Gynäkologischen Sonographie - Klinik für Geburtshilfe ...
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Empfehlungen zur<br />
<strong>Gynäkologischen</strong><br />
<strong>Sonographie</strong>
Empfehlungen zur<br />
<strong>Gynäkologischen</strong><br />
<strong>Sonographie</strong><br />
1
Der Druck dieses Leitfadens wurde<br />
freundlicherweise unterstützt von den Firmen:<br />
ALOKA Holding Europe AG<br />
Digimed SA Acuson<br />
GE Medical Systems<br />
HITACHI ULTRASOUND Holding AG<br />
Kretztechnik, Wiesbaden<br />
Schering Schweiz AG<br />
Siemens Schweiz AG<br />
Toshiba Medical Systems AG<br />
Wyeth Gyn<br />
Druck:<br />
D + D, Druck + Design AG, Chur<br />
Schweizerische Gesellschaft <strong>für</strong> Ultraschall in der Medizin<br />
Sektion Gynäkologie und <strong>Geburtshilfe</strong> (SGUMGG)<br />
Vorsitzender PD Dr. med. R. Zimmermann<br />
www.sgumgg.ch<br />
2
Gynäkologische <strong>Sonographie</strong><br />
Ein Leitfaden<br />
Herausgegeben von:<br />
Dr. med. M. Bajka<br />
Oberarzt<br />
<strong>Klinik</strong> <strong>für</strong> Gynäkologie<br />
Dept. <strong>für</strong> Frauenheilkunde<br />
Universitätsspital Zürich<br />
Mit Beiträgen von:<br />
Dr. med. M. Bajka, Zürich<br />
Dr. med. G. Berclaz, Bern<br />
PD Dr. med. G. Schär, Aarau<br />
Dieser Leitfaden ist aus didaktischen Gründen so aufgebaut, dass zu jedem Thema<br />
zunächst die Untersuchungstechnik vorgestellt wird, dann auf die Anatomie und<br />
Normalbefunde eingegangen wird, anschliessend eine Reihe von typischen pathologischen<br />
Befunden vorgestellt wird. Die Kapitel werden jeweils durch Empfehlungen<br />
und Konsequenzen zu den sonographischen Befunden abgerundet.<br />
Ausgehend von den pathologischen Diagnosen werden die typischen dazugehörigen<br />
Ultraschallbefunde aufzeigt («von der Diagnose zum Befund»), dies eigentlich<br />
entgegen dem Arbeitsprozess. Wir gehen davon aus, dass bei wachsender Erfahrung<br />
der UntersucherInnen in der gynäkologischen Ultraschalldiagnostik das richtige<br />
Zuordnen der sonomorphologischen Befunde zu den Diagnosegruppen und<br />
Diagnosen auf diese Weise am sinnvollsten unterstützt werden kann.<br />
Jeder Bereich beinhaltet bewusst auch einen Abschnitt zur Differentialdiagnose von<br />
Ultraschallbefunden («vom Befund zur Diagnose»).<br />
3
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Grundlagen der gynäkologischen Ultraschalldiagnostik 5<br />
1.1 Rechtliche Grundlage 5<br />
1.2 Ziele der gynäkologischen <strong>Sonographie</strong> und deren Umsetzung 5<br />
1.3 Möglicher Nutzen 5<br />
1.4 Potentielle Schäden 6<br />
1.5 Erfahrungen des Untersuchers 6<br />
1.6 Geräteanforderungen 7<br />
1.7 Ausstattung des Arbeitsplatzes 7<br />
1.8 Vorinformationen <strong>für</strong> die Patientin 7<br />
1.9 Befundbeschreibung 8<br />
1.10 Untersuchungsablauf 11<br />
1.11 Vorgehen zur schriftlichen Dokumentation 12<br />
2. Das innere Genitale – Zyklusdiagnostik 13<br />
2.1 Untersuchungstechnik 13<br />
2.2 Normale Anatomie und Funktion, Bildbeschreibung 15<br />
2.3 Pathologie 23<br />
2.4 Häufigste Differentialdiagnosen... 41<br />
2.5 Indikationen, Empfehlungen und Konsequenzen 44<br />
2.6 Literatur 45<br />
3. Urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> 49<br />
3.1 Ziele der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong> 49<br />
3.2 Möglicher Nutzen 49<br />
3.3 Qualität der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong> 49<br />
3.4 Ablauf der Untersuchung 50<br />
3.5 Dokumentation 51<br />
3.6 Auswertung 52<br />
3.7 Beispiele mit Interpretation 53<br />
3.8 Literatur 57<br />
4. Mammasonographie 58<br />
4.1 Allgemeines 58<br />
4.2 Indikationen <strong>für</strong> die Mammasonographie 58<br />
4.3 Untersuchungstechnik und Dokumentation 58<br />
4.4 Normale Anatomie der Brustdrüse und Axilla 59<br />
4.5 Pathologie 59<br />
4.6 Empfehlungen und Konsequenzen 60<br />
4.7 Literatur 61<br />
5. Anhang 61<br />
I Dokumentationsblatt gynäkologische <strong>Sonographie</strong> 62<br />
II Dokumentationsblatt urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> 64<br />
III Dokumentationsblatt Mammasonographie 66<br />
4
1. Grundlagen der gynäkologischen Ultraschalldiagnostik<br />
M. Bajka<br />
1.1 Rechtliche Grundlage<br />
Die <strong>Sonographie</strong> ist gemäss KVG zweckmässig und wirtschaftlich durchzuführen,<br />
was die Indikation, die Vorbereitung, die Ausführung und die aus der Untersuchung<br />
zu ziehenden Konsequenzen betrifft. Klare Auflagen, wie sie <strong>für</strong> das Ultraschall-Screening<br />
in der Schwangerschaft durch die Krankenpflege-Leistungsverordnung<br />
(KLV Art.13) bestehen, existieren <strong>für</strong> die gynäkologische <strong>Sonographie</strong> in<br />
diesem Sinne nicht. Die Dokumentationspflicht von mindesten 10 Jahren hat selbstverständlich<br />
auch <strong>für</strong> gynäkologische Ultraschalluntersuchungen ihre Gültigkeit.<br />
1.2 Ziele der gynäkologischen <strong>Sonographie</strong> und deren Umsetzung<br />
Ziele:<br />
● Klarheit schaffen bei Beschwerden und (unklaren) klinischen Befunden am<br />
inneren Genitale und der Brust der Frau<br />
● die Stärken der <strong>Sonographie</strong> ausnützen, ohne die Methode dabei zu überfordern.<br />
Umsetzung:<br />
● möglichst vollständige Befunderfassung bei möglichst geringer Belastung <strong>für</strong> die<br />
Patientin («ALARA»-Prinzip, «as low as reasonably achievable»)<br />
● zielstrebiges Erheben von Befunden, ausgerichtet auf die Beurteilung und die Dif-<br />
ferentialdiagnose<br />
● Differenzierung von Prozessen durch …<br />
● Bestimmung der Organzugehörigkeit<br />
● Zuordnung zum entsprechenden pathologischen Formenkreis (funktionell,<br />
entzündlich, neoplastisch, degenerativ, schwangerschaftsbedingt, …)<br />
● Artdiagnostik (benigne/maligne, chronisch/akut, …)<br />
● Unterstützung der klinischen Beurteilung<br />
● Unterstützung eines möglichst angemessenen Prozederes (expektative,<br />
konservative Behandlung, Punktion, endoskopische Therapie, offene Intervention,<br />
…)<br />
● Unterstützung bei der Ausführung eines Prozederes (Punktion, Biopsie,<br />
Endoskopie, …)<br />
1.3 Möglicher Nutzen<br />
● Vermeiden von unnötigen Kontrollen<br />
● Vermeiden von unnötigen Interventionen<br />
5
● Abbau von Ängsten und Unsicherheit<br />
● Frühzeitiges Erkennen von Veränderungen und damit Möglichkeit frühzeitig zu<br />
intervenieren<br />
● Reduktion von Kosten.<br />
Da es sich beim Ultraschall um eine überwiegend diagnostische Leistung handelt,<br />
ist nur ein Nutzen zu erwarten, wenn aufgrund des Befundes auch tatsächlich die<br />
richtigen Konsequenzen gezogen werden.<br />
1.4 Potentielle Schäden<br />
1.4.1 Technische Sicherheitsaspekte<br />
Insbesondere bei der <strong>Sonographie</strong> des inneren Genitales soll bei Patientinnen im<br />
gebärfähigen Alter die Untersuchung nach den Sicherheitsaspekten der <strong>Sonographie</strong><br />
in der Schwangerschaft durchgeführt werden, d.h. die Schallleistung auf maximal<br />
100 mW/cm 2 beschränkt werden. Damit muss weder von kurzfristigen noch<br />
langfristigen schädlichen Einflüssen auf die Patientin oder eine allfällige Schwangerschaft<br />
ausgegangen werden. Es gilt grundsätzlich das ALARA-Prinzip.<br />
1.4.2 Psychische Folgen<br />
Mögliche psychische Folgen können sein:<br />
● induzierte Angst bei einer vermuteten Veränderung<br />
● induzierte Angst bei einer tatsächlich vorliegenden Veränderung<br />
● induzierter Ärger und Enttäuschung bei einer übersehenen Veränderung<br />
● induzierter Ärger und Enttäuschung bei einer fälschlicherweise diagnostizierten<br />
Veränderung.<br />
Die <strong>Sonographie</strong> muss darauf ausgerichtet werden, dass negative Auswirkungen<br />
möglichst vermieden werden. Ängste können während der Untersuchung abgebaut<br />
werden, in dem die wesentlichen anatomischen Strukturen kurz benannt werden<br />
(Blase, Uterus, Ovarien). Pathologische Veränderungen sollen bildlich dokumentiert<br />
und erst nach der Untersuchung, wenn die Patientin angekleidet ist, anhand<br />
der Bilder erläutert werden. Mit Interpretationen und Diagnosen sollte dabei sehr<br />
vorsichtig umgegangen werden. Die sonographischen Befunde sollen möglichst<br />
nur im Kontext mit der klinischen Untersuchung, der Anamnese, Laborbefunden<br />
und allenfalls weiteren bildgebenden Verfahren validiert werden.<br />
1.5 Erfahrungen des Untersuchers<br />
Sie sollen gynäkologisch-geburtshilflichen Ultraschall in einer Praxis nur durchführen,<br />
wenn Sie mindesten 50 Untersuchungen pro Jahr durchführen. Regelmässige<br />
Besuche von Fortbildungsveranstaltungen zum Thema gynäkologisch-geburtshilflicher<br />
Ultraschall sind eine Selbstverständlichkeit.<br />
6
1.6 Geräteanforderungen<br />
Um eine differenzierte Betrachtung des Urogenitalsystems vornehmen zu können,<br />
müssen sowohl eine Vaginal- (≥ 5 MHz), wie auch eine Abdominal-Sonde (≥ 3,5<br />
MHz) am Ultraschallgerät permanent verfügbar sein. Die Sonde zur Transvaginalsonographie<br />
(TVS) soll mindesten über einen Winkel von 120° verfügen und eine<br />
Frequenz von 5 MHz aufweisen.<br />
Für die Mammasonographie werden speziell hochfrequente Sonden (≥ 7,5 MHz)<br />
vorausgesetzt, Linearschallköpfe sind vorzuziehen.<br />
Ultraschallgeräte, die es erlauben, alle drei Sonden gleichzeitig anzuschliessen, sind<br />
bei häufigem Gebrauch aller drei Sonden von erheblichem Vorteil.<br />
Die Geräte müssen insbesondere bei gleichzeitiger Verwendung <strong>für</strong> die geburtshilfliche<br />
Diagnostik der IEC-Norm 1157 entsprechen: Die Schalllaufgeschwindigkeit<br />
muss 1540 m/s betragen, der Fehler von Strecken (B-Mode) oder Zeit (M-Mode)<br />
darf 3% nicht übersteigen, <strong>für</strong> Messstrecken < 17 mm ist ein absoluter Fehler von<br />
1,0 mm zulässig, das Gerät soll mindestens 256 Graustufen darstellen können. Jedes<br />
Gerät muss eine adäquate Bilddokumentation ermöglichen. Lassen Sie sich vor<br />
dem Kauf eines Gerätes vom Hersteller diese Bedingungen schriftlich bestätigen.<br />
1.7 Ausstattung des Arbeitsplatzes<br />
Der gynäkologische Ultraschall kann in jedem Raum durchgeführt werden, der<br />
auch <strong>für</strong> gynäkologische Untersuchungen eingerichtet ist.<br />
Mehrere Studien belegen, dass <strong>für</strong> die Patientin ein optimaler Untersuchungsablauf<br />
von grosser Bedeutung ist. Entsprechende Vorkehrungen zur Struktur- und Prozessqualität<br />
der Untersuchung sollen getroffen werden.<br />
Idealerweise sollte ein zweiter Monitor <strong>für</strong> die Patientin eingereichtet sein, auf dem<br />
sie die Untersuchung mitverfolgen kann. Alternativ kann der Monitor am Ultraschallgerät<br />
gedreht werden.<br />
Es empfiehlt sich Standardwerke, wie z.B. «Die sonographische Diagnostik in der<br />
Gynäkologie und <strong>Geburtshilfe</strong>», Lehrbuch und Atlas, Band 1 von Eberhard Merz,<br />
Thieme-Verlag 1997, oder den «Lehratlas der Mammasonographie» von Michael<br />
Friedrich, Edition Gynäkologie und Geburtsmedizin, WVG 1999, griffbereit zu haben.<br />
1.8 Vorinformationen <strong>für</strong> die Patientin<br />
Über die Vorinformation zur <strong>Sonographie</strong> in der Gynäkologie bestehen keine Vorschriften.<br />
Jedoch empfiehlt es sich, dass die Patientin vor der Untersuchung von<br />
den UntersucherInnen persönlich begrüsst wird, ihr kurz der Untersuchungsgang<br />
erläutert wird, z.B. mit den Worten «Wir werden eine Ultraschalluntersuchung<br />
durchführen. Die Untersuchung verläuft wie eine Jahreskontrolle. Es wird dabei eine<br />
7
Ultraschallsonde mit einer Gummihülle überzogen und in die Scheide eingeführt.<br />
Bitte machen Sie sich hinter dem Vorhang/in der Umkleidekabine unten ganz frei.»<br />
1.9 Befundbeschreibung<br />
1.9.1 Deskriptive Befundbeschreibung<br />
Eine reine Befundbeschreibung, ohne Implikation einer pathologischen, oder gar<br />
histologischen Diagnose, bedarf einer gezielten Wortwahl. Sie ist eine wichtige<br />
Grundlage <strong>für</strong> jede objektive Beschreibung bildgebender Verfahren, so auch <strong>für</strong> die<br />
<strong>Sonographie</strong>. Bei auffälligen sonographischen Befunden sollten folgende Aspekte<br />
festgehalten werden:<br />
● Einsehbarkeit /Darstellbarkeit: gut, teilweise, ungenügend, nicht darstellbar<br />
● Organzuordnung<br />
● Grösse (in mind. 2 senkrecht zueinander stehenden Ebenen: Länge, Breite, Höhe)<br />
● Form (rund, oval, länglich, polyzyklisch)<br />
● Struktur (einfach (homogen), komplex (inhomogen))<br />
● äussere Begrenzung<br />
● Abgrenzbarkeit<br />
● Verformbarkeit<br />
● zystischer Befund oder zystischer Anteil:<br />
8<br />
● Binnenechos: Lage (wandständig, zentral, ubiquitär), Grösse (fein, mittelgrob,<br />
grob), Intensität (schwach, mittel, stark, extrem stark), Abstand<br />
(locker, mitteldicht, dicht), Verteilung (ungleichmässig, gleichmässig)<br />
● Anzahl Kammern<br />
● Wanddicke<br />
● Septendicke<br />
● solider Befund oder solider Anteil:<br />
● Binnenecho(s): Nachweis (wandständig, zentral, ubiquitär), Grösse (fein,<br />
mittelgrob, grob), Intensität (schwach, mittel, stark, extrem stark), Abstand<br />
(locker, mitteldicht, dicht), Verteilung (ungleichmässig, gleichmässig)<br />
● prozentualer Anteil am gesamten Befund<br />
● Beweglichkeit / Verschiebbarkeit in der Umgebung / zu umgebenden Organen<br />
● Schallabschwächung und Schallverstärkung hinter dem Befund<br />
● Bewegungsnachweis innerhalb eines Befundes<br />
● Druckdolenzen.<br />
1.9.2 Interpretation von Ultraschallbefunden<br />
Bei der Beurteilung des Ultraschallbefundes seien sich die UntersucherInnen bewusst,<br />
dass einer verhältnismässig geringen Anzahl von sonomorphologischen<br />
Kriterien eine Vielzahl von pathologischen Diagnosen gegenüber steht. Leider gibt<br />
es höchstens pathognomonische Ultraschallkriterien. Seltenst gibt es ein einziges<br />
Ultraschallkriterium, dass alleine auf eine sichere histopathologische Diagnose
schliessen lässt, z.B. Herzaktion im Adexbereich entspricht eindeutig der Diagnose<br />
Extrauteringravidität (EUG). Umgekehrt kann sich auch praktisch jede histopathologische<br />
Diagnose in mehr als nur einer einzigen Sonomorphologie präsentieren<br />
(Prototyp der Vielfalt: das Dermoid).<br />
Ultraschallbefunde sollen deshalb nicht isoliert interpretiert werden, schon gar<br />
nicht nur ein einzelnes sonographisches Kriterium. Sondern die erhobenen Befunde<br />
sollen möglichst nur im Zusammenhang mit der Anamnese der Patientin, dem<br />
Zyklusgeschehen, klinischen Befunden, Laborbefunden und ggf. anderen bildgebenden<br />
Verfahren gewertet werden. Wird die Ultraschalluntersuchung als isolierte<br />
Dienstleistung angeboten, wobei die UntersucherInnen nur <strong>für</strong> die Bildgebung zuständig<br />
sind, so ist es dringend ratsam, möglichst eine rein deskriptive Bildbeschreibung<br />
von der Ultraschalluntersuchung abzugeben (siehe 1.9.1).<br />
Die UntersucherInnen dürfen und sollen die sonographischen Befunde im Sinne einer<br />
Beurteilung differentialdiagnostisch werten und sich über die klinische Relevanz<br />
der Befunde äusseren.<br />
1.9.3 Beispiele<br />
Beispiel 1<br />
<strong>Klinik</strong>: 44-jährige prämenopausale Patientin, prallelastischer Adnexbefund<br />
rechts, 5cm gross, wenig mobil, dolent, CA 125 im Normbereich, keine<br />
Entzündungszeichen.<br />
TVS: 35 x 30 x 28 mm grosse, kugelige, echoleere, glattwandige Raumforderung,<br />
in Projektion auf das rechte Ovar, mobil, wenig stossdolent,<br />
nicht kompressibel (Abb.32).<br />
Beurteilung: DD funktionelle Ovarialzyste, Paraovarialzyste, Saktosalpinx.<br />
Pathologie: Corpus luteum des Ovars ohne Anhaltspunkte <strong>für</strong> Malignität.<br />
Beispiel 2<br />
<strong>Klinik</strong>: 28-jährige prämenopausale Patientin, prallelastischer Adnexbefund<br />
links, 6 cm gross, wenig mobil, dolent, CA 125 im Normbereich, CRP<br />
leicht erhöht.<br />
TVS: 55 x 50 x 50 mm grosse, kugelige, komplexe (inhomogene), teils<br />
echodichte, teils echoarme, feinstrukturierte, glattwandige Raumforderung,<br />
in Projektion auf das rechte Ovar, nicht mobil, stossindolent,<br />
nicht kompressibel (Abb.36).<br />
Beurteilung: DD hämorrhagische Ovarialzyste, Endometriom, Dermoid.<br />
Pathologie: Endometriom des Ovars ohne Anhaltspunkte <strong>für</strong> Malignität.<br />
9
Beispiel 3<br />
<strong>Klinik</strong>: Verlaufskontrolle: 45-jährige prämenopausale Patientin, mit klinisch<br />
kugeligem, druckempfindlichem Fundus, auch nach Curettage persistierende<br />
Hypermenorrhoe.<br />
TVS: 45 x 40 x 40 mm messender, echoarmer, homogener Rundherd, intramural,<br />
dorsal, fundal gelegen, an das Endometrium grenzend. Innert<br />
6 Monaten alle drei Durchmesser verdoppelt (Abb.20).<br />
Beurteilung: DD intramurales Myom, Sarkom.<br />
Pathologie: Hysterektomiepräparat mit intramuralem Leiomyom, ohne Anhaltspunkte<br />
<strong>für</strong> Malignität.<br />
Beispiel 4<br />
<strong>Klinik</strong>: 24-jährige prämenopausale Patientin, starke Unterbauchschmerzen<br />
links, 6 4/7 Wochen Amenorrhoe, positiver Schwangerschaftstest,<br />
leichte vaginale Blutung, gynäkologische Untersuchung nicht aussagekräftig,<br />
wegen schmerzbedingter Abwehrhaltung, hCG 1848 IU/L.<br />
TVS: 45 x 35 x 30 mm grosse, inhomogene, komplexe, zentral echoarme,<br />
Raumforderung in Projektion auf die linke Adnexe, wenig mobil,<br />
sehr stossdolent, wenig kompressibel (Abb.42), im Douglas 40 x 40<br />
x 30 mm echoarmer, bizzar konfigurierte, komplexe Raumforderung,<br />
Uterus anteflektiert, Endometrium 15 mm hoch, keine Fruchtblase<br />
in utero darstellbar.<br />
Beurteilung: dringender Verdacht auf Extrauteringravidität links mit Blutansammlung<br />
im Douglas.<br />
Pathologie: Ampulläre Eileiterschwangerschaft links.<br />
Beispiel 5<br />
<strong>Klinik</strong>: 41-jährige prämenopausale Patientin mit neuaufgetretenem Knoten<br />
in der rechten Mamma in 10h-Achse. Klinisch 15 x 15 mm messend,<br />
zur Unterlage und Haut gut verschieblich, Lymphknotenstationen<br />
frei.<br />
MS: inhomogener, polizyklisch begrenzter, echodichter Rundherd, 12 x<br />
12 x 10 mm, mit dorsaler Schallabschwächung, keine laterale Schallverstärkung,<br />
nicht komprimierbar, mit Zerstörung der Architektur<br />
(Abb.57).<br />
Beurteilung: DD dringender Verdacht auf Mammakarzinom.<br />
Pathologie: Mammaprobeexzisat mit invasiv duktalem Mammakarzinom, 10 x<br />
10 x 9 mm, mit peritumoraler DCIS-Komponente, allseits mindestens<br />
1cm Abstand zum Resektionsrand.<br />
10
1.10 Untersuchungsablauf<br />
Zur Diagnostik des inneren Genitales und zur Perinealsonographie sollte auf einem<br />
gynäkologischen Stuhl mit Beinstützen in Rückenlage untersucht werden können,<br />
alternativ genügt ein hohes Kissen unter das Gesäss gelegt. Für die Mammasonographie<br />
empfiehlt sich die Untersuchung auf einer schmalen Liege, ebenfalls in<br />
Rückenlage. Die Untersuchungsanordnung sollte so gewählt werden, dass sowohl<br />
<strong>für</strong> die UntersucherInnen als auch die Patientin die Untersuchung in entspannter<br />
Haltung vorgenommen werden kann. Es soll auch eine einfach zu handhabende<br />
Möglichkeit zur Abdunkelung des Raumes bestehen. Rechtshänder ziehen es im<br />
Allgemeinen vor, wenn das Gerät zur rechten der Patientin steht und sie mit ihrer<br />
rechten Hand die Sonden führen können und mit der linken Hand das Gerät bedienen.<br />
Alle UntersucherInnen sollten ihre Vorgehensweise dahingehend gestalten, dass<br />
sie nicht mit Vorwürfen der Belästigung konfrontiert werden können. Es empfiehlt<br />
sich <strong>für</strong> männliche Untersucher bei jeder gynäkologischen <strong>Sonographie</strong> eine weitere<br />
weibliche Person im Raum anwesend zu haben.<br />
Wie <strong>für</strong> jede bildgebende Diagnostik ist die Fragestellung, die mit der Untersuchung<br />
geklärt werden soll, ein entscheidender Qualitätsfaktor, insbesondere wenn die Untersuchung,<br />
wie der Ultraschall, erheblich von der Erfahrung des Untersuchers abhängt.<br />
Deshalb muss in der Gynäkologie vor jeder Ultraschalluntersuchung eine<br />
klare Fragestellung an die Ultraschalluntersuchung existieren.<br />
Die Patientinnen sollten vor der Untersuchung von den UntersucherInnen persönlich<br />
begrüsst werden, ihnen kurz der Untersuchungsgang erläutert werden (siehe<br />
1.8). Die UntersucherInnen sollten sich ihren eigenen Untersuchungsablauf zurechtgelegt<br />
haben und diesen, wenn immer möglich, konsequent anwenden. Z.B.<br />
kann bei der Diagnostik des inneren Genitales folgendermassen verfahren werden:<br />
zuerst die Harnblase, dann der Uterus, sein Myometrium und Endometrium, dann<br />
die rechte Adnexe mit dem rechten Ovar, die linke Adnexe mit dem linken Ovar,<br />
dann der Darm und zum Schluss der Douglas, ggf. auch von abdominal die Bauchorgane<br />
(Leber, Niere, Milz, ...). Dieses Vorgehen bietet Gewähr, dass möglichst keine<br />
Befunde dank der Systematik vergessen gehen und Rechts-Links-Verwechslungen<br />
möglichst nicht auftreten. Die Patientin sollte am Monitor mit dem Marker die<br />
wichtigsten Organe kurz umrissen bekommen, d.h. die Harnblase, den Uterus und<br />
die Ovarien.<br />
Meistens geschieht nur die Befunderhebung während dem Ultraschall. Es können<br />
z.B. Thermoprints zur Dokumentation erstellt werden. Die schriftliche Dokumentation<br />
der Untersuchung findet aber meist anschliessend an die Untersuchung statt,<br />
sei es auf einem speziellen Formular (z.B. SGUMGG-Blatt, siehe Anhang), als Eintrag<br />
in die Krankengeschichte oder in ein PC-gestütztes System. Es bestehen<br />
(noch) keine Vorschriften über die Art der Dokumentation. Dennoch empfiehlt es<br />
sich auch bei unauffälligen Befunden mindestens einmal im Verlauf die Biometrie<br />
des Uterus und beider Ovarien in Bild und Wort zu dokumentieren. Pathologische<br />
11
Befunde sollten immer in zwei Ebenen festgehalten werden, am besten durch<br />
Links-Rechts-Bildaufteilung in zwei Hälften auf einem Bild.<br />
Zum Abschluss sollte die Patientin kurz über die Konsequenzen aus der Untersuchung<br />
informiert werden, auch bei unauffälligen Befunden z.B. «Es sieht alles gut<br />
aus», «Ich habe nichts Auffälliges entdeckt», «Wir werden Ihrem Arzt einen Bericht<br />
schicken».<br />
1.11 Vorgehen zur schriftlichen Dokumentation<br />
Es empfiehlt sich die Dokumentation jeder Untersuchung in Wort und Bild. Die<br />
schriftliche Dokumentation richtet sich ganz nach dem systematischen Ablauf der<br />
Untersuchung, wie in Kapitel 1.10 dargestellt. Es empfiehlt sich die Gliederung der<br />
Dokumentation in Anamnese, Befunde, Beurteilung und Empfehlungen (Prozedere).<br />
Die Ultraschalluntersuchung, insbesondere die des inneren Genitales, sollte nur mit<br />
bestimmten Vorkenntnissen begonnen werden, welche vorteilhafterweise auch auf<br />
der Ultraschalldokumentation festgehalten werden. Diese umfassen den Menopausestatus,<br />
den Zyklustag, die Einnahme von hormonal aktiven Medikamenten, gehabte<br />
Eingriffe, Beschwerden und/oder klinische Befunde und die Fragestellung.<br />
Die letzten beiden Argumente sind von grosser Bedeutung, wenn die <strong>Sonographie</strong><br />
als alleinige Dienstleistung unabhängig von der klinischen Untersuchung oder Betreuung<br />
der Patientin durchgeführt wird.<br />
Ein möglicher Ablauf der Dokumentation, resp. der Befunderhebung im kleinen<br />
Becken, könnte sein: Blase, Uterus, Myometrium, Endometrium, Adnexe rechts,<br />
Ovar rechts, Adnexe links, Ovar links, Douglas, Rektum, übrige Bauchorgane. Bei<br />
der Untersuchung des Beckenbodens zuerst das Ruhebild, dann das Pressbild und<br />
zum Schluss das Kneifbild. Bei der Untersuchung der Brust: rechte Mamma, rechte<br />
Axilla, linke Mamma, linke Axilla. Es soll sich an die Befunddokumentation immer<br />
eine sonographische Beurteilung, ev. auch eine Empfehlung zum Prozedere anschliessen,<br />
letzteres insbesondere, wenn die <strong>Sonographie</strong> von anderen, nicht betreuenden<br />
ÄrztInnen durchgeführt wird. Optimal ist die Dokumentation in einem<br />
PC-basierenden System, mit der Möglichkeit, Daten im Verlauf auch graphisch darzustellen.<br />
Die SGUMGG hat <strong>für</strong> die <strong>Sonographie</strong> des inneren Genitales, der urogynäkologischen<br />
<strong>Sonographie</strong> und der Mammadiagnostik ein Blatt zur Dokumentation entworfen<br />
(siehe Anhang), worauf jeweils eine Untersuchung festgehalten werden<br />
kann. Bilder in Form von Thermoprints können auf der Rückseite angeheftet werden.<br />
Die SGUMGG-Blätter sollen den weniger erfahrenen UntersucherInnen auch<br />
als Stütze beim Erlernen der Untersuchungssystematik dienen.<br />
12
2. Das innere Genitale – Zyklusdiagnostik<br />
M. Bajka<br />
2.1 Untersuchungstechnik<br />
2.1.1 Vorbereitungen<br />
Bei der Transvaginalsonographie ist auf die Hygiene peinlich genau zu achten. Die<br />
Vaginalsonde wird mit einer homogen mit Gel gefüllten Gummihülle überzogen,<br />
aussen wird nochmals Gel appliziert (Cave: Allergien auf Gummibestandteile, z.B.<br />
Latex-Allergien). Die Abdominalsonde sollte nach jedem Gebrauch desinfizierend<br />
gereinigt werden, die transvaginale Sonde mindestens einmal täglich, bei Verunreinigung<br />
unmittelbar anschliessend. Für die Transvaginalsonographie (TVS) empfiehlt<br />
sich eine leere Harnblase, <strong>für</strong> die Transabdominalsonographie (TAS) eine gut<br />
gefüllte Harnblase. Die Untersuchungen sollen in Rückenlage auf dem Untersuchungsstuhl<br />
im abgedunkelten Raum stattfinden.<br />
Wahl der Technik (TAS vs. TVS): Zur Darstellung der inneren Organe des weiblichen<br />
Beckens kann der transabdominale und der transvaginale, und in Ausnahmefällen<br />
der transrektale Zugang gewählt werden. Im Allgemeinen wird in der Beurteilung<br />
des inneren Genitale der Untersuchung mittels Vaginalsonde der Vorrang<br />
gegeben. Nur bei Prozessen, die über das kleine Becken hinausreichen (z.B. Adnextumoren<br />
über 10 cm, grosse Uterusmyome), sollten diese bei möglichst gut gefüllter<br />
Blase von abdominal angegangen werden. Die Vorteile der transvaginalen<br />
Betrachtung von Uterus und Adnexen gegenüber der transabdominalen wurden<br />
mehrfach belegt 1, 2, 3, 4, 5 . Dass die sonographisch gemessenen Uterus- und Ovargrössen<br />
mit dem anatomischen, resp. pathologischen Korrelat gut übereinstimmen,<br />
konnte von verschiedenen Autoren in Studien mit grosser Fallzahl belegt werden 6, 7 .<br />
2.1.2 Untersuchungshilfen<br />
Gelegentlich kann bei der TVS nicht genügend Einsicht in die Organe des kleinen<br />
Beckens gewonnen werden. Oft lässt sich dann mit langsam kontinuierlich verstärktem<br />
Druck gegen die Weichteile eine deutliche Verbesserung in der Darstellung<br />
einzelner Organe erreichen. Zuvor soll aber die Patientin darauf aufmerksam gemacht<br />
werden, dass etwas mehr Druck ausgeübt werde. Sie soll sich äussern, wenn<br />
das Vorgehen Schmerzen verursachen würde.<br />
Wenn dies noch nicht ausreicht, kann mit der freien Hand zusätzlich sanfter Druck<br />
von der Bauchdecke her in Richtung kleines Becken ausgeübt werden. Man beachte,<br />
dass dadurch bei schlanken Patientinnen die Sonde der komprimierenden Hand<br />
sehr nahe kommen kann (Cave: Schmerzen).<br />
Insbesondere regelmässige, bandförmige Reflexe im Abstand von Zentimetern<br />
können bei der TVS die Einsicht stark stören (Reverberationsartefakte). Meist liegt<br />
dann eine zu sehr gefüllte Harnblase oder ein zystischer Befund vor. Grössere<br />
13
Myome stellen sich oft als enorme «Schallschlucker» dar (Abb.21). Es soll dann auf<br />
die TAS umgestiegen werden.<br />
2.1.3 Darstellung am Monitor<br />
Der Bildaufbau am Monitor wird in verschiedenster Weise praktiziert. In diesem<br />
Leitfaden wird die im deutschsprachigen Raume am häufigsten angewandte Darstellungsweise<br />
präsentiert 8, 9, 10, 11 .<br />
Bei der TVS wird das Bild generell von unten nach oben aufgebaut, im Sagittalschnitt<br />
wird ventral im Bild rechts, dorsal im Bild links abgebildet (Abb.1a). Die Bilder<br />
werden so orientiert, als würden sie bei der stehenden, nach rechts ausgerichteten<br />
Frau aufgenommen. Dadurch schaut der Fundus des anteflektierten Uterus<br />
und die Blase immer nach rechts, der Fundus des retroflektierten immer nach links<br />
im Bild. Beim transversalen Schnitten (Abb.1b) entspricht links im Bild der rechten<br />
Körperseite, rechts im Bild der linken Körperseite (wie in der Radiologie üblicherweise<br />
horizontale Schnittbilder betrachtet werden).<br />
Bei der TVS sind der mediane und andere Sagittalschnitte wichtige Referenzebenen,<br />
die regelmässig dargestellt werden. Man sei sich aber bewusst, dass der exakte<br />
Transversalschnitt selten, der exakte Longitudinalschnitt praktisch nie zur Anwendung<br />
kommen, jedoch dazwischen liegende steilere oder weniger steile Ebenen<br />
(sog. «Querschnitte» oder auch «transversale Schnitte») wichtige Einstellungen ermöglichen.<br />
Dennoch ist das bewusste Führen der Sonde in bezug auf die Hauptschnittebenen<br />
von grosser Bedeutung, will man die Topographie des Untersuchten<br />
richtig in seine Umgebung projizieren. Bei der Darstellung von abdominal (TAS)<br />
wird in Sagittalschnitten kranial links im Bild und kaudal rechts im Bild dargestellt,<br />
bei Transversalschnitten rechts links im Bild und links rechts im Bild (Abb.2).<br />
Abb.1 TVS: Standard-Darstellung des Uterus, Bildaufbau von unten<br />
dorsal ventral<br />
a) anteflektierter Uterus im b) Uterus im Querschnitt<br />
medianen Sagittalschnitt<br />
14<br />
re li
Abb.2 TAS: Standard-Darstellung des Uterus, Bildaufbau von oben<br />
kranial<br />
a) anteflektierter Uterus im b) anteflektierter Uterus in einem<br />
medianen Sagittalschnitt transversalen Schnitt<br />
2.2 Normale Anatomie und Funktion, Bildbeschreibung<br />
2.2.1 Uterus<br />
kaudal<br />
Das Vorgehen zur Messung der Uterusgrösse (Abb.3) soll die unterschiedlichen<br />
Proportionen zwischen Korpus mit Fundus einerseits und der Zervix anderseits in<br />
den verschiedenen Lebensaltern berücksichtigen. Die Uteruslänge soll immer mit<br />
der Zervix angegeben werden. Der präpubertäre Uterus ist durchschnittlich 41 mm<br />
lang und 9 mm tief. Im gebärfähigen Alter wird <strong>für</strong> die Uteruslänge transabdominal<br />
76 +/- 7 mm und <strong>für</strong> die Tiefe 29 +/- 4 mm <strong>für</strong> Nulliparas angeben 12. Der Uterus<br />
einer Mehrgebärenden darf in allen Dimensionen 12 mm mehr betragen, 89 +/- 9 mm<br />
Länge und 38 +/- 6 mm Tiefe 12 . Transvaginal konnte Merz bedeutend kleinere<br />
Werte finden (Tab.1). In ovulatorischen Zyklen scheint die Uterusgrösse gering, jedoch<br />
nachweislich zu variieren mit der grössten Ausdehnung am 27. ZT 13 . Nach der<br />
Menopause nimmt der Uterus wieder kleinere Massen an, was aber sehr unterschiedlich<br />
ausfallen kann. Der spät postmenopausale Uterus kann durch Involution<br />
bis auf 45 mm Länge und 15 mm Tiefe abnehmen. Die Myometriumdicke postmenopausal<br />
soll von einer estrogenhaltigen Hormonsubstitution nicht beeinflusst<br />
werden 14 . Die Zervix kann von vaginal her meist gut eingesehen und abgegrenzt<br />
werden. Das Uterusgewicht kann errechnet werden aus den sonographischen<br />
Massen <strong>für</strong> die Länge, Breite und Tiefe nach der Formel: Schätzgewicht Uterus (g)<br />
= Länge (mm) x Tiefe (mm) x Breite (mm) x 0,00038 + 24 15 .<br />
Tab. 1 Biometrie des Uterus (Richtwerte)<br />
re li<br />
TAS 12 TVS 16<br />
Nullipara Mehrpara Nullipara Mehrpara<br />
Länge, max. (mm) 90 100 73 92<br />
Tiefe, max. 50 60 32 43<br />
Breite, max. 60 70 40 51<br />
Gewicht, max. (g) 120 150<br />
15
Abb.3 Standardvermessung des Uterus im medianen Sagittalschnitt<br />
a) Länge (L, zweigeteilt), Tiefe (T) und b) maximale Breite von Zervix und Fundus<br />
Endometriumdicke (Bi), im Querschnitt<br />
2.2.2 Endometrium<br />
Es wird von einem normalen weiblichen Zyklus von durchschnittlich 28 Tagen<br />
ausgegangen. Messung der Endometriumdicke: Im medianen Sagittalschnitt soll<br />
senkrecht zur Uterusoberfläche die dickste Endometriumstelle abgegriffen werden.<br />
Sie umfasst beide Endometriumschichten (Abb.3, Bilayer, «Bi») und wird vom echodichten<br />
Endometriumrandsaum von der einen bis auf die andere Seite gemessen.<br />
Die echoarme, innerste Myometriumschicht wird nicht miteinbezogen. Falls intrakavitär<br />
Flüssigkeit oder ein abgrenzbarer Polyp vorliegt, so sollen diese abgezogen<br />
und separat beschrieben werden (Abb.4). Maximal zulässige Endometriumdicke<br />
siehe Tab. 2. Das Endometrium erscheint physiologischer Weise als gradlinig echodicht<br />
begrenzter, kontinuierlicher Schweif, spitz bei der Zervix beginnend. Abweichungen<br />
von dieser Form und Begrenzung, insbesondere Kalibersprünge, sind als<br />
Hinweis auf eine Uteruspathologie zu werten (Myome, Polypen, …).<br />
Abb.4<br />
b) Endometrium-Messung bei intrakavitärer<br />
Flüssigkeit: Flüssigkeit (x zu x) ist von der<br />
Gesamtdicke (Punkt zu Punkt) abzuziehen<br />
Tab. 2 Endometriumdicke, gemessen als Gesamtdicke = Bilayer (Richtwerte) 16<br />
16<br />
max. Gesamtdicke<br />
prämenopausal 15 mm<br />
postmenopausal < 5 mm
2.2.3 Zyklusdiagnostik am Endometrium<br />
Am Ende der Menstruation vom 4. – 6. Zyklustag (ZT) ist die Funktionalis abgebaut,<br />
das Endometrium kann bis auf 1 mm Dicke schrumpfen (Abb.5). In der TVS<br />
kann es dann als dünner echogener Strich dargestellt werden.<br />
Im weiteren Verlauf der Proliferationsphase nimmt das Endometrium stetig an<br />
Dicke zu. Ab dem 10. ZT lockert sich infolge Ödems der Superfizialzellen das echodichte<br />
Endometrium auf. Es weist dann eine typische Schichtung auf mit einem<br />
echodichten Randsaum, echoarmem Volumen und einem echodichten, strichförmigen<br />
Mittelecho. Präovulatorisch um den 14. ZT (Abb.6) erreicht das Endomertrium<br />
eine Dicke von 10 – 12 mm.<br />
Unmittelbar postovulatorisch kann das «endometrial ring sign» darstellbar werden,<br />
wobei sich unter Progesteroneinfluss das Endometrium in seiner gesamten Dicke<br />
im Fundus kugelig ausformt, mit der Schichtung der Proliferationsphase eines<br />
echoarmen Kerns und echodichtem Randsaum.<br />
In der mittleren Sekretionsphase erreicht die Endometriumdicke durch die sekretorische<br />
Umwandlung (20. – 25. ZT) ihr Maximum mit 10 – 15 mm Dicke, wandelt<br />
sich in einen zentral echodichten Streifen um. In der späten Sekretionsphase (26. – 28.<br />
ZT) nimmt die Endometriumdicke wieder deutlich ab. Mit Beginn der Menstruation<br />
findet man echoarme Zonen in Projektion auf das Endometrium als Zeichen der<br />
Desquamation. Die Schichtung des Endometriums geht dabei weitgehend verloren.<br />
Die Form des Cavum uteri kann sonographisch am besten bei hochaufgebauten Endometrium<br />
beurteilt werden, d.h. um den 22. ZT. Dies kann z.B. zur Diagnostik von<br />
Uterusanomalien (Uterus bicornis, subseptus, arcuatus, …) gezielt ausgenutzt werden.<br />
Eine Endometriumdicke von über 15 mm gilt prämenopausal prinzipiell als abnorm,<br />
kann als Hinweis auf eine Pathologie (Endometriumpolyp, submuköses<br />
Myom, …) oder eine Schwangerschaft interpretiert werden. Im Falle einer vermuteten<br />
Pathologie empfiehlt es sich, eine postmenstruelle Kontrolle (ca. am 6. ZT)<br />
durchzuführen, wobei physiologischer Weise ein strichförmiges Endometrium zu<br />
erwarten wäre.<br />
Postmenopausal (ohne Hormonsubstitution) gilt, dass eine vaginale Blutung histologisch<br />
abgeklärt werden muss. Eine Ausnahme kann bei einer sonographischen<br />
messbaren Endometriumdicke von < 5 mm gemacht werden, wo vorerst expektative<br />
vorgegangen werden kann, unter der Annahme einer atrophiebedingten Blutung<br />
17, 18.<br />
Bei regelmässiger, resp. keiner Blutung unter Hormonsubstitution (z.B. Cyclo-Premella<br />
ST, resp. Premella ST) besteht bei einer Endometriumdicke von > 8 mm die<br />
Möglichkeit, hormonell eine Abbruchblutung auszulösen. Spätesten wenn das Endometrium<br />
danach sich nicht deutlich verringert hat, muss eine histologische Abklärung<br />
folgen. Generell kann in unklaren Situationen mittels Hydrosonographie<br />
eine erste Klärung mit minimal belastenden Mitteln herbeigeführt werden, unabhängig<br />
davon, ob die Patientin blutet oder nicht 30.<br />
17
Abb.5 Abb.6<br />
5. ZT. Endometrium niedrig 14. ZT. Endometrium hochaufgebaut.<br />
Minimal Flüssigkeit intrakavitär und<br />
Schleim im Bereiche des Zervikalkanals<br />
2.2.4 IUD-Lagekontrolle<br />
Die TVS stellt heute das Mittel der Wahl zur Lagekontrolle von intrauterinen Pessaren<br />
(IUD) dar.<br />
Verschiedene Techniken zur IUD-Lagekontrolle wurden vorgeschlagen 19, 20, 21, 22 .<br />
Wir empfehlen bei der Lagekontrolle der IUD´s, nach folgender Richtlinie vorzugehen<br />
23 : Unmittelbar nach der IUD-Einlage, wie auch bei späteren Kontrollen, erfolgt<br />
die Lageverifizierung mittels TVS. Dabei soll in einem Sagittalschnitt der Abstand<br />
(x) von der IUD-Spitze bis zum Cavum-Ende abgegriffen werden (Abb.7). Ist dieser<br />
Abstand so gering, dass er nicht eindeutig dargestellt werden kann, so darf von<br />
einer korrekten Lage ausgegangen werden (Abb.8,9).<br />
Ein Abstand «x» von < 5 mm wird als normal bezeichnet, 5 mm als Grenzfall, 6 –<br />
10 mm als Grauzone, > 10 mm als IUD-Tiefsitz. Im Falle einer Distanz von 5 mm<br />
soll in 3 Monaten kontrolliert werden. Bei 6 – 10 mm Distanz soll individuell vorgegangen<br />
werden. Im Falle eines Tiefsitzes muss das IUD nach eingehender Aufklärung<br />
umgehend entfernt werden.<br />
Kupferhaltige IUD’s lassen sich direkt durch den echodichten, metallischen Schaft<br />
nachweisen, mit kompletter dorsaler Schallauslöschung (Abb.8). Nicht kupferhaltige<br />
IUD’s (z.B. Mirena®) lassen sich oft nur an ihrer dorsalen Schallauslöschung<br />
indirekt nachweisen (Abb.9). Die Lagebestimmung kann dennoch auch hier sehr<br />
zuverlässig erfolgen.<br />
18
Abb.7 IUD-Lagekontrolle Abb.8 Kupfer-IUD, korrekte Lage.<br />
Abb.9<br />
x Abstand IUD-Oberpol zum Cavum-Ende<br />
Mirena®, korrekte Lage. Beachte das sehr<br />
echoarme IUD mit aber deutlichem Schallschatten.<br />
2.2.5 Ovarien<br />
Das Auffinden der Ovarien bereitet bei der prämenopausalen Patientin in der Regel<br />
dank der spezifischen Ovarmorphologie mit Follikeln und der regelmässigen Lage in<br />
der Fossa ovarica nahe den Iliakal-Externen-Gefässen keine Schwierigkeiten. Follikel<br />
können dabei von den grossen Gefässen durch das Manöver des «90°-Ausdrehens»<br />
der Sonde unterschieden werden, d.h. wenn der dargestellt Kreis nach 90°-Drehung<br />
zum länglichen Schlauch wird, handelt es sich am ehesten um ein Gefäss und nicht<br />
um einen Follikel. Wenn vorhanden kann auch der Farb-Doppler zum Blutflussnachweis<br />
eingesetzt werden, oder nur auf Pulsationen geachtet werden.<br />
Bei der postmenopausalen Patientin definieren wird das «sonographische» Ovar, als<br />
homogen hypoechogene, ovaläre Struktur von Myometrium-Echogenität, ca. 20 mm<br />
lang, mit einem echogenen Randsaum, ohne Peristaltik 7, 24 . Das postmenopausal<br />
sonographisch nicht darstellbare Ovar ist bei makroskopischer Betrachtung meist<br />
klein und atroph. Mikroskopisch ist ihm nur selten eine pathologische Bedeutung<br />
beizumessen 7, 25 . Zur Vermessung der Ovarien soll die Ellipsoidformel zur Volumenberechnung<br />
in vereinfachter Form angewendet werden 26, 27 : Ovarialvolumen (ml)<br />
= Durchmesser 1(mm) x Durchmesser 2 (mm) x Durchmesser 3 (mm) x 0,000523.<br />
Zu fordern sind dabei drei bildlich erfasste Achsen, die alle senkrecht zu einander<br />
stehen. Das Monitorbild wird zu diesem Zweck geteilt, die Vergrösserung so gewählt,<br />
dass das Ovar links und rechts jeweils ganz zur Darstellung kommt (Abb.10).<br />
19
20<br />
Abb.10<br />
Vorgeschlagene, standardmässige Vermessung<br />
der Ovarien als Volumen.<br />
Stark divergierende Daten in der Literatur<br />
existieren bezüglich der Darstellbarkeit<br />
der Ovarien. Sie reicht von 99% 24<br />
bis 85% <strong>für</strong> mindestens ein Ovar und<br />
60% <strong>für</strong> beide Ovarien bei derselben<br />
Patientin 7 . Für die Praxis gilt, dass die<br />
Ovarien prä- und perimenopausal praktisch<br />
immer dargestellt werden können, postmenopausal in mehr als 50% der Fälle,<br />
wenn nach obigen Kriterien vorgegangen wird. Als Ovarialfollikel werden Strukturen<br />
bei der prä- und perimenopausalen Frau bezeichnet, deren durchschnittlicher<br />
Durchmesser nicht grösser als 3 cm ist. Übersteigt dieser Wert 3 cm, so ist die Verwendung<br />
des pathologischen Begriffes «Ovarialzyste» gerechtfertigt. Bei der postmenopausalen<br />
Patientin ist jede rundliche echoleere Struktur in Projektion auf das<br />
Ovar als Zyste im Sinne eines auffälligen Befundes zu verstehen. Generell gelten<br />
die maximalen Ovarialvolumen nach Lebensalter als guter Marker <strong>für</strong> den Ausschluss<br />
einer Pathologie (Tab.3). Eine andere Regel besagt, dass ein Ovar nicht<br />
mehr als doppelt so gross sein soll, wie das andere.<br />
Tab. 3 Ovarvolumen (Richtwerte) 28<br />
2.2.6 Zyklusdiagnostik am Ovar<br />
max. Ovar-Volumen<br />
prämenopausal 18 ml<br />
postmenopausal 8 ml<br />
Wie beim Endometrium wird beim Ovarialzyklus von duchschnittlich 28 Tagen<br />
ausgegangen.<br />
Innerhalb der ersten 5 ZT (Menstruation) können im Ovar im Normalfall nur kleine<br />
Follikel (< 10 mm) nachgewiesen werden (Abb.11). Diese stellen sich als echoleere,<br />
kleine runde Zonen im Ovar dar. Von diesen Follikeln kristallisiert sich einer<br />
als der dominante Follikel heraus und wächst linear durchschnittlich 1,5 – 2 mm<br />
pro Tag. Die anderen Follikel werden atretisch.<br />
Präovulatorisch ist der dominante Follikel bis auf ca. 22 mm angewachsen<br />
(Abb.12). Da der Follikel gelegentlich oval statt streng kugelig ist, wird zur Follikulometrie<br />
der Durchmesser als Durchschnitt von drei senkrecht zu einander stehenden<br />
Innen-Innen-Duchmessern angegeben. Dabei ist eine möglichst grosse<br />
Vergrösserung zu wählen. Dieses Mass ist insbesondere <strong>für</strong> die assistierte Reproduktionsmedizin<br />
von Bedeutung. Beim sprungreifen Follikel kann oft (in 40 – 80%<br />
der Fälle) der Cumulus oophorus als wandständige echodichtere Struktur dargestellt<br />
werden.
Nach der Ovulation lässt sich der gesprungene Follikel meist nicht mehr darstellen,<br />
da<strong>für</strong> eine kleine, kollabierte zystische Struktur, gefüllt mit wenig Flüssigkeit.<br />
Allerdings schliesst die Persistenz einer follikelähnlichen Struktur die stattgefundene<br />
Ovulation nicht aus. Als indirekte, allerdings unsichere Zeichen der stattgefundenen<br />
Ovulation, lassen sich oft etwas freie Flüssigkeit im Douglas und ein deutlich<br />
dilatierter Zervikalkanal mit echoleerem Inhalt darstellen (Abb.6).<br />
Durch Einblutung in den gesprungenen Follikel entsteht das Corpus rubrum (haemorrhagicum),<br />
charakterisiert durch feine Binnenechos. Durch Einsprossung von<br />
Gefässen bildet sich dann das Corpus luteum, dass sich sonographisch sehr variabel<br />
präsentieren kann. Entweder handelt es sich um ein vorwiegend echoarmes<br />
Corpus luteum mit echoreichem Randsaum oder um ein vorwiegend homogen<br />
echoreiches Corpus luteum. Die Grösse kann ebenso variieren. Ein Corpus albicans<br />
stellt sich als echodichte, gelappte Rundstruktur, meist ohne direkten Kontakt zur<br />
Rinde dar. Unter Ovulationshemmern sollten höchstens «ruhende» Follikel nachzuweisen<br />
sein. Andernfalls ist am sicheren Verhütungsschutz zu zweifeln.<br />
Abb.11 Abb.12<br />
5. ZT. Alle Follikel messen unter 10 mm 14. ZT. Dominanter Leitfollikel<br />
22mm (im Durchschnitt)<br />
2.2.7 Tuben<br />
Für die Darstellbarkeit der Tuben gilt grob, dass sie mit der aktuellen Technik in normalem,<br />
nicht pathologisch verändertem Zustand nicht dargestellt, respektive in der<br />
Adnexe nicht separiert werden können. Erst eine mit Flüssigkeit gefüllte, wie auch<br />
eine von Flüssigkeit umgebene Tube lässt sich darstellen.<br />
2.2.8 Grosse Gefässe<br />
Regelmässig kann die A. und V. iliaca externa rechts und links in ihrem Längsverlauf<br />
dargestellt werden. Sind sie quer getroffen, so lässt sich der vermeindlich zystische<br />
oder doppelzystische Befund durch das Manöver des «90°-Ausdrehens» als längliches,<br />
schlauchförmiges selbst oder fortgeleitet pulsierendes Gefäss richtig deuten.<br />
Die Aufteilung der A. iliaca communis in die A. iliaca interna und externa ist regelmässig<br />
darstellbar. Diese Aufteilung stellt eine Landmarke beim Auffinden der<br />
21
Ovarien dar, denn oft liegen diese in der durch die Gefässe gebildeten Fossa ovarica<br />
(Abb.13). Zu bemerken ist, das bei der Bilddarstellung wie oben beschrieben,<br />
sowohl die iliakal externen Gefässe von links wie auch rechts immer im Bild von<br />
links oben nach rechts unten verlaufen, und nicht etwa die Gefässe von rechts<br />
dann von rechts oben nach links unten. Das hängt damit zusammen, dass die TVS<br />
Distanzen abbildet, ohne automatisch zu erkennen, ob der Schnitt rechts oder links<br />
der medianen Sagittalebene entsteht. Es besteht an manchem US-Gerät die Möglichkeit,<br />
das Bild entsprechend der Lage des Schnittes links- rechts zu spiegeln. Diese<br />
Möglichkeit wird jedoch als nicht praktikabel angesehen und nicht empfohlen.<br />
Somit erscheinen uns Sagittalschnitte in der TVS immer wie von rechts der Patientin<br />
durch das Becken hindurchblickend.<br />
Abb.13 Abb.14<br />
Darstellung der A. und V. iliaca externa, M. piriformis. Beachte die Fiederung des<br />
links längs, rechts quer (Gefässe von links Muskels<br />
und von rechts werden gleich dargestellt !)<br />
2.2.9 Muskulatur<br />
Die beiden Muskeln, die bei der TVS regelmässig dargestellt werden können, sind<br />
der M. obturatorius internus und der M. piriformis. Sie sind bei entsprechend tiefer<br />
Sondierung als begrenzende Strukturen des kleinen Beckens dorsal-lateral resp.<br />
kaudal-lateral zu erkennen. Sie sind, wie alle quergestreiften Muskeln, gefiedert,<br />
d.h. insgesamt echoarm, weisen in eine Richtung ausgerichtete, echodichten feine<br />
Streifen auf (Abb.14).<br />
2.2.10 Douglas<br />
Dem Douglas kommt eine besondere Bedeutung zu. Er stellt bei der stehenden Frau<br />
den tiefsten Punkt der Bauchhöhle dar. Von sämtlichen Flüssigkeiten, die in die<br />
Bauchhöhle gelangen und nicht abgekapselt sind, darf erwartet werden, dass sie in<br />
den Douglas gelangen, sich dort ggf. punktieren lassen.<br />
Physiologischer Weise kann im Douglas sehr oft freie, echoleere bis echoarme Flüssigkeit<br />
dargestellt werden (Abb.15). Insbesondere tritt diese mittzyklisch nach der<br />
22
Ovulation auf. An «soliden» Raumforderungen sind physiologischerweise durchaus<br />
einmal eines oder beide Ovarien im Douglas anzutreffen. Vergrösserte Adnexen fallen<br />
der Schwerkraft folgend oft in den Douglas.<br />
Die häufigsten Befunde im Douglas sind Dick- und Dünndarmschlingen, deren Wandung,<br />
Kaliber und Peristaltik hier ausgezeichnet beobachtet und beurteilt werden können.<br />
Abb.15 Abb.16<br />
Freie Flüssigkeit im Douglas Harnblase, leicht gefüllt<br />
von geringem Ausmass<br />
2.2.11 Harnblase<br />
Die Harnblase soll bei jeder TVS betrachtet werden (Abb.16). Sie sollte vorzugsweise<br />
bei der TVS möglichst leer, bei der TAS möglichst gut gefüllt sein. Urin in der<br />
Blase stellt sich immer echoleer dar (Ausnahmen: deutliche Hämaturie, Pyurie).<br />
Die Gains am Gerät können an der Harnblase so eingestellt (geeicht) werden, dass<br />
der Urin eben echoleer erscheint. Dieser Referenzwert ist in der Beurteilung der Intensität<br />
von Binnenechos im kleinen Becken oft von grosser Bedeutung. Ausserdem<br />
ist der Kontrast Blaseninhalt zu Blasenwand sehr stark und kann von jeder<br />
Patientin leicht erfasst werden. Die Blase soll anlässlich jeder TVS oder TAS der Patientin<br />
kurz demonstriert werden.<br />
2.3 Pathologie<br />
2.3.1 angeborene Fehlbildungen<br />
Uterusfehlbildungen sind in etwa bei 1 – 2% der Frauen zu finden. Sie entstehen<br />
durch eine unvollständige Vereinigung der paarigen Müller´schen Gänge. Bei Frauen<br />
mit Uterusfehlbildung ist die Rate primärer Infertilität und die Abortrate deutlich<br />
erhöht. Die Entstehung einer Fehlbildung geht auf eine eng umschriebene Zeit in<br />
der embryonalen, resp. fetalen Entwicklung zurück. Uterusaplasien (komplett, inkomplett,<br />
…) entstehen in der 8. – 11. SSW, Fehlbildungen bei der Verschmelzung<br />
der Müller´schen Gänge (Uterus didelphis, bicornis bicollis, bicornis unicollis, …) in<br />
der 12. – 14. SSW, Fehlbildungen bei der inneren Fusion (Abb.17) (Uterus septus,<br />
23
arcuatus, …) in der 15. – 19. SSW. Assoziierte Fehlbildungen des harnableitenden<br />
Systems sind bei den „frühen“ Fehlbildungen (Uterusaplasien und Müller’sche Verschmelzungsanomalien)<br />
mit bis zu 35% sehr häufig, bei „späten“ Anomalien der<br />
inneren Fusion hingegen sehr selten 29 .<br />
Abb.17 Uterus subseptus (arcuatus)<br />
a) rechter Fundusbereich b) Uterusmitte c) linker Fundusbereich<br />
Die Lage des kleinen weissen Punktes alleine lässt nicht zwischen einem Uterus bicornis und<br />
subseptus unterscheiden. Beachtet man jedoch die unveränderte Lage des dicken weissen<br />
Punktes in der Mitte (b), so schliesst diese unverändert hohe Lage einen Uterus bicornis weitgehend<br />
aus.<br />
Sonographische Hinweiszeichen auf Uterusanomalien sind bei hochaufgebautem<br />
Endometrium in der 2. Zyklushälte meist gut darstellbar. Der Uterus soll von links<br />
nach rechts und umgekehrt in sagittalen Schnitten betrachtet werden. Zunächst<br />
konzentriert man sich auf das fundale Ende des Endometriums, ob es grosse<br />
«Höhenschwankungen» macht, und dann auf Einziehungen der äusseren Funduskontur,<br />
jeweils zur Mitte hin. Grobe Hinweiszeichen können sein:<br />
● Nachweis zweier klar getrennter Endometriumstreifen<br />
● auffällige äussere Uteruskontur, v. a. fundal eine übermässige Breite oder eine<br />
Einziehung zur Mitte<br />
● auffällig breites Korpus uteri<br />
● auffällig breite Zervix uteri<br />
● Fehlen einer Niere.<br />
Führt diese <strong>Sonographie</strong> nicht schlüssig zu einer Diagnose, kann eine Hydrosonographie<br />
durchgeführt werden 30 , insbesondere bei der Frage nach Fehlbildungen der<br />
inneren Fusion.<br />
2.3.2 Entzündliche Veränderungen<br />
Die häufigsten genitalen Ursachen von akuten Bauchschmerzen sind:<br />
● Adnexitis<br />
● Parametritis<br />
● Tuboovarialabszess<br />
24
● Douglasabszess<br />
● eingeblutete Ovarialzyste<br />
● stielgedrehter Ovarialtumor<br />
● Endometriose(-zyste)<br />
● rupturierte Ovarialzyste<br />
● Extrauteringravidität<br />
● Abortgeschehen.<br />
Die entzündlichen Prozesse nehmen dabei eine besonders wichtige Stellung ein. Die<br />
akute Adnexitis zeichnet sich sonographisch dadurch aus, dass die Adnexen<br />
schlecht einzusehen, die Ovarien schlecht abzugrenzen und druckdolent sind und<br />
oft eine deutlich vermehrte Flüssigkeitsansammlung im Douglas nachzuweisen ist.<br />
Verschliesst sich das Fimbrienende zur Saktosalpinx, lässt sich in einer verdickten,<br />
starren, geschlängelten Tube ein flüssiger Inhalt nachweisen, der echoleer oder diffusverteilte<br />
feine Binnenechos aufweisen kann. Je echogener die Binnenechos sind,<br />
desto eher geht man von einer Eiterhaltigen Tube (Pyosalpinx) aus. Tuben, die<br />
echoleere Flüssigkeit beinhalten, lassen auf eine reine Hydrosalpinx schliessen.<br />
Gelegentlich erinnert der Schnitt durch die mäanderförmig aneinander gelagerten,<br />
dilatierten Tubenschlingen an ein «Schneckenhaus im Querschnitt» (Abb.18). Zur<br />
Abgrenzung der Hydrosalpinx von einem Ovarialbefund muss das gleichseitige<br />
Ovar gesucht werden.<br />
Abb.18 Abb.19<br />
Hydrosalpinx unilateral rechts. Tuboovarialabszess. <strong>Klinik</strong>: Temp 39,6°C,<br />
Patientin asymptomatisch Erbrechen, Durchfall, Lc 5’000, CRP 17.<br />
Intraoperativ: Pelveoperitonitis und Perihepatitis<br />
Fitz-Hugh-Curtis. Abstriche: Chlamydien-Nachweis<br />
pos<br />
Der Tuboovarialabszess (TOA) weist in der Regel das Bild eines bilateral abgekapselten,<br />
schlecht abgrenzbaren Prozesses auf (Abb.19). Ein älterer TOA verursacht<br />
oft erstaunlich wenig Druckdolenz. Das sonographische Bild entspricht einer einbis<br />
mehrkammerigen, dickwandigen Raumforderung auf beiden Seiten des Uterus.<br />
Der Innenraum ist von diffusverteilten, dichten, unregelmässigen Echos ausgefüllt.<br />
25
Das Erscheinungsbild von TOA´s ist sehr heterogen. Bildet sich ein postentzündlicher<br />
Konglomerattumor, so hebt er sich oft nur gering von seiner Umgebung ab<br />
und kann als «träge Darmschlinge» fehlgedeutet werden.<br />
Ausgehend vom sonographischen Befund sollen in die Differentialdiagnose des<br />
Tuboovarialabszess folgende Ursachen einbezogen werden:<br />
● Endometriosezyste<br />
● Dermoidzyste<br />
● eingeblutete Corpus-Luteum-Zyste<br />
● gestieltes Myom<br />
● stielgedrehter Ovarialtumor<br />
● perityphlitischer Abszess (Appendizitis)<br />
● Hämatom bei EUG<br />
● entzündliche Darmveränderung<br />
● ausgeprägte Koprostase.<br />
Bei eitrigen Prozessen in der Bauchhöhle, bei denen es primär nicht zur Abkapselung<br />
kommt, oder die sich sekundär eröffnen, kommt es meist zur Eiteransammlung<br />
im Douglas (Douglasabszess). Die reichlich echodichten Spots in echoarmer<br />
Umgebung lassen sich gelegentlich schwer von Blut unterscheiden. Eine TVS-gesteuerte<br />
Punktion der Flüssigkeit im Douglas gelingt meist problemlos und trägt zur<br />
Klärung der Befunde bei.<br />
2.3.3 Befunde vom Uterus ausgehend<br />
2.3.3.1 Myome<br />
Myome stellen den häufigsten gynäkologischen Tumor dar. Jede dritte Frau im gebärfähigen<br />
Alter ist Myomträgerin 31 . Auch in der Postmenopause sind Myome anzutreffende<br />
Befunde. Myome treten seltener solitär als multipel auf, 90 Prozent davon<br />
sind im Fundusbereich lokalisiert. Nebst den lokalisieren Myomen gibt es eine<br />
diffuse Myomatose, wobei eine generelle Vergrößerung des Uterus auffällt, ohne eigentlichen<br />
Rundherdnachweis.<br />
Myome stellen sich kugelig dar und zeigen in der Regel eine glatte Begrenzung zum<br />
Myometrium. Ihre Echogenität ist abhängig vom Grad der degenerativen Veränderung.<br />
Gut durchblutete Myome haben ein echoarmes Binnenmuster (Abb.20,22).<br />
Verkalkungen hingegen führen zu sehr echodichten, inhomogenen Bezirken im<br />
Rundherd. Bemerkenswert ist der konstant auftretende, mehr oder weniger dichte<br />
Schallschatten hinter Myomen. Deshalb sollte bei einem Durchmesser von mehr als<br />
10 cm derselben das kleine Becken mittels TAS untersucht werden (Abb.21).<br />
26
Abb.20 Abb.21<br />
Uterus myomatosus mit inhomogenem Riesiges Uterusmyom, TAS, Sagittalschnitt<br />
5cm Rundherd, TVS in zwei Ebenen<br />
Abb.22 Abb.23<br />
Kleines, echoarmes Vorderwand-Myom, Intraligamentäres Myom (My), breitbasig<br />
knapp 1 cm im Durchmesser am Uterus (Ut) anhängend, 4 cm Durchmesser,<br />
transversaler Schnitt<br />
Rundherde im Myometrium sollten folgendermassen beschrieben werden: 1. Lage<br />
(submukös, intramural, subserös, gestielt subserös, intraligamentär (Abb.23)),<br />
2. drei Hauptdurchmesser, 3. Echogenität, 4. Homogenität. Es sei darauf hingewiesen,<br />
dass die Vermessung von Myomen eine grosse Variabilität von Untersuchung<br />
zu Untersuchung, wie auch von Untersucher zu Untersucher aufweisen kann. Dies<br />
ist bei der Beurteilung der Wachstumstendenz unbedingt zu berücksichtigen.<br />
2.3.3.2 Polypen der Korpusschleimhaut<br />
Polypen der Korpusschleimhaut sind oft schwierig zu diagnostizieren. Oft fällt nur<br />
auf, dass das Mittelecho aufgehoben ist, oder dass die Begrenzung des Endometriums<br />
auffällig an einer oder mehreren Stellen «buckelig» verbreitert ist, die glatte,<br />
«schweifartige» Begrenzung punktuell aufgehoben erscheint. Nur Gelegentlich<br />
erinnert das sonographische Bild mit kugeliger bis zapfenförmiger inhomogener,<br />
kleinzystischer Raumforderung an das makroskopische Bild eines Polypen (Abb.24).<br />
27
Liegt gleichzeitig eine Hydrometra vor, fällt die Beurteilung wesentlich einfacher<br />
(Abb.25). Sehr hilfreich kann die künstlich erzeugte Hydrometra im Rahmen einer<br />
Kontrastmittelsonographie (Hydrosongraphie, Abb.26) bei der sonographischen<br />
Unterscheidung zwischen hochaufgebautem Endometrium und Polyp sein 30, 32 .<br />
Korpuspolypen können sehr lang werden, bis vor die Zervix reichen und im Spekulum<br />
fassbar werden. In Ihrer Breite überschreiten sie selten 1,5 cm. Bei unklarem<br />
Ursprung des Polypen, der sich im Zervikalkanal zeigt, soll von «Polyp im CK»<br />
gesprochen werden.<br />
Abb.24 Abb.25<br />
Echodichter Korpuspolyp Hydrometra in senil atrophem Uterus mit<br />
Polyp (markiert)<br />
Abb.26<br />
Hydrosonographie bei «hochaufgebautem»<br />
Endometrium: echodichter Polyp (markiert)<br />
Prinzipiell gelten Polypen in der Postmenopause<br />
als Indikation <strong>für</strong> eine histologische<br />
Abklärung, insbesondere weil oft Korpuskarzinome<br />
mit Polypen vergesellschaftet<br />
sind, ohne das die Polypen jedoch<br />
der Ursprung des Karzinomes wären.<br />
2.3.3.3 Flüssigkeitsansammlung im Cavum uteri (Hydrometra)<br />
Diese können während der Menstruation regelmässig beobachtet werden. Bei<br />
Stenosen im Bereich der Zervix tritt eine Hydrometra regelmässig, inbesondere<br />
postmenopausal auf (Abb.25). Die Flüssigkeitsansammlung im Cavum uteri selbst<br />
ist kein Hinweiszeichen auf ein Malignom 33 . Im Gegenteil, sie lässt die Schleimhautkonturen<br />
kontrastreich erscheinen und entsprechend besser beurteilen. Bei der<br />
Messung der Endometriumdicke (Bilayer) soll intrakavitäre Flüssigkeit abgezogen<br />
werden (Abb.4).<br />
28
2.3.3.4 Verkalkungen im Bereiche des Cavum uteri<br />
Verkalkungen imponieren als echodichte Spots in Projektion auf das Cavum uteri.<br />
Sie kommen selten vor. Sie können als Hinweiszeichen auf eine stattgefundene<br />
Curettage verstanden werden, oder postpartal als Ausdruck kleiner degenerativ<br />
veränderter Plazetarreste gewertet werden 34 . Sie sind selten mit einer schwerwiegenden<br />
Pathologie verbunden. Noch seltener kann sich hinter sonographisch ausgedehnten<br />
Spots ein histologisch nachweisbar verknöchertes Endometrium verbergen<br />
(Abb.27) 34 .<br />
Abb.27 Abb.28<br />
Histologisch verifiziert verknöchertes 3 cm grosse echoleere, kugelige Struktur in<br />
Endometrium als Sterilitätsursache Projektion auf die Zervix Ovulum Nabothi<br />
(mit freundlicher Genehmigung des<br />
Karger-Verlag Basel, Gynäkologisch<br />
-geburtshilfliche Rundschau 33-1-93)<br />
2.3.3.5 Ovula Nabothi<br />
Oft findet man bei der prämenopausalen Patientin in Projektion auf die Zervix uteri<br />
kugelige, echoleere Strukturen, solitär («wie ausgestanzt»), häufiger multipel, von<br />
einer Grösse von bis zu mehreren Zentimetern (Abb.28), mit deutlicher Echoverstärkung<br />
hinter dem Befund. Sie liegen nur wenige Millimeter vom Sondenkopf<br />
entfernt, verursachen keine Beschwerden. Diese sonographischen Befunde sind pathognomonisch<br />
<strong>für</strong> Ovula Nabothi. Sie können oft kolposkopisch bestätigt werden 35 .<br />
2.3.3.6 Korpuskarzinom<br />
Es soll sonographisch auch beim Korpuskarzinom keine histologische Diagnose<br />
vorweggenommen werden, sondern nur der Verdacht anhand eines übermässig<br />
hoch aufgebauten Endometriums und unscharfer Abgrenzung zum Myometrium<br />
bei entsprechender <strong>Klinik</strong> (insbesondere Postmenopauseblutung) geäussert werden<br />
(siehe 2.2.3: «Zyklusdiagnostik am Endometrium»).<br />
Ist ein Korpuskarzinom histologisch nachgewiesen, kann ein «Sonostaging» bei<br />
entsprechender sonographischer Erfahrung vorgenommen werden. Von besonderer<br />
Bedeutung ist die Einschätzung der Infiltrationstiefe ins Myometrium (Abb.29).<br />
29
Diese ist mit einer Trefferquote von ca. 80% richtig voraussagbar, vergleichbar mit<br />
der intraoperativen markoskopischen Einschätzung am Präparat 36. Das Wissen um<br />
die Infiltrationstiefe kann Auswirkungen auf die Operationsplanung haben, denn<br />
bei einer tiefen Infiltration in Myometrium empfiehlt sich eine zumindest pelvine<br />
Lymphonodektomie 37 . Weiter kann der Verdacht auf einen Zervixbefall (Abb.30),<br />
oder Infiltration in umliegende Organe geäussert werden (Blase, Rektum).<br />
Abb.29 Abb.30<br />
Korpuskarzinom, exophytisch und infiltrativ Korpuskarzinom mit Befall der Zervix (Pfeil)<br />
wachsend (Pfeil). Myometrium > 50% infiltriert<br />
Separat ist das Endometrium unter Tamoxifen<br />
zu behandeln (Abb.31). Seit<br />
Hinweise existieren, dass unter Tamoxifen<br />
gehäuft Korpuskarzinome auftreten,<br />
ist die regelmässige, mindestens jährliche,<br />
besser halbjährliche, sonographische<br />
Kontrolle fester Bestandteil der<br />
routinemässigen Nachkontrollen. Bei<br />
jeder blutenden Patientin unter Tamoxifen<br />
sollte eine histologische Abklärung<br />
erfolgen, ebenso bei einer asymptomatischen<br />
Patientin mit einer Endometriumdicke<br />
von > 8 mm. Regelmässig kommt<br />
es aber vor, dass sonographisch der V.a.<br />
auf ein hochaufgebautes Endometrium<br />
geäussert wird, z.T. mit zystischen<br />
Läsionen, hysteroskopisch jedoch ein<br />
atrophes Cavum uteri eingesehen wird.<br />
Die Diskrepanz dieser Befunde ist noch<br />
nicht restlos geklärt.<br />
30<br />
Abb.31<br />
Hochaufgebautes, klein-zystisch verändertes<br />
Endometrium unter Tamoxifen
2.3.3.7 Uterussarkom<br />
Sonographisch können lediglich Verdachtsmomente <strong>für</strong> das Vorliegen eines Uterussarkomes<br />
geäussert werden: kugelige Raumforderung mit inhomogenen echoreichen<br />
und echoarmen Arealen 38 und schnellem Wachstum. Die Diagnose wird<br />
stets histologisch gestellt.<br />
2.3.3.8 Zervixkarzinom<br />
Prinzipiell ist die <strong>Sonographie</strong> in der Routine bisher nicht geeignet, die Diagnose<br />
Zervixkarzinom zu stellen oder wesentlich zum Staging des Zervixkarzinoms beizutragen<br />
39. Auch die Beurteilung eines Befalles der Parametrien ist nicht sonographisch,<br />
sondern klinisch zu treffen (FIGO 1994).<br />
2.3.4 Raumforderungen von den Adnexen ausgehend<br />
Zentral ist oft die Frage, ob die Raumforderung vom Ovar ausgeht oder nicht. Die<br />
UntersucherInnen sollen versuchen, bei jedem Tumor in der Adnexgegend das<br />
Ovar separat darzustellen. Gelingt dies, kann bereits das Spektrum der Differentialdiagnose<br />
entscheiden eingeschränkt und anders gewichtet werden. Gelingt es z.B.<br />
neben einem 5 cm grossen, solid-echoarmen, homogenen, kugeligen Prozess in einer<br />
Adnexe das unauffällige Ovar darzustellen, kann bei einer prämenopausalen<br />
Patientin oft das subseröse Myom differentialdiagnostisch favorisiert werden.<br />
Vor allem bei gleichzeitigem vorliegen einer Raumforderung und akuten Unterbauchschmerzen<br />
im kleinen Becken stellt sich die Frage nach einer Adnextorsion.<br />
Diese kann prämenopausale, wie postmenopausale Patientinnen betreffen. In einer<br />
Untersuchung von Koonings 40 bei postmenopausalen Patientinnen war der kleinste<br />
Tumor, welcher intraoperativ torquiert vorgefunden wurde 7 x 7 cm gross, der<br />
grösste 30 x 20 cm. Bei den 19 beschriebenen torquierten Tumoren war kein Malignom<br />
dabei. Als Faustregel darf gelten, dass Torsionen von Adnexturmoren erst ab<br />
etwa «Hühnereigrösse» (4 x 5 x 6 cm) auftreten.<br />
Im Folgenden sollen die häufigsten Raumforderungen der Adnexen systematisch in<br />
zunehmender Komplexität abgehandelt werden.<br />
2.3.4.1 Einfache Ovarialzysten<br />
Als einfache oder simple Ovarialzysten werden vollständig echoleere und glattwandig<br />
ausgekleidete Zysten bezeichnet, die nachweislich von einem der Ovarien<br />
ausgehen (Abb.32). Sie stellen die häufigste gutartige Veränderung an den Ovarien<br />
dar. Zu dieser Gruppe von Zysten gehören die Follikel-, Corpus-Luteum-Zysten<br />
(Abb.33) und Retensionszysten. Prä- und perimenopausal sind sie prinzipiell zu<br />
kontrollieren, z.B. nach 6 Wochen. Sie sind im überwiegenden Teil der Fälle funktioneller<br />
Herkunft und zeigen eine grosse Tendenz zur Spontanremission, gleich ob<br />
eine medikamentöse Therapie eingeleitet oder mittels Punktion interveniert oder<br />
rein expektative vorgegangen wird. Dieses abwartende Verhalten kann wesentlich<br />
zur Senkung von unnötigerweise operierten simplen Zysten beitragen. Osmers<br />
31
erichtet von nur rund 5% operierten funktionellen Tumoren in einem Kollektiv<br />
von 1072 Ovarialtumoren 41. Prämenopausal werden in weniger als 1% von sonographisch<br />
simplen Zysten Malignome gefunden 42,43 . Postmenopausal wird zumindest<br />
in einer Studie von einer Malignitätsrate einfacher Zysten von fast 10% berichtet<br />
41 , in anderen Studien jedoch deutlich seltener 44, 45 . Die Daten sollten Anlass<br />
genug sein, auch beim postmenopausal aufgetretenen einfachen zystischen<br />
Adnexbefund den Ausschluss eines Malignoms zu erbringen. Auch hier empfiehlt<br />
sich zunächst die Bestimmung des CA 125, dann eine kurzfristige sonographische<br />
Kontrolle, z.B. nach 6 Wochen.<br />
Abb. 32 Abb. 33<br />
5cm grosse simple Ovarialzyste. Man beachte Klein-zystisch verändertes Corpus luteum<br />
die enorme Echoverstärkung hinter der Zyste<br />
Die Patientinnen dürfen aus der Kontrolle entlassen werden, wenn klar belegt<br />
werden kann, dass der Befund sich in seiner einfachen Struktur deutlich zurückgebildet<br />
hat. Ist der Befund aber unverändert, respektive gewachsen, oder hat sich<br />
seine einfache Struktur geändert, so muss eine rasche, operative Abklärung insbesondere<br />
postmenopausal in Erwägung gezogen werden. Eine Leitlinie <strong>für</strong> die Behandlung<br />
von einfachen Ovarialzysten wurde z.B. im Auftrag der ÖGGG 1998 erstellt.<br />
Sie unterscheidet zwischen Prä- und Postmenopause und berücksichtigt<br />
Ergebnisse aus grösseren Studien, die einen Zusammenhang zwischen Befundgrösse<br />
und Malignitätsrate aufzeigen konnten:<br />
● prämenopausal:<br />
32<br />
● Zystendurchmesser < 5 cm ➯ <strong>Sonographie</strong>kontrolle postmenstruell, bei<br />
Persistenz ➯ endokrine Therapie während 3 Monaten ➯ Sonographische<br />
Kontrolle alle 4 Wochen, bei Persistenz nach 3 Therapiemonaten ➯ Operation<br />
mit histologischer Abklärung.<br />
● Zystendurchmesser > 5 cm ➯ <strong>Sonographie</strong>kontrolle postmenstruell ➯ bei<br />
Persistenz oder Grössenzunahme ➯ Operation mit histologischer Abklärung.
● postmenopausal:<br />
● Zystendurchmesser < 5 cm ➯ keine Aussage möglich; Kontrolle alle 4 Wochen,<br />
während 3 Monaten, bei Persistenz ➯ Operation mit histologischer<br />
Abklärung.<br />
● Zystendurchmesser > 5 cm ➯ Operation mit histologischer Abklärung.<br />
Die ACOG schlägt in ihrem Bulletin Nummer 15 von April 1996 vor, asymptomatische<br />
Ovarialtumore in der Menopause zu operieren, wenn sie eines der folgenden<br />
Kriterien aufweisen: solider Tumor jeder Grösse, komplexe Tumore (Septen, Wandauflagerungen),<br />
nachweisbares Wachstum des Befundes, Nachweis von Aszites,<br />
Nachweis eines fixierten Tumors oder Knoten im Douglas, erhöhtes CA 125.<br />
2.3.4.2 Einfache Zysten, nicht von den Ovarien ausgehend<br />
Kann nebst einer echoleeren, glatt- und dünnwandigen Zyste im kleinen Becken<br />
das Ovar der entsprechenden Seite einwandfrei identifiziert werden, dann ist differentialdiagnostisch<br />
insbesondere an folgende Zysten zu denken: Parovarialzysten<br />
(von embryonalen Strukturen des rete ovarii ausgehend), Peritonealzysten (insbesondere<br />
als Pseudoperitonealzyste nach Eingriffen im kleinen Becken, v.a. Hysterektomien)<br />
und der Hydrosalpinx (z.B. als Restzustand nach entzündlichen Adnexprozessen).<br />
2.3.4.3 Seröse Zystadenome<br />
Die serösen Zystadenome präsentieren sich oft als echoleere, einkammerige, glattund<br />
dünnwandige Zysten (Abb.34), womit sie sonomorphologisch nicht von den<br />
funktionellen Befunden unterschieden werden können. Dies gilt <strong>für</strong> kleine Befunde<br />
genauso (Follikelpersistenz), wie <strong>für</strong> sehr grosse Raumforderungen (riesige Follikelzyste).<br />
Grössere Zystadenome weisen jedoch oft eine Reihe von Septen auf, die<br />
meist ausgesprochen dünn sind und keine Auflagerungen aufweisen.<br />
Abb.34 Abb.35<br />
Seröses Zystadenom, echoleer Muzinöses Zystadenom, feines Binnenecho<br />
33
2.3.4.4 Muzinöse Zystadenome<br />
Wenn sich die simplen Ovarialzysten und die serösen Ovarialadenokystome durch<br />
das Fehlen von Binnenechos charakterisieren lassen (Abb.35), dann ist eine ähnliche,<br />
jedoch echoarme zystische Raumforderung mit feinen, regelmässigen Binnenechos<br />
verdächtig auf ein muzinöses Zystadenom.<br />
Muzinöse Zystadenome können grotesk gross werden, septiert sein, und sonographisch<br />
je nach Schleimgehalt einen echoärmeren oder echoreicheren Inhalt aufweisen.<br />
Bei der Frage, ob Binnenechos überhaupt vorliegen, muss unbedingt der<br />
Harnblaseninhalt als Referenz herangezogen werden. Denn moderne, sensitive<br />
Ultraschallgeräte können dank verfeinerter Technik bei entsprechender Gain-Einstellung<br />
schon konzentrierte Körperflüssigkeiten als fein binnenechohaltige Strukturen<br />
darstellen.<br />
2.3.4.5 Endometriosezysten, blutgefüllte Zysten<br />
Die Endometriose stellt eine komplexe Erkrankung dar. Die Diagnose dieser<br />
Erkrankung ist deshalb von Bedeutung, weil die Endometriose eine unterschätzt<br />
häufige Erkrankung ist: fertile Patientinnen sind in 2,5 – 5,9% betroffen, jedoch<br />
infertile Patientinnen in 20 – 50%, insgesamt 6 – 44% 46 . Immerhin 2 – 4% der<br />
Patientinnen, welche wegen einer Endometriose operiert werden, sind postmenopausal,<br />
wobei es sich fast ausschliesslich um Patientinnen unter HRT handelt 46 .<br />
Der Beitrag des Ultraschalls liegt v.a. in der Erfassung der zystischen und<br />
nodulären Endometriose-Läsionen, sowie der Adenomyose bei entsprechenden<br />
klinischen Symptomen (zyklusabhängige Schmerzen, Dysmenorrhoe, Blutungsstörungen,<br />
Sterilität, ...). Die Endometriose-Diagnostik und ein echtes Endometriose-Staging,<br />
wie es zum rAFS-Staging verlangt wird 47, hat endoskopisch, und nicht<br />
sonographisch zu erfolgen. Die <strong>Sonographie</strong> kann das Mittel der Wahl sein, wenn<br />
der Erfolg einer medikamentösen Endometriosetherapie gewertet werden soll.<br />
Das sonographische Erscheinungsbild der Endometriose kann sehr bunt sein. Es<br />
gehört differentialdiagnostisch in das breite Feld der Adnexbefunde mit Binnenecho<br />
(siehe 2.4 «häufigste Differentialdiagnosen ...»).<br />
Die Endometriosezyste kann sich sonographisch, je nach Zustand des Inhaltes, als<br />
vorwiegend solitärer zystischer Befund mit feinen regelmässigen Binnenechos präsentieren.<br />
Diese typische Beschreibung trifft aber nur auf weniger als die Hälfte der<br />
Fälle zu 48 . Mehrheitlich sind die histologisch klassierten Endomtriosezysten sonographisch<br />
aufgefallen durch Multilokularität, partiell ganz ohne Binnenecho,<br />
teilweise mit eindeutig echodichten Anteilen (Abb.36), oder imponierten als vollständig<br />
solide Tumore. Oft kann sonographisch nicht zwischen einer Endometriosezyste<br />
und einer blutgefüllten Zyste (Abb.37), z.B. corpus luteum hämorrhagicum,<br />
unterschieden werden.<br />
34
Abb. 36 Abb. 37<br />
Endometriom des Ovars Typisches Bild einer eingebluteten Ovarialzyste.<br />
Hämatom in Resorption<br />
2.3.4.6 Dermoidzysten<br />
Das Dermoid (reifes Teratom) stellt schlechthin das Kamäleon in der sonographischen<br />
Differentialdiagnose des Adnexbefundes dar. Erstaunlicherweise machen die Dermoide<br />
ca. 20% aller Ovarialzysten und ca. 10% aller Ovarialtumoren aus 49 . Dermoide können<br />
praktisch jedes Bild von simpel zystisch (Abb.39) über komplex bis vollständig solid<br />
präsentieren (Abb.38) 50, 51 . Damit kann erklärt werden, warum die meisten Scores zur<br />
Dignitätseinschätzung von Adnextumoren die Dermoide zu häufig fälschlicherweise<br />
den Malignomen auf der einen Seite, oder den funktionellen Zysten auf der anderen<br />
Seite, statt den benignen Tumoren zuweisen. Dermoidzysten kommen zudem gehäuft<br />
bilateral vor. Bis zu 10% der Patientinnen sind davon betroffen. Als Komplikation tritt<br />
v.a. die Stieldrehung bei 3 – 16% der Dermoide auf 52 , Rupturen sind äusserst selten.<br />
Der typische sonographische Befund tritt in etwas mehr als einem Drittel der Fälle auf 53 :<br />
Innerhalb einer zystischen Raumforderung mit dicker Wand befindet sich ein sehr echodichtes,<br />
bizarr begrenztes Areal, bestehend aus Talg, Epidermis, Haaren, Knorpel, Knochen,<br />
usw. Daneben lassen sich meist auch echoärmere, «flüssige» Areale nachweisen.<br />
Gelegentlich lässt sich ein echodichtes Sediment mit Spiegel oder Sichel abgrenzen, wobei<br />
das «Sediment» durchaus auch kopfwärts zu liegen kommen kann 54. Kleine solide, aber<br />
auch grosse Dermoide werden gelegentlich bei der <strong>Sonographie</strong> übersehen, insbesondere<br />
dann, wenn sie sich nicht von den umgebenden, trägen Darmschlingen abheben.<br />
Abb. 38 Abb. 39<br />
«Typisches» echokomplexes Dermoid des Ovars Zystisches Dermoid des Ovars<br />
35
2.3.4.7 Malignome des Ovars<br />
Das mit Abstand am häufigsten vorliegende Malignom des Ovars ist das Ovarialkarzinom.<br />
Eine ganze Reihe von Studien hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten<br />
mit dem Ausschluss, resp. der Diagnose der Ovarialmalignome befasst (siehe<br />
2.3.4.8: Dignitätseinschätzung von Adnextumoren). Die epidemiologischen Daten<br />
sind erdrückend, denn das Ovarialkarzinom wird zu oft erst in einem fortgeschrittenen<br />
Stadium diagnostiziert. Rund 70% der Ovarialkarzinome treten bilateral auf,<br />
gutartige Zystadenome nur in rund 5% 55 .<br />
Das sonomorphologische Bild ist äusserst bunt 56 , umfasst rein zystische Befunde<br />
(13 %) (Abb.41), gemischte (68 %) (Abb.40), bis hin zu rein soliden (19%) Raumforderungen.<br />
Der Verdacht auf ein Ovarialmalignom ergibt sich typischerweise<br />
dann, wenn der Tumor aus zystischen und teils unregelmässig soliden Anteilen besteht,<br />
die Septen auffällig breit sind (> 3 mm), papilläre Wucherungen aufweisen,<br />
oder wenn ein vorwiegend solider Tumor unregelmässig begrenzt erscheint. Wichtig<br />
sind die weiteren Elemente, wie Vorliegen von grösseren Mengen Aszites oder<br />
der Nachweis von Lebermetastasen. Die Ausdehnung kann von wenigen Millimetern<br />
bis hin zu riesigen Dimensionen reichen, sodass der Tumor nicht einmal mehr<br />
von einem Oberbauchtumor abgegrenzt werden kann.<br />
Um einen Tumor möglichst genau zu beschreiben, empfehlen wir die Vermessung<br />
in 3 Ebenen, mit jeweils Angabe des grössten Masses, ob der Tumor vollständig<br />
eingesehen und abgegrenzt werden kann, ob er klar einem Organ zugeordnet werden<br />
kann und ob er bilateral vorliegt. Im weiteren empfehlen wir den Tumor anhand<br />
der Kriterien von Merz (Mainzer-Score 43, 45 , Tab. 4) zu beschreiben.<br />
Die Untersucher sollten bei Malignomverdacht diesen unbedingt dokumentieren.<br />
Bei einer allfälligen Frage nach Konsequenzen nicht zögern, die Exploration des Tumors<br />
per laparotomiam zu empfehlen.<br />
Abb. 40 Abb. 41<br />
Solid-zystisches Ovarialkarzinom Vorwiegend zystisches Ovarialkarzinom<br />
36
2.3.4.8 Dignitätseinschätzung von Adnextumoren<br />
Prinzipiell sollen die Bemühungen darauf hin augerichtet werden, dass ein Malignom<br />
im Bereiche der Adnexen nicht übersehen wird, andererseits sollen Patientinnen<br />
nicht unnötig verängstigt, oder sogar unnötigerweise operiert werden. Zur Tumoreinschätzung<br />
empfiehlt sich nach wie vor folgende Dreiteilung vorzunehmen,<br />
wie von Bernaschek 1992 vorgeschlagen 57 :<br />
● am ehesten simple Zyste<br />
● am ehesten benigner Tumor<br />
● am ehesten maligner Tumor.<br />
Diese Einteilung leitet zu folgendem, anzustrebendem Prozedere über:<br />
● Befund kann beobachtet werden (zusätzlich CA 125 bestimmen) oder<br />
ev. transvaginalsonographisch geleitet punktiert werden<br />
● Befund soll operiert werden, kann per Laparoskopie angegangen<br />
● Befund soll direkt per Laparotomie saniert werden.<br />
Als grober Leitsatz hat sich folgende Vorgehensweise in der Praxis bewährt. Es soll<br />
in erster Linie geprüft werden, ob:<br />
● die simple Adnexzyste kontrolliert (oder punktiert) werden kann<br />
● der benigne erscheinende Befund laparoskopisch angegangen werden kann/muss<br />
● der malignomverdächitge Tumor per laparotomiam angegangen werden muss.<br />
Geübte UntersucherInnen sollten Ihre Untersuchung auf die Abgabe einer dieser<br />
Empfehlungen hin gestalten. Es soll noch einmal darauf hingewiesen werden, dass<br />
die Versuchung, die histologische Typus-Diagnose sonographisch vorwegzunehmen,<br />
reizvoll sein kann, jedoch nur von untergeordneter klinischer Bedeutung ist,<br />
den Untersucher und die Methode in Verruf bringen kann.<br />
Zur Dignitätseinschätzung wurden verschiedene Scores entwickelt. Prinzipiell stützen<br />
diese sich auf die B-Bild-Morphologie, oder die Farb-Doppler-<strong>Sonographie</strong>, oder<br />
klinische Angaben (inkl. CA 125), oder auf definierte Kombinationen aus den drei<br />
genannten Bereichen. Zu beachten ist dabei, dass auch nur schon die Erhebung der<br />
Befunde erheblich von der Erfahrung des Untersuchers abhängt.<br />
Die Sektion Gynäkologie und <strong>Geburtshilfe</strong> der SGUM empfiehlt beim Arbeiten mit<br />
einem Score den Mainzer-Score zu verwenden (Tab.4) 43, 45 . Er wurde an der grössten,<br />
bisher publizierten Fallzahl erarbeitet und erreicht beachtenswerte prädiktive<br />
Werte. Die Farb-Doppler-Untersuchung kann offensichtlich die Trefferquote der<br />
B-Bild-Diagnostik etwas verbessern, diese aber nicht ersetzen 58 .<br />
Die guten Ergebnisse der <strong>Sonographie</strong> zur Dignitätseinschätzung treffen leider nicht<br />
<strong>für</strong> das Screening des Ovarialkarzinoms zu. Hier gibt es aktuell keine zuverlässige<br />
Methode, die das frühe Ovarialkarzinom alleine, oder in Verbindung mit anderen Methoden<br />
mit einer einigermassen akzeptablen positiven Prädiktion (angestrebt wären<br />
nur 10% !) voraussagen könnte. Das Problem aller anwendbaren Screening-Methoden<br />
liegt in der verhältnismässig niedrigen Prävalenz der Ovarialmalignome (ca. 4/1000).<br />
37
Mainzer-Score: Sonomorpholog. Beurteilung von Adnextumoren mittels TVS (nach Merz)<br />
Kriterien 0 Pkt 1 2<br />
1. Gesamtstruktur des Tumors – einfach komplex<br />
2. Begrenzung des Tumors glatt leicht irregulär deutlich irregulär<br />
3. Wanddicke < 3 mm ≥ 3 mm, ≤ 5 mm > 5 mm od. n. beur.<br />
4. Binnenechos im zystischen Anteil keine homogen inhomogen<br />
5. Septen keine ≤ 3 mm > 3 mm<br />
6. Form des komplexen oder rein keine soliden glatt höckerig<br />
soliden Anteils Anteil<br />
7. Echogenität des komplexen oder kein solider homogen inhomogen<br />
rein soliden Anteils Anteil<br />
8. Schallschatten Echoverstärkung teilweise vollständig<br />
9. Aszites keiner wenig mässig<br />
10. Lebermetastasen/Peritonealkazinose nicht nachweisbar nicht schlüssig<br />
beurteilbar<br />
darstellbar<br />
prämenopausal<br />
bis 8 Pkt: benigne, ≥ 9 Pkt: maligne, Sens 96%, Spez 81%, ppV 47%, npV 99,6% (Merz et al. 1998)<br />
postmenopausal<br />
bis 9Pkt: benigne, ≥ 10 Pkt: maligne, Sens 97%, Spez 91%, ppV 91%, npV 97% (Weber et al. 1999)<br />
Tab.4 Mainzer Score zur sonomorphologischen Beurteilung von Adnextumoren, max. 20 Pkt<br />
2.3.5 Extrauteringravidität (EUG)<br />
Die Sonomorphologie der Extrauteringravidität, meist eine Tubargravidität (96%),<br />
seltener eine intramurale, zervikale, ovariale oder peritoneale, ist geprägt von einer<br />
Vielfalt von Befunden, die zudem nur inkonstant auftreten. Prinzipiell muss immer<br />
bei positivem Schwangerschaftstest (Urin-hCG) ohne Nachweis der Schwangerschaft<br />
in der Gebärmutterhöhle eine EUG angenommen werden.<br />
Eine intakte, zeitgerecht entwickelte intrauterine Frucht 59 zeichnet sich aus durch...<br />
● Fruchtblase ab 1,6 mm nachweisbar, spätestens bei 4+4 Wochen Amenorrhoe<br />
● Dottersack nachweisbar, spätestens bei 5+0 Wochen Amenorrhoe<br />
● Herzaktion nachweisbar, spätestens bei 5+5 Wochen Amenorrhoe.<br />
Das einzige direkte Zeichen einer vitalen EUG ist der direkte sonographische Nachweis<br />
des embryonalen Herzschlags ausserhalb des Cavum uteri. Er ist eine ausgesprochene<br />
Seltenheit.<br />
Viel häufiger imponiert die EUG durch ihre indirekten Zeichen. Diese sind ...<br />
● hochaufgebautes Endometrium ohne Fruchtblase («leeres» Cavum uteri)<br />
● der Nachweis variabler Mengen von echogener, freier Flüssigkeit (Blut im Bauch)<br />
● ein inhomogener, v.a. zentral echoarmer Tumor, mehr oder weniger stark<br />
berührungsempfindlich, gelegentlich mit echodichteren Anteilen (DD: Adnextumor),<br />
oder aber auch als Zyste imponierend (DD: zystisches Corpus luteum)<br />
(Abb.42).<br />
38
Abb.42<br />
a) Inhomogene, zentral echoleere Eileiter- b) vitale Eileiterschwangerschaft (Pfeil 1) mit<br />
schwangerschaft rechts, Corpus luteum Dottersack (Pfeil 2), umgeben von Hämatom<br />
(links), hCG i.S. 1848 IU/L (Cave: DD IUG), hCG i.S. 1460 IU/L<br />
Heute leistet die <strong>Sonographie</strong> einen wesentlichen Beitrag in der Diagnose einer EUG<br />
und bei der Wahl der Therapie. Die Entscheidung über das Prozedere soll aber nur<br />
im Kontext mit der <strong>Klinik</strong> und dem hCG-Wert im Serum der Patientin gefällt werden.<br />
In der Regel können bei einem hCG-Wert im Serum von über 1’500 IU/L (1.INR)<br />
Zeichen der EUG sonographisch dargestellt werden. Ist dies nicht der Fall, wird die<br />
EUG mit grosser Wahrscheinlichkeit bei einem operativen Eingriff vorgefunden.<br />
Ein hCG-Anstieg im Serum von weniger als 66% in 48 Std. bedeutet in der Regel<br />
eine sich nicht normal entwickelnde Schwangerschaft (meist Abort, EUG). Zu bemerken<br />
ist, dass eine EUG bei jedem hCG-Wert rupturieren kann.<br />
Echogene freie Flüssigkeit im Bauch der Patientin bei V.a. EUG sollte immer als Zeichen<br />
einer intraabdominalen Blutung angesehen werden. Findet sich reichlich<br />
Flüssigkeit im Douglas und in der excavatio vesicouterina ist von einer intraabdominalen<br />
Blutmenge von über 500 ml auszugehen. Prinzipiell besteht dann eine<br />
Notfallsituation, die operativ behoben werden muss.<br />
2.3.6 Extragenitale Tumoren im kleinen Becken<br />
Die Kenntnis von diesen Tumoren ist von differentialdiagnostischer Bedeutung bei<br />
nicht klar den Adnexen zuordbaren Raumforderungen. Die Listen im Folgenden<br />
werden nicht weiter kommentiert, da die benötigten diagnostischen Mittel jeweils<br />
weit über die <strong>Sonographie</strong> hinaus gehen können.<br />
Vorwiegend extragenitale zystische Raumforderungen im kleinen Becken sind:<br />
● Zystennieren<br />
● Peritonealzysten<br />
● dilatierter Ureteren<br />
● flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen<br />
● M. Crohn<br />
● Ileus<br />
● retroperitoneale Tumore<br />
● Mukozelen der Appendix<br />
➞ ➞ 1<br />
2<br />
39
Vorwiegend extragenitale solide Raumforderungen im kleinen Becken sind:<br />
● gefüllte Darmschlingen als Pseudotumor, Fäkolit<br />
● Beckennieren<br />
● transplantierte Nieren<br />
● Blasen-/Darmedometrioseherde<br />
● perityphlitischer Abszesse<br />
● Rektumkarzinome<br />
● Blasenkarzinom<br />
● Metastasen im kleinen Becken<br />
● retroperitoneale Tumore (Neurinom, Schwannom, Lymphom)<br />
● Milzen bei Splenomegalie (hämatologische Erkrankungen, Infekte)<br />
2.3.7 Ausschluss von Anomalien und Stauungen des Harntraktes<br />
Bei einer Dilatation des zentralen Nierenhohlraumsystems von mehr als 15 mm<br />
kann ein gestautes Nierenbecken vorliegen. Einteilung nach Swobodnik 60 :<br />
● Grad I: zentrale Erweiterung des Nierenbeckens über 15 mm Durchmesser<br />
● Grad II: Grad I und Erweiterung der Kelchhälse<br />
● Grad III: Grad II und Rest-Nierenparenchym-Dicke unter 10 mm (Abb. 43b).<br />
Bei den erworbenen Abflussstörung der Frau liegt meist eine supravesikale Harnabflusstörung<br />
vor (Konkrement, Striktur, Tumor). Die Ursachen können aber<br />
durchaus auch zu einer beidseitigen Stauung führen. Die vesikale und subvesikale<br />
Harnabflusstörung werden wesentlich seltener beobachtet.<br />
Abb.43<br />
a) Nicht gestaute Niere rechts b) massiv gestaute Niere rechts (Grad III)<br />
Prinzipiell sollte vor jedem grösseren Eingriff an den inneren Genitalorganen eine<br />
Beurteilung der Nieren und der harnableitenden Wege sonographisch vorgenommen<br />
werden, um präexistierende Pathologien richtig einordnen zu können, z.B. ein<br />
exophytisch wachsendes Blasenkarzinom (Abb.44) oder ein prävesikales Konkrement<br />
(Abb.45).<br />
40
Abb.44 Abb.45<br />
Blasenkarzinom, exophytisch wachsend Hämaturie bei prävesikalem Konkrement<br />
(echodicht, kugelig, dorsale Schallauslöschung)<br />
2.4 Häufigste Differentialdiagnosen ...<br />
2.4.1 Allgemeines<br />
Die im Folgenden angeführten Differentialdiagnosen basieren auf Symptomen oder<br />
Befunden. Sie umfassen auch Diagnosen, die der <strong>Sonographie</strong> nur wenig, oder gar<br />
nicht zugänglich sind. Die Sonomorphologie der in Frage kommenden Diagnosen<br />
werden hier nicht weiter angeführt, sie wurde in den einzelnen Kapiteln detailliert<br />
beschrieben.<br />
2.4.2 ... der genitalen Blutung prämenopausal<br />
● physiologische Regelblutung<br />
● pathologische Prozesse (Traumata, Entzündungen, Tumoren, Atrophie)<br />
ausgehend von: Vagina, Zervix, Endometrium, Uterus, Ovar, Blase, Darm<br />
● Gerinnungsstörungen<br />
● medikamentöse Wirkungen, v.a. auf das Endometrium (hormonaktive<br />
Präparate, Tamoxifen, Antikoagulantien, ...)<br />
● schwangerschaftsbedingt.<br />
Die TVS vermag vor allem im Bereiche der pathologischen Veränderungen der Zervix,<br />
des Endometriums, des Myometriums, der Harnblase und bei schwangerschaftsinduzierten<br />
Blutungen weiter zu helfen.<br />
2.4.3 ... der genitalen Blutung postmenopausal<br />
Mit Ausnahme der induzierten regelrechten Abbruchblutung bei Hormonsubstitution<br />
sind die postmenopausalen Blutungen immer pathologisch. Sie können hervorgerufen<br />
werden durch:<br />
● pathologische Prozesse (Traumata, Entzündungen, Tumoren, Atrophie)<br />
ausgehend von Vagina, Zervix, Endometrium, Uterus, Ovar, Blase, Darm<br />
● Gerinnungsstörungen<br />
41
● medikamentöse Wirkungen, v.a. auf das Endometrium (hormonaktive<br />
Präparate, Tamoxifen, Antikoagulantien, ...)<br />
Bei der sonographischen Abklärung mittels Ultraschall sollte inbesondere an Malignome<br />
des Endometriums und der Zervix gedacht werden. Ovarialprozesse führen<br />
postmenopausal nur sehr selten zu einer genitalen Blutung. In einem solchen Fall<br />
ist vor allem nach hormonaktiven, soliden Adnextumoren zu fahnden.<br />
2.4.4 ... bei akuten Unterbauchschmerzen<br />
● Adnexitis<br />
● Parametritis<br />
● Tuboovarialabszess<br />
● Douglasabszess<br />
● stielgedrehte Ovarialtumore<br />
● eingeblutete Ovarialzysten<br />
● Endometriose<br />
● rupturierte Ovarialzysten<br />
● Myome in statu nascendi<br />
● Hämatometra<br />
● IUD-Expulsion<br />
● EUG<br />
● Abortus incipiens<br />
● Appendizitis<br />
● Divertikulitis<br />
● Gastroenteritis<br />
● Urolithiasis<br />
● Zystitis<br />
● M. Crohn<br />
● Ileus<br />
● akute Porphyrie<br />
● Beckenvenenthrombose<br />
2.4.5 ... der uterinen Raumforderung<br />
● Myome (submukös, intramural, subserös)<br />
● Polypen<br />
● Fremdkörper (IUD, Schwangerschaftsreste, ...)<br />
● Uterussarkome<br />
● Zervixkarzinome<br />
2.4.6 ... des hochaufgebauten Endometriums<br />
● Polypen der Korpusschleimhaut<br />
● submuköse Myome<br />
● Hoch aufgebautes Endometrium unter Hormonsubstitution<br />
42
● Hyperplasien des Endometriums<br />
● Korpuskarzinom<br />
● Tamoxifen-induzierte Veränderungen<br />
● intrauterines Hämatom (Hämatometra)<br />
● durch die Zervix begründete Veränderungen<br />
2.4.7 ... des einfach zystischen Adnexbefundes ohne Binnenecho<br />
● Follikelzysten<br />
● Corpus-Luteum-Zysten<br />
● Retensionszysten<br />
● Hydrosalpingen<br />
● Peritonealzysten<br />
● Parovarialzysten<br />
● Seröse Zystadenome<br />
● Überlaufblase<br />
● (Malignome)<br />
2.4.8 ... des zystischen Adnexbefundes mit Binnenechos<br />
● Corpus-Luteum-Zysten<br />
● Endometriosezysten<br />
● Tuboovarialabszesse<br />
● Stielgedrehtes Ovar mit Einblutungen<br />
● Dermoide<br />
● Pyosalpingen<br />
● Seröses Zystadenom<br />
● Muzinöses Zystadenome<br />
● Ovarialkarzinome<br />
● degenerativ verändertes Myome<br />
● EUG<br />
● gefüllte Darmschlingen<br />
● Ileus<br />
● Postoperative Hämatome<br />
2.4.9 ... des soliden Adnexbefundes<br />
● Ovarialkarzinome (v.a. seröse)<br />
● Keimzell-Tumoren (v.a. reifes zystisches Teratom = Dermoid)<br />
● Keimstrangstroma-Tumoren (V.a. Granulosazelltumore, Thekome, Androblastome)<br />
● seltenere Ovarialtumore<br />
● gestielte subseröse Myome<br />
● intraligamentäre Myome<br />
● Endometriosezysten<br />
● gefüllte Darmschlingen<br />
● Beckennieren<br />
43
● Ovarialmetastasen (v.a. bei Mammakarzinom)<br />
● hyperplastische Lymphknoten<br />
● Tubenkarzinome<br />
● Darmtumore<br />
● Blasenkarzinome<br />
● Retroperitoneale Tumore<br />
● Tumorrezidive<br />
2.5 Indikationen, Empfehlungen und Konsequenzen<br />
2.5.1 Indikationen zur sonographischen Beurteilung des kleinen Beckens<br />
● Abklärung von Resistenzen im kleinen Becken<br />
● Abklärung von Unterbauchschmerzen<br />
● Abklärung bei genitalen Blutungen<br />
● Abklärung bei genitalen Entzündungen<br />
● Abklärung von Genitalanomalien<br />
● Verlaufskontrollen von Befunden im kleinen Becken, mit oder ohne spezifische<br />
Therapie<br />
● Lagekontrolle von IUD<br />
● Überwachung des Follikelwachstums und des Endometriums bei Sterilitätsdiagnostik<br />
und Behandlung<br />
● Bestimmung der Restharnmenge<br />
● Abklärung von Aszites, Lebermetastasen, Harnwegsobstruktion<br />
● postoperative Diagnostik (Hämatome, Abszesse, Heilungsprozesse)<br />
2.5.2 Empfehlungen und Konsequenzen<br />
Empfehlungen und Konsequenzen sollen nur mit entsprechender Vorsicht aus den<br />
sonographischen Befunden abgeleitet werden. Prinzipiell sollen diese nur im Zusammenhang<br />
mit den klinischen Befunden, anamnestischen Daten, der Zyklussituation,<br />
resp. dem Menopausestatus, Laborbefunden oder weiteren bildgebenden<br />
Verfahren ausgesprochen werden, z.B. je nach Dignitätseinschätzung eines Adnexbefundes<br />
oder je nach Mass der Gefährdung der Patientin, z.B. durch eine vermutete<br />
EUG. Es stehen die sonographische Verlaufskontrolle, nebst anderen Beobachtungsparametern,<br />
die sonographisch geführte Intervention, die operative<br />
Intervention endoskopisch oder durch einen offenen Zugang zur Auswahl.<br />
Empfehlungen zum Verhalten bei «Endometriumsbefunden», «simplen Ovarialzysten»,<br />
Verdacht auf «benigne oder maligne Adnexprozesse» und der «Verdacht auf<br />
EUG» werden in den entsprechenden Kapiteln abgegeben.<br />
44
2.6 Literatur<br />
1 Merz E: Transvaginale oder transabdominale Ultraschalldiagnostik ? Ein Vergleich<br />
zweier Methoden in Gynäkologie und <strong>Geburtshilfe</strong>. Ultraschall Klin<br />
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46
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47
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Thieme Stuttgart 1995.<br />
48
3. Urogynäkologische <strong>Sonographie</strong><br />
G. Schär<br />
3.1 Ziele der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong><br />
● Dynamische Darstellung der urethrovesikalen Anatomie<br />
● Informationen über pathophysiologische Zustände im kleinen Becken<br />
● Dokumentation<br />
3.2 Möglicher Nutzen<br />
Die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> ergänzt die klinische Untersuchung durch<br />
feinstrukturelle Informationen über Urethra, Blase und Sphinkter ani. Die dynamisch-anatomische<br />
Beurteilung der Bilder verbessert das Verständnis der pathophysiologischen<br />
Vorgänge und der zugrundeliegenden Störung im Bereiche des<br />
Beckenbodens. Einen weiteren Nutzen findet die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong><br />
in der bildlichen Dokumentation der Befunde <strong>für</strong> die Krankengeschichte. Wie dies<br />
in der gesamten urogynäkologischen Diagnostik der Fall ist, kann der sonographische<br />
Einzelbefund <strong>für</strong> sich keine therapeutischen Schlussfolgerungen nach sich ziehen.<br />
Auch die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> muss in die Gesamtheit der Befunde<br />
der urogynäkologischen Diagnostik eingebunden sein.<br />
3.3 Qualität der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong><br />
Die Qualität der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong> hängt von folgenden Faktoren ab:<br />
● vom Untersucher<br />
● von der Anatomie<br />
● von der Blasenfüllung<br />
● von der Kooperation der Patientin<br />
● vom Ultraschallgerät<br />
1.Erfahrung des Untersuchers<br />
Die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> bedarf einer gewissen Einarbeitungszeit, um<br />
die Handhabung der Ultraschallsonde während der dynamischen Funktionsdiagnostik<br />
zu erlernen. Die Interpretation der Befunde gewinnt durch Erfahrung in<br />
urogynäkologischer Diagnostik an Qualität.<br />
Durch zu hohe Anpressdrucke der Ultraschallsonde auf dem Perineum kann der<br />
Untersucher Artefakte an der Lage der Urethra und des Blasenbodens bewirken 1 .<br />
2.Anatomie<br />
Urethra, Blase, Symphyse und die perianalen muskulären Strukturen können<br />
praktisch immer dargestellt werden. In gewissen Fällen sind die Strukturen bei<br />
grossen Zystozelen erschwert aufzufinden 2.<br />
49
3.Blasenfüllung<br />
Die Blasenfüllung beeinflusst vor allem die Bildqualität. Bei zu geringer Blasenfüllung<br />
ist die Beurteilung des Blasenbodens nicht zuverlässig genug, wohingegen<br />
die Beurteilung der Urethra praktisch nicht beeinflusst wird. Bei zu grosser<br />
Blasenfüllung ist ev. nicht mehr die gesamte Blase sichtbar 1 .<br />
4.Kooperation der Patientin<br />
Da die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> vor allem eine funktionelle <strong>Sonographie</strong><br />
ist, ist die Kooperation der Patientin beim Husten, Pressen und bei der Beckenbodenkontraktion<br />
notwendig.<br />
5.Ultraschallgerät<br />
Im Fachgebiet Gynäkologie und <strong>Geburtshilfe</strong> verwendete Ultraschallgeräte können<br />
auch <strong>für</strong> die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> verwendet werden. Die Schallfrequenzen<br />
liegen <strong>für</strong> die Introitussonographie bei 5 – 7,5 mHz, <strong>für</strong> die Perinealsonographie<br />
bei 3,5 – 5 mHz. Bei der Perinealsonographie sind die gebogenen<br />
Linearsonden von Vorteil, da sie besseren Kontakt zum Introitus ermöglichen als<br />
gerade Sonden. Für die Bilddokumentation sollte die Software eine freie Bildrotation<br />
ermöglichen, damit die unten aufgeführte Bildorientierung eingestellt werden<br />
kann. Zur Auswertung des retrovesikalen Winkels ß ist die Winkelmessung<br />
erforderlich. Für schnelle Bewegungen wie z.B. Husten oder Pressen ist es von<br />
Vorteil, die Autokorrelation auszuschalten, um schlierenartige Phänomene zu<br />
vermeiden. Zur Untersuchung der urethrovesikalen Anatomie beim Husten ist<br />
die Verwendung des Cinéloop von Vorteil.<br />
3.4 Ablauf der Untersuchung<br />
Die Durchführung der urogynäkologischen <strong>Sonographie</strong> richtet sich nach den Empfehlungen<br />
der Deutschen Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Urogynäkologie AUG 2 (Tab. 5).<br />
50<br />
Tab. 5. Empfehlungen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Urogynäkologie<br />
zur standardisierten sonographischen Untersuchung<br />
● Messmethode: Die Symphyse bildet den Referenzpunkt. Der Meatus<br />
internus wird entweder in einem Koordinatensystem mit<br />
x und y oder mit Distanz und einem Winkel gemessen<br />
● Blasenfüllung: 300 ml<br />
● Untersuchungsposition: Liegend, evt. stehend<br />
● Artefakte: Auflagedruck der Sonde gering halten<br />
● Dynamische Tests: Valsalva, Husten, Kontraktion.<br />
Die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> sollte in die gesamte urogynäkologische Diagnostik<br />
eingebunden sein. Entweder findet sie im Rahmen einer Basisdiagnostik<br />
mit anamnestischer und klinischer Untersuchung statt, oder sie wird bei der urody-
namischen Untersuchung vorgenommen. Vor der Untersuchung wird der Patientin<br />
das Prinzip der Untersuchung erklärt. Die urogynäkologische <strong>Sonographie</strong> wird am<br />
besten an der auf dem gynäkologischen Untersuchungsstuhl liegenden Patientin<br />
durchgeführt. Nach Applikation von Ultraschallgel wird der Ultraschallscanner in<br />
sagitaler Richtung auf den Introitus aufgesetzt, sodass ein sagittales Schnittbild<br />
durch das kleine Becken in der Mittellinie entsteht. Der knorpelige Anteil der Symphyse<br />
(Discus interpubicus) stellt ein Ultraschallfenster dar, das die Abbildung retrosymphysärer<br />
Strukturen ermöglicht und die Referenzebene <strong>für</strong> die Mittellinie bildet<br />
(Abb.46).<br />
Zuerst wird ein Überblick gewonnen, um dann das Ruhebild sowie Funktionsbilder<br />
beim Pressen, Husten und bei der Beckenbodenkontraktion aufzunehmen. Im Anschluss<br />
an die Beurteilung des ventralen Kompartimentes wird die Ultraschallsonde<br />
nach dorsal gekippt und um 90° gedreht und es kann der Bereich des Rektums<br />
mit dem Sphinkter ani beurteilt werden. Die Ultraschallbilder werden von der Patientin<br />
meist gut verstanden. Im Sinne einer Biofeedback-Instruktion wird die Funktion<br />
des Beckenbodens gezeigt, womit die Beckenbodenkontraktion besser verstanden<br />
und die Übungen zuverlässiger durchgeführt werden.<br />
Abb. 46<br />
Sagittale Bildebene im kleinen Becken: Links paramediane Schnittebene – kraniale Schattenbildung,<br />
bedingt durch die ossäre Symphyse. Rechts: Perinealsonographiebild durch das<br />
knorpelige Fenster. Die Strukturen kranial der Symphyse werden dargestellt<br />
3.5 Dokumentation<br />
Folgende Strukturen und Organe können sonographisch dargestellt werden: Blase,<br />
Urethra, Symphyse, Vagina, Rektum und Uterus. Dabei bestehen aber methodenbedingte<br />
Unterschiede. Mit der Introitussonographie kann die Symphyse im Gegensatz<br />
zur Perinealsonographie meist nicht ganz überblickt werden. Eine Markierung<br />
der Urethra mittels eines transurethralen Katheters ist nicht notwendig.<br />
Entsprechend den Empfehlungen der AUG wird das Bild folgendermassen ausgerichtet:<br />
Kraniale Strukturen werden im Bild oben, kaudale Strukturen im Bild unten<br />
dargestellt. Ventral wird rechts und dorsal wird links abgebildet (Abb.47).<br />
51
Abb. 47<br />
Bildausrichtung der urogynäkologischen<br />
<strong>Sonographie</strong> gemäss Empfehlungen der<br />
AUG<br />
3.6 Auswertung<br />
Die Auswertung der urogynäkologischen Ultraschallbilder richtet sich nach quantitativen<br />
und qualitativen Parametern. Diese sind wichtig <strong>für</strong> die prä- und posttherapeutischen<br />
Vergleiche und somit auch Faktoren der Qualitätskontrolle und von wissenschaftlichen<br />
Fragestellungen. Für die rein klinische Beurteilung der Bilder sind<br />
lediglich die qualitativen Parameter von Bedeutung. Dabei geht es um Beurteilung<br />
der Bewegungen des Blasenbodens und der Urethra während Pressen, Husten und<br />
Beckenbodenkontraktion sowie um die Beurteilung der Trichterbildung und der<br />
Knickung der Urethra während intraabdominaler Druckerhöhung. Schon Green hat<br />
1975 typische qualitative Veränderungen der urethrovesikalen Einheit im Lateralen<br />
Urethrozystogramm beschrieben 3. Sie haben bis heute Bestand. Bei intraabdominaler<br />
Druckerhöhung kann gemäss Green die urethrovesikale Einheit rotatorisch,<br />
vertikal oder in Form einer Zystozele deszendieren (Abb.48). Trichterbildungen der<br />
proximalen Urethra treten vor allem beim rotatorischen und vertikalen Deszensus<br />
auf, während die Urethraknickung vor allem bei der Zystozele aber auch beim<br />
rotatorischen Deszensus gefunden werden können. Da dies rein deskriptive Beurteilungen<br />
der Bilder sind, fehlen klare Grenzwerte, ab welchen man z.B. von einem<br />
rotatorischen Deszensus oder von einer Zystozele sprechen kann. Bedeutung erhält<br />
der sonographische Befund deshalb erst zusammen mit der klinischen Symptomatik.<br />
Abb. 48 Typische Blasendeszensusformen nach Green<br />
52<br />
Normalbefund rotatorisch vertikal Zystozele
Zur quantitativen Auswertung der Ultraschallbilder werden der retrovesikale Winkel<br />
ß und die Lage des Meatus urethrae internus bestimmt 2, 4 (Abb.49). Der Meatus<br />
urethrae internus wird in einem Koordinatensystem lokalisiert. Das Koordinatensystem<br />
basiert auf einer durch die Symphyse gezogenen zentralen<br />
Symphysenlinie (X-Achse) und einer Fallgeraden (Y-Achse) zur X-Achse bei der<br />
unteren Symphysenkante. Dx ist der Horizontalabstand des kranioventralen Urethraabganges<br />
aus der Blase, Dy der vertikale Abstand des kranioventralen Urethraabganges<br />
aus der Blase zur Y-Achse. Der retrovesikale Winkel ß wird so gemessen,<br />
indem der eine Winkelschenkel entlang dem Blasenboden und der andere<br />
entlang der dorsalen Urethraabgrenzung gezogen wird.<br />
Abb. 49<br />
Messsystem zur Bestimmung der Lage<br />
des Meatus urethrae internus und des<br />
retrovesikalen Winkels ß<br />
Die Befunde der urogynäkologischen<br />
<strong>Sonographie</strong> können auf<br />
einem speziellen Befundformular<br />
festgehalten werden (siehe Anhang).<br />
3.7 Beispiele mit Interpretation<br />
Die Bilder der Abb.50 stammen von einer kontinenten Frau mit normaler Beweglichkeit<br />
der Urethra und des Meatus internus. Die physiologische Mobilität der Urethra<br />
wird durch die leichte dorsokaudale Bewegung beim Pressen, aber auch durch<br />
die kranioventrale Elevation bei der Beckenbodenkontraktion verdeutlicht. Trotz<br />
kräftigem Pressen beträgt die Dorsalbewegung der Urethra nur wenige Millimeter.<br />
Dies spricht <strong>für</strong> intakte Suspensionsstrukturen, womit eine übermässige Dorsokaudalbewegung<br />
verhindert wird. Dieses Normalbild verdeutlicht 3 Dinge:<br />
● Die urethrovesikale Einheit ist stabil im kleinen Becken verankert, da die endopelvine<br />
Faszie und der Aufhängeapparat von Ligg. sacrouterina und cardinalia<br />
intakt ist.<br />
● Eine gewisse Mobilität der Urethra ist physiologisch und dient dem einwandfreien<br />
Ablauf der Miktion. Die urethrale Beweglichkeit kommt vor allem beim Pressen<br />
zur Geltung, da mit Pressen eine Beckenbodenrelaxation verbunden ist.<br />
● Der Levator ani stabilisiert Blase und Urethra zusätzlich durch die intakte Muskelkontraktion<br />
und wirkt der Dorsokaudalbewegung der Urethra aktiv entgegen.<br />
53
Abb. 50 Perinealsonographie bei einer gesunden, d.h. nicht inkontinenten Frau<br />
a) b) c)<br />
Normale Anatomie in Ruhe (a), geringe, physiologische Urethrabeweglichkeit beim Pressen (b),<br />
Urethrale Kranioventralbewegung bei der Beckenbodenkontraktion (c)<br />
BB = Blasenboden R = Rektum U = Urethra V = Vagina<br />
B = Blase S = Symphyse UT = Uterus<br />
Abb. 51 stammt von einer Patientin mit Stressharninkontinenz und paravaginalem<br />
Defekt. Urethra und Blase liegen im Ruhebild in einer annähernd normalen Position,<br />
zeigen aber während Pressen eine verstärkte Dorsokaudalbewegung (hypermobile<br />
Urethra). Der Meatus internus der Urethra befindet sich auf Höhe der Symphysenunterkante<br />
und der Blasenboden bildet eine kleine Zystozele. Bei der<br />
Beckenbodenkontraktion werden Urethra, Blasenboden und Scheide kräftig nach<br />
kranioventral angehoben.<br />
Das Pressbild mit der hypermobilen Urethra und dem Blasenbodendeszensus verdeutlicht<br />
die Situation eines paravaginalen Defektes, bei welchem die endopelvine<br />
Faszie nicht mehr an der Beckenwand verankert ist, womit der passive Aufhängemechanismus<br />
derart gestört ist, dass Urethra und Blasenboden eine erhöhte Beweglichkeit<br />
aufweisen.<br />
In einer solchen Situation vermag meist auch die Beckenbodenkontraktion nicht<br />
mehr eine Stabilisierung der urethrovesikalen Einheit zu gewährleisten, womit Blase<br />
und Urethra auch beim Husten nach kaudal und dorsal abweichen. Durch die<br />
fehlende passive (endopelvine Faszie, Bandapparat) und aktive (Levator ani) Gegenkraft<br />
bei abdominaler Druckerhöhung kann es zu einer Störung der Drucktransmission<br />
kommen, womit der intravesikale Druck den Urethradruck übersteigt<br />
und Harn abgeht.<br />
54
Abb. 51 Perinealsonographie bei einer stressinkontinenten Frau mit paravaginalem Defekt<br />
a) b) c)<br />
In Ruhe (a) normale sonographische Anatomie. Beim Pressen (b) hypermobile Urethra und<br />
Blasenboden trotz intakter kranioventraler Elevation der Urethra bei der Beckenbodenkontraktion<br />
(c)<br />
Die Bilder der Abb.52 stammen von einer Frau mit vertikalem Deszensus. Während<br />
das Ruhebild, mit Ausnahme eines weit offenen retrovesikalen Winkels, keine<br />
Pathologie aufweist, zeigt sich beim Pressen eine trichterartige Erweiterung des<br />
Blasenhalses mit Tiefertreten desselben (wird auch als Vesikalisation der Urethra<br />
bezeichnet). In typischer Weise öffnet sich auch der Winkel ß noch weiter gegenüber<br />
dem Ruhebild. Der vertikale Deszensus mit Vesikalisation der Urethra hat wahrscheinlich<br />
zwei anatomische Grundlagen; einerseits ist der Support von Blasenboden<br />
und proximaler Urethra durch die endopelvine Faszie ungenügend, was<br />
zu einem Deszensus mit Eröffnung des Winkels ß führen muss, andererseits kann<br />
die urethrale Muskulatur die trichterförmige Eröffnung des Blasenhalses nicht verhindern.<br />
Abb. 52 Patientin mit vertikalem Deszensus der urethrovesikalen Einheit<br />
a) b)<br />
In Ruhe (a) weit offener retrovesikaler Winkel ß bei sonst normaler Anatomie. Beim Pressen<br />
(b) trichterartige Erweiterung des Blasenhalses (Pfeil) bei stabilem Blasenboden<br />
55
Abb.53 verdeutlicht die Situation bei einer Frau mit einer reinen Zystozele. Im<br />
Ruhebild und im Liegen liegt die Blase in normaler Höhe, während die Urethra in<br />
beinahe vertikaler Position steht. Beim Pressen deszendiert die Blase weit nach<br />
kaudal und bildet eine grosse Zystozele, während die Urethra in der vertikalen Stellung<br />
bleibt. Bei solchen Zystozelenformen liegt meistens ein zentraler Defekt der<br />
endopelvinen Faszie vor, während die Urethra selbst entweder genügend fixiert,<br />
oder durch die Zystozele in ihrer Position gehalten wird. Der Wert der <strong>Sonographie</strong><br />
liegt hier gegenüber der klinischen Untersuchung darin, dass Informationen über<br />
die Lage der Urethra gewonnen werden können, was bei einer grossen Zystozele in<br />
gewissen Situationen schwierig sein kann.<br />
Abb.53 Perinealsonographie bei einer Frau mit grosser Zystozele bei zentralem Defekt<br />
a) b)<br />
In Ruhe (a) vertikale Urethra und weit offenem Winkel ß. Beim Pressen (b) deszendiert der<br />
Blasenboden stark nach kaudal. Die Urethra bleibt vertikal stehen<br />
Abb.54 zeigt das Bild einer exoanalen <strong>Sonographie</strong>. Die Sonde ist nach dorsal gekippt<br />
und um 90° gedreht, sodass die analen Strukturen zur Darstellung kommen.<br />
Innen ist die Mukosa sichtbar, die hypoechogene Struktur entspricht dem M. sphincter<br />
ani internus, die zirkuläre echostärkere Struktur entspricht dem M. sphincter<br />
ani externus und die U- förmige echostarke Struktur dem Anteil des M. levator ani,<br />
welchen wir als M. pubovisceralis bezeichnen. Mittels der exoanalen <strong>Sonographie</strong><br />
kann die Intaktheit der analen Strukturen beurteilt werden. Defekte des analen<br />
Sphinkterapparates sind meistens deutlich erfassbar.<br />
56<br />
Abb. 54<br />
Exoanale <strong>Sonographie</strong> zur Darstellung<br />
der perianalen Strukturen<br />
La = M. levator ani<br />
M = Mukosa<br />
Se = M. Sphincter ani externus<br />
Si = M. Sphincter ani internus
3.8 Literatur<br />
1 Schaer GN, Koechli OR, Haller U. Perineal ultrasound - determination of reliable<br />
examination procedures. Ultrasound Obst Gynecol 1996;7:347-52.<br />
2 Schaer GN, Koelbl H, Voigt R, Merz E, Anthuber C, Niemeyer R, et al. Recommendations<br />
of the German Association of Urogynecology on functional<br />
sonography of the lower female urinary tract. Int Urogynecol J Pelvic Floor<br />
Dysfunct 1996;7:105-8.<br />
3 Green TH. Urinary stress incontinence:differential diagnosis, pathophysiology<br />
and management. Am J Obstet Gynec 1975;122:368-400.<br />
4 Schaer GN, Koechli OR, Schuessler B, Haller U. Perineal ultrasound for evaluating<br />
the bladder neck in urinary stress incontinence. Obstet Gynecol<br />
1995;85:220-4<br />
57
4. Mammasonographie<br />
58<br />
G. Berclaz<br />
4.1 Allgemeines<br />
Wir empfehlen als eines der aktuellsten Standardwerk der Mammasonographie den<br />
Lehratlas von Friedrich 1.<br />
4.2 Indikationen <strong>für</strong> die Mammasonographie<br />
In der Mammadiagnostik stellt die <strong>Sonographie</strong> eine ergänzende Methode zur<br />
Mammographie dar (Ausnahme Patientinnen unter 30 Jahren). Durch ihre unterschiedliche<br />
Sensitivität und Spezifität bei verschiedenen Pathologien vermögen sich<br />
diese zwei Verfahren positiv zu ergänzen. Die Diagnose kann nach Befundabklärung<br />
mit einer Ultraschall-gesteuerten Feinnadelpunktion (FNP) bzw. Stanzbiopsie<br />
gestellt werden. Anerkannte Indikationen <strong>für</strong> die Mammasonographie sind:<br />
● Unklarer Palpationsbefund<br />
● Mammographiebefund<br />
● schwer beurteilbare Mammographie (dichte Drüsenkörper)<br />
● Karzinom (Multizentrizität)<br />
● Brustwand, Haut, Axilla bei Mammakarzinom<br />
● Karzinom Nachkontrolle<br />
● Mastitis und Abszesse<br />
● Mamillensekretion<br />
● Screening von Risikopatientinnen, Frauen unter 30 Jahren, Schwangerschaft<br />
und Stillzeit.<br />
Weiter können Zysten und Abszesse durch eine sonographisch gesteuerte Punktion<br />
behandelt werden.<br />
4.3 Untersuchungstechnik und Dokumentation<br />
Die Patientin sollte in Rückenlage oder Schräglage auf einem Kissen gelagert werden,<br />
die Arme hochgeschlagen, Gel auf der Haut verteilt werden. Der 5- bis 7,5(10)-MHz-<br />
Linearschallkopf soll senkrecht zur Haut gehalten werden und der Fokusbereich<br />
optimal und einer geeigneten Bildgrösse gewählt werden. Wir empfehlen die radiäre<br />
Schallkopfführung (von der Peripherie bis zur Mamille). Es soll mit einer ständigen<br />
leichten Kompression des Gewebes gearbeitet werden. Die Befunde sollen<br />
schriftlich festgehalten werden, z.B. auf dem SGUMGG- Dokumentationsblatt (siehe<br />
Anhang). Es soll sich unbedingt eine Korrelation der Ultraschallbefunde mit klinischen<br />
und mammographischen Befunden anschliessen.
4.4 Normale Anatomie der Brustdrüse und Axilla<br />
Differenziert zu betrachtende Strukturen: Kutis, subkutanes Fettgewebe, Cooper’sche<br />
Ligamente, echoreiche Drüsenkörper und echoarme Fettanteile, Mamille, Milchgänge,<br />
retromammäres Fettgewebe, Pektoralismuskel mit Faszie, Rippen mit Interkostalmuskulatur,<br />
Pleura, Lungen, axilläre Gefässe, Lymphknoten. Zu beachten<br />
sind dabei die sich unterschiedlich präsentierenden Drüsenparenchyme: individuelle<br />
Variationen bei jeder Patientin, je nach Lokalisation in der Brust, je nach Alter<br />
oder hormonalem Status (Zyklus, Gravidität, Menopause, Hormonsubstitution).<br />
4.5 Pathologie<br />
Prinzipiell werden alle Befunde in mehreren Ebenen untersucht und dokumentiert.<br />
Dabei sollen die folgenden Kriterien untersucht werden:<br />
● Form ● Verformbarkeit<br />
● Kontur ● Verschieblichkeit<br />
● Randecho ● Austrittsecho («Schallschatten»)<br />
● Echomuster ● Laterale Randschatten<br />
● Echogehalt ● Strukturstörungen<br />
In der Regel sind gutartige Läsionen dadurch gekennzeichnet, dass sie eine runde<br />
oder querovale Form aufweisen, eine glatte Kontur, ein scharfes Randecho, ein homogenes<br />
Echomuster, ein verstärktes Austrittsecho, laterale Randschatten und eine<br />
fehlende Strukturstörung.<br />
Zyste: queroval oder rund, glatter Kontur, schmaler Randsaum, echoleerer Inhalt,<br />
gute Komprimierbarkeit, dorsale homogene Schallverstärkung, Umgebungsarchitektur<br />
unverändert (Abb.55).<br />
Cave: Detritushaltige Zysten oft mit echoreichem Gehalt, Karzinome auch mit zystischem<br />
Inhalt !<br />
Abb.55 Abb.56<br />
Zyste (echoleer) Fibroadenom (feines Binnenecho)<br />
Fibroadenom: queroval oder rund, schmale und regelmässige Kontur, echoarmer homogener<br />
Inhalt, häufig gut komprimierbar und verschieblich, homogene leichte Schallverstärkung<br />
in ca. 25%, laterale Randschatten, Umgebung unbeeinflusst (Abb.56).<br />
Cave: Es gibt auch Karzinome mit echoarmem homogenem Inhalt !<br />
59
In der Regel sind Karzinome gekennzeichnet durch eine unregelmässige und hochovale<br />
Form, unscharfe Kontur, echoreiche Randechos (hyperechogene Krone), inhomogenes<br />
echoarmes Echomuster, fehlende Komprimierbarkeit, schlechte Verschieblichkeit,<br />
abgeschwächtes Austrittsecho, fehlende laterale Randschatten und<br />
Strukturstörung (Abb.57).<br />
Cave: Runde, glatte, homogene Karzinome; medulläre und muzinöse Karzinome<br />
umschrieben wachsend; sklerosierende Adenose schwierig vom Karzinom zu unterscheiden.<br />
Abb.57 Mammakarzinom<br />
a) Beispiel 1 b) Beispiel 2<br />
4.6 Empfehlungen und Konsequenzen<br />
In der Mammadiagnostik ist die <strong>Sonographie</strong> eine ergänzende Methode zur Mammographie<br />
(Ausnahme Patientinnen unter 30 Jahren). Wenn die Beurteilbarkeit der<br />
Mammographie eingeschränkt ist (beispielweise durch einen dichten Drüsenkörper),<br />
können bei unauffälliger <strong>Sonographie</strong> Pathologien weitgehend ausgeschlossen<br />
werden und somit unnötige Biopsien vermieden werden. Verdächtige Mammographiebefunde<br />
müssen aber trotz fehlenden sonographischen Malignitätskriterien<br />
weiter abgeklärt werden. Zysten werden mit einer annähernd 100-prozentigen Sicherheit<br />
diagnostiziert und können auch sofort behandelt werden (Zystenpunktion).<br />
In der Regel müssen alle sonographisch pathologischen Befunde mittels FNP resp.<br />
Stanzbiopsie weiter abgeklärt werden. Ausgenommen davon sind eindeutig diagnostizierbare<br />
Fibroadenome bei jungen Patientinnen. In dieser Situation genügen<br />
regelmässige Kontrollen.<br />
4.7 Literatur<br />
60<br />
1 Michael Friedrich: Lehratlas der Mammasonographie, Edition Gynäkologie<br />
und Geburtsmedizin. Herausgegeben von Jörg Schneider und Hans Weitzel.<br />
WVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 1999.
5. Anhang<br />
5.1 Übersicht<br />
I Dokumentationsblatt gynäkologische <strong>Sonographie</strong><br />
II Dokumentationsblatt urogynäkologische <strong>Sonographie</strong><br />
III Dokumentationsblatt Mammasonographie<br />
61