Video im E-Paper NINA HAGEN GODMOTHER OF UNITY
Die „schönste und schrillste Brandstifterin zwischen Punk und Pop, Ost und West und Outta Space, die Deutschland je hervorgebracht hat“, ist mit einem neuen Album zurück. Mit „Unity“ zündet Nina Hagen, schon deutlich vor dem Jahreswechsel, ein in jeder Hinsicht knallbuntes Feuerwerk ab. Was auf den ersten Blick wie komplettes Chaos wirkt, ist das Ergebnis einer knapp zehnjährigen Reise bis zur Fertigstellung des Albums. Wer sich allerdings mit dem Album und der Künstlerin beschäftigt, merkt schnell: Nina Hagen hat was zu sagen. „Unity“ ist das erste Album seit der 2011er Scheibe „Volksbeat“. Warum hast Du uns so lange zappeln lassen und wie fühlt sich der Trubel nach der Pause an? Das letzte Jahrzehnt waren wir unterwegs mit ganz tollen Konzertprogrammen wie “Brecht Goes Gospel” oder “Brecht Goes Blues”. Nichtsdestotrotz waren wir immer wieder dran an diesen Popsongs. Da sind sogar noch uralte Samples aus den Neunziger Jahren drauf, wo mein Sohn noch ein Kind war. Da hat er etwas gerappt und alle Kinder zum Abendbrot eingeladen. Oder von vor zwei Jahren, als der Polizist George Floyd so brutal vor den Augen der Welt ermordete wurde und sich darauf die “Black Lives Matter” Bewegung gegründet hat. Damals haben wir schon angefangen das Album zusammenzustellen. Irgendwann sind wir dann fertig geworden. Und jetzt ist es, was es ist. “Unity” ist auch ein großer Traum von mir. Als Mitglied der Menschheit, träume ich natürlich auch von Unity, Harmony, Frieden, Liebe. Die Platte ist ein wilder Trip. Musikalisch, klanglich, inhaltlich, und optisch, was das Cover betrifft. Das wirkt nicht gerade wie ein Alterswerk mit den „größten Hits“ als Orchesterversion. Wie kann man sich die Entstehung von “Unity” vorstellen? Es ist, was es ist. Man kann Musik zerreden, muss man aber nicht. Deswegen sollte sich der Zuhörer einfach reinstürzen und gucken, ob es ihm irgendwas sagt. Da gibt es einen Song “Venusfliegenfallen”. Das ist sozusagen ein interna- tionaler Presseclub, so eine Art Frühschoppen mit Fetzen von Nachrichten-Überschriften aus dem Bereich Science Fiction, 1984 oder dem Ministerium für Neusprech. Wenn man diese Überschriften googelt, findet man sie auch. z.B. „Wenn die Ingenieure der NASA zum Mars blicken, sehen sie eine planetengroße Venusfliegensfalle“, Falle… Falle… Falle... Die <strong>12</strong> Songs sind unüberhörbar Nina Hagen, klingen aber frisch, interessant und vor allem sehr abwechslungsreich.… Ja und vor allem die tollen Gäste, die mitgemacht haben. Drei Songs habe ich zum Beispiel mit meinem Freund Dennis Kucinich, immer eine der Friedensstimmen in den USA, aufgenommen. Bei dem Remix von dem Song „Unity“ für George Floyd singen wir zusammen. Bei „16 Tons“ und „Atomwaffensperrvertrag“ habe ich Ausschnitte aus seiner politischen Rede gesamplet. Bob Geldorf macht mit. Er hat mit eines Tages einen wunderschönen Song ins Studio angeschleppt. Bob Geldorf habe ich schon immer geliebt. Ich habe das Album Ende Oktober, Anfang November gehört, mit dem Bewusstsein, was aktuell in der Welt los ist. Ob es um Solidarität mit Frauen geht (Stichwort Iran) oder um den Song „Atomwaffensperrvertrag“, bei dem einem einem angesichts der Aktualität schlecht werden kann. Hast Du eine Glaskugel/Zeitmaschine oder sind das im Grunde alles alte Kamellen, die halt einfach nicht gelöst werden? Die haben ja jahrzehntelang Atomwaffentests gemacht. Im Grunde sind wir alle völlig verstrahlt. Es gab auch mal einen Atomwaffentest im Weltraum. Den nannten die damals „Starfish Prime“. Das war etwas ganz furchtbar gespenstisches und bösartiges. Man ist sich zwar einig geworden, dass so ein Test nie wieder stattfinden darf, dann haben sie aber fleißig ihre Atomwaffentest weiter auf der Erde gemacht. Der nächste logische Schritt wäre, alle Atomwaffen zu verbieten. Es kann doch nicht sein, dass wir Menschen um Gleichberechtigung und Menschenrechte kämpfen, aber über uns schwebt immer dieses brutale Schwert der Totalvernichtung. 5 TITEL