gingen nach unserem
perfekten Rehbraten mit Klösen in unser Zimmer.
In der Fußgängerzone
von Rothenburg
reihen sich die
Fachwerkhäuser
aneinander. Besonders
gut gefiel uns
der Ausblick vom
Burggarten auf die
Tauberschleife.
248 Seite
Wir schliefen wie die Murmeltiere, doch da unser Zimmer
keine Außenrollos besaß, war die Nacht schon um
sieben Uhr vorbei und eine halbe Stunde später saßen
wir bereits beim Frühstück. Vor unserem Tisch stand
Müsli in verschiedenen Variationen bereit, daneben
lagen frische Brötchen mit hausgemachter Marmelade
und es duftete nach frischem Kaffe. Herz was begehrst
du mehr.
Nach dem Frühstück packten wir gemütlich unsere sieben
Sachen zusammen und holten die Räder aus dem
Keller und schon bald spürten wir wieder den Fahrtwind
in unseren Gesichtern. Das Wetter sollte noch ein paar
Stunden halten und wir nutzten die Zeit, die Eindrücke
des Taubertals an uns vorbeiziehen zu lassen. Wiesen-
Flockenblumen ragten mit ihren lila Köpfen weit aus den
Wiesen hinaus. Dann kam wieder eine der Siedlungen.
die sich zwischen die Felder wie Knoten an einer Schnur
dem Taubertal entlangreihten.
Seite 249
Klatschmohn bildete schöne
Kontraste am Rand der Roggen-
felder. Die roten Blüten gefielen
den Kindern, doch sie sind vor
allem für die Insekten wichtig.
Auch wir würden uns solche
Anblicke viel öfter in der Landschaft
wünschen. Sie zu finden
wäre so einfach, wenn man die
Randstreifen an allen Feld- und
Radwegen nicht mulchen, sondern
länger stehen lassen würde.
250 Seite
Bald rollten wir in Creglingen ein und Hinweisschilder
machten uns auf ein Rosenfest am Römerschlösschen
aufmerksam. Wir beschlossen daher, dort einen kleinen
Zwischenstop zu machen. Hinter einem Bauwerk am
Hang gelegen, hatte der hiesige Gartenbauverein über
die Jahre ein herrliches Kleinod geschaffen. Viele heimische
Kräuter und Wein, vor allem aber Rosen, konnte
man hier bestaunen. Überhalb des Gartens hatten
die Blumenfreunde eine Tribüne aufgebaut. Von dort
schauten wir auf die Wiese darunter und bewunderten
die Muster aus Teelichtern, die von vielen fleißigen
Helfern dekoriert worden waren und die jedes Jahr
diesem Fest einen Rahmen gaben. Wir hofften für die
Veranstalter nur, dass das Wetter halten würde, denn
der Himmel schaute bereits bedrohlich aus. Wir verließen
den Ort wieder und fuhren weiter nach Röttingen.
Seite 251
Röttingen mit seiner mittelalterlichen Stadtmauer lag
direkt am Tauberradweg. In der Innenstadt angekommen,
warb ein Plakat für einen Bühnenauftritt in der
Burganlage. Das wäre auch eine schöne Idee gewesen,
doch das Wetter mit den immer dunkler werdenden
Wolken ließ uns keine Ruhe. Wir mussten ja weiter nach
Weikersheim. Dabei kamen wir an einer schönen Brücke
vorbei, die von Baltasar Neumann entworfen worden
war. Zu unserem Glück blieb es noch trocken.
Wir tasteten uns quasi Stück für Stück von Ort zu Ort
vorwärts. Bald blies uns jedoch heftiger Wind in die
Gesichter. Er wurde schließlich so stark, dass wir beinahe
unser eigenes Wort nicht mehr verstanden. Wir duckten
uns über die Lenker und traten in die Pedalen so gut es
eben ging. Ich glaube, dass wir auf den letzten paar Kilometern
nach Weikersheim mehr Kraft benötigt hatten als
während des gesamten vorherigen Tages. In Weikersheim
angekommen, waren die Kinder ziemlich erschöpft.
Wie lange sie noch fahren müssten, fragten sie mehrfach,
während wir versuchten, sie immer wieder aufzumuntern.
Eigentlich war unser nächster Halt am Weikertsheimer
Schloss geplant. Doch wir entschlossen uns,
direkt am Marktpatz eine Pause einzulegen und kehrten
dazu in ein kleines Cafe mit großen Fenstern ein. Gemütlich
war es hier und vor allem ganz ohne Wind. So
konnten wir ganz angenehm neue Kraft tanken.
252 Seite
Das Weikertsheimer Schloss ist eine Augenweide
und auch der Schlosspark gefi el uns. Er würde bei
Sonnenschein sicher noch prächtiger sein. Wir wollten
ihn aber trotz des schlechten Wetters anschauen und
schlenderten gemütlich durch die Anlage. Der Bau des
eindrucksvollen Residenzschlosses wurde im 16 Jh.
begonnen, wobei die Baustelle 200 Jahre unvollendet
bleiben sollte. An gleicher Stelle stand bereits vorher
ein Bauwerk, das Hohenloher Wasserschloss. Nach der
Säkularisation wurde dann das einst zusammenhängende
Territorium an der Tauber zwischen Bayern und
Baden-Württenberg aufgeteilt.
Wir verließen den Barockgarten und beendeten nach
80 gefahrenen Kilometern unsere Taubertour. Aber nur
vorläufi g. Bei nächster Gelegenheit wollen wir dann von
hier aus nach Wertheim weiterfahren, soviel stand fest,
als wir im Zug saßen um nach hause zurückzufahren.
Seite 253
Zwei Wochen später rollten unsere Räder bereits wieder
auf dem Radweg an der Tauber entlang. Zwei freie
Tage standen an und das Wetter versprach dieses Mal
besser zu werden. In Weikertsheim angekommen führten
uns die ersten Kilometer durch das breit gewordene
Tal. Hier zwischen Weikersheim und Bad Mergentheim
wird viel Wein angebaut. Die Hänge scheinen mit
Rebstöcken bis auf den letzten Platz besetzt zu sein.
Den Landesherren beschehrte dies große Einnahmen,
die sich in den Prachtbauten wiederspiegelten. Das
Weikertsheimer Schloss ist eines davon. In Bad Mergentheim
würden wir vor einem weiteren stehen.
Vorher bestaunten wir aber noch im Kurpark eine herrliche
Rosensammlung. Der Duft der Rosen stieg uns
schon beim Vorbeigehen in die Nase.
254 Seite
Das Schloss in Bad Mergentheim war einstiges
Machtzentrum des Deutschen Ordens. Der hohe Turm
überragt das Geschehen rund um den Marktplatz. Die
schwarz-weißen Fahnen an der Eingangsbrücke zum
Schloß und die vielen Ordenskreuze, die in Sandstein
gemeißelt überall zu fi nden sind, zeigen noch heute,
wer hier früher das Sagen hatte. Beeindruckend ist
auch das Ordensmuseum, dem wir einen Besuch abstatteten.
Dort kann man ein schönes Modell der Burg
Rehden in der Eingangshalle betrachten. Bei angenehmem
Wetter schlenderten wir durch den Innenhof und
betrachteten die fi ligranen Fassaden, die sich plastisch
in der Sonne präsentierten.
Seite 255
Auf dem Makrtplatz genossen wir dann leckeren
Rhabarberkuchen und Pizzastücke. Gestärkt gingen
wir anschließend an die Strecke. Unser Plan war
nun, weiter dem Taubertal zu folgen. In der Nähe von
Tauberbischofsheim wollten wir uns dann ein Zimmer
suchen. Wir wussten aber noch nicht, dass dies nicht so
einfach werden würde.
256 Seite
Entlang des Radweges hatten wir immer wieder
Gelegenheiten, die für Abwechslung sorgten. So zum
Beispiel ein Mühlenspiel mit Riesensteinen, das wir in
einer Parkanlage vorfanden. Ab und an fütterten wir auch
einfach nur die Enten, die in der Tauber schwammen.
Anschließend radelten wir weiter, durchquerten kleinere
Ortschaften und erreichten schließlich Grünsfeld, das
etwa vier Kilometer von der Tauber entfernt liegt. Dort
fanden wir endlich ein Quartier, nachdem wir vorher noch
zwei kraftraubende Kilometer einen Berg hochgestrampelt
waren.
Eine alte Mühle sollte für diesen Tag unsere Bleibe sein.
Es war eine perfekte Location, wie wir fanden. Mit Blick
auf einen Garten belohnte uns die gegenüberliegende
Pizzeria für die Anstrengungen des Tages.
Seite 257
Unsere Tour lief bis dahin „wie am Schnürchen“, wie man
so schön sagt. Der zweite Tag startete jedoch mit wesentlich
schlechterem Wetter, was uns die Laune aber nicht
trübte. Das gemütliche „Dahinfahren“ schien momentan
das ideale Betätigungsfeld für uns zu sein. Trotz der
kühleren Temperaturen und dem Gegenwind erreichten
wir gut gelaunt die Altstadt von Tauberbischofsheim.
Einen Tag früher wäre ein Fest in Tauberbischofsheim
gewesen, das mit dem Auftritt einer Soulband beendet
wurde. Wir schoben unsere Räder durch die Spuren der
letzten Nacht, aber auch durch den gerade stattfindenden
Flohmarkt. Nun setzte Nieselregen ein, während wir
die Stadt wieder verließen. Schnell war die Regenbegleidung
übergezogen und es ging am schönen Rathaus
vorbei hinunter zur Tauber. Eine alte Steinbrücke
führte uns über den Fluss und wir folgten dem Lauf der
Tauber nun auf der linken Flussseite.
258 Seite
Das Tal wurde nun enger und wir waren erstaunt über
die Naturbelassenheit dieses Flussabschnitts. In engen
Schleifen fl oss die Tauber jetzt gemächlich in Richtung
Wertheim weiter. Wie eine Schlange, die sich beherzt
ihren Weg bahnen muss, windete sie sich durch das Tal
dem Main entgegen.
Die Weinberge waren nun ganz verschwunden,
dagegen machten sich Waldhänge breit. Bei Kloster
Bronnbach schien nichts mehr vom landwirtschaftlich
geprägten Tal übrig geblieben zu sein.
Seite 259
Im Innenhof des Klosters Bronnbach kamen wir
dann aus dem Staunen kaum heraus, denn die hohe
Schule der Steinmetzkunst wurde innerhalb der
Klosteranlage sichtbar und es schien, als wollten uns
die Figuren ihre eigene Geschichte erzählen. Auch
RTL war von der Anlage begeistert und nutzte die
Örtlichkeiten als Drehort für seine DSDS-Show.
260 Seite
Noch einmal radelten wir zurück zur Tauber, doch unsere
Tour neigte sich so langsam dem Ende entgegen,
denn bis nach Wertheim war es nun nicht mehr weit.
Nach einer letzten Rast radelten wir gemütlich auf die
Stadt zu. Während die gleichnamige Burg schon von
Weitem sichtbar über Main und Tauber wacht, dringen
erste Verkehrsgeräusche aus der alten Mainstadt in
unsere Ohren. Kurz bevor wir die Tauber überqueren,
präsentiert sich die Burganlage vor unseren Augen in
ihrer ganzen Größe. Wie ein Bollwerk thront sie über
dem Taubertal und demonstriert gleichzeitig an der
Mündung hoch über dem Main den Machtanspruch des
einstigen Adels über diese Region. Der Main jedoch,
der sich wie ein größeres Geschwisterkind unter der
Burg mit der Tauber vereint, soll nun Gegenstand für
die letzte Tour dieses Buches sein, die abschließend
erzählt wird. Ihm wollen wir nun mit dem Rad noch
einmal folgen.
Die Burg Wertheim
liegt auf einer schmalen
Bergzunge zwischen
den Tälern von Main und
Tauber. Sie ist eine der
mächtigsten Burganlagen
weit über die Region
hinaus. Es gibt begründete
Hinweise darauf,
dass hier Teile des
Mittelalterepos des
Parzival entstanden
sind, dessen Niederschrift
zwischen 1200
und 1210 erfolgte.
Seite 261
262 Seite
Der Main zeigt sich
zusammen mit dem
Spessart hinter
Erlenbach von seiner
schönsten Seite und
der aufmerksame
Beobachter bemerkt,
dass dieses Bild auch
den Rücken meiner
Buchserie „Naturwunder
in Franken“
schmückt.
Seite 263
Die Route
Es gibt gerade aus meinem Landkreis Main-Spessart noch so einiges zu erzählen.
Nach der Wanderung durch den Spessart, Paddeltouren auf Main und Saale, einer
Radtour entlang der Sinn, schließe ich nun meine Geschichten mit einer Radel- und
Bootserzählung um das Mainviereck, zumindest vorläufig.
Bis nach Wertheim werde ich mich aufgrund
der bereits überschrittenen maximalen Seitenanzahl,
die ich für dieses Buchkonzept vorgesehen
habe, kurz halten. Doch zwischen
Wertheim und Miltenberg gibt es noch kurz
ein paar Dinge zu erwähnen, die für die
Geschichte Frankens von weitreichender
Bedeutung waren und bis heute geblieben sind.
264 Seite
Von Lohr Mainabwärts
Mai 2016
Pfingsten stand vor der Tür und somit ein fast schon traditionelles Familienereignis - unsere
Fahrradtour. Es waren dieses mal drei Tage mit zwei Übernachtungen geplant. Die Zimmer
waren bereits reserviert, doch wir haderten ein Tag vor der Tour mit dem Wetter. Die Sonne
strahlte zwar vom Himmel, aber für die kommenden Tage war Regen angekündigt.
Seite 265
Wir wollten die freien Tage trotzdem nutzen, wenigstens
den ersten sonnigen Tag. Daher telefonierten wir ein wenig,
buchten und starteten kurzentschlossen gleich nach dem
Frühstück. Keine Stunde später saßen wir auf unseren Rädern,
die uns hinunter nach Lohr an den Main brachten. Es
war später Vormittag und wir freuten uns mächtig aufs
Radeln in der Sonne. Vom Radführer wird das Teilstück
zwischen Lohr und Miltenberg ausdrücklich gelobt,
denn der Fluss durchschneidet hier nicht nur in Schlangenlinien
den Spessart, seine Waldränder drängeln sich
etwa bei Neustadt bis auf wenige Meter an den Fluß
heran. In Erlach war die erste Rast angesagt. Wir saßen
direkt am Wasser und schauten auf das gegenüberliegende
Kloster Neustadt hinüber.
266 Seite
Ein Schwanenweibchen brütete direkt neben der Straße in
einem Blumenbeet und ließ sich von uns Radfahrern nicht
stören. Gemütlich ging es weiter den Main abwärts. Bei
Rothenfels thront die Burg aus dem 12. Jahrhundert
über dem Altstädtchen auf der gegenüberliegenden
Mainseite. Es hatte mittlerweile 25 Grad erreicht und
wir passierten zwei Campingplätze, deren schöne Lage
direkt am Fluß uns gefi el. Wir radelten durch Zimmern
und blickten anschließend auf Hafenlohr auf der rechten
Mainseite hinüber.
Jan und Lena erzählten von den letzten Wochen in
der Schule, die noch vor ihnen lagen und schwärmten
anschließend von einem kalten Eis, das in Marktheidenfeld
auf uns warten würde. Die neue Mainbrücke
sahen wir bereits und zur Altstadt war es nicht mehr
weit. Das schöne Wetter hinterließ auch in den Gassen
Marktheidenfelds seine Spuren. Eine Schlange vor
der Eisdiele war die logische Folge. Bald verließen wir
frisch gestärkt den Rummel in der Altstadt wieder und
radelten weiter in Richtung Süden. In Lengfurt angekommen,
sahen wir das gleichnamige Kloster auf der
anderen Mainseite.
Seite 267
Mit dem Kallmuth wurde nun Kalkstein über den
Main sichtbar. Die halbrunde Form des Berges und
seine sonnige Lage lassen hier einen leckeren Wein
gedeihen. Im oberen Bereich hat die Natur zusätzlich
ihr Rückzugsgebiet und wir sahen einige Greifvögel am
Himmel, die nach Nahrung suchten.
Unterhalb der Homburg rasteten wir ein zweites Mal.
Wir flüchteten vor den weißen Löwenzahnwolken, die
durch die Luft schwebten und suchten hinter einer
Baumreihe direkt am Wasser Schutz.
268 Seite
Nach einer weiteren Rast in einer Heckenwirtschaft
erreichten wir mit der Urparer Mainschleife den ersten
Eckpunkt im südlichen Mainviereck. Bald sahen wir wieder
die Wertheimer Burg über dem Zusammenfluß von Tauber
und Main. Der erste Tag war damit geschafft und wir bezogen
unser Quatier im „Tauberhotel Kette“. Nach Kuchen
und Kaffee in der Altstadt suchten wir nach einer Pizzeria
an der Mainpromenade für den Abend. Noch während
des Essens zogen bereits dicke Wolken auf und erste
Donnergeräusche waren in der Ferne zu hören. Noch auf
dem Heimweg in unsere Unterkunft erreichten uns erste
Regentropfen. Mit einem leckeren Frühstück starteten wir
in den zweiten Tag. Das Wetter war weiterhin durchwachsen,
doch wir konnten ohne Regen losfahren. Es war aber
bereits merklich kühler geworden.
Seite 269
Kurz vor Stadtprozelten
machten wir
unsere erste Rast,
denn die Regenbekleidung
musste
übergezogen werden.
Trotz des schlechten
Wetters blieb die
Stimmung gut.
Einige Mainwindungen später ragten zwei mächtige
Türme aus dem umliegenden Baumbestand hoch über
dem Main. Beim Näherkommen, vor allem aber beim
Anblick der Henneburg von Mondfeld aus fragt man
sich, wie eine solch riesenhafte Anlage in die eher
abgeschiedene kleine Welt des Mainvierecks kam und
wozu sie diente. Aus der einstigen Burg des
12. Jahrhunderts machte der Deutsche Orden, der
die Henneburg 150 Jahre lang besaß, durch große
gotische Umbauten eine schlossähnliche Festung,
deren Außmaße wir heute noch erahnen können. Da
auch die nachfolgende Machtzentrale des Ordens
in Bad Mergentheim und somit in direkter Nähe des
Taubertals entstand, taucht die Frage auf, weshalb
sich die Machtkonzentration des Deutschen Ordens
gerade in Mainfranken befand. Nun, das ist kein Zufall
und eine längere Geschichte. Ich möchte sie aber
kurz erwähnen. Auslöser dieser Entwicklung war die
Übertragung großer Gebiete in Franken durch Karl den
Großen an die Kirche. Er brauchte jede nur erdenkliche
Unterstützung, vor allem für seinen Krieg gegen die
Sachsen und für gewisse Zugeständnisse bekam er
diese natürlich auch. Gegenleistungen für den Aufbau
neuer Verwaltungsstrukturen, deren Ausbildung die
Kirche in Verbindung mit dem Kloster Fulda realisieren
sollte, waren vor allem Besitztümer und Rechte an Einkünften
bzw. Zöllen in den fränkischen Gebieten. Dabei
mussten die zukünftigen geistlichen Würdenträger logischerweise
auch in weltlichen, sprich wirtschaftlichen
Künsten ausgebildet werden. Nachdem Karl der Große
bereits 742 die Bistumsgründung gefördert hatte, stattete
er 753 den ersten Bischof des Bistums Würzburg mit
weitreichenden Besitzrechten und -gütern aus,
denn die Kirche erwies sich auch in weltlichen Angelegenheiten
als überaus geschickt. Dabei handelte
Karl nach dem gleichen Vorgehen wie bereits bei der
„Pippinischen Schenkung“ an die Römische Kirche, die
nahezu zeitgleich stattfand. Im Gegenzug legitimierte
der Papst die Karolinger als Könige des Fränkischen
Reiches. Mit dieser klassischen Win-Win-Situation war
auch der Grundstein für die spätere Gründung des
fränkischen Fürstbischoftums gelegt und die Realisierung
dieser Chance wusste die Kirche in der Folgezeit
zu nutzen. Sie brauchte aufgrund der Erbproblematik
in Dynastiegeschlechtern eigentlich nur auf eine günstige
Gelegenheit zu warten, um auch ihre weltlichen
Ansprüche für die Zukunft zementieren zu können. Und
diese Gelegenheit kam. Nach dem Tod des letzten
rechtmäßigen fränkischen Herzogs, dem Konradiner
Eberhard, der 939 in der Schlacht bei Andernach
ohne Nachkommen fi el, war diese Chance endlich
gekommen. Darauf hin griff die katholische Kirche in
den ihr zugesprochenen Gebieten nun endgültig nach
der weltlichen Macht. Dies zeigt sich in den folgenden
Jahren eindeutig an der starken Aufwertung der
herrschaftlichen Rolle der Bischöfe von Würzburg. Auch
wenn spätere Könige, wie etwa der Staufer Konrad, der
Kirche diese Rechstansprüche, etwa um 1120, immer
wieder streitig machen wollte, kämpften die kirchlichen
Würdenträger hartnäckig weiter. Die Zeit hatte ihnen in
die Hände gespielt, ihre weltliche Macht war bereits zu
groß geworden. 1446 hatten sie es endlich geschafft,
denn seit diesem Zeitpunkt trugen die Würzburger
Bischöfe die Bezeichnung „Herzog zu Franken“ bzw.
„Franciae orientalis dux“ bis zum Ende des Alten Reiches
bzw. der Säkularisation in ihrer Titulatur.
270 Seite
Doch was hat diese Geschichte mit Stadtprozelten zu
tun? Diese Brücke erschließt sich beim Blick auf die
kirchliche Institution des Ordens. Denn der deutsche
Orden mit seinen Zentren, zu Beginn auf der Henneburg
und später in Bad Mergentheim, spielte beim Aufbau
eines eigenen Kirchenstaates eine zentrale Rolle.
Von hier aus wurden die Fäden für die Besitzansprüche
im Baltikum und dem dort gegründeten Deutschordensstaat
gezogen, der am Ende des 14. Jahrhunderts ein
Gebiet von rund 200.000 Quadratkilometern umfasste,
was beinahe der Fläche der alten Bundesrepublik
entsprach. Die Wurzeln dieser Organisation aber sind
hier bei uns am Mainviereck zu suchen. Anders lässt
sich die mächtige Festung Henneburg, die ihre ganze
Größe erst beim Anblick von Mondfeld aus zu erkennen
gibt, nicht erklären. Selbst von einem späteren Zentrum
des Ordens auf einer bekannten Bodenseehalbinsel
kann man zumindest vom Namen her Rückschlüsse auf
seine einstige Herkunft ziehen. Zu weit hergeholt? Ich
denke nicht. Aber für alle, die bis hierher gelesen haben,
möchte ich noch kurz den Grund erklären, weshalb
ich hier vom großen Karl, dem deutschen Orden und
der Verbindung hinunter an den Bodensee schreibe.
Zugegeben, ich bin auch ein Fan des großen Karls,
aber nicht nur, weil er es als erster schaffte, weite Teile
Europas zu einen, sondern weil er etwas viel Großartigeres
auf den Weg brachte und hier kommt wieder der
Bodensee ins Spiel. Konkret die Insel Reichenau mit
ihrem Kloster. Auch die kirchlichen Leistungen möchte
ich in diesem Zusammenhang ausdrücklich loben.
Es waren die Schreibstuben der Benediktinerklöster
Reichenau und Murbach, das westlich von Freiburg
im heutigen Frankreich liegt, die von Karl den Auftrag
bekamen, eine einheitliche deutsche Sprache zu entwickeln,
die doch so wichtig für uns geworden ist.
Mit Hilfe unserer Muttersprache können wir all die
Gedanken zum Ausdruck bringen, die uns bewegen.
Ja, sie ist komplex und für alle, denen es nicht schnell
genug geht, dem Englischen unterlegen. Jedoch für
Tiefgründiges aus meiner Sicht dem Angelsächsischen
weit überlegen. Doch das muss jeder selbst beurteilen.
Aber um noch einmal auf Reichenau zurückzukommen.
Es gehörte bis zum Übergang an das Bistum Freiburg
zum Bistum Konstanz. Auch Reichenau hatte ursprünglich
königliche Dankbarkeit erfahren, nämlich den
Zugriff auf umfangreichen Grundbesitz, vor allem aber
auf die daraus resultierenden Abgaben. Auch heute
noch ist die Macht des deutschen Ordens in Konstanz
spürbar, nicht nur auf der Blumeninsel und in Reichenau,
wobei alles im Umkreis von unter zwölf Kilometern
beieinanderliegt.
Während wir weiter den Mainradweg entlang fuhren,
wechselten sich Naturlandschaften mit weitläufi gen
Felsstrukturen und sandsteinfarbenen Burgen ab. Nach
der Henneburg folgten die Ruinen Collenberg und
Freudenburg, die sich malerisch über dem Main in die
Waldhänge schmiegten.
Seite 271
In Miltenberg angekommen bestaunten wir zunächst
die Altstadt, denn sie ist wirklich außergewöhnlich. In
den engen Gassen lässt es sich herrlich spazieren gehen.
Neben dem Schnatterloch und der Burg können
viele weitere Sehenswürdigkeiten besichtigt werden.
In einem speisten wir sogar. Der Riese gilt als das
älteste Gasthaus in Deutschland. Neben der schönen
Außenfassade gibt es auch auf der Speißekarte selbst
nur Lobenswertes. Neben tollen Gerichten wird das
süffige Hausbier angeboten. Auch dies ist, wie bereits
gesagt, vom Feinsten.
Am nächsten Morgen waren wir vom leichten Regen
nicht gerade überrascht. Wir quälten uns noch weiter
bis nach Erlenbach und hofften, dass der Regen
aufhören würde. Doch vergebens, daher entschieden
wir uns an der nächsten Station, mit der Bahn nach
Hause zu fahren. In Obernburg mussten wir dann
auf den Schienenersatzverkehr umsteigen und es
folgte eine ruckelige Fahrt aufgrund der Räder im Bus
bis nach Aschaffenburg. Immer noch durchgefroren
saßen wir im Zug zurück nach Partenstein.
272 Seite
Der Spätherbst ist für
viele Naturfreunde
als Wanderzeit schon
lange beliebt. Ebenso
gut eignet sich diese
Jahreszeit für das
Paddeln auf dem
Main. Wer es nicht
glaubt, sollte es
einmal probieren.
Seite 273
Auf den letzten Kilometern...
Mit den vorangegangenen Schlechtwetterbildern möchte ich mein Buch auf keinen Fall
beenden und lade daher den Leser noch einmal ein, mich das letzte Stück zurück nach
Aschaffenburg auf dem Wasser zu begleiten.
Dazu stieg ich in Klingenberg in mein Boot ein.
Von dort aus mussten bis nach Aschaffenburg
28 Kilometer Paddelstrecke zurückgelegt werden.
Zusätzlich waren zwei Schleusen zu überwinden.
Nach gerechneten zweieinhalb Etappen war ich
am Ziel und damit schließt sich nun der Kreis,
denn wir sind wieder am Startpunkt meiner
Geschichte angekommen. Mit jedem Paddelschlag
werden über der Stadt die Konturen einer bekannten Silhouette immer deutlicher.
Beim Ausstieg aus meinem Schlauchkanadier schaue ich noch einmal nach oben und
vor mir erhebt sich die Johannisburg, eines der schönsten Schlösser Mainfrankens.
274 Seite
Zurück nach Aschaffenburg
November 2020
Mit gemischten Gefühlen fahre ich Mitte November durch den Spessart. Nebel hängt dicht in den
Tälern und das Thermometer zeigt 4,5 Grad an. Sicherlich gibt es bessere Voraussetzungen, um
mit dem Boot auf dem Main zu paddeln, so dachte ich zumindest am Anfang.
Doch ich vertraute auf den Wetterbericht, der für diesen
18. November strahlenden Sonnenschein vorausgesagt
hatte und tatsächlich, hinter Eschau fuhr ich durch
den Nebel hinaus in einen sonnigen Tag hinein. Super
gelaunt erreichte ich Klingenberg und machte mein
Boot startklar.
Gegen die Kälte hatte ich diesmal vorgesorgt, nachdem
ich beim letzten Mal vor zwei Wochen mächtig gefroren
hatte. Mit Winterstiefeln und Regenhose war ich jedoch
an diesem Tag gut gerüstet. Auf dem Main angekommen,
legte ich mich bequem zurück und genoss die
leuchtenden Herbstfarben, die mir von den Spessarthängen
entgegenleuchteten. Dazu der strahlendblaue
Himmel über mir. Sagenhaft, so schön kann es im
Spätherbst auf dem Wasser sein.
Seite 275
Die Temperaturen stiegen nun allmählich an und das
Paddeln machte so richtig Freude. Nebenbei mussten
selbstverständlich einige Bilder gemacht und an die
Familie zuhause geschickt werden. Dabei kam ich das
ein oder andere Mal etwas zu nah ans Ufer, denn beim
Handygebrauch vergeht die Zeit im Flug. Nach dem
Gegensteuern musste ich mich wieder auf Kurs bringen
und ich machte die erstaunliche Erfahrung, dass es
Handy´s selbt bei mir, einem Ultra-Naturfreak schaffen,
andauernd für Ablenkung zu sorgen. Und das trotz des
perfekten Wetters. Nein, jetzt hab ich dich durchschaut,
dachte ich, während das oben gezeigte Bild mit der
Klingenburg im Hintergrund gerade im Kasten war,
denn mit dem nächsten Griff beförderte ich das Handy
dorthin, wo es für die nächsten Stunden hingehörte,
weit weg in den Packsack.
276 Seite
Ich erreichte Erlenbach und paddelte an der Schiffswerft
vorbei. Sie zählte noch 1970 mit ihren über 300 Mitarbeitern
zu den führenden Binnenschiffswerften in Deutschland.
Auch heute, nach dem erfolgreichen Unternehmensumbau,
kann man auf dem etwa 50.000 m² großen
Gelände, Schiffe bis 135 Meter Länge hellingen. Die über
100 Meter lange Werft, die man aufgrund ihrer Schräglage
auch als Helling bezeichnet, ist dabei die einzige Anlage
für Schiffe dieser Größe zwischen Duisburg und Linz. Zu
den Schiffsneubauten zählen Seenotrettungskreuzer und
Hochseeschlepper. Auch an diesem Tag lagen neben der
Werfthalle zwei Schiffe an der Helling und ich beobachtete
wie drei Arbeiter um die aufgestellten Rümpfe herumliefen.
Langsam paddelte ich an den Stahlträgern vorbei, die als
Unterlage für die Schiffe am Boden befestigt waren.
Seite 277
Dahinter tauchte das Altstädtchen auf, dessen Lage
man am spitzen Kirchturm gut erkennen konnte.
Hinter Erlenbach erwartete mich dann wieder Natur pur.
Insgesamt sechs Eisvögel konnte ich an diesem Tag
sehen, wie sie vor meinem Boot den Main hinabflogen.
An diesem Tag leuchteten ihre türkisen Hinterteile aufgrund
der schräg stehenden Sonne besonders intensiv.
Dieser Tag war der schönste für mich in diesem Jahr
auf dem Main gewesen, denn im Gegensatz zu den
Sommermonaten, in denen gegen Mittag die Sonne
viel zu warm wird, waren nun die Temperaturen zum
Paddeln ideal.
278 Seite
Unter den langen
Ästen einer Weide
legte ich mein Paddel
für einige Minuten auf
das Boot und lehnte
mich zurück. Dabei
fing das Boot an sich
zu drehen. In Zeitlupe
kreiste es nun mit mir
auf dem Main und ich
kam dabei vollständig
zur Ruhe. In solchen
Momenten kann man
die Natur um sich
herum nicht nur mit
allen Sinnen wahrnemen,
sondern man
erkennt in solchen
Augenblicken auch
ihren unermesslichen
Wert, den sie für uns
und das Leben, das
uns umgibt, besitzt.
Seite 279
Später kam ich noch an einem selbst gebauten Boot
vorbei. Aus Paletten war ein Grundgerüst erstellt worden
und eine Sitzbank im hinteren Bereich, schmückte
das Gefährt. Das Boot besaß sogar eine Dachkonstruktion,
die mir besonders gut gefi el. In diesem Augenblick
musste ich an die Kinder denken, die es gebaut haben
mussten. Ich konnte mich dabei sehr gut in sie hineinversetzten,
denn als Jugendicher hatte ich mit meinen
Freunden ähnliche Dinge unternommen. Dabei genoss
ich das schöne Herbstwetter noch bis zum Nachmittag.
Dann tauchten die Schlote des Industriecenters
Obernburg auf. Wehmütig zog ich mein Boot über das
Gebüsch ans Ufer hinauf und sah bereits mein Fahrrad,
mit dem ich zurück nach Klingenberg fuhr.
280 Seite
Hinter der Staustufe in Kleinwallstatt ging es zunächst
weiter nach Obernau, wo mich nach zehn Kilometern
das nächste Querbauwerk zum Verlassen des Wassers
zwang. Dahinter, auf den letzten Paddelkilometern nach
Aschaffenburg, begleitete mich dann erneut herrlichstes
Wetter auf dem Main. Es war der 25. Februar 2021 und
es sollte an diesem Tag fast 20 Grad geben. Zehn Tage
vorher hatte es an manchen Stellen in Deutschland
unter minus 20 Grad gehabt, was einem Temperaturhub
von 40 Grad entspricht. Was aber da noch auf uns
zukommen wird? Es kann einem wirklich Angst und
Bange werden.
Noch etwa sechs Kilometer paddelte ich bis zur Uferpromenade
der Stadt. Dort angekommen war ich wieder
am Startpunkt meiner Geschichte angelangt.
Seite 281
Als ich in der großen Mainschleife aus dem Boot ausgestiegen
war, blickte ich staunend nach oben. Welch ein Prachtbau
sich da vor einem erhebt. Die schönen Außenfassaden
von Schloss Johannisburg sind ein Augenschmaus für jeden
Kunstliebhaber. Auch die vielen Fenster und die mächtigen
Türme müssen jeden Betrachter beeindrucken. Eher
unscheinbar wirkt dagegen der ebenfalls mächtige Bergfried
der alten Vorgängerburg im Inneren des Schlosses, denn er
wird von der neueren Vierfl ügelanlage gänzlich umschlossen.
War da etwa beim Neubau der zweiten Residenz der
Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten Absicht im Spiel?
Nachdem der Straßburger Baumeister Georg Ridinger 1614
sein Werk aus Rotsandstein fertig gestellt hatte, muss es
für die weltlichen Vorbesitzer einen ernüchternden Eindruck
hinterlassen haben, denn sie waren nun nicht nur in ihrem
ehemaligen Gebäude ummauert, sie hatten in Aschaffenburg
auch schon lange den politischen Führungsanspruch
abgeben müssen. Dies war nun auch visuell klargestellt.
Doch die Zeiten des Umbruchs waren bereits voll im Gange,
denn der Widerstand gegen das weltliche Machtstreben der
Kirche war bereits in vollem Gange und die Reformation auf
dem Weg. 200 Jahre später kam nach der Sekularisation,
welche die Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer
regelte, König Ludwig I. als neuer Herr an den Untermain.
Er lies 1840 gleich neben dem Schloss das Pompejanum
bauen. Zugegeben, im Vergleich zu Johannisburg wirkt
das nach außen hin nahezu fensterlose Gebäude auf mich
nicht gerade ästhetisch. Es zeugt eher von Desinteresse an
dieser schönen Region am Main. Dieser Eindruck auf mich
änderte sich auch nicht, nachdem ich wieder im Boot saß
und weiter den Main Flussabwärts weiterfuhr.
4 Seite
Routenübersicht Band 1
Zwischen Karwendel und Spessart
Band 2
Die Geschichte beginnt im Karwendel. Auf einer Mehrtageswanderung
durchquerten wir mit unseren Kindern das Gebirge von Ost
nach West. Anschließend erzähle ich über die Erlebnisse unserer
Zugspitzbesteigung, die über das Reintal erfolgte. Mit dem Rad
und im Schlauchkanadier erkundete ich die obere Isar, einem der
schönsten bayerischen Alpenflüsse, denn hier darf sie teilweise
noch frei fließen. Angenehm war das radeln auch an der Isar entlang
durch München. Auf dem Weg nach Deggendorf lernte ich dann eine
Auenlandschaft kennen, die ihresgleichen sucht. An der breiten
Donau ging es anschließend weiter bis nach Kehlheim. Mich beeindruckte
nicht nur der Donaudurchbruch bei Weltenburg, sondern
auch das untere Altmühltal. Dort faszinierten mich die steinzeitlichen
Pfahlbauten wie auch die trutzigen Burgen hoch über dem Fluss.
Die landschaftlich einmaligen Kulissen zeigten sich vom Rad aus
optimal. Über das liebliche Taubertal erreichten wir anschließend
den Spessart und den Main. Der Fluss schlängelt sich in endlosen
Schleifen durch das fränkische Schichtstufenland. Nun wird der Leser
erneut auf den Fluss gelockt, denn ich erzähle, was ich zwischen
Lohr und Wertheim beim paddeln erlebte. Am Ende des Buches sind
es aber die alten Eichen und Buchen des Spessarts, die zu einer
Wanderung in ein sagenhaftes Waldgebiet einladen.
Weitere Informationen und Bestelldaten unter:
www.raus-indienatur.de
290 Seite
Fürs Leben lernen
Wenn man draußen unterwegs ist, lernt man, nach dem
Motto „Hinterlasse nur deine Fußspuren“ zu leben, was
bedeutet, dass generell kein Abfall zurückgelassen
wird. Beim Wandern mit Rucksack lernt man aber auch,
mit minimalem Gepäck auszukommen. Denn je weniger
man rumschleppt, desto schneller kommt man vorwärts.
Im Laufe der Jahre lässt man immmer mehr Dinge zu
Hause, die auf der letzten Tour nicht gebraucht wurden.
Neben der Botschaft, dass wir unsere Naturräume zum
Überleben brauchen, war es das Hinterfragen vieler
unnötig gewordener Dinge, die wir im Leben mitschleppen.
Damit müssen wir unsere Kindern konfrontieren,
damit sie fürs Leben lernen. Denn unser Leben im
Überfl uss hat uns in die Sackgasse geführt. Im Grunde
müssen wir diese Fehlentwicklung in allen Lebensbereichen
überdenken, denn es hat uns in eine prekäre,
nahezu aussichtslose Position gebracht. Vor allem aber
müssen wir handeln!
Die Rede ist von der Klimakatastrophe, die obwohl seit
50 Jahren bekannt, von Politik als Klimawandel verharmlost
und seitens der Industrie wenn möglich totgeschwiegen
wird - bis zum heutigen Tag. Und ich frage mich, wie
wir mit dieser Schuld leben wollen, die wir durch unser
Nichtstun in dieser Sache auf uns geladen haben.
Daher lag mir noch ein weiteres Thema seit vielen
Jahren auf der Seele. Und mein Herz hat mich solange
gedrängelt, bis ich es endlich zu Papier gebracht hatte.
Warum auf einmal alles so schnell gehen soll
Seite 291
Unser Klima hat sich im Laufe der Evolution schon oft verändert. Doch seit der Industrialisierung wird
es vom Menschen aufgrund des steigenden Energieverbrauchs zunehmend beeinflusst, was zu einer
Erwärmung führt. Diese Klimaveränderung entsteht durch Treibhausgase, vor allem durch CO2, Methan
und Lachgas. Diese Gase reichern sich immer mehr in der Atmosphäre und in den Weltmeeren an und
erhitzen dabei unseren Planeten in ständig steigendem Maße. Doch warum erkennen und akzeptieren
wir diese Veränderungen nicht, obwohl die Meldungen über Hitzesommer, Waldbrände, Überflutungen
und Wirbelstürme immer mehr zunehmen?
Wie können kleine Teilchen wie das CO 2 , das wir weder sehen noch riechen können,
durch ihre Anreicherung in der Atmosphäre so große Auswirkungen hervorrufen?
Wissenschaftler trauen diesen Teilchen sogar zu, dass sie unseren Lebensraum auf der
Erde zerstören. Die genauen Zusammenhänge sind komplex, doch ständig werden wir
mit immer neuen Zahlen und Hiobsbotschaften bombardiert.
Dieses Büchlein ist der Versuch, die Auswirkungen unseres Handelns möglichst einfach
zu erklären. Denn es kann nur dann ein Umdenken stattfinden, wenn wir die Zusammenhänge
hinreichend verstehen.
Verständnis für diese Entwicklungen wird automatisch unser Handeln einfordern.
100 Seiten, die Sie unbedingt lesen sollten. Weitere Infos unter: www.schroepfer-net.de
292 Seite
Naturwunder als Netzwerk
Das neunbändige Werk zeigt, wie sich die Natur mit den ausgewiesenen Natura 2000 Gebieten
vernetzt. Dies wurde beispielhaft für die Region Franken dargestellt. Für einen besseren Schutz
wäre es jedoch nötig, dass in diesen Gebieten die Nutzung eingeschränkt oder ganz eingestellt
wird. Zumindest so lange, bis der Artenschwund gestoppt ist und sich die Natur wieder erholt hat.
www.naturwunderinfranken.de
Seite 293
Auf meinen Touren durch unsere Heimat lernte ich unsere Flüsse, viele Wälder, Wiesen und Felder
kennen. Gleichzeitig wurde ich dabei mit der steigenden Übernutzung unserer Lebensräume konfrontiert.
Die Flüsse, die als Wasserstraßen dienen, werden durch Querbauwerke alle paar Kilometer
zerschnitten. Dabei geht nicht nur ihre Ursprünglichkeit verloren, sondern langfristig auch das Leben
darin. Aber auch die Wälder haben wir zurückgedrängt. 50% unserer Landesfläche wird heute beackert
und die verbliebene Waldfläche immer intensiver genutzt. Dies hinterlässt jedoch tiefe Spuren
in der Natur, die zu einer extremen Ausdünnung der heimischen Artenvielfalt geführt hat. Wie lange
soll dieser Trend anhalten?
Natura2000 ist ein Versuch, eine Umkehr herbeizuführen, denn dort
soll die Nutzung solange zurückgefahren werden, bis das Artensterben
nicht mehr weiter geht. Ein Grund für mich, auf dieses Naturnetzwerk
aufmerksam zu machen und dies in Büchern zu publizieren.
Daraus entstand „Naturwunder in Franken“ (siehe oben)
Doch dieses Netzwerk Natura2000 funktioniert nur, wenn weitere
Großschutzgebiete entstehen würden, Die beste Möglichkeit dies
zu tun, ist das Einrichten weiterer Nationalparks in Deutschland.
Möglichkeiten für geeignete Flächen gibt es viele. Daher war für
mich auch klar, dass ich diese Gebiete aufsuche. Also machte ich
mich auf den Weg.
Die ersten Gebiete findest du unter:
www.derschatzvorunsererhaustuer.de
284 Seite
Impressum
Danksagung
Mein Dank gilt vor allem meiner Familie. Sie hat mir durch ihr Verständnis ermöglicht, dieses Buch zu schreiben,
auch wenn es zeitweise sicher nicht immer einfach war.
Zusätzlich möchte ich mich bei meinem treuen Lektor Herrn Wolfgang Weismantel bedanken.
Er hilft mir bei jedem neuen Buch, mit dem ich „um die Ecke komme“.
Quellen / Bildmaterial
Text und Bildmaterial stammt vom Buchautor.
Einige Bilder wurden von Kerstin, Jan und Lena gemacht.
Autor, Layout, Satz und Gestaltung / Herausgeber
Frank Schröpfer, Partenstein / Eigenverlag
Druck
Gmedien, Genheimer Druck GmbH, Lohr a. Main
Copyright
© 2020, Frank Schröpfer, Partenstein
Alle Rechte der Verbreitung, wie Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.
Seite 285
Über den Autor
Frank Schröpfer ist in Lohr a. Main geboren und seit seiner Kindheit im Spessart unterwegs. Mittlerweile ist er verheiratet und hat zwei Kinder.
Bereits mit 15 Jahren unternahm er mit Freunden und seinem ersten Fotoapparat mehrtägige Wanderungen durch seine Heimat, später auch durch andere Länder.
»Durch das Draußensein ist meine Liebe zur Natur entstanden, die einen festen Platz in meinem Herzen einnimmt.« So beschreibt Frank Schröpfer seine Grundeinstellung.
Dabei sieht er sich als Naturbeobachter, nicht als Experte. Und bis heute treibt ihn diese Leidenschaft oft mit dem Rucksack hinaus in die Natur. Dabei begleitet ihn meistens noch immer
die Familie. Im Laufe der Jahre ist so einiges an Bild- und Textmaterial entstanden, das er schrittweise in einzelnen Buchprojekten vorstellt. Der gelernte Elektrotechniker arbeitet seit
über 30 Jahren bei Bosch Rexroth. Zu seinen Plänen sagt er: „Es gibt noch vieles, was ich gerne fotografieren und aufschreiben würde. Ich möchte mit meiner Arbeit für mehr Naturschutz
werben und hoffe, dass viele meine Bücher lesen und dadurch den Schätzen unserer Heimat einen höheren Wert beimessen.«
Mit meinen Geschichten möchte ich Werbung für den sanften
Tourismus machen, denn wenn man per pedes die Heimat
erkundet, schont man Klima und Geldbeutel.
Gleichzeitig fördert es die Gesundheit und man lernt ganz
nebenbei auch noch die Natur kennen, die uns umgibt.
Dies führt dazu, dass wir sie wieder mehr schätzen.
Wenn wir dabei unsere Kinder mitnehmen, ist das pädagogisch
unschlagbar, da unsere Natur voller Überraschungen steckt und
sie dadurch viel fürs spätere Leben lernen. Die Natur ist der
Schatz vor unserer Haustür, den wir leider immer mehr verlieren.
Als Corona kam, wurde alles dicht gemacht.
Gleichzeitig fi ndet in der Gesellschaft ein Umdenken statt,
denn Aktivitäten im eigenen Land rückten wieder in den Fokus.
Wollen Sie mich ein Stück begleiten?
Die vorgestellten Touren führen durch ausgewählte
Naturlandschaften unserer Heimat.
Sie werden als Bildergeschichten erzählt
und sind in die drei Themenblöcke
Wandern, Paddeln und Radeln unterteilt.
Grafi ken und Übersichtskarten helfen dem Leser
den Routenverlauf nachzuvollziehen.
© 2010 Frank Schröpfer © 2019