207_StadtBILD_Oktober_2020
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Vorwort<br />
am 3. <strong>Oktober</strong> jährt(e) sich der Tag der Deutschen<br />
Einheit auch in Görlitz zum 30sten Mal.<br />
Grund genug und aufgrund der bestehenden<br />
Corona-Regeln über ein „Mit Abstand Event“<br />
nachzudenken.<br />
30 Jahre sind natürlich auch 30 Jahre bewegte<br />
Emotionen und stehen für Veränderungen<br />
im geeinten Deutschland und wo lassen sich<br />
diese Emotionen besser nachvollziehen, an<br />
einem Ort der einst grau und verfallen war,<br />
wo man die Kohle förmlich atmen konnte<br />
und der sich in den vergangenen 30 Jahren<br />
zu einem beliebten Tourismusmagneten entwickelte.<br />
Für Prof. Kiesow war (ist) Görlitz die schönste<br />
Stadt Deutschlands. Dies ließ uns zum<br />
Anlass nehmen, 30 Motive aus 30 Jahren<br />
von 1990 bis <strong>2020</strong> als bewegende Emotionen<br />
auszuwählen.<br />
Wir reichten diese Idee in Form einer geplanten<br />
Outdoor-Fotoausstellung beim Wettbewerb<br />
des Landestourismusverband Sachsen<br />
„Denkzeit Event“ ein. Diesem und der<br />
Sächsischen Staatsministerin für Kultur und<br />
Tourismus gefiel die Idee so gut, dass sie mit<br />
einem Preisgeld prämiert wurde.<br />
Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend<br />
Worte und so freuen wir uns auf Ihre geschätzte<br />
Meinung zur unserer Outdoor-Fotoausstellung<br />
auf der Altstadtbrücke Görlitz.<br />
Vom 9. bis 11. <strong>Oktober</strong> findet nun die Baumesse<br />
Löbau im Messe- und Veranstaltungspark<br />
unter erhöhten Hygieneregeln und der<br />
Einreichung eines Hygienekonzeptes statt.<br />
Breite Gänge, angepasste Wegeführungen<br />
und zusätzlichen Desinfektionsspender wurden<br />
dem Konzept entsprechend umgesetzt.<br />
Besucher können sich vor Ort analog oder digital<br />
registrieren (freiwillig) und auch das kontaktlose<br />
bezahlen ist ab diesem Jahr möglich.<br />
Hier finden Sie von der Baufinanzierung über<br />
die richtige Badfliese bis hin zur Inneneinrichtung<br />
viele Angebote. Dabei stehen Ihnen für<br />
Fragen Experten und Profis zur Seite.<br />
Für die Liebhaber der schönen Künste wartet<br />
das Schlesische Museum zu Görlitz mit einer<br />
Ausstellung von Gemälden und Zeichnungen<br />
Schlesischer Künstler, die nicht nur romantisch<br />
sind.<br />
Außerdem widmen wir uns in dieser Ausgabe<br />
einem bekannten Görlitzer Familienunternehmen,<br />
der Maschinenfabrik Richard Raupach.<br />
Unser Autor Wolgang Stiller sandte uns einen<br />
interessanten Artikel zu den Jugendherbergen<br />
in Görlitz zu, den Sie genau wie den II.<br />
Teil des Artikels „Verfolgt.Vergessen.Verraten“<br />
- Antifaschistische Säuberungen 1945/46 in<br />
dieser Ausgabe finden.<br />
Wir erhielten auch wieder zahlreiche Leserbriefe<br />
und bedanken uns dafür. Auch in Zukunft<br />
haben wir für Lob, Kritik oder Anregungen<br />
immer ein offenes Ohr. Schreiben Sie uns,<br />
was sie bewegt. In diesem Sinne wünsche ich<br />
Ihnen einen Goldenen <strong>Oktober</strong>, herzlichst<br />
Ihr Andreas Ch. de Morales Roque<br />
<br />
<br />
<br />
anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Einleitung<br />
3
Nicht nur romantisch.<br />
nur romantisch<br />
Emil Ebers (1807-1884): o. T. [Brennendes Dorf], 1851,<br />
© Foto: Schlesisches Museum zu Görlitz<br />
Eine Ausstellung des Schlesischen Museums<br />
in Zusammenarbeit mit der Ostdeutschen<br />
Studiensammlung Helmut<br />
Scheunchen.<br />
Erstmalig ist noch bis 28. Februar 2021<br />
anzeige<br />
4<br />
Sonderausstellung
Gemälde und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts<br />
Nicht von Künstler*innen nur in und romantisch<br />
aus Schlesien<br />
Julius Hübner (1806-1882): Forellenfischer an einem Mühlbach, 1851,<br />
© Foto: Ostdeutsche Studiensammlung Helmut Scheunchen<br />
im Schlesischen Museum ein großer<br />
Überblick zur Kunst des 19. Jahrhunderts<br />
zu sehen. Rund 180 Gemälde und<br />
Zeichnungen von über 70 Künstlern laden<br />
dazu ein, eine faszinierende Epoche<br />
näher kennenzulernen.<br />
anzeige<br />
Sonderausstellung<br />
5
Nicht nur romantisch.<br />
nur romantisch<br />
Ernst Resch (1807-1864): Porträt eines Knaben, 1847,<br />
© Foto: Schlesisches Museum zu Görlitz<br />
Dank großzügiger Leihgaben aus<br />
der Privatsammlung des Cellisten<br />
und Musikwissenschaftlers Helmut<br />
Scheunchen ist es erstmalig<br />
möglich, den Facettenreichtum<br />
der Kunst des 19. Jahrhunderts<br />
angemessen vorzustellen. Schon<br />
über viele Jahrzehnte hat Helmut<br />
Scheunchen seine „Ostdeutsche<br />
Studiensammlung“ aufgebaut,<br />
zum einen aus Liebe zur Kunst,<br />
zum anderen in Gedenken an<br />
seinen gleichnamigen Vater, der<br />
aus Schlesien stammte und 1945<br />
dem Krieg zum Opfer fiel. Nun<br />
bietet die Ausstellung die einmalige<br />
Gelegenheit, viele dieser<br />
großen und kleinen Schätze kennenzulernen,<br />
die den Einfluss der<br />
Romantiker und anderer Kunstentwicklungen<br />
des Jahrhunderts<br />
erkennen lassen. Neben kleinund<br />
großformatigen Gemälden<br />
werden interessante Studienblätter<br />
zu sehen sein, u. a. vom<br />
berühmten Adolph von Menzel.<br />
Aber auch Werke anderer be-<br />
anzeige<br />
6<br />
Sonderausstellung
Gemälde und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts<br />
Nicht von Künstler*innen nur in und romantisch<br />
aus Schlesien<br />
kannter Künstler wie Carl Friedrich<br />
Lessing und August Kopisch<br />
vermitteln die zahlreichen Verbindungen<br />
schlesischer Künstler<br />
zu den großen Kunstzentren der<br />
Zeit. Einige Kunstwerke werden<br />
erstmals öffentlich gezeigt. Auch<br />
das Museum präsentiert sehenswerte<br />
Neuerwerbungen, die als<br />
Schenkungen, Dauerleihgaben<br />
oder mit finanzieller Hilfe des<br />
Fördervereins für die Sammlung<br />
des Museums gewonnen werden<br />
konnten. Für eine Abrundung<br />
der Schau sorgen außerdem einige<br />
Leihgaben aus dem Kulturhistorischen<br />
Museum Görlitz.<br />
Zur Ausstellung wird ein umfangreich<br />
bebilderter Katalog<br />
erscheinen (Text deutsch / polnisch,<br />
268 Seiten).<br />
Adolph von Menzel (1815-1905): Porträt des Dichters<br />
Theodor Fontane, 1888, Bleistiftzeichnung,<br />
© Foto: Ostdeutsche Studiensammlung Helmut Scheunchen<br />
Schlesisches Museum zu Görlitz<br />
Schönhof, Brüderstraße 8,<br />
02826 Görlitz<br />
anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Sonderausstellung<br />
7
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
Werkstatt in der Leipzigerstraße, 1878 gegründet<br />
Mit 27 Jahren, im Jahr 1878, begann Richard<br />
Raupach in einer kleinen gemieteten<br />
Werkstatt in Görlitz, einer Hand voll<br />
Schlosser und einigen Werkzeugmaschinen<br />
damit, ältere und unwirtschaftlich<br />
arbeitende Dampfmaschinen und Kesselanlagen<br />
umzubauen. Seine Maßnahmen<br />
waren durchweg erfolgreich. Dadurch ermutigt<br />
und von regem Unternehmungsgeist<br />
beseelt, baute er nach kurzer Zeit<br />
selbst in seiner Werkstatt Dampfmaschinen.<br />
Bereits 1880 verließ die erste Dampfmaschine<br />
den kleinen Fabrikraum.<br />
Noch im selben Jahr nahm Richard Raupach<br />
den Bau von Ziegeleimaschinen<br />
auf. Der Ausbau dieses Fabrikationszweiges<br />
sollte von nun an seine Lebensaufgabe<br />
sein. Raupach-Maschinen erlangten<br />
anzeige<br />
8<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Werksgelände um 1903<br />
dank ihrer Güte weithin Bekanntheit und<br />
waren begehrt. So wurde die gemietete<br />
Werkstatt bald zu klein.<br />
1883 erwarb Richard Raupach ein großes<br />
Grundstück an der Zittauer Straße und<br />
Fischerstraße und errichtete dort seine<br />
eigene Fabrik. Diese wuchs in den kommenden<br />
Jahren sehr schnell.<br />
1928 beschäftigte das Unternehmen 400<br />
Beamte und Arbeiter, hatte eine eigene<br />
Gießerei und einen hochmodernen Werkzeugmaschinenpark.<br />
Neben dem Dampfmaschinen- und<br />
Ziegeleimaschinenbau wurden zudem<br />
Hartzerkleinerungs- und Schamottemaschinen<br />
gefertigt, die das Sortiment erfolgreich<br />
ergänzten.<br />
<br />
anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Sonderveröffentlichung<br />
9
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
Raupach in seinem Arbeitszimmer<br />
Raupach erkannte rechtzeitig die Bedürfnisse<br />
der Abnehmer in der Tonindustrie.<br />
Er konstruierte wertvolle Spezialmaschinen<br />
für die Ziegel- und Dachziegelindustrie.<br />
Dazu gehörten unter anderem<br />
Kastenbeschicker, Tiefmuldenförderkette,<br />
Tonreiniger sowie eine Spezial-Dachsteinpresse<br />
mit Rückführungsschnecke.<br />
Der Firmengründer stirbt 1921 bei einem<br />
Autounfall. Seine Söhne Walter und Gerhard<br />
sowie die Tochter Sophie übernehmen<br />
den gesamten Besitz, wobei die Söh-<br />
anzeige<br />
10<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Richard Raupach war großer Automobilfan<br />
ne das Familienunternehmen fortführen.<br />
Besonderer Erfindergeist, Energie, Wagemut<br />
und Erfahrung machen die Firma<br />
Raupach international bekannt und zu<br />
einem renommierten Unternehmen des<br />
Sondermaschinenbaus.<br />
Die Firma Raupach entwickelte sich zu<br />
einem der bedeutendsten Unternehmen<br />
in Görlitz. Durch diese Wirtschaftskraft<br />
wurde unter anderem der Aufstieg der<br />
Stadt zur zweitgrößten Stadt der Provinz<br />
Schlesien befördert. Görlitz wuchs zum<br />
anzeige<br />
Sonderveröffentlichung<br />
11
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
Raupach-Zweigwerk in Warnsdorf – heute Varnsdorf (CZ)<br />
bedeutenden wirtschaftlichen, politischen<br />
und kulturellen Zentrum der preußischen<br />
Oberlausitz und machte sich durch weltweite<br />
Verbindungen auch international<br />
einen wichtigen Namen.<br />
Ab 1890 entwickelte und baute man in<br />
Görlitz zahlreiche Aufbereitungs- und<br />
Formgebungsmaschinen sowie Handlingsysteme<br />
für die Ziegel- und Porzellanindustrie.<br />
Die Tonindustrie boomte und<br />
Raupach-Maschinen feierten aufgrund<br />
ihrer Leistungsstärke und Zuverlässigkeit<br />
große Erfolge.<br />
Ein weiteres Zweigwerk wird 1908/09 in<br />
Warnsdorf (heute Tschechien) eröffnet.<br />
Der älteste Sohn Richard Raupachs, Walter,<br />
führt ab jetzt die Geschäfte.<br />
1885 nahm die Firma erfolgreich an der<br />
Görlitzer Gewerbe- und Industrieausstellung<br />
teil.<br />
1905 gewann die Fabrik wiederum eine<br />
Medaille der Niederschlesischen Gewerbe-<br />
und Industrieausstellung in Görlitz.<br />
Weitere Medaillen wurden bei Ausstellungen<br />
in Schweidnitz, Lemberg, Teplitz,<br />
Leipzig, Frankfurt/Main, Zittau, Allenstein<br />
und Possen errungen.<br />
anzeige<br />
12<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Mit dem Ersten Weltkrieg 1914 wurde der<br />
gesamte Betrieb auf Rüstungsproduktion<br />
umgestellt. Von nun an wurden vor allem<br />
Granaten gefertigt.<br />
Kriegsmarine. Dazu wurden auch die benachbarten<br />
Betriebsanlagen Rodig, Brüning<br />
und Mattke & Sydow einbezogen in<br />
denen Munition und Geschützaufbauten<br />
hergestellt wurden. Die Fertigung von<br />
Rüstungsproduktion<br />
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte auch<br />
Raupach mit schweren ökonomische Lasten<br />
zu kämpfen. Die von den Nachbarländern<br />
eingeführten Schutzzölle veranlassten<br />
die Firma, ein Zweigwerk in Polen<br />
zu bauen. Zudem wurde die Kooperation<br />
mit einem ungarischen Unternehmen in<br />
Budapest verstärkt.<br />
Im Zweiten Weltkrieg, ab 1939, arbeitete<br />
Raupach fast ausschließlich für die<br />
Raupach-Zweigwerk in Budapest (Ungarn)<br />
Maschinen für die Keramikindustrie stellte<br />
man fast völlig ein.<br />
Zu Kriegsende, 1945, wurde Görlitz von<br />
der Roten Armee erobert. Die Richard<br />
Raupach Maschinenbaufabrik Görlitz<br />
GmbH wurde vollständig demontiert.<br />
Die noch verbliebene Belegschaft von<br />
180 Mann musste die gesamte Fabrik<br />
vollständig ausräumen und übergeben.<br />
Dazu gehörten auch alle technischen<br />
Zeichnungen, Modelle und Patente.<br />
anzeige<br />
Sonderveröffentlichung<br />
13
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
Belegschaft<br />
1948 wurde die Firma Richard Raupach<br />
durch die Sowjetische Militäradministration<br />
der sächsischen Landesregierung<br />
zur Verfügung gestellt und anschließend<br />
enteignet.<br />
Noch im selben Jahr erfolgte die Verstaatlichung<br />
zum volkseigenen Betrieb<br />
„VEB Keramikmaschinen Görlitz“. Aus den<br />
Resten der Stammbelegschaft gemeinsam<br />
mit Neubürgern und Beschäftigten<br />
der ehemaligen Keramikmaschinenfabrik<br />
anzeige<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
14<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Roscher entstand ein neues Kollektiv.<br />
Als „Mitglied des Warenzeichenverbandes<br />
Bau-, Baustoff- und Keramikmaschinen“<br />
(baukema) wurden in der Zeit der<br />
Wirtschaftshilfe (RGW) zum führenden<br />
Hersteller von Keramikmaschinen.<br />
Zwischen 1960 und 1980 entwickelte<br />
man Vakuumpressen der Typen K/StSV<br />
Leipziger Frühjahrsmesse 1970 – Traditioneller Messerundgang des Politbüros des Zentralkomitees<br />
der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) am 2. März 1970. Am Stand der VEB Keramikmaschinen<br />
Görlitz informierte sich Walter Ulbricht, Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED und<br />
Vorsitzender des Staatsrates der DDR, über ein neues Maschinensystem, der L 500, zur Herstellung<br />
großformatiger Ziegel.<br />
DDR vornehmlich Ziegelpressen, Extruder<br />
sowie komplette Anlagen für die Herstellung<br />
von Ziegel- und Steinzeugrohren<br />
entwickelt und gebaut.<br />
Der volkseigene Betrieb wurde innerhalb<br />
der DDR und des Rates für gegenseitige<br />
200, 250 und 350 und PVP 25, 35, 50<br />
und 75 für Fein- und Elektrokeramik.<br />
KEMA-Maschinen genossen auch über<br />
die Grenzen der Deutschen Demokratischen<br />
Republik hinaus einen guten Ruf.<br />
Das belegen zahlreiche Auszeichnungen.<br />
anzeige<br />
Sonderveröffentlichung<br />
15
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
PVP 50 – mit Gold prämiert<br />
Auf der Leipziger Frühjahrsmesse im Jahr<br />
1985 erhielt die PVP 50 ein Diplom und<br />
die Goldmedaille für ihre hervorragende<br />
Qualität.<br />
Über den „Maschinen-Export“, dem<br />
Volkseigenen Außenhandelsbetrieb der<br />
DDR, verkaufte man Görlitzer Keramikmaschinen<br />
in mehr als 20 Länder.<br />
Dazu gehörten unter anderen die Sowjetunion,<br />
Ungarn, Polen, die Tschechoslowakei,<br />
Marokko, Finnland und Korea.<br />
Steinzeugformgebungs- und Steinzeugsetzmaschinen-Anlagen<br />
wurden insbesondere<br />
nach Ungarn, Tschechien und<br />
im Inland verkauft.<br />
Ab den 1980er Jahren konzentrierte man<br />
sich zunehmend auf den Bereich der<br />
technischen Keramik.<br />
anzeige<br />
16<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Mit wachsenden Anforderungen an keramische<br />
Produkte war es notwendig,<br />
Maschinen für höhere Pressdrücke zu<br />
entwickeln. Mit der Weiterentwicklung<br />
technischer Isolatoren sowie ersten Anwendungen<br />
im nichtkeramischen Bereich<br />
entstand eine neue Generation von Extrudern,<br />
die für die Extrusion bis 100 bar<br />
geeignet waren.<br />
Der VEB KEMA leistete damit Pionierarbeit<br />
auf dem Gebiet der steifplastischen<br />
Extrusion. Feinere Geometrien und Strukturen<br />
konnten damit extrudiert werden.<br />
Mit diesen KEMA-Maschinen stellte der<br />
VEB Elektrokohle Lichtenberg Kohle- und<br />
Graphiterzeugnisse her. Produziert wurden<br />
damit kleine und große Kohlebürsten<br />
für Motoren, Generatoren, Haushalts-<br />
und Heimwerkergeräte außerdem<br />
Bogenlichtkohlen für Kinoprojektoren,<br />
Scheinwerfer, medizinische Geräte und<br />
sonstige Bogenlampen, Formteile aus<br />
Kohlenstoff bzw. Naturgraphit sowie Kohlenstoffelektroden<br />
zur Erzeugung von Siliziumkarbid<br />
und Produkte auf Basis von<br />
Siliziumkarbid mit extrem hoher Härte.<br />
Damals wie heute besteht eine Herausforderung<br />
in der Übertragung großer<br />
elektrischer Leistungen über weite Entfernungen.<br />
Bereits in den 1980er Jahren begann man<br />
mit der Errichtung von Gleichstromübertragungsleitungen<br />
zwischen Kraftwerken<br />
und Großabnehmern wie Ballungs- oder<br />
Industriezentren.<br />
Zu diesem Zweck wurde der bis heute<br />
größte Extruder der Welt in senkrechter<br />
Ausführung mit 1600 Millimeter Schneckendurchmesser<br />
entwickelt und gebaut.<br />
Mit dieser Anlage wurden in den Keramischen<br />
Werken Hermsdorf Isolatoren<br />
für die Leistungsübertragung bis 800 kV<br />
hergestellt.<br />
Der VEB Keramikmaschinen Görlitz war<br />
mit 600 Mitarbeitern neben dem Maschinenbau<br />
Görlitz und dem Waggonbau<br />
Görlitz einer der größten Arbeitgeber und<br />
somit strukturbestimmend für die Region.<br />
Mit der politischen Wende im Jahr 1989<br />
kamen große Veränderungen auf das<br />
Werk zu.<br />
anzeige<br />
Sonderveröffentlichung 17
Richard Raupach – Maschinenfabrik Görlitz GmbH<br />
Raupach<br />
Der volkseigene Betrieb wurde 1990<br />
wieder in Privateigentum überführt. Die<br />
Stadt Görlitz verkaufte den VEB KEMA an<br />
die Firmengruppe der Maschinenfabrik<br />
Gustav Eirich GmbH & Co KG.<br />
Der bis dato zum Werksgelände gehörende<br />
Tierpark sowie die Renatenaue<br />
und der frühere Rehgarten verblieben im<br />
Eigentum der Stadt Görlitz.<br />
Als Tochterunternehmen der Firma Eirich<br />
wurden von 1990 bis 1995 insbesondere<br />
Extruder für die Feinkeramik und Elektrokeramik<br />
weiterentwickelt.<br />
Neuentwicklungen, wie der „Pendelwalzenbrecher“,<br />
wurden in vielen Branchen<br />
verkauft.<br />
Durch das weltweite Netzwerk der Firma<br />
Eirich war es nun möglich, Zugang zu internationalen<br />
Märkten zu bekommen.<br />
1996 wurde das Werk wieder verkauft.<br />
Die Zeit zwischen 1996 und 2012 war<br />
geprägt durch wechselnde Eigentümer<br />
und damit verbundene wirtschaftliche<br />
Schwierigkeiten. Die damalige Belegschaft<br />
von 600 Beschäftigten wurde auf<br />
50 Mitarbeiter reduziert.<br />
Die mit dem Jahr 2003 beginnende Zusammenarbeit<br />
mit der ECT GmbH in<br />
Mühlacker und ihrem Geschäftsführer<br />
Frank Händle beflügelte die Innovationskraft<br />
des Görlitzer Unternehmens. Gemeinsam<br />
wurden weltweit viele Projekte<br />
auf dem wachsenden Gebiet der technischen<br />
Keramik realisiert - ein wichtiger<br />
Grundstein für die heutige Marktführerschaft.<br />
Die Zusammenführung des Produktionsprogramms<br />
und Know-how-Potenzials<br />
der KEMA GmbH und der ECT GmbH im<br />
Jahre 2013 zur neuen ECT-KEMA GmbH,<br />
ermöglichte eine beträchtliche Ausweitung<br />
der Aktivitäten auf neue Technologiefelder.<br />
Am 2. Januar 2014 verkauft Frank Händle<br />
seine ECT-KEMA GmbH an Hans-Josef<br />
Berchtold, der von nun an alleiniger<br />
Gesellschafter ist. Zudem wird Händles<br />
ECT GmbH in Mühlacker aufgelöst.<br />
Sein Know-how geht in die neue frank<br />
händle transfer GmbH über, die bis heute<br />
der ECT-KEMA im Bereich Forschung<br />
und Entwicklung auf dem Gebiet der<br />
anzeige<br />
18<br />
Sonderveröffentlichung
Meilensteine eines Familienunternehmens<br />
Richard Raupach<br />
Fanny Seidel, Torsten Seidel & Hans-Josef Berchtold<br />
Technischen Keramik zur Seite steht. Als<br />
Mitglied eines einzigartigen Technologieverbundes<br />
– The Advanced Ceramic<br />
Network – bündelt die ECT-KEMA GmbH<br />
ihren reichen Erfahrungsschatz und ihre<br />
Innovationskraft gemeinsam mit anderen<br />
Unternehmen. Mit den Partnern Eirich,<br />
Lingl und der Firma Keramischer Ofenbau<br />
werden maßgeschneiderte Produkte<br />
und Sonderlösungen für die keramische<br />
Industrie entwickelt.<br />
Hans-Josef Berchtold investiert viel in<br />
das Marketing und die Außendarstellung<br />
des Unternehmens. So entsteht im Jahr<br />
2014 eine neues Erscheinungsbild und<br />
die Marke „ECT-KEMA“. Im neuen Look<br />
präsentiert sich das Team aus jungen<br />
Ingenieuren und erfahrenen Konstrukteuren<br />
2015 mit großem Erfolg auf der<br />
CERAMITEC in München. Im Mittelpunkt<br />
steht hier die Technologie der Vertikalextrusion<br />
für großdimensionierte Wabenkörper.<br />
1. Januar 2017 – der lange geplante Generationswechsel<br />
wird vollzogen. Torsten<br />
und Fanny Seidel, beide langjährige<br />
Mitarbeiter im Unternehmen, führen ab<br />
jetzt als Inhaber die ECT-KEMA GmbH.<br />
Das junge Team arbeitet daran, in offener<br />
Partnerschaft den Nutzen für Kunden<br />
in aller Welt zu optimieren.<br />
Heute ist das Unternehmen europäischer<br />
Marktführer auf dem Gebiet der Extrusion<br />
von Massen für die technische Keramik<br />
und artverwandter plastischer extrudierbarer<br />
Massen.<br />
Bild und Text:<br />
ECT-KEMA GmbH<br />
Sonderveröffentlichung<br />
19
„Antifaschistische“ Säuberungen des NKWD/MWD 1945/46<br />
Fortsetzung Teil II.<br />
Herbert v. Hoerner (9.8.1884-26.9.<br />
1946) ist eine der bedeutenden Persönlichkeiten<br />
der Görlitzer Kultur der 1920er<br />
bis 1940er Jahre, der der Görlitzer Literaturwissenschaftler<br />
Wolfgang Wessig<br />
1994 eine ihm gerecht werdende Erinnerung<br />
gewidmet hat. In dem Aufsatz heißt<br />
es am Ende bedauernd: „Bemühungen<br />
um die Auffindung der personenbezogenen<br />
Akte, die Aufschluss über Haftgrund<br />
und exaktes Sterbedatum geben<br />
könnte, sind bislang ergebnislos geblieben.“<br />
In einem etwas später erschienen<br />
Nachtrag zu v. Hoerners biographischer<br />
Skizze ergänzt ein Brief des inzwischen<br />
verstorbenen Sohnes Sebastian v. Hoerner,<br />
eines bedeutenden Astrophysikers:<br />
„… mein Vater wurde im Mai 1950, bei<br />
einem großen Feiertag, von betrunkenen<br />
Wachen in Torgau erschlagen. Wir<br />
erfuhren dies erst Jahre später von entlassenen<br />
Häftlingen.“ In anderer Literatur<br />
wird als genaues Todesdatum der<br />
9. Mai 1950 angegeben, wahrscheinlich<br />
weil man den „großen Feiertag“ als den<br />
8. Mai, den „Tag der Befreiung“, identifizierte.<br />
Der vom jüdischen Dichter Paul<br />
Mühsam geschätzte und vielen Kollegen<br />
und Schülern verehrte Herbert v. Hoerner,<br />
ein stiller, nachdenklicher, feinsinniger<br />
Literat, wie Wolfgang Wessig ihn<br />
nach dem Urteil der Zeitgenossen beschreibt,<br />
hat tatsächlich ein schreckliches<br />
Ende gefunden, aber ganz anders als bis<br />
zum Erscheinen der Erstauflage dieses<br />
Buches 2011 in der bisherigen Literatur<br />
kolportiert.<br />
Herbert v. Hoerner wird 1884 als Sohn<br />
einer zur deutschbaltischen Oberschicht<br />
gehörenden Familie auf Gut Ihlen in Kurland,<br />
das damals zu Russland und nach<br />
1918 zu Lettland gehört, geboren. Nach<br />
Ableistung des russischen Wehrdienstes<br />
studiert er an der Kunstakademie in München<br />
und der Staatlichen Kunstschule in<br />
Breslau. Den Ersten Weltkrieg als russischer<br />
Staatsangehöriger in Deutschland<br />
verbringend, heiratete er hier 1917 die<br />
schlesische Dichterin Susanne Heintze.<br />
Kurz darauf nimmt er als Angehöriger der<br />
Baltischen Landeswehr an den Kämpfen<br />
gegen die Bolschewisierung Lettlands<br />
anzeige<br />
20<br />
Geschichte
in Görlitz. Verfolgt. Verraten. Vergessen<br />
„Antifaschistische“<br />
Der Schriftsteller und Porträtmaler<br />
Herbert v. Hoerner in seiner Görlitzer Wohnung.<br />
Herbert v. Hoerner als Zeichenlehrer am<br />
Gymnasium Augustum oder Luisen-Lyzeum.<br />
teil. Nach Verlust von Besitz und Heimat<br />
durchlebt er entbehrungsreiche Jahre<br />
als Hilfsarbeiter, Übersetzer, Maler und<br />
Schriftsteller in Deutschland, bis er 1928<br />
eine fest besoldete Stelle als Gymnasial-<br />
Zeichenlehrer in Görlitz erhält.<br />
In Görlitz erlebt v. Hoerner seine erfolgreichste<br />
literarische Phase. „Seine<br />
ursprünglichen, unsentimentalen Erzählungen,<br />
gelegentlich voll feinen Humors<br />
und meisterhafter Naturbeobachtung,<br />
gehören zweifellos zu den herausragenden<br />
Leistungen baltendeutscher Literatur<br />
…“ Mit ihnen gewinnt er ab Mitte der<br />
1930er Jahre eine zahlreicher werdende<br />
Lesergemeinde. Der mit seinem literarischen<br />
Werk vor allem seiner Heimat Kurland<br />
ein Denkmal setzende Schriftsteller<br />
erregt auch die Aufmerksamkeit der NS-<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
21
„Antifaschistische“ Säuberungen des NKWD/MWD 1945/46<br />
Kulturbehörden und erhält 1940 den „Literaturpreis<br />
der Reichshauptstadt Berlin“<br />
für seine Erzählung „Der graue Reiter“.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges ist<br />
Herbert v. Hoerner als Dolmetscher (Sonderführer)<br />
an der Ostfront eingesetzt. In<br />
den letzten Kriegsmonaten steht er – so<br />
besagen Aufzeichnungen<br />
der Giese-Chronik – in dieser Funktion<br />
auch dem Görlitzer Kampfkommandanten<br />
Oberst Neise zur Verfügung. Nach<br />
Darstellung des Sohnes soll sein Vater<br />
1945 auf dem Weg in englische Gefangenschaft,<br />
unterbrochen durch eine kurze<br />
Stippvisite in der Görlitzer Wohnung,<br />
zusammen mit seiner Mutter unter mysteriösen<br />
Umständen durch die Russen<br />
verhaftet worden sein. Doch hier irrt die<br />
Familienerinnerung. Denn die Schriftstellerin<br />
Susanne v. Hoerner-Heintze<br />
(*24.1.1890 Breslau + 1978) ist vom<br />
MWD zusammen mit ihrem Mann unter<br />
dem 19. März 1946 als verhaftet registriert.<br />
Suse v. Hoerner-Heintze, um 1920<br />
Sie wird ins Speziallager Bautzen verbracht.<br />
Hier trifft sie mit der bereits am<br />
5. Juni 1945 wegen ihrer Mitgliedschaft<br />
im Bund Deutscher Mädel und in der<br />
NS-Frauenschaft organisierten Chorleiterin<br />
und Gitarrenlehrerin Ursula Walther<br />
anzeige<br />
22<br />
Geschichte
in Görlitz. Verfolgt. Verraten. Vergessen<br />
„Antifaschistische“<br />
(*1917 Görlitz) zusammen. Diese durchläuft<br />
als Internierte die Lager Bautzen,<br />
Jamlitz, Mühlberg und wird im April 1948<br />
entlassen.<br />
Susanne v. Hoerner-Heintze durchlebt<br />
die Lager Bautzen, Jamlitz, Mühlberg<br />
und Buchenwald. Sie erlangt bei der<br />
Speziallagerauflösung 1950 nicht die<br />
Freiheit, sondern wird in den berüchtigten<br />
Waldheimer Prozessen der DDR-<br />
Justiz überstellt. Diese befindet, dass sie<br />
„durch Wort und Tat, insbesondere durch<br />
öffentliche Schriften, durch Einsetzen ihres<br />
persönlichen Ansehens im politischen<br />
und kulturellen Leben wesentlich zur<br />
Stärkung und Erhaltung der nationalsozialistischen<br />
Gewaltherrschaft beigetragen<br />
… und durch die nationalsozialistische<br />
Lehre die Jugend an Geist und Seele<br />
vergiftet“ habe und verurteilt sie unter<br />
Einziehung des Vermögens zu 10 Jahren<br />
Gefängnis. Am 6.10.1952 wird sie durch<br />
„Gnadenerweis“ entlassen und erlangt<br />
durch Übersiedlung nach Westdeutschland<br />
die Freiheit. Jahrelang hofft sie auf<br />
die Rückkehr ihres Mannes, den sie nach<br />
der zufälligen letzten Begegnung im Speziallager<br />
Bautzen in einem Lager der Sowjetunion<br />
wähnt, bis ein vermeintlicher<br />
Mithäftling ihr vom angeblichen Tod ihres<br />
Mannes im Lager Torgau berichtet, was<br />
aber auf einer Verwechslung mit einem<br />
anderen deutsch-baltischen Adligen in<br />
Torgau beruht.<br />
Meine Überprüfung des bisher angenommenen<br />
Schicksalsverlaufs von Herbert<br />
von Hoerner ergibt, dass dieser nie in Torgau<br />
interniert war. Er ist nach Unterlagen<br />
aus dem Moskauer Archiv des russischen<br />
Inlandsgeheimdienstes FSB am 18. oder<br />
19.3.1946 (zusammen mit seiner Frau)<br />
in seiner Wohnung auf der Görlitzer Blumenstraße<br />
11/12 verhaftet und in das<br />
NKWD-Gefängnis nach Bautzen verbracht<br />
worden. Nach 10 qualvollen Verhören<br />
verurteilt ihn am 30.8.1946 das Militärtribunal<br />
der 11. Transkarpaten-Berliner<br />
Garde-Panzerdivision nach Artikel 58/2<br />
(bewaffneter Aufstand, Eindringen in die<br />
UdSSR) zum Tode durch Erschießen. Am<br />
26. September 1946 meldet der Kommandant<br />
der Operativgruppe der Sowje-<br />
anzeige<br />
Geschichte 23
„Antifaschistische“ Säuberungen des NKWD/MWD 1945/46<br />
tischen Militäradministration des Kreises<br />
Bautzen den Vollzug des Urteils. Am 8.<br />
<strong>Oktober</strong> 2002 wird Herbert v. Hoerner<br />
durch die Militärhauptstaatsanwaltschaft<br />
Russlands rehabilitiert.<br />
Kurt Künzel<br />
Nach Kriegsende versucht Kurt Künzel<br />
(2.5.1883-25.12.1946) mit Hilfe des<br />
Restes seiner ursprünglich 400 Beschäftigte<br />
umfassenden Belegschaft, sein in<br />
Uhsmannsdorf (Rothenburg) bei Görlitz<br />
gelegenes Tafelglashüttenwerk wieder<br />
in Betrieb zu nehmen. Das wird von<br />
der SMAS zunächst auch unterstützt, so<br />
dass Künzel seine Pläne, in Bayern seinen<br />
Betrieb neu zu gründen, aufgibt und<br />
nach Uhsmannsdorf zurückkehrt. Doch<br />
dann setzen Repressalien gegen Künzel<br />
als Fabrikbesitzer und „Unterstützer<br />
des Naziregimes“ ein. Schließlich wird<br />
er im März 1946 auf Anordnung des Leiters<br />
der NKWD-Operativgruppe für den<br />
Kreis Weißwasser unter der Beschuldigung,<br />
Abwehrbeauftragter seiner Firma<br />
gewesen zu sein, verhaftet und ins<br />
NKWD-Lager Bautzen verbracht. Nach<br />
seiner Verlegung ins Speziallager Jamlitz<br />
kommt er dort noch im gleichen Jahr<br />
am Weihnachtsfeiertag ums Leben. 1995<br />
wird Kurt Künzel von der Militärhauptstaatsanwaltschaft<br />
Russlands rehabilitiert.<br />
Mit Kurt Künzel zusammen ist in<br />
anzeige<br />
24<br />
Geschichte
in Görlitz. Verfolgt. Verraten. Vergessen<br />
„Antifaschistische“<br />
Bautzen und auch in Jamlitz der ebenfalls<br />
als „Agent der Abwehr“ seit Juni<br />
1946 inhaftierte Diplomingenieur Erich<br />
Tzschaschel (*1904) aus der bekannten<br />
Görlitzer Buchändlerfamilie, der bis<br />
Februar 1950 in Buchenwald einsitzt.<br />
Unter Generalverdacht der Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit stehen Betriebsleiter,<br />
die während der Kriegszeit<br />
Zwangsarbeiter beschäftigt haben, was<br />
infolge Arbeitskräftemangels in großem<br />
Ausmaß geschah. Die entrechtete<br />
und besonders menschenunwürdige<br />
Situation, unter der in Nazideutschland<br />
Zwangsarbeiter, insbesondere die so<br />
genannten „Ostarbeiter“, zumeist leben<br />
mussten, rechtfertigt gewiss eine sehr<br />
genaue Betrachtung des Handelns für<br />
diese Menschen Verantwortlicher. Doch<br />
die Prüfung persönlicher Schuldhaftigkeit<br />
findet durch das NKWD auch hier<br />
nur äußerst selten statt. Vielfach werden<br />
Personen nach formalen Kriterien oder<br />
aus politisch ganz anderen Gründen interniert<br />
und verurteilt, denen betroffene<br />
Zwangsarbeiter bescheinigen, von ihnen<br />
Buchhandlung Tzschaschel an der<br />
Görlitzer Frauenkirche<br />
den Zeitumständen entsprechend gut<br />
behandelt worden zu sein.<br />
Quelle: Dr. Ronny Kabus: „... weine ich<br />
täglich um meinen Vater“. In der Gewalt<br />
Stalins und der SED. 2. neu bearb. u.<br />
erweit. Aufl., Norderstedt 2016<br />
(ISBN 978-3-7392-4237-8).<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
25
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Das Loensche Gut als Lehrlingswohnheim<br />
Das „Loensche Gut“ auf der Kastanienallee<br />
mit seinen Feldern wurde im Jahre<br />
1833 von der Stadt Görlitz erworben. Es<br />
entstand ein Stadtgut. Zunächst wurde<br />
dieses Objekt als Haushaltschule genutzt,<br />
und danach waren Einrichtungen<br />
der SA und der NSDAP in diesem Objekt.<br />
Zwischen 1945 und 1946 wurde<br />
das Gut als Kinderheim und Flüchtlingslager<br />
genutzt. In den Jahren von 1946<br />
bis 1951 diente das Loensche Gut als<br />
Jugendherberge. Danach befand sich<br />
im Herrenhaus das Lehrlingswohnheim<br />
und die Berufsschule des VEG Obstproduktion<br />
Kunnerwitz. Damit entstand das<br />
Erfordernis ein neues Objekt für eine<br />
Jugendherberge in Görlitz zu suchen.<br />
Die Wahl fiel auf den Görlitzer Schönhof<br />
auf der Brüderstraße. In diesem<br />
Objekt befand sich die Jugendherberge<br />
ab etwa 1951 bis etwa 1978 mit ca. 60<br />
Plätzen. Danach erfolgte Lehrstand und<br />
die Sanierung und Umbau zum Schlesischen<br />
Museum, welches 2006 eingeweiht<br />
wurde.<br />
In der Folgezeit zeigten sich jedoch<br />
Änderungen der Nutzungsbedürfnissen<br />
an einer solchen Einrichtung. In und<br />
anzeige<br />
26<br />
Geschichte
Einblicke und Aussichten<br />
Jugendherbergen<br />
Loensches Gut in Sanierung als Pension<br />
an diesem Objekt auf der Brüderstraße<br />
gab es keine Spiel- und Sportmöglichkeiten<br />
für die Kinder und Jugendlichen.<br />
Hinzu kam, dass die Ausstattung dieser<br />
Einrichtung nicht mehr den geltenden<br />
Anforderungen entsprach. In allen Zimmern<br />
gab es nur Ofenheizungen, die mit<br />
einem erheblichen Personalaufwand zu<br />
bedienen waren. Hinzu kam ein erheblicher<br />
Instandsetzungsaufwand am Dach<br />
und in den Zimmern. Es bestand somit<br />
die Aufgabe, ein Objekt zu suchen, mit<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
27
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Die Ephraim Villa nach Fertigstellung 1910, Bild rechts unten Gobelin-Teppich zu sehen (Fotos Robert Scholz)<br />
genügenden Freiflächen für Spiel- und<br />
Sportmöglichkeiten sowie die Einrichtung<br />
von Grillplätzen. Außerdem sollte<br />
das neue Objekt an das öffentliche<br />
Nahverkehrsnetz angeschlossen sein,<br />
um den Bahnhof und die historische Innenstadt<br />
zu erreichen.<br />
Die Wahl fiel auf die Ephraim Villa auf<br />
der Goethestraße Nr. 16. Im Jahre 1905<br />
wurde das Grundstück Goethestraße<br />
durch den Großkaufmann Martin Ephraim<br />
erworben und eine Villa nach den<br />
Plänen des Architekten Professor Hugo<br />
Bär errichtet und 1909 fertiggestellt.<br />
Nach zwischenzeitlicher Verpachtung<br />
kaufte die Villa 1922 der Kaufmann<br />
Gustav Glaser. Nach seinem Tod im<br />
Jahre 1950 gelangte diese Villa in den<br />
Besitz einer Erbengemeinschaft. Im<br />
Grundstück befanden sich Mietwohnungen.<br />
Im Jahre 1975 erwarb das Grundstück<br />
die Stadt. Der Kauf war jedoch<br />
mit Problemen behaftet. Der Rechtsanwalt<br />
Dr. Schwital war Bevollmächtigter<br />
der Eigentümer (Erbengemeinschaft)<br />
der Goethestraße Nr. 16 und 16a und<br />
gleichzeitig vollzugsbeauftragter für das<br />
Testament. Das Problem bestand darin,<br />
dass im Testament ein Vermächtnis eingetragen<br />
war, mit dem Vermerk, dass<br />
das Haus Goethestraße Nr. 16a (früher<br />
Haus des Chauffeurs der Firma) an die-<br />
28<br />
Geschichte
Einblicke und Aussichten<br />
Jugendherbergen<br />
sen zu übertragen sei. Die Problematik<br />
bestand darin: Im Rechtsverhältnis der<br />
DDR gab es den Passus Vermächtnisse<br />
nicht. Dieser Sachverhalt konnte<br />
folgendermaßen geklärt werden: Die<br />
Erben bekamen die Nr. 16a Goethestraße<br />
zugesprochen und das Objekt der<br />
Villa wurde rechtmäßig mit Notar- und<br />
Kaufvertrag für ca. 250.000,- Mark der<br />
DDR durch die Stadt erworben. Damit<br />
konnte durch die Stadtverordnetenversammlung<br />
der Beschluss zum Ausbau<br />
einer Jugendherberge beschlossen werden.<br />
Den Mietern in diesem Grundstück<br />
wurden andere Wohnungen in der Stadt<br />
angeboten.<br />
Im Jahre 1975 erfolgte die Planung und<br />
Projektierung in Eigenleistung der eigenen<br />
Abteilung Sportbauten des Ratsbereiches<br />
Jugendfragen und Sport unter<br />
der Leitung des Stadtrates Klaus Hoffmann.<br />
Die Planungs- und Ausführungskosten<br />
erfolgten aus Mitteln der Stadtverwaltung<br />
und Zuschüssen des Sonderfonds<br />
Jugend- und Sport des Rates des Bezirkes<br />
Dresden. (Dieser Sonderfond wurde<br />
gespeist aus Mitteln von Lotto und Toto<br />
Gewinnen). Die Kosten der Bauleistungen<br />
und Projektierung beliefen sich<br />
auf ca. 600.000,- Mark der DDR. Damit<br />
betrugen die Gesamtkosten für die<br />
Errichtung der Jugendherberge auf der<br />
Goethestraße für den Kauf des Grundstückes,<br />
Bau- und Projektierungskostenkosten<br />
sowie Ausstattung ca. 1 Million<br />
Mark der DDR.<br />
Ausführungsbetriebe waren: Produktionsgenossenschaft<br />
des Handwerks<br />
(PGH) Vorwärts Görlitz, Eigenleistung<br />
der Baubrigade der Fachabteilung Jugend-<br />
und Sport sowie durch weitere<br />
ehrenamtliche Helfer.<br />
Im Foyer der Villa befand sich ein großer<br />
Gobelin-Teppich, der für das Kulturhistorische<br />
Museum vorgesehen war.<br />
Ebenso wurde ein ca. 2,20 x 2,40 Meter<br />
großer bleiverglaster Fensterflügel<br />
ausgebaut und zur Vorbereitung einer<br />
Restauration in einem Kellerraum der<br />
Villa eingelagert. In diesen verschlossenen<br />
Kellerraum wurde eingebrochen,<br />
und der Fensterflügel gestohlen. Hier<br />
mussten mehrere Leute mit Fahrzeug<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
29
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Die Ephraim Villa als Jugendherberge 1978 (Fotos Rainer Kitte)<br />
zu Werke gegangen sein, da das Fenster<br />
in dieser Größe und Gewicht nur mit<br />
4 bis 6 Personen transportiert werden<br />
konnte. Gleichermaßen wurde in dem<br />
Keller ein Feuer gelegt bei dem der<br />
Gobelin-Teppich versengt wurde und<br />
somit für das Kulturhistorische Museum<br />
wertlos geworden war. Bei der Kriminalpolizei<br />
wurde vom Stadtrat Hoffmann<br />
wegen Einbruch, Diebstahl und<br />
Brandstiftung Anzeige erstattet. Die Ermittlungen<br />
blieben bis heute ergebnislos<br />
und der Fall konnte nicht aufgeklärt<br />
werden. Der Verbleib des bleiverglasten<br />
Fensters wurde gleichermaßen nicht<br />
aufgeklärt.<br />
Im Jahre 1978 wurde der Autor dieses<br />
Artikels zum Stadtrat für Jugendfragen<br />
und Sport berufen. Ich war somit für<br />
die Fertigstellung dieses Objektes zuständig<br />
und verantwortlich. Mein Vorteil<br />
war es, dass die finanziellen Mittel<br />
sowie die Baukapazitäten im Haushalt<br />
eingestellt und die Materialkapazitäten<br />
bilanziert und geplant waren. Der Umbau<br />
zur Jugendherberge konnte somit<br />
zügig abgeschlossen werden.<br />
Im September 1978 war der Um- und<br />
Ausbau zur Jugendherberge beendet<br />
und ich plante in der Stadthalle ein<br />
großes Bankett mit allen am Bau beteiligten<br />
Personen. Einladungen waren<br />
30<br />
Geschichte
Einblicke und Aussichten<br />
Jugendherbergen<br />
Austattung in der Jugendherberge Ephraim Villa 1978 (Fotos Rainer Kitte)<br />
geschrieben, das Menü bestellt, Wimpel<br />
gedruckt.<br />
Eine Woche vor dem Termin dieser Dankesveranstaltung<br />
sollte die Bauabnahme<br />
der Jugendherberge erfolgen. Diese<br />
fand auch statt, aber die Freigabe der<br />
Jugendherberge wurde nicht genehmigt.<br />
Als Grund wurde der nicht vorhandene<br />
zweite Rettungsweg angegeben.<br />
Es lag mir aber eine gültige mit grünem<br />
Stempel versehene Baugenehmigung<br />
vor und auf dieser wurde kein zweiter<br />
Rettungsweg gefordert. Nun war guter<br />
Rat teuer. Innerhalb des Objektes konnte<br />
keine Treppe realisiert werden, da<br />
die Halle im Eingangsbereich bis in die<br />
1. Etage reichte und unter Denkmalsschutz<br />
stand. Eine Feuerleiter am Objekt<br />
wurde auch nicht genehmigt, da es sich<br />
um eine Kindereinrichtung handelte.<br />
Die hinzu gezogenen Fachleute einigten<br />
sich dann darüber aus der ersten Etage<br />
eine Stahltreppe über den Balkon und<br />
dann weiter in den Hof zu bauen. Wer<br />
macht das aber. Wir hatten in unseren<br />
Einrichtungen eine gut organisierte Feierabend<br />
Arbeitsbrigade aus dem Waggonbau<br />
Görlitz im Einsatz. Dessen Leiter<br />
war Herr Lauer. Dieser erklärte sich<br />
bereit die Treppe zu bauen. Meine Bauhandwerker<br />
liquidierten in den oberen 2<br />
Stockwerken jeweils ein Zimmer, besei-<br />
Geschichte<br />
31
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Ephraim Villa heute. Im Bild hinter dem ersten Bogen ist die Stahltreppe erkennbar.<br />
tigten die Fußbodendecken und bauten<br />
eine monolithische Treppe ein. Von der<br />
ersten Etage wurde zum Balkon im Parterre<br />
eine Stahltreppe eingebaut. Somit<br />
gab es den zweiten Rettungsweg. Das<br />
hatte jedoch zur Folge, dass durch den<br />
Wegfall von 2 Zimmern für die Treppe<br />
wir nicht mehr die geplanten 100 Plätze<br />
realisieren konnten. Denn erst ab 100<br />
Herbergsplätze durften wir eine zusätzliche<br />
Haushaltstelle schaffen. Nach dem<br />
Einbau der Treppe bestellte ich erneut<br />
anzeige<br />
32<br />
Geschichte
Einblicke und Aussichten<br />
Jugendherbergen<br />
Jugendherberge Altstadt Peterstraße 15, Eingang<br />
die Abnahmekommission und die Herberge<br />
wurde im Komplex abgenommen.<br />
Das Einweihungs- und Eröffnungsdatum<br />
konnte ich somit belassen. Da mir<br />
bei der ersten Bauabnahme genehmigt<br />
wurde, nur die erste Etage der Jugendherberge<br />
zu belegen. Am 11. September<br />
1978 zogen die ersten Gäste ein.<br />
Um die 100 Plätze wieder zu erreichen<br />
entschlossen wir uns im Gelände der<br />
Herberge einen Doppelbungalow zu errichten.<br />
Diesen boten wir dann Lehrern<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
33
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Jugendherberge Altstadt Peterstraße 15, Außenansicht, Gastronomie und Zimmer<br />
und unseren Partnern im Bezirk Dresden<br />
im Austausch als Urlaubsdomizil<br />
an. Somit konnten wieder 100 Beherbergungsplätze<br />
geschaffen werden und<br />
die zusätzliche Haushaltstelle durch das<br />
Jugendherbergswesen Dresden genehmigt<br />
werden.<br />
Die Jugendherberge war damit in einer<br />
der schönsten Jugendstilvillen von Görlitz<br />
untergebracht. Sie verfügte über 92<br />
Betten in Ein- bis Achtbettzimmern in<br />
der Villa plus 8 Betten im Doppelbungalow<br />
(Gesamt 100 Betten). Die Jugendherberge<br />
auf der Goethestraße wurde<br />
dann später mit dem Titel „schönste<br />
Jugendherberge der DDR“ geehrt.<br />
Im Jahre 1990 mit der deutschen Wiedervereinigung<br />
wurden die Strukturen<br />
im Jugendherbergswesen völlig verändert.<br />
Die Übernachtungspreise stiegen<br />
über Nacht um das 36-fache. Im Jahre<br />
1994 stellten die einstigen Besitzer der<br />
Ephraim Villa einen Antrag auf Rückübertragung<br />
des Hauses, was zur Folge<br />
hatte, dass Investitionen aller Art gestoppt<br />
werden mussten bis zur Klärung<br />
der Eigentumsverhältnisse. Im Jahre<br />
1996 wurde der Antrag auf Rückübertragung<br />
an die früheren Eigentümer zurück<br />
gewiesen, da ja der Grundstückserwerb<br />
durch die Stadt mit Notarvertrag<br />
rechtsgültig abgeschlossen war.<br />
34<br />
Geschichte
Einblicke und Aussichten<br />
Jugendherbergen<br />
Inzwischen aber hatten sich die Nutzungsansprüche<br />
der Jugendlichen für<br />
den Aufenthalt in Jugendherbergen erneut<br />
geändert. Der Trend ging wieder in<br />
die Zentren der Städte. Daher wurden<br />
Untersuchungen angestellt, ob sich in<br />
der historischen Altstadt ein geeignetes<br />
Objekt finden ließe. In der historischen<br />
Altstadt Peterstraße 15 und Hainwald 1<br />
und 2 wurden entsprechende Objekte<br />
gefunden. Gerade das unter Denkmalschutz<br />
stehende Gebäude Peterstraße<br />
15 war erheblich gefährdet. Bereits im<br />
Dezember 2005 war die rückseitige Fassade<br />
eingestürzt. Im Hinterhaus (Hainwald<br />
2) befand sich die ehemalige Feinkostfabrik<br />
der Firma Reibetanz und im<br />
Haus Hainwald 1 Ecke Neißstraße ein<br />
lange leer stehendes Internat der Medizinischen<br />
Fachschule. Für diese Objekte<br />
gab es keine Nutzungsvorschläge.<br />
Es war ein Glücksumstand, dass der Investor<br />
Dr. Hans Peter Schlörb und Ingeborg<br />
Schlörb im Jahre 2010 die Grundstücke<br />
erwarben. Nunmehr wurden<br />
unter Leitung des Architekten Wolfgang<br />
Kück und unter der Bauleitung des Architekten<br />
Christian Weise diese Objekte<br />
zur Jugendherberge Görlitz – Altstadt<br />
umgebaut. Dies war auch dadurch<br />
möglich, dass der Umbau dieses Objektes<br />
durch die Bundesrepublik Deutschland<br />
und den Freistaat Sachsens, sowie<br />
durch die Görlitzer Altstadtstiftung und<br />
durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz<br />
gefördert wurden. Die Investition<br />
betrug 4,5 Millionen Euro. Am<br />
1.10.2009 wurde Richtfest gefeiert und<br />
am 4.3.2011 wurde das Objekt feierlich<br />
übergeben.<br />
Durch den Investor wurde das Objekt<br />
an das sächsische Jugendherbergswesen<br />
vermietet. Im Objekt befinden sich<br />
47 Ein- und Mehrbettzimmer mit hochwertiger<br />
Ausstattung. Im Haus Peterstraße<br />
15 und Hainwald 1 befinden sich<br />
die Gästezimmer und im Haus Hainwald<br />
2 (ehemals Reibetanz) befinden sich der<br />
Speisesaal sowie Veranstaltungsräume.<br />
Die ehemalige Jugendherberge auf der<br />
Goethestraße wurde der WBG (jetzt<br />
Kommwohnen) übergeben. Im <strong>Oktober</strong><br />
2010 wurde der Geschäftsbetrieb<br />
als Jugendherberge eingestellt und es<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
35
Die Jugendherbergen in Görlitz ab 1946 –<br />
Neu erbautes Betteinhaus an Stelle des alten Doppelbungalows mit einem Zimmerbeispiel<br />
Moderne Ausstattung im Denkmalsgeschützten Ambiente und moderne Zimmerausstattungen zeichnen<br />
die „Ephraim Villa“ aus.<br />
begannen hochwertige Sanierungsarbeiten<br />
unter Führung der WBG Sanierungs-<br />
und Entwicklungsgesellschaft<br />
Görlitz mbH.<br />
Seit Mai des Jahres 2011 wird der Geschäftsbetrieb<br />
des Hauses Goethestraße<br />
nunmehr unter dem Namen „Alte Herberge“<br />
für Übernachtungen, Tagungen,<br />
Feiern und weiterer Veranstaltungen<br />
einschließlich Gastronomie weitergeführt.<br />
Im Jahre 2015 wurde der Name<br />
des Hauses erweitert und nannte sich<br />
nun Alte Herberge „Villa Ephraim“. Seit<br />
dem Jahre 2018 nennt sich das Haus<br />
nur noch „Villa Ephraim“. Damit soll zugleich<br />
an die Geschichte des Hauses erinnert<br />
werden.<br />
Der alte Doppelbungalow wurde abgebrochen<br />
und an dieser Stelle ein modernes<br />
Gebäude mit Appartements errichtet.<br />
Die „Ephraim Villa“ bietet weiterhin<br />
preisgünstige Beherbergungen an und<br />
wird vielfältig für Familienfeiern genutzt.<br />
Wolfgang Stiller<br />
36<br />
Geschichte
100 Jahre Weinau-Schule Zittau<br />
Jahre Weinau<br />
Die Stadt Zittau kann auf eine lange und<br />
erfolgreiche Tradition im Bildungswesen<br />
zurückblicken, vor allem bei den sogenannten<br />
„höheren Schulen“. 1238 zum<br />
ersten Mal schriftlich erwähnt und 1255<br />
zur Stadt erhoben, gab es in Zittau bereits<br />
1310 eine Lateinschule.<br />
Nach der Reformation kam es in der<br />
Mitte des 16. Jahrhunderts in vielen<br />
deutschen Städten zu deutlichen Veränderungen<br />
und Verbesserungen im Schulwesen.<br />
Das geht natürlich vor allem auf<br />
die Vorgaben Martin Luthers und Philipp<br />
Melanchthons zurück. Letzteren nannte<br />
man auch „Praeceptor Germaniae“, den<br />
Lehrer Deutschlands. Michael Mascus<br />
war 1535 der erste evangelische Rektor<br />
der Zittauer Lateinschule.<br />
Der bedeutende Bürgermeister Nikolaus<br />
von Dornspach bemühte sich später um<br />
die Einrichtung eines modernen Gymnasiums<br />
in der Stadt. Nach dem Erwerb des<br />
Besitzes der einstigen Johanniterkommende<br />
durch den Rat der Stadt Zittau im<br />
Jahr 1570 eröffneten sich neue Möglichkeiten.<br />
In den folgenden Jahren wurde<br />
das ehemalige Johanniterhaus neben<br />
der Johanniskirche zu einem modernen<br />
Schulgebäude umgebaut. Die Eröffnung<br />
des Zittauer Gymnasiums im Jahr 1586<br />
erlebte Dornspach allerdings nicht mehr.<br />
Das Gymnasium hatte einen schweren<br />
Start in der Stadt. Erst Anfang des 17.<br />
Jahrhunderts unter der Leitung des Rektors<br />
Melchior Gerlach lief es dann besser.<br />
Doch es währte nicht lange. Der Dreißigjährige<br />
Krieg brachte den Gymnasiumbetrieb<br />
sogar zeitweise zum Erliegen.<br />
Danach war es der Rektor Christian Keimann,<br />
welcher das Gymnasium wieder in<br />
die Erfolgsspur brachte. Seine absolute<br />
Blütezeit erlebte das Zittauer Gymnasium<br />
dann unter der Leitung des Rektors<br />
Christian Weise. Er war nicht nur ein bedeutender<br />
Schulmann, sondern auch ein<br />
großer Dichter und erfolgreicher Leiter<br />
der Ratsbibliothek.<br />
Im 18. Jahrhundert veränderte sich das<br />
Gymnasium zusehends, neue Unterrichtsfächer<br />
kamen hinzu, wie Mathematik<br />
und die Naturwissenschaften. Aber es<br />
blieb dennoch ein klassisch humanistisches<br />
Gymnasium mit den Schwerpunktfächern<br />
Latein und Religion.<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
37
100 Jahre Weinau-Schule Zittau<br />
Jahre Weinau<br />
1855 wurde dann zusätzlich ein Realgymnasium<br />
in Zittau begründet, mit den<br />
Schwerpunkten moderner Sprachen und<br />
Naturwissenschaften. Beide Einrichtungen<br />
befanden sich im selben Gebäude,<br />
was damit endgültig zu klein geworden<br />
war.<br />
Im Jahr 1871 wurde das neue große<br />
Gymnasiumgebäude „Johanneum“ an<br />
den Promenaden eröffnet. Da Zittau eine<br />
wachsende und aufstrebende Stadt war,<br />
reichte aber auch dieses Gebäude bald<br />
nicht mehr aus.<br />
Erste Pläne zur Errichtung eines neuen<br />
Gebäudes für das Gymnasium gab es<br />
bereits im Jahr 1911. Die Bauplatzfrage<br />
musste geklärt werden und für den Bauentwurf<br />
wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben.<br />
Realisiert wurde schließlich ein<br />
Entwurf des Zittauer Stadtbaudirektors<br />
Trunkel. Der erste Spatenstich erfolgte<br />
am 20. April 1914, die Grundsteinlegung<br />
fand am 28. Mai an der Bismarckallee<br />
(heute Weinauallee) statt. Doch durch<br />
den Ausbruch des Ersten Weltkrieges kamen<br />
die Bauarbeiten bald zum Erliegen.<br />
Erst nach Kriegsende konnten sie wieder<br />
aufgenommen werden. Die Einweihung<br />
des neuen Gymnasiums erfolgte schließlich<br />
am 9. <strong>Oktober</strong> 1920.<br />
Nun hatte Zittau zwei räumlich getrennte<br />
Gymnasien: das „Johanneum“ wurde<br />
zum Realgymnasium und das neue Gebäude<br />
zum humanistischen Gymnasium.<br />
Wie zeigte sich nun das neue Gymnasiumgebäude?<br />
Die Zittauer Tageszeitungen<br />
berichteten im <strong>Oktober</strong> 1920 ausführlich<br />
von der Einweihung. Das neue Schulgebäude<br />
hatte 12 Klassenzimmer, ein Doppelklassenzimmer,<br />
einen Gesangssaal,<br />
Gedicht zur Einweihung, Zittauer Nachrichten,<br />
8.10.1920<br />
einen Zeichensaal, einen Handfertigkeitssaal,<br />
Physik- und Chemielehrräume<br />
mit Vorbereitungszimmern, ein Schülerlaboratorium,<br />
eine Schulbibliothek, Lehrerzimmer,<br />
Konferenzzimmer, Rektorzimmer,<br />
Schreiberzimmer, Arztzimmern und<br />
eine große Aula. Im Kellergeschoss be-<br />
38<br />
Geschichte
Christian-Weise-Bibliothek<br />
100 Jahre Weinau<br />
mit der Schule verbunden war. Ein Turnund<br />
ein Pausenhof, sowie ein Schulgarten<br />
ergänzten die Schule.<br />
Gebaut worden war das Gebäude überwiegend<br />
von einheimischen Firmen unter<br />
der Leitung von Stadtbaudirektor Dunger<br />
und Baumeister Schöne. Eine besondere<br />
Zierde der Schule bildeten damals schon<br />
die großen Buntglasfenster in der Aula.<br />
Sie sind allesamt Stiftungen ehemaliger<br />
Schüler, wohlhabender Bürger und der<br />
Stadt Zittau. Angefertigt wurden sie von<br />
der Zittauer Firma Richard Schlein nach<br />
Ideen von Rechtsanwalt Dr. F. U. Apelt.<br />
Dass diese Fenster bis heute erhalten<br />
geblieben sind ist eine Besonderheit der<br />
Weinauschule.<br />
Zweifellos hatte Zittau mit dem neuen<br />
Gymnasium eine moderne und zeitgemäße<br />
Bildungsstätte erhalten.<br />
Sächsische Zeitung Zittau, 14.1.1966<br />
fand sich die Heizung mit den Vorratsräumen,<br />
sowie die Heizerwohnung. Im Erdgeschoss<br />
war die Hausmeisterwohnung.<br />
Jedes Geschoss hatte geräumige Gänge<br />
mit Kleiderablagen für die Schüler. Der<br />
Dachaufbau diente zur Himmelsbeobachtung.<br />
Das ganze Haus wurde elektrisch<br />
beleuchtet und durch eine Niederdruckdampfheizung<br />
beheizt. Die Turnhalle<br />
war durch einen Geräteraum und Umkleideräume<br />
mit der Schule verbunden.<br />
Die Wohnung des Rektors befand sich in<br />
einem Nebengebäude, welches ebenfalls<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
gab es die beiden Gymnasium noch für<br />
einige Jahre. Im Zuge der Veränderung<br />
des Schulwesens in der DDR wurden dann<br />
aber die Gymnasien abgeschafft und die<br />
Erweiterten Oberschulen eingeführt. Das<br />
Gymnasium „Johanneum“ wurde zur Erweiterten<br />
Oberschule in Zittau. Das Gebäude<br />
an der inzwischen nach Friedrich<br />
Engels benannten Allee wurde zu einer<br />
normalen Oberschule. Da die Schule unweit<br />
des Naherholungsgebietes Weinau<br />
lag, wurde sie umgangssprachlich meist<br />
auch als Weinauschule bezeichnet. Offiziell<br />
war sie die 5. Oberschule bzw. später<br />
5. Polytechnische Oberschule Zittau.<br />
Am 15. Januar 1966 erhielt die Schule<br />
den Ehrennamen „Professor-Dr.-William-<br />
Du-Bois-Oberschule“. An der Namensgebung,<br />
die von der Deutsch-Afrikanischen<br />
Geschichte<br />
39
100 Jahre Weinau-Schule Zittau<br />
Jahre Weinau<br />
Appell zum Kindertag, 1.6.1964<br />
Gesellschaft in Berlin angeregt worden<br />
war, nahm auch die Witwe von Prof. Dr.<br />
du Bois teil. Lehrer Gangfuß und Schüler<br />
einer neunten Klasse hatten „in monatelanger<br />
Gemeinschaftsarbeit eine<br />
Demonstrationskarte von Afrika“ angefertigt,<br />
welche die Zustimmung des<br />
Ministeriums für Volksbildung und der<br />
Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft gefunden<br />
hatte. Die Zittauer Schule gehörte<br />
somit zu den ersten Schulen der<br />
DDR, welche Verbindungen nach Ghana<br />
aufnahmen.<br />
William Edward Burghardt du Bois war<br />
ein farbiger Amerikaner und wurde am<br />
23. Februar 1868 in Massachusetts (USA)<br />
geboren. Erst wenige Jahre zuvor war<br />
der amerikanische Bürgerkrieg zu Ende<br />
gegangen, welcher die Sklaverei in den<br />
südlichen US-Staaten beendete. Die Familie<br />
Du Bois war allerdings schon seit<br />
Generationen frei. W. E. B. du Bois arbeitete<br />
zunächst als Journalist und studierte<br />
nebenbei. 1885 erwarb er den<br />
Bachelorabschluss und arbeitete einige<br />
Jahre als Lehrer an einer Landschule in<br />
Tennessee. Im Jahr 1888 begann er ein<br />
Geschichtsstudium in Harvard, welches<br />
er 1892 mit dem Master abschloss. Von<br />
1892 bis 1894 studierte du Bois an den<br />
Universitäten Berlin und Heidelberg in<br />
Deutschland. Über seine Studienzeit hier<br />
schrieb er: „Da waren Weiße – Studenten,<br />
Bekannte, Lehrer -, die die Gegenwart<br />
mit mir erlebten. Sie betrachteten<br />
mich nicht als Abnormität oder als Untermenschen.<br />
Ich war nur ein etwas privilegierter<br />
Student, den sie froh waren,<br />
zu treffen und mit dem sie über Gott und<br />
die Welt, besonders über die Welt, aus<br />
der ich kam, reden konnten“. Durch diese<br />
positiven Erfahrungen wurde Du Bois<br />
zu einem großen Freund Deutschlands,<br />
vor allem bewunderte er den deutschen<br />
Kanzler Bismarck: „Er formte aus einer<br />
40<br />
Geschichte
100 Jahre Weinau-Schule Zittau<br />
Jahre Weinau<br />
Schuleintritt 4.9.1971<br />
Masse sich zankender Völker eine Nation<br />
[…] Dies ließ mich ahnen, was die amerikanischen<br />
Schwarzen tun müssen: mit<br />
Kraft und Entschlossenheit unter fähiger<br />
Führung voranmarschieren“. Ist das nicht<br />
auch heute noch interessant zu lesen?<br />
Nach der Rückkehr in die USA war du<br />
Bois der erste Schwarze der in Harvard<br />
promovierte. Sein Thema dabei war der<br />
transatlantische Sklavenhandel. Eine<br />
wissenschaftliche Karriere an den großen<br />
amerikanischen Universitäten blieb ihm<br />
jedoch verwehrt. Ein Forschungsprojekt<br />
zur Situation der Schwarzen in Philadelphia<br />
brachte ihm den Durchbruch als<br />
erster schwarzer Soziologe. Von 1897<br />
bis 1910 war er Professor für Geschichte<br />
und Wirtschaftswissenschaften an der<br />
schwarzen Universität in Atlanta.<br />
Du Bois engagierte sich stark in der aufkommenden<br />
Bürgerrechtsbewegung und<br />
trat für die vollen bürgerlichen Freiheiten<br />
aller Schwarzen und für ein Ende<br />
der Diskriminierung ein. Er stellte sein<br />
ganzes Leben und seine Kraft in den<br />
Dienst dieses Kampfes. Das brachte ihm<br />
in den USA in der damaligen Zeit natürlich<br />
nicht nur Freunde ein. Nach dem<br />
Ersten Weltkrieg richtete du Bois seine<br />
politische Tätigkeit mehr auf den afrikanischen<br />
Kontinent aus. In der Bewegung<br />
des Pan-Afrikanischen Kongresses war<br />
er führend tätig. In den 1920er Jahren<br />
bereiste er Westafrika, die Sowjetunion,<br />
mehrfach Deutschland, Japan und China.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte<br />
er sich bei mehreren Friedenskongressen<br />
und trat gegen die Atombombe auf. Das<br />
brachte ihm in der McCarthy-Zeit erhebliche<br />
Schwierigkeiten ein. 1951 heiratete<br />
er die amerikanische Schriftstellerin Shirley<br />
Graham. Im Jahr 1959 erhielt er den<br />
Lenin-Friedenspreis in Moskau und 1961<br />
wurde er Mitglied der Kommunistischen<br />
Partei der USA. Im gleichen Jahr siedelte<br />
er nach Ghana um, wo sein Freund<br />
42<br />
Geschichte
Christian-Weise-Bibliothek<br />
100 Jahre Weinau<br />
Lehrerschaft Juni 1975<br />
Kwame Nkrumah die Republik ausgerufen<br />
hatte und Staatspräsident geworden<br />
war.<br />
William Edward Burghardt du Bois starb<br />
am 27. August 1963 in Accra (Ghana), einen<br />
Tag vor dem inzwischen historischen<br />
Marsch der schwarzen Bürgerrechtsbewegung<br />
auf Washington und der legendären<br />
Rede „I Have a Dream“ von Martin<br />
Luther King.<br />
Doch das offizielle Interesse der DDR am<br />
Vermächtnis von Prof. W. E. B. du Bois<br />
hielt nicht lange an. Zwar prangte der<br />
Name in großen Buchstaben weiterhin an<br />
der Eingangsfront der Schule, aber schon<br />
bald war der Name nicht mehr gebräuchlich,<br />
sondern man sprach nur noch von<br />
der 5. POS. Lag es daran, dass die junge<br />
Demokratie in Ghana am 24. Februar<br />
1966 durch einen blutigen Militärputsch<br />
beseitigt und Präsident Nkrumah in Exil<br />
anzeige<br />
Geschichte<br />
43
100 Jahre Weinau-Schule Zittau<br />
Jahre Weinau<br />
vertrieben wurde? Trotzdem<br />
blieb du Bois doch einer der<br />
großen Kämpfer für die Rechte<br />
der Schwarzen in Amerika und<br />
der ganzen Welt! Eigentlich ist<br />
es unverständlich, dass einem<br />
solchen Menschen damals die<br />
Ehrung wieder aberkannt wurde.<br />
Der Name „Prof. du Bois-<br />
Schule“ würde noch heute<br />
oder gerade heute wieder eine<br />
passende Benennung sein!<br />
Abschlusszeitung 1979<br />
Ich selbst habe in der „Pro-<br />
fessor-Dr.-William-Du-Bois-<br />
Oberschule“ von 1971 an<br />
zehn erfolgreiche Schuljahre<br />
erlebt. Meine Erinnerungen an<br />
die Schule, die Lehrer und Mitschüler<br />
sind überwiegend positiver<br />
Art. Manches was man<br />
als Schüler kritisch sah, zeigte<br />
sich später als unwesentlich.<br />
Bald schon merkte man, dass<br />
das Leben noch ganz andere<br />
Anforderungen an einen stellte.<br />
anzeige<br />
44<br />
Geschichte
Christian-Weise-Bibliothek<br />
100 Jahre Weinau<br />
Weinauschule Zittau, Haupteingang Sommer <strong>2020</strong><br />
Nach der Wende in der DDR 1989/90<br />
wurde die 5. POS in eine Grundschule<br />
und eine Mittelschule aufgeteilt. Über<br />
viele Jahre wurde das Schulgebäude bei<br />
laufendem Schulbetrieb innen und außen<br />
grundlegend saniert. Heute ist über dem<br />
Haupteingang an der Weinauallee der<br />
Schriftzug „Schule-an-der-Weinau“ angebracht.<br />
Im September 2014 wurde ein neu gebautes<br />
Hortgebäude an der Kämmelstraße,<br />
unweit der Weinauschule, eröffnet.<br />
Der Bau einer neuen und größeren Sporthalle<br />
für die Weinauschule hat in diesem<br />
Jahr begonnen.<br />
Somit ist die Weinauschule in Zittau wohl<br />
gut für die nächsten 100 Jahre gerüstet.<br />
Uwe Kahl, Zittau<br />
Impressum:<br />
Herausgeber (V.i.S.d.P.):<br />
incaming media GmbH<br />
Geschäftsführer:<br />
Andreas Ch. de Morales Roque<br />
Carl-von-Ossietzky-Straße 45<br />
02826 Görlitz<br />
Ruf: (03581) 87 87 87<br />
Fax: (03581) 40 13 41<br />
info@stadtbild-verlag.de<br />
www.stadtbild-verlag.de<br />
Geschäftszeiten:<br />
Mo. - Fr. von 9.00 bis 17.00 Uhr<br />
Druck:<br />
Graphische Werkstätten Zittau GmbH<br />
Geschichte<br />
Verantw. Redakteur:<br />
Andreas Ch. de Morales Roque<br />
(Mitglied im Deutschen<br />
Fachjournalistenverband)<br />
Redaktion:<br />
Andreas Ch. de Morales Roque<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />
Bertram Oertel<br />
Anzeigen verantw.:<br />
Dipl. - Ing. Eberhard Oertel<br />
Mobil: 0174 - 31 93 525<br />
Teile der Auflage werden auch kostenlos<br />
verteilt, um eine größere<br />
Verbreitungsdichte zu gewährleisten.<br />
Für eingesandte Texte & Fotos<br />
übernimmt der Herausgeber keine<br />
Haftung. Artikel, die namentlich gekennzeichnet<br />
sind, spiegeln nicht die<br />
Auffassung des Herausgebers wider.<br />
Anzeigen und redaktionelle Texte<br />
können nur nach schriftlicher Genehmigung<br />
des Herausgebers verwendet<br />
werden.<br />
Anzeigenschluss für die November-<br />
Ausgabe: 15. <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />
Redaktionsschluss: 20. <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />
anzeige<br />
45
Boni für gesundheitsbewusstes Verhalten: Nicht jeder Zuschuss der<br />
ETL-Steuerberatung<br />
Krankenkasse ist automatisch eine Beitragsrückerstattung<br />
Gesetzliche wie auch private Krankenkassen haben ein großes Interesse an einem gesundheitsbewussten<br />
Verhalten ihrer Versicherten. Um die Versicherten zu motivieren, beteiligen sie sich beispielsweise<br />
an den Kosten für Yogakurse oder die Anschaffung eines Fitnesstrackers. Aber auch die<br />
Teilnahme an verschiedenen Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen wird finanziell unterstützt.<br />
So manche Krankenkasse belohnt auch eine gesunde Lebensweise, wie z. B. Nichtrauchen oder die<br />
Vermeidung von Übergewicht.<br />
Krankenkassen melden nicht nur die Beitragszahlungen, sondern auch die gewährten Kostenerstattungen<br />
an das Finanzamt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung kann es daher passieren,<br />
dass die Kostenerstattungen mit den Beitragszahlungen verrechnet werden und so den Sonderausgabenabzug<br />
für Krankenkassenbeiträge mindern. Doch das ist nicht in jedem Fall richtig. Die<br />
Sonderausgaben dürfen nur gemindert werden, wenn der Versicherte keine eigenen Aufwendungen<br />
für die belohnten Präventionsmaßnahmen geleistet hat. Nur in diesem Fall sind die von den Krankenkassen<br />
geleisteten Erstattungen als Beitragsrückerstattung zu beurteilen.<br />
Das gilt auch dann, wenn die Gesundheitsmaßnahme pauschal bezuschusst wird. Die Krankenkassenprämie<br />
ist im Einzelfall auch dann in voller Höhe als Leistung der Krankenkasse anzusehen, wenn<br />
der Bonus im Einzelfall die tatsächlichen Aufwendungen überkompensiert, aber in einer überschlägigen<br />
Betrachtung als realitätsgerechte Pauschale beurteilt werden kann.<br />
So entschieden aktuell die Richter des Bundesfinanzhofes. Im konkreten Fall gewährte die Krankenkasse<br />
verschiedene pauschale Prämienzahlungen für Gesundheitsmaßnahmen aus den vier Bereichen<br />
„Gesetzliche Vorsorge“, „Private Vorsorge“, „Aktive Lebensweise“ und „Prävention“ in Höhe von<br />
insgesamt 230 Euro. Soweit es sich bei den Zahlungen ganz oder teilweise um die Erstattung von<br />
konkreten Aufwendungen des Versicherten handelt, dürfen die Zahlungen nicht den Sonderausgabenabzug<br />
für Krankenversicherungsbeiträge mindern.<br />
Wie so oft kommt es auf die konkrete Ausgestaltung der Boni, Prämienzahlungen oder Kostenerstattungen<br />
an. Das Finanzgericht hat nun zu prüfen, ob allen gewährten Einzelboni auch Aufwendungen<br />
für begünstigte Gesundheitsmaßnahmen im Sinne des § 65a SGB V gegenüberstehen.<br />
46<br />
Autor: Ulf Hannemann, Freund & Partner GmbH (Stand: 26.08.<strong>2020</strong>)<br />
Ratgeber | Anzeige