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STARK!STROM#30

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Stark!e Lady

die entsprechende Akzeptanz beim

Publikum zu bekommen?

L: Als ich anfing, gab es kaum

Frauen im Hard Rock. Da waren

DORO, THE RUNAWAYS,

GIRLSCHOOL, ROCK GODDESS??

Wir waren nicht sehr viele. Wir

mussten nicht so hart arbeiten,

um wahrgenommen zu werden -

weil wir eine Rarität waren - aber

wir mussten hart arbeiten, um

respektiert zu werden. Ich habe

immer meine eigenen Songs geschrieben

und als Kind Musik gelernt.

Die Musik war für mich das

Wichtigste, aber die Industrie behandelte

die meisten von uns als

Novitäten. Hübsche, sexy Dinger,

die sie an ein überwiegend männliches

Plattenkaufpublikum

vermarkten konnten. Es war

ein ständiger Kampf um musikalische

Glaubwürdigkeit.

Glücklicherweise haben wir diesen

Kampf durchgehalten und

gewonnen, und heutzutage steht

die Tür für Frauen im Hard Rock

und Metal weit offen. Es ist eine

schöne Sache. Ich habe es immer

als Schwesternschaft betrachtet

und wir mussten uns gegenseitig

unterstützen.

Was hat dich ursprünglich dazu

gebracht, Hard Rock/Metal zu

machen? Welche Bands waren dir

wichtig? Welche Konzerte lokaler

Bands hast Du besucht? Gab es einen

bestimmten Hard Rock Club, den du besucht hast oder

in dem du regelmäßig aufgetreten bist?

L: Meine ersten beiden Rockkonzerte waren MAX

WEBSTER und GODDO, beides Bands aus Toronto. MAX

WEBSTER spielte in meiner High School und GODDO

spielte eine Nachmittagsshow für alle Altersgruppen

in einem örtlichen Rockclub namens Hot Rocks

(Bar, Brampton, Ontario, Kanada, Anm.). Zu diesem

Zeitpunkt hörte ich HEART and THE RUNAWAYS und

wusste, dass ich ein Girl-Rocker werden wollte. Ich war

15, als HEARTs „Barracuda“ veröffentlicht wurde, und

es hat mich umgehauen. Frauen machten keine solche

Musik. Ich fing an, aggressivere Bands wie ZEPPELIN

und die Inkarnation von BLACK SABBATH mit RONNIE

JAMES DIO zu hören. Der Gesang war mir sehr wichtig.

Sowohl DIO als auch ROBERT PLANT und ANN WILSON

waren Sänger - keine Kreischer („singers - not screamers“).

Am Anfang meiner Karriere spielte ich sehr

„Wenn du

auf deinem

Sterbebett liegst,

willst du

all deine

goldenen

Schallplatten

fest umarmen,

oder willst du

von deiner

Familie

umgeben

sein?“

regelmäßig im selben Club

Hot Rocks sowie in den frühen

Clubtagen The GasWorks

(Hamilton, ON, Kanada, Anm.)

und Rock’N’Roll Heaven

(Toronto, ON, Kanada, Anm.).

Nach deinen beiden Jazz/Swing-

Alben aus 2000 und 2004 hast Du

eine 12-jährige Pause eingelegt

und dich auf dein Familienleben

konzentriert. Im Musikgeschäft

ist es wegen der langen Tourneen

oft schwierig, stabile familiäre

Beziehungen zu führen. Wie wichtig

war es dir, eine Familie zu haben?

Hättest du deinen Beruf für

ein Familienleben aufgegeben,

wenn du nicht die Möglichkeit

gehabt hättest, dir eine Auszeit zu

gönnen?

L: Ich war mein ganzes Leben

lang sehr karriereorientiert,

aber als ich meinen Mann traf,

sagte er: „Wenn du auf deinem

Sterbebett liegst, willst du all

deine goldenen Schallplatten

fest umarmen, oder willst du

von deiner Familie umgeben

sein?“ Ich erkannte, dass ich

viele Beziehungen in meinem

Leben auf Eis gelegt hatte, um

meine musikalischen Ziele zu

verfolgen. Die Musikindustrie

ist sehr wankelmütig - Kritiker

werden dich an einem Tag lieben

und dich am nächsten fallen

lassen. Ich hatte immer davon

geträumt, „alles zu haben“ - eine Familie und einen

Beruf - und das ging nur mit einer Auszeit. KATE BUSH,

CHRISSIE HYNDE und PATTI SMITH taten alle dasselbe.

Kinder zu haben, war das Beste, was ich je in meinem

Leben getan habe. Es erweitert dich als Person

in einer Weise, wie es die Musikindustrie niemals

tun wird. Es war mir wichtig, das zu tun. Ich habe nie

geglaubt, dass ich die Musik ganz aufgeben muss und

ich wusste immer, dass ich zurückkommen würde.

Mein Verstand und mein Herz haben meiner Musik

jetzt viel mehr zu bieten, denke ich.

2016 hattest du mit „Fire and Gasoline“ ein beeindruckendes

Comeback, das wieder mit den typischen Qualitäten

von LEE AARON aufwartete: energiegeladener Rock mit

exzellentem Songwriting. Hast du in deiner Pause weiter

Musik gemacht und an Songideen gearbeitet? Oder

hast du wirklich abgeschaltet und dich auf deine Familie

konzentriert?

L: Beides. Kinder beanspruchen enorm viel Energie,

was auch zum Teil auf Kosten der Kreativität geht! Ich

hatte immer Songideen, hatte aber nicht den Luxus,

mir viel Freizeit dafür zu nehmen, sie weiter zu verfolgen.

Mein iPhone Recorder wurde mein bester Freund.

Ich habe mich für fünf Minuten im Badezimmer eingeschlossen,

um eine Songidee aufzunehmen, in der

Hoffnung, dass niemand seine kleinen Finger in eine

Steckdose steckt oder sich mit einer Schere ersticht,

während ich das mache (lacht)!

G: Lass uns über dein neues Album „Elevate“ sprechen:

Wie kam es zu diesem Titel?

L: Der allerletzte Song, den wir für das Album aufgenommen

haben, war „Elevate“. Dave Reimer (mein

Bassist) spielte mir diese grobe Idee vor, kurz bevor

wir in die Aufnahmesitzungen gingen, und ich

liebte es, aber ich dachte nicht, dass ich Zeit haben

würde, an einem Arrangement zu arbeiten oder es

fertigzustellen. Dann hatten wir etwas Freizeit im

Studio, also beschlossen wir, es zu arrangieren und

vor Ort aufzunehmen. Der einzige Text, den wir hatten,

war „Let’s Elevate“. Ich nahm es mit nach Hause

und beendete es und nahm später den Gesang auf.

In diesen verrückten Zeiten finde ich, dass „Elevate“

ein perfekter Albumtitel ist. Das meiste Material ist

sehr erhebend.

Planst du, mit „Elevate“ nach Europa zu kommen?

L: Wir kommen gerne wieder. Unser Agent arbeitet an

einigen Festivals, hoffentlich für 2023.

Es gibt ein Sprichwort über die 60er, dass, wenn du dich

an die 60er erinnern kannst, nicht dabei warst. Die Metal-

Szene der 80er-Jahre war ja ebenfalls geprägt von einem

extravaganten Lebensstil. Gilt das Sprichwort für die

80er auch oder waren die 80er eine andere Art von Spaß?

L: Hm, du hast Recht, in den 80ern gab es sehr viele

Exzesse. Damals war mit Vinyl und CDs noch eine

Menge Geld zu verdienen, also waren es nicht nur

die Musiker, die an der Dekadenz teilnahmen. Ich

habe viele Branchenprofis und Musikerfreunde gesehen,

die ihr ganzes Geld vergeudet und ihr Leben

mit Drogen und Alkohol zerstört haben. Vor allem

Kokain, das in den 80er-Jahren weit verbreitet war,

war ein echt schlechtes Zeug. Ich habe in meinen

prägenden Jahren ein bisschen mit Sachen herumexperimentiert

- wie es alle Kinder tun (lacht) -, aber

ich habe früh gemerkt, dass ein solcher Lebensstil

unmöglich und dumm ist. Ich würde entweder tot

enden oder als ein Künstler, mit dem KEIN Label etwas

zu tun haben will, bzw. der von den Menschen,

die mir am wichtigsten waren, nicht respektiert wird.

Also habe ich das alles verzichtet. Außer einem gelegentlichen

Glas Wein habe ich in über 35 Jahren

keinen Scheiß angerührt. Sieh dir einfach PENELOPE

SPHEERIS’ „Decline of The Western Civilization - Part

2 - The Metal Years“ an, und du weißt genau, was ich

meine! Meine eigenen Kinder finden heute, dass die

Musik und Modestile der 80er trendy und supercool

sind, also denke ich, dass dies die wichtigen Dinge

sind, die wirklich weiterleben.

Nach gut 40 Jahren im Geschäft erweckst du nicht den

Eindruck, dass du des Business überdrüssig geworden

bist. Du hast dieses Jahr einen runden Geburtstag gefeiert

- herzliche Glückwünsche! Wie hältst du dich fit und jung?

Was ist dein Geheimnis?

L: Danke das ist sehr nett von dir. Es ist keine

Raketen wissenschaft. Ich versuche, mich gut zu

ernähren, gut zu schlafen und mich zu bewegen.

Das Schlimmste, was man im Alter tun kann, sich

NICHT zu bewegen. Ich spaziere oder wandere jeden

Tag oder steige auf mein Laufband. Ich esse

viel Gemüse und gute Proteine und genieße täglich

Smoothies mit Früchten, Nüssen, Joghurt und

Spirulina. Spirulina ist ein Superfood, eine Blau-/

Grünalge voller Vitamine und Mineralstoffe, die das

Immunsystem stärkt und Krankheiten bekämpft.

Ich übe mich in Dankbarkeit. Ich habe Spaß und verschwende

nicht viel Zeit damit, mir Gedanken über

Dinge zu machen, die ich nicht kontrollieren kann.

Ach ja, und ab und zu gönne ich mir Schokokuchen

und Eis, denn das Leben ist kurz!

Vielen Dank für das Interview! Es war mir eine große

Freude und Ehre, mit dir zu sprechen und wünsche dir

weiterhin viel Erfolg!

www.leeaaron.com

Gino

© Theresa Mitchell

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