Auf Burgunderpfaden - Band 3
Der Eselsweg ist der längste Fernwanderweg durch den Spessart. Er führt von Schlüchtern über den Spessart bis nach Miltenberg. Mit diesem Weg beginnt die Geschichte. Von dort aus geht es auf dem Nibelungenweg in westlicher Richtung bis nach Worms am Rhein und weiter über den Pfälzer Weinsteig, der herrliche Ausblicke auf das Hambacher Schloss und das dahinterliegende Rheintal bietet. Der Weg führt bis in das Herz des Pfälzer Waldes hinein, bis ins sagenhafte Felsenland bei Dahn. Eine Radtour von Breisach nach Worms war der Beginn einer neuen Liebelei mit den weitläufigen Rheinauen, deren Altarme ich mit dem Schlauchkanadier erkundet habe. Zwischen Breisach am Rhein und Donaueschingen liegen etwa 90 Kilometer, die quer über den Schwarzwald führen. Dazu geht es zunächst mit dem Rad hinauf auf 1055 Meter Höhe, um anschließend zum Titisee hinunter zu radeln. Heiße Bremsscheiben sind da vorprogrammiert. Wenn man vom Schwarzwald erzählt, darf eine Wanderung durch die Wutachschlucht nicht fehlen. Dann geht es am Donauradweg entlang. Das erste Teilstück gehört zu den landschaftlich eindrucksvollsten Strecken in Süddeutschland, denn die Kalkfelsen ragen rechts und links empor, da sich der Fluss hier tief durch das Gestein gearbeitet hat. Hautnah erleben kann man die Donau ebenfalls mit dem Kanu, zum Beispiel zwischen Beuron und Sigmaringen. Doch auch die Traufgänge bieten immer wieder überwältigende Ausblicke oft weit ins Schwabenland hinein. Am Ende des Buches führt eine Wanderung in die Allgäuer Berge. Sie gehören zu den Vielfältigsten der ganzen Alpen. Vor allem die Höhenwege, die dort von Hütte zu Hütte führen und Bergwanderungen von sieben bis zu zehn Tagen ermöglichen, ohne in bewohnte Täler absteigen zu müssen, sind unter Bergwanderern sehr beliebt. Insider sprechen daher gerne vom Schwabenhimmel.
Der Eselsweg ist der längste Fernwanderweg durch den Spessart. Er führt von Schlüchtern über den Spessart bis nach Miltenberg. Mit diesem Weg beginnt die Geschichte. Von dort aus geht es auf dem Nibelungenweg in westlicher Richtung bis nach Worms am Rhein und weiter über den Pfälzer Weinsteig, der herrliche Ausblicke auf das Hambacher Schloss und das dahinterliegende Rheintal bietet. Der Weg führt bis in das Herz des Pfälzer Waldes hinein, bis ins sagenhafte Felsenland bei Dahn. Eine Radtour von Breisach nach Worms war der Beginn einer neuen Liebelei mit den weitläufigen Rheinauen, deren Altarme ich mit dem Schlauchkanadier erkundet habe. Zwischen Breisach am Rhein und Donaueschingen liegen etwa 90 Kilometer, die quer über den Schwarzwald führen. Dazu geht es zunächst mit dem Rad hinauf auf 1055 Meter Höhe, um anschließend zum Titisee hinunter zu radeln. Heiße Bremsscheiben sind da vorprogrammiert. Wenn man vom Schwarzwald erzählt, darf eine Wanderung durch die Wutachschlucht nicht fehlen.
Dann geht es am Donauradweg entlang. Das erste Teilstück gehört zu den landschaftlich eindrucksvollsten Strecken in Süddeutschland, denn die Kalkfelsen ragen rechts und links empor, da sich der Fluss hier tief durch das Gestein gearbeitet hat. Hautnah erleben kann man die Donau ebenfalls mit dem Kanu, zum Beispiel zwischen Beuron und Sigmaringen. Doch auch die Traufgänge bieten immer wieder überwältigende Ausblicke oft weit ins Schwabenland hinein. Am Ende des Buches führt eine Wanderung in die Allgäuer Berge. Sie gehören zu den Vielfältigsten der ganzen Alpen. Vor allem die Höhenwege, die dort von Hütte zu Hütte führen und Bergwanderungen von sieben bis zu zehn Tagen ermöglichen, ohne in bewohnte Täler absteigen zu müssen, sind unter Bergwanderern sehr beliebt. Insider sprechen daher gerne vom Schwabenhimmel.
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Seite 1
Wer
Lange
Sitzt
Muss
Rosten
2 Seite
Der Weg ist das Ziel
Gutes Schuhwerk
an den Füßen ist die
Grundvoraussetzung
für angenehmes
Laufen in der Natur.
Je schwerer der
Rucksack, desto
besser muss der
Halt im Schuh sein.
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Der Weg ist das Ziel
Gutes Schuhwerk
an den Füßen ist die
Grundvoraussetzung
für angenehmes
Laufen in der Natur.
Je schwerer der
Rucksack, desto
besser muss der
Halt im Schuh sein.
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Wandern
Wandern ist Natur pur. In Zeitlupe schwebt sie an dir vorbei und fordert doch
all deine Sinne. Du realisierst das Singen der Vögel im Frühling, das Summen
der Bienen und den Duft der Blüten im Sommer, das Rascheln des Herbstlaubs
im Sturmwind und das Knistern der Blätter, das beim Aufsetzen deiner Füße
entsteht.
Du saugst das leise Nichts im Winter auf, wenn alles ruht und schläft.
Wenn nur das leise „Flupp“ zu vernehmen ist, das unter deinen Füßen entsteht,
wenn diese auf dem Schnee aufsetzen und ihn zerdrücken.
Die Kälte beißt sich in dein Gesicht und du spürst, wie sie mit dem
aufkommenden Wind zunimmt.
Du spürst bei Windstille die wärmenden Sonnenstrahlen auf der Haut,
du bleibst stehen und verschließt die Augen, wenn die Sonne schräg über dem
Horizont steht und dich für einen kurzen Moment zum Innehalten einlädt.
Wege mit großartigen
Ausblicken
findet man nicht nur
in den Alpen, auch
die Traufgänge auf
der Schwäbischen
Alb haben einiges zu
bieten. Auf diesen
Wegen zu wandern,
ist eine Naturerfahrung,
die man durch
nichts ersetzen
kann.
Wandern ist aber auch die Sehnsucht, jene alten Wege zu gehen,
die uns von der Zivilisation wegführen, fort von den Ablenkungen dieser schnelllebigen
Zeit hin zu Orten, die uns Ausblicke in endlose Weiten ermöglichen.
Orte, die uns die Möglichkeit geben, in die Tiefe unserer Seele hinein zu horchen.
Es sind magische Orte und es sind die Wege dorthin. Sie zwingen uns zum
Nachdenken nach dem wohin. Insofern ist Wandern Meditation, bei jedem
Schritt nach vorne. Wandern kann uns bis zum Rande unserer
bekannten Welt führen, bis zu einem Abgrund, an dem es nicht mehr
weitergeht.
Beim Wandern macht
es nichts aus, in
welche Richtung man
blickt, ob es am Mogen,
abends, mittags
oder mitten in der
Nacht ist. Die Natur
ist einfach immer da,
solange man läuft.
Man konzentriert sich
auf seinen Weg, denn
man möchte diese ganz
bestimmte Strecke
gehen, als wehte dort, wo
es einen hinzieht, eine
besondere Luft. Oft fühlt
man sich wie ein Jäger
aus einer längst vergessenen
Zeit.
Doch es ist nicht die Luft,
es ist das Leben, das
einem begegnet.
Im gleichen langsamen Tempo wie beim Wandern lassen sich die Wege auf dem Wasser erkunden.
Die Dynamik des Gewässers, seine Kälte und Strömungen, aber auch die Langsamkeit, mit der du dich
fortbewegst. Fließt der Fluss schneller, wirken vermehrt andere Eindrücke auf dich ein. Deine Sinne
fokusieren sich, weil du versuchst die Bewegung zu kontrollieren.
Auch mit dem Rad lässt sich ein Flusstal erkunden. Es ist eine weitere Möglichkeit, aktiv und gleichzeitig
umweltschonend unterwegs zu sein. Doch das Erlebnis ist ein ganz anderes.
Beim Paddeln steht das
Flusserlebnis im Vordergrund.
Nur so ist das Element Wasser
wie hier auf der Iller wirklich
spürbar.
Auch die Kraft, die ein Fluss
besitzt, lässt sich nur von demjenigen
nachempfinden, der sie
schon einmal erfahren durfte.
Egal ob beim Paddeln
gegen den Strom oder beim
Befahren einer schwierigen
Stelle.
Aktiv draußen unterwegs zu sein,
fordert uns, es vermittelt aber
gleichzeitig Zufriedenheit.
Beim Fahren im Gelände werden
alle Sinne gefordert, denn die Geschwindigkeit
muss ständig dem
Untergrund angepasst werden.
Doch je schneller du mit dem Rad
fährst oder je wilder ein Fluss ist,
der dich beim Paddeln umgiebt,
desto weniger Natur können deine
Sinne aufnehmen.
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Brotzeit an einem
schönen Plätzchen
auf dem Felsenland
Sagenweg im Pfälzer
Wald. „Waldbaden“
entspannt
und erzeugt ein
Gefühlserlebnis, das
aufgrund seiner positiven
Auswirkungen
auf unser Bewusstsein
und unsere
Gesundheit immer
mehr umworben
wird. Man erreicht
nach gelaufener
Strecke an solchen
Orten einen Zustand
der Zufriedenheit mit
sich und der Natur.
Nur einen Katzensprung
von Stuttgart
entfernt, Luftlinie sind
es 60 Kilometer, liegt
die Burg Hohenzollern
auf dem kegelförmigen
Zollerberg.
Vom gleichnamigen
Hohenzollernblick
östlich gegenüber
hat man bei schönem
Wetter einen herrlichen
Ausblick auf die
Burg und das Umland
am Nordwestrand der
Schwäbischen Alb.
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Wandern ist die älteste Art der Fortbewegung.
Du folgst einem Weg, zwischen den Bäumen
und Sträuchern hindurch. Sie sollten nicht zu
zahlreich sein, damit sie deinen Blick nicht
einengen. Auch der Boden sollte nicht zu üppig
bewachsen sein, damit deine Aufmerksamkeit nicht
von der Erde gefesselt wird.
Dir begegnet der Dunst, der dem Boden entströmt.
Du bist immer auf der Suche nach dem richtigen
Weg. Und während du läufst, merkst du,
das dies der Weg des Lebens sein muss.
Und immer hinterlässt du nur einen Fußabdruck,
mehr nicht.
Aktiv die Natur erleben.
Das heißt, sie in ihrer ganzen
Schönheit kennenzulernen.
Sie verbirgt sich hinter jeder
Ecke in unzähligen Details
und weckt unsere Neugierde.
Begleiten Sie uns eine Weile
und lassen Sie sich den Schatz
zeigen, der direkt vor unserer
Haustür liegt.
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01 Spessart 2
(Auf dem Eselsweg)
02 Odenwald 52
(Auf dem Nibelungenweg
07 Schwäbische Alb 346
(Zeller Horn und Wackerstein)
08 Allgäuer Hochalpen 370
(Unterwegs im Schwabenhimmel)
von Miltenberg nach Worms)
03 Auf in den Pfälzer Wald 114
(Von Worms nach Dahn)
(Felsenland Sagenweg)
04 Der Rhein und seine Auen 220
(Von Breisach nach Worms)
(Paddeln in den Rheinauen)
Routenübersicht 389
Mit Kindern unterwegs
Wandern 268
Paddeln 328
05 Schwarzwald 254
(Von Lenskirch nach Breisach)
(Durch die Wutachschlucht)
06 Obere Donau 292
(Radelspaß durch Kalkfelsen)
(Mit dem Boot auf der Donau)
2 Seite
Der Winter im Spessart
hat schon was. Leider
wird es immer wärmer
werden und somit
schrumpft in Zukunft
leider die Anzahl der
winterlichen Tage.
Zusätzlich leidet unser
Wald an Trockenheit,
wobei die Schäden
zunehmend sichtbarer
werden. Es wird daher
Zeit, unsere Nutzung
an die neuen Gegebenheiten
anzupassen.
Seite 3
Winter
Es gibt für mich nichts Schöneres, als durch den winterlichen Spessartwald zu
laufen. Vor allem wenn es geschneit hat und es durch den Schnee noch ruhiger im
Wald geworden ist. Schnee schluckt bekanntlich den Schall. Dann kann man gerade
zu die viel zu viel gewordenen Wildschweine am besten hören. Leider ist der Winter
aufgrund des Klimawandels immer mehr auf dem Rückzug. Das wird auch so bleiben,
denn die globalen Kohlendioxidemissionen sind ebenfalls weiterhin auf Rekordniveau.
So war auch meine geplante Winterwanderung auf dem Eselsweg nicht
durch ein weißes Kleid gesegnet, sondern sie war von dunklen grünbraunen Farben
geprägt. Schuld daran sind jedoch wir selbst, denn die Verursacher des Klimawandels
sind vor allem wir Menschen. Wir lassen das Ausschlachten in unserem Wald
seit Jahrzehnten zu, obwohl wir es doch besser wissen müssten. Gerade im Winter
werden wir draußen somit immer öfter Zeuge dieses Holzraubs durch meist große
Konzerne, dabei ist ein unberührter und verschneiter Winterwald doch so schön.
Trotz all der großen Probleme, die auf uns zukommen, bleibt zum Schluss ein kleiner
Wehrmutstropfen übrig, denn ohne Schneedecke werden Zeitzeugen im Wald
sichtbar, die gerade rund um Miltenberg vermehrt auftreten, aber lesen Sie selbst...
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Spessart
Der Spessart ist mit
seinen Laubmischwäldern
einzigartig
unter den deutschen
Mittelgebirgen.
Gerade im Winter,
wenn es frisch geschneit
hat, verzaubert
er uns immer
wieder aufs neue.
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Der Spessart war schon immer ein Zankapfel verschiedener Interessen. Die bayerischen Könige kamen zur
Jagd hierher und fröhnten ihrem Hobby in einem 11.000 ha großen und geschützten Wildpark. Dafür reduzierten
sie dort sogar die forstliche Nutzung. Ein Thema, das heute in manchen Köpfen für Entsetzen sorgt, wie
man in der Nationalparkdebatte erleben konnte. Einen kleinen Teil unseres Waldes in Ruhe lassen, wie kann
das sein? Doch hatte unser Wald nicht schon immer mehrere Funktionen? Wie gingen die Menschen und die
Obrigkeit früher mit unserem Wald um? Für den Mainzer Kurfürsten war der Wald um 1770 zum einen eine
Einnahmequelle beim Holzeinschlag, zum anderen benutzten die Fürsten ihn zur Repräsentation, vor allem bei
der Jagd. Ein jeder Fürst wollte den anderen mit glanzvollen Jagdfesten übertreffen. Die einfachen Leute
jedoch bangten um die wenigen Rechte, die man ihnen zugestand. Vielleicht rührt daher die Abneigung gegen
das „in Ruhe lassen“. Zwischen 1200 und 1500 wurden die Wälder schon einmal übernutzt. Holz war vor der
Steinkohle die Hauptenergiequelle und der Spessart musste einen starken Aderlass hinnehmen, er blutete
förmlich aus, wie man auf alten Kupferstichen deutlich sehen kann. Glasmacher, Schiffsbauer und später die
Eisenverhüttung gaben ihm den Rest. Erst durch die Entvölkerung nach dem 30-Jährigen Krieg konnte er sich
wieder langsam erholen.
Überaus spannend war auch die Zeit davor. Der Wald galt den Kelten und Germanen als heilig. Von den
Römern lernten sie ihn dann industriell zu nutzen. Sicher war man damit auch nicht immer einverstanden, denn
die Römer wollten nicht nur unsere Bäume, sondern ebenso den Boden darunter. Widerstand regte sich und
die Menschen zogen sich zum Kräftesammeln in den Wald zurück. Dort traf man sich in den heiligen Heinen
und schmiedete Pläne, wie man diese rücksichtslose Besatzung wieder los werden konnte. Opfersteine und
heilige Quellen zeugen noch immer von diesen Zeiten. Heute muss der Wald selbst Kraft sammeln. Dies müssen
wir erkennen und ihm dabei helfen, denn wir brauchen ihn dringender als wir es für möglich halten.
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Die Route
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Der Eselsweg ist der längste Fernwanderweg durch den Spessart. Er führt von Schlüchtern, im
hessischen Nordspessart gelegen, bis in den bayerischen Südspessart und endet in Großheubach
bei Miltenberg. Mit beachtlichen 111 Kilometern ist dies eine ganz besondere Nord-Süd-
Verbindung, die bereits im Frühmittelalter bestand. Urkundlich erwähnt ist der „Eselspfad“ jedoch
erst 1339. Man geht aber davon aus, dass dieser Weg durch den Spessart schon seit Jahrtausenden
genutzt wurde. Für den Handel bot sich der Weg geradezu an, denn er schlängelt sich
auf einem Höhenkamm mitten durch den Spessart. Gesichert ist zumindest, dass der Name
„Eselsweg“ von den Salzkarawanen herrührt, die im Mittelalter
das Salz der Salinen beim heutigen Bad Orb und Fulda auf
Eseln nach Miltenberg an den Main trugen.
Heute pflegt und markiert der Spessartbund diesen Fernwanderweg,
dessen Verlauf einer historischen Handelsroute folgt.
Der Höhenweg wartet nur mit gemäßigten Steigungen und
Gefällen auf und er verläuft auf der West-Ost-Wasserscheide des Spessarts. Somit bewegt er
sich fast durchgehend auf einer Höhe zwischen 400 und 500 Metern und berührt auf seiner 111
Kilometer langen Strecke nach Süden selten eine Ortschaft. Das bedeutet, dass man für Verpfl e-
gung und Übernachtung den Eselsweg verlassen musste. Dies trifft auch heute noch überwiegend
zu, da die Ortschaften alle im Tal liegen und bis zu drei Kilometer vom Wanderweg entfernt sind.
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Auf dem Eselsweg
Februar 2022
Der Miltenberger Talkessel ist außergewöhnlich, vor allem wenn man von einem der geschichtsträchtigen
Aussichtsberge auf ihn und die umliegenden Berge hinabschaut. So erblickt man vom
Engelberg aus den dominanten Greinberg im Süden, aber auch den Geißberg an der Grenze von
Unterfranken zu Hessen. Dort beginnt übergangslos der Odenwald.
Doch bevor ich von meinen Eindrücken auf den Spuren
der Nibelungen erzähle, möchte ich vom Spessart
berichten und einem ebenfalls sehr alten Weg einen
Besuch abstatten.
Meine Geschichte beginnt auf dem Eselsweg. Auf dieser
alten Fernstraße scheint man früher mit den grauen
Tieren viel unterwegs gewesen zu sein. Sie gelten zwar
als störrisch, doch gleichzeitig genügsam und arbeitswillig.
Auch Don Quijote soll auf einem geritten sein, als
er gegen die übermächtigen Windmühlen kämpfte, einer
Erzählung, die mir schon immer imponiert hat, denn
seine Geschichte ermutigt uns, es ihm gleichzutun.
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Der Eselsweg beginnt in Schlüchtern oder in Großheubach. Ich selbst bin ihn von Großheubach
aus in Richtung Norden gelaufen. Großheubach ist eine Ortschaft, die nahe
Miltenberg liegt, und ebenfalls schöne Fachwerkäuser im Ortskern besitzt. Zunächst
musste ich von dort aus die Engelsstufen der Engelbergstaffel, einem Prozessionsweg,
nach oben steigen und komme dabei ganz schön außer Puste. Doch oben am Kloster
habe ich einen fantastischen 180 Grad Rundblick über die unter mir liegende Mainschleife,
den Grainberg und den im Westen liegenden Odenwald. Weiter nach rechts den Main
aufwärtsblickend sieht man Laudenbach. Auch im Sommer war ich schon einmal hier
gewesen, denn man kann sich von hier oben gar nicht satt sehen.
Oben und links:
Prozessionsweg und
Wegbeschilderung auf
den Rühlesberg und der
steile Weg zum Hunnenstein
am Anfang des
Eselsweges
Ganz Links:
Auch im Sommer hat
man eine herrliche
Aussicht vom Kloster
Engelberg hinunter auf
den Main.
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Das Kloster Engelberg hat eine lange
Geschichte. Das älteste historische
Zeugnis für ein christliches Heiligtum
stammt aus dem Jahr 1406. Doch der
Ursprung dieses heiligen Berges geht
auf heidnische Zeiten zurück, denn
auf dem heutigen Rulesberg gibt es
ansehnliche felsblockartige Erhebungen
und eine schüsselartige
Vertiefung, die als Heunenschüssel
bezeichnet wird. Sie sind Zeugen
einer einstigen Wotans-Kultstätte und
dort will ich hin.
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Nach den vielen Stufen auf den Engelberg war endlich der Eselweg an der Reihe, wie
man ihn sich eigentlich vorstellt. Die Beschilderung musste ich nicht lange suchen.
Schnell fand ich das weiße Viereck mit dem schwarzen „E“ hinter dem Kloster. Von
dort ging es zunächst fl ach, dann aber wieder steil bergauf bis zur Heubacher Bergkuppe,
dem heutigen Rühlenberg mit 401 Metern Höhe nach oben.
Der traumhafte Pfad führte mich durch einen märchenhaften Jungwald mit vielen
moosbewachsenen Birken immer weiter nach oben. Zahlreiche Steinmanderl
schmückten immer wieder den Wegrand. An einem markanten Punkt, an dem der
Weg im 90-Gradwinkel nach links abknickt, zeigt ein Wegweiser hinüber zur Heuneschüssel.
Auf einem Schild laß ich, dass es sich um eine vorzeitliche Opferstelle
handeln würde. Davon hatte ich bereits gehört. „Da muss ich gleich mal hin“, dachte
ich. Gut gelaunt bog ich um die Ecke und folgte einem schmalen Pfad, der durch ein
Waldstück führte.
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Am Boden lagen viele Steinquader umher. Zusätzlich waren die Äste und Stämme
stark mit Moosen bewachsen, was mir sehr gut gefiel. Und plötzlich stand ich vor der
Heuneschüssel. Es war eine Art Sandsteintrog, dessen Form aus dem Stein gehauen
war. Über ihm wurden Stiere und Pferde geopfert, wobei das Blut der Opfertiere in
der Schüssel aufgefangen wurde. Das Opfer sollte Wotan besänftigen, so war es
zumindest auf einem Hinweisschild am Eselsweg zu lesen.
Der magische Ort mit den moosbewachsenen Bäumen befindet sich hoch über dem
Main und dürfte damals überregional bekannt gewesen sein. Ich war beeindruckt und
blieb ein paar Minuten hier, dann machte ich noch ein paar Fotos und lief anschließend
zurück, um dem schönen Waldpfad mit dem „E“ weiter zu folgen. Seit dem Kloster
war ich etwa eine halbe Stunde gelaufen und freute mich nun auf felsblockartige
Erhebungen am Wegrand, die ebenfalls zur Wotans-Kultstätte gehört haben sollen.
Die Heuneschüssel. In
diesem Sandsteintrog
wurden Stiere und Pferde
geopfert und das Blut in
der Schüssel aufgefangen.
Die Opfergabe war
Quellen zufolge für
Wotan bestimmt.
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Nun ging es weiter zum Hunnenstein. Der Weg war weiterhin zauberhaft. Immer mehr Steine waren zwischen den Bäumen verteilt.
Gehäuft lagen sie direkt am Hunnenstein. Eine gewisse Ähnlichkeit mit den Gesteinsformationen im Fichtelgebirge lässt sich nicht
verbergen, doch im Spessart sind solche Orte eher selten. Es war sicher ein Grund dafür, hier einen Heiligen Platz zu schaffen.
Vom Hunnenstein aus kann man weit ins Erftal hinüber schauen, nachdem man über eine in den Fels geschlagene Steintreppe
und den Holzaufbau emporgekraxelt ist. Links neben dem Erftal erhebt sich über Bürgstadt ein mächtiger Bergkegel, den eine
Ringwallanlage schmückt. Leider kann man sie von hier aus nicht sehen, doch einen Besuch ist sie allemal wert, denn die Toranlage
wurde sorgfältig restauriert. Sie kann als weiteres Ausflugsziel am Mainviereck besucht werden, wie ein Hinweisschild zeigt. Eine
weitere Ringwallanlage befi ndet sich auf dem Greinberg, von dem man einen ebenso schönen Blick auf die Meinschleife hat,
wie vom Engelsberg, zumindest im Winter, wenn kein Laub an den Ästen hängt. Auch der dortige Teutonenstein ist überregional
bekannt. Er weist auf einen Germanenstamm hin, der zwischen 113 und 101 v.Chr. zusammen mit den Kimbern und Ambronen von
Dänemark aus nach Süden zog und das römische Imperium in Angst und Schrecken versetzte. Mehrere hunderttausend Menschen
sollen es gewesen sein. Rekonstruktionen ihres damaligen Weges anhand von stattgefundenen Schlachten lassen vermuten, dass
Teile dieses Heerzugs auch das südlich des Mains gelegene Gebiet gestreift haben. Doch eine eindeutige Verbindung mit dem
Teutonenstein bleibt reine Vermutung. Der große germanische Heerzug endete grauenvoll. Denn nach anfänglichen Siegen über
römische Legionen wurden die Stämme schließlich von den Römern 102 bei Aquae Sextiae (Teutonen) und 101 bei Vercellae in der
Po-Ebene (Kimbern) nahezu vollständig ausgelöscht. Vielleicht haben sich kleinere Gruppen, darunter Alte, Kranke und Kinder auf
dem Weg nach Süden hier am schönen Main niedergelassen? Wer weiß.
Der Hunnenstein ist ein
beliebtes Ausfl ugsziel
vom Maintal aus. Er liegt
direkt am Eselsweg.
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Zunächst sah ich an einem Baum ein Schild mit der Aufschrift Saustall. Eine neue Schutzhütte
stand direkt daneben. Anschließend wunderte ich mich über ein Schild, das eine umzäunte Waldfläche
beschreibt. Hier testet man neue Bäume auf Klimatauglichkeit. Eine gute Idee, doch der
Klou ist, dass dafür lediglich eine Fläche von 30 x 30 Meter eingezäunt wurde. Ob das am Ende
aussagekräftig sein kann, frage ich mich. Ein weiteres Schild zeigte an, dass ich bald
an der Sohlhöhe vorbeikommen
würde. Das war ein guter
Hinweis, denn von dort ab kannte
ich den Eselsweg bereits von
einer früheren Wanderung. Doch
leider begann nun eine der vielen
Schotterstraßen, die ich gerne als
Waldautobahnen bezeichne. Ich
lief ein letztes Mal an einer schönen
alten Eiche und an einem
kleinen Waldsee vorbei, doch
danach traf mich der Schlag.
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Die Bilder rechts, die ich auf den nächsten Kilometern
auf dem Eselsweg machte, sprechen für sich.
Kerzengerade ging es nun dahin, das Laufen wurde zur
langweiligen Prozedur, denn Fichtenforste sind nicht
nur artenärmer als Laubwälder, sie bieten dem Wanderer
auch keinerlei Abwechslung. Angestrengt suchten
meine Augen zwischen den Baumreihen, die wie Soldatenformationen
in Reih und Glied aneinanderstehen,
nach Besonderheiten. Dabei machten sich traurige
Gedanken über die Zukunft unserer Wälder in meinem
Kopf breit. Wie soll es auch anders sein. Das Ablaufen
von Forststraßen macht eben nur wenig Spaß.
Wie schön war doch der Weg bis gerade eben noch
gewesen, als ich durch die abwechslungsreiche
Vegetation auf einem schmalen Pfad hindurchlief, das
Auge immer angestrengt zwischen Boden und Geäst
wechselnd, ab und an Steinmanderl zählen und den
Baumläufern dabei zusehen, wie sie fl ink spiralförmig
um die Bäume fl itzen. Doch hier war noch nicht einmal
ein Eichelhäher zu hören, warum auch, Eicheln gibt es
hier ja auch keine.
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Waldeinblicke, bei denen
man nur den Kopf
schütteln kann.
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Doch was ich anschließend nach dem „Saustall“ erlebte,
machte diesem Namen alle Ehre, denn dort begegnete
ich einer mondlandschaftartigen Waldwüste, wie man sie
immer öfter im Spessart sieht. „Da nützt auch das Hinweisschild
Buchdrucker nichts“, dachte ich bei mir, denn
das Problem liegt wohl eher an den großflächig angelegten
Fichtenforsten, die sich bis zum Horizont hinziehen
und dem Käfer einen gedeckten Tisch servieren. Sie sind
Zeugen fehlgeleiteter Walbaumaßnahmen in den letzten
50 Jahren. Damals 1972 wurde die Meadows-Studie
mit dem Bestseller des Club of Rome „Grenzen des
Wachstums“ publiziert, das den Niedergang der Fichte in
unseren Wäldern aufgrund der damals schon vorausgesagten
Klimaerwärmung ankündigte.
Aber das wollte man nicht hören. Zu lukrativ war
doch der Profi t mit diesem „Brotbaum Fichte“ in der
Vergangenheit gewesen, denn sie verspricht in etwa
den doppelten Holzzuwachs gegenüber heimischen
Laubhölzern. Das war schon ein gewichtiges Argument
und seit Beginn der Aufforstungen im Zuge des steigenden
Holzverbrauchs aufgrund der Industrialisierung war
auch alles gut gegangen. Von einer Klimaerwärmung
wollte und sollte man nichts höhren. Doch was nun?
20 Seite
Großfl ächig werden alte
Laubwaldbestände
eingeschlagen und
entlang des Eselsweges
abtransportiert.
Seite 21
Den Altbuchenbestand auf der gegenüberliegenden
Seite hat man vorsichtshalber gleich mit ausgedünnt.
Von heutigen Waldbaupraktiken tief enttäuscht und
traurig laufe ich die Waldautobahn in schnellen Schritten
weiter in Richtung Sohlhöhe. Oft wenn ich im Wald
unterwegs bin, sehe ich, dass etwa sieben Kilometer
nach Siedlungen der Waldfrefel erst so richtig beginnt.
Der Sonntagsspaziergänger soll eben nicht alles sehen,
was dort so geschieht.
Der Name Sohlhöhe, der hier eine Waldabteilung kennzeichnet,
war mir von Partenstein bereits bekannt, denn
mein Hausberg dort heißt ebenso. Schnurstrax geht es
weiter dahin, doch die Forststraßen abzulaufen, das
macht nicht lange Spaß und so war ich froh, als ich die
Weggabelung erreicht hatte, an der nun eine alte Geschichte
beginnt, die ich im Anschluss erzählen werde,
doch dazu ist ein Zeitsprung in das Jahr 1989 nötig.
Ich selbst kehrte an dieser Stelle um und lief nach
Großheubach zurück.
22 Seite
Anstieg zum Eselsweg
von Reistenhausen-
Fechenbach aus.
Seite 23
Es war im Dezember 1989, als wir am Bahnhof Reistenhausen-Fechenbach ausstiegen.
Udo, Gaby, Bernd, Karina, Frank, Kerstin und ich waren trotz des diesigen
Wetters bestens gelaunt, wie das eben so ist in jungen Jahren. Wir waren damals
17,19 und 20 Jahre alt und unternahmen regelmäßig an Ostern, Pfingsten und in
den Herbstferien Dreitagestouren durch den Spessart. Wir waren regelrecht süchtig
geworden, mit viel Gepäck durch den Spessart zu laufen. Doch im Winter, das sollte
etwas Neues sein. Bis zuletzt hatten wir auf Schnee gehofft, doch leider verließ uns
das Glück. Bereits die Vorbereitungen waren spannend gewesen. Schon Wochen davor
wurden Ausrüstungspläne geschmiedet, welche Jacke, welcher Fleece, welchen
Schlafsack wir mitnehmen sollten. Kocher und „Fressalien“, wie es bei uns damals
so schön hieß, an alles sollte gedacht werden. Die Krönung waren jedoch die Überlegungen
von Frank gewesen. BW-Parka ohne Winterfell, das hatte er noch schnell
vor der Wanderung herausgeknöpft und ohne Zelt natürlich. Wir waren damals eifrige
Leser von Rüdiger Nehbergs „Letz fetz“ gewesen, einem Buch, in dem er die Kunst
zu Überleben beschreibt. Frank hatte augenscheinlich alles ziemlich wörtlich genommen
und speckte seine Ausrüstung dementsprechend ab. Gut, unser Vorbild war uns
logischerweise um Längen voraus, doch wir waren jung und lernfähig.
Wir verließen den Bahnhof und hinter dem Ort ging es auf dem Zeilweg gleich steil
bergauf. Am Waldrand angelangt, suchten wir das Weinpfädle, auf dem wir in den
Wald hineinspazierten, bis wir die Anhöhe und den Eselsweg erreicht hatten. Dabei
kamen wir das erste Mal ins Schwitzen, denn auf unseren Rücken hatten wir schwer
geladene Rucksäcke geschultert. So eine Wanderung im Winter mit Zeltübernachtung
verlangt gute Ausrüstung. Bis auf unseren Frank, der diesbezüglich wie bereits
gesagt, eine etwas andere Auffassung vertrat. Auf dem Eselsweg angekommen,
machten wir eine kleine Rast.
24 Seite
Wintercamping am
Hundsrücker Hof
Seite 25
Wir folgten dem Eselsweg, der uns um das Naturschutzgebiet
Aubachtal zur 441 Meter hohen Heidenplatte und weiter zur Dreifaltigkeitslärche
führte. Den ganzen Tages liefen wir durch einen
geschlossenen Spessartwald und die Kälte kroch dreist unter unsere
Jacken. Hinter dem Dammberg ging es ein letztes Mal bergab und wir
stießen kurz vor dem Hundsrückkopf auf den Hasenstabsweg, der von
hier aus zum Gasthaus Heppe hinüberführt und bis zum Kreuztor dem
Verlauf des Eselsweges folgt.
Den Hasenstabsweg habe ich bereits in meinem zweiten Buch „Raus
in die Natur- zwischen Karwendel und Spessart“ ausführlich beschrieben.
Auch die Bilder sind dort ansehnlicher, denn sie stammen aus
dem Jahr 2020 und es war Spätsommer gewesen. Doch ich wollte
dem Leser auch diese Geschichte nicht vorenthalten, auch wenn sie
schon über 20 Jahre her ist.
1989 erreichten wir nach stramm gelaufenen 15 Kilometern die
einladende Wiese hinter der Gaststätte am Hundsrücker Hof. Nach
dem Zeltaufbau auf der Wiese hinter dem Haus, rückten wir in die
Gaststätte ein. Es gab damals Bembel oder Äppelwoi, wie man so
schön in Hessen sagt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass
wir an diesem Abend recht tief ins Glas geschaut hatten. Aufgeheitert
wankten wir am Ende des Tages bereits im Dunkeln auf die
gegenüberliegende Wiese zu unseren Zelten, das heißt zu drei Zelten
und einem Biwack, denn wie bereits gesagt hatte mein Namensvetter
Frank seine eigenen Ansichten zum Zelten. Er biwakierte lieber unter
einem Poncho, aber davon später mehr.
26 Seite
Am nächsten Morgen starteten wir wie gewohnt bereits
früh in den Tag. Es gab Tee und Nutellabrote, die wir
aufgrund der Kälte schnell zu uns nahmen. Alleine
das Schmieren der Brote ist bei Temperaturen um
den Gefrierpunkt nicht so einfach. Es sind dann eher
Nutellascheiben, die man auf das Brot legt. Anschließend
verstauten wir die feuchten Zelte im Rucksack
und liefen los. Die erste Herausforderung bot sich an
der Schneckenhöhe, die mit 509 Metern angegeben
ist. Unsere schweren Rucksäcke sorgten dafür, dass
es uns oben angekommen warm geworden war. Nun
ging es wieder hinab zum Kreuztor und anschließend
auf gleichbleibender Höhe von etwa 500 Metern hinauf
zum Jagdschloss Rohrbrunn. Wir kehrten dem Lärm der
nahen Autobahn aber gleich wieder den Rücken, denn
anschließend starteten wir weiter in östliche Richtung
hinab in den Essiggrund.
An der dortigen Hütte waren wir schon einmal in den
Osternferien gewesen und auch auf unserer Hasenstabstour
kamen wir dort vorbei. Ich muss zugeben, dass
die Hütte, die idyllisch im Essiggrund liegt, wesentlich
einladender wirkt, wenn sie umrahmt vom Sommerkleid
der Eichen und Buchen, wie es bereits im Band zwei
sehr schön zu sehen ist, hinter den Bäumen auftaucht.
Der Essiggrund verläuft von dort aus durch einen eng gewordenen
Taleinschnitt in nördliche Richtung weiter. Wir
verließen das Tal in Richtung Nordwesten und stapften
hinauf zum Echterspfahl.
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Der Name „Echterspfahl“, den auch die gleichnamige
Gaststätte trägt, geht auf eine Sage zurück. Ein Pfahl
soll demnach ein Treff- bzw. Trennungspunkt der drei
Ritterbrüder aus der Familie der Echter gewesen sein.
Sie kamen aus dem nicht weit entfernten Odenwald
aus dem Schloss zu Weckbach. Truppen des Kaisers
Barbarossa verfolgten die drei Brüder, doch diese
zogen sich in den Spessart zurück und siedelten sich
nach ihrer Trennung am besagten „Echterspfahl“ an
drei verschiedenen Orten an. Von Zeit zu Zeit trafen sie
sich an diesem bescheidenen Ort zu Besprechungen
und banden ihre Pferde an einem Pfahl fest, der mit
drei Metallringen versehen war. Die drei Ringe sollen
auch der Ursprung für das Wappen der Familie Echter
gewesen sein, das diese in einem blauen Schild mit
einem weißen, schrägen Balken zeigt.
Damals war die Gaststätte noch offen. Ich kann mich
an den Abend noch sehr gut erinnern, denn wir hatten erneut
eine Menge Spaß. Manche Sprüche, die an jenem
Abend gefallen sind, werden noch heute erzählt. Doch
an der Stelle möchte ich noch ein wenig über Franks
Biwaklager berichten, das er auch an diesem Abend aufbaute.
Nachdem wir angekommen waren, machte er sich
zunächst auf die Suche nach zwei passenden Stöcken
für die Mittelabspannung. Bis er sich diese aus einem
Haselnussstrauch zurechtgeschnitzt hatte, waren wir
bereits mit dem Zeltaufbau fertig. Amüsiert schauten wir
dem weiteren Aufbauprozess zu. Noch heute sehe ich
ihn vor mir, wie er mit den Haselruten herumhantierte.
In der Nacht wurde es dann bitterkalt, wie das Bild vom
nächsten Morgen deutlich zeigt.
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Am Echterspfahl wurden
wir durch Raureif und
zweistellige Minusgrade
überrascht.
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Vorbeikommende Spaziergänger wunderten sich über unser hartnäckiges Verweilen
trotz eisiger Temperaturen und sie fragten, ob das nicht vielleicht zu kalt zum
Übernachten wäre? Doch auch hier hatte Frank wieder einen Spruch parat und er
meinte: „Naja, ein wenig frisch vielleicht“. Wir bogen uns vor lachen, denn immer
wenn er dabei war, wurde es automatisch lustig. Er war für außergewöhnliche
Taten immer zur Stelle und platzierte dabei seine berüchtigten Sprüche.
Jahre später verstarb Frank unverschuldet mit seiner Freundin bei einem Autounfall,
aber seine Eigenart und seine spektakulären Taten werden immer in unseren
Gedanken weiterleben.
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Auf der ganzen Wanderung ließ Frank keine Gelegenheit
aus diverse Dinge zu testen. Sei es, ob ein Ast
ihn hielt, oder wie unten, das dünne Eis, das einen
Waldtümpel überzog. Wir liefen über die Höhen des
Eselsweges weiter bis zu den Hirschhörnern, dann ging
es steil bergab hinunter zum Bahnhof nach Heigenbrücken.
Damals lag dieser noch neben dem Schwarzkopftunnel
und mit dem Blick hinauf auf den Schwarzkopf
endete im Dezember 1989 unsere schöne Dreitagestour
durch den Spessart, die ich nie vergessen werde.
Von der Weibersbrunner Höhe ging es nach der Autobahnüberquerung
am Hirschschlag wieder hinein in den
Spessartwald. Lang zog sich der Weg über die Hirschale
um den Hirschkopf herum und weiter zur Eselshöhe.
Hier kreuzt der Eselsweg den Spessartweg 1, den ich
im Band eins bereits beschrieben habe. Anschließend
liefen wir hinab und querten den Autobahnzubringer,
der an den Sieben Wegen auf die B26 trifft. Wir folgten
dem Eselsweg nun rechts der Straße bis zum Wegkreuz
der sieben Wege. Danach ging es wieder hinauf
auf den Böshornkopf und weiter über den Hetzberg
hinüber zum Schwarzkopf. Dabei bewegten wir uns
immer zwischen 400 und 500 Meter über N.N.
Hinter dem Schwarzkopf erreichten wir den Pollasch.
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32 Jahre und zwei Monate später war ich wieder vor
Ort. Von Heigenbrücken aus lief ich den steilen Pfad
hinauf, wobei ich mich auf dem Spessartweg 2 befand.
Oben angekommen folgte ich dem „E“ bis hinüber zum
Pollasch. Dort wollte ich ein weiteres Mal die Aussicht
genießen, die man über Laufach und Aschaffenburg
bis nach Mainaschaff hat. Bei schönem Wetter soll man
sogar bis hinüber an den Mainzer Berg bei Dieburg
schauen können. Ich brauche für die Strecke nur wenige
Minuten, doch der Ausblick ist umso schöner.
32 Seite
Vom Pollasch aus kann
man eine der schönsten
Weitsichten im ganzen
Spessart genießen.
Der Ort ist ebenso eine
Gedenkstätte des
Spessartbundes.
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Der Ausblick vom
Pollasch reicht über
Aschaffenburg hinaus bis
zum 44 km entfernten
Mainzer Berg bei
Dieburg. Das Aschaffenburger
Schloss, das
hinter dem Schafberg
liegt, kann man von hier
aus nur erahnen. Doch
wenn man dem Spessartweg
auf die Bergkuppe
weiter folgt, kann
man ebenso weit nach
Osten schauen, wobei
mit etwas Übung
zwischen den beiden
Hochspannungsmasten
sogar die Sohlhöhe am
Ostrand des Spessarts
erkennbar ist.
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Zurück an den Hirschhörnern angekommen, traf ich auf
die „Alte Straße“, die von Hain nach Heigenbrücken
führte und hier den Eselsweg kreuzt. Heute ist sie als
Spessartweg 2 ausgezeichnet wobei der Eselsweg, den
ich weiterlaufen wollte, nach Nordwesten abknickt.
Ich überquerte die Straße und erreichte bald eine Kirrung.
Die vielen Schwarzwildspuren verraten, dass hier
mächtig angefüttert wird. Schräg gegenüber befi ndet
sich ein doppelter Niedersitz, wobei die Fahrspuren
direkt an die kurze Dreisprossenleiter heranreichen.
Effizienz lässt grüßen. Hinter dem Schießstand erhebt
sich der kahlgeschlagene Falkenberg und ich muss an
eingezäunten Kiefern, die etwa mannshoch emporragen,
entlanglaufen. Einen Vorteil hat der kahle Bergrücken
jedoch, man kann von hier aus trotz dem mäßigen
Wetter an diesem Tag weit hinüber auf den östlichen
Spessart schauen.
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Auf dem Bergrücken angekommen, schweift mein Blick
über die vor mir liegende lichte Fläche. Dabei saß ich
auf einer Holzbank, die von den Staatsforsten gespendet
wurde. Der Bezug zur Holznutzung war somit eindeutig
hergestellt. Zu meinem Glück wanderte ich anschließend
wieder in den Wald hinein.
Ein schöner Weg lag nun vor mir, wie ich ihn mir immer
wünsche. Ich lief auf einem schmalen Pfad, der unter
Blättern verborgen lag, doch sein Verlauf war immer noch
erkennbar. Leider war nach sieben Minuten der Pfad
bereits wieder zu Ende und ich bewegte mich erneut auf
einer Schotterstraße, die zur Andreas Berbig-Schutzhütte
führte. Am Efflingsberg angelangt wurde der Weg wieder
schöner. Von hier ab lief ich nun weiter über die Eselshöhe
durch herrlichsten Buchenwald bis hinüber zum
Streitplatz, den ich nach fünf Kilometern erreicht hatte.
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Der Streitpalatz ist ein markantes und weitläufiges
Wegkreuz. Es befindet sich auf einem Bergsattel, wobei
die Wege von dort aus in viele Richtungen weisen. Von
Seilauf und Laufach bis zum Engländer ist alles dabei.
Das traf sich gut, denn da musste ich hin. Vor mir lagen
nun noch drei Kilometer, die ich zu laufen hatte.
Ich folgte somit weiterhin dem schönen Waldweg mit
dem „E“ etwa anderthalb Kilometer. Der Rest war leider
wieder Schotterpiste. Bezeichnend sind für den Eselsweg
die teilweise kerzengeraden Wegabschnitte, auf denen
man weit den Streckenverlauf überblicken kann.
So sah ich auch bald die Teerstraße, neben der ich die
letzten Meter bis zum Engländer laufen musste.
Nach knappen zehn Kilometern schwang ich mich bei
kühlen sechs Grad Lufttemperatur auf mein Klapprad und
fuhr nach Heigenbrücken zurück.
Moutainbiker sollen nicht
überall fahren. Absperrungen,
wie hier durch
die bayerischen Staatsforsten
geschehen,
versperren ihnen
die Weiterfahrt.
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Eine Woche später startete ich erneut bei herrlichstem Wetter
aber frischen drei Grad Celsius am Engländer um auf dem
Eselsweg weiterzulaufen. Zunächst führte eine sanfte Schleife
um den Hochkopf herum leicht bergauf, doch dann bewegte ich
mich, wie es typisch für diesen Weg ist, zwischen 450 und 550
Höhenmetern auf einem Höhenkamm entlang. Die Sonne schien
schräg durch die alten Fichten und ich wanderte nun um den
Spindelberg. Die Sturmschäden der letzten Tage hielten sich
hier sehr in Grenzen, nur vereinzelt lagen kleinere Äste auf dem
Boden. Fasziniert war ich jedoch vom frischen Grün der Moose,
die mir aufgrund des Niederschlages der letzten Nacht nun in der
Morgensonne entgegenleuchteten. Der noch schöne Waldweg
ging anschließend leicht bergab, doch bald wurde ich durch
zunehmende Matschspuren immer öfter behindert.
Die größeren Wasserlachen, die überwiegend von Holzrückearbeiten
stammen mussten, bremsten mein Fortkommen
zusätzlich. Erst nach einer geschlagenen halben Stunde hatte
ich mich endlich an das andere Ende der Durchforstung vorgekämpft,
doch wie ein Wunder empfing mich bereits nach wenigen
Metern hinter den letzten Harvesterspuren ein herrlicher, von
schwachen Grassoden umrahmter Waldpfad. So hatte ich mir
den Eselsweg im Winter eigentlich vorgestellt. Ich spazierte nun
wieder durch die Säulenhallen der Altbuchen während mich das
schallende Hämmern eines Spechtes und der zarte Gesang der
Meisen begleitete. Vom Enländer waren es etwa 18 Kilometer
zum Dr. Kihn-Platz, der auf der Grenze zwischen Bayern und
Hessen liegt. Dort trifft der Eselsweg auf die ebenso bekannte
wie alte Birkenheiner Straße. Ich konnte mich an den Ort mit der
Schutzhütte noch gut erinnern. Mit meinem Freund Udo hatte ich
dort 1987 bei eisigen zweistelligen Temperaturen biwakiert.
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Sanft windet sich der
Eselsweg durch den
Spessart.
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Der Wanderer trifft auf
mächtige Säulenhallen aus
Altbuchen, die am Rande
des Eselsweges stehen.
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Vorher und nachher.
Holzeinschlag im
Spessart.
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Einen halben Kilometer vor dem Lärchenberg ist
der schöne Eselsweg endgültig zu Ende. Wanderer
werden mit einem weiß-roten Trassband auf die
kerzengerade Schotterstraße umgeleitet.
Da die Waldarbeiten an diesem Tage ruhten,
schaute ich mir das geschlagene Holz, das Kreuz
und quer auf dem alten Abzweig des Eselsweges
lag, einmal näher an. Sturmschäden konnte ich
nicht erkennen, es handelte sich vielmehr um frisch
geschnittene gut 100- jährige Fichten, die da vor mir
lagen. Auch Borkenkäferschäden, die gut an den geschädigten
Rinden und den Spuren am Baumstumpf
zu erkennen sind, konnte ich keine feststellen. Die
alten Prachtkerle waren kerngesund.
42 Seite
Vor dem Lärchenberg ging es nun rechts ab und ich
folgte dem Eselsweg entlang einer der vielen Schotterstraßen,
die unseren schönen Wald aufdringlich wie ein
dichtes Spinnennetz durchziehen. Direkt an der Straße
machte ich ab und an ein Bild. Gesunder Spessartwald
sieht anders aus, dachte ich beim Druck auf den
Auslöser.
Nach einer Weile hatte ich einen großen kreisrunden
Holzabfuhrplatz direkt neben der Teerstraße erreicht.
Sie ist quasi der neue Eselsweg, der auch nach tausend
Jahren noch dem Gütertransport dient.
Ich lief auf zwei rote Doppelachsanhänger zu, die hier
abgestellt waren. Noch während ich ein Bild machte,
kam ein Lastwagen mit voller Ladung auf mich zu. In
wenigen Minuten hatte der Fahrer mit seinem Kran das
Langholz vom Zugfahrzeug aus auf einen der Anhänger
abgeladen.
Abtransport riesiger
Mengen wertvoller
Hölzer über den
„neuen Eselsweg“.
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Auf dem Eselsweg
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Ich hatte vom Holzaufl adeplatz aus noch etwa 20 Minuten zu laufen und tauchte ein
letztes Mal an diesem Tag in den schönen Spessart ein. Da waren sie wieder. Herrliche
Buchenstämme überragten mich und drangen bis hoch in den Himmel vor.
Ich schaute noch ein paar Mal in das herrliche Blau über
mir, doch bald hatte ich mein Klapprad erreicht, das unversehrt
hinter einem Baum stand. Auf dem Rückweg fuhr
ich daher wenige Minuten später an dem Verladeplatz vorbei,
doch der LKW war bereits weg. So schnell geht also
der Abtransport über den neuen Eselsweg auf die Autobahn,
dachte ich mir. Und somit waren die massiven Baumstämme
„aus den Augen, aus dem Sinn“, wie es so schön
heißt, denn innerhalb kürzester Zeit sah man nur noch
Reifenspuren auf diesem Drehplatz, als sei nichts gewesen.
Ich genoss noch für ein paar Minuten die herrlichen Sonnenstrahlen und dachte am
Auto angekommen bereits an die nächste kleine Wanderung, die mich zu jenem Ort
führen sollte, an dem meine Wintertouren durch den Spessart vor vielen Jahren begannen.
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Die Kronen eines
hoch aufwärtsragenden
Altbaumbestandes
gruppieren sich
vor dem blauen
Himmel.
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An einem leicht bewölkten Morgen startete
ich bei minus zwei Grad in Wiesen zu
meiner vorläufi g letzten Etappe auf dem
Eselsweg. Über den Dr.-Kihn-Platz ging es
diesmal zum Wiesbüttsee. Doch zunächst
lief ich von Wiesen aus über den Kreuzweg
hinauf zur Kreuzkapelle. Dabei fi el mir der
tief eingegebene alte Hohlweg gleich neben
der heutigen Teerstraße auf.
Oben an der Kreuzkapelle angekommen lief
ich noch kurz zum Wegkreuz „Eselshöhe“
und kehrte dann zur Kreuzkapelle, die direkt
am Eselsweg liegt, zurück. Der bis zu
sieben Meter tief eingegrabene Hohlweg
ging mir dabei nicht aus dem Sinn, denn
Wiesen, das keinen Kilometer vom
Eselsweg entfernt liegt, musste aufgrund
der aussagekräftigen Spuren eine größere
Bedeutung gehabt haben. War Wiesen die
ursprüngliche Fuhrmannssiedlung gewesen
und nicht Frammersbach? Zumindest deutet
auch die Ortsbezeichnung „Wisun“ aus dem
Jahre 1057 auf ein hohes Alter des Ortes
hin, ebenso wie Lohrhaupten, das 1057
durch den Burggrafen von Mainz bzw. dem
Aschaffenburger Stift Alexander gegründet
wurde. Der alte Hohlweg als Zubringer zum
Eselsweg würde zumindest dafür sprechen,
dass Frammersbach mit seiner ersten
Erwähnung aus dem Jahr 1314 wesentlich
jünger ist. Könnte Frammersbach gar aus
einem Wiesener Ableger entstanden sein?
Na das wäre ja ein Unding für unsere
Nachbarn :-). Ich lief auf der Wiesener Höhe
entlang und schaute über weitläufi ge
Felder, die einen guten Ertrag abzuwerfen
scheinen, ein weiterer Hinweis, der für eine
frühe Besiedlung spricht.
48 Seite
Nach der halben Strecke
zum Dr.-Kihn-Platz
tauchte ich wieder in den
Wald ein und erreichte
dort eine etwas seltsame
Wegkreuzung, die an eine
Überholspur auf der
Autobahn erinnert. Schon
komisch, denn bereits im
Mittelalter trafen sich hier
mitten im Wald die
einstigen Autobahnen E, B
und D, wie im Bild ganz
rechts zu sehen ist. Auch
dieser Platz liegt gerade
einmal zweieinhalb
Kilometer von Wiesen
entfernt.
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Ich wanderte nun weiter auf dieser mittelalterlichen Autobahn entlang und traf dabei auf schönsten Eichen-Buchen
Mischwald. Bald erreichte ich eine Kreuzung, an der sich mein E vom D trennte, welcher hinunter zur nahen Lahnquelle
führt. Noch 200 Meter bis zum Dr.-Kihn-Platz. Dieser Platz hat seinen Namen von Dr. Karl Kihn, der 1913 den
Spessartbund aus der Taufe holte und dem Spessartverein selbst zwischen 1920 und 1925 vorstand. Vor allem aber
gilt er als „Spessartvater“, da er die alten Wege wie den Eselsweg wieder bekannt machte. Den Platz schmückt heute
ein Ehrenmal und eine Schutzhütte. Zusätzlich informiert ein Hinweisschild, dass man sich hier mitten auf der Grenze
zwischen Bayern und Hessen befi ndet, von der eine 1.000 Jährige Grenzbeschreibung des Spessarts und somit die
älteste zwischen den einstigen Territorien Kurmainzer Oberstift Aschaffenburg und Landgrafschaft Hanau zeugt.
So war es auf einer Hinweistafel zu lesen. Vom Dr.-Kihn-Platz über den Wisbüttsee bis hin zur heutigen B276 über
Flörsbach verlaufen E und B paralell. Somit wird klar, das derjenige, der das Land in unmittelbarer Nähe der mittelalterlichen
Autobahnkreuze beherrschte, auch den logistischen Part übernehmen und so den Nutzen daraus ziehen
konnte. Der Handel in der ganzen Region war somit nutzbar und in diesem Zusammenhang muss wohl auch der
Aufstieg der Ur-Rienecker letztlich gesehen werden. Es ist dieser Schnittpunkt der Nord-Südachse zwischen Miltenberg
nach Schlüchtern in Richtung Fulda mit der Ost-West Achse der Birkenheiner zwischen Hanau und Gemünden
bzw. weiter nach Würzburg, der im Frühmittelalter so wichtig war. Die weitreichenden Auswirkungen erklären auch
die Verflechtungen zwischen Mainz, Hanau und Isenburg hier im nördlichen Spessart und letztlich auch Stationen,
die mitten im Wald entstanden, wie etwa das Kloster Elisabethenzell, das die Rienecker zwischen der Bayerischen
Schanz und Gemünden errichteten.
Nach einer kurzen Pause am Kihn-Platz wanderte ich nun auf diesen mittelalterlichen Autobahnen die gleichzeitig
Landesgrenzen sind, weiter bis zum Wiesbüttsee. Rechts und links ragten nun hohe Fichten und Tannen empor. Sie
ließen die blattlosen Laubwaldbereiche dazwischen nahezu mickrig erscheinen. Zum Glück war hier die Schotterstraße
von einem grünen Mittelstreifen überwachsen, was nur bedeuten konnte, dass hier schon lange kein Einschlag
mehr vorgenommen wurde. Das bezeugten auch die hohen Nadelbäume über mir. Sanft gaben nun die Grasmatten
unter meinen Füßen nach und durch das angenehme Laufen bemerkte ich gar nicht, dass ich schon fast den Parkplatz
des Wiesbüttsees erreicht hatte. Dort stand mein Klapprad, mit dem ich anschließend zurück nach Wiesen fuhr.
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Der Spessart mit seinen
alten Eichen und Buchen
kann eine lange
Kulturgeschichte
erzählen, doch heute
benötigt er im Zuge des
Klimawandels einen
besseren Schutz.
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Odenwald
Auf dem Nibelungenweg
trifft man auf schöne
Buchen und Eichen, oft
aber auch auf Kiefern,
die auf sandigen Böden
stehen.
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Der Odenwald ist ein Mittelgebirge, das sich zwischen Südhessen, Bayern und dem nördlichen
Baden-Württemberg befindet. Auf einer Länge von etwa 65 Kilometern erheben sich zwischen
Darmstadt und Wiesloch die Bergflanken des Odenwaldes, die bis zu einer Höhe von 626 Metern
aufsteigen. Als nördlichste Grenze wird die B 26 bei Darmstadt angegeben, im Osten bildet das
Maintal auf 33 Kilometer Länge von Großwallstadt bis Bürgstadt die Grenzlinie zum Spessart. Im
Westen stößt er an den Kraichgau und im Süden reicht der sogenannte Kleine Odenwald über
den Neckar hinaus. Aus geologischer Sicht bildet er zusammen mit dem Spessart sowie mit den
Landschaften Büdinger Wald und Südrhön eine Einheit, die naturräumlich als Großregion Odenwald,
Spessart und Südrhön zusammengefasst wird. Der Odenwald gliedert sich in den Sandstein-Odenwald
und den Vorderen Odenwald mit kristallinen Gesteinsschichten.
Bei Miltenberg, wo der Main nach einer 90 Gradschleife in Richtung Aschaffenburg weiterfließt,
endet der Spessart und beginnt der Odenwald. Doch wie sehr gleichen sich diese beiden Waldgebiete?
Von oben aus gesehen könnte man glauben, der Main würde durch ein zusammenhängendes
Waldgebiet mäandern. Auf unserer Wanderung erkannten wir aber, dass sich die beiden Wälder
doch oft unterscheiden, nicht nur in der Vegetation. Gleichzeitig wurden wir viele Male Zeugen
unserer eigenen Vergangenheit. Wir waren also gespannt, welche neuen Eindrücke uns im Odenwald
erwarten würden. Gespannt wanderten wir einen sanften Anstieg nach oben und gleichzeitig
großen Baumriesen entgegen.
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Die Route
Die beschriebene Route führte uns von Miltenberg aus in westlicher Richtung bis nach
Worms am Rhein. Dabei folgten wir überwiegend dem Nibelungenweg, der zwischen
Wertheim am Main und Donnersberg in der Pfalz eine 145 Kilometer lange Strecke
verbindet. Bevor ich aber von einer Radtour am Rhein entlang erzähle, die von
Breisach nach Worms führt, berichte ich von einem
ebenso schönen Weg, der mich mitten in das Herz
des Pfälzer Waldes führen sollte. Doch nun der
Reihe nach.
Der Nibelungenweg schlängelt sich durch den
Odenwald zunächst nach Michelstadt. Auf diesen
guten 25 Kilometern waren etwa 800 Höhenmeter
im Auf- und knapp 900 im Abstieg zu bewältigen. Anschließend führten mich 40 Kilometer
nach Auerbach, mit 1.400 Höhenmetern aufwärts und 1.300 Höhenmetern
abwärts. Für die letzen 27 Kilometer nach Worms waren dann nur noch leichte
100 Höhenmeter zu bewältigen.
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Auf dem Nibelungenweg
Mai 2017
Wir starteten in Miltenberg, einer Stadt am Main mit einer alten Geschichte. Bereits vor der Zeitenwende
war dieser Ort, an dem der Main seinen Verlauf nach Norden ändert und der zwischen
Odenwald und Spessart liegt, von großer Bedeutung. Mächtige Ringwälle auf dem Greinberg,
südlich der Stadt, aber auch auf dem Bürgstadter Berg zeugen heute noch davon.
Bereits für die Römer war Miltenberg von Bedeutung
gewesen. Sie hatten um 155 n.Chr. den Ort und die
Umgebung in ihren „vorderen Limes“ integriert. Damit
war für die folgenden zwei Jahrhunderte das Kastell Miltenberg-Altstadt
ein strategischer Grenzpunkt zwischen
Römischem Reich und dem freien Germanien.
Im späteren Mittelalter entwicklete sich im Schutz der
Miltenburg die Stadt Miltenberg. Noch heute sind mittelalterliche
Sehenswürdigkeiten wie das „Schnatterloch“
oder das „Gasthaus zum Rießen“ beliebte Anlaufpunkte
für Ausfl üge. Das historische Gasthaus zum Beispiel
wurde bereits im 12. Jahrhundert urkundlich erwähnt.
1314 soll sich dort Ludwig der Bayer aufgehalten
haben.
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Selbst Karl IV. war im Februar 1368 acht Tage lang hier
einquartiert. Auf unserem Weg aus der Altstadt überragen
stattliche Brückentore weit sichtbar den Main. Sie
zeugen, neben vielen anderen geschichtsträchtigen
Bauwerken, von Miltenbergs lange zurückreichender
Bedeutung.
Nach der Überquerung der Mud, einem Bächlein das
hier aus südlicher Richtung kommend in den Main mündet,
führt der Nibelungenweg über Felder und teilweise
am Waldrand nach Rüdenau.
Rechter Hand, etwa vier Kilometer entfernt, überragt
das Kloster Engelberg auf einem Bergsporn den Main,
und strahlt mit seiner weißen Farbe, die sich vom grün
der Umgebung deutlich abhebt, zu uns herüber. Die
Anlage liegt auf dem Eselsweg, von dem ich bereits
erzählt habe.
Hinter dem Ortskern von Rüdenau folgten wir dem
Nibelungenweg, der heute als Vierländerweg mit einem
gelben Kreis auf weißem Grund ausgezeichnet ist, über
eine nach Westen ansteigende Feldlandschaft, die zu
den ersten Ausläufern des Odenwaldes zählt.
Ein Wegweiser aus Holz zeigte uns, dass nicht alle
Wege nach Rom führen. Kerstin, die mich auf dieser
Teilstrecke begleitete, fand das Schild, das in beide
Richtungen nach Rüdenau zeigte, besonders lustig.
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Streuobstwiesen ermöglichen
den Blick zurück ins Maintal.
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Von hier oben hatten wir noch einmal einen schönen
Blick zurück ins Maintal und auf Teile Miltenbergs. Auch
der Bürgstadter Berg ist im Hintergrund noch zu sehen.
Danach tauchten wir in die Kühle des Waldes ein. Eine
Holzbrücke, die auf dem Weg lag, gefi el uns ganz besonders,
wobei die gut sichtbare Markierung uns zeigte,
dass wir auf dem richtigen Weg waren.
Es war ein angenehmes Gefühl, entlang der schattigen
Pfade zu wandern, denn die Sonne brannte endlich
nicht mehr auf den Hinterkopf. Lediglich ein laues
Lüftchen wehte uns um die Nase. An einer Schutzhütte
machten wir eine kurze Trinkpause. Wir hatten den
ersten Höhenrücken erreicht, der uns geradewegs
in Richtung Westen immer weiter in den Odenwald
hineinführte.
60 Seite
Reizvoll führt der Nibelungenweg
durch den sommergrünen
Odenwald.
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Der gemächliche Anstieg bis zum 419 Meter hoch
gelegenen Geißberg ließ sich im Schatten angenehm
laufen. Besonders hatten uns die schmalen Waldwege
auf dieser Teilstrecke gefallen. Sie ziehen sich gemächlich
unter Kiefernbäumen dahin. Das Zirpen der Grillen
begleitete uns und der angenehme Kiefernduft war
immer wieder schubweise riechbar.
Es war ein südliches Flair zu spüren. Man könnte sich
vorstellen, in den Pinienwäldern an Kroatiens Küste zu
sein. Zusätzlich breiteten sich zwischen den Kiefern
rechts und links des Weges großflächige Heidelbeerplatten
aus. Die Heidelbeere wächst als Halbschattenpflanze
gerne in bodensaueren und nährstoffarmen
Laub- und Nadelwäldern, vor allem Kiefernwälder
scheint sie gerne zu mögen. Die Pflanze ist in unseren
Mittelgebirgen bis hoch in die nordischen Zonen Eurasiens
weit verbreitet.
62 Seite
Auf unserem weiteren Weg an den westlichen Hängen
des Geißberges bis hinab zur Geyersmühle dominierten
die Kiefern. Zwischendurch konnten wir immer
wieder schöne Ausblicke hinunter in das Ohrenbachtal
genießen.
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Idyllisch liegt die Geyersmühle im stillen Ohrenbachtal.
Umrahmt wird sie von steil abfallenden Odenwaldhängen.
Die gegenüberliegende Golfanlage zeigte uns,
dass nicht nur fl eißige Wanderer diesen schönen Ort
aufsuchen.
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Einsame Täler wie das
Ohrenbachtal sind beliebte
Ausfl ugsziele für Wanderer.
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Danach verließen wir die Geyersmühle und mussten
zunächst ein kurzes Stück auf der Teerstraße zurücklegen.
Der Wärmeunterschied zum vorherigen Waldweg,
der unter einem geschlossenem Baumkronendach
verlief, wurde uns nun deutlich vor Augen geführt. Am
gegenüberliegenden Hang ging es aber zum Glück
wieder hinein in den Wald bis hinauf nach Vielbrunn,
wo wir neben einem alten Brunnen rasteten.
Wo früher die Frauen ihre Wäsche waschen mussten,
lädt heute eine Wassertretanlage zum kurzen Verweilen
ein. Wir genossen die Abkühlung, denn anschließend
führte uns der Weg über ausgedehnte Felder hinweg, bis
wir an die Limesgrenze gelangten. Hier querten wir den
ehemaligen Grenzwall, der durch einen wiederhergestellten
Wachturm bereits von weitem gut zu erkennen war.
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Die nächste Etappe führte uns nach Weitengesäss.
Dabei tauchten wir erneut in ein traumhaftes Odenwaldtal
ein.
Unter einer schattigen Eiche sitzend, blickten wir über
die Wiesenflächen, die sich schräg gegenüber vor
unseren Füßen ausweiteten und genossen dabei einen
Apfel aus unserem Rucksack.
Anschließend ging es wieder hinauf nach Weitengesäss
und dahinter über den Vierländerweg erneut bergan.
Zum Glück spendete uns eine Galerie aus Eichen und
Buchen ein wenig Schatten, zumindest so lange, bis
wir die Weitengesäßer Höhe erreicht hatten. Bei diesen
Temperaturen galt es um die Mittagszeit der Sonne
aus dem Weg zu gehen. Wir freuten uns daher sehr
darüber, dass uns die letzten Kilometer hinunter nach
Michelstadt wieder durch den Wald führen sollten.
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Auf dem Weg unter den Bäumen begleiteten uns Buchfi nken mit ihrem
Gesang bis hinab nach Michelstadt. Zufrieden liefen wir unserem
Tagesziel entgegen.
Bald tauchten die ersten Häuser von Michelstadt auf. In den Gassen
der Altstadt war es gefühlte zehn Grad wärmer als voher im Wald.
Daher freuten wir uns, dass wir unser Etappenziel erreicht hatten.
Mit einem kühlen Spagettieis ließen wir es uns im Schatten der
Altstadt gut gehen. Dabei saßen wir in unmittelbarer Nähe unserer
heutigen Bleibe dem Hotel „Drei Hasen“, das mit seiner schmucken
Ausenfassade sehr einladend aussah.
68 Seite
Das Zentrum von Michelstadt beeindruckt durch seinen
mittelalterlichen Kern und stellt vor allem bei schönem
Wetter eine Augenweide für den Besucher dar. Neben
Brunnenanlagen und ausreichend vorhandenen Sitzgelegenheiten
bewunderten wir vor allem die zahlreichen
Fachwerkhäuser. Gerade an sonnenreichen Tagen
heben sich die massiven dunklen Holzkonstruktionen
vom hellen Blau des Himmels deutlich ab.
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Links ist das alte Rathaus zu sehen. Der stilvolle
Fachwerkbau liegt im Zentrum der Altstadt. Das offene
Erdgeschoss mit den mächtigen Eichenpfosten schindet
mächtig Eindruck und spendet an heißen Sommertagen
ausgiebig Schatten. Auf der Westseite wird das Obergeschoss
von hohen, spitzen Erkertürmchen fl ankiert
und an einem der nördlichen Pfosten fanden wir das
Entstehungsjahr des Bauwerks. 1484 war dort zu lesen.
Auch in unserer heutigen Unterkunft staunten wir nicht
schlecht, als wir ein großes Gemälde des Gelehrten
Einhard in unserem Zimmer vorfanden. Gleich machten
wir uns an die Onlinerecherche, um die Hintergründe
zu diesem ritterlichen Kunstwerk, das dominant neben
unserem Doppelbett thronte, zu erfahren. Dass wir über
die abgebildete Persönlichkeit am folgenden Tag noch
mehr erfahren würden, war kein Zufall.
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Die Altstadt von Michelstadt
ist eine Augenweide.
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Am Abend schauten wir uns die Altstadt ausgiebig
an. Bummeln war angesagt. Neben dem alten
Rathaus mit seinen zwei Türmchen, das wir bereits
kannten, erkundeten wir anschließend den Stadtgraben
mit seiner gut erhaltenen mittelalterlichen
Stadtmauer.
Anschließend sorgte das Brauhaus und der Grüne
Baum für unser leibliches Wohl. Hinter den mittelalterlichem
Fachwerkgebäuden ging nun langsam
die Sonne unter, doch in den windstillen Ecken der
Altstadt hielten sich die angenehmen Temperaturen
noch lange und wir konnten diesen perfekten
Frühsommertag gemütlich ausklingen lassen.
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Nach einem perfekten Frühstück starteten wir in den
Tag und liefen zunächst in den Stadtteil Steinbach.
Dort angekommen betrachteten wir eine alte Basilika.
Der Erbauer war dieselbe Person, mit der wir schon die
letzte Nacht verbringen druften.
Einhard war ein um 770 im Maingau geborener und 840
im Seligenstädter Kloster Obermulinheim begrabener
fränkischer Gelehrter und Autor der „Vita Karoli Magni“.
Diese Biografie Karls des Großen ist aufgrund ihres eleganten
Sprachstils unter Geschichtskennern bekannt.
Einhard gehörte weiterhin zur Hofschule Karl des
Großen, war Ratgeber Ludwig des Frommen und erhielt
zum Dank für seine Leistungen im Jahr 815 die Mark
Michelstadt zum Geschenk. An Stelle der bereits vorhandenen
Holzkirche errichtete er in der Folgezeit eine
Basilika aus Stein. Jetzt wurde uns auch klar, warum
dieses Bild in unserem Zimmer gehangen hatte.
Steil ging es hinter der Basilika unter strahlender
Morgensonne der ersten Anhöhe entgegen. Dabei
kamen wir das erste Mal ins Schwitzen. Immer wieder
verleitete uns das schöne Frühsommerwetter, den Blick
zurück auf Michelstadt zu richten. Je höher wir über
den Steinbacher Ortsteil hinauskamen, umso idyllischer
wirkte das Städtchen, das zentral im Odenwald liegt.
Am Waldrand angekommen, bog unser Weg links ab
und angenehm ging es nun im Schatten weiter zur
Einhardquelle. Leider öffnete sich der Wald bald wieder,
doch dafür konnten wir über die intensiv bewirtschafteten
Felder blicken, die sich jetzt links und rechts des
Nibelungenwegs bis hinüber in die Dörfer des Brombachtales
hintereinanderreihten.
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Nach einer kurzen Strecke durch reinen, wenig spektakulären
Fichtenwald, geht es bald rechter Hand um den
Morsberg herum und anschließend wieder bergab.
Noch einmal wird ein Ausblick zwischen den umliegenden
Bäumen frei. Wir stehen direkt am Abhang und
können dabei bis hinauf nach Fränkisch Crumbach
blicken, einem Ort, der seinen Ursprung im heute hessischen
Odenwald verrät. Anschließend liefen wir zügig
weiter in das Örtchen Beerfurth hinab.
Eine Richtungsänderung um 90 Grad führte direkt zur
Russeneiche. Der Uralt-Solitärbaum stand neben dem
Weg im freien Feld. Danach tangierten wir kurz die Nibelungenstraße,
die hier parallel zum Wanderweg ebenfalls
in Richtung Reichelsheim führt. Etliche Male wurden wir
von herrlichen Aussichtspunkten empfangen, die hier in
nördliche Richtung über Klingsbach die Geländeformen
des Odenwaldes sichtbar machen.
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Wald und Felder wechseln sich
auf unserem Weg durch den
Odenwald immer wieder ab.
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Wir folgten anschließend unserem gelben Quadrat,
liefen durch Wiesen und Felder, bis wir Schloss Reichenberg
erreicht hatten. Dort tauchten wir ein letztes
Mal in den sommerlichen Odenwald ein und wurden
bald von den Kinderstimmen aus dem nahen Reichelsheimer
Schwimmbad empfangen.
Dort endete der erste Teil unseres Weges, auf dem
einst der Volksstamm der Burgunder nach Worms
gekommen war. Noch heute trägt der Vier-Länder-Weg
im Volksmund seinen ursprünglichen Namen, es ist der
Weg der Nibelungen.
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Zwei Jahre später war ich nach Reichelsheim zurückgekehrt,
um den Spuren der Nibelungen weiter
in Richtung Westen bis nach Worms zu folgen. Nach
einer verkehrsreichen Anfahrt über die B26, die Lohr mit
Darmstadt verbindet, verließ ich genervt die Bundesstraße,
um in südliche Richtung weiter nach Bensheim
zu fahren. Dort parkte ich mein Auto und erreichte
gerade noch den Bus um 10.10 Uhr, der mich in das
etwa 23 Kilometer entfernte Reichelsheim brachte. Die
Busanfahrt entlang der Nibelungenstraße führte mitten
durch den schönen hügeligen Odenwald. Entspannt
schaute ich dabei aus dem Fenster.
In der „Drachenstadt Linde“ bewunderte ich die schmucke
Burg Lindenfels, die über der „Perle des Odenwaldes“
thront. Über Serbentinen ging es hinter Linde
durch felsige Waldlandschaften bergab.
In Reichelsheim angekommen traf mich die Hitze wie
ein Schlag, als ich aus dem Bus ausstieg und nach der
ersten „Vier-Länder-Weg“-Markierung suchte.
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Zunächst ging es dann bergauf und ich konnte noch
einmal zurück auf Schloß Reichenberg schauen, dorthin
wo vor zwei Jahren unsere erste Etappe endete.
Ich lief ein Stück an Wiesen und Feldern vorbei. Dabei
freute ich mich bereits auf den schattigen Odenwald,
der vor mir auftauchte.
Endlich konnte ich eine längere Strecke laufen, denn
ich war alleine unterwegs. Ich versuche daher meine
Aufmerksamkeit noch mehr in Richtung Natur zu lenken,
hörte den Meisen und Buchfi nken zu, die fortwährend
in mein Ohr zwitscherten. Ein letztes Mal blickte
ich zurück in Richtung Reichelsheim. Ich machte ein
paar Fotos und tauchte anschließend in den Wald ein.
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Das frische Grün des Odenwaldes und der blaue
Himmel über mir sorgten für gute Laune. Langsam beruhigte
sich auch mein Puls nach dem ersten Aufstieg.
Ich blieb stehen, hielt inne und holte bewusst tief Luft.
Ich spürte dabei, wie meine Gedanken immer klarer
wurden, wie sie sich auf die bevorstehende Strecke
einstimmten und freute mich, endlich wieder draußen
unterwegs zu sein.
Noch war das Zusammenspiel zwischen den Daten auf
der Karte und der real zurückgelegten Strecke etwas
holprig, doch nach einer halben Stunde hatte sich alles
wieder so eingespielt, dass ich zufrieden vorwärts
drängte und dabei spürte, dass dies meine Welt war.
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Ich liebe das Laufen in einer neuen Region,
doch gleichzeitig mag ich es gar nicht, wenn
ich mich verlaufe, selbst wenn dies nur wenige
hundert Meter sind. Leider passiert es vor
allem am Anfang einer Wanderung immer mal
wieder. Mal sieht man eine Abzweigung nicht
rechtzeitig, so wie an diesem Tag.
Kurz nachdem ich die Höhe nach Laudenau
hinter mich gebraucht hatte, machte der markierte
Weg auf der Karte einen scharfen Knick
nach rechts, den ich beim Laufen jedoch
prompt verfehlt hatte und das bereits nach
zwei Kilometern Strecke.
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Doch bereits nach 50 Metern bemerkte ich, dass ich
falsch gelaufen war und kehrte um. „Das fängt ja gut
an“, dachte ich und ging auf den richtigen Weg zurück.
Nun stimmten Karte und Orientierungspunkte wieder
überein. Auch die innere Ruhe stellte sich schnell
wieder ein.
Noch ein letztes Mal konnte ich zurück auf Schloß Reichenberg
schauen, dann verschwand der Ort endgültig
hinter der wellenförmigen Odenwaldlandschaft und dem
dichten Blätterdach saftiggrüner Bäume. Nach wenigen
Minuten machte mein Weg einen weiteren Knick,
diesmal jedoch nach links. Doch nach dem vorherigen
Fehler war meine Aufmerksamkeit zu 100% auf Karte
und Gelände fi xiert. Ich wanderte nun auf eine Häusergruppe
zu, die sich auf der Karte Freiheit nannte.
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Eine Wiese nach der Mahd.
Nichts kann herrlicher
duften.
Während mein Blick in
die Ferne über die Hügel
des Odenwaldes streifte,
summten unzählige
Insekten vor mir über die
abgemähten Stoppel.
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Über einen Höhenrücken führte
mich der „Vier-Länder-Weg“
hinunter zum Ort „Freiheit“.
Kornblumen schmücken
den Rand eines
Getreidefeldes.
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Ein schöner Erdweg breitete sich nach der kleinen
Ortschaft „Freiheit“ vor meinen Füßen aus. Auf ihm ging
es steil hinauf auf den nächsten Höhenzug des Odenwaldes.
Rechts tauchten plötzlich die ersten größeren
Steine am Waldboden auf. Meine Aufmerksamkeit galt
jedoch dem schönen Weg, der immer weiter in den
Wald hineinführte und ich entdeckte weitere Steinhaufen,
die sich angenehm in die Landschaft einfügten.
Sie warteten nur darauf fotografi ert zu werden.
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Schöne Steinformationen
tauchen entlang des
Nibelungenweges immer
wieder auf.
Auf dem Höhenweg zum
Kaiserturm wurde ich von
hellgrünem Bodenbewuchs
geradezu geblendet.
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Nachdem ich auf dem nächsten Höhenkamm angekommen
war, führte mich die gelbe Rechteck-Markierung
weiter nach Westen direkt auf eine Weggabelung zu.
Ein Zaunpfahl zeigte mir die verschiedenen Routen
der Wege, die sich hier kreuzten. Das ist ja die reinste
Autobahn, dachte ich.
Ein Wegweiser zeigte mir an einem gegenüberliegenden
Baum die Richtung zu meinem nächsten Ziel an,
dem Kaiserturm. Doch vorher kam ich noch an der
Gersprenzquelle vorbei, wie mir ein Hinweisschild
verriet. Ich konnte den Namen kaum aussprechen,
machte aber im seitlichen Gebüsch eine interessante
Beobachtung.
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Eine Bank lädt an der
Gersprenzquelle zum
verweilen ein.
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Ein Fuchs hatte vor mir die Quelle besucht. Nachdem
er mich bemerkt hatte, ist er hinter einem Gebüsch in
Deckung gegangen. Dort wartete er nun ab, doch als
ich ihm zu nah gekommen war, suchte er schnell das
Weite. Im Augenwinkel konnte ich noch seinen buschigen
Schwanz und die Silhouette des Tieres erkennen,
doch für einen schnellen Griff zu meinem Fotoapparat
hat es nicht gereicht. „Schade“, sagte ich leise vor mich
her, aber wenigstens hatte ich ihn bemerkt.
Auf einem Hinweisschild waren die Gersprenzquelle
und der spätere Bach Gersprenz näher beschrieben.
Er fließt durch Reichelsheim, meinen Startpunkt, später
auch durch Dieburg und Babenhausen und mündet
nach 62 Kilometer nahe Stockstadt in den Main. Die Bedeutung
des Baches für die Region hat man durch eine
schön gestaltete Sitzgruppe an der Quelle und das seit
1952 unter Naturschutz stehende Umfeld gewürdigt. Ich
nahm einen Schluck aus der Quelle und schlenderte
anschließend weiter in Richtung Kaiserturm weiter.
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Am Kaiserturm im Odenwald.
Der Turm ist ein 34 Meter hohes
Mauerwerk, das sich auf
605 Meter Höhe befindet.
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Die Anfänge des Turmes gehen bis in das Dreikaiserjahr
1888 zurück. Damals ließ die Ortsgruppe Darmstadt
des Odenwaldklubs durch Adam Fleischman auf
der Neunkircher Höhe einen 24 Meter hohen Holzturm
als Aussichtsturm erbauen. Er wurde zur Erinnerung an
Kaiser Wilhelm I. als Kaiserturm bezeichnet.
Der heutige Turm ist ein 34 Meter hoher, gemauerter
Steinbau, der sich auf 605 Metern Höhe befindet. Im
Turm selbst fi ndet man „die höchstgelegene Wirtschaft“
des Odenwaldes. Doch leider war sie an diesem Tag
geschlossen. Ich verließ den Ort und passierte anschließend
schöne Felsformationen und Baumstümpfe
mit Spechthöhlen auf dem weiteren Weg hinab ins Tal.
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Auf meinem Weg dorthin erreichte ich bald den
Waldrand und über die Wiesen blickend sah ich Gadernheim.
Das Gezwitscher der Buchfi nken, das mich
durch die herrliche Waldstrecke begleitet hatte, hörte
ich leider nur noch von fern. Es war bereits Nachmittag,
als ich durch den Ort wanderte und daher hielt ich
Ausschau nach einem Biergarten oder etwas änlichem.
Zehn Kilometer hatte ich bereits hinter mich gebracht
und hätte eine kleine Stärkung vertragen können.
Doch leider stand ich vor verschlossenen Türen. Auch
Nachfragen brachte keinen Erfolg und ich musste mit
knurrendem Magen weiterlaufen. Nach einem Schluck
aus meiner Trinkfl asche ging es nun wieder bergauf
und ich erreiche erneut einen schönen Aussichtspunkt.
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Nach der Anhöhe westlich von
Gadernheim geht es bis nach
Bensheim fast nur noch bergab
und der Wald weicht immer
mehr Wiesen und Feldern.
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Der Abstieg ins Lautertal
führte mich an einer markanten
Felsformation vorbei, dem
Hohenstein. Die gelbe Markierung
und das „N“ zeigten
mir, dass ich mich auf dem
richtigen Weg befand.
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Nicht weit vom Hohenstein entfernt, stieß ich auf eine
kleine Schutzhütte. Sie liegt idyllisch am Waldrand und
wird halb durch eine mächtige Eiche verdeckt. Ich ging
den stufig angelegten Zugang zur Hütte hinauf und genoss
von der Holzbank aus die schöne Aussicht hinunter
nach Reichenbach. Dort wollte ich mich erneut nach
etwas Essbarem umschauen, denn mein Magen meldete
sich seit Gadernheim in immer kürzeren Abständen.
In Reichenbach angekommen, fiel mir eine Metzgerei
ins Auge und die hatte es in sich. Ich wurde bestens
umsorgt und erhielt abschließend auch noch einen Apfel
als Geschenk. „Jeden Tag eine gute Tat“, war die Anwort
auf mein Dankeschön. Verwundert und gleichzeitig begeistert
von dieser tollen Geste nahm ich den anschließenden
Aufstieg beherzt unter die Sohlen.
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Den Aufstieg zum Teufelsstein musste ich in der
Hitze des Nachmittags auf mich nehmen und er war
schweißtreibend. Nach dem Fotografi eren schöner
Kornblumen suchte ich erst einmal den Schatten auf einer
naheliegenden Bank auf und beobachtete, wie eine
Goldammer ein großes grünes Heupferd erbeutete. Es
sah so aus, als wollte der Vogel mit dem Insekt spielen.
Doch nach einigen Sekunden hatte die Ammer das
Heupferd im Schnabel und fl og davon. Wahrscheinlich
werden die Jungen bereits hungrig warten, dachte ich.
Anschließend machte ich mich wieder auf den Weg und
passierte einen großen Steinbruch. Nicht weit dahinter
lag das Ehrenmal am Teufelsstein und dort machte ich
eine weitere seltene Beobachtung.
Ein großer Schillerfalter, der
eine Spannweite von bis zu
70 Millimetern erreichen kann,
stach mit seinen blau schimmernden
Flügeln aus dem
grauen Schotter heraus und
fi el mir direkt ins Auge.
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„Baum des Lebens“ - ein Friedmal
für Europa. Diese Gedenkstätte
für Frieden und Freiheit
etwa einen Kilometer hinter
dem Ehrenmal am Teufelsstein
beeindruckte mich nicht nur
wegen der weiten Aussicht.
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Mein gewählter „Vier-Länder-Weg“ ist auf einem Teil
der Strecke mit dem Europäischen Fernwanderweg E8,
der über 4.300 Kilometer von Irland quer durch Europa
bis fast ans Schwarze Meer führt, deckungsgleich.
Seine Bedeutung wollte man 2010 mit diesem Mahnmal
hervorheben.
Ich saß nach dem Lesen der Informationstafeln auf der
Bank, genoss die Aussicht und dachte lange über den
soeben gelesenen Inhalt nach. Man kann für ein Mahnmal,
das für Leben in Frieden wirbt, keinen schöneren
Ort finden.
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Bereits von Weitem ist das
Auerbacher Schloss mit seinen
Rundtürmen vom Wanderweg
aus sichtbar.
Müde erreichte ich gegen 18 Uhr Auerbach.
Die Füße und die dehydrierten Muskeln
schmerzten gehörig. Ich hätte bei der Hitze
mehr trinken sollen. Mit diesem Vorsatz
und einem alkoholfreien Weizen endete der
Tag auf dem Balkon der Pension Schlossblick
bei immer noch herrlichstem Wetter.
Gigantisch war an diesem Tag die Aussicht, denn sie gewährte mir den Ausblick
von den westlichen Ausläufern des Odenwaldes weit nach Südwesten.
Am Horizont sah ich die Ausläufer des Pfälzer Waldes am gegenüberliegenden
Rheinufer. Es war ein erhabener Moment. Auf den letzten Kilometern nach
Auerbach waren noch einmal meine ganzen Orientierungskünste gefragt. Ich
erreichte den Moutainbike-Park „Fuchstrail“, von dessen Bergstation aus sich
Trails verschiedenster Schwierigkeitsgrade bis hinunter ins Tal winden. Doch
auf einmal war die Markierung verschwunden. Nach einigem hin und her lief
ich querfeldein durch den Wald und an den Trails entlang bis hinunter ins Tal.
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Den nächsten Morgen startete ich mit einer gehörigen
Portion Muskelkater. Meine gestern Abend aufgestochenen
Blasen machten jedoch anfangs einen guten
Eindruck. Am Frühstückstisch führte ich eine nette
Unterhaltung mit dem Eigentümer der Pension über
aktuelle Probleme aus den Tagesnachrichten. Frisch
gestärkt startete ich um acht Uhr und machte mich auf
den Weg.
Nach einem guten Kilometer lud mich eine Sitzbank zu
einem ersten Foto ein. Ich schaute noch einmal zurück
nach Osten in Richtung Odenwald, der aufgehenden
Sonne entgegen. Die Silhouette des Auerbacher
Schlosses war noch gut zu erkennen. In Richtung Westen
wurden jedoch die lauten Autogeräusche der vor mir
liegenden A5 immer deutlicher. Beim Überqueren der
Autobahnbrücke konnte ich weit über landwirtschaftlich
intensiv genutzte Felder blicken. Auch ein Entwässerungsgraben,
der ein begradigter Bachlauf gewesen
sein könnte, zog sich weit sichtbar nach Norden hin
durch die Flur. Etwa 50% der Fläche Deutschlands
werden landwirtschaftlich genutzt. Aufgrund des
fortschreitenden Insektensterbens müssen wir uns aber
fragen, wie lange unsere Natur den Pestizitbelastungen
unserer intensiven Landwirtschaft noch standhalten
wird. Können wir auf die Bestäubungsleistung dieser
kleinen Tiere wirklich verzichten?
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Auf der Brücke angekommen erschlägt einen die laute
Kulisse der vielbefahrenen Autobahn. Unter mir rauschten
die Lastwagen wie an einer Perlenschnur gereiht
hindurch. Meine Gedanken kreisten in diesen Minuten
wieder mal um die Problematik der Verbrennungsmotoren
und deren Auswirkungen auf die Klimaerwärmung,
denn vor uns liegen große Herausforderungen, die
wir schon lange hätten anpacken müssen. Auch die
Tatsache, dass ich ein Auto mit Elektroantrieb und eine
PV-Anlage besitze, befriedigen mich nicht wirklich,
denn die Probleme werden weiter wachsen.
Ich versuchte meine Gedanken wieder auf die Natur und
das schöne Wetter zu lenken. Gersten- und Roggenfelder
wechselten sich rechts und links des Wanderweges
ab. Ich freute mich bereits auf das kleine Waldstück,
das ich vor mir sah. Ich tauchte in den Wald ein und es
wurde sogleich kühler, denn die Sonnenstrahlen wurden
durch die Blätter über mir aufgehalten. Während dort die
Photosynthese in Hochtouren lief, wehte hier unten am
Boden ein laues Lüftchen um meine Nase. Bereits nach
wenigen Metern unter dem Blätterdach empfing mich
Vogelgezwitscher und das Rufen eines Eichelhähers. Es
ist sehr angenehm, bei großer Hitze im Wald zu laufen,
denn dort ist es immer ein paar Grad kühler.
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Hinter Fehlheim ging es wieder durch Felder bis nach
Langwaden, das ich südlich umging. Anschließend
querte ich die nächste Autobahn mit der Nummer 67,
dabei freute ich mich schon auf den direkt sich dahinter
anschließenden Wald. Ich verließ die Teerstraße
und schwups war ich wieder unter dem Blätterdach.
Schnurgerade zieht sich hier der Nibelungenweg weiter
in Richtung Westen. Die Sonne stand bald über mir und
daher nahm sie immer größere Teile meines Weges in
ihren Besitz.
Der Wald hier ist von vielen Schotterstraßen rechtwinklig
durchzogen. Auf der Karte sieht das wie ein großes
Schachbrett aus. Alle paar hundert Meter passierte ich
einen der Wasserspeicher, die zu einem ganzen System
zu gehören schienen. Ob sie der Trinkwasserversorgung
dienen oder eventuell das nahegelegene Biblis mit Kühlwasser
versorgen, erschloss sich mir nicht. Am Wegrand
fi el mir ein starker Brennesselbewuchs auf. Ein Zeichen
für zu hohe Stickstoffeinträge im Boden. Auch dies
ist eine Folge unserer immer intensiver werdenden
Bodennutzung.
Nach einiger Zeit sah ich in der Ferne ein helles Blau.
Wie durch einen Tunnel führte mich der Weg auf den
langsam größer werdenden Ausgang zu, während mich
die Vogelstimmen unzähliger Waldvögel begleiteten.
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Ein Rotmilan kreiste direkt über mir und Feldlerchengesang
drang in mein Ohr. Ich beobachtete den Greif,
wie er mit dem gegabelten Schwanz seine Flugroute
beeinfl usste. Auch die Lerche konnte ich kurz beim
Landen beobachten. Auf einer Brachfl äche fi elen mir
anschließend zahlreiche Distelfalter auf, die dort von
Blüte zu Blüte gaukelten. Doch es war schwierig sie
zu fotografi eren, denn durch die Mittagshitze hatten
sie ihre Betriebstemperatur bereits erreicht und fl ogen
schnell auf, sobald ich mich ihnen auf etwa zwei Meter
Distanz genähert hatte.
Ich trat aus dem Wald heraus und blickte hinaus in die weite
Landschaft. Großflächige Rapsfelder leuchteten mir grellgelb
entgegen und am Horizont in etwa drei Kilometern Entfernung
lag Biblis mit seinem alten Atommeiler jetzt direkt vor mir. Zum
Glück war er 2008 wegen Sicherheitsmängeln abgeschaltet
worden. Doch leider konnte ich die nun brettebene Landschaft
trotzdem nicht ausgiebig genießen, denn meine Oberschenkel
und auch die Füße schmerzten schon eine ganze Weile.
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In Biblis angekommen, genoss ich am Straßenrand
unter einem Baum etwas Abkühlung. Die Wasserpumpe
eines Rollrasenherstellers war in Betrieb und ich
nutzte die Gelegenheit das Wasser auf meiner Haut
zu spüren. Es war ein Genuss, deshalb ging ich mit
jeder Umdrehung der Anlage ein kleines Stück auf die
Pumpe zu.
Schön abgekühlt lief ich weiter am Stadtrand entlang.
Nach nur wenigen Minuten raschelte es seitlich im Gras
und ich entdeckte eine Zauneidechse. Ich blieb stehen
und auch das Reptil verharrte. Schnell holte ich meine
Kamera heraus und ging vorsichtig in die Hocke.
Das tat meinen Oberschenkeln nicht gerade gut, aber
ich konnte eine geeignete Position zum Fotografi eren
fi nden. Jetzt hatte ich mehr Glück als davor bei den
Distelfaltern. Das vor mir sitzende Weibchen bewegte
sich nicht und mein Bild war im Kasten.
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Zauneidechse am Wegrand
des „Vier-Länder-Weges“.
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In der Mitte der knapp 9.000 Einwohner zählenden
Gemeinde wurde meine lang ersehnte Mittagspause
endlich Realität. In einer Dönerkneipe nahm ich ein kühles
Radler zu mir. Tat das gut! Gegenüber sah ich zu
meinem Glück auch noch eine Eisdiele. Perfekt, dachte
ich und lachte in mich hinein, doch als ich mich vom
Stuhl erhob, kamen schlagartig die Schmerzen zurück.
Ich humpelte aus dem Lokal und weiter über die Straße.
Das kann ja noch heiter werden, dachte ich, denn es
lagen nach gelaufenen 22 Kilometern noch acht vor mir.
Ich verließ Biblis und überquerte die Weschnitz
auf einer Straßenbrücke. Gleich dahinter bog der
Wanderweg nach rechts ab. Hinter dem Sportgelände
konnte ich in der Pfaffenaue ein letztes Mal ein wenig
Schatten nutzen, doch im anschließenden Weschnitzgrund
brannte die Sonne wieder erbarmungslos auf
mich herab. Dem jungen Spatz, der direkt hinter einem
Bauernhof im Straßenrand Platz nahm, schien es nicht
zu heiß zu sein. Er saß gemütlich auf einer Traktorspur
und schaute mir beim Wandern hinterher. Es wurde mir
nicht langweilig, denn kurz darauf begleitete mich ein
Turmfalke und ein Taubenschwänzchen ein weiteres
Stück auf meinem Weg nach Worms. Kurz hinter
Hofheim wollten jetzt noch vier Kilometer auf einem
Rad- und Fußgängerweg entlang der Eisenbahnstrecke
zurückgelegt werden.
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Die Teerstraße schien kein Ende zu nehmen. Wie ein
Roboter watschelte ich Meter um Meter dahin. Doch
irgendwann tauchte sie auf - mein Ziel, die Nibelungenbrücke
von Worms. Da lag sie. Die Hitze flimmerte
über dem Gras vor der Brücke und die Grillen zirpten
ihre Strophen dazu. Wäre ich in südlichen Gefilden
unterwegs gewesen, hätte mich das nicht gewundert,
doch ich war mitten in Deutschland. Wenn die Sommer
aufgrund des Klimawandels noch heißer werden,
braucht man sich um diese Jahreszeit bald keine Wanderungen
mehr vorzunehmen, dachte ich, während ich
geradewegs auf die Brücke zulief.
Als ich die Mitte der Brücke erreicht hatte, empfing mich
eine angenehm frische Brise. Ich blickte in Richtung
Norden den Rhein hinab. Gigantisch war er anzuschauen,
während seine Wassermassen gemächlich an mir
und an Worms vorbeizogen.
Die Nibelungenbrücke ist ein imposantes Bauwerk.
Nachdem sie im März 1945 noch kurz vor dem Ende des
Zweiten Weltkrieges zerstört worden war, konnte der
Rhein hier erst 1951 wieder überquert werden. Heute
führt die neue Brücke direkt auf den Nibelungenturm
zu. Ich lief ihm nun geradewegs entgegen und dahinter
erhob sich rechter Hand über der Altstadt der Dom.
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Der Wormser Dom St. Peter wurde zwischen 1130 und
1181 auf dem höchsten Punkt der Wormser Innenstadt
errichtet und gilt als das bedeutendste Bauwerk der
Wormser Romanik. Seine schlanken hohen Türme an
den vier Seiten ragen weit über die Altstadt hinaus.
Dabei ist seine Ansicht außergewöhnlich, denn er ist
der Kleinste der drei rheinischen Kaiserdome.
Er wurde auch steiler und schlanker konzipiert als die
anderen beiden in Speyer und Mainz.
Ich hatte fast das Ende der Brücke erreicht. Der
Nibelungenturm baute sich jetzt mit seiner ganzen
Mächtigkeit über mir auf.
Der Nibelungenturm erhebt
sich über der gleichnamigen
Brücke und steht wie ein
Wächter vor der Wormser
Altstadt.
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112 Seite
Die Ernst-Ludwig-Schule
in Worms liegt direkt hinter
der Nibelungenbrücke.
Seite 113
Mit der Brückenüberquerung hatte ich endgültig das Bundesland Hessen verlassen.
Nun befand ich mich in Rheinland-Pfalz. Ein weiteres unter Denkmalschutz
stehendes Gebäude stand vor mir. Es war die Ernst-Ludwig-Schule, die 1905 gebaut
wurde und der Lohrer Realschule, die ich nach meiner Grundschulzeit besuchte, sehr
ähnlich sah.
Von hier aus waren es noch einmal 1,5 Kilometer an den Hauptbahnhof. Auf dem Weg
dorthin besorge ich mir noch etwas Obst und zwei Flaschen Wasser. Mit schweren
Beinen erreichte ich den Bahnhof. Auf der Fahrt zurück nach Bensheim ließ ich die
zurückgelegte Strecke noch einmal Revue passieren. Etwa 110 Kilometer waren es
von Miltenberg bis nach Worms gewesen und ich hatte mit dem Odenwald eine weitere
schöne Mittelgebirgslandschaft kennen gelernt.
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Von Worms nach Dahn
Juni 2021
Mein neues Ziel war nun, nachdem ich meine Odenwalddurchquerung im Mai 2019 abgeschlossen
hatte, hinüber in den Pfälzer Wald zu laufen. Das war nun wieder so eine Herausforderung,
der ich mich zwei Jahre später endlich stellen konnte. Doch dafür musste ich zunächst die Bergstaße
queren. Dazu lief ich von Bad Dürkheim nach Worms.
Nach einer unspektakulären, aber pünktlichen Anreise
mit der Bahn hatte ich in Mannheim sogar den richtigen
Ausgang für meine Anschluss-S-Bahn erwischt. Keine zehn
Minuten später saß ich bestens gelaunt in der „Tram“, mit
der ich in Richtung Bad Dürkheim tuckerte. Nach vielen
Windungen ging es auf Schienen über den Rhein nach
Ludwigshafen und weiter in mäßigem Tempo hinüber bis
an meinen Zielbahnhof.
In Bad Dürkheim drehte das Schienenfahrzeug noch eine
gemütliche Runde im Kreis, doch dann konnte ich endlich
direkt an einem schönen Brunnen aussteigen. Wurstmarktbrunnen
stand auf einem kleinen Schild. Ich stand davor
und schaute einen Augenblick den Wasserspielen zu, denn
zunächst wollte ich ankommen. Jetzt noch schnell orientieren
und schon konnte es losgehen. Zunächst lief ich auf der
Mannheimer- dann auf der Salinenstraße direkt nach Osten.
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Am Kurpark machte ich vom „Gradierbau“ noch schnell ein Bild. Mit Gradierbau
bezeichnet man eine lange, meist aus Holz errichtete Kuranlage, die den Salzgehalt
einer Sole durch Verdunstung an die Umgebungsluft abgibt, so dass Freiluftinhalation
im Kurgarten möglich wird.
Das Bauwerk war beeindruckend. Ich lief jedoch weiter, kam am Ostbahnhof vorbei
und folgte weiter den Bahngleisen bis zum Flugplatz.
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Anschließend kam ich immer öfter an Weinanbaufl ächen vorbei. Sie nahmen bis
nach Erpolzheim an Fläche stetig zu. Ab und an werden die Weinanbaufelder hier
durch Naturschutzfl ächen aufgelockert. Das bemerkt man beim Vorbeilaufen sofort
am abwechslungsreichen Vogelgezwitscher, das sich bereits von weitem ankündigt.
In Erpolzheim angekommen, bog mein Weg am Kriegerdenkmal scharf nach links
in eine Gasse ab. Nach einer Rechts-Links-Kombination erreichte ich das Dorfende
und tauchte wieder in ausgedehnte Weinanbaugebiete ein. Sanft ging es nun einen
Hügel hinauf, der einen weiten Rundumblick ermöglichte. Ich schaute kurz zurück in
Richtung Bad Dürkheim und konnte dahinter sehr gut die ansteigenden Höhenzüge
des Pfälzer Waldes erkennen. Ich freute mich bereits an diesem Tag auf die baldige
Tour in diese schöne Waldregion, die ich bereits geplant hatte. Doch zunächst einmal
genoss ich meine Etappe durch die Weinlandschaften der Bergstraße.
Auf dem Weg nach Weisenheim kam ich ebenfalls an alten Apfelbäumen vorbei und
bewunderte eine größere Ansammlung von herrlich lila blühenden Wicken, die ich
fotografi erte. Dabei bemerke ich zwei Hasen, die direkt vor mir über den Weg hobbelten.
Auch eine Weidenmeise fl og an mir vorbei und verschwand in einem Baum.
Weinstöcke so weit
das Auge reicht.
An der Bergstraße
nicht weit vom
Rhein entfernt
wachsen sie
besonders gut.
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118 Seite
Kurz vor Weisenheim blieb ich erneut stehen, denn abwechslungsreiche Strophen eines
Vogels drangen aus den umliegenden Bäumen in meine Ohren. Ich startete meine
BirdNET-App, die meine Vermutung bestätigte. Es war eine Nachtigall und wenige
Schritte weiter sang eine Mönchgrasmücke. Dies notierte ich umgehend in mein Tagebuch.
Ich war im Naherholungsgebiet Ludwigshein angekommen, wie ich auf einem
Hinweisschild erfuhr und wenige Minuten später lief ich bereits in Weisenheim ein.
Darin sah ich zwei Fotografen mit riesigen Objektiven auf der Lauer liegen.
Ich näherte mich den Beiden mit großen, aber leisen Schritten und erkannte, weshalb
sie sich hier zusammengefunden hatten.
Anschließend ging es wieder über die Felder, wobei nun ausschließlich Gemüseanbau
vorherrschte. Den fruchtbaren Boden, der sich hier unter meinen Füßen ausbreitete,
bemerkte ich ebenso am klebrigeren Lehm, der sich unter meinen Füßen zu dicken
Klumpen ansammelte und mir ein zügiges Fortkommen immer mehr erschwerte.
An einer Bank beschloss ich eine Pause zu machen und holte nach einem ausgiebigen
Schluck aus meiner Wasserfl asche einen Apfel aus dem Rucksack. Vor mir lag
die Deponie Heßheim und über mir querte eine Hochspannungsleitung das Gelände.
Nach ein paar Minuten Pause lief ich weiter. Mittlerweile klebten meine Füße fast bei
jedem Schritt fest. „Wie lange wird das wohl so gehen“, dachte ich. Endlich erreichte
ich eine Straße und überquerte sie. Auf der Karte war ersichtlich , dass sie Gerolsheim
mit Lambsheim verbindet. Gleich gegenüber entdeckte ich eine riesige Lehmgrube,
an deren Rand ein Foto-Unterstand hinter einem Gebüsch sichtbar wurde.
Eine seltene
Überraschung.
Mitten in den
Gemüsefeldern
konnte ich viele
Bienenfresser
beobachten, die in
einer Lehmgrube
eine Brutkolonie
gegründet hatten.
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In der Grube konnte ich auch den Grund erkennen, weshalb zwei Fotografen mit
schwerem Gerät anwesend waren. Ich war auf eine Kolonie Bienenfresser gestoßen,
die hier ihre Paarung und das Brutgeschäft tätigen. In die Lehmwände hatten sie ihre
Nester gebaut und ich war nun Zeuge ihrer Balz- und Paarungsrituale. Welch ein
Glück ich doch hatte. Da wir uns hinter einem fest installierten Fotostand befanden,
konnten wir die Vögel auch nicht stören. Ich gesellte mich eine Weile dazu und
bedauerte, dass ich nur meine Minimal-Ausrüstung bei mir hatte. Doch für ein paar
Schnappschüsse reichte es. Kurz unterhielt ich mich noch mit den professionellen
Fotografen, dann musste ich auch schon wieder weiter.
Noch bevor ich meinen Rucksack abgezogen hatte, hielt ein Auto direkt neben mir.
Ich war gerade die lange Weinsheimer Straße hinuntergelaufen, quer durch die ersten
Stadtteile von Worms. Nun fragte mich doch tatsächlich jemand, ob ich mitfahren
wollte. Kurzentschlossen nahm ich das Angebot an, denn die Regentropfen waren
zu einem Regenschauer herangewachsen. Kaum war ich eingestiegen, prasselten
Wassermassen auf das Dach und die Scheibenwischer wurden mit dem vielen Nass
kaum fertig. „Glück gehabt“, grinste mich der Fahrer mit diesen kurzen Worten an.
„Ja“, lachte ich zurück. Der nette Mann fuhr über die Speyrer-Straße zum
Die Sonne brannte nun das erste Mal vom Himmel und heizte die schwüle Luft zunehmend
auf. Ich kramte meinen Hut aus dem Rucksack und lief weiter auf Heßheim
zu. Immer noch mühte ich mich mit dem Lehm unter den Füßen ab, der ja der Grund
für die Anwesenheit der Bienenfresser war und ebenso für das üppige Wachstum auf
den Feldern, an denen ich immer noch vorbeikam. Die Bewässerungsanlagen legten
den Grundstein für eine reiche Ernte, aber auch für rutschige Wege dazwischen.
In Heßheim wanderte ich dann an der Umgehungstraße entlang auf dem Radweg
weiter. Anschließend ging es unter der A6 hindurch. Mein Weg führte mich nun nach
Großniedesheim und dort hatte ich bereits 23 Kilometer unter den Füßen. Der Himmel
war nun wieder bedeckt, es zogen sogar dunkle Wolken von Südwesten kommend
auf mich zu. Doch in Weinsheim hatte ich meine Wanderung fast hinter mir.
Immer wieder schaute ich nach oben und bald fielen erste Tropfen auf mich herab. An
den dunklen Wolken erahnte ich, was gleich auf mich zukommen sollte.
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Willy-Brandt-Ring. „Da drüben musst du weiter. Zum Bahnhof sind es etwa fünf Minuten
Gehweg“, sagte der Fahrer. Ich bedankte mich höflich und stieg aus. Der Regen
war schon wieder schwächer geworden, doch ich stellte mich noch ein paar Minuten
unter, nachdem mein Taxi weitergefahren war. „Glück muss man haben“, dachte ich.
Nun bemerkte ich auch meine Füße wieder und war froh, als ich nach wenigen Metern
in der Bahnhofshalle stand. Gleich rechts am Kiosk lachte mich ein Marmorkuchen
an und er war auch noch ofenfrisch.
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Pfälzerwald
Der Krappenfels liegt
bereits auf der französischen
Seite des
Waldgebietes. Von
dort aus kann man
weit in die Nordvogesen
blicken. Den
Felskopf erreicht
man über den Felsenland
Sagenweg.
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Der Pfälzerwald, der gelegentlich auch Haardtgebirge genannt wird, liegt im Bundesland Rheinland-Pfalz
und zählt wie der Spessart zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten
Deutschlands. Seine Ausdehnung beträgt 1771 km², was 177.100 Hektar entspricht, wobei fast
90 Prozent der Fläche von Wald bedeckt sind. Damit nimmt er ein gutes Drittel der gesamten
Pfalz ein. Seine typische Landschaft prägt das ganze Bundesland und hat sich auch in ihrem
Namen niedergeschlagen. Etwa 30 Prozent kleiner ist die südliche Fortsetzung dieses Naturraums,
der auf französischem Boden liegt, aber die Bezeichnung Nordvogesen trägt. Der mit
179.800 Hektar etwas größere Naturpark Pfälzerwald umfasst zusätzlich den Landstrich zwischen
Haardtrand und Deutscher Weinstraße im Osten sowie die Täler von Eckbach und Eisbach im
Nordosten.
Artenreiche Mischwälder, sonnige Wiesentäler, mächtige Felsentürme und sagenumwobene Burgruinen
machen dieses Waldgebiet einzigartig. Wegen seines besonderen Charakters erkannte
die UNESCO den Pfälzerwald 1992 als Biosphärenreservat an, das seit 1998 gemeinsam mit
seinem französischen Partner, dem Naturpark Nordvogesen, das einzige grenzüberschreitende
Biosphärenreservat Deutschlands bildet.
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Die Route
Nachdem ich die Bergstraße zwischen Worms und Bad Dürkheim durchquert hatte,
führte mich der Pfälzer Weinsteig nach Neustadt an der Weinstraße. Nach diesen
18 Kilometern hatte ich weitere 24 Kilometer nach Albertsweiler, westlich von Landau
vor mir. Auf diesem Streckenabschnitt hatte ich herrliche Ausblicke auf das Hambacher
Schloss und das dahinterliegende Rheintal. Wenige
Stunden später fiel mein Handyakku aus und ich
musste den Weg ohne Karte hinab nach Albertsweiler
gehen. Auch die letzten 23 Kilometer bis nach
Dahn waren noch einmal sportlich gewesen. An der
Queich entlang wanderte ich nach Annweiler am
Trifels, um anschließend nach Wernersberg zu
laufen. Entlang typischer Sandsteinfelsen ging es
weiter durch Täler und Höhen nach Lug und nördlich von Schwanheim vorbei nach
Erfweiler. Begeistert von den Felsstrukturen, blickte ich von einem der bekanntesten
noch einmal über Dahn. Ich war begeistert vom Pfälzerwald und daher besuchten wir
ihn noch zwei weitere Male. Dann aber, um auf dem Felsenland Sagenweg zu wandern.
Er zählt zu den schönsten Wegen der Region.
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Der Pfälzerwald ruft
Juni 2021
Zunächst war mein ICE aufgrund eines Unfalls ausgefallen, doch ein kleiner Umweg über
Mannheim löste das Problem und ich stieg in eine der S-Bahnen nach Bad Dürkheim ein.
Dort angekommen machte ich mich gleich auf den Weg, um den Pfälzerwald unter die
Schuhsohlen zu nehmen.
Ich freute mich riesig, denn schon lange
möchte ich dieses Waldgebiet näher kennen
lernen. Durch die Fußgängerzone ging es
dann zunächst zum Friedhof und daran links
vorbei steil nach oben. Das erste Hinweisschild
zeigte mir, dass ich nun dem Pfälzer
Weinsteig folgen würde. Die gelb-rote
Markierung mit den gelben Weinreben
begleitete mich zunächst in den Wald hinein.
Ich bemerkte, dass nicht nur die sommerlichen
Temperaturen, sondern auch die steilen Anstiege im Pfälzerwald nicht ganz ohne
waren. Mit nassen Unterarmen und feuchter Sturn erreichte ich bald eine Lichtung,
die den Blick auf den gegenüberliegenden Höhenzug ermöglichte und eine herrliche
Sicht auf die Klosterruine Limburg freigab. Ich verweilte dort ein paar Minuten und
nahm einen kräftigen Schluck aus meiner Wasserfl asche. Ein schmaler Pfad führte
mich anschließend weiter in den Wald hinein. Dabei umgab mich bereits der angenehme
Duft der Kiefern, die diesen Wald dominieren.
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Auf dem Höhenzug angekommen, schlängelte sich
mein Pfad durch den ausgetrockneten Wald, denn
zusätzlich zu den ausbleibenden Niederschlägen steht
dieser auch noch auf sandigem Boden. Ich musste
beim gelegentlichen Blick hinauf in die Kieferkronen
sofort an die südfranzösichen kargen Wälder denken.
Auch die Grillengeräusche um mich herum trugen zu
diesem Eindruck bei. Immer wieder erschrak ich, denn
derart ausgetrocknete Böden hatte ich in einem Wald
in unseren Breiten noch nie gesehen. Der Klimawandel
lässt grüßen.
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Ausgetrocknete
Kiefernwälder prägen
die Ostabhänge des
Pfälzerwaldes.
Gelegentlich stieß ich
auf feuchte Orte, wie
hier am aufgestauten
Schwabenbach.
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130 Seite
Ich durchschritt eine Talsole mit
drei hintereinander liegenden
Fischweihern, an deren gegenüberliegenden
Seite eine tolle
Hütte stand. Hinter dem Weiher
ging es wieder bergauf und nach
etwa fünf Kilometern erreichte
ich den Weisenstein. Von diesem
Bergsattel aus führen sternförmig
sechs Straßen in alle Richtungen.
Mein Weg war der mittlere, der in
südliche Richtung führte. Dabei
blieb ich auf gleicher Höhe und lief
um den Plankenberg herum.
An diesem Weg wurden immer wieder
Ausblicke hinunter ins Rheintal
frei. Dort unten musste Wachenheim
an der Weinstraße liegen. Es
war gigantisch, denn im Gegensatz
zum heimischen Spessart sind hier
die Berge steiler, jedoch von der
Ausdehnung kleinfl ächiger, so dass
die Wälder insgesamt hügeliger erscheinen.
Die lichten Kiefern sorgten
zusätzlich für weite Ausblicke,
die sich durch den blauen Himmel
an diesem Tag noch verstärkten.
„Sagenhaft, dieser Pfälzerwald“,
dachte ich und konnte mich kaum
satt sehen. Dabei ging auf dem
Höhenzug ein leichtes Lüftchen,
das die Hitze erträglich machte.
Ruckzuck purzelten die Kilometer,
die ich zu laufen hatte, wie Flug.
Die trockenen
Kiefernwälder sind
von herausragender
Schönheit.
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132 Seite
Ausblicke vom Pfälzer
Weinsteig nach Osten.
Am Horizont liegt
Wachenheim an der
Weinstraße.
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Vom Rotsteiger Kopf stieg ich hinab und stand vor dem
geschlossenen Kurpfalz-Park, doch endlich nach dreizehn
gelaufenen Kilometern war ich am Zusammenfluss von
Silbertalbach und Mußbach vor einer Gaststätte, die sogar
hatte, angekommen. Die Gelegenheit nutzte ich sofort
und saß wenige Minuten später mit einem kalten Radler
im schattigen Biergarten. Anschließend kostete ich noch
ein Stück Käsesahne. Gütiger, war die lecker, das musste
sein. Nach erholsamer Rast ging es anschließend wieder
bergauf. Ich ließ die 400er Höhenlinie hinter mir und war
nun von Sandbirken umgeben. Gemütlich wanderte ich
hinüber zum höchsten Punkt meiner Tour, einem herrlichen
Aussichtspunkt, der weite Ausblicke hinab nach Neustadt
und das dahinter liegende Rheintal bot.
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Weit ins Rheintal kann
man vom 554 Meter
hohen Weinbiet aus
blicken.
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Auf dem 554 Metern hohen Weinbiet befand sich sogar
eine Gaststätte mit Sonnenterasse. Doch leider war ich
etwas in Eile, denn in einer knappen Stunde würde bereits
mein Zug in Neustadt an der Weinstraße abfahren.
So machte ich mich schweren Herzens an den Abstieg
und ließ die schöne Aussicht bereits nach wenigen Minuten
hinter mir. Nun durchquerte ich Felsformationen,
wie man sie sich für den Pfälzerwald vorstellt. Der Pfad
schlängelte sich erneut durch trockene Kieferwälder
und führte mich stetig bergab. Der trockene Waldboden
unter meinen Füßen blieb bis hinunter ins Tal mein
ständiger Wegbegleiter. Das letzte Wegstück zog sich
allerdings merklich in die Länge. Ob ich meinen Zug
noch erreichen würde?
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Weinberge über
Neustadt an der
Weinstraße.
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Endlich trat ich aus dem grünen Dach heraus und die Weinberge empfi n-
gen mich. Weit konnte ich nun über Neustadt hinwegschauen, während
mich Serpentinen stetig weiter nach unten führten. Ich tauchte zwischen
die ersten Mauern der Häuserfassaden ein. Auch zur Fußgängerzone war
es jetzt nicht mehr weit. Meinen Zug erreichte ich trotzdem nicht mehr.
Der war zehn Minuten zuvor abgefahren. Das dies aber ein schlechtes
Zeichen sein würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich nutzte
nun die verbleibenden 90 Minuten, hielt meine Füße in einen Brunnen
und ruhte ein wenig im Schatten aus. Anschließend lief ich zurück zur
Eisdiele, die ich in der Fußgängerzone gesehen hatte und genoss mein
obligatorisches Spagettieis. Die Zeit dieser Schlussrast verging leider wie
im Flug und bald saß ich im Zug, der mich zurück nach Hause bringen
sollte. Im ICE ab Mannheim passierte es dann. Nach einer Notbremsung
auf der Strecke kam eine erschreckende Durchsage im Abteil an. Wir
hatten gerade einen Menschen überfahren und es war schon der zweite
Unfall auf der Strecke zwischen Frankfurt und Mannheim an jenem Tag.
Nach einer halben Stunde erreichte uns Fahrgäste dann die ernüchternde
Botschaft „Streckensperrung bis auf unbestimmte Zeit“. Die Kripo rückte
an und uns Fahrgästen wurde ein Schienenersatzverkehr in etwa einer
Stunde in Aussicht gestellt. Ich verließ den Bahnhof von Groß-Gerau,
denn hier stoppte der Zug, und ich erwischte an der Zufahrtsstraße zum
Bahnhof dann zufällig ein Taxi, das mich nach Darmstadt fuhr.
Als ich dann 20.17 Uhr endlich in meinem letzten Anschluss Zug saß, hatte
ich einen ereignisreichen Tag hinter mir. Mit dem letzten Regionalzug
gondelte ich durch den Spessart und kam fast pünktlich zum EM Länderspiel
Deutschland - Frankreich auf der Terasse unserer Freunde an. Das
Leben geht weiter, auch nach einem solch schrecklichen Erlebnis. Noch
spät am Abend musste ich immer wieder an den Bremsvorgang denken,
der einem Menschen vor einigen Stunden das Leben gekostet hatte.
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Die Anfahrt mit der Bahn zur nächsten Etappe verlief ohne Komplikationen. In Neustadt
angekommen, wartete ich noch etwa 10 Minuten, bis der Regen aufgehört hatte, begann
anschließend zielstrebig mit meiner Wanderung und machte mich an den ersten Anstieg.
Bereits in der Waldstraße traf ich auf die erste Wandermarkierung des Pfälzer Weinsteigs,
die mir schon beim letzten Mal den Weg gezeigt hatte. Die angenehmen 20 Grad Lufttemperatur
machten es mir leicht, die ersten Höhenmeter zu erklimmen. Bald befand ich mich unter
den Bäumen und es ging in mehreren serpentinenartigen Schleifen nach oben. Am Freytag
Mausoleum orientiere ich mich kurz, denn es standen mehrere Wege zur Auswahl. Ich nahm
den mittleren, einen unbefestigten Pfad, der direkt auf den vor mir liegenden Berg auf 400
Meter Höhe hinaufführte. Auf dem Weg traf ich neben vielen Steingebilden auf Reste von
Stangenzeltgerüsten, die wahrscheinlich von Kindern zum Spielen in diesem märchenhaften
Waldstück errichtet worden waren.
Der Pfälzer Weinsteig
schlängelt sich durch
Kiefern, Birken und
einzelne Kastanien
hindurch.
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140 Seite
Auf dem ersten Bergrücken angekommen, zeugten
Steinwallreste von alten Befestigungswällen. Wellenförmig
ging es anschließend hinunter und gleich wieder
steil nach oben, immer durch einen märchenhaften
Wald. Die Tropfen des vor einer Stunde abgeklungenen
Regens fielen auf den Boden und ich fühlte mich wie im
Regenwald. Schöner kann man sich den Pfälzerwald
nicht vorstellen. Mehrere Wegweiser verrieten, dass ich
mich in der Nähe des Hambacher Schlosses befand.
Doch meinen Einfall, diesen Abstecher noch mitzunehmen,
verwarf ich gleich wieder, denn aufgrund der
schönen Baum- und Felsstrukturen kam ich nur
langsam vorwärts und einen zusätzlicher Umweg konnte
ich mir leider nicht leisten. Der steile Weg verzögerte
mein Fortkommen zusätzlich, doch nach einer Stunde
war ich endlich auf dem Nollenberger Kopf angekommen,
der sich mit 490 Metern über Neustadt erhebt.
Nach einer kleinen Verschnaufpause erkundete ich die
nähere Umgebung.
Märchenhaft führt der
Weinsteig auf dem
Bergrücken entlang.
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Impressionen auf dem
Weg durch den Wald.
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Ein schöner Wanderweg
durch den
Pfälzerwald, der
einiges verspricht.
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Auf dem Nollenberger Kopf traf ich auf den Stein der Weisen Zufriedenheit und ich
konnte diese Zufriedenheit in dem Moment spühren, während ich den Text las. Für einen
kurzen Moment war ich an einem Ziel angekommen und alle Strapazen waren eine
Kurze weil wie vergessen. Nicht weit von diesem Ort entfernt befand sich ein Aussichtspunkt.
Von dort aus konnte ich durch eine Baumlücke hinüber nach Westen schauen
und hinter den grünen Bergrücken des Pfälzerwaldes war erneut etwas zu entdecken.
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Aussicht vom
Nollenberger Kopf
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Nach dem „Stein der Zufriedenheit“ und den tollen
Ausblicken auf den Wald hob sich dazwischen ein
burgartiges Gebäude hervor. Es war das Hambacher
Schloss, auf das ich hinunterblickte. Erneut ließ ich
für einen Moment alle Gedanken ruhen und schaute
zum Schloss hinunter. Leider musste ich weiter und
schwenkte bald um 90 Grad nach links in einen Pfad
ein. Gleich neben dem Gipfel in Südlicher Richtung traf
ich auf eine Gedenktafel einer ehemaligen Bastion und
einen weiteren Ausblick auf das Hambacher Schloss
und ebenso auf die Rheinebene, die darunter lag.
Ein herrliches Fleckchen Erde, auf dem ich da gerade
stehe, dachte ich und bedauerte leider nicht länger
hier oben sitzen bleiben zu können. Erneut setzte ich
meinen Weg durch den Wald fort. Bald hatte ich anstatt
der Steine wieder weichen Waldboden unter meinen
Füßen. Kerzengerade verlief nun der Weg weiter in
Richtung Süden.
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Es dauerte nicht lange bis ich unterhalb des 589 Meter hohen
Zwergberges angekommen war, dessen Gipfel ich links umgehen
wollte. Der Märchenwald, der mich umgab erfreute mein grünes Herz
immer wieder mit seinen unzähligen Details, wie etwa den lila Blüten
des Fingerhutes, der hier immer wieder wächst. Etwa 25 Arten gibt
es davon in Europa und es scheint ihnen hier im Pfälzerwald sehr zu
gefallen. Plötzlich sprangen drei Rehe vor mir auf und entfernten sich
im Zickzackkurs schnell wieder aus meinem Sichtfeld. Immer wieder
musste ich meinen Fotoaparat herausholen um die vielen visuellen
Eindrücke einzufangen.
Leider können Bilder nur bedingt zeigen,
was man real erlebt. Um all dies
bestmöglichst einfangen zu können,
hätte ich mehr Zeit zur Verfügung haben
müssen. Doch das war an diesem Tag
leider nicht möglich. Für meine 24
Kilometer, die aufgrund der vielen
Höhenunterschiede in meiner App mit
knapp sieben Laufstunden angegeben
waren, musste ich mich sputen, obwohl
ich mir schon einen späteren Zug
zugestanden hatte. Nach Albersweiler,
meinem heutigen Ziel, war ja noch nicht
einmal die Hälfte geschafft.
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Während ich nun auf dem Höhenzug versuchte, meine Durchschnittsgeschwindigkeit zu
erhöhen, lenken mich die Fingerhüte ab, die gerade in voller Blüte standen und direkt am
Weg immer wieder auf sich aufmerksam machten.
Irgendwann war ich auf die Teerstraße nach Sankt Martin gestoßen, doch auf einmal verfehlte
ich meine Route und lief paralell zu dieser nach Süden weiter. In Summe war dies zum
Glück kein Umweg, doch ich musste nun häufiger navigieren was Zeit und Akku kostete.
Bald war ich jedoch wieder auf
meiner geplanten Strecke, wobei
bald darauf der Handyempfang
verschwand. Nachdem ich den
Triefenbach überquert hatte und
auf der anderen Talseite wieder
hinauf lief passierte das Unglück.
Mein Handy ging trotz noch
verfügbarer 14% Akkuladung
einfach aus. Ich erschrak und
versuche immer wieder es anzuschalten.
Nun zeigte es 0% Akku an,
obwohl es an der Powerbank
hing. „Schöne Bescherung
dachte ich, doch auf einmal
lud das Handy langsam wieder.
Bei 8% schaltete ich es gespannt
ein und ging in meine
App, Doch wo war die Karte
geblieben, ich hatte sie doch
offline verfügbar gemacht?
Der Blaue NaviPointer meldete sich auf einer
strukturlosen hellgrünen Fläche meines Handys. Kein
Empfang nach dem Neustart. Ich begann zu schwitzen,
denn ich hatte keine analoge Karte dabei. Zum
Glück befand ich mich auf einem markierten Weg,
dem „Hüttenweg“, der mich zur Landauer Hütte führen
sollte. Dort angekommen fragte ich zwei alte Männer,
die dort gerade Brotzeit machten, nach dem Weg, der
hinab nach Albersweiler führt. Peinlich war das. Doch
die Beiden halfen mir aus der Patsche, wobei ich mit
ihrer Wegbeschreibung wenig später doch nicht ganz
zufrieden war. Erneut versuchte ich meine Karte
herunterzuladen. Auf einmal funktionierte das Handy
an einer Weggabelung wieder und ich konnte
erleichtert meine geplante Route fortsetzen.
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Ich war nun vorsichtig geworden und kontrollierte
alle paar Minuten den Akkustand. Mit meinem
Handy schien wieder alles in Ordnung zu sein und
ich war wieder auf meinem Weg, der mich hinab zur
Nallo-Hütte führte, an der ich entspannt eine Pause
einlegte.
Mein Zeitfenster für die Wanderung hatte sich in
den letzten drei Stunden wieder etwas entspannt
und daher genoss ich nun den Apfel aus meinem
Rucksack, nachdem ich einen kräftigen
Schluck aus der Wasserfl asche genommen hatte.
Anschließend richtete ich meine Socken, schnürte
die Schuhe neu und schon ging es wieder weiter,
überwiegend bergab. Ich querte den Modenbach
und lief anschließend wieder bergan hinauf zum
Dreimärker. Dabei bemerkte ich, dass sich während
den letzten Kilometern immer mehr Laubwald unter
die Kiefern gemischt hatte.
Knorrige Kiefern und
urige Eichen säumen
den Weg durch den
nördlichen Pfälzerwald.
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154 Seite
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Meine Wanderung hatte mich mit ihren 1.700 Höhenmetern
bergauf und den 1.400 Höhenmeter bergab ganz
schön gefordert. Doch als ich am Orensberg ankam,
ging es nur noch bergab. Zuletzt führte mich mein Weg
durch vogelreiche Heckenzüge bis an den Steinbruch von
Albersweiler heran und ich schaute nach Annweiler am
Trifels hinüber. Dort sah ich die Burg Trifels zum ersten
Mal, wie sie sich hoch über dem Tal erhebt. Nun waren
wieder die steilen Waldberge deutlich zu erkennen, die
sich doch gravierend vom Spessart oder vom Odenwald
unterscheiden.
Während ich in Albersweiler zum Bahnhof joggte, was
nach dieser anstrengenden Tour gar nicht so einfach war,
freute ich mich bereits auf die nächste Etappe, die mich in
die Tiefen des südlichen Pfälzer Waldes führen wird.
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Eine Woche später war ich zurück in der Pfalz und ich
konnte es kaum glauben, denn dieses Mal war nur eine
Gleisänderung bei der Bahnanfahrt fehlerhaft und ich
kam somit tiefenentspannt in Albersweiler an. Aus dem
Zug heraus hatte ich noch schnell ein Bild vom Hambacher
Schloss gemacht, das ich auf der letzten Etappe
bereits von oben betrachtet hatte. Dort fand 1832 das
Hambacher Fest, in der damals noch zum Königreich
Bayern gehorigen Rheinpfalz statt. Es war eines von
vielen Bekundungen, mit dem Ziel, eine Durchführung
von Wahlen zu einer verfassungsgebenden deutschen
Nationalversammlung zu erreichen, was letztendlich am
18. Mai 1848 in der Paulskirche in Frankfurt am Main
gelang.
Für diesen Tag hatte ich laut Tourenvorschlag meiner
App 23 Kilometer zu bewältigen. Auch die Höhenmeter
waren nur geringfügig weniger als vergangene Woche. Daher war mein Entschluss, bereits den Sechsuhr-Zug
zu nehmen, goldrichtig gewesen. Nun ging es bei herrlichstem Wetter und stahlendblauem Himmel endlich los.
Ich wanderte durch das Tal zunächst nach Annweiler am Trifels. Dem Wetter sei dank, verging die erste Stunde
wie im Flug. Links oben thronte die Burg Trifels mit ihrem wuchtigen Palast über dem Tal, während ich Annweiler
erreichte. Nun lief ich durch die Stadt mit ihren knapp 7.000 Einwohnern, die sich auch als Stauferstadt bezeichnet.
Der Grund hierfür ist eine spannende Geschichte, die in Kurzfassung folgendermaßen lautet:
In den Jahren 1125 bis 1298 wurden auf der Reichsburg Trifels die Reichskleinodien, darunter auch die Reichskrone,
aufbewahrt. Möglicherweise war um 1194 der englische König Richard Löwenherz für ein Jahr als Gefangener
auf dem Trifels. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf stieg ich nun einen schönen Waldweg im Schatten bergan. Unter
mir breitete sich wieder einer dieser weichen Böden aus, die ich schon auf den letzten Etappen im Pfälzer Wald
bewundert hatte. Es ging dabei schräg am Berg entlang und gerinfügig bergauf, wobei immer wieder Ausblicke auf
die umliegenden Kuppen des Pfälzer Waldes und vor allem auf die Burg Trifels möglich waren.
Die immer wieder auftauchenden Sandsteinsäulen gefi elen mir besonders gut, denn sie ragten nun immer öfter aus
dem Blätterdach heraus. Sie sind es, die den Pfälzerwald in seiner Einzigartigkeit hervorheben. Ich war von der
Gegend von Anfang an begeistert.
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Beim Blick auf den Boden konnte ich ebenso eine große Vertrautheit spüren, denn
der Sandsteinboden und der Bewuchs unterschied sich vom Spessart aus meiner
Sicht nicht im geringsten. Biologen mögen mir dies verzeihen, aber ich fühlte mich
quasi wie zu Hause und war zusätzlich auch noch gut in der Zeit. Nach weiteren 45
Minuten erreichte ich Wernersberg. Mit großen Schritten trat ich aus dem Wald heraus
und durchquerte den Ort. Anschließend folgte ich dem Pfälzer Keschteweg und
hatte erneut eine Felsnadel im Blick, bevor es wieder in den Wald hineinging.
Bis nach Lug breitete sich das Blätterdach schützend über mir aus. Etwa einen Kilometer
vor dem Ort erkannte ich am Boden weißen Schwerspat. Die Ähnlichkeit des
Bodens mit dem im Spessart war schon erstaunlich.
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Nach der Überquerung der Bundesstraße ging es nun
ein Stückchen den Rimbach entlang und wenig später
wieder hinein in den Wald.
Bald führte ein Pfad schräg hinauf, wobei ich Schwanheim
unter mir sah. Doch die Schönheiten am Weg
lenkten mich zunehmend ab. Hohe Sandsteinformationen,
die vorher aus weiter Ferne grüßten, lagen nun
direkt neben meinem Weg.
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Der Weg war so schön, dass ich die Zeit ganz vergaß.
Mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit erreichte ich das
Wanderheim zur Dicken Eiche.
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Den Gastbetrieb am Wanderheim zur Dicken Eiche
hörte ich bereits von weitem und das ließ ich mir
natürlich nicht entgehen. Es war seit Corona schwierig,
ab und an einkehren zu können. Ich nutzte deshalb die
Gelegenheit und ließ mir eine Bratwurst mit Kraut gut
schmecken. Nach einem Radler und einem Hinweisschild
„Dahn sieben Kilometer“ ging es nun mit gut
gefülltem Bauch sanft bergab.
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Ein hoher Zwillingsfelsen war wenig später ein weiteres
Highlight auf meinem Weg nach Dahn und mir kam das
Elbsandstein sofort in den Sinn. Nein, vor der Sächsischen
Schweiz braucht sich der Pfälzerwald wahrlich
nicht verstecken, denn diese beiden Brocken waren
echt die Wucht. Gute 20 Meter hoch ragten die „Glasfelsen“
aus den Baumkrohnen hinaus. Auch auf der gegenüberliegenden
Seite der Grünbrunnenwiesen erhob
sich ein weiteres Sandsteingebilde aus den Bäumen.
Einfach sagenhaft. Kein Wunder, dass rund um Dahn
der Felsenland Sagenweg überregionale Bekanntheit
genießt. Ihn wollte ich daher unbedingt noch erwandern,
das war mein Ziel für den Herbst gewesen.
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Doch zunächst einmal war es anfang Juli und hinter
Erfweiler begann der eigentliche Höhepunkt meiner
Tagesetappe. Denn auf dem Höhenzug zwischen
dem Lachberg und dem Vogelsberg reihten sich weitere
Sandsteintürme aneinander. Gleichzeitig konnte
ich immer wieder auf die Altdahner Burgengruppe
hinüberschauen.
Beim Blick auf die Altdahner Burgengruppe
bedauerte ich zum ersten Mal, dass ich
kein Teleobjektiv dabei hatte. Doch trotzdem
war ich bald um viele Eindrücke und
einige Fotos reicher.
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Aussicht vom Lachbergblick.
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Endlich, nach einer langen Wanderung trat ich aus
dem Wald heraus und der Jungfernsprung ragte
direkt vor mir in die Höhe. Er ist der markanteste
Felsen in Dahn und er beeidruckte mich noch ein
letztes Mal.
Erschöpft erreichte ich im Laufschritt glücklicherweise
doch noch meinen Zug. Als ich vom Abteil zurück
auf den Jungfernsprung schaute, war mir eines klar.
Hier war ich nicht zum letzten Mal gewesen.
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Felsenland Sagenweg
Oktober 2021
Gute drei Monate später war es wieder so weit und wir waren echte Glückspilze gewesen,
denn mit der Ankunft im Dahner Felsenland hatte sich auch die Sonne gegen den herbstlichen
Nebel durchgesetzt. Nach einem ausgiebigen Frühstück im Landgasthaus Frauenstein waren wir
an den Dahner Bahnhof gefahren und hatten dort unser Fahrzeug geparkt.
Beim Aussteigen zeigte sich dann auch gleich das
Felsmassiv des Jungfernsprungs in seiner ganzen
Pracht. Wir wanderten über die Wieslauter Bach auf die
andere Seite des Tals und tauchten direkt unter dem
Sängerfelsen in den Wald ein.
Serpentinenartig schlängelte sich unser schmaler Pfad
nach oben und schon nach wenigen Minuten standen
wir auf dem Sängerfelsen. Dort angekommen, genossen
wir die Morgensonne und den ersten Ausblick über
den Pfälzerwald. Dieses Mal waren Kerstin und unsere
Freunde Steffi und Kai mit dabei und natürlich Max
unser Vierbeiner. Max, ein schwarzer lieber Labrador,
freute sich über die schönen Pfade, die nun unter unseren
Füßen bzw. Pfoten zu spührten waren und nach
den ersten Eindrücken waren wir uns alle sicher, dass
dies eine besondere Wanderung werden würde.
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Vom Sängerfelsen aus kann man über Dahn und den
herbstlichen Pfälzerwald schauen.
170 Seite
Sanft schlängelte sich unser Weg anschließend
über die Hügel durch den
herbstlichen Wald. Unser nächstes
Ziel war die Ruine Neudahn. Auf dem
Weg dorthin kamen wir am Hexenpilz
und am Satansbrocken vorbei. Wir
tauchten somit gedanklich immer weiter
in die Sagenwelt der Dahner Felsenlandschaft
ein, was zum schönen
Wetter durchaus passte. So hüllten
die Sonnenstrahlen am Hexenpilz das
Sandsteingebilde in ein mystisches
Licht. Motiviert erreichten wir bald
die Ruine Neudahn und stiegen dort
angekommen die Treppenstufen im
Inneren des Turmes empor.
Oben angekommen, standen wir auf
einer Aussichtsplattform hoch über
dem Wieslauter Tal und genossen
die weite Aussicht über die Bäume
bis hinüber zu den Hügeln des umliegenden
Pfälzerwaldes. Nach ein paar
Bildern ging es wieder bergab zum
nächsten Höhepunkt, dem Dahner
Felsentor. Der Weg führte geradewegs
auf die Felsformation zu und
durch ein großes Loch hindurch. Mit
großen Augen schweifte unser Blick
nach oben, als wir genau in der Mitte
unter dem Felsen standen, und ich
fühlte mich für einen Moment wie in
einem realen Märchenland.
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Das Dahner Felsentor ist wie die Granitblöcke im
Fichtelgebirge oder den Sandsteinfelsen der sächsischen
Schweiz faszinierend und eben so schön wie
die Felsstrukturen im Südwesten der USA. Zwar sind
sie hier hicht ganz so groß, jedoch wächst im Gegensatz
zum Südwesten bei uns ein vielfältiger Wald.
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Seenlandschaft mitten im
Wald. Man fühlt sich hier wie
in Kanada.
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Wir wanderten schließlich weiter und kamen bis zur
Talsole. Dort angekommen bogen wir scharf nach links
ab und erreichten den Neudahner Weiher.
Die Wegmarkierung führte uns anschließend durch das
idyllische Moosbachtal hinaus zum Ederswoog, einer
moorigen Landschaft, die an eine kanadische Wildnis
erinnert. Die herbstlichen Farben umrahmen die schönen
Eindrücke der Seenlandschaft, die zusätzlich von
unzähligen Grashügeln umrahmt wurde. Das Tal bildete
einen Kontrast zu den Steinformationen im Dahner
Felsenland. Wir verließen das Moosbachtal wieder und
folgten anschließend dem Seibersbach, den wir bald
überqueren mussten.
Anschließend befanden wir uns auf der Zufahrtstraße
zur Dahner PWV-Hütte. Dort auf dem Parkplatz
angekommen, war es dann erst einmal mit der Ruhe
vorbei. Viele Besucher nutzten die Zufahrtstraße, die
nahe an die Hütte heranführt und dementsprechend voll
waren auch die Sitzplätze an der Hütte. Wir entschlossen
uns direkt weiter zu laufen, stiegen erneut hinunter
ins Moosbachtal ab und fanden dort am Kühwog eine
schöne Bank in der Sonne. „Das passt“, sagten alle.
Wir nahmen die Rucksäcke ab und machten es uns
gemütlich. Schlagartig gingen alle Mundwinkel nach
oben, denn die ersten Hinweise auf eine Pause waren
bereits eine halbe Stunde alt. Auch Max tänzelte um die
Brotzeitboxen herum, denn Hunde nehmen den Geruch
von frischer Wurst und von Käse besonders intensiv
wahr. Wir teilten unser Vesper brüderlich auf, sodass
am Ende wirklich „jeder“ etwas abbekam.
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Immer wieder stießen wir im
Wald auf Sandsteinformationen.
Wer ihrer Geschichte auf
den Grund gehen will, sollte
den Geopfad Fladensteine bei
Budenthal besuchen.
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Frisch gestärkt ging es
nach der Brotzeit weiter
über den Steinhohl zum
Campingplatz Felsland,
der ein Paradies besonders
für junge Familien
mit Kindern darstellt.
Der Anstieg davor war
noch einmal knackig gewesen.
Wir stiegen über
ausladende Baumwurzeln
hinweg und genossen
dabei den Sonnenschein,
der durch die Baumwipfel
bis hinunter auf den
Boden vordrang.
Oben angekommen liefen
wir auf leichten Sohlen
über den herrlich sandigen
Waldboden mitten
durch den sonnendurchfl
uteten Wald.
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Am Campingplatz Felsland angekommen,
blickten wir begeistert auf
die Sandsteinpilze, die sich um das
Feriendorf reihten. Pfaffenfelsen und
Wachtfelsen begleiteten uns anschließend
auf dem weiteren Weg hinunter
nach Dahn.
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Als wir den Ort erreicht hatten, mussten wir uns an der
Marktstraße durch einen turbulenten Verkehr kämpfen.
Erleichtert bogen wir in die Schulstraße ein und
erreichten über dem Friedhof wieder den Wald. Steil
ging es nun hinauf zum Vogelsberg und hinüber zum
Jungfernsprung. Der Weg durch die Felsen war noch
einmal abwechslungsreich und spannend.
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Letzter Anstieg zum
Jungfernsprung
180 Seite
Am Tagesziel angekommen.
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Der Jungfernsprung ist nicht nur etwas für Schwindelfreie.
Auch weniger Geübte kommen auf dem
Weg zum Aussichtspunkt voll auf ihre Kosten. Vom
Jungfernsprung aus schweiften unsere Blicke noch
einmal hinunter ins Wieslauter Tal und wir genossen
die abendliche Sonne vom Gipfelplateau aus.
Der Rückweg zum Auto am Dahner Bahnhof ist
anschließend nur noch Formsache, der abschließende
Besuch im Cafe Zürn in Hinterweidental
jedoch Pfl icht. Der Teufelstisch allerdings muss leider
noch warten. Ihn sollten wir an diesen beiden
Tagen nicht mehr schaffen. Mit unserem ersten
Herbstwandertag waren wir trotzdem mehr als zufrieden,
denn schöner hätte der Tag nicht sein können.
Trotz allem freuten wir uns auf der Rückfahrt
bereits im Auto über das Abendessen.
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Der nächste Morgen begann erneut mit zähem Nebel,
doch für den Tag versprach die Wetterapp ein weiteres
Mal Sonnenschein. Ich besuchte daher zunächst die
Nutrias, die hinter unserer Pension den Uferbereich
eines kleinen Gewässers bewohnten und fotografi erte
die trolligen Kerle ein wenig.
Anschließend fuhren wir nach Reichenbach, das etwa
drei Kilometer hinter Dahn liegt. Unser Weg führte uns
zunächst durch ein Tal und anschließend über eine
Schleife hinauf auf den Hochstein. Bereits der Zustieg
war spannend gewesen, aber vor allem steil. Oben
angekommen waren wir überwältigt von der Aussicht.
Zunächst stießen wir auf ein großes Loch im Felsen.
Orte mit solch einem Weitblick wie hier vom Hochstein
aus, findet man nicht oft. Wir setzten ihn kurzerhand mit
großen Namen wie „Deadhorse point“ im Südwesten
der USA gleich, was durchaus ernst gemeint ist. Durch
das Loch blickend, sahen wir in die Ferne. Dort am
Horizont muss Frankreich liegen, etwa zehn Kilometer
südlich von diesem Aussichtspunkt aus.
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186 Seite
Aussichtsberg
Hochstein
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Nicht weit hinter unserem „Steinfenster“ stießen wir
auf einen Ort, der nicht schöner hätte sein können. Bei
strahlender Sonne beschlossen wir jetzt schon ein kleines
Vesper abzuhalten. Orte mit solch einem Rundumblick
wie hier vom Hochstein aus, findet man nicht oft.
Wir packten unsere Brote aus und ließen unsere Blicke
über den unter uns liegenden Pfälzersald schweifen.
Dabei träumten wir ein wenig vor uns hin und hätten
hier gerne noch mehr Zeit verbracht. Noch einen kräftigen
Schluck aus der Flasche und ein letzter Blick hinaus
in die Ferne. „Los wir gehen“, meinte ich, denn vor
uns lag noch eine ereignisreiche Wanderung. Vor allem
hatten wir noch weitere schöne Ziele, die wir erwandern
wollten. Gut gelaunt räumten wir unsere sieben Sachen
zusammen und verließen diesen traumhaften Ort.
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Stetig auf und ab ging es nun bis hinüber zu drei hintereinander
liegenden Burgen. Auf einem großen mehrteiligen
Felsplateau sahen wir bald die Burgen Tanstein,
Grafendahn und Altdahn vor uns. Anschließend stiegen
wir durch die Ruinen von Grafendahn nach oben.
Der Ausblick auf Altdahn von dort oben war erneut
spektakulär, vor allem das Zusammenspiel der weinroten
und gelben Herbstfarben, die mit den Sandsteinmauern
einen guten Kontrast bildeten, begeisterte uns.
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Ausblick von Altdahn
auf Wald
und Burg.
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Was sich die Burgherren wohl gedacht haben mögen,
wenn sie auf ihre Ländereien herunterschauten? Der
Ausblick war damals sicher der gleiche gewesen. Wir
versanken noch eine Weile in geschichtlichen Gedanken,
redeten über Holzöfen und Heizkamine in den
mittelalterlichen Gemächern, aber auch über die vielen
Beschwerden wie etwa Rheuma, das die Menschen in
den zugigen Gemäuern geplagt haben dürfte.
Doch insgesamt können wir uns diese beschwerliche
Zeit nicht annähernd vorstellen. Zahnschmerzen,
Colera, Eiterherde und kein Antibiotika. Die Lust auf
das Leben auf einer solchen Burg in der damaligen Zeit
verfl og beim Nachdenken schnell. Genau so wie die
Türme, die hinter uns im dichten Wald bald nicht mehr
zu sehen waren.
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Der Wald hatte uns wieder und er verzauberte durch
seine Farben und die Sonnenstrahlen, die schräg durch
das Blätterdach hindurchschienen.
In Erfweiler angekommen, hatte uns die Zivilisation
wieder, doch nur kurz war unser Weg durch den Ort.
Schnell waren wir wieder auf dem Felsensand Sagenweg
und folgten ihm weiter. Am gegenüberliegenden
Talhang stieg der Weg serpentienenartig und steil nach
oben. Wir ließen den Felslandblick aus, der rechts von
uns lag, und wanderten weiter hinauf zum Dorfblick.
„Wow, nicht schlecht“ erwähnte ich. Was wir von hier
oben sahen, war die Hauensteiner Straße von Dahn in
ihrer ganzen Länge. Erneut rasteten wir, doch dann
bemerkte Kai, dass seine Umhängetasche samt Handy
fehlte. „Mist, wo hatte ich das Handy zuletzt gebraucht“,
fragte er.
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Sofort startete in unseren Köpfen eine Art Notprogramm, denn die Ereignisse der
letzten Stunden wurden nun im Schnelldurchlauf zurückgespult. Wir gingen alle Rastplätze
und Trinkpausen nach und nach durch. Währenddessen hörten zwei Wanderer
mit, die sich gegenüber unserer Bank niedergelassen hatten. Sie informierten uns
darüber, dass sie ja weiter nach Erfweiler müssten, dies war der Ort, von dem wir
gerade hergekommen waren. Wir dankten den Beiden, doch insgeheim sahen wir
uns bereits im Dunkeln auf den Altdahner Ruinen herumsuchen und überlegten, wie
wir uns dabei am Besten aufteilen sollten. Das Problem war ja nicht das physische
Handy selbst, sondern die vielen Kontaktdaten und Bilder, naja, jeder kennt das.
Um die Geschichte etwas zu verkürzen nur soviel: Die beiden Wanderer fanden doch
tatsächlich das Handy in Erfweiler an einer Treppe und riefen mit diesem die letzte
gewählte Nummer an. Es war die Mutter von Steffi gewesen. Der Rest ist schnell
erzählt. Wir eilten zurück, trafen die Beiden und das Handy wurde übergeben. Bei
Kai machte sich große Erleichterung breit. Jetzt lachte er wieder und wir konnten
nach diesem Schock unsere Wanderung wie geplant fortsetzen. Noch einmal ging
es hoch auf den Kahlenberg hinauf und weiter bis vor zum Wasgaublick. Ein letztes
Mal genossen wir den Pfälzerwald von oben, auch wenn das Wetter nicht mehr ganz
so toll gewesen war. Die letzten Kilometer zurück nach Reichenbach waren dann nur
noch Formsache. Durch uns allen war klar, dass ein weiterer Besuch dieser schönen
Gegend für das nächste Jahr fest eingeplant werden würde.
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So ein Jahr vergeht ja bekanntlich schnell und so waren
wir im folgenden Herbst wieder hier. Dieses Mal hatten
wir als Bleibe den Ferienbahnhof Reichenbach gewählt.
Dort kann man nicht nur vorzüglich essen, sondern in
den Waggons auch bequem schlafen.
Das Ulkige war, dass ein kleiner Felskopf oben auf der
gleichnamigen Burg das selbe Aussehen hatte, wie
der ganze Fels von weitem. Die Aussicht war auch dort
atemberaubend schön. Uns zog es jedoch weiter in östlicher
Richtung am Weißensteinerhof vorbei und durch
das Fehrental bis nach Erlenbach. Dort war die Burg
über dem Ort ein schöner Blickfang, doch wir wollten
wieder hinauf in den Wald.
Unsere erste Wanderung war wieder ein Rundkurs gewesen,
denn dies ist für die Zu- und Abfahrt am tauglichsten.
Zunächst führte unsere Route durch das Geiersteinbachtal
und hinauf zum Drachenfels. Schon von weitem kann
man diese außergewöhnliche Erhebung erkennen.
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Wir wanderten am Kirchenbusch vorbei und konnten über eine Lichtung zum Heidenberg
hinüberschauen. Anschließend ging es angenehm auf gleicher Höhe um den Jüngstberg herum,
bis wir auf eine einladende Bank trafen. Von dort aus sahen wir den Dickenberg, der sich vor
Reichenbach erhebt. Eine einsame Kiefer erhob sich unmittelbar vor unserer Bank und bildete
einen schönen Blickfang vor dem bewaldeten Tal, das direkt vor uns lag.
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Auf dem weiteren Weg bergab erreichten wir Ungerteich,
eine kleine Lichtung die vor einem riesigen
Sandsteinfelsen lag. Mehrere einladende Kletterrouten
führten dort hinauf und es juckte mich ganz schön in
den Fingern. Doch die Erfahrung im Frühjahr, bei einer
Wanderung auf dem Rheinsteig, bei der ich nach einer
kurzen Kletterpartie mit einem Bänderriss ausgefallen
war, lehrte mich, bei Wanderungen besser auf kurze
Klettereinlagen zu verzichten. Guter Dinge liefen wir
daher vom Felsen an unseren Parkplatz zurück.
Am nächsten Morgen stand dann die wohl schönste Wanderung
an, die ich bisher im Pfälzerwald genießen durfte.
Sie war ebenso wie die am Vortag etwa 15 Kilometer lang,
wobei 600 Höhenmeter im Auf- und das gleiche noch
einmal im Abstieg bewältigt werden mussten. Wir nannten
diese Route den Franzosenschlenker, da ein gutes Stück
der Strecke auf französischem Boden zurückgelegt werden
musste. Zunächst führte unser schmaler Pfad schräg
hinauf zum Schwobberg auf 524 Meter Höhe. Durch die
schräg einfallenden Sonnenstrahlen wurde der Aufstieg
dabei zum Genuss. Kai war vor Begeisterung gar nicht
mehr zu bremsen. Oben angekommen wurden wir vom
ersten Sandsteingebilde empfangen.
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Nach einer kurzen Pause und einigen
Bildern später ging es hinab auf einen
Bergsattel, der zwischen dem Schwobberg
und dem Kuhnenkopf lag. Hinter einer
Schutzhütte führte uns der Pfad erneut
bergan und direkt an einem meiner bisher
schönsten Plätze im Pfälzerwald vorbei.
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Sonne, Wald und
Felsstrukturen, ein Platz
zum Träumen.
200 Seite
Hinter dem Kuhnenkopf beeindruckte uns 20 Minuten
später eine weitere Felsformation. Sie befand sich noch
vor dem Aufstieg zum Sindelsberg und ein weiteres Mal
waren Serpentinen zu meistern.
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Über Sandsteinstufen
ging es hinauf auf den
Sindelsberg zur Wegelnburg.
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Die Wegelnburg liegt auf
571 Metern Höhe und
ist damit die höchstgelegene
Burg der Pfalz mit
herrlicher Aussicht auf
den Wasgau.
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Nach dem Sindelsberg führte uns der Wanderweg hinab
zum Kaiser-Wilhelm-Stein. Hinter der gleichnamigen
Schutzhütte erreichten wir die Grenze zu Frankreich,
die mit einem Sandstein gekennzeichnet ist. Doch das
Auf und Ab nahm kein Ende.
Nun lag der Schlossberg mit seinen 551 Metern
Höhe vor uns und gleich dahinter der Abstecher zum
Krappenfelsen. Die Aussichtspunkte übertrafen sich
immer wieder aufs Neue, zusätzlich war uns der
Wettergott gut gesonnen, denn der Himmel leuchtete in
einem strahlenden blau hinter dem gelbgrünen Blättern
des Herbstes hervor, wie es schöner nicht sein konnte.
Durch kurze Trinkpausen aufgelockert, wanderten wir
immer weiter in den Pfälzerwald hinein.
204 Seite
Die Hohenburg auf dem
Schlossberg war unser
nächstes Ziel. Auf dem
Aussichtsfelsen erleichterte
eine beschriftete
Steintafel die Zuordnung
der umliegenden Berge.
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Hinter dem Krappenfelsen ging es stetig bergab.
Eine weitläufi ge spitze Bergzunge bescherte uns
noch ein letztes Mal felsige Eindrücke und eine
weitere Burganlage, danach tauchten wir in einen
Abschnitt mit standhaften Buchen und knorrigen
Eichen ein, wobei es stetig bergab ging.
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Abstieg vom Schlossberg
nach Hirschthal.
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Bald überquerten wir kurz vor Hirschthal die Grenze nach
Deutschland. Nun mussten wir nur noch den Saarbach entlanglaufen.
Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden und
müde, aber zufrieden erreichten wir Schönau, den Ausgangspunkt
unseres Franzosenschlenkers.
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Am nächsten Tag fuhren wir wieder nach Schönau,
doch dieses Mal wanderten wir nicht nach Westen,
sondern in östlicher Richtung zunächst am Wenglesbach
entlang und dahinter schräg am Lindelsberg
empor.
Unsere Route führte jedoch nicht zum Gipfel hinauf,
sondern östlich unter dem Bergrücken vorbei nach
Süden, wobei der schöne Pfad immer wieder seine
Farben und Formen wechselte. Schon oft hatten wir uns
darüber gewundert, dass die Wanderwege in der Pfalz
gegenüber dem Spessart oft schöner, vor allem aber
weniger schotterweglastig beschaffen sind.
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Nachdem wir die 400
Höhenmeterlinie überschritten
hatten, wurde
der Wald lichter und
wir konnten zwischen
hohen Buchenstämmen
hinunter nach Wenglesbach
schauen. Zwischen
dem Götzenberg
und den Ausläufern des
Lindelsberges trafen
wir erneut auf einen
Sandstein-Felssattel,
der von der Beschaffenheit
dem Gestrigen
Abstieg ähnlich war.
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Auf unserer Rundwanderung
um den Ort Wenglesbach
trafen wir auf erstaunliche
Sandsteingebilde.
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Immer wieder wurden wir
von sagenhaften Felsstrukutren
überrascht, die sich
zwischen den Baumstämmen
dem Wanderer zeigen.
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Wie an einer Perlenschnur reihten sich die Sandsteinfelsen
aneinander, einige konnten wir über Leitern
besteigen, andere waren nur von unten aus anzuschauen.
So reihten sich die Eindrücke unserer Wanderung in
unseren Köpfen aneinander, während sich die Speicherkarte
füllte.
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Noch ein letztes Mal kletterten wir auf eine Ruine und
genossen von den Mauerresten aus herrliche Panoramablicke
auf den Pfälzerwald, doch unsere Zeit auf
dem Felsenland Sagenweg schwand dahin. Schweren
Herzens traten wir nach unserer Abschlussrast das
letzte Wegstück hinunter nach Schönau an. „Aber heute
wollen wir den Teufelstisch endliche sehen“, brachte
Kai fordernd ins Gespräch ein. „Ja das machen wir“, war
der gemeinsame Tenor. So fuhren wir noch ein letztes
Stück nach Hinterweidenthal, um den wohl bekanntesten
Felsen in der Pfalz, den Teufelstisch zu besuchen,
der zwischen Handschuhkopf und Etschberg in einem
Sattel zwischen den Bäumen nach oben ragt.
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Am Teufelstisch im
Pfälzerwald.
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Wie ist es um den Pfälzerwald bestellt?
„Dem Wald in Rheinland-Pfalz geht es schlecht. Nur noch zwei von zehn Bäumen gelten als gesund.
Obwohl es in diesem Jahr im Vergleich zu den drei vorausgegangenen Dürrejahren verhältnismäßig viel geregnet
hat, hat sich der Zustand kaum verbessert“. So lautet das Fazit des Waldzustandsberichtes 2021, den
Klimaschutzministerin Katrin Eder von den Grünen am 20.12.2021 vorgestellt hat. Untersucht wurde unter
anderem, wie licht die Baumkronen sind, wie viele Blätter verfärbt sind und wie stark der Schädlingsfraß ist.
Eichen, Buchen und Fichten geht es besonders schlecht
Gerade um die Buchen, von denen nur noch acht Prozent als wirklich gesund gelten, sind die Sorgen
groß. Denn diese Baumart gilt als eine der wichtigsten und hat in Rheinland-Pfalz eines ihrer natürlichen
Verbreitungsgebiete. Dass von ihr so viele Bäume geschädigt sind, macht Fachleuten große Sorgen, so
Hans-Werner Schröck, stellvertretender Leiter der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft.
Allerdings sehe die jüngere Buchengeneration deutlich besser aus als die älteren Bäume. Das mache
Hoffnung, dass sich die jungen Bäume besser an die veränderten Umstände anpassen können. Eine Verjüngung
der Baumbestände sei deshalb bei der Buche ein Ziel.
Noch nie waren so viele Bäume tot
In Rheinland-Pfalz werden nur noch acht Prozent der Buchen und sieben Prozent der Eichen als gesund
eingestuft. „Diese Daten sind ein Hilferuf der Wälder für mehr Klimaschutz“, sagte Klimaschutzministerin
Katrin Eder von den Grünen. Der Anteil geschädigter Bäume in einer landesweiten Stichprobe von 3.700
Bäumen sank von 84 auf 82 Prozent. Vor den Jahren von 2018 bis 2020 waren es erst 73 Prozent. Aktuell
gelten 6,1 Prozent der Bäume in Rheinland-Pfalz als tot oder als akut gefährdet, in Kürze abzusterben.
Das sind drei Mal so viele wie noch 2017. Bei der Fichte waren es sogar elf Prozent. Wälder, die überleben
sollen, müssen nach Eders Worten naturnah bewirtschaftet werden. Die Zukunft seien Mischwälder und
mehr klimaresistente Arten. Mischwälder seien deshalb im Vorteil, weil Schädlinge meistens nur an eine Art
gingen. Momentan sei es aber noch ein Prozess herauszufinden, wie den Wäldern geholfen werden könne,
so Hans-Werner Schröck.
Was sind die Gründe?
Die Wälder litten massiv unter dem Klimawandel, betonte Eder, aber auch Luftschadstoffe seien weiterhin ein
Problem. Diese sorgten immer noch dafür, dass die Böden in zahlreichen Waldgebieten übersäuert seien;
Nährstoffe ließen sich dann nur noch schlecht lösen. Auch Schädlinge seien nach wie vor ein großes Thema.
Ein alter Bekannter ist der Borkenkäfer, der laut Eder nach wie vor vielen Bäumen, aber besonders der Fichte
zusetzt. Andere Bäume würden durch eingeschleppte invasive Arten bedroht. So schädige ein aus Ostasien
eingeschleppter Pilz, das „falsche weiße Stängelbecherchen“ seit einigen Jahren die Esche ganz massiv.
Aus der Sendung vom Mo., 20.12.2021 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR Fernsehen RP
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Der Rhein und seine Auen
Der Rhein ist eine der großen Lebensadern in Deutschland. Sein Einflussgebiet reicht vom
Bodensee im Süden bis an die Grenze zu den Niederlanden im Norden. Zusammen mit den
Anrainerstaaten Schweiz und den Niederlanden umfasst das Einzugsgebiet des Flusses
218.300 km². Das Quellgebiet des Rheins liegt allerdings in den Schweizer Alpen. Nach dem
Zusammenfl uss der beiden Hauptquelläste fließt er in den Bodensee. Ab Basel spricht man
vom Oberrhein, ab Bingen vom Mittelrhein und ab Bonn vom Niederrhein. In den Niederlanden
teilt sich der Fluss in drei Mündungsarme des Deltarheins auf, bevor er in die Nordsee mündet.
Die im Buch beschriebenen Touren befinden sich am Oberrhein.
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Zwischen dem kanalisierten Rhein-Hauptkanal und den landwirtschaftlichen Monokulturen der
Oberrheinebene ist ein schmaler Landstrich mit unzähligen Altrheinarmen und urigen Auwäldern
erhalten geblieben. Dieses wasserreiche Gebiet vermittelt auch heute
noch den ursprünglichen Charakter einer Flussaue. Dies hatte zur
Folge, dass der Oberrhein im Jahr 2008 die Auszeichnung als
„grenzüberschreitendes Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“
gemäß der Ramsar-Konvention erhalten hat. Das Ramsar-Gebiet
umfasst seither insgesamt etwa 48.000 Hektar auf deutscher und
französischer Seite. Es erstreckt sich auf 190 km Länge von Weil am
Rhein bis Karlsruhe und beinhaltet 17 verschiedene FFH-Lebensraumtypen.
Manche der Gebiete entlang des Oberrheins haben nahezu einen Urwald-Charakter.
222 Seite
Große Weiden und
Birken säumen die
Uferbereiche des
Rheins. Auf Deichsystemen
führt der
Radweg kilometerlang
am Fluss
entlang.
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Die Route
Die Deiche am Oberrhein wurden zusammen mit einem riesigen Pegelausgleichssystem
realisiert. Eine gigantische Ingenieursleistung, die
im Zuge der Rheinbegradigung durch Gottfried Tulla 1809 geplant und
bis 1867 auf nahezu 360 Kilometern Länge realisiert wurde. Erst vor
Ort und entlang meiner 260 Kilometer langen Fahrt wird für mich dieses
Megaprojekt einigermaßen fassbar, wobei die Flussbreite am
Oberrhein von Tulla auf exakt 240 Meter festgelegt wurde.
Drei Tage war ich im Oktober 2020 unterwegs. Auf meiner Radtour
erlebte ich nicht nur weite Flusslandschaften, rechts und links traf ich
ebenso auf Auen, die ich in dieser Dimension noch nie vorher gesehen
hatte. Schnell war mir klar, dass ich diese Urlandschaften näher
kennen lernen wollte und so war bald eine neue Idee geboren. Diese
Auen musste ich unbedingt mit dem Boot unter die Lupe nehmen.
224 Seite
Von Breisach nach Worms
Oktober 2020
Nach einer einstündigen Verzögerung bei der Bahnanfahrt verließ ich bei herrlichstem Wetter den
Bahnhof von Breisach und steuerte geradewegs in Richtung Rhein hinüber. Am Dom machte ich
noch schnell einen Schnappschuss von mir und dem Fluss, der mich für die nächsten drei Tage
fesseln würde.
Anschließend konnte es losgehen. Schon nach wenigen
Minuten beeindruckte mich die Größe dieses Stromes,
so richtig klar wurden mir seine Dimensionen jedoch
erst nach den drei Tagen. Ich genoss nun erst einmal
das anfänglich schöne Wetter und die Auenlandschaften,
die sich hinter dem riesigen Dammbau ausbreiteten.
Mein Zahnkranz lief wie am Schnürchen und ich
blickte geradewegs weit nach Norden.
Vor mir lag der mächtige Rhein und über ihm kreisten
Kormorane, Enten und Fischreiher. Mit dabei war ebenfalls
der frische Wind, der mich auf den nächsten drei
Tagen unentwegt begleiten sollte. Ab und an verließ ich
den Damm und bog direkt in die unendlich scheinenden
Auenlandschaften ein. Sie werden von schmalen
Pfaden durchdrungen, auf denen man nicht nur mit dem
Rad wesentlich abwechslungsreicher unterwegs ist,
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denn sie geben dem Besucher schöne Einblicke in eine
außergewöhnliche Wasserlandschaft. Hier sind neben
Schwänen gelegentlich die blau schimmernden Eisvögel
zu sehen, die auf abgestorbenen Ästen sitzen und beim
Herannahen der Rollgeräusche mit einem markdurchdringenden
Pfi ff das Weite suchen. Große Weiden und
Birken säumen die zusammenhängenden Gewässer, die
in Summe ein riesiges Pegelausgleichssystem realisieren.
Eine gigantische Ingenieursleistung, die zusammen mit der
Rheinbegradigung auf rund 360 Kilometer Länge realisiert
wurde. Erst nach meiner 260 Kilometer langen Radtour
konnte ich dieses Megaprojekt einigermaßen einschätzen,
doch je näher man darüber nachdenkt, umso unglaublicher
wird seine Dimension. So legte Tulla die Flussbreite am
Oberrhein auf exakt 240 Meter fest. Schon alleine das ist
für den Leihen unfassbar.
226 Seite
Nach einigen Kilometern fi el
mir ein weißer Bussard auf,
der sich gemütlich in einer
alten Weide ein Sonnenbad
gönnte. Dann kam wieder der
Wind.
Ich legte eine kurze Pause ein
und positionierte mein Rad für
ein Bild mit dem Rhein. Solche
Spielereien ergaben sich am
Anfang meiner Tour. Das
Wetter war noch schön und
die Sonne wärmte zumindest
beim Sitzen im Gras Gesicht
und Hände.
Am Wegrand weisen immer
wieder hellgraue Grenzsteine
auf die bereits zurückgelegte
Strecke hin.
Seite 227
Etwa alle 13 Kilometer
wurde der Rhein breiter.
Seeartig schob sich die
Wasserfläche dann in
Form eines großen Dreiecks
über die gewohnte
Breite hinaus.
Es sind riesige Stauwerke,
die den Fluss auf die
doppelte Breite anwachsen
lassen. Bei Burkheim
stieß ich auf das Erste
dieser Bauten.
Auf Pfählen, die direkt an
den Schleusen aus dem
Wasser ragen, saßen
unzählige Kormorane und
warteten auf ihren Fisch.
Bei herrlichstem Wetter breiteten einige der Vögel
die Flügel aus, um sie in der Sonne zu trocknen.
Anschließend erreichte ich einen markanten Berg, der
sich neben dem Rhein erhob. Es handelte sich um den
solitären Limberg und ich fuhr direkt auf ihn zu. Den
dahinter liegenden Kaiserstuhl konnte ich jedoch nur erahnen.
Immer wieder wechselte ich nun zwischen dem
Dammweg und dem Weg darunter, denn der untere lag
im Windschatten und gleichzeitig näher
an den Auen, die mich so sehr faszinierten.
So brachte ich nebenbei etwas
Abwechslung in die Radtour, denn die
Eindrücke zwischen wilden Auenlandschaften
und den weiten Rheintalblicken,
die sich vom Damm aus als
Kontrast ergaben, waren sehr reizvoll.
228 Seite
Teilweise führte der Weg aber auch weg vom Damm in die Dörfer hinein, wie beispielsweise
in Meißenheim. Dann folgte ich dem Radweg durch Wiesen und Felder,
die immer wieder von Kanälen durchzogen wurden. Bemerkenswert war die gute Ausschilderung
auf dieser Teilstrecke. Ich radelte vorbei an der Auenlandschaft Taubergießen
und dem Ferienpark Rust und kam anschließend wieder in die Felder abseits
des Rheins. Aufgrund meines verspäteten Starts und den kleineren Pausen, die ich mir
zwischendurch gönnte, kam ich erst nach etwa fünf Radelstunden zum Ende der ersten
Tagesetappe. Bei Dämmerlicht und müden Beinen fuhr ich auf Kehl zu. Mein Quartier
erreiche ich erst im Dunkeln. Mit angeschalteter Beleuchtung fuhr ich in den Rosengarten
in Kehl ein.
Nach dem Duschen war dann ein entspanntes Abendessen angesagt. Ich ließ mir eine
warme Gulaschsuppe und einen Flammkuchen schmecken und freute mich auf mein
warmes Bett nach diesem anstrengenden Tag.
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Der Radweg
zwischen Breisach
und Kehl wechselt
zwischen eintönigen
Dammstrecken und
kurvigen Schlenkern
durch die Rheinauenlandschaft
ab.
Dazwischen trifft
man immer wieder
auf schmucke
Dörfer wie Sasbach
oder Nonnenweier.
230 Seite
Auch am nächsten Tag startete ich bei herrlichstem
Wetter in den Tag. Zunächst navigierte ich zum Bahnhof,
denn dahinter führte meine Route direkt an der Kinzig
entlang, wobei die Sonne nur so vom Himmel strahlte.
Bald hatte ich die Einmündung des Flusses in den Rhein
erreicht und der Radweg führte mich von dort aus weiter auf dem Damm immer am Fluss entlang. Dabei blies mir
der Wind beständig entgegen. Am Rheinauenwald bei Diersheim machte ich daher eine kurze Pause und trat anschließend
der Schleuße Gambsheim entgegen. Die weiten Aussichten entlang des Rheins begeisterten mich und
ich war froh, endlich diesen Fluss näher kennen zu lernen. In Gambsheim hatte ich bereits die ersten 14 Kilometer
hinter mir. Ich durchfuhr anschließend weite Landschaften mit Ausblicken bis hinüber zum Schwarzwald, den dortigen
Nationalpark, der direkt hinter Achern liegt, konnte ich jedoch nur erahnen.
Die Höhenzüge dieses ausgedehnten Mittelgebirges begleiteten mich rechter Hand bis an die Tore von Karlsruhe.
In Lichtenau machte ich eine weitere Rast und wechselte mein Kartenblatt nach gefahrenen 28 Kilometern aus.
Anschließend ging es wieder hinüber zum Rhein und am Fluss weiter entlang.
Seite 231
Breite Bewässerungskanäle
durchziehen
die Rheinniederungen
zwischen Kehl
und Rastatt.
232 Seite
Bei Hügelsheim stieß ich direkt an der Straße auf ein altes keltisches Hügelgrab und nutzte den Platz
für eine kurze Rast. Dann fuhr ich weiter über Iffezheim bis nach Rastatt. Kurz vor der Stadt erwischte
mich ein erster Schauer und ich beschloss meine Klamotten auf Regenkleidung umzustellen. Ich fuhr anschließend
weiter bis zur Stadtmitte und suchte in einem Cafe etwas Wärme, denn die hatte ich mir nach
50 Kilometern auf dem Rad wirklich verdient. Auch etwas Süßes musste sein, denn dies ist eine meiner
großen Schwächen. Mit einem Granatsplitter auf dem Tablett, der hier Bergspitze heißt, suchte ich mir ein
gemütliches Plätzchen aus. Mit der weichen süßen Masse im Gaumen ging es mir schon bald wieder viel
besser.
Gestärkt setzte ich meine Tour in Richtung Norden fort. Ich trat nun fl eißig in die Pedalen, während mir der
Wind von vorne direkt ins Gesicht blies. Der zusätzliche Nieselregen wäre dabei wirklich nicht nötig gewesen,
aber naja, das wird schon, dachte ich. Abgekämpft und mit kalten Füßen und belzigen Fingerspitzen
erreichte ich Karlsruhe. Dort navigierte ich zum Bundesverfassungsgericht und anschließend zum Schloß.
Ein paar Bilder mussten trotz des schlechten Wetters ja schon sein. Leider lagen immer noch neun
Kilometer bis zur Unterkunft vor mir und ich musste noch einmal alles geben. Mit dem letzten Akkustrich
auf dem Handy erreichte ich die Unterkunft „Garbo Löwen“ und ein Michelinmännchen strahlte mir an der
Eingangstür entgegen. Ich entschied mich dann zu später Stunde für ein günstiges Cordon Bleu und war
trotzdem begeistert, denn so einen zarten Happen hatte ich vorher noch nicht gegessen. Wenige Minuten
nach dem Essen schlief ich bereits wie ein Murmeltier oder besser gesagt wie ein müder Löwe ein.
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Das Karlsruher Schloss war einst Residenzschloss
der Markgrafen bzw. Großherzöge
von Baden. Heute ist in dem Gebäude das
Badische Landesmuseum und ein Teil des
Bundesverfassungsgerichts untergebracht.
234 Seite
Am nächsten Morgen trank ich gegenüber meiner Unterkunft einen Kaffee und genoss
dazu einen Mohnstreusel. Zwei Rosinenbrötchen packte ich für die Fahrt in die
Außentasche und schon konnte es losgehen. Leichter Nieselregen benetzte meine
Brille gleich zu Beginn und ich fuhr bei acht Grad Celsius in Richtung Hochstetten los.
Weiter ging es dann bis nach Rußheim und hinüber in die Rheinauen von Elisabethenwörth.
Dieser Altarm des Rheins kann mit einem urigen Baumbestand aufwarten,
der seinesgleichen sucht. Ich fuhr mit meinem Drahtesel geradewegs unter diesen
grünen Riesen hindurch. In Germersheim querte ich den Rhein und radelte erneut an
einem Altarm vorbei in Richtung Speyer. Die Altarmschleifen befinden sich jeweils
rechts und links des Flusses und wechseln nach jeder Windung die Uferseite. Das
Schlangenwirrwarr zwischen Wörth und Speyer ist jedoch die Krönung, doch ich fand
immer wieder einen Weg, der zwischen dieser Schlangenlinie hindurchführte.
In der Breite laden diese aneinandergereihten Halbkurven mächtig aus und dehnen
das Rheinbett auf etwa fünf bis sieben Kilometern Breite aus.
Die Strecke bis nach Speyer schmolz nur spärlich unter meinen Füßen dahin, doch
viertel vor elf saß ich an einem Stadttorcafe, keine 400 Meter vom berümten Dom
entfernt und trank eine schöne heiße Schale Kaffee. In der angenehmen Wärme des
schmucken Örtchens beschloss ich trotz des schlechten Wetters die Weiterfahrt nach
Worms anzutreten. Google verriet mir aber leider, dass ich dafür noch geschlagene
45 Kilometer radeln musste. Ich leerte genießend meine Tasse und suchte währendessen
die Anschlusszüge ab Worms nach Hause. Zum Glück verkehren die Züge
zwischen Worms und Frankfurt im Stundentakt. Das sah auf der Bahn-App schon mal
vielversprechend aus.
Seite 235
Ich konnte also ohne Stress die restliche Strecke angehen und verließ guter Dinge Speyer in Richtung Norden. Nun
blieb ich auf der linken Rheinseite, dabei versuchte ich zum einen durch Navigation mit dem Handy und zum anderen
mit Hilfe der Radwegschilder die einfachste Verbindung nach Worms zu finden. Am Ende wurde es ein Kraftakt, denn
der Wind aus Norden blies immer heftiger und die Böhen landeten fortwährend in meinem Gesicht. In Ludwigshafen
hielt ich am Rhein an einer Bratwurstbude an. „Du kommst mir jetzt gerade recht“, dachte ich und es kam mir vor,
als hätte ich noch nie eine bessere Wurst gegessen. Auch die Wärme des Stücks füllte sich in meinem ausgekühlten
Körper supergut an. Mit neuer Kraft und aufgrund der Schmerzen am Gesäß radelte ich nun stehend weiter. „Noch 21
Kilometer, dann hast du es geschafft“, dachte ich, während das Wetter immer wieder meine Motivation dämpfte. Vor
allem die Windböhen waren grauselig. Zusätzlich kämpfte ich nun immer öfter gegen die Beschilderung statt mit ihr,
las ständig dieses Frankenthal, obwohl ich es doch schon lange verlassen hatte. Zurück am Rhein waren anschließend
wieder die Windböhen mein Hauptgegner.
Noch neun Kilometer. Es folgte ein Stück Radweg direkt an der autobahnartigen B9, anschließend tauchte ich wieder
in den Wald ein. Eins Komma neun Kilometer, fast hatte ich es geschafft. Erleichtert reduzierte ich die Geschwindigkeit.
Trat nun zwei mal in die Pedale und rollte im Stehen ein paar Meter gemächlich dahin. Mein Hintern war am
Ende. Schrebergärten und Pferdekoppeln tauchten auf. Dann endlich das Häusermeer von Worms. Ich kann euch
nicht sagen, wie ich mich darüber freute. Flott ging es nun durch das Straßengeflecht bis hinauf zum Bahnhof. Der
Zug, der um 14 Uhr 17 den Bahnhof verließ, war gerade abgefahren, während ich auf eine rettende Eisdiele blickte.
„Genau das isses jetzt“, dachte ich und kehrte ein letztes Mal ein. Die Dreiviertelstunde, die jetzt bis zum nächsten
Zug vor mir lag, genoss ich wahrlich in vollen Zügen. So gut hatte mir selten ein Eis und eine Cola geschmeckt wie
an jenem Nachmittag. Um 15 Uhr radelte ich die letzten 500 Meter zum Bahnhof hinüber. Der Zug war pünktlich und
ich saß im trockenen und warmen Abteil, ließ die Umgebung an mir vorbeirauschen und träumte nur noch vor mich
hin. „Das ist schon eine feine Sache mit der Bahn“, dachte ich, doch nach dem Umsteigen im Frankfurter HBF und
dem Anschlußzug über den Spessart, sollte ich doch noch eine kleine Überraschung erleben. Die Zugtüre ließ sich
am Bahnhof in Partenstein nicht öffnen, denn der Lockführer hatte sich verbremst und der letzte Wagen, in dem ich
saß, stand über dem Schotterbett. Der Schaffner schickte mich zwar gleich durch den Wagen nach vorne, doch als
ich dort angekommen war, fuhr der Zug bereits los. Vergeblich hämmerte ich auf den Ausstiegsknopf ein, doch der
Main-Spessart-Express hielt erst wieder in Lohr. Neben mir waren noch zwei weitere Fahrgäste betroffen. Die hierzu
fallenden Schimpfwörter möchte ich hier besser nicht wiedergeben. Am Ende brachte uns ein Anschlusszug wieder
zurück nach Partenstein. Der dritte Reisende hatte jedoch zu viel geflucht. Er wurde vom Schaffner vom Bahnsteig
verwiesen. Das hatte an diesem Tag gerade noch gefehlt. Müde schob ich mein Rad den Berg hinauf. Zu Hause in
der Küche standen die gewünschten Schinkennudeln bereits auf dem Tisch und Kerstin freute sich, dass ich heil
wieder zu Hause angekommen war.
236 Seite
Paddeln durch die Rheinauen
August 2021
Die Rastatter Rheinaue umfasst rund 850 Hektar und ist somit eines der größten, aber auch schönsten
Naturschutzgebiete Baden-Württembergs. Es handelt sich um eines der letzten, natürlichen
Überflutungsgebiete am Oberrhein. Für mich war das Grund genung, diese Wasserlandschaft einmal
mit dem Schlauchkanadier zu besuchen.
Es versprach ein herrlicher Paddeltag zu werden. Schon
am Tag zuvor hatte ich mich über die Temperatur- und
Wettermeldungen gefreut. Unspektakulär war auch die
Anfahrt über die Rheintalautobahn gewesen. Nun musste
ich nur noch Plittersdorf ansteuern, ein Dorf mit 3.000
Einwohnern. Schnell war ich am Parkplatz neben dem
Schützenhaus in der Schulstraße angelangt und sortierte
am naheliegenden Ufer meine sieben Sachen.
Es war noch früh am Tag, bereits um drei Uhr am Morgen
war ich zuhause losgefahren, doch die Sonne stand hier
am Rhein bereits spürbar am blauen Himmel und schickte
ihre wärmenden Strahlen zu mir herab. Bereits der Einstieg
ins Wasser war urig schlammig gewesen, doch nach wenigen
Paddelschlägen war ich in meinem Element.
Seite 237
Mit langsamen vier Kilometern pro Stunde bewegte ich
mich nun vorwärts und mein Gemütszustand steigerte
sich mit jedem Paddelschlag. Neben der herrlichen Natur
und dem schönen Wetter, die mich umgab, lag die aufkommende
Freude aber vor allem an der lagsamen Geschwindigkeit,
mit der ich nun unterwegs war. Denn dabei
werden Gefühle geweckt, die sich kaum beschreiben
lassen. Es ist die Geschwindigkeit, die auch dem Tempo
entspricht, mit der wir uns beim Laufen fortbewegen.
Ich bezeichne sie daher als eine Art „Urgeschwindigkeit“,
mit der wir Menschen seit etwa 100.000 Jahren
unser Umland erforschen. Unsere Sinne sind darauf
bestmöglichst angepasst, auch die Verarbeitung der Reize
in unserem Gehirn optimal darauf ausgerichtet, was
tief in unser Unterbewusstsein hineinwirkt. Als Rückmeldung
erhalten wir von ihm erst diese Zufriedenheit, die
ich nun wieder spürte, während ich einen Paddelschlag
nach dem anderen setzte.
238 Seite
Es ist auch der Grund, warum wir die uns umgebenden
Eindrücke beim Wandern oder beim Paddeln mit maximaler
Aufmerksamkeit aufnehmen können. Er liegt genau an
dieser Geschwindigkeit. Dabei lässt sich die Achtsamkeit
während des entstandenen Flows immer weiter steigern,
je mehr wir entschleunigen, also langsamer werden. Eine
Fähigkeit, die sich seit den Jäger- und Sammlerkulturen
bildete und bis heute etwa beim Pirschgang Anwendung
findet. Sich darauf einzulassen ist die Voraussetzung, um
die Vorgänge in der Natur bestmöglichst aufnehmen und
Veränderungen beobachten zu können.
Doch nun wieder zurück zum Paddeln. Für Neulinge,
die zum ersten Mal auf einem Fluss unterwegs sind, ist
es durchaus ungewohnt, denn bei vier bis fünf Kilometern
pro Stunde scheint man auf dem Wasser gar nicht
vorwärts zu kommen. Für alle, die mit der Natur nichts
am Hut haben, ist diese Bewegungsform daher auch
eher weniger ratsam. Aber gerade die Langsamkeit zu
sprüren, das ist das, was heute viele Menschen wieder
suchen. Wir fühlen, wie das Wasser mit uns fließt. Wir
bekommen auf langsamer fließenden Gewässern ein
Gespür für die Wasseroberfläche, auch für das Boot, mit
dem wir uns auf dem Fluss fortbewegen. Wir erfahren,
dass stärkere Paddelschläge zum schnelleren Drehen
des Bootes führen. Anschließend führt Gegensteuern
mit leichten Paddelschlägen zum Ausrichten des Bootes.
Zusätzlich erreicht uns die Stille des Momentes, wenn wir
das Paddeln sein lassen. Wenn Sie in diesem Moment
die Augen schließen, sind sie mittendrin und ein Teil der
Natur geworden, die sie gerade umgibt. Ich jedenfalls
bezeichne diese Momente als paradiesisch.
Seite 239
Ich überquerte den Flussarm, tauchte in ein Dickicht
aus Weidenästen ein und traf auf einen Fischreiher, der
sich für einen Moment beobachten lies. Wenig später
huschten Blesshühner unter den Weidenstämmen hindurch
und ein Schwan glitt gemächlich am Ufer entlang.
Die friedliebenden Vögel strahlten eine Ruhe aus,
die man nur vom Wasser aus beobachten kann. Hier
fühlen sie sich durch uns Menschen nur wenig gestört.
Möglicherweise liegt es auch daran, dass wir hier für
sie keine natürlichen Feinde darstellen und sie einfach
in ihrem Element sein können. Für den Schwan traf es
zumindest zu 100% zu, denn immer wieder tauchte er
mit seinem langen Hals unter, um sich etwas von den
grünen Wasserpfl anzen zu holen. Ich genoss es, ihm
beim Fressen zuzuschauen.
Am Himmel tauchten weiße Wolken auf. Ich nahm
einen Schluck aus meiner Trinkfl asche und paddelte
gemütlich weiter. Ab und an drehte ich mich um und
schaute zurück. Dann war ich am Rhein angekommen.
240 Seite
Unterwegs in den
Rastatter Rheinauen
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Hinter einer Biegung
paddelte ich auf einen
Damm zu, den ich mit
dem Boot umtragen
musste.
242 Seite
Traumhafte Altrheinkulisse
auf dem Weg
zum Bärensee
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Beim Überqueren des Waldweges wechselte ich das
Objektiv, um näher an das Geschehen am anderen
Ufer heranzukommen. Doch auch meine 400 Milimeter
Brennweite nützte nichts. Die Kormorane zogen
weiter, während ich noch mit dem Umpacken meiner
Ausrüstung zugange war. „Schade“, dachte ich, doch
vielleicht würde sich noch einmal eine ähnliche Situation
ergeben. Es war ja noch genügend Zeit. Wieder im
Boot, paddelte ich nun geradewegs auf den Bärensee
zu, doch noch war ich auf dem Altrhein. Nun passierte
ich den abgestorbenen Baum, auf dem die Kormorane
gesessen waren. Dahinter ragten mächtige Weiden in
den Himmel, die mit Mistelzweigen übersäht waren.
244 Seite
Ein Durchgang beendet
den Altrhein und vor mir
öffnet sich der Bärensee.
Seite 245
Schilfgürtelsäume tauchten nun vermehrt am Uferrand
auf. Sie haben hier die darunterliegende Uferbefestigung
überwachsen und zeigen, dass die Natur die Kraft hat,
wieder zurückzukommen, wenn wir wir es zulassen.
Während ich wie durch einen Tunnel ausladender
Weiden hindurchfuhr, wurde ich nur wenige Augenblicke
später erneut überrascht. Ein Eisvogel flog plötzlich
mit einem schrillen Pfi ff aus der Ufervegetation heraus
und eilte über die Wasserfl äche in Richtung Bärensee
davon. Diese schönen Vögel sind sehr schnell in der Luft
unterwegs und man bekommt sie nur selten zu Gesicht,
geschweige denn vor die Kamera. Sie werden gerne als
fliegende Edelsteine bezeichnet, denn ihr schimmerndes
türkisblaues Gefi eder hebt sich deutlich von den Farben
der Uferbereiche ab. Wenn die türkisblauen Federn noch
dazu wie an diesem Tag von der Sonne angestrahlt
werden, kann man die Bezeichnung Edelstein leicht
nachvollziehen. Doch nach Sekundenbruchteilen ist der
Schönling wieder verschwunden.
246 Seite
Ein ausgedehnter Schilfgürtel
breitet sich am Westufer des
Bärensees aus.
Seite 247
Über eine Flachwasserstelle erreichte ich den Wörthfeldsee,
der sich hinter dem Bärensee befindet. Auf der
dortigen Kiesbank traf ich auch die Kormorane wieder.
Ich hielt jedoch Abstand, um die Kolonie nicht zu stören.
Mit meinem Fernglas beobachtete ich das Geschehen
auf der hellen Kiesbank und kehrte nach einer Weile
um.
248 Seite
Auf dem Rückweg durchfuhr ich ein weiteres Mal
die Engstelle, die den Bärensee vom Altrhein trennt.
Die Sonne stand bereits schräg zum Wasser und
die Mücken tanzten im Lichtkegel auf und ab. Meine
Wasserration war bereits leer aber die Eindrücke von
den Altrheinschleifen begeisterten mich nach Stunden
immer noch.
Seite 249
Im Spätmittagslicht erreichte
ich wieder den abgestorbenen
Baum, den ich vorher mit den
Kormoranen gesehen hatte.
250 Seite
Auch die Mistelzweige zogen
ein weiteres Mal über mir
hinweg.
Seite 251
Beeindruckt von den Rheinauen versuchte ich
noch einmal die am Morgen gesehenen Motive
im Bild einzufangen. Doch ich werde wieder
kommen, dies war die wesentliche Erkenntnis
an diesem schönen Sommertag gewesen.
252 Seite
Wie steht es um die Rheinauen?
Mit der Regulierung des Flusses ab 1817 wurden gleichzeitig landwirtschaftliche Nutzflächen geschaffen.
Die starken Eingriffe in das Flusssystem haben aber auch großflächig Auwaldgebiete zerstört. Der Artenschwund,
der im Laufe der Zeit durch den Nutzungsdruck entstand, ist mittlerweile erschreckend und aktueller
denn je. Er findet vor allem unbemerkt in Landschaften statt, die außerhalb von Schutzgebieten liegen.
Auch die landwirtschaftlichen Einträge in unseren Gewässern wirken sich zunehmend negativ aus. Seit die
Landwirtschaft intensiviert wurde, mussten auch die Gewässer und die natürliche Vegetation immer stärker
werdende Einbußen hinnehmen. Ein weiterer negativer Einfluss wird dem Klimawandel zugeschrieben, der
seit der Industrialisierung zusätzlich unsere Umwelt und somit auch die Artenvielfalt belastet.
Schutz für letzte Auenreste
Zwischen dem kanalisierten Rhein-Hauptkanal und den landwirtschaftlichen Monokulturen ist jedoch ein
schmaler Landstrich mit unzähligen Altrheinarmen und urigen Auwäldern erhalten geblieben. Dieser wurde
im Jahr 2008 als „grenzüberschreitendes Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ gemäß der Ramsar-
Konvention ausgezeichnet. Das Ramsar-Gebiet umfasst insgesamt etwa 48.000 Hektar auf deutscher und
französischer Seite und erstreckt sich auf 190 km Länge von Weil am Rhein bis Karlsruhe und beinhaltet
17 verschiedene FFH-Lebensraumtypen. Manche der Gebiete entlang des Oberrheins haben nahezu einen
Urwald-Charakter. So trifft man nicht nur auf Wildschwein, Reh, Fuchs, Dachs, Marder, Fasan und den
Biber, auch seltene Arten wie die Wildkatze, die Rohrdommel, der Fischadler oder der Seidenreiher leben in
den oberrheinischen Auwäldern. Die teils undurchdringlichen Dickichte bieten ihnen gute Rückzugsmöglichkeiten
und sichern ihr Überleben. Die alten Baumbestände mit knorrigen Eichen und reichlich Totholz sind
Lebensraum und Brutgebiet für weitere Vogelarten.
Doch Auszeichnungen und Gebietsmeldungen alleine reichen wohl nicht, wie man am fortschreitenden
Artenschwund sehen kann, auch in Deutschland. Die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung, die 2007
auf den Weg gebracht wurde, ist in der Fläche immer noch nicht umgesetzt und der Artenschwund geht
ungehindert weiter.
Seite 253
254 Seite
Schwarzwald
Seite 255
Der Schwarzwald erstreckt sich über insgesamt 11.100 Quadratkilometer im Südwesten
Deutschlands. Damit ist er nicht nur unser größtes Mittelgebirge, sondern auch das am höchsten
gelegene. Die langgezogenen Waldberge erreichen im südlichen Schwarzwald stolze 1493 Meter
Höhe. Von Norden nach Süden erstreckt sich der Schwarzwald über etwa 150 Kilometer,
seine Breite erreicht im Süden etwa 50, im Norden bis zu 30 Kilometer. Die ausgedehnten Wälder
stehen auf Gesteinen des Grundgebirges und auf Buntsandstein, wobei diese im Norden dichter
bewaldet sind. Im mittleren Schwarzwald gesellen sich breite Wiesentäler hinzu und im Süden
ragen baumfreie Bergkuppen aus dem Schwarzwald heraus.
Generell hebt sich der Schwarzwald durch geringere Temperaturen und höhere Niederschläge
von seinem Umland ab. Die Niederschläge fallen zwar regelmäßig und während des ganzen
Jahres, jedoch nehmen die Temperaturen mit zunehmender Höhe nicht gleichmäßig ab und die
Niederschläge auch nicht gleichmäßig zu. Vielmehr steigen die Niederschläge in tieferen Lagen,
besonders aber an der niederschlagsreichen Westseite unverhältnismäßig stark an. Die niederschlagsreichsten
Bereiche findet man in den Höhenregionen um die Hornisgrinde im Nord- sowie
Belchen und Feldberg im Südschwarzwald, wo jährliche Mengen von bis zu 2100 Liter pro Quadratmeter
auftreten können. Auf den nach Osten exponierten Seiten wird es wieder wesentlich
trockener und die Niederschlagsmengen sinken hier auf etwa 750 Liter pro Quadratmeter.
256 Seite
Idyllisch fließt die
Wutach durch den
südlichen Schwarzwald.
Die Route
Seite 257
Zwischen Breisach am Rhein und Donaueschingen liegen etwa 90 Kilometer,
die quer über den Schwarzwald führen. Doch bevor ich von unserer Familienwanderung
auf einem Premiumweg durch die Wutachschlucht erzähle,
wird eine Radtour beschrieben, die von Lenzkirch aus über die Höhen des
Schwarzwaldes bis nach Breisach an den Rhein führte. Dazu musste ich
zunächst auf 1055 Meter hinauftreten um anschließend zum Titisee hinunter zu radeln, der 200
Höhenmeter darunter liegt. Eine Abfahrt, bei der sich meine Scheibenbremsen glühend heiß geworden,
durch quietschen bemerkbar machten. Doch auch anschließend ging es munter auf und ab.
Danach erzähle ich von einem der schönsten Wege Deutschlands, denn auf einer Rucksacktour
entdeckten wir die wilden Flusslandschaften von Wutach und Haslach im südlichen Schwarzwald.
Die beschriebene Wanderung ist ein Teil des Schluchtensteiges, der von Stühlingen nach Wehr
führt und 2011 als schönster Premiumweg Deutschlands ausgezeichnet wurde. Ob der Fernwanderweg
ein guter Einstieg in den Sommerurlaub werden würde, war die große Frage? Schließlich
hatten wir unsere Kinder und das Zelt mit dabei und wollten anschließend mit dem Camper weiter
zur Verdunschlucht und weiter nach Südfrankreich fahren. Von Lenzkirch aus führte aber zunächst
unsere Wanderung hinunter in die Wutachschlucht, wir kraxelten über Felsen und meisterten Bergkuppen.
Ein stetiges Auf und Ab sorgte auf dem Schluchtensteig durchgehend für Abwechslung
und Abenteuerfeeling. Erst in Achdorf erreichten wir nach vier Wandertagen wieder die Zivilisation,
doch dann liefen wir noch nach Weizen, um von dort aus mit dem ÖPNV-Bus zurück nach Lenzkirch
zu fahren. Die 15 Kilometer von Achdorf nach Donaueschingen fuhr ich dann sieben Jahre
später mit dem Rad, um meine Schwarzwalddurchquerung abzuschließen. Es war der Einstieg
einer Radelstrecke, die mich an der oberen Donau entlang bis nach Thiergarten brachte.
258 Seite
Von Lenzkirch nach Breisach
Juni 2019
Zum Glück liegt Lenzkirch bereits auf 850 Metern Höhe und somit war es auf der Teerstraße hinauf
nach Saig nicht zu strapaziös. Nachdem ich am Tag zuvor bereits 80 Kilometer von Achdorf
aus durch das Obere Donautal geradelt war, sollten die 60 Kilometer über den Hochschwarzwald
bis nach Breisach am Rhein auch zu schaffen sein.
Bedacht, aber konsequent trat ich nun in die Pedalen
und während ich eine Serpentine nach der anderen
meisterte, nahm die Aussicht über den südlichen
Schwarzwald mit jedem Höhenmeter zu. Ich genoss
jedes Mal beim Umdrehen die schöne Aussicht über
Lenzkirch und die Wälder rund um die dahinter liegende
Wutachschlucht. Schweißtreibend radelte ich weiter
bergan und kam ab und an gehörig aus der Puste.
Seite 259
Am Ufer des Titisees im
südlichen Schwarzwald.
Bald war die Saiger Höhe gemeistert. Ich stand vor dem
Hotel Saigerhöh und ich freute mich auf die Abfahrt
hinunter zum Titisee. Der überregional bekannte See liegt
auf 850 Metern Höhe im südlichen Schwarzwald und
bedeckt eine Fläche von 1,3 Quadratkilometer. Dabei hat
er eine durchschnittliche Tiefe von 20 Metern. Vor mir
lagen nun 200 Höhenmeter steile Abfahrt, die auf einem
Kilometer Strecke zu bewerkstelligen waren. Ich wunderte
mich daher nicht, dass bereits auf halber Strecke meine
Scheibenbremsen zu quietschen begannen.
An einer Rastbank mit Blick auf den Titisee legte ich daher
eine Zwangspause ein, damit die Scheibenbremsen etwas
abkühlen konnten. Ich wollte ja noch bis hinunter an den
Rhein fahren und ein defektes Rad wäre dabei sicher
keine Hilfe.
Zufrieden mit dem Wetter und meiner bisher gut geplanten
Tourenparameter genoss ich nun auf der Aussichtsbank
die hohen Tannen um mich herum, vor allem aber
die Stille, die bald unten am See vorbei sein würde.
260 Seite
Der weitere Weg hinab war dann gleich geschafft und am
See angekommen, bestätigten sich meine Befürchtungen.
Der Parkpatz am Titisee war mit Bussen überfüllt und
daher verweilte ich dort auch nur kurz, um ein paar Bilder
zu machen. Dann drehte ich dem ansonsten sehr schönen
Ort den Rücken zu und fuhr entlang der B31 weiter nach
Hinterzarten. Es folgte eine rasante Abfahrt nach Falkensteig,
wobei ich leider die Fahrbahn nehmen musste.
Dies quittieren mir die Lastwagenfahrer mit lautstarkem
Gehupe, doch was sollte ich machen.
Erst kurz vor Falkensteig konnte ich wieder auf den Radweg
ausweichen. Im Ort angekommen war ich froh, ohne
Unfall diese gefährliche Strecke gemeistert zu haben.
Am Straßenrand musste ich beim Vorbeiradeln AfD-Wahlplakate
lesen, auf denen „Heimat bewahren“ stand. Starke
Worte, dachte ich. Doch die Mehrheit unseres Landes
begreift zum Glück, dass unter „Heimat bewahren“ etwas
anderes zu verstehen ist, nämlich eine demokratische
Grundordnung zu unterstützen, in der Menschen friedlich
zusammenleben können. Leider machen Wahlkämpfe auch
vor Missbrauch des Heimatbegriffes keinen Halt.
Seite 261
Bald erreichte ich Himmelreich. Am Bahnhof reihten sich
knallrote Nahverkehrszüge aneinander. Ich freute mich
über die elektrifizierte Strecke, die mitten in den Schwarzwald
hineinführt. Was in Schwaben möglich ist, scheint zu
Hause in Bayern ein Problem zu sein. Denn gerade Bayern
hat einen großen Nachholbedarf auf diesem Gebiet. Nur 50
Prozent der Strecken sind dort elektrifiziert. Deutschandweit
liegt der Anteil bei 61, in Östreich bei 72 und in der
Schweiz bei 100 Prozent. Gerade abgelegene Gebiete
werden immer noch mit Diesellocks betrieben. Da muss
sich in Zukunft einiges tun, um die Klimaziele zu erreichen.
Endlich führte mich die Radwegbeschilderung unter der
B31 hindurch und von der Hauptverkehrsstraße weg. Auf
dem Radweg ging es nun weiter in Richtung Kirchzarten
und hinunter nach Freiburg im Breisgau. Hinter Himmelreich
bewunderte ich die traditionelle Bauweise der
Bauernhäuser, die idyllisch die Osthänge des Schwarzwaldes
schmücken. Sie sind im Hochschwarzwald häufig
zu sehen. Ich radelte weiter nach Kirchzarten, dahinter
mündet der Rotbach in die Dreisam. Jetzt war es nach
Freiburg nicht mehr weit.
262 Seite
Entlang der Dreisam führte mich der Radweg direkt in die
Freiburger Innenstadt. Mit 230.000 Einwohnern ist sie die
südlichste Großstadt in Deutschland. Nach Einwohnerzahlen
sortiert, nimmt sie in Baden-Württemberg nach
Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim die vierte Stelle ein.
Vor 1952 war Freiburg im Breisgau Landeshauptstadt des
Landes Baden. Bekannt sind vor allem die Altstadt und
ihre Wahrzeichen, wie etwa das Freiburger Münster.
Auch das Schwabentor erhebt sich, wie auf der folgenden
Seite zu sehen, markant am Eingang der Fußgängerzone
empor und begrüßt weit sichtbar die Besucher der Stadt.
Ich staunte über die vielen Radfahrer, die hier unterwegs
waren. Vorbildlich hat das bereits 1008 urkundlich erwähnte
Freiburg ganze Straßen für Radfahrer gekennzeichnet.
Gemeinsam mit vielen Gleichgesinnten durchquerte ich
nun die Altstadt und schob anschließend die letzten Meter
bis zum Marktplatz, der sich am Freiburger Münster befindet.
Es machte sogar Spaß, Rücksicht auf die Fußgänger
zu nehmen.
Schwabentor und Freiburger
Münster sind zwei Wahrzeichen
der Stadt.
Seite 263
264 Seite
Am Marktpatz hatte ich mich mit Jan verabredet. Er hatte
zu diesem Zeitpunkt bereits einige Geschäfte unsicher
gemacht. Ich freute mich, ihn nun zu treffen und wir setzten
uns in eine Eisdiele. Gemütlich saßen wir hinter einem
Brunnen und genossen den Ausblick auf die Sandsteinfassaden
des Münsters und den dahinter ansteigenden
und komplett mit Wald eingewachsenen Schlossberg.
Dort soll um 1091 der Zähringer-Herzog Bertold II. das
Castrum de Friburch, die heutige Ruine Leopoldsburg,
gebaut haben. Heute duchziehen zahlreiche Wanderwege
den geschichtsträchtigen Schlossberg, den man in wenigen
Minuten vom Marktplatz am Münster aus erreichen
kann.
Wir verweilten noch ein wenig in Freiburgs Innenstadt und
plauderten ein wenig über die Erlebnisse des Tages, wie
man das so in der Familie eben macht. Eine halbe Stunde
später nahm ich dann die letzte Etappe unter meine
Pedalen, denn wir wollten aufgrund der Verkehrslage nicht
zu spät zurück nach Hause fahren.
Seite 265
Ich verließ über die Freiburger Landstraße die Stadt
in Richtung Westen. Nach dem Überqueren der A5
erreichte ich nach geradelten zehn Kilometern Tiengen,
einen kleinen Ort im Breisgau. Vor mir lagen jetzt nur
noch 16 Kilometer nach Breisach am Rhein. Ich umfuhr
anschließend einen Bergrücken und erreichte Munzingen.
Dort angekommen fiel mir die Hotel- und Restaurantanlage
Schloss Reinach am Fuße des Tunibergs auf. An
einen der schön gedeckten Tische würde ich jetzt auch
gerne Platz nehmen, doch ich musste weiter. Der Hintern
schmerzte bereits vom Vortag und mit den Strapazen der
heutigen Schwarzwaldüberquerung sollten die Schmerzen
an diesem Tag auch nicht mehr besser werden.
Der Radweg führte mich weiter dem Rhein entgegen.
Noch ein letztes Mal musste ich nun in die Pedale treten.
Ich war wieder auf die B31 gestoßen, die sich nun schnurgerade
auf den letzten Kilometern dahinzog. Die Wärme
und die Strapazen drückten nun übel auf mein Gemüt.
Doch ich war auf der Zielgeraden angekommen, denn die
Bundesstraße führt direkt auf die Altstadt zu.
Bereits von weitem war nun der Münsterberg mit den
Münstertürmen zu sehen. Gegenüber Freiburg ist
Breisach am Rhein wesentlich älter. Bereits die Römer
unterhielten hier vom 4. Jahrhundert an bis ungefähr in
das frühe 5. Jahrhundert auf dem „mons Brisiacus“ ein
Auxiliarkastell zur Grenzsicherung gegen die Allemannen.
266 Seite
Burg Breisach thront
auf der Nordseite
und das Münster
St. Stephan auf der
Südseite des Münsterberges.
Seite 267
Es war Kaiser Valentinian I., der dort am 30. August 369
ein Edikt erließ, in dem Breisach erstmals als „brisiacus“
erwähnt wird. Der Name kommt vom keltischen brisin-ac,
was so viel wie „Wasserbrecher“ bedeutet.
Nach neuesten archäologischen Erkenntnissen hatte das
römische Lager auf dem Münsterberg eine Ausdehnung
von ungefähr drei Hektar und verfügte über repräsentative
Verwaltungs- und Wohngebäude, sogar ein sogenanntes
Prätorium, das Gebäude des Oberbefehlshabers, befand
sich dort. Kaiser Valentinian I. überwachte von hier aus
den Ausbau der Rheingrenze mit den neu angelegten
militärischen Befestigungsanlagen, denn das römische
Reich musste besser vor den vorrückenden Alemannen
geschützt werden. Letztendlich misslang jedoch das
Vorhaben der Römer, Germanien zu erobern.
Im 11. Jahrhundert war Breisach dann einer der Hauptsitze
der Zähringer, ein mit den Staufern verwandtes schwäbisches
Fürstengeschlecht. Auf dem vor mir liegenden
Münsterberg wurde daher bald eine Burg errichtet und bis
zu seinem Tod 1218 ließ der Zähinger Herzog Berthold
die Burg Breisach und das Münster St. Stephan auf dem
Münsterberg bauen.
Seit dieser Zeit erheben sich Burg und Münster weithin
sichtbar über den Rhein. Vom Burgberg aus kann man
sogar hinüber nach Wittenheim und Mulhouse schauen,
das nur etwa 30 Kilometer Luftlinie entfernt auf der anderen
Rheinseite liegt. Der dortige Übergang zur Rhone wird
auch als Burgunder Pforte bezeichnet.
Die Burgunder Pforte benennt aber nicht nur einen Weg,
den die Burgunder während der Völkerwanderung hinab
ins Rhonetal zurückgelegt haben, sondern sie lokalisiert
auch die Eiflugsschneiße vieler Tiere und Pflanzen, die
nach der Eiszeit von Südfrankreich wieder nach Deutschland
zurückgekehrt sind.
Hier endete somit nicht nur meine heutige Reise, sondern
ich beschloss auch, den Titel des dritten Bandes meiner
Wanderbuchserie mit diesem Namen zu kennzeichnen.
268 Seite
Durch die Wutachschlucht
August 2012
Wir saßen in Lenzkirch über einem fluffigen Bienenstich. Gegenüber befand sich die Kirche und
dazwischen lag der Dorfplatz. Beste Voraussetzungen also für eine Bäckerei und somit auch für
uns, denn gleich sollte es losgehen. Mit frischem Brot und gefüllten Wasserflaschen versorgt,
trennten wir uns nur ungern von den bequemen Stühlen des Cafes.
Doch nach wenigen Metern waren alle bequemen
Gedanken passe, wir schlenderten durch die letzten
Wohnsiedlungen und querten den Kurpark. Ein eintöniger
Fahrradweg, der schnurgerade einer ehemaligen
Bahntrasse folgte, füllte die erste halbe Stunde unserer
Tour. Anschließend ging es rechts an der Haslach
entlang weiter bergab. So gefi el es uns schon besser.
Trotz großer Hitze kühlte der nahe Bachlauf die Luft
unter den schattigen Bäumen merklich ab. Ein alter
Mühlenweg führte uns bald steil bergauf. Die Vögel
zwitscherten über uns und gut gelaunt erreichten wir
den herrlich gelegenen Rechenfelsen. Dies war eine
gute Gelegenheit für eine kleine Rast. Von einer Bank
aus blickten wir in die urige Haslach hinunter, die sich
im Laufe der Jahrtausende einen Durchlass durch den
Felsen gespült hatte. Die Brotzeit genossen wir an
diesem schönen Ort in vollen Zügen.
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Gestärkt liefen wir weiter an der Haslach entlang bis
zur Einmündung der Wutach. Dort führt eine herrliche
Brücke über den Fluss. „Die sieht aus wie auf unserer
Wanderungen in Schweden“, erinnerte sich Jan, und
zugegeben, es fehlten zwar die Ketten, an denen die
Brücken in Lappland abgespannt waren, aber sonst
konnte man schon gewisse Parallelen erkennen.
Hier endete nun die Haslach, die ihren Weg auf dem
Feldberg in 1250 Metern Höhe begonnen hatte und auf
ihren 17 Kilometern etwa 500 Höhenmeter nach unten
fällt. Für die Mühlen hier in der engen Schlucht war die
Wasserkraft ein Segen, wie wir auf den Hinweisschildern
nachlesen konnten. Nach unserer kurzen „Mühlenschleife“
ging es nun an der Wutach weiter entlang, die
zusammen mit dem Wasser der Haslach tiefe Spuren
im Gestein hinterlassen hatte, und wir folgten ihr.
270 Seite
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Bald gesellte sich ein weiterer Fluss hinzu, der Rötenbach.
Hier fanden wir einen tollen Platz für unser Zelt.
Schnell hatten die Kinder ihre Rucksäcke abgestellt und
die Schuhe ausgezogen. Geradewegs drängte es alle
in Richtung Wasser. Ich tauchte kurz unter und kam
erfrischt wieder ans Ufer zurück. Die Kinder erkundeten
unterdessen den abenteuerlichen Verlauf des Gewässers,
während Kerstin sich ebenfalls frisch machte.
Vom Ufer aus beobachtete ich das Treiben der beiden
Flussläufer und dachte dabei an meine eigene Kindheit
mit ähnlichen Ausfl ügen zurück. Nur zu oft waren wir
als Kinder in der Lohrbach gewesen, hatten Neunaugen
beobachtet und versucht, Forellen mit den Händen zu
fangen. Während meine Gedanken abschweiften,
schaute ich den Beiden hinterher. Bald machten sie
kehrt und wateten im Bachlauf zurück. Anschließend
hatten sie einen riesen Hunger. Die Quengeleien, die
sich während des Laufens gelegentlich einstellten,
waren längst abgehakt. Alle freuten sich nun auf die
bevorstehende Zeltübernachtung. Doch zunächst
holten wir Kocher und Tütensuppen hervor und setzten
Wasser auf. Unsere bewährten Mahlzeiten vom letzten
Lapplandaufenthalt hatten wir kurzerhand kopiert.
Die schnelle Zubereitung der 5-Minutengerichte war
für unsere Bedürfnisse gerade das Richtige. Frei nach
dem Motto „Schnell und Gut“ saßen wir bald um den
Holztisch und dinierten mitten im Waldparadies.
Der Zeltaufbau konnte ruhig noch etwas warten. Bei
angenehmen Temperaturen lauschten wir nach dem
Essen in die Stille hinein. Nach 17 Uhr waren wir ganz
alleine in der Schlucht und genossen es, ein weiteres
Mal mit dem Zelt „On Tour“ zu sein. Zwar waren die
Übernachtungen im Camper auch immer reizvoll, doch
im Zelt, das war dann doch noch mal was anderes.
Im Schlafsack nahm das Rauschen der Wutach mit
steigender Dunkelheit noch einmal an Lautstärke zu.
Nun bemerkten wir, dass wir unsere Taschenlampe
vergessen hatten, was wirklich ärgerlich war. Ein lauter
Vogelruf weckte uns so gegen drei Uhr ein letztes Mal.
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Am nächsten Morgen waren wir bereits recht früh auf
den Beinen. Während die beiden Frauen die Nutellabrote
schmierten, bauten Jan und ich das Zelt ab. Nach
unserem gemütlichen Frühstück liefen wir los. Der Weg
begann gleich mit einem kurzen Aufstieg, der unsere
Beine auf Betriebstemperatur brachte. Dann trafen wir
auf eine alte Staumauer, sie lag rechts unten in der
Schlucht. Die ringförmig betonierte Bogenstaumauer
war Teil des Wasserwerks Stallegg, das bereits 1889
als ältestes Flusskraftwerk Badens in Betrieb ging.
Nicht weit dahinter faszinierte uns die Stallegger Tanne,
die mit 280 Jahren und 52 Metern Höhe einen stattlichen
Metusalem darstellt.
An einem weiteren Zufluß, dem Rötenbach fanden
wir einen tollen Zeltplatz. Dieser war direkt an
der Wutach gelegen. Schnell hatten wir die Rucksäcke
abgestellt und die Schuhe ausgezogen.
Geradewegs drängte es alle in Richtung Wasser.
Ich ging mit gutem Beispiel voran und nahm ein
Komplettbad. Erfrischt kam ich ans Ufer zurück
und trat entspannt an das seichte Ufer. Meiner
Idee wollte aber keiner so richtig folgen. Die
Kinder erkundeten lieber den abenteuerlichen
Bachverlauf und Kerstin begnügte sich mit einer
kurzen Wäsche. Ich beobachtete einstweilen das
Treiben der beiden Flußwanderer und dachte ein
wenig neidisch an meine eigene Kindheit zurück.
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Unser nächster Anlaufpunkt, das „Räuberschlössle“ lag
hoch über der Wutach. Diese ehemalige Burg aus dem
14. Jahrhundert wurde bereits 1525 zerstört. Die Ruinen
aber dienten später als Versteck für Räuberbanden
und diese Tatsache hat sich im Namen erhalten.
Der Grund für die hohen Felsabstürze ist das Porphyrgestein
unter unseren Füßen. Dieses harte Gestein
stellte sich neben Granit und Gneis aus dem Grundgebirge
der Wutach hartnäckig entgegen und ließ nur
diesen äußerst schmalen Durchgang entstehen.
Wir schauten hinunter in die Tiefen der Schlucht und
waren von den Gegebenheiten fasziniert. Gleich hinter
dem Schlösschen ging es schon wieder bergauf.
Bald waren wir über der Schlucht auf Feldern unterwegs und liefen dabei einen
Knick in die Route. Dabei tankten wir kräftig die heiße Sonne und waren froh, als
es wieder sachte in die schattige Wutachschlucht hinab ging. An der Schattenmühle
angekommen, war erst einmal Mittagsrast angesagt. „Wo ist da der
Schatten?“, meinte Jan. Die Sonne schien erbarmungslos auf uns herab, als wir
die Terrasse ansteuerten.
Wir flüchteten vor der Sonne und genossen anschließend die Vorzüge der
Schwarzwälder Küche. Danach gab es zur Belohnung auch noch Eis und Kaiserschmarrn.
„Jetzt wäre ein Nickerchen eine Wohltat“, dachte ich bei mir. Doch
unser Weg führte uns weiter, den Windungen der Wutach entlang. Ein schmaler
Streifen Bundsandstein kreuzte unseren Weg, bevor wir vor Bad Boll in den
Muschelkalk eintauchten.
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Die Raupe des Kiefernschwärmers,
einer Nachtschwärmerart,
erkennt man
an ihrem Stachel und der
grün-weißen Färbung. Sie
hatte es sich am Wegrand
gemütlich gemacht.
Ein Wasserfall war vor der
Dietfurtbrücke noch einmal
eine willkommene Abwechslung.
Früher diente sie als
Zollbrücke. Heute führt sie
den Wanderer direkt in den
verlassenen Kurort Bad Boll.
Winston Churchill soll hier als
Mitglied des „Royal Fishing
Club of London“ mehrmals
gewesen sein, um nach den
damals geschätzten Wutacher
Forellen zu angeln. Heute sind
von dem Ort nur noch Ruinen
und eine alte Kapelle sichtbar.
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Weiter ging es durch imposante Muschelkalkfelsen im 950 Hektar großen
Naturschutzgebiet. An der Felsengalerie machten wir kurz einen Halt,
um den Rest aus den Feldfl aschen zu trinken. Die Schwüle setzte uns
auf diesem Abschnitt gehörig zu. Wir wurden nun von Springkraut und
großblättrigen, gigantischen Staudengewächsen umrahmt und fühlten
uns dabei wie in den Tropen.
Anschließend ging es wieder steil hinauf in die Felswand, wobei erneut
tolle Ausblicke zurück in die Schlucht möglich waren. Endlich waren
wir im Herzen des Naturwunders Wutachschlucht angekommen. Nicht
weit hinter der Felsgalerie erreichten wir die Schurhammerhütte. Sie ist
benannt nach Herman Schurhammer, der als Vater dieses Naturschutzgebietes
gilt. Am dortigen Grillplatz beenden wir unsere Tagesetappe.
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Wutach-Wildnis. Man kommt
sich vor wie in Kanada, nur
ist es vor der Haustür im
Schwarzwald.
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Nun war Wasserspaß am Fluss angesagt. Wir rollten unsere Isomatten
am Steinufer aus und machten es uns gemütlich. Stundenlang konnten
sich Jan und Lena hier beschäftigen und auch an diesem Tag waren
Müdigkeit und Lauffaulheit beim Steinesuchen wie weggezaubert. Kaum
hatten sie ihre Rucksäcke abgesetzt, turnten beide wie wild am Fluss hin
und her. Wir genossen es den Beiden zuzuschauen und viel zu schnell
ging der Nachmittag vorüber.
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Bis in die sonnigen Abendstunden bauten wir noch Steinmanderl
am Ufer auf. Die Urlaubsstimmung hatte sich auf ganzer Linie breit
gemacht. Wir freuten uns auf das zweite Nudelgericht und gingen
müde, aber zufrieden recht früh ins Zelt. Ich hoffe, ich muss nicht extra
erwähnen, dass wir beim Zelten nur unsere Fußspuren hinterlassen.
Am nächsten Morgen verließen wir den Platz so, als wären wir gar
nicht hier gewesen.
Der dritte Tag fing dann mit Regen an und auch die halbe Nacht hatte
es bereits gewittert. Wir frühstückten daher in der Schutzhütte. Pünktlich
um 8.30 Uhr hörte der Regen beim Loslaufen plötzlich auf. Welch
ein Glück hatten wir da gehabt. Unser Weg begann am dritten Tag
mit herrlichen Felsquerungen, bis ein größeres Hindernis unserem
anfänglichen Tempo ein jähes Ende setzte. Vermutlich durch einen
Blitzschlag war ein Baum quer über den Abhang herabgefallen und
versperrte nun unseren Weg. Ein kleines Abenteuer begann.
Mühsam kraxelten wir nacheinander durch das Geäst, was mit den
Rucksäcken auf dem Buckel nicht wirklich einfach war. Am leichtesten
hatten es noch die Kinder. Schnell waren sie zwischen den Holzgabeln
hindurchgehuscht. Doch wie sollte ich das mit meinem Rucksack
hinkriegen? Schließlich war es uns allen vieren dann doch gelungen,
das Hindernis zu passieren und dabei nicht in die Wutach zu fallen.
Erleichtert setzten wir unseren Weg fort, querten herrliche Felsnadeln
und standen plötzlich vor einer riesigen Wand aus Kalkstein. Sie türmte
sich vor uns auf wie die Kletterfelsen in der fränkischen Schweiz,
nur mit dem Unterschied, dass direkt darunter die Wutach vorbeifl oss.
Ein herrliches Plätzchen hatten wir da entdeckt. Am liebsten wären wir
gleich hier geblieben und hätten unser Zelt erneut aufgebaut. Doch wir
waren erst eine gute Stunde unterwegs.
Teilweise ist das Vorwärtskommen
auf dem Schluchtensteig
kein Zuckerschlecken.
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Impressionen aus der
Wutachschlucht.
Zauberhafte Wildnis
mitten in Deutschland.
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Wir hatten noch etwa vier Kilometer bis zur Wutachmühle zu laufen. Der Weg blieb
weiterhin spannend. Trotzdem freuten wir uns auf unsere erste Vesperpause. Das
Wetter hatte sich beruhigt und wir konnten nun die Rucksäcke zum Trocknen mit dem
Tragegestell in Richtung Sonne stellen. Anschließend zogen wir die nassen Sachen
aus. „Die sechs Kilometer nach Achendorf schaffen wir jetzt auch noch“, motivierten
wir uns einstimmig. Nach so einer zünftigen Brotzeit war das auch kein Problem und
weiter gings. Ein leichter Weg führte uns dann am Fluss weiter hinab. Die Sonne
hatte sich wieder durchgesetzt und bescherte uns einen angenehmen Nachmittag. In
Achendorf wurden ein letztes Mal die Wasserfl aschen aufgefüllt, dann schlenderten
wir den restlichen Kilometer einer großen Wiese entgegen, die uns ein Bauer empfohlen
hatte. Wir hatten es geschafft, bauten das Zelt auf und legten uns zum Entspannen
in die Sonne. Während ich ein paar Zeilen schrieb, teilte Jan die heutige Ration
Gummibärchen auf und die Mädels zauberten schöne Frisuren in der Mittagssonne.
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Am nächsten Tag ging es erst einmal wieder vier Kilometer hinauf nach Blumegg, doch gleich anschließend wieder
hinab zur Wutach. Der Weg war immer noch total schön. Wir überquerten Holzstege und bald die Sauschwänzlesbahn.
Diese kurvenreiche Strecke wurde vor 120 Jahren als so genannte „Kanonenbahn“ gebaut. 1871 hatte man
sie im Krieg mit Frankreich für befürchtete Truppenverlegungen als unverzichtbar angesehen. Dabei schreckte man
auch vor der Höhendifferenz zwischen Weizen und Blumberg von ganzen 230 Höhenmetern auf nur zehn Kilometern
Streckenentfernung nicht zurück. Zum Einsatz kam die Bahn aber erst im zweiten Weltkrieg. Heute ist sie eine
Tourismusattraktion und wird mit Dampfl okomotiven befahren.
Wir unterliefen eine der Bahnbrücken und wanderten weiter bis nach Weizen. Hier war unsere Tour auf dem
Schluchtensteig zu Ende und wir nahmen den Bus zurück nach Lenzkirch. Dort angekommen, sortierten wir die
Wandersachen aus und schickten sie samt den großen Rucksäcken mit der Post zurück nach Hause, denn im
Camper waren wir ja zu viert und der Platz wurde für den anschließenden Aufenthalt in Südfrankreich gebraucht.
Die wenigen Kilometer zwischen Achenkirch und der Donau fuhr ich dann sieben Jahre später mit dem Rad, um
meine Schwarzwalddurchquerung abzuschließen. Es war der Einstieg einer Radelstrecke, die mich an der oberen
Donau entlang bis nach Thiergarten brachte. Doch davon mehr in der nächsten Geschichte.
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Obere Donau
Entlang der Oberen
Donau trifft man auf
traumhafte Landschaften,
wie etwa
acht Kilometer vor
Beuron.
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Im Südwesten der Schwäbischen Alb begegnen wir einer einzigartigen Naturlandschaft.
Das Obere Donautal, das auch als „Schwäbischer Grand Canyon“ bezeichnet
wird, ist das Herzstück des Naturparks Obere Donau. Es zählt zu den eindrucksvollsten
und artenreichsten Naturlandschaften unseres Landes.
Das felsenreiche, tief eingeschnittene Durchbruchstal der Jungen Donau reicht von
Mühlheim bzw. Fridingen im Landkreis Tuttlingen über Beuron, Thiergarten und
Gutenstein bis Inzigkofen bei Sigmaringen. Entstanden ist diese Landschaft, indem
sich die Donau ein tiefes Bett durch das Juragestein der Schwäbischen Alb gegraben
hat und dabei mächtige Kalkfelsen freigelegt wurden.
Nach der Wolga ist die Donau der zweitgrößte und zweitlängste Fluss Europas und
sie durchfließt zehn Länder. Das sind so viele wie bei keinem anderen Fluss auf
der Erde. Entlang ihres Flussbettes ist aber auch die Fauna von außergewöhnlicher
Schönheit. So sind neben vielen Libellenarten auch Eisvögel und Wasseramseln
in ihrer Ufervegetation zu Hause.
Die Tallandschaft kann bequem mit dem Rad und teilweise auch mit dem Boot
erkundet werden. Sie wartet geradezu auf aufmerksame Besucher.
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Die Donau zwischen
Donaueschingen und
Sigmaringen gehört
zu den landschaftlich
eindrucksvollsten
Landschaften Süddeutschlands.
Während ihres
Verlaufes wechseln
sich Kalkfelsen,
Wiesen- und Waldlandschaften,
aber
auch zahlreiche
Burgruinen stetig ab.
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Die Route
Bei der Donau ist alles ein wenig anders. Die Donauquelle in Donaueschingen ist eigentlich
gar nicht die Quelle. Denn kaum beginnt der Fluss, verschwindet er plötzlich auch
schon wieder. Die Erklärung, warum das so ist, werden Sie während der Radtour auf Hinweisschildern
mehrfach erfahren. Vor allem aber gehört die erste Etappe des Donauradweges
zu den landschaftlich eindrucksvollsten
Strecken. Die Kalkfelsen ragen rechts und links
hoch in den Himmel empor, denn die Donau hat
sich tief durch das Gestein gefressen und eine
wahre Meisterleistung erschaffen. Zahlreiche
Burgruinen auf den Felsen sind stille Zeugen
einer längst vergangenen Zeit und erfreuen
immer wieder den Betrachter.
Allmählich wird das Tal dann breiter und die Donau fließt in weiten Schleifen dahin.
Wenn man die Obere Donau erleben will, darf auch eine Kanufahrt nicht fehlen. Davon
erzählt die zweite Geschichte.
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Radelspaß durch Kalkfelsen
Juni 2019
Achdorf ist ein kleiner Ort in der Wutachschlucht, der seit 1972 zur Stadt Blumberg gehört. Er liegt in
einem Talkessel, an dem die Wutach in ihrem weiteren Verlauf in Richtung Süden weiterfließt. Hier
startete ich zu einer Radtour, die mich über den östlichen Schwarzwald und weiter an der Donau
entlang bis nach Thiergarten führen sollte.
Nach der dreieinhalbstündigen Anfart über die A81 war ich am Start guter
Dinge, denn die Sonne stand strahlend am Firmament. Nachdem ich mich
vorerst von Jan verabschiedet hatte, trat ich bei herrlichstem Wetter die
erste leichte Steigung empor. Jan hatte mich in Achdorf abgesetzt und wir
würden uns in Thiergarten wieder treffen. So war der Plan.
Den Ort, dessen erste Nennung auf das Jahr 775 zurückgeht, verließ ich
über das Krottenbachtal in Richtung Norden. Gleich hinter dem Ortsausgang
geht es in Richtung Eschach, dann etwas steiler bergauf. Ich
beobachtete einen Rotmilan, der über mir seine Kreise zog. Er drehte
bald in Richtung Wutachschlucht ab und ich schaute ihm noch eine Weile
hinterher. Mein Puls kam nun immer mehr auf Touren, aber ich gewann
dabei stetig an Höhe.
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Hoch motiviert trat ich in die Pedale, während mir die
Bäume ihr sattes Grün entgegenstrahlten. Der Wald
wechselte sich mit bunten Blumenwiesen ab, und die
Straße schlängelte sich am Krottenbach entlang stetig
bergauf.
Auf schattigen Straßenbereichen wehte mir gelegentlich
ein kühlerer Wind entgegen, den ich als sehr angenehm
empfand. Am Ortsausgang von Opferdingen wunderte
ich mich über die Beschilderung nach Hausen im Wald
und ich fragte mich, ob es nun drei oder vier Kilometer
zu radeln waren.
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Ich trat fleißig in die Pedale und folgte hinter einer
scharfen Kurve einem Waldweg weiter am Krottenbach
entlang. Der feuchte Boden war nun etwas schwieriger
zu befahren als die Teerstraße davor. Mittlerweile befand
ich mich jedoch bereits über 700 Meter Höhe.
Nach einem kurzen steilen Anstieg verließ ich den Wald
bereits wieder und stand am Rand eines Feldes, das
sich weit nach Osten hin öffnete. Nachdem ich den
schönen Ausblick betrachtet hatte, radelte ich weiter
über einen Feldweg hinab und rollte in Behla ein.
Das schmucke Örtchen liegt direkt an der B27, die
ziemlich stark befahren ist. Gleich an der Ortsausfahrt
lud eine Bankgruppe zur kurzen Rast ein. Erneut ließ
ich meinen Blick über die Weiten der Felder schweifen
und nahm dabei einen Schluck aus meiner Trinkflasche.
Auf dem Ortsschild, das direkt an der Bank stand, war
der Name Sumpfohren zu lesen. Dies freute mich, denn
es bestätigte, dass ich nach meiner wilden Feldabfahrt
auf dem richtigen Weg war.
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Nach Behla ging es dann etwa fünf Kilometer bergab bis
nach Neudingen. Hier erreichte ich endlich die Donau, die
an dieser Stelle bereits erstaunlich breit dahinfl oss. Seit
ihrem Ursprung im Schlossgarten in Donaueschingen hat
der Fluss an dieser Stelle bereits 22 Quellen aus dem
Umfeld eingesammelt, doch war er zumindest schon
mal da. Denn wie ich bereits gelesen hatte, konnte die
Donau einige Anomalien vorweisen. Nach einem kurzen
unterirdischen Lauf mündet sie nämlich in die Brigach und
vereinigt sich nach eineinhalb Kilometer erst mit der Breg
zur eigentlichen Donau. Ab dort fl ießt sie hinter Donaueschingen
weiter durch eine breite Landschaft.
Der Fluss zählt zu den ältesten und wichtigsten europäischen
Handelsrouten. Er verbindet die unterschiedlichsten
Kulturkreise und Landschaften. Von unverbauten
Naturräumen an der oberen Donau fl ießt er anschließend
durch das Alpenvorland und das Wiener Becken über die
Pannonische Tiefebene bis ins Schwarze Meer. Ihrem
Lauf ein weiteres Mal zu folgen, das wollte ich nun tun.
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Die Donau ist zwischen
Neudingen und Geisingen
bereits ein breiter Fluss.
Mäandernd fließt sie auf ihren
2857 Kilometern in Richtung
Osten quer durch Europa und
zehn Länder. So viele wie kein
anderer Fluss auf der Erde.
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Bald war ich in Neudingen angekommen. Von dort
waren es noch etwa acht Kilometer nach Geisingen.
Ich fuhr an blühenden Wiesen und Feldern vorbei und
ein Distelfink begleitete mich mit seinem wellenförmigen
Flug ein Stück des Weges. Etwa eineinhalb Stunden
nach meinem Start an der Wutach erreichte ich Geisingen.
Die Sonne stand jetzt senkrecht über mir und der
Schweiß perlte unter meiner Sonnenbrille hervor. Die
Hitze des Tages hatte nun ihren Höhepunkt erreicht und
das ließ sie mich spüren. Dazu kam, dass ich nun ein
paar mal nach dem Radweg suchen musste, der erst ab
Hintschingen wieder gut ausgeschildert war. Davor hatten
einige Brückensperrungen für Verwirrung gesorgt.
Ich war daher streckenweise auf die Bundesstraße
ausgewichen. Auto an Auto raste in dieser Zeit an mir
vorbei und dazwischen ich, ein lästiger Radfahrer. Das
machte nur wenig Spaß und ich freute mich, als ich in
Hintschingen erneut auf dem Radweg einbog und meine
Aufmerksamkeit wieder ganz der Landschaft galt.
In Immendingen, etwa 15 Kilometer vor Tuttlingen,
rastete ich an einer naturnah gestalteten Wasserstufe.
Fünf bis sechs Bachstelzen suchten wippend das
Flußufer nach Nahrung ab. Ich schaute ihnen aufmerksam
zu, während ich einige Male meine Wasserfl asche
zum Trinken ansetzte. Es machte Freude zu sehen,
dass solche Baumaßnahmen auch von wasserbewohnenden
Vögeln gerne angenommen wird.
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Naturnaher Flussabschnitt bei
Immendingen an der Oberen
Donau.
304 Seite
Und weiter ging es an der Donau entlang. Nach einer
weiteren Schleife sah ich die ersten Häuser und den
Kirchturm von Möhringen. Der Ort, der über dem Ufer
des Flusses plötzlich auftauchte, erwartete mich mit
seinem schmucken Rathaus.
Hinter Möhringen radelte ich an mehreren Altwasserarmen
vorbei und erreichte bald den Nägelsee. Hier hat
der 20 Jahre lang stattfi ndende Kiesabbau deutliche
Spuren hinterlassen. 1969 wurde zusätzlich dieser
Donauabschnitt begradigt und an den Altgewässern
wurden Baggerseen angelegt. Hochwasser, aber auch
sinkende Grundwasserspiegel führten in der Folge zu
einem dramatischen Verlust an Lebensräumen.
Viele Tier- und Pfl anzenarten hatten unter diesen
Eingriffen zu leiden. Letztlich waren darüber hinaus die
Selbstreinigungskräfte des Flusses stark gestört und
Baden-Württemberg beschloss 1992 in einem ökologischen
Gesamtkonzept das „Integrierte Donauprogramm“
(IDP) umzusetzen.
1994 renaturierte Tuttlingen
den Nägelsee und es entstand
vor den Toren der Stadt
ein Baustein für das „Integrierte
Donauprogramm“
(IDP) mit dem Ziel der
Wiederherstellung des
naturnahen Gewässerlaufes.
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Ich erreichte die Kreisstadt Tuttlingen. Mit über 35.000
Einwohnern ist sie das Zentrum des gleichnamigen
Landkreises. Neidisch blickte ich vom Fahrradweg
hinüber auf das Freibad der Stadt, das am westlichen
Stadtrand lag und bedauerte, meine Badehose nicht in
den Rucksack gepackt zu haben. Gerne wäre ich in das
kühle Wasser hineingesprungen.
Nun erhielt ich über WhatsApp eine Nachricht. Jan
war bereits am Zielort eingetroffen, doch vor mir lag
noch eine Strecke von etwa 40 Kilometern. Ich verließ
daher zügig die Stadt und radelte weiter Donauabwärts.
Gleich an der ersten Donauschleife hinter Tuttlingen
stieß ich auf einen weiteren renaturierten Altarm des
Flusses. Diese Naturoasen begeisterten mich immer
wieder, denn die Wiederherstellung ursprünglicher Gewässerabschnitte
dienen seltenen Arten als Rückzugsraum
und bewahren sie so vor dem Aussterben.
Dies trifft auch für den Feuersalamander zu, der wieder
in sein ehemals besiedeltes Gebiet zurückgekehrt ist.
Auch die zahlreichen Kaulquappen, die sich direkt an
der Wasseroberfläche tummeln, lassen erkennen, dass
mit den Renaturierungsmaßnahmen das Leben auch
wieder zurückkehren kann, wenn wir es zulassen.
Ein renaturierter Altarm
der Donau liegt direkt auf
der Grenze zwischen Nendingen
und Tuttlingen. Die
abgestorbenen Bäume
dienen zusätzlich Spechten
als Lebensraum.
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Ausgedehnte Wiesenlandschaften
und überschaubar
große Gemeinden
prägen die Täler an
der oberen Donau.
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Ich radelte an weitläufi gen Blumenwiesen entlang und
ließ mich dabei gedanklich vom Vogelgezwitscher in die
Natur hineinziehen. Bald tauchte hinter den Wiesenlandschaften
die Gemeinde Stetten auf, ein Ortsteil der
Stadt Mühlheim an der Donau mit etwa 730 Einwohnern.
Man glaubt kaum, dass sich hier in den letzten
50 Jahren etwas verändert hat. Mühlheim selbst besitzt
einen 800 Jahre alten Stadtkern, wobei das Fachwerkrathaus
und der Dorfbrunnen wie eh und je im Zentrum
liegen. Die schöne Innenstadt ist vom Radweg aus über
einen Anstieg zu erreichen und sie scheint geradezu
unter einem Bergrücken über der Donau zu kleben.
Durch die verwinkelten Gässchen ging es vom Marktplatz
aus bald wieder bergab zum Flusstal zurück.
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Am Ortsausgang von Mühlheim an der unteren Mühle
schenkte mir ein Lama seine Aufmerksamkeit. Da ich
kurz stehen blieb, wurde es neugierig und kam mir
entgegen. Mich faszinierte jedoch im selben Augenblick
etwas anderes. Vor mir spitzte der erste Donaufelsen
aus den Baumwipfeln hervor. Er, der „Gelber Fels“ genannt
wird, war aber nur ein kleiner Vorgeschmack auf
das, was mich auf den folgenden Kilometern erwarten
würde.
Gerne hätte ich nun die dahinter liegende Mühlheimer
Höhle oder die benachbarte Kolbinger Höhle besucht,
denn sie gehören zu den Bedeutendsten und Größten
der Schwäbischen Alb. Doch der Tag war durch den
Streckenverlauf, der mich donauabwärts bis nach Thiergarten
führen sollte, verplant. Ich konzentrierte mich
daher auf die direkt am Radweg liegenden Besonderheiten,
die aber nicht weniger beeindruckend waren.
Im Naturschutzgebiet
„Buchhalde-Oberes
Donautal“ direkt hinter
Mühlheim haben sich
wieder Biber angesiedelt.
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Ein solch kleines Naturwunder stellt die Wulfbachaue
dar, die direkt hinter Mühlheim bestaunt werden kann.
Dort haben sich im Naturschutzgebiet „Buchhalde-Oberes
Donautal“ wieder Biber angesiedelt, wobei die Tiere
es mit der Akzeptanz durch uns Menschen nicht leicht
haben. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden sie sogar
fast ausgerottet. Den letzten baden-württembergischen
Biber hatte man bereits 1834 im Iller-Mündungsbereich
erlegt, doch über die Schweiz kamen die Wasserbewohner
ab 1960 wieder zurück und 1978 konnte
erstmalig ein Exemplar bei Geisingen nachgewiesen
werden. Heute ist der Biber an der Donau und ihren Nebenfl
üssen somit ein zweites Mal heimisch geworden,
was ein gutes Zeichen des Miteinanders von Mensch
und Natur ist.
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Im weiteren Streckenverlauf entlang der Donau beeidrucken
die Felsformationen den Betrachter in immer
kürzeren Abständen. Laibfelsen und Stiegelesfels
türmen sich über dem Tal auf. Sie zwangen den Fluss
sich in immer enger werdenden Windungen durch die
Landschaft zu schlängeln. Wie der Fluss, so musste
auch der Mensch den Schienenverlauf dem kurvenreichen
Donautal anpassen. Es kam mir vor, als ob ich
durch die Kulisse eines Karl-May-Films radeln würde.
An jeder Ecke könnte plötzlich ein Indianer oder ein
Cowboy auftauchen.
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Eine grasende Rinderherde
mit Felsen im Hintergrund.
Wer will da noch in den
Wilden Westen reisen.
Traumhafte Naturkulisse
bei Fridingen an der
Oberen Donau.
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Acht Kilometer vor Beuron
tauchte ich ein weiteres
Mal in eine außergewöhnliche
Landschaft ein. Ich
war nun direkt unter den
Felsen und gleichzeitig am
Fluss.
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Die Strecke zwischen Fridingen und Thiergarten gehört
aus meiner Sicht zu den landschaftlich schönsten
Abschnitten entlang der Donau innerhalb Deutschlands,
vor allem, weil sich hier grüne Landschaftselemente
und hoch aufragende Felsen in immer kürzeren Abständen
abwechseln. Daher stieg ich öfter ab und genoss
diese einmaligen Eindrücke.
Ich konnte mich nun an der Natur kaum satt sehen und
fragte mich, wie diese weißen Felslandschaften, die das
obere Donautal so eindrucksvoll prägen, wohl entstanden
waren. Dazu muss man jedoch etwa 150 Millionen
Jahre zurückblicken, in eine Zeit, in der weite Teile
Deutschlands unter dem Wasserspiegel lagen.
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Die hellen Felsen, an
denen ich vorbeiradelte,
sind die Reste eines etwa
150 Millionen Jahre alten
Riffgesteins.
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Süddeutschland war damals weitgehend von einem
warmen, subtropischen Meer überflutet, das heute
als Jurameer bezeichnet wird. Es war das Randmeer
des noch größeren Tethysmeeres, dessen Lage dem
heutigen Indischen Ozean entspricht.
Das Klima zu dieser Zeit war deutlich wärmer als
heute, denn alleine die Wassertemperaturen lagen bei
etwa 22°C. Dieses Klima war die Grundlage für die
Ansiedlung riffbildender Organismen, wie zum Beispiel
Korallen, die in der Region der schwäbischen Alb, die
heute sichtbaren weißen Kalkfelsen in einem Zeitraum
von vielen Millionen Jahren aufbauten. Die Küste
dieses Meeres lag damals etwa 20 Kilometer nördlich
von Ulm im Lonetal.
Um diese großartigen Felsen zu bilden, mussten die riffbildenden
Organismen vom Grund des Meeres immer
weiter emporgewachsen sein. Es waren große tropische
Riffe, die den heutigen Korallenriffen sehr ähnlich
waren, denn auch sie reichen bis fast an die Wasseroberfläche.
Das Gestein, das im Laufe der Zeit aus den
Riffen entstand, wird heute Massenkalk genannt. Es ist
ein extrem hartes und widerstandsfähiges Gestein,
das der Verwitterung, aber auch der Erosion weitaus
besser stand hält, als das weiche Gestein des Umfeldes.
So lässt sich erklären, dass sich nur das harte
Gestein bis heute erhalten hat und immer noch auf der
Schwäbischen Alb zu sehen ist.
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Ich erreichte das Kloster in Beuron. Es liegt andächtig
umrahmt von den Kalkfelsen des Donautals in einem
weiten Kessel. Für mich ist es einer der schönsten Orte
an der Oberen Donau. Das Kloster selbst wurde bereits
in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gegründet
und wechselte im Laufe der Zeit immer wieder der Besitzer.
Am Anfang waren es Kanoniker, die unter päpstlichem
Schutz standen, später waren es Augustiner,
aber auch weltliche Herrschaften, wie etwa die Grafen
von Hohenzollern oder die Freiherren von Enzberg.
1863 wurde es dann zu einem Benediktinerkloster und
das ist es bis zum heutigen Tag geblieben. Die weitläufi
ge und protzige Anlage umgibt eine friedliche Aura,
die man besonders in den Morgen- und Abendstunden
spürt, wenn der Parkplatz vor der Anlage noch leer ist.
Dieses Gefühl spürte ich zum ersten Mal im Sommer
2010, als wir hier im Camper vor unserer Kanutour
übernachteten, doch davon später mehr.
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Als ich hinter Beuron über eine Brücke fuhr, wurde mir
wieder bewusst, was mich seit über zehn Jahren an der
Oberen Donau so fesselt. Es ist der einmalige Kontrast
mehrerer Lebensräume, die hier direkt aufeinander treffen.
Es sind die Dinge, die unser Leben ermöglichen.
Es ist das direkte Zusammentreffen von Fels, Wald und
Wasser.
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Die Burg Wildenstein liegt
etwa einen Kilometer hinter
Beuron Donauabwärts.
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waren etwa gigantische Ichtyosaurier, die bis zu 18
Meter lang werden konnten, aber auch Haie, Krokodilarten
und andere Fische besiedelten das Jurameer. Viele
Lebewesen traten auf und verschwanden später wieder.
Doch sie hinterließen unzählige Spuren, die man heute
in den Felslandschaften der Oberen Donau und in den
nahgelegenen Kalksteinbrüchen wiederentdecken
kann. Durch sie können Paläontologen, so heißen die
Dinosaurierforscher wissenschaftlich, das marine Leben
von damals rekonstruieren. Anschauen kann man diese
Funde etwa im Juramuseum im Schloss Willibaldsburg
in Eichstätt. Im dortigen Naturkundemuseum trifft man
auf eine umfangreiche Ausstellung von Jura-Fossilien
aus den Steinbrüchen von Solnhofen und Umgebung,
darunter Meeresreptilien, Flugsaurier und ein Exemplar
des Frühvogels Archaeopteryx.
Wenn man sich durch das Donautal bewegt, kann man
nicht erfassen, dass diese Landschaft einmal gänzlich
unter Wasser lag. Diesen für uns heute unglaublichen
Zustand sollte man jedoch versuchen zu verinnerlichen,
wenn man durch die Windungen des Donautals hindurchfährt
und an den weißen Kalkfelsen emporschaut.
Versuchen Sie für einige Augenblicke in dieses Meer
gedanklich einzutauchen, denn in ihm lebten nicht nur
Korallen, sondern dort schwammen auch riesige Saurier
umher und auch sie hinterließen in der Schwäbischen
und Fränkischen Alb ihre Spuren.
Über die Jahrmillionen formte sich aber nicht nur die
Landschaft immer wieder neu und erschuf erstaunliche
Welten, auch die Tierwelt entwickelte sich stetig fort.
Die faszinierenden Tiere, die hier damals lebten,
324 Seite
Schloss Werenwag erhebt
sich hoch über die Donau.
Schon von Weitem kann
man die Gebäude auf den
Kalkfelsen erkennen.
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Das Schloss Werenwag ist direkt auf einem Felssporn
gebaut. Auch die Anfänge dieser Anlage lassen sich bis
in das 11. Jahrhundert zurückverfolgen.
Heute befi ndet sich das historische Bauwerk, das sich
in der Nähe von Beuron befi ndet, im Eigentum des
Hauses Fürstenberg und wird immer noch bewohnt.
Für die Öffentlichkeit ist es aber leider nicht zugänglich.
Daher muss man den Anblick vom Talgrund aus vom
Radweg genießen, die Aussicht von der Burg aus bleibt
dem Besucher des Tals leider verwehrt.
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Die Region zwischen Lone - und Donautal ist in einem Zeitraum von vielen Millionen
Jahren entstanden. Ihre weit sichtbaren weißen Kalkfelsen sind Zeitzeugen dieser
langen Geschichte. Doch um sie zu begreifen, müssen wir uns dafür öffnen und den
Gedanken Raum geben. Am einfachsten gelingt dies, wenn wir die Naturwunder
gesehen haben und bereit sind, in diese schöne Welt einzutauchen. Ich wollte diese
einmalige Natur erleben und versuchte immer wieder tageweise ein Teil von ihr zu
sein, letztlich um sie besser verstehen zu können, denn sie ist unsere Lebensgrundlage,
die es zu erhalten gilt. Gerade wenn man durch das Tal der Oberen Donau fährt,
wird man zum Zeitzeugen. Man sieht in eine Art Spiegel des Lebens, das in vielen
Millionen Jahren entstanden ist und das wir mit unserem rücksichtslosen Handeln in
so kurzer Zeit zerstören.
Heute, wie schon damals, sind Oberes Donautal und Schwäbische Alb sehr artenreich.
Dieses Erbe gilt es nun zu erhalten. Es ist der Schatz vor unserer Haustür, den wir in
immer kürzeren Abständen verlieren. Es sind diese Gedanken, die mir am stärksten
begegnen, wenn ich mich in der Natur aufhalte. Sie in mir zu bündeln, ist der Grund,
weshalb ich mit meinem Moutainbike an unseren Flüssen entlang fahre.
Wenige Meter hinter Thiergarten, erreichte ich den Gutrshof Käppeler. Hier wollten wir für
eine Nacht bleiben. Im Garten direkt an der Donau ließ ich noch einmal den Tag Revue
passieren und erzählte Jan meine Eindrücke. Er war bereits eingetroffen und zeigte ebenfalls
Begeisterung für diese schöne Landschaft. Darüber hinaus hatte er eine Pizzeria
im nahe gelegenen Stetten entdeckt, dort wollten wir später noch zu Abend essen. Noch
lange erzählten wir uns gegenseitig Geschichten über die Erlebnisse des heutigen Tages.
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328 Seite
Von Thiergarten nach Sigmaringen
Juni 2010
Naturnahe Gewässer sind nicht nur für Naturliebhaber wichtig, sondern auch für Kanufahrer
reizvoll, denn dort passt noch alles zusammen. Paddelsport lässt sich bei entsprechender Rücksichtnahme
mit einem Naturerlebnis gut verbinden, daher versuchen beide Gruppen immer öfter
gemeinsam gegen Interessen aus Politik und Wirtschaft Position zu beziehen.
Das zeigt sich an der oberen Donau deutlich. Denn
selten ist eine Flusslandschaft in Deutschland so schön
wie zwischen Beuron und Sigmaringen. Das Engagement
für ein Stück frei fl ießende Donau ist daher ein
gemeinsames Ziel von Sportlern und Naturschützern
geworden.
Auch wir wollten die Natur vom Fluss aus genießen und
kamen an diesem sommerlichen Junitag in Beuron an.
Der Tag war bereits vor dem Paddeln voller schöner
Überraschungen gewesen. Am Abend davor waren wir
mit unserem Camper auf dem Parkplatz direkt am Kloster
angekommen. Schon die ersten Stunden machten
Lust auf mehr, denn ein tolles Abendrot legte sich um
die Felsen und das Schloss Werenwag.
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In der kommenden Nacht war eine Wolkenfront über
uns hinweggezogen und die hatte am Abend davor die
bunten Farben an den Himmel gezaubert. Doch das
schöne Wetter kehrte am nächsten Morgen zurück. Die
ersten Sonnenstrahlen weckten uns in unserem kleinen
Zuhause und auch der Hunger meldete sich. Auf den
wenigen Quadratmetern im Camperinneren will jeder
Handgriff gut geplant sein. Frühstück machen, Sitzbank
umklappen, Decken aufräumen, Equipment verstauen
usw. Zu viert ist dies immer eine organisatorische Meisterleistung,
die oftmals gute Nerven voraussetzt.
Bei schönem Wetter bauten wir den Frühstückstisch
vor dem Fahrzeug auf, während unsere zwei Kinder mit
ihren Rollern über den Parkplatz düsten. Bald saßen wir
am Campingtisch und genossen unsere Brote, Tee und
Kaffe und wurden zeitgleich mit unzähligen Geschichten
konfrontiert. Als Eltern ist man meist der Zuhörer,
doch wir versuchten auch die Aufmerksamkeit unserer
beiden Lieben zu gewinnen, redeten von den Felsen,
dem Tal und dem Donaufl uss, der uns erwartete.
Alle freuten sich nun auf
den Tag und die Kanufahrt.
Ungeduldig wollten
Jan und Lena sofort loslegen.
Doch vorher mussten
wir zusammenpacken und
nach Thiergarten fahren.
Dort erhielten wir das
Briefi ng bei Jack Rattles
im Tal der Piraten.
330 Seite
Stolz trug Jan sein Paddel hinab zur Bootsablegestelle.
Nach einer Einweisung über die Gefahren auf der
Strecke und die Umtragungspunkte an den Stauwehren
konnte es losgehen.
Unser Boot zog ich mit einem Mitarbeiter von Jack
Rattle vom Hänger an den Fluss.
Die Spannung stieg, denn nachdem unser Boot zu
Wasser gelassen worden war, bestiegen wir nacheinander
das Kanu. Es wackelte beim Einsteigen etwas
stärker als unser Schlauchkanadier, mit dem wir zu
Hause gelegentlich paddelten, doch schnell waren wir
startklar und los ging es. Zu Beginn ließen wir uns erst
einmal von der Donau mitziehen.
Der Rest der Familie trug in der Zwischenzeit die
Paddel an den vielen Booten vorbei hinunter an den Fluss.
Gemächlich paddelten wir
mit dem Kanu die Donau
abwärts.
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Die erste Donauschleife war rasch gemeistert und wir passierten
den Thiergartenhof. Anschließend durchpaddelten
wir größere Teppiche mit Wasserpflanzen. Mit leisen
Singgeräuschen glitten die meterlangen Gewächse unter
unserem Boot hindurch. Mit vier Mann Besatzung waren
wir fortwährend am Seiten- bzw. Paddelwechsel, damit wir
unser Gefährt halbwegs geradeaus steuern konnten.
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Die Strömung des Flusses zwang uns ständig zur Korrektur, aber auch unsere
Paddelkünste waren noch nicht ganz perfekt gewesen. Immer wieder wollte das
Boot seitlich ausscheren. Wir steuerten durch Paddelschläge dagegen an, denn
uns war es wichtig, in der Mitte des Flusses zu bleiben. Dort konnte ich zum Filmen
und Fotografieren einige Sekunden Freiraum schaffen, während meine Mannschaft
aufgefordert war, fleißig zu paddeln. Ab und an mündeten kleinere Bäche in den
Fluss und betankten ihn so mit Sauerstoff.
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Nach etwa vier Kilometern erreichten wir Gutenstein.
Hier mussten wir das erste Mal ein Wehr umtragen. Bei
Dietfurt, nach etwa sieben Kilometern, das zweite Mal. Wir
stiegen jedesmal an der linken Seite aus und ein Kraftakt
begann.
Während beim Rudern Jan, Lena und Kerstin fleißig
waren, wurde beim Treideln nun hauptsächlich meine
Kraft gebraucht. Mühsam zog ich das Boot an Land und
schleppte es entlang des Treidelpfades weiter über die
Wiesenfläche bis an die nächste Einsetzstelle.
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Nachdem das Boot wieder
eingesetzt war, ging es
auf der Donau weiter den
Fluss hinab.
Es gibt keine bessere Möglichkeit um in die Natur einzutauchen.
Während wir gemächlich den dahinfließenden
Fluss hinunterpaddelten, lief die einmalige Bilderbuchlandschaft
wie im Kino an uns vorbei. Wir mussten unseren
Kanadier nur gelegentlich in einen idealen Betrachtungswinkel
drehen. Somit wurde der Energieaufwand für die
Fortbewegung auf ein Minimum reduziert. Nur das Verharren
an einer bestimmten Position war etwas schwieriger,
denn der Fluss zog unaufhaltsam weiter und nahm uns mit
auf seine Reise.
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Vom Wasser aus wurden Einblicke in
die Natur ermöglicht, die wir so noch nie
gesehen hatten. Wir befanden uns in
einer eigenen Welt und waren dabei den
Kräften des Wassers ausgesetzt.
Der Fluss gab das Tempo und die
Regeln vor, die wir zu beachten hatten.
Strömungen, Strudel und Wehre und
die Kraft des Wassers sollte niemand
unterschätzen.
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„Endlich kommt unsere verdiente Mittagspause“, sagte Jan.
Nach acht Kilometer Paddelstrecke lag an der linken Flussseite
ein herrliches Plätzchen vor uns. Die frisch gemähte
Wiese bot für Kanuten einen idealen Ort für eine Rast. Mit
kräftigen Zügen zog ich das Boot über die Treppenstufen
auf den Rastplatz hinauf.
Es war nicht leicht, den Kunststoffrumpf des GFK-Kanus
den Hang hinauf zu ziehen, denn er wiegt etwa 38 Kilogramm.
Dazu kommt noch der Reibungswiderstand des
Untergrundes. Ich kam dabei ganz schön außer Puste.
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Doch nach etwa der halben Strecke konnten wir erst
einmal ausruhen. Auch unser Picknick hatten wir uns jetzt
wirklich verdient. Wir saßen auf unserer Picknickdecke
und genossen die belegten Brötchen, sie schmeckten
nach den Anstrengungen der Bootsfahrt besonders lecker.
Als Nachtisch gab es nach dem Nickerchen noch ein paar
Gummibärchen. Herz was will man mehr.
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Gestärkt und ausgeruht ging es anschließend wieder an
die Strecke. Zunächst musste jedoch das Boot wieder in
die Donau abgelassen werden. Während ich alles gab,
unterstützte mich die Familie mit reichlich Beifall.
Nun hieß es einsteigen und schon konnte die zweite
Etappe unserer Donaufahrt beginnen.
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Entspannt ging es die
Donau weiter abwärts.
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Ein einzigartiges Erlebnis erwartete uns noch einmal bei
Kilometer 13 an der nächsten Schleuse. Für die Kanuten
stand ein separater Wasserkanal zur Verfügung, durch
den wir hinab fahren mussten. Dazu galt es zunächst
unser Boot in die richtige Position zu bringen. Anschließend
ging es über eine Rutsche hinab, während das Boot
rasant beschleunigte. Dabei kam Freizeitparkfeeling auf.
Lautstark quittierte die Bootsmanschaft das tolle Erlebnis.
Unten angekommen schauten wir noch einmal zurück auf
den hinter uns liegenden Kanal. „Nochmal“ war die erste
Reaktion von Jan und Lena und Gelächter löste die noch
am Einstieg vorherrschende Anspannung jetzt ganz auf.
Ich freute mich mit ihnen und hoffte, dass sie diese schönen
Erlebnisse lange in Erinnerung behalten werden.
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Bald waren wir am Ziel angekommen. Kurz vor Sigmaringen
verließen wir den Fluss und brachten unser Gepäck
vom Boot zum bereits wartenden Transportfahrzeug.
Sehnsüchtig schaute Lena noch einmal zurück
zum Fluss und zu den Booten. „Wollen wir
das wieder mal machen“?, fragte sie. „Ja, das
machen wir“, war die eindeutige Antwort von
allen.
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Das Hohenzollerschloss in Sigmaringen thront über der Donau auf
einem lang gestreckten Kalkfelsen und ist das größte aller Schlösser im
Donautal. Der Vorgängerbau, eine Burganlage aus dem 11. Jahrhundert,
wurde erstmals 1077 erwähnt. Damals hatte Rudolf von Schwaben
im Krieg gegen Kaiser Heinrich IV. die Burg vergeblich belagert.
Später war die Anlage lange Zeit Residenzschloss und
Verwaltungssitz der Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen
in der gleichnamigen baden-württembergischen Stadt.
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Wie ein Märchenschloss wirkt
das Hohenzollerschloss in
Sigmaringen auf den Betrachter.
Seine besondere Lage auf dem
lang gestreckten Kalkfelsen
über der Donau macht es zum
Wahrzeichen der Stadt.
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Schwäbische Alb
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Die Schwäbische Alb zählt zu den Mittelgebirgen in Süddeutschland. Sie ist etwa 200 km lang und
bis zu 40 km breit. Neben dem Schwarzwald und dem Bodensee gilt sie als eine der touristischen
Hauptattraktionen im Südwesten Deutschlands, denn sie ist sowohl Wander-, Kletter- als auch
Wintersportregion. Hervozuheben ist hierbei der Albtrauf, der den Nordwestrand des Gebirges
bezeichnet, eine über 200 Kilometer lange und bis zu 400 Meter hohe, meist steil abfallende
Schichtstufe. Von der Neckarseite aus erscheint der Albtrauf als zerklüftete, mauerartige Wand,
welche mit Wald und Felsformationen durchsetzt ist und ihr dadurch aus der Ferne einen bläulichen
Schimmer verleiht. Die höchsten Erhebungen der Alb reichen bis knapp über 1000 Meter
Meereshöhe hinauf, wobei sie alle im südwestlichen Teil der Alb, auf der so genannten Hohen
Schwabenalb und dem Großen Heuberg zu finden sind. Zwölf Eintausender befinden sich hier.
Zusammen mit der sich nach Nordosten fortsetzenden Fränkischen Alb wird die gesamte Region als
Südwestdeutsches Stufenland bezeichnet. Bekannt ist die Alb aber auch aufgrund ihrer erdgeschichtlichen
Besonderheiten. So wird als Trennlinie der beiden Alben das Nördlinger Ries angesehen, einem
kreisrunden Krater mit einem Durchmesser von über 20 Kilometern. Der Grund für die Entstehung des
Rieses soll ein Meteorit gewesen sein, der vor rund 14 Millionen Jahren hier einschlug und einen
Durchmesser von etwa 1,5 Kilometer gehabt haben soll. Doch auch die lange menschliche Besiedlungsgeschichte
seit der Steinzeit, mit zahlreichen materiellen und konstruktiven Hinterlassenschaften
aus allen Epochen, zeichnet sie sich als Region mit reichem kulturellem Erbe aus.
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Vom Zeller Horn aus
hat man wohl die beste
Postkartenperspektive
auf die über den Wolken
schwebende Stammburg
der Hohenzollern.
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Die Route
Den Untergrund der Alb bildet mesozoisches Kalkgestein aus der Zeit des Jura und sie gilt
als eines der größten zusammenhängenden Karstgebiete in Deutschland. Dies macht die
Schwäbische Alb für Wanderer so attraktiv, vor allem da die aufbauenden Schichten ungefaltet
und schräggestellt sind. Das hat zur Folge, dass sich die höchsten Punkte zum größten
Teil entlang des Albtraufs befinden und genau dort war ich zum Wandern unterwegs.
Von Traufgängen ist immer dann die Rede, wenn die
Wege entlang des steil abfallenden Albtraufs führen
und immer wieder überwältigende Ausblicke garantieren.
Die Aussichten reichen dann bis weit ins Schwabenland
hinein. Gleich 10 Premiumwanderwege wurden
auf der Albtrauf ausgezeichnet.
Zu den beliebtesten Touren gehören etwa der Traufgang
Zollernburg-Panorama, der zugleich beeindruckende
Blicke auf die märchenhaft thronende Burg
Hohenzollern bietet, oder der Weg zum Wackerstein bei Pfullingen.
350 Seite
Zeller Horn und Wackerstein
September 2022
Exponierte Aussichtsfelsen wie der Hangende Stein, aber auch die Fernblicke von der Traufkante
bieten Panoramawandern pur. Die Rede ist von zwei kürzeren Touren, die ich auf der Albtrauf
unternommen habe. Am Ende sollten noch eine Höhle und einer der schönsten Burgen im
Schwäbischen meinen Besuch auf der Schwäbischen Alb abrunden.
Mein Besuch auf der Schwäbischen Alb begann an
einem vielversprechenden Spätsommertag. Die Anfahrt
über die A81 und anschließend weiter über die B27
nach Bisingen war unspektakulär. Schon um drei Uhr
in der Früh war ich in Partenstein gestartet und die
Autobahn war dementsprechend frei.
Bereits während der Anfahrt waren durch die Nebelschwaden
schöne Siluettenbilder möglich gewesen,
wie etwa vom Hohenzollernberg mit der Burg, die sich
mystisch vor dem hellen Horizont abzeichnete.
Weiter ging es dann über Onstmettingen hinauf nach
Raichenberg zum Parkplatz am Nägelehaus. Es war
noch frisch an diesem Morgen, aber das Wetter versprach
perfekt zu werden. Ausgerüstet mit Fotoausrüstung
und zusätzlicher Jacke machte ich mich an die
erste Teilstrecke hinüber zum Hangender Stein.
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Die weit auseinander stehenden knorrigen Eichen und
Buchen reihten sich lose aneinander, dazwischen eine
Wiese, dann wieder Wald. Es dauerte gar nicht lange,
bis ich auf dem Gradweg angekommen war. Genau hier
verläuft die Grenze zwischen Hechingen und Albstadt.
Spektakulär war dann die erste Aussicht vom Hangender
Stein aus von den Albtraufhängen hinab in das
Reichenbachtal. Auch die weiter nördlich gelegenen
Albtraufhänge, die sich bis hinauf nach Mössingen hinziehen,
waren aufgrund des schönen Wetters gut zu
erkennen. Nach ein paar Bildern wanderte ich immer
am Grad entlang nach Westen und wieder begleiteten
mich urige Baumgestalten.
352 Seite
Manche von ihnen wuchsen spektakulär aus der
Schlucht direkt unter mir nach oben und zauberten mit
ihren störrischen Ästen eine Märchenstimmung direkt
vor meine Kamera und verleiteten mich immer wieder
dazu, mit dem Foto einen Schritt zurück und dabei in
die Hocke zu gehen. Zusätzlich wurden die Äste von
der aufgehenden Sonne umstrahlt. Schöner kann ein
Vormittag nicht sein.
Ich wanderte wie an einer Filmleinwand vorbei, die nicht
abwechslungsreicher hätte sein können. Das Spiel
zwischen Licht und Schatten, nah und fern, zog mich so
richtig in ihren Bann.
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Impressionen vom
Hangender Stein
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Mächtige Buchen und
knorrige Kiefern wachsen
bis an die Abbruchkante der
Albtraufhänge.
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Teilweise ragen die
Altbäume bis in die
Schlucht hinein, doch
gelegentlich schwindet
ihre Haltekraft und die
Kolosse fallen entwurzelt
in die Tiefe.
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Moment im Licht
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Albtraufhänge mit weiten
Aussichten.
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Viel zu schnell hatte ich das Zeller
Horns erreicht, dessen Aussicht
mir erneut den Atem nahm.
Dass ich dabei so viel Glück mit
dem Wetter hatte, freute mich
zusätzlich.
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Ich genoss nun von einer Bank aus das Lichtspiel der
in der Sonne liegenden Burg Hochenzollern, die sich
wie eine Gralsburg auf dem 855 Meter hohen Zollerberg
erhebt. Welch ein Glück ich doch hatte, da schmeckte
mein Apfel aus dem Rucksack gleich doppelt so gut. In
der Ferne konnte ich die Nebelschwaden ziehen sehen.
Hier vom Zeller Horn aus, hat man wohl die beste Postkartenperspektive
auf die scheinbar schwebende
Stammburg der Hohenzollern. Exponierte Aussichtsfelsen,
der abenteuerliche Hangende Stein, die
Buchenwälder sowie die Fernblicke von der Traufkante.
Schöner kann Panoramawandern nicht sein. Dieser
Rundweg ist ein Glanzlicht unter Deutschlands
Wanderwegen.
Man erreicht die Traufkante und blickt herunter auf die
weit entfernten Gemeinden, die unten im Tal liegen und
hier vom Zeller Horn aus kann man dann auch noch
das majestätische Wahrzeichen des Zollernalbkreises
bewundern.
360 Seite
Der Rückweg führte mich ab dem Trauffelsen Ost über eine Wiesenlandschaft, die als Schafweide zu
erkennen war. Ich verließ nun die Traufkante mit Felsspornen, Klüften und wurzelgesäumten Pfaden.
Sie hatte mich in ihren Bann gezogen, doch nun folgte eine sanfte Albhochfl äche, geprägt von
Wacholderheiden und schier endlosen Wiesen, Feldern und Waldsäumen. Hier blühen blauer und
gelber Enzian, aber auch die Silberdistel. Bluthänfl ingen und Heidelerchen begegnet man hier noch
häufiger, ebenso dem Schachbrett und dem Schwalbenschwanz, zwei unserer schönsten Tagfaltern.
Hier oben zu sein ist Wandervergnügen pur! Doch bald erreichte ich den Parkplatz, dort wo mein
Auto stand. Ein herrlicher Auftakt meines Besuches der Albtraufhänge war gelungen. Ich hielt mich
noch ein wenig am schön gelegenen Nägelehaus auf, fuhr dann hinab nach Onstmettingen und blieb
an einem gemütlich aussehenden Kaffe im Ort stehen. Eine schwäbische Stimme begrüßte mich und
die Sprache gefi el mir auf anhieb, auch wenn ich mich als Franke quasi wie im Ausland fühlte. Anschließend
ging es hinauf auf den Zollerberg, um die schöne Aussicht von der Burg aus zu genießen.
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Die Burg Hohenzollern zählt zu den bekanntesten deutschen Sehenswürdigkeiten. Sie thront
auf dem kegelförmigen 855 Meter hohen Zollerberg und bietet einen fantastischen Rundblick.
Daneben gewährt ein Besuch Einblicke in die prachtvollen Säle und Gemächer der Anlage, die
sich seit rund 1.000 Jahren im Privatbesitz der Familie Hohenzollern befi ndet.
Sehr schön waren von hier aus die Ausblicke auf die knapp 900 Meter hohen Kuppen des Blasenberges
und des Heiligenkopfes, aber auch die Aussicht bis nach Bisingen und Geislingen
dahinter. Wenn man in Richtung Norden blickt, sieht man Hechingen und Stetten, aber auch
die Nordwestlichen Albtraufhänge mit dem Dreifürstenstein und den etwas niedrigeren Tirolerkopf.
An der weiten Aussicht über das Schwabenland kann man sich gar nicht satt sehen.
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Als Nächstes galt es die Draufhänge auch einmal von unten zu sehen.
Saftige Wiesen und Felder wechseln sich hier mit Obstbaumplantagen ab.
Dazwischen trifft man auf weitläufi ge Rinderweiden, bevor es anschließend
wieder in die bewaldeten Albtraufhänge hinauf ging.
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Für den zweiten Tag hatte ich mir zwei weitere Aussichtspunkte vorgenommen. Die
etwa 17 Kilometer lange Wanderung startete erneut auf einem Parkplatz, der sich
hinter der Stuhlsteige befand. Diese Teerstraße verbindet Pfullingen mit Genkingen.
Vom Parkplatz am Bergsattel aus führte mich der Wanderweg zunächst leicht bergan,
einem Halbkreis folgend, zum Wackerstein hinauf. Auf dem urigen Weg erreichte ich
bald eine Schutzhütte, die sich nicht weit vom Gipfel entfernt befand. Doch die Aussicht
von dort oben kann man kaum beschreiben, man muss sie gesehen haben.
364 Seite
Aussicht vom Wackerstein
Wie das Donautal, so war auch die Schwäbische Alb vor Jahrmillionen von einem warmen,
subtropischen Meer überfl utet, das heute als Jurameer bezeichnet wird. Es war das Randmeer
des noch größeren Tethysmeeres, dessen Lage dem heutigen Indischen Ozean entspricht. Das
damals warme Klima war die Grundlage für die Ansiedlung riffbildender Organismen, die der
schwäbischen Alb ihr heutiges Gesicht gaben, denn die weißen Kalkfelsen sind in einem Zeitraum
von vielen Millionen Jahren entstanden.
Das Gestein, das im Laufe der Zeit aus den Riffen entstand, wird heute Massenkalk genannt. Es
ist ein extrem hartes und widerstandsfähiges Gestein, das der Verwitterung aber auch der Erosion
weitaus besser stand hält als das weiche Gestein des Umfeldes. Nur so lässt sich erklären,
dass sich nur das harte Gestein bis heute erhalten hat und auch heute noch auf der Schwäbischen
Alb zu sehen ist.
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Über die Jahrmillionen formte sich aber nicht nur die
Landschaft immer wieder neu und erschuf erstaunliche
Welten, auch die Tierwelt entwickelte sich stetig fort.
Die faszinierenden Tiere, die hier damals lebten, waren
gigantische Ichtyosaurier, die bis zu 18 Meter lang
werden konnten, aber auch Haie,
Krokodilarten und andere Fische besiedelten das Jurameer.
Viele Lebewesen traten auf und verschwanden
später wieder. Doch sie hinterließen unzählige Spuren,
die man heute in den Felslandschaften der Schwäbischen
Alb wiederentdecken kann. Viele Funde kann man
im Fossilienmuseum in Dotternhausen besichtigen.
Daher wurde das Gebiet 2004 zum Geopark erklärt.
Was ihn einzigartig macht, ist seine geologische
Vielfalt, die als weltweit einzigartig gilt. Doch neben
den weißen Kalkfelsen sind ebenso mächtige Höhlen
entstanden. Eine der Schönsten wollte ich auf meiner
Wanderung kennenlernen.
366 Seite
Nach guten zwei Kilometern erreichte ich
vom Wackerstein aus die Nebelhöhle. Sie
ist neben der Bärenhöhle eine der faszinierendsten
Orte in der Region. Die Höhlensysteme
auf der Schwäbischen Alb sind spektakulär
und ihr Besuch überaus spannend.
Entstanden sind sie durch Auswaschungen
größerer Flusssysteme, die heute vertrocknet
sind. Später haben sich dort über Jahrmillionen
Tropfsteine gebildet. Diese Stalaktiten,
die von der Decke der Höhle herabhängen,
haben Gegenstücke, die vom Boden emporwachsen
und Stalagmiten genannt werden.
In der Eiszeit haben sich die Menschen besonders
im Winter in den Höhlen aufgehalten
und dort ihre Spuren hinterlassen. Heute ist
diese Unterwelt vor allem Rückzugsgebiet
seltener Fledermäuse, von denen 24 Arten
auf der Schwäbischen Alb vorkommen.
Im Geopark Schwäbische Alb kann man
aber auch Reste vulkanischen Gesteins
finden. Diese lassen sich etwa in Bad Urach
bestaunen. Neben Versteinerungen fand man
auf der Alb Skelettreste von Dinosauriern.
Viel Arbeit war nötig, um diese Puzzleteile
wieder zusammenzufügen. Wissenschaftler
von der TU Tübingen machten sich an diese
Mammutaufgabe und heute kann man die zusammengesetzten
Skelette dort bewundern.
Seite 367
Nach dem Höhlenbesuch, bei dem ich mich
im Treppensteigen üben konnte, waren
weitere drei Kilometer zu laufen, bis mein
nächstes Etappenziel erreicht war. Schon
nach einer guten halben Stunde sah ich
die ersten Gebäude der Anlage vor mir.
Ich hatte Lichtenstein erreicht, das für
mich das eindrucksvollste Schloss in der
Schwäbischen Alb darstellt. Ich lief nun die
Aussichtspunkte ab und genoss die Weitsicht,
die mir das immer noch gute Wetter
bescherte. Unter mir lag das Echaztal und
hinter Lichtenstein konnte ich den Imenberg
erkennen, ein Kugelberg, der sich von den
anderen Erhebungen der Albtrauf visuell
abhebt. Noch eine Weile blieb ich an
diesem schönen Ort. Dann machte ich mich
auf den Rückweg.
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Schloss Lichtenstein zählt
zu den Schönsten auf der
Schwäbischen Alb.
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Allgäuer Hochalpen
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Das Gebirge der Allgäuer Alpen liegt östlich des Bodensees. Zwei Länder haben einen Anteil an
diesem Gebierge. Deutschland mit dem Bundesland Bayern und Österreich mit den Bundesländern
Vorarlberg und Tirol. Die Allgäuer Alpen haben eine Ausdehnung von etwa 75 × 50
Kilometer. Vor allem die Allgäuer Hochalpen sind landschaftlich sehr beeindruckend, denn das
abwechslungsreiche Gebirge weist eine Vielfalt an Gesteinsarten auf, was zu unterschiedlichen
Lebensbedingungen führt. So gibt es nährstoffreiche, magere, basische, aber auch saure Standorte.
Die Höhe, das Klima und deren Dynamik sind weitere Gründe die dazu führten, dass unterschiedlichste
Tier- und Pflanzenarten dort ihre ökologische Nischen gefunden haben. Durch die
Lage am Nordrand der Alpen ist das Gebiet aber auch niederschlagsreich, es gilt sogar als das
Regenreichste von Deutschland.
Diese Erkenntnisse, dass die Allgäuer Hochalpen als artenreichstes Gebirge Deutschlands angesehen
werden, führten dazu, dass 1992 auf 20.724 Hektar Fläche Naturschutzgebiete ausgewiesen
wurden. 2002 erfolgte als logische Konsequenz die Meldung als Natura 2000 Gebiet. Außergewöhnlich
sind aber auch die Ausmaße. Von der Fläche her gesehen, ist es mit Abstand nicht nur
das größte Naturschutzgebiet im Regierungsbezirk Schwaben, sondern sogar größer als einige
Nationalparks in Deutschland. Charakteristisch sind daneben auch die Schlucht- und Blockwälder,
die alpinen Bäche, Moore und Karseen in den Schutzgebieten.
372 Seite
Der Seealpsee ist vom
Bergsattel zwischen dem
Zeiger und dem Östlichen
Hüttenkopf am besten
zu sehen. Dahinter kann
man bis zum Hohen Ifen
im Kleinen Walsertal
hinüberblicken.
Seite 373
Die Route
Bemerkenswert sind in den Allgäuer die steilen Grasberge mit Neigungswinkeln von bis zu
70 Grad. Auch sie gehören zu den Vielfältigsten der ganzen Alpen. Bekannt sind aber auch
die Höhenwege, die dort oben von Hütte zu Hütte führen und Bergwanderungen von sieben
bis zu zehn Tagen ermöglichen, ohne in bewohnte Täler absteigen zu müssen. Insider sprechen
daher auch gerne vom Schwabenhimmel. Der logische Gedanke, der für Naturliebhaber
und Bergsteiger darauf folgt, ist, dieses Gebirge zu besuchen.
Die beschriebene Wanderung führte uns vom
Vilalpsee auf die Landsberger Hütte, dann über den
Jubiläumsweg zum Prinz-Luitpold-Haus und am
dritten Tag zum Edmund-Probst-Haus, das sich direkt
neben der Nebelhornbahn befindet. Beeindruckend
war kurz davor die Aussicht auf den malerisch
gelegenen Seealpsee, der sich über Oberstdorf in die
Allgäuer Berge schmiegt.
374 Seite
Unterwegs im Schwabenhimmel
September 2011
Eines unserer Lieblingsgebiete in den Alpen sind die Allgäuer und folgende Geschichte beginnt im
Tannheimer Tal. Schon oft war ich dort gewesen, denn von Franken aus hat man eine kurze
Anfahrt über die A7. So auch dieses Mal, denn wir kamen nach guten drei Stunden direkt an den
Füßen der Allgäuer an. Gut gelaunt starteten wir am Vilsalpsee gleich hinter dem Parkplatz.
Da wir in Partenstein eine halbe Stunde später als unsere Freunde
gestartet waren, mussten wir uns vor der eigentlichen Wanderung
zusammen telefonieren. Kurz vor dem Oberjoch versuchten wir unsere
aktuellen Positionen auszutauschen, was aber nicht so einfach war. Armin
hatte zunächst eine viel zu ausführliche Beschrebung seiner gerade
zurückgelegten Strecke abgegeben, mit der alle anderen der Gruppe
nur wenig anfangen konnten. Am Ende seiner Ausführungen meinte er
kurz: „Seid ihr noch in Deutschland oder etwa schon in Österreich?“.
Bis dahin konnte ich wirklich nicht nachvollziehen, wo das zweite Auto
mit seinen vier Insassen und einem Hund gerade sein sollte. Aber seine
Angabe „GRENZE“ machte mich hellhörig, denn auch wir fuhren gerade
auf das alte Grenzhäuschen zu. „Da vorne, das ist doch der BMW von
Sabine und Michael“, meinte Kerstin.„Brems mal kurz“, rief ich ins Handy.
Und tatsächlich, sofort leuchteten mir rote Lichter entgegen. Vom
Telefongespräch mal abgesehen war es doch eine genaue Punktlandung
gewesen. Wir fuhren zeitgleich in einen Hinterhof ein.
„Na auch schon da“, meinte Michael.
Seite 375
Wir klopften wieder mal unsere Standardsprüche durch
die heruntergekurbelten Scheiben. Kurz darauf bogen
wir in Tannheim rechts ab und erreichten kurz darauf
den Vilsalpsee. Anschließend brachten wir noch ein
Auto zurück zum Oberjoch und starteten nach einem
obligatorischen Gruppenbild unsere Wanderung.
Bodo, unser Lawinenhund, spurtete voran den Berg
hinauf. Nach einer Weile sahen wir ein letztes Mal den
Vilsalpsee von oben, doch nun mussten wir eine kleine
Herde Kühe durchqueren. Nach einer guten halben Stunde
erreichten wir den Traualpsee und legten eine kleine
Pause ein. Der See lag an diesem Tag so ruhig vor
uns, dass sich sogar die Lachenspitzgruppe auf seiner
Oberfläche spiegelte, auf dessen Gipfel wir bereits 2008
mit den Kindern gewesen waren.
376 Seite
Hier am See hatte sich Jan schon vor drei Jahren mit
einer Ziege angelegt, als wir ebenfalls zur Landsberger
Hütte aufgestiegen waren. Ich konnte mich noch gut daran
erinnern. Und auch dieses Mal suchte er die Nähe
zu den neugierigen Tieren.
Wenig später hatten wir es dann noch einmal mit einigen
Kühen zu tun, die aber einen friedlichen Eindruck
machten. Nach einem kräftigen Muh trotteten sie vom
Weg auf die Seite und grasten gemütlich weiter.
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Dort oben lag sie nun vor uns, die Landsberger Hütte.
Die Sonne senkte bald ihr Haupt über die Spitzen der
Berge hinab. Ich nutzte die Gelegenheit für ein paar
Bilder mit meinem Foto, während die anderen die letzten
Meter zur Hütte aufstiegen.
Wie immer beim Fotografi eren, vergaß ich auch diesmal
die Zeit und eilte den anderen erst hinterher, nachdem
die Sonne bereits verschwunden war.
378 Seite
Sonnenuntergansstimmung
in den Allgäuer
Alpen.
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Auch am nächsten Morgen, während alle noch
schliefen, fing ich die ersten Sonnenstrahlen mit der
Kamera ein. Danach weckte ich den Rest der Familie.
Jan reagierte sofort und eilte in die Gaststube, um den
runden Erkertisch an der Ostseite des Raumes freizuhalten.
Langsam trudelten auch die anderen in der
Stube ein. Wir besprachen kurz die heutige Tour und
hatten bereits während des Frühstücks unseren Spaß.
Um halb neun ging es dann endlich los. Gut gelaunt
verließen wir die Hütte und nahmen die ersten
Höhenmeter unter die Füße. Die Gespräche verzettelten
sich anschließend beim beliebten Thema
„Weltreise mit dem Unimog“, zumindest bei den Herren.
Von den Unterhaltungen der Frauen bekamen
wir Männer wie gewöhnlich eher weniger mit.
380 Seite
Unsere Wandergruppe
auf dem Jubiläumsweg.
Seite 381
Es gelang uns sogar, bis zum Erreichen der Lahner Scharte aktiv
wegzuhören und dies waren immerhin an die zwei Stunden. Nach
diesem ersten kleineren Hindernis wurden die Stimmen nach einer
Pause lauter und ich versprach, zeitnah ein Plätzchen zu suchen.
Direkt vor uns stand der Hochvogel dominant auf der deutschösterreichischen
Grenze. Der in diesem Abschnitt herrliche Jubiläumsweg,
der auch als Adlerweg-Zubringer bezeichnet wird, windet
sich hier um das eindrucksvolle Schwarzwassertal. Tief unten
am Talboden konnten wir die Brandweintalhütte erkennen. Doch
erst südlich des Schänzlekopfes fanden wir endlich ein perfektes
Plätzchen mit Blick auf die vor uns liegende Bockkarscharte. Nun
wurde die Brotzeit ausgepackt und ein lustiges Schwätzchen
gehalten. Unser Lawinenhund Bodo suchte sich zwischenzeitlich
unter den Latschenkiefern ein Schattenplätzchen.
382 Seite
Es folgte ein mörderischer Aufstieg hinauf zur Bockkarscharte. Die Sonne brannte
erbärmlich auf unsere Leiber herab und Bodo, der Lawinenhund war einem Herzinfarkt
nahe. Böse Gedanken gingen mir durch den Kopf. „Hoffentlich fällt der Kleine nicht tot
um“, dachte ich einige Male, während wir die steilen Serpentinen hinaufkraxelten. Bodo
blieb immer wieder stehen, bis ich ihn letztlich auf dem Arm nach oben trug. Schweißtreibend
stiegen wir Höhenmeter um Höhenmeter bergan, während die Gespräche immer
spärlicher wurden.
Endlich hatten wir es geschafft und alle waren oben angelangt. Jetzt leerten wir die Reste
unserer Trinkflaschen, was nicht weiter schlimm war, denn das letzte Stück bergab war
nur noch die Kür des Tages.
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Kurz vor der Hütte fanden wir noch eine frische Quelle
und hielten die müden Füße in den kleinen See direkt
hinter dem Prinz-Luipolt-Haus. „Fünf Stunden Laufzeit,
Respekt“, meinte ich abschließend an die Gruppe gerichtet.
Die Reaktionen blieben gedämpft, denn es war doch
etwas anstrengender gewesen als gedacht. Doch in der
Hütte konnten wir uns bald wieder erholen und freuten uns
über die Schmankerl des Hüttenteams.
384 Seite
Am nächsten Morgen führte
unser Weg um das Stierbachtal
herum und wieder 500 Höhenmeter
hinauf zum Laufbacher
Eck. Die Sonne brannte uns auf
den Rücken, aber der Aufstieg
war nicht mehr ganz so heftig
wie am Tag zuvor. Gelegentlich
mussten wir Steigpassagen
überwinden, die in einer Gruppe
ein wenig Zeit in Anspruch
nehmen, doch wir meisterten
alle die schwierigen Passagen
mit bravour.
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Bald erreichten wir einen für die Allgäuer so typischen steilen Grashänge
und anschließend ging es endlich bergab. Die Umgebung wurde
bald aber wieder hügeliger und auf einmal geschah das Unerwartete.
Wie aus dem Nichts tauchte er auf und schwebte für einen kurzen
Augenblick dicht über uns hinweg, dann drehte er und ließ sich durch
die Luftströmung nach oben heben. Nervös hantierte ich an meinem
Foto herum, doch da war er auch schon wieder hinter dem Grashügel
verschwunden. „Mist“, dachte ich und stand dabei mit meinem Foto da
wie bestellt und nicht abgeholt. Doch er kam ein zweites Mal zurück,
zwar nicht mehr so nah, aber immerhin. Ich zoomte aus und zack,
jetzt hatte ich ihn erwischt, meinen ersten Steinadler in freier Wildbahn.
Kurz vor Obersdorf, unserem heutigen Ziel. Wir stiegen weiter bergab,
immer unter der Seilbahn entlang. Stolz und zufrieden näherten wir uns
Obersdorf. Eine herrliche Tour im Schwabenhimmel war uns da auch
dank des guten Wetters gelungen.
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Der Adlerweg führt quer durch Österreich. Unsere Dreitagestour
auf dem Jubiläumsweg, ist dabei ein möglicher Zustieg zum
Adlerweg.
Der dritte Tag unserer Wanderung führte uns durch die Allgäuer
Hochalpen. Sie gelten als artenreichstes Gebirge Deutschlands.
Über 20.000 Hektar des Gebirges sind als Naturschutzgebiete
ausgewiesen. 2002 erfolgte die Meldung als Natura 2000 Gebiet.
Außergewöhnlich sind aber nicht nur die Ausmaße und die
Felslandschaften der Allgäuer Hochalpen. Charakteristisch
zeigen sich daneben auch die Schlucht- und Blockwälder, die
alpinen Bäche, Moore und Karseen in einem der schönsten
Schutzgebiete Deutschlands.
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388 Seite
Fürs Leben lernen
Wenn man draußen unterwegs ist, lernt man, nach dem
Motto „Hinterlasse nur deine Fußspuren“ zu leben, was
bedeutet, dass generell kein Abfall zurückgelassen
wird. Beim Wandern mit Rucksack lernt man aber auch,
mit minimalem Gepäck auszukommen. Denn je weniger
man rumschleppt, desto schneller kommt man vorwärts.
Im Laufe der Jahre lässt man immmer mehr Dinge zu
Hause, die auf der letzten Tour nicht gebraucht wurden.
Neben der Botschaft, dass wir unsere Naturräume zum
Überleben brauchen, war es das Hinterfragen vieler
unnötig gewordener Dinge, die wir im Leben mitschleppen.
Damit müssen wir unsere Kindern konfrontieren,
damit sie fürs Leben lernen. Denn unser Leben im
Überfl uss hat uns in die Sackgasse geführt. Im Grunde
müssen wir diese Fehlentwicklung in allen Lebensbereichen
überdenken, denn es hat uns in eine prekäre,
nahezu aussichtslose Position gebracht. Vor allem aber
müssen wir handeln!
Die Rede ist von der Klimakatastrophe, die obwohl seit
50 Jahren bekannt, von Politik als Klimawandel verharmlost
und seitens der Industrie wenn möglich totgeschwiegen
wird - bis zum heutigen Tag. Und ich frage mich, wie
wir mit dieser Schuld leben wollen, die wir durch unser
Nichtstun in dieser Sache auf uns geladen haben.
Daher lag mir noch ein weiteres Thema seit vielen
Jahren auf der Seele. Und mein Herz hat mich solange
gedrängelt, bis ich es endlich zu Papier gebracht hatte.
Routenübersicht Band 3
Seite 389
S. 6
S. 56
S. 118
S. 224
S. 236
S. 350
S. 328
S. 258
S. 296
S. 268
S. 374
390 Seite
Durch meine Heimat Band 1
Die Geschichte beginnt im Spessart. Auf einer Mehrtageswanderung
durchquerten wir mit unseren Kindern das Mittelgebirge von West
nach Ost. Anschließend erzähle ich von Paddelerlebnissen auf dem
Main von Gemünden nach Lohr und auf der fränkischen Saale. Dann
geht es über das Sinntal in die Rhön. Das Land der offenen Fernen
lässt sich auf Schusters Rappen am besten erkunden und wir waren
von der einstigen Vulkanlandschaft begeistert. Über die Hassberge
ging es dann weiter mit dem Rad, ebenso den Main entlang. In den
Steigerwald führte mich ein Wanderweg zu alten Buchenbeständen,
die auf Keuper stehen. Anschließend ging es auf dem Mainradweg
weiter bis nach Lohr. Ein weiteres Mal von Bayreuth nach Bamberg.
Auf unserer Frankenrunde durfte das Fichtelgebirge natürlich nicht
fehlen. Dort wanderten wir mit dem Zelt und wurden von einem
Wintereinbruch überrascht. Was wir dabei erlebten war mehr als
abenteuerlich. Ins Boot stieg ich dann wieder in der Fränkischen
Schweiz, denn die Wiesent ist ein herrlicher Paddelfluss in dieser
Region. Die Fränkische Schweiz und das Pegnitztal bis hinunter in
den Nürnberger Reichswald durchradelten wir im Familienquartett,
ebenso entlang der Altmühl und der Tauber. Am Ende waren wir
wieder am Main angelangt und unsere „Frankenrunde“ neigte sich
dem Ende zu. Am Schloss Johannisburg setzte ich meine letzten
Paddelschläge im Winter 2020, denn ich war in Aschaffenburg und
somit am Startpunkt unserer Reise angekommen.
Weitere Informationen und Bestelldaten unter:
www.raus-indienatur.de
Neu
auch als eBook
Seite 391
Zwischen Karwendel und Spessart
Band 2
Die Geschichte beginnt im Karwendel. Auf einer Mehrtageswanderung
durchquerten wir mit unseren Kindern das Gebirge von Ost
nach West. Anschließend erzähle ich über die Erlebnisse unserer
Zugspitzbesteigung, die über das Reintal erfolgte. Mit dem Rad
und im Schlauchkanadier erkundete ich die obere Isar, einem der
schönsten bayerischen Alpenflüsse, denn hier darf sie teilweise noch
frei fließen. Angenehm war das Radeln auch an der Isar entlang
durch München. Auf dem Weg nach Deggendorf lernte ich dann eine
Auenlandschaft kennen, die ihresgleichen sucht. An der breiten
Donau ging es anschließend weiter bis nach Kehlheim. Mich beeindruckte
nicht nur der Donaudurchbruch bei Weltenburg, sondern
auch das untere Altmühltal. Dort faszinierten mich die steinzeitlichen
Pfahlbauten wie auch die trutzigen Burgen hoch über dem Fluss.
Die landschaftlich einmaligen Kulissen zeigten sich vom Rad aus
optimal. Über das liebliche Taubertal erreichten wir anschließend
den Spessart und den Main. Der Fluss schlängelt sich in endlosen
Schleifen durch das fränkische Schichtstufenland. Nun wird der Leser
erneut auf den Fluss gelockt, denn ich erzähle, was ich zwischen
Lohr und Wertheim beim paddeln erlebte. Am Ende des Buches sind
es aber die alten Eichen und Buchen des Spessarts, die immer wieder
zu einer Wanderung in dieses sagenhafte Waldgebiet einladen.
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392 Seite
Tourenguides
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Seite 393
Auf meinen Touren durch unsere Heimat lernte ich unsere Flüsse, viele Wälder, Wiesen und Felder
kennen. Gleichzeitig wurde ich dabei mit der steigenden Übernutzung unserer Lebensräume konfrontiert.
Die Flüsse, die als Wasserstraßen dienen, werden durch Querbauwerke alle paar Kilometer
zerschnitten. Dabei geht nicht nur ihre Ursprünglichkeit verloren, sondern langfristig auch das Leben
darin. Aber auch die Wälder haben wir zurückgedrängt. 50% unserer Landesfläche wird heute beackert
und die verbliebene Waldfläche immer intensiver genutzt. Dies hinterlässt jedoch tiefe Spuren
in der Natur, die zu einer extremen Ausdünnung der heimischen Artenvielfalt geführt hat. Wie lange
soll dieser Trend anhalten?
Natura2000 ist ein Versuch, eine Umkehr herbeizuführen, denn dort
soll die Nutzung solange zurückgefahren werden, bis das Artensterben
nicht mehr weiter geht. Ein Grund für mich, auf dieses Naturnetzwerk
aufmerksam zu machen und dies in Büchern zu publizieren.
Daraus entstand „Naturwunder in Franken“ (siehe oben)
Doch dieses Netzwerk Natura2000 funktioniert nur, wenn weitere
Großschutzgebiete entstehen würden, Die beste Möglichkeit dies
zu tun, ist das Einrichten weiterer Nationalparks in Deutschland.
Möglichkeiten für geeignete Flächen gibt es viele. Daher war für
mich auch klar, dass ich diese Gebiete aufsuche. Also machte ich
mich auf den Weg.
Die ersten Gebiete findest du unter:
www.derschatzvorunsererhaustuer.de
394 Seite
Netzwerk Natura 2000
Das neunbändige Werk zeigt ausgewählte Natura 2000 Gebiete und deren Vernetzung
beispielhaft für die Region Franken. Für einen besseren Schutz bedrohter Arten wäre es jedoch
nötig, dass in diesen Gebieten die Nutzung weiter eingeschränkt oder ganz eingestellt wird.
Zumindest so lange, bis der Artenschwund gestoppt ist und sich die Natur wieder erholt hat.
www.naturwunderinfranken.de
Warum auf einmal alles so schnell gehen soll
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Unser Klima hat sich im Laufe der Evolution schon oft verändert. Doch seit der Industrialisierung wird
es vom Menschen aufgrund des steigenden Energieverbrauchs zunehmend beeinflusst, was zu einer
Erwärmung führt. Diese Klimaveränderung entsteht durch Treibhausgase, vor allem durch CO2, Methan
und Lachgas. Diese Gase reichern sich immer mehr in der Atmosphäre und in den Weltmeeren an und
erhitzen dabei unseren Planeten in ständig steigendem Maße. Doch warum erkennen und akzeptieren
wir diese Veränderungen nicht, obwohl die Meldungen über Hitzesommer, Waldbrände, Überflutungen
und Wirbelstürme immer mehr zunehmen?
Wie können kleine Teilchen wie das CO 2 , das wir weder sehen noch riechen können,
durch ihre Anreicherung in der Atmosphäre so große Auswirkungen hervorrufen?
Wissenschaftler trauen diesen Teilchen sogar zu, dass sie unseren Lebensraum auf der
Erde zerstören. Die genauen Zusammenhänge sind komplex, doch ständig werden wir
mit immer neuen Zahlen und Hiobsbotschaften bombardiert.
Dieses Büchlein ist der Versuch, die Auswirkungen unseres Handelns möglichst einfach
zu erklären. Denn es kann nur dann ein Umdenken stattfinden, wenn wir die Zusammenhänge
hinreichend verstehen.
Verständnis für diese Entwicklungen wird automatisch unser Handeln einfordern.
100 Seiten, die Sie unbedingt lesen sollten. Weitere Infos unter: www.schroepfer-net.de
396 Seite
Impressum
Danksagung
Mein Dank gilt vor allem meiner Familie. Sie hat mir durch ihr Verständnis ermöglicht, dieses Buch zu schreiben,
auch wenn es zeitweise sicher nicht immer einfach war.
Zusätzlich möchte ich mich bei meinem treuen Lektor Herrn Wolfgang Weismantel bedanken.
Er hilft mir bei jedem neuen Buch, mit dem ich „um die Ecke komme“.
Quellen / Bildmaterial
Text und Bildmaterial stammt vom Buchautor.
Einige Bilder wurden von Kerstin, Jan und Lena gemacht.
Autor, Layout, Satz und Gestaltung / Herausgeber
Frank Schröpfer, Partenstein / Eigenverlag
Druck
Gmedien, Genheimer Druck GmbH, Lohr a. Main
Copyright
© 2023, Frank Schröpfer, Partenstein
Alle Rechte der Verbreitung, wie Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.
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Über den Autor
Frank Schröpfer ist in Lohr a. Main geboren und seit seiner Kindheit draußen unterwegs. Mittlerweile ist er verheiratet und hat zwei Kinder.
Bereits mit 15 Jahren unternahm er mit Freunden und seinem ersten Fotoapparat mehrtägige Wanderungen durch seine Heimat, später auch durch andere Länder.
»Durch das Draußensein ist meine Liebe zur Natur entstanden, die einen festen Platz in meinem Herzen einnimmt.« So beschreibt Frank Schröpfer seine Grundeinstellung.
Dabei sieht er sich als Naturbeobachter, nicht als Experte. Und bis heute treibt ihn diese Leidenschaft oft mit dem Rucksack hinaus in die Natur. Dabei begleitet ihn meistens noch immer
die Familie. Im Laufe der Jahre ist so einiges an Bild- und Textmaterial entstanden, das er schrittweise in einzelnen Buchprojekten vorstellt. Der gelernte Elektrotechniker arbeitet seit
über 30 Jahren bei Bosch Rexroth. Zu seinen Plänen sagt er: „Es gibt noch vieles, was ich gerne fotografieren und aufschreiben würde. Ich möchte mit meiner Arbeit für mehr Naturschutz
werben und hoffe, dass viele meine Bücher lesen und dadurch den Schätzen unserer Heimat einen höheren Wert beimessen.«