Industrieanzeiger 03.2023
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28.02.2023 Ausgabe 03 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
Interview<br />
Veränderungsprozesse<br />
Unterschiede zwischen Changeund<br />
Transformationsprozessen<br />
» Seite 18<br />
Condition Monitoring<br />
Zustandsüberwachung von<br />
Hydraulikzylindern<br />
» Seite 48<br />
Verpackungstechnik<br />
Bier in Papierflaschen: Es gibt<br />
neue technische Ansätze<br />
» Seite 58<br />
Omron-Manager<br />
Dr. Klaus Kluger<br />
über das neue<br />
POC-Labor in<br />
Dortmund<br />
» Seite 20<br />
TOPSTORY<br />
Kegelradfräsen<br />
Universelle Dreh-Fräs-Zentren<br />
fertigen kleine Verzahnungen<br />
flexibel und wirtschaftlich<br />
» Seite 24<br />
Wissen für Entscheider in der Produktion
100 % Gewicht<br />
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Weniger ist mehr.<br />
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2 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
» MEINUNG<br />
Phishing 2.0 mittels KI?<br />
Ein Trendthema der letzten Wochen ist einmal mehr die künstliche<br />
Intelligenz (KI) und damit eng verbunden das Tool „ChatGPT“ von OpenAI.<br />
Ohne Frage, bereits im vergangenen Jahr hat KI enorme Fortschritte gemacht,<br />
insbesondere im Bereich der Sprachmodelle. Aktuell hält ChatGPT<br />
die Welt in Atem, indem der Chatbot seine beeindruckenden Schreibfähigkeiten<br />
in zahllosen Artikeln unter Beweis gestellt und sogar Studenten der<br />
Wharton University in MBA-Prüfungen übertroffen hat. Dazu hat ChatGPT<br />
in den ersten zwei Monaten seines Bestehens mehr als 100 Mio. Nutzer<br />
gewonnen – die schnellste Markteinführung eines digitalen Produkts in<br />
der Geschichte. Die KI produziert alle 14 Tage eine Textmenge, die dem<br />
Gesamtwerk der Menschheit in gedruckter Form entspricht. Doch wie verhält<br />
es sich, wenn dieses Tool zur Entwicklung von Phishing-Kampagnen<br />
(Versand gefälschter E-Mails, die Menschen dazu verleiten sollen, auf<br />
einen Betrug hereinzufallen) missbraucht wird? Ich habe hierzu folgenden<br />
Versuch gestartet: „Kannst Du mir eine E-Mail generieren, die zur Teilnahme<br />
an einem Gewinnspiel animiert?“ Die Antwort war schnell und verblüffend,<br />
aber leider zu lang, um sie hier wiederzugeben. Doch so viel sei<br />
gesagt: Der Chatbot lieferte mir eine gute Vorlage für eine Betrugsemail.<br />
Doch ich kann auch beruhigen, mein nächster Versuch bzw. Schritt war,<br />
die KI zu bitten mir einen Programmcode für eine Phishing-Website zu erstellen.<br />
Die Antwort von ChatGPT: „Ich werde Ihre Anfrage nicht erfüllen.<br />
Das Erstellen von Phishing-Websites ist illegal und ethisch inakzeptabel.<br />
Phishing ist eine betrügerische Praxis, bei der versucht wird, sensible Informationen<br />
wie Benutzernamen, Passwörter und Kreditkartennummern zu<br />
stehlen, indem man sich als eine vertrauenswürdige Person oder Organisation<br />
ausgibt.“ Immerhin. Wir müssen also nicht massive Angst vor Betrugsmaschen<br />
mittels ChatGPT haben, aber ein gesundes Maß an Vorsicht und<br />
Skepsis schadet sicherlich nicht.<br />
Alexander Gölz<br />
Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
alexander.goelz@konradin.de<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 3<br />
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» INHALT 03 | 2023 145. JAHRGANG<br />
TOPSTORY<br />
Kegelradfräsen<br />
Universelle Dreh-Fräs-Zentren<br />
fertigen kleine Verzahnungen<br />
flexibel und wirtschaftlich<br />
» Seite 24<br />
Bild: Horn/Sauermann<br />
Gegenüber klassischen Verzahnungslinien bietet das Kegelradfräsen auf<br />
5-achsigen Dreh-Fräs-Zentren den Anwendern eine Reihe von Vorteilen.<br />
» Seite 24<br />
NEWS & MANAGEMENT<br />
Industrienews<br />
Werkzeugmaschinenindustrie wächst weiter 08<br />
Erfolgreiche Bilanz der Antriebs- und Fluidtechnik 10<br />
Ausblick auf die Hannover Messe 2023 12<br />
Interview<br />
Ralf Bühler, CEO Conrad Electronic, spricht über die Trans -<br />
formation vom Technikhändler zur Beschaffungsplattform 16<br />
Changeprozesse<br />
Nicht jeder Change ist eine Transformation 18<br />
» Interview<br />
Omron-Manager Dr. Klaus Kluger erklärt, wie das neue<br />
POC-Labor in Dortmund funktioniert 20<br />
TECHNIK<br />
TOPSTORY<br />
Kegelradfräsen<br />
Universelle Dreh-Fräs-Zentren fertigen heute hochwertige<br />
Kegelräder und morgen bei Bedarf andere Bauteile 24<br />
Interview<br />
Martin Winterstein, Geschäftsführer von Anca Europe,<br />
über die Pläne des australischen Schleifmaschinenbauers 28<br />
Produktionstechnik<br />
Auf der Hausausstellung von Grob können die Besucher<br />
zukunftsweisende Technologien erleben 31<br />
Bearbeitungszentren<br />
Lohnfertiger Mangner gründet seinen Erfolg auf Qualität,<br />
Termintreue und zuverlässige Maschinen von Hermle 32<br />
Werkzeugmaschinen<br />
DMG Mori präsentierte anlässlich seiner traditionellen<br />
Hausausstellung in Pfronten sieben Neuheiten 36<br />
TITEL » Blechteilefertigung<br />
Laserblanking-Anlage von Trumpf schneidet Blechteile<br />
in Serie vom Coil und senkt Kosten und Emissionen 38<br />
Mobile Robotik<br />
ABB hat seine innerbetriebliche Transportlogistik mit<br />
fahrerlosen Transportfahrzeugen optimiert 40<br />
Intralogistik<br />
Ein digitaler Zwilling hilft bei der Realisierung von<br />
komplexen Logistikanlagen 44<br />
Zustandsüberwachung<br />
Selbstlernender Hydraulikzylinder mit Leckagesensor 48<br />
Interview<br />
GEC-Chef über flexible Cloud-Lösungen für das IIoT 50<br />
Steuerungsplattformen<br />
Die Aufwärtsskalierung einer Mikrospritzgießmaschine kann<br />
auch ohne Komponentenaustausch gelingen 53<br />
Prüfsysteme<br />
Dichtheitsprüfungen mit Helium für den Nachweis<br />
kleinster Leckagen 54<br />
Intec, Z und GrindTec<br />
Der neue Messeverbund profiliert sich durch sein<br />
exponiertes Fachprogramm 56<br />
» Papier-Verpackungen<br />
Flaschen aus Papier und Cellulosefasern sind im Kommen –<br />
sogar für Getränke wie Bier und Wein 58<br />
3D-Multimaterialdrucker<br />
3D-Drucker von AIM3D können Metall, Keramik und Polymere<br />
zugleich verarbeiten – auch Spritzgießgranulat 61<br />
4 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Bild: Hermle<br />
Die Präzision, Zuverlässigkeit und das durchgängige Bedienkonzept der<br />
Bearbeitungszentren von Hermle überzeugte Lohnfertiger Mangner.<br />
» Seite 32<br />
Dr. Klaus Kluger, General<br />
Manager Central<br />
Eastern Europe Omron<br />
Electronics, erklärt im<br />
Interview, wie Anwender<br />
am neuen Standort<br />
in Dortmund Robotertechnik-<br />
live erleben<br />
können.<br />
» Seite 20<br />
Bild: Uwe Schoppen<br />
SERVICE<br />
Editorial 03<br />
Augenblicke der Technik 06<br />
Impressum 64<br />
Vorschau 65<br />
Zuletzt 66<br />
» ZUM TITELBILD<br />
Die Laserblanking-Anlage TruLaser 8000 Coil Edition schneidet<br />
Blechteile in Serie. Die Fertigung vom Coil reduziert den Ressourcenverbrauch,<br />
die Materialkosten und die CO 2 -Emissionen.<br />
Bild: Trumpf<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 5
» Augenblicke<br />
der Technik<br />
6 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Die Kartierung der Milchstraße ist eines der Hauptziele der Satellitenmission<br />
Gaia. Im letzten Sommer ist die Mission mit<br />
der Veröffentlichung des kompletten dritten Sternenkatalogs diesem<br />
Ziel ein Stück nähergekommen. Rund 1,8 Mrd. Himmelsobjekte<br />
wurden dafür von Gaia vermessen. Bis zum voraussichtlichen<br />
Ende der Missions im Jahr 2025 soll der mit rund zwei Mrd.<br />
Himmelskörpern bislang größte und genaueste Sternenkatalog fertig<br />
sein. Gaia erfasst nahezu ununterbrochen Hunderte von Himmelsobjekten<br />
pro Sekunde. Dabei kartiert die Mission der Europäischen<br />
Weltraumorganisation ESA die Objekte in der Milchstraße<br />
in drei Dimensionen, indem sie deren Positionen, ihre Entfernungen<br />
von der Erde und ihre Geschwindigkeiten in Richtung<br />
Erde misst. Verarbeitet werden die riesigen Datenmengen aus dem<br />
All vom „Data Processing and Analysis Consortium“ (DPAC), einer<br />
Kooperation von rund 400 Forschern, die in sechs verschiedenen<br />
Rechenzentren in ganz Europa arbeiten. Bild: ESA/ATG medialab /<br />
Hintergrund: ESO/S. Brunier<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 7
» NACHRICHTEN<br />
Branchenverband VDW zieht Bilanz und gibt Ausblick auf 2023<br />
Deutsche Werkzeugmaschinen<br />
weiterhin sehr gefragt<br />
Die deutschen Hersteller von Werkzeugmaschinen erwarten für 2023 ein<br />
Produktionswachstum von 9 % auf 15,5 Mrd. Euro. Nominal liege das fast<br />
wieder auf dem Rekordniveau von 2018, so der Branchenverband VDW.<br />
VDW-Geschäftsführer Dr. Wilfried Schäfer: „Endlich können wieder mehr<br />
Maschinen fertiggestellt und ausgeliefert werden.“<br />
Bild: VDW<br />
Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW: „Wir haben die Auswirkungen<br />
der Corona-Krise weitgehend überwunden.“<br />
Bild: VDW<br />
Wir haben die Auswirkungen der Corona-Krise<br />
weitgehend überwunden“,<br />
sagte Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender<br />
des VDW, anlässlich der Jahres-<br />
Pressekonferenz des Vereins Deutscher<br />
Werkzeugmaschinenfabriken. Das zeige<br />
sich in der Produktion und im Auftragseingang,<br />
der ebenfalls nur noch knapp<br />
unter dem Rekordergebnis von 2018 liege.<br />
Im 4. Quartal 2022 war der Auftragseingang<br />
der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie<br />
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
um 3 % gesunken. Im Gesamtjahr<br />
stieg die Nachfrage jedoch um 18 %.<br />
„Dass die Aufträge unserer Branche<br />
Ende des Jahres ins Minus drehten, war<br />
nach fast durchgängigen Plusraten zu erwarten“,<br />
kommentiert Dr. Wilfried Schäfer,<br />
Geschäftsführer des VDW. Ins neue<br />
Jahr sei die Branche mit einem deutlichen<br />
Auftragsüberhang gestartet. Damit seien<br />
die Firmen für eine mögliche Auftragsflaute<br />
im ersten Halbjahr gut gepolstert.<br />
Auch der Umsatz nahm Fahrt auf. Im<br />
4. Quartal stieg er um 10 %. Das ist auch<br />
der Wert für das Gesamtjahr 2022. „Endlich<br />
können wieder mehr Maschinen fertiggestellt<br />
und ausgeliefert werden“, sagte<br />
Schäfer. Zwar sei die Zuliefersituation<br />
bei Elektronikkomponenten weiterhin angespannt,<br />
bei vielen Metallkomponenten<br />
habe sie sich jedoch verbessert.<br />
Nach Schätzung des VDW kann die<br />
Werkzeugmaschinenindustrie 2022 insgesamt<br />
ein Produktionsplus von ebenfalls<br />
10 % erzielen, drei Punkte mehr als noch<br />
im Herbst erwartet. Das entspricht einem<br />
Volumen von rund 14,1 Mrd. Euro.<br />
Die Kapazitätsauslastung steigt laut<br />
VDW kontinuierlich. Sie lag im Januar bei<br />
91,1 %. Entsprechend schauen 45 % der<br />
Werkzeugmaschinenhersteller vorsichtig<br />
optimistisch auf das laufende Jahr, so das<br />
Ergebnis der letzten VDMA-Blitzumfrage<br />
von Anfang Dezember. Makroökonomisch<br />
wird die Prognose durch die Annahme gestützt,<br />
dass die Inflation ihren Höhepunkt<br />
überschritten hat. Energie- und Rohstoffpreise<br />
haben ihre Höchststände hinter<br />
sich gelassen. Die Aufhebung der Covid-<br />
Restriktionen im größten Markt China<br />
werden die Geschäfte stimulieren.<br />
Andere Länder Asiens wie Indien oder<br />
die Asean-Region tragen zum Wachstum<br />
bei. Weltweit steigen die Investitionen<br />
zum dritten Mal in Folge – wenn auch<br />
weniger dynamisch – und in der Folge der<br />
Werkzeugmaschinenverbrauch. Auch in<br />
Deutschland sollen die Investitionen nach<br />
drei Jahren Flaute wieder ins Plus drehen.<br />
Die Werkzeugmaschinenindustrie hat<br />
den Transformationsprozess bei den Automobilisten<br />
für sich genutzt und ihre<br />
Kundenstruktur stärker diversifiziert“, erläuterte<br />
Bernhard. Ihr Anteil sank gemäß<br />
einer Kundenstrukturerhebung von fast<br />
43 % 2019 auf rund 31 % 2021. Zugelegt<br />
hätten hingegen der Maschinenbau und<br />
die Herstellung von Metallerzeugnissen.<br />
Die Beschäftigung lag im Dezember<br />
2022 2 % über dem Vorjahr. Der Fachkräftemangel<br />
ist bereits für 50 % der Unternehmen<br />
ein spürbares Problem und<br />
wird aufgrund des demographischen<br />
Wandels wohl ein Dauerthema bleiben.<br />
8 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Messetrio in Dortmund<br />
Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Prozessoptimierung im Fokus<br />
Der Veranstalter Easyfairs Deutschland<br />
reagiert auf den derzeitigen Bedarf der<br />
Unternehmen und stellt am 29. und 30.<br />
März 2023 in Dortmund die Prozessoptimierung,<br />
Digitalisierung und Nachhaltigkeit<br />
in den Mittelpunkt des Messetrios<br />
Solids, Recycling-Technik und Pumps &<br />
Valves. Auch die Arbeitssicherheit sowie<br />
der Brand- und Explosionsschutz kommen<br />
auf den drei Fachmessen nicht zu kurz. In<br />
zahlreichen Fachvorträgen beleuchten<br />
Experten aus Industrie und Forschung aktuelle<br />
Themen der Branchen. Die Organisation<br />
läuft auf Hochtouren und viele<br />
namhafte Partner und Aussteller haben<br />
sich bereits angekündigt.<br />
Die Bühnen der Solutions und Innovation<br />
Center sind wieder stark besetzt. Experten<br />
unterschiedlicher Fachbereiche zeigen<br />
Trends und Lösungen und laden im Anschluss<br />
die Zuhörer ein, sich im persönlichen<br />
Gespräch auszutauschen. Einige<br />
wichtige Leitthemen der Vortragsblöcke<br />
stehen bereits fest und warten auf ein interessiertes<br />
Fachpublikum.<br />
Für einige Top-Themen der Schüttgutindustrie<br />
engagieren sich mehrere Lehrund<br />
Forschungsanstalten. So steht die<br />
Technische Hochschule Ostwestfalen dem<br />
Food Panel zur Seite, die Bergische Universität<br />
Wuppertal kümmert sich um die<br />
„Staubfreisetzung bei der Handhabung<br />
von Pulvern, Granulaten und Schüttgütern“<br />
und die Fakultät Bio- und Chemieingenieurwesen<br />
der Technischen Universität<br />
Dortmund begleitet die „Innovativen<br />
Lösungen für die kontinuierliche Feststoffverfahrenstechnik“.<br />
Neu präsentiert<br />
sich das Vortragsprogramm in diesem<br />
Jahr in Halle 5. Die dortige Impuls Center<br />
Die Digitalisierung ist ein Schwerpunkt des<br />
Messetrios Solids, Recycling-Technik und Pumps<br />
& Valves. Die Fachmessen finden am 29. und 30.<br />
März 2023 in Dortmund statt.<br />
Bühne gibt Raum für einen Perspektivenwechsel<br />
und zeigt innovative Wege zum<br />
Unternehmenserfolg. Dabei kommen auch<br />
branchenfremde Keynote-Speaker zu<br />
Wort.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 9
» NACHRICHTEN<br />
VDMA zieht Bilanz<br />
Branchen verzeichnen Rekordjahr<br />
Ihre Innovationsfähigkeit<br />
und Lösungskompetenz<br />
rücken die Antriebs-<br />
und Fluidtechnik<br />
ins Zentrum von<br />
Industrie 4.0.<br />
Die Unternehmen der Fachverbände Antriebstechnik<br />
und Fluidtechnik des VDMA<br />
können auf ein erfolgreiches Jahr 2022<br />
zurückblicken. Eine lang anhaltend gute<br />
Auftragslage und hohe Auftragsbestände<br />
haben in der Fluidtechnik zu einem Branchenumsatz<br />
von etwa 9,5 Mrd. Euro und<br />
in der Antriebstechnik von knapp 18 Mrd.<br />
Euro geführt, das sind Rekordwerte. Trotz<br />
der schwierigen Rahmenbedingungen<br />
sind die Umsätze in der Hydraulik gegenüber<br />
dem bereits sehr guten Vorjahr nominal<br />
um mehr als 10 % auf etwa 6,5<br />
Mrd. Euro gestiegen. In der Pneumatik<br />
liegt der Umsatz bei gut 3 Mrd. Euro, was<br />
ebenfalls einem nominalen Zuwachs von<br />
etwa 10 % im Vergleich zu 2021 entspricht.<br />
Die Antriebstechnik verzeichnet<br />
eine vorläufige nominale Umsatzsteigerung<br />
von knapp 12 %.<br />
Für das Jahr 2023 ist die Entwicklung<br />
schwer prognostizierbar. Die Auftragseingänge<br />
haben sich zwar gegen Ende des<br />
letzten Jahres etwas abgeschwächt. Allerdings<br />
spielt hier auch der Basiseffekt<br />
des sehr guten Vorjahres eine Rolle, zudem<br />
sind bei einigen Kunden die Lager<br />
gefüllt. Insgesamt geht der Vorstand des<br />
Fachverbandes Fluidtechnik für dieses<br />
Jahr von einem Umsatzwachstum der<br />
Branche von nominal 2 % aus (Hydraulik<br />
und Pneumatik jeweils plus 2 %). Der Vorstand<br />
der Antriebstechnik erwartet ein<br />
nominales Plus von 3 %.<br />
Als belastend stellen sich weiterhin die<br />
Rohstoff- und Energieversorgung, steigende<br />
Kosten, Inflation sowie Lieferkettenprobleme<br />
und Fachkräftemangel dar.<br />
Auch wenn sich das dramatische Bild bei<br />
den vorgelagerten Lieferketten allmählich<br />
zu entspannen scheint, wird es weiterhin<br />
ein bestimmendes Thema bleiben. Hinsichtlich<br />
der Herausforderungen wird dies<br />
nur noch durch den Fachkräftemangel<br />
übertroffen, welchen mehr als 80 % der<br />
Firmen als existenzielles Zukunftsthema<br />
sehen.<br />
Aufgrund der globalen Krisen liegt bei<br />
vielen Unternehmen aktuell der Strategiefokus<br />
auf China und den ASEAN-<br />
Märkten. Das Partnerland Indonesien<br />
spielt als Handelspartner für die beiden<br />
Branchen bisher eher eine kleinere Rolle.<br />
Bild: Gorodenkoff/stock.adobe.com<br />
Roland-Berger-Studie zum Stand von Industrie 4.0<br />
Automobilindustrie setzt Maßstäbe<br />
Bild: zapp2photo/stock.adobe.com<br />
Insbesondere die Automobilbranche<br />
hat in den vergangenen<br />
Jahren in Sachen<br />
Industrie 4.0 signifikante<br />
Fortschritte erzielt.<br />
Auf Grundlage der Erfahrungen führender<br />
Automobilhersteller und -zulieferer präsentiert<br />
die aktuelle Studie „The current<br />
state of Industry 4.0“ des Beratungsunternehmens<br />
Roland Berger die wichtigsten<br />
Erfolgsfaktoren der digitalen Fertigung.<br />
In der Praxis scheitere die digitale Fertigung<br />
häufig an Gegebenheiten wie weitgehend<br />
autonom operierenden Produktionsstandorten<br />
mit heterogenen IT/OT-<br />
Umgebungen, der Nutzung von veraltetem<br />
Equipment oder Schwierigkeiten<br />
bei der Quantifizierung<br />
des Mehrwerts von Industrie-4.0-Anwendungen.<br />
Trotz dieser Herausforderungen<br />
habe insbesondere die Automobilbranche<br />
in Sachen Industrie 4.0 in<br />
den vergangenen Jahren signifikante<br />
Fortschritte erzielt, heißt es in der Studie.<br />
Wie die Analyse anhand der Erfahrungen<br />
führender Hersteller und Zulieferer zeigt,<br />
setzen digitale Pioniere bei der Identifizierung,<br />
Priorisierung und Implementierung<br />
von Anwendungsfällen auf Organisationsansätze,<br />
die eine zentrale Steuerung<br />
der Lösungserarbeitung effizient ermöglichen<br />
(Hub-and-Spoke-Organisa -<br />
tion). Dadurch werden Doppelarbeiten an<br />
unterschiedlichen Standorten vermieden.<br />
Weiterhin lassen sich die entwickelten<br />
Prozesse durch ein zentrales Steuerungsorgan<br />
besser über mehrere Werke hinweg<br />
ausrollen und skalieren.<br />
Die Umsetzung einzelner Anwendungen<br />
erfordert Datenanalyse-, IT- und Produktionskompetenzen.<br />
Daher bündeln erfolgreiche<br />
OEMs ihre digitalen Aktivitäten<br />
meist funktionsübergreifend in einem<br />
zentralen Industrie-4.0-Kompetenzzentrum.<br />
In enger Abstimmung mit den Werken<br />
erfassen diese die Anforderungen und<br />
pilotieren neue Anwendungen.<br />
Um die verschiedenen spezifischen Implementierungen<br />
verwalten zu können, benötigen<br />
Unternehmen zudem eine übergreifende<br />
IT/OT-Zielarchitektur. Darin<br />
spielen auch IIoT-basierte Cloud-Plattformen<br />
eine zunehmend wichtigere Rolle.<br />
Diese Zielarchitektur hilft, den redundanten<br />
Aufbau von IT-Infrastruktur und<br />
Schnittstellen zu vermeiden.<br />
10 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Black Mass Recycling<br />
Sauberer Batterien produzieren<br />
Pure Battery Technologies (PBT) hat gemeinsam<br />
mit der University of Queensland<br />
zwei neuartige Verfahren zur Produktion<br />
von Nickel-Mangan-Kobalt-Material entwickelt,<br />
das für E-Auto-Batterien verwendet<br />
wird. Die neuen Verfahren sollen umweltfreundlich<br />
und kostengünstig sein.<br />
In den herkömmlichen Raffinerieprozes-<br />
sen von Metallrohstoffen<br />
oder -abfällen, der sogenannten<br />
Black Mass, werden<br />
die drei Metalle voneinander<br />
getrennt, von<br />
Unreinheiten befreit und<br />
erneut zusammengeführt.<br />
Das erfordert Energie, erzeugt<br />
CO 2 und ist teuer. An<br />
diesem Punkt setzen die<br />
Verfahren Selective Acid<br />
Leaching (SAL) und Combined<br />
Leaching (CL) an.<br />
In zwei Schritten werden<br />
aus den Metallkonzentraten<br />
die Verunreinigungen<br />
gelöst und gefiltert. Für<br />
diese Prozesse kommen<br />
geringe Mengen von gängigen<br />
und unschädlichen<br />
Oxidations- und Reduktionsmitteln<br />
zum Einsatz;<br />
diese werden am Ende als<br />
harmlose Salze wiedergewonnen.<br />
Aus dem Nickelund<br />
Kobaltkonzentrat wird<br />
dann die passende Mischung<br />
für aktives Vorläuferkathodenmaterial<br />
pCAM produziert. Dieses<br />
kann kundenspezifisch angepasst<br />
werden.<br />
Die bisherige Metalltrennung<br />
sowie Wiederzusammenführung<br />
entfallen und<br />
es wird erheblich Energie<br />
eingespart. Diese sowie<br />
die entfallenen Prozessschritte<br />
reduzieren die<br />
Kosten und Dauer der Produktion<br />
des aktiven Vorläuferkathodenmaterials<br />
pCAM.<br />
Driving the world<br />
Die entwickelten Prozesse sind sowohl für<br />
die Neuproduktion von Kathodenmaterial<br />
geeignet als auch für das Recycling der<br />
Black Mass, also dem aus alten Batterien<br />
zurückgewonnenen Kathodenabfall. Auch<br />
für die meisten künftigen Batterien, die<br />
auf der Lithium-Ionen-Technologie basieren,<br />
sind die Verfahren einsetzbar.<br />
Technikerin arbeitet im Labor und testet ein Produkt.<br />
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» NACHRICHTEN<br />
Hannover Messe 2023<br />
Im Fokus: KI in der Fertigung<br />
Die Herausforderung in industriellen KI-<br />
Projekten liegt neben der Datengewinnung<br />
und -verarbeitung meist in der Integration<br />
der Anwendung. Die Hannover<br />
Messe 2023 rückt deshalb vom 17. bis 21.<br />
April das Thema „KI in der Fertigung“ in<br />
den Fokus. Standen in der Vergangenheit<br />
vor allem Use Cases im Mittelpunkt, in<br />
denen Fehler oder Anomalien erkannt<br />
oder Voraussagen getroffen wurden, fokussiert<br />
sich die Industrie 2023 auf die<br />
Optimierung von Prozessen und die Nutzung<br />
von KI-Methoden für die Simulation,<br />
das Testing und in der Produktentwicklung.<br />
Am zweiten Messetag präsentiert<br />
das Unternehmen Monolith AI im<br />
Bild: panuwat/stock.adobe.com<br />
Neben der Optimierung<br />
von Prozessen setzen<br />
Aussteller der Hannover<br />
Messe 2023 auch auf<br />
künstliche Intelligenz<br />
in der Simulation, im<br />
Testing und in der<br />
Produktentwicklung.<br />
Zudem wird die generative<br />
KI die Industrie<br />
erobern.<br />
Rahmen des Industrial AI-Events auf der<br />
Industrial Transformation Stage in Halle 3<br />
seine Lösung für die Simulation im Maschinenbau.<br />
Jede durchgeführte Simulation<br />
entwickelt ein Modell weiter, denn die<br />
Macher setzen auf Echtzeitdaten. Das bedeutet,<br />
der Maschinenbau könnte sich<br />
zahlreiche Tests sparen.<br />
Zusätzlich macht die KI dem Entwickler<br />
basierend auf den Echtdaten Vorschläge<br />
zu seinem Produkt.<br />
Auf der gleichen Veranstaltung berichtet<br />
der Maschinenbauer Hawe Hydraulik, wie<br />
er reinforcement learning nutzt und wie<br />
er die Technologie in seine Prozesse implementiert.<br />
Generative KI, wie das Tool<br />
Dall-E, werden auch die Produktentwicklung<br />
verändern – der Konstrukteur erhält<br />
Unterstützung von einer Intelligenz. Festo<br />
arbeitet schon seit einigen Jahren im Bereich<br />
reinforcement learning für die Fertigungsprozesse.<br />
Der nächste Schritt ist die<br />
Nutzung von generativen Algorithmen für<br />
die Produktentwicklung. OpenAI veröffentlichte<br />
unlängst 3D-Modelle für<br />
Dall-E. Die Herausforderung: Die Produkte<br />
müssen sich bewegen können. Neben Festo,<br />
die auch ihren neuen Cobot mitbringen,<br />
widmet sich auch Autodesk dem<br />
Thema.<br />
Der Herausforderung der Integration von<br />
maschinellem Lernen in die Prozesse widmen<br />
sich auch die Steuerungsanbieter –<br />
Siemens setzt zudem auf die Bereitstellung<br />
von ML Ops. Die Ingenieure und Ingenieurinnen<br />
stellen Modelle für das maschinelle<br />
Lernen in der Produktion zuverlässig<br />
und effizient bereit und warten<br />
diese. Siemens wird auch auf dem Event<br />
am zweiten Messetag einen Einblick in<br />
ein KI-Projekt bei einem Kunden gewähren.<br />
Darüber hinaus finden sich auf dem<br />
Messegelände inspirierende AI Tools und<br />
Use Cases.<br />
Anzeige<br />
Laserschneiden<br />
Diese TRUMPF-Lösungen helfen beim Energiesparen<br />
28.02.2023 Ausgabe 03 | 2023 www.industrieanzeiger.de<br />
Ob Strom, Gas oder Rohmaterial: Wer weniger<br />
verbraucht, sorgt für Klimaschutz<br />
und senkt die Kosten. Neben der Laserblanking-Anlage<br />
(mehr dazu auf Seite 38)<br />
hat TRUMPF weitere Technologien entwickelt,<br />
mit denen Unternehmen Geld und<br />
CO 2<br />
sparen können. Drei Beispiele:<br />
Eco Cooler: Beim Blechschneiden brauchen<br />
Komponenten wie Laserdioden und<br />
Antriebe eine gute Kühlung. Der Eco Cooler<br />
nutzt Wasser statt chemisches Kältemittel.<br />
Der Energiebedarf für die Kälteerzeugung<br />
sinkt um bis zu 80 %. So lassen<br />
sich rund 10.000 Euro pro Jahr einsparen.<br />
Nanojoints: Mini-Haltepunkte auf dem<br />
Blech, sogenannte Nanojoints, erhöhen<br />
nicht nur die Prozessgeschwindigkeit<br />
beim Laserschneiden – sie helfen auch,<br />
Material zu sparen. Bauteile lassen sich<br />
direkt nebeneinander schachteln.<br />
TwinLine: Für seine Laser- und Laser-<br />
Stanz-Kombi-Maschinen bietet TRUMPF<br />
die Technologie TwinLine an. Dabei sich<br />
Teile mit einfachen Außenkonturen mit<br />
einem gemeinsamen Trennschnitt bearbeiten.<br />
Es entsteht kein Restgitter zwischen<br />
den Teilen. Das spart Material, Bearbeitungszeit,<br />
Energie und Schneidgas.<br />
Veränderungsprozesse<br />
Unterschiede zwischen Changeund<br />
Transformationsprozessen<br />
» Seite 18<br />
TOPSTORY<br />
Kegelradfräsen<br />
Universelle Dreh-Fräs-Zentren<br />
fertigen kleine Verzahnungen<br />
flexibel und wirtschaftlich<br />
» Seite 24<br />
Condition Monitoring<br />
Zustandsüberwachung von<br />
Hydraulikzylindern<br />
» Seite 48<br />
Verpackungstechnik<br />
Bier in Papierflaschen: Es gibt<br />
neue technische Ansätze<br />
» Seite 58<br />
Wissen für Entscheider in der Produktion<br />
Interview<br />
Omron-Manager<br />
Dr. Klaus Kluger<br />
über das neue<br />
POC-Labor in<br />
Dortmund<br />
» Seite 20<br />
Bild: Trumpf<br />
12 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Präzisionswerkzeuge<br />
Lothar Horn ist gestorben<br />
Lothar Horn war ein visionärer Unternehmer,<br />
der das von seinem Vater gegründete<br />
Unternehmen zu einer international erfolgreichen<br />
Firmengruppe mit 1500 Mitarbeitern<br />
ausbaute. Am 5. Februar ist der<br />
langjährige Geschäftsführer der Paul Horn<br />
GmbH nach langer Krankheit gestorben.<br />
Seine innovative Triebkraft beschrieb er<br />
selbst mit Sätzen wie „Technologie bestimmt<br />
die Kosten“ oder „Kein Auto fährt,<br />
kein Flugzeug fliegt und kein künstliches<br />
Gelenk können Ärzte einsetzen, ohne dass<br />
Präzisionswerkzeuge zum Einsatz kommen.“<br />
Und auch beim Ausbau seiner Produktion<br />
und Verwaltung strebe er immer<br />
danach, Prozesse zu optimieren.<br />
Dass für ihn – neben aller Technologiebegeisterung<br />
und unternehmerischer Schaffenskraft<br />
– stets auch der Mensch im<br />
Mittelpunkt stand, zeigt unter anderem<br />
sein Engagement für die Aus- und Weiterbildung.<br />
So ist die Horn Akademie eine<br />
Investition in Menschen. Sie bietet neben<br />
internen und externen Schulungen auch<br />
Ausbildung, duales Studium, Umschulung<br />
und Weiterbildung an und arbeitet mit<br />
der IHK sowie der Dualen Hochschule Baden-Württemberg<br />
(DHBW) zusammen.<br />
Zehn Jahre lang war Lothar Horn neben<br />
seinem unternehmerischen Schaffen Vorsitzender<br />
des Fachverbands Präzisionswerkzeuge<br />
im VDMA. 2019 endete seine<br />
Rolle als offizieller Vertreter der Fach -<br />
organisation.<br />
Die Unternehmensgruppe Horn ist ein<br />
wichtiger und sichtbarer Player in der<br />
Branche – nicht nur, weil die größte<br />
Halle des Stuttgarter Messegeländes den<br />
Namen ihres Gründers trägt, wie auch die<br />
Paul-Horn-Arena in Tübingen.<br />
Der Unternehmer Lothar Horn ist am 5. Februar<br />
2023 nach langer, schwerer Krankheit im Alter<br />
von 66 Jahren gestorben.<br />
In der Heimatstadt seines Unternehmens<br />
war Lothar Horn tief verwurzelt. Die<br />
Horn-Gruppe bietet Arbeits- und Ausbildungsplätze<br />
für 950 Mitarbeiter am<br />
Stammsitz in Tübingen und 1500 weltweit.<br />
Die Paul Horn GmbH ist damit der<br />
größte gewerbliche Arbeitgeber Tübingens.<br />
Treu verbunden war Horn auch den<br />
Bürgern der Stadt. Er selbst und das Unternehmen<br />
unterstützen unter anderem<br />
soziale Einrichtungen und Sportvereine.<br />
Bild: Horn/Sauermann<br />
HANNOVER MESSE 2023<br />
MAKING THE<br />
DIFFERENCE<br />
Products and solutions for a sustainable future at #HM23<br />
17 – 21 April 2023 Hannover, Germany<br />
hannovermesse.com<br />
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HOME OF INDUSTRIAL PIONEERS<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 13
Informationen, wie die digitale Transformation mit<br />
MES und Industrie 4.0 theoretisch funktioniert, gibt<br />
es im Überfl uss. Doch die Theorie lässt sich nur<br />
selten 1:1 in die Praxis umsetzen. Deshalb bietet<br />
der MES D.A.CH Verband den Praxisworkshop<br />
MES HANDS-ON! an. In rotierenden Gruppen legen<br />
Sie gemeinsam mit den Experten an den bereitgestellten<br />
Arbeitsstationen selbst Hand an. Testen<br />
Sie Technologien und Systeme vor Ort aus und<br />
diskutieren Sie Fragen, die für Sie und Ihr Unternehmen<br />
relevant sind!<br />
MES HANDS-ON:<br />
• Skalierbares MES: Mit Plug & Play zur<br />
ganzheitlichen Lösung<br />
Böhme & Weihs Systemtechnik GmbH & Co. KG<br />
proALPHA GmbH<br />
• Hands-on MES and SPC in a nutshell<br />
camLine GmbH<br />
• Digitale Werkerführung: Erfolgreiche<br />
Null-Fehler-Strategie trotz Fachkräftemangel<br />
Flux MES GmbH<br />
PRAXISWORKSHOP:<br />
MES HANDS-ON!<br />
28.<strong>03.2023</strong> • 09:00 – 18:00 UHR<br />
„Praxis ohne Theorie leistet immer<br />
noch mehr als Theorie ohne Praxis.“<br />
Marcus Fabius Quintilianus<br />
• DIY: Die gesamte digitale Wertschöpfungskette<br />
im Shopfloor<br />
MKW GmbH Digital Automation<br />
Die Agenda und detaillierte Informationen<br />
unter: mes.automatisierungstreff.com<br />
SAVE<br />
THE DATE!<br />
Praxisworkshop:<br />
28.<strong>03.2023</strong><br />
Bild: Iqony<br />
Lasertechnik<br />
UKP-Workshop lockt Community nach Aachen<br />
Alle zwei Jahre zeigt der „UKP-Workshop“<br />
den aktuellen Stand der Ultrakurzpulslaser-Technik.<br />
Am 26. und 27. April 2023 ist<br />
es wieder so weit. Dann trifft sich die<br />
Community wieder in Aachen. Über den<br />
Forschungsstand bei den kW-Strahlquellen<br />
hinaus, stehen die Themen Prozessentwicklung<br />
und Zukunftsmärkte für die<br />
Lasermaterialbearbeitung im Fokus. Experten<br />
aus Forschung und Industrie werden<br />
sich zwei Tage austauschen. Anmeldungen<br />
sind unter https://s.fhg.de/i4f<br />
möglich. Bis zum 9. März 2023 gibt es<br />
einen Frühbucherrabatt.<br />
Beim UKP-Workshop treffen sich traditionell<br />
Anwender aus Bereichen wie Automotive,<br />
Werkzeugmaschinen oder der<br />
Konsumgüterindustrie. Die hohe Präzision<br />
bis in den sub-Mikrometerbereich und die<br />
geringe Abhängigkeit von Materialeigenschaften<br />
machen die UKP-Technik für sie<br />
interessant. Neue Methoden zur Parallelisierung<br />
erlauben jetzt auch kontinuierli-<br />
che Fertigungsprozesse mit hohem<br />
Durchsatz, etwa beim Bearbeiten von<br />
Halbleitermaterialien oder dem Strukturieren<br />
von Batterieelektroden. Auch beim<br />
Zukunftsthema Wasserstoff spielen große<br />
strukturierte Oberflächen eine maßgeb -<br />
liche Rolle. Teilnehmende erhalten einen<br />
Einblick in die Zukunftsthemen Quantentechnologie<br />
und Secondary Sources mit<br />
einem langfristigen Forschungshorizont.<br />
Iqony bietet umfassendes Leistungspaket für grünen Strom an<br />
Decarbonisierung: Strom ist größte Stellschraube<br />
Iqony versorgt seit Januar 2023 die in Wuppertal<br />
ansässige Erfurt-Gruppe, ein Unternehmen aus der<br />
energieintensiven Papierbranche, mit Grünstrom.<br />
Iqony versorgt ab Beginn des Jahres die in<br />
Wuppertal ansässige Erfurt-Gruppe mit<br />
Grünstrom. Beide Unternehmen haben<br />
sich auf einen mehrjährigen Stromliefervertrag,<br />
ein so genanntes Green Power<br />
Purchase Agreement (PPA) verständigt.<br />
Der sequentielle Einsatz des UKP-Lasers zum<br />
Reinigen und Polieren eines Bauteils nach der<br />
Strukturerzeugung reduziert die Nacharbeiten<br />
und sorgt für gezielte Poliereffekte.<br />
Iqony tritt dabei quasi als Strom-Makler<br />
auf: Einerseits werden eigene Erzeugungsanlagen<br />
der Erfurt-Gruppe genutzt,<br />
andererseits wird Erzeugungsleistung zugekauft.<br />
Die Erfurt-Gruppe verfolgt bei der Dekarbonisierung<br />
ihrer Geschäftsfelder eine<br />
ganzheitliche Strategie mit dem Ziel, bis<br />
2030 die CO 2 -Emissionen der Gruppe um<br />
mindestens 4,2 % pro Jahr zu reduzieren.<br />
Hiermit folgt die Erfurt-Gruppe dem<br />
1,5-Grad-Ziel nach Pariser Klimaabkommen.<br />
Iqony betreibt im Rahmen einer<br />
Contracting-Vereinbarung eigene Erzeugungsanlagen<br />
und garantiert seinem Vertragspartner<br />
Erfurt & Sohn KG eine Belieferung<br />
mit grünem Strom. Hier spielt eine<br />
24 h täglich besetzte Lastwarte eine<br />
wichtige Rolle, da sie jederzeit durch Zuund<br />
Verkäufe Minder- bzw. Mehrmengen<br />
ausgleichen kann.<br />
Bild: Fraunhofer ILT, Aachen / Volker Lannert<br />
14 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023<br />
Anmeldung unter:<br />
mes.automatisierungstreff.com
ZF eröffnet 5G-Netz auf Nutzfahrzeug-Teststrecke Jeversen<br />
Schneller vernetzt und zukunftsfähig<br />
Die ZF-Division Commercial Vehicle Solutions<br />
(CVS) unterstreicht ihr Engagement<br />
zur Weiterentwicklung der „Next Generation<br />
Mobility“ mit Investitionen in modernste<br />
digitale 5G-Konnektivität. Die<br />
Ausstattung der Nutzfahrzeug-Teststrecke<br />
in Jeversen (Niedersachsen) mit einem<br />
eigenen, leistungsstarken 5G-Campus-Netzwerk<br />
sichert eine verbesserte Erprobung<br />
von „Big Data“-gestützten Lösungen,<br />
die zunehmend die nächsten Stufen<br />
von Mobility as a Service (MaaS) und<br />
Transportation (TaaS) as a Service ermöglichen.<br />
Dazu gehört auch die Entwicklung<br />
autonomer Fahrfunktionen der Stufen 4<br />
und 5, die eine nahtlose Konnektivität sowie<br />
enorme Datenmanagementfähigkeiten<br />
erfordern.<br />
„Unsere erste mit einem 5G-Netz ausgestattete<br />
Teststrecke setzt einen weiteren<br />
wichtigen Meilenstein in der ‚Next Generation<br />
Mobility‘-Strategie des ZF-Konzerns“,<br />
sagt Dr. Christian Brenneke, Senior<br />
Vice President Product Engineering der<br />
ZF-Division Commercial Vehicle Solutions<br />
(CVS). „Wir stellen damit unseren Kunden<br />
Lösungen bereit, die den künftigen industriellen<br />
Anforderungen und technologischen<br />
Veränderungen gerecht werden.“<br />
„Basierend auf einem offenen intelligenten<br />
Funkzugangsnetz mit einer virtualisierten,<br />
cloudbasierten Architektur sorgt<br />
das neue Netzwerk für eine stabile Übertragungsinfrastruktur<br />
mit geringer Latenz<br />
und hoher Sicherheit“, betont Dr. Rolf<br />
Reinema, bei ZF Vice President IT Workplace,<br />
IT Infrastructure & Operations, IT<br />
Security. „Es kann Daten und Befehle nahezu<br />
in Echtzeit sicher zu und von den<br />
Fahrzeugen übertragen. Seine schnelle<br />
Zur Unterstützung der Nutzfahrzeugerprobung<br />
autonomer Fahrtechnologien hat ZF auf seiner<br />
Teststrecke im niedersächsischen Jeversen sein<br />
5G-Campusnetz vorgestellt.<br />
Übergabefähigkeit sorgt für einen nahtlosen<br />
End-to-End-Datenfluss in fahrenden<br />
Fahrzeugen. In nur knapp sechs Monaten<br />
wurde dieses System für die Innen- und<br />
Außenabdeckung mit Antennen eingerichtet,<br />
die auch bei Hochgeschwindigkeits-Fahrzeugmanövern<br />
eine zuverlässige<br />
Übergabe zwischen den einzelnen<br />
Basisstationen optimal gewährleisten und<br />
damit einen zuverlässigen kontinuierlichen<br />
Datentransfer.“<br />
Bild: ZF<br />
We make ideas flow.<br />
Tel. +49 7940 10 0<br />
info@buerkert.de<br />
www.buerkert.de<br />
Prozessautomatisierung / Clevere Digitalisierung für Maschinenkonzepte mit Zukunft.<br />
Automatisierung muss nicht kompliziert sein. Einfache Verdrahtung und Verschlauchung, wenig<br />
Platzbedarf für Kabel, flexible digitale Vernetzung, schnelle und sichere Inbetriebnahme – so<br />
lassen sich kundenindividuelle Maschinenkonzepte im Handumdrehen umsetzen. Sprechen Sie mit<br />
uns, Sie werden staunen, wie leicht es geht!<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 15
MANAGEMENT » Interview<br />
Interview mit Ralf Bühler, CEO Conrad Electronic<br />
„Im B2B-Bereich zählt vor allem<br />
die Produktqualität“<br />
In diesem Jahr feiert Conrad Electronic sein 100-jähriges Bestehen. In den vergangenen Jahren<br />
hat sich das Familienunternehmen vom klassischen Technikhändler zur Beschaffungsplattform für<br />
technischen Bedarf gewandelt. Unter der Leitung von Ralf Bühler baut Conrad seinen Geschäfts -<br />
kundenbereich und seine digitalen Angebote dynamisch aus. Welche Weichenstellungen auf dem Weg<br />
in die Plattformökonomie wichtig waren und welche Schritte folgen, verrät Ralf Bühler im Gespräch.<br />
» Alexander Gölz, Chefredakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Bild: Daniel Tkatsch<br />
CEO Ralf Bühler<br />
leitet seit 2021<br />
die Geschicke von<br />
Conrad Electronic.<br />
Welche Rolle spielt der Geschäftskundenbereich<br />
für Conrad strategisch?<br />
Das Geschäftsfeld Conrad Business Supplies<br />
wurde bereits 1998 offiziell gegründet,<br />
um verstärkt den B2B-Markt anzusprechen.<br />
Schon damals wurde ein eigener<br />
Katalog speziell für diese Kundengruppe<br />
aufgelegt. In den vergangenen<br />
Jahren haben wir unseren Fokus dann<br />
vermehrt und mittlerweile ganz gezielt<br />
auf Geschäftskunden und das digitale Ge-<br />
schäft verlagert. Unter diesem Zeichen<br />
steht auch unser Wandel zur Beschaffungsplattform<br />
für technischen Bedarf.<br />
Eingeläutet wurde sie 2017 mit dem<br />
Launch unseres kuratierten Online-<br />
Marktplatzes für Geschäftskunden. Seitdem<br />
haben wir unser Plattformangebot<br />
sowohl in puncto Sortiment als auch in<br />
puncto digitale Services dynamisch ausgebaut,<br />
so dass ich Stand heute sagen<br />
kann: Wir haben den Großteil unserer<br />
Transformation geschafft und sind auf<br />
dem Weg zur führenden europäischen<br />
Beschaffungsplattform für technischen<br />
Bedarf.<br />
Welche B2B-Kunden in welchen Branchen<br />
adressieren Sie besonders?<br />
Mit der Conrad Sourcing Platform decken<br />
wir den kompletten Bereich des technischen<br />
Bedarfs ab. Wir sind also breit genug<br />
aufgestellt, um mit über sieben<br />
16 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Millionen Produktangeboten Unternehmen<br />
aller Branchen zu bedienen, die B-<br />
und C-Teile einfach und schnell aus einer<br />
Hand beschaffen wollen. Unser Angebot<br />
ist aber nicht nur umfangreich, sondern<br />
weist auch die erforderliche Sortimentstiefe<br />
auf: Wir können also zum Beispiel<br />
flexible Bedarfe beim Prototyping in Forschung<br />
und Entwicklung decken. Wir sind<br />
ein verlässlicher Beschaffungspartner für<br />
MRO-Profis. Und auch hochpreisige Investitionsgüter<br />
wie Industriedrohnen oder<br />
Cobots sind auf unserer Plattform erhältlich.<br />
Bild: Tq-Systems<br />
Mit seinem Cobot-<br />
Angebot adressiert<br />
Conrad Industrie -<br />
kunden und Handwerksbetriebe.<br />
Wie unterscheiden sich die Anforderungen<br />
von Konzernen und Mittelstand bei<br />
der Beschaffung?<br />
Effiziente Beschaffung zeichnet sich<br />
durch ein hohes Maß an Digitalisierung<br />
aus. Genau hier kommen wir mit unseren<br />
maßgeschneiderten E-Procurement-Lösungen<br />
ins Spiel. Nach wie vor kann bei<br />
Conrad ganz klassisch im Online-Shop<br />
eingekauft werden – mit speziellen Optionen<br />
für Geschäftskunden. Wir<br />
bieten Unternehmen aller Größen<br />
aber auch die Möglichkeit, sich<br />
elektronisch an unsere Plattform<br />
anzubinden. Unternehmen, die<br />
bereits über ein eigenes ERP-System<br />
verfügen, können über OCI/<br />
PunchOut oder eKatalog auf unser<br />
Sortiment zugreifen und dafür die Anbindung<br />
ihrer Wahl nutzen. Heißt, wir integrieren<br />
uns mit unserer Lösung in die<br />
Systeme unserer Kunden. Unternehmen<br />
ohne eigenes Warenwirtschaftssystem<br />
stellen wir unsere browserbasierte Lösung<br />
Conrad Smart Procure (CSP) zur Verfügung,<br />
die einfach zu nutzen ist und auf<br />
jedem Endgerät läuft. Dabei profitieren<br />
beide Kundengruppen von der zusätzlichen<br />
Artikel- und Konditionenauswahl<br />
aus der breiten Welt des Conrad Marketplace.<br />
Auch dieses erweiterte Sortiment<br />
erwerben sie von Conrad selbst – also aus<br />
einer Hand – so dass zum Beispiel keine<br />
zusätzlichen Kreditoren auf Kundenseite<br />
angelegt werden müssen.<br />
Welche Vorteile hat insbesondere der<br />
Mittelstand durch ihre Plattform-<br />
Lösung?<br />
» Wir bieten Unternehmen aller<br />
Größen die Möglichkeit, sich<br />
elektronisch an unsere Plattform<br />
anzubinden. «<br />
Im Einkauf liegt der Gewinn, so besagt es<br />
eine alte Kaufmannsregel. Deshalb tun<br />
wir alles dafür, dass unsere Kunden Zeit<br />
und Geld im Beschaffungsprozess sparen<br />
können: Sie finden bei uns nicht nur ein<br />
gleichermaßen breites wie tiefes Sortiment,<br />
das die Deckung des technischen<br />
Bedarfs aus einer Hand möglich macht,<br />
sondern auch maßgeschneiderte Produktund<br />
Lieferservices. Auch unsere E-Procurement-Lösungen<br />
zahlen auf dieses Konto<br />
ein. On top profitieren Geschäftskunden<br />
bei Conrad nach wie vor von persönlicher<br />
Betreuung und individueller Beratung von<br />
Mensch zu Mensch, etwa durch unser<br />
Vertriebsteam im Außen- und Innendienst.<br />
Wir wollen also nicht einfach Produkte<br />
verkaufen, sondern tragen als Lösungsanbieter<br />
mit allen Teilen unseres<br />
Angebots zum wirtschaftlichen Erfolg unserer<br />
Kunden bei.<br />
Wie gewährleisten Sie im Zuge der Lieferketten-<br />
und Materialengpässe Ihre<br />
Lieferfähigkeit?<br />
Die Conrad Sourcing Platform hält mehr<br />
als sieben Millionen Produktangebote bereit,<br />
damit Geschäftskunden ihren gesamten<br />
technischen Bedarf aus einer Hand<br />
decken können. Gerade in Zeiten von Lieferketten-<br />
und Materialengpässen profitieren<br />
wir von unserer 100-jährigen Erfahrung<br />
als Händler und Distributor: Unser<br />
Einkauf ist weltweit bestens vernetzt.<br />
Wir können also auf ein internationales<br />
Lieferantennetzwerk zurückgreifen, um<br />
Warenverfügbarkeit bestmöglich aufrechtzuerhalten<br />
und Sicherheitsbestände<br />
zu gewährleisten. Gleichzeitig bauen wir<br />
das Netzwerk unserer Partner auf dem<br />
Conrad Marketplace ständig aus, um eine<br />
noch größere Auswahl an Produkten<br />
bereithalten zu können.<br />
Seit geraumer Zeit bieten wir auf<br />
conrad.de außerdem proaktiv Alternativen<br />
an, sollte ein bestimmter<br />
Artikel nicht verfügbar<br />
sein. Und es gibt einen Beschaffungsservice,<br />
der sich im Fall der<br />
Fälle stellvertretend für unsere Kunden<br />
weltweit auf Produktsuche begibt.<br />
Wie profitieren Hersteller und Verkäufer<br />
von dem B2B-Marktplatz?<br />
Hersteller und Distributoren, die unseren<br />
Marketplace als Verkaufsplattform nutzen,<br />
erreichen mit ihrem Angebot quasi<br />
über Nacht und ohne primäre Marketingkosten<br />
allein in Deutschland mehr als<br />
zwei Millionen Geschäftskunden. Alle, die<br />
Produkte im Bereich des technischen Bedarfs<br />
anbieten, erreichen über uns exakt<br />
die richtige Zielgruppe. Unsere Seller können<br />
die Markenbekanntheit von Conrad<br />
nutzen und behalten jederzeit und vollumfänglich<br />
die Sortiments- und Preishoheit.<br />
Gleichzeitig stellt unser Market -<br />
place-Team zahlreiche Services, wie zum<br />
Beispiel Reporting Tools, zur Verfügung.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 17
» MANAGEMENT<br />
Unterschiede zwischen Change- und Transformationsprozessen<br />
Nicht jeder Change ist eine<br />
Transformation<br />
Was unterscheidet einen Transformations- von einem Changeprozess? Das ist vielen,<br />
die das Modewort „Transformation“ verwenden, unklar. In der Managementdiskussion<br />
werden die Begriffe Change und Transformation oft weitgehend synonym verwendet.<br />
Dabei gibt es zwischen ihnen durchaus Unterschiede.<br />
» Dr. Georg Kraus, geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Kraus & Partner<br />
Bild: Coloures-Pic/stock.adobe.com<br />
Change ist nicht gleich<br />
Transformation. Das ist<br />
in vielen Köpfen falsch<br />
verankert.<br />
tensänderung der Mitarbeiter erfordern,<br />
denn: Ein Changeprozess setzt anders als<br />
ein Transformationsprozess nicht notwendigerweise<br />
einen sogenannten Musterwechsel<br />
voraus. Ein Change, jedoch<br />
kein Musterwechsel ist es zum Beispiel,<br />
wenn die Mitarbeiter im Werk eines Autoherstellers<br />
fortan Limousinen statt Geländewagen<br />
bauen. Denn dann müssen<br />
sie zwar einige Handgriffe neu lernen, ihre<br />
Einstellung und ihr Verhalten aber<br />
nicht grundsätzlich ändern. Anders sieht<br />
es aus, wenn ein Autohersteller beschließt:<br />
„Wir produzieren künftig nur<br />
noch E-Autos.“ Oder gar: „Wir entwickeln<br />
uns zu einem Mobilitätsanbieter.“ Bei einem<br />
solchen Strategiewechsel ändern<br />
Das Wort Change bezeichnet schlicht<br />
eine Veränderung und kann sich auf<br />
sehr viele Objekte und Prozesse beziehen.<br />
Werden im Unternehmen die PCs ausgetauscht<br />
oder die Wände neu gestrichen,<br />
handelt es sich um einen Change- oder<br />
Veränderungsprozess. Ein Change ist es<br />
auch, wenn Abläufe optimiert, Teams<br />
neuformiert und Mitarbeiter eingestellt<br />
oder entlassen werden. Ein Change kann<br />
sich also, er muss sich aber nicht auf alle<br />
Ebenen beziehen, die dem Beratungsdreieck<br />
zugrunde liegen, nämlich die Unternehmensstrategie,<br />
-kultur und -struktur<br />
(Prozesse und Abläufe).<br />
Ein Change muss zudem nicht, er kann<br />
aber auch eine Einstellungs- und Verhalsich<br />
nicht nur die Leistungserbringungsprozesse,<br />
das gesamte Unternehmen<br />
muss eine neue Identität entwickeln. Das<br />
erfordert auch neue Kompetenzen sowie<br />
Denk- und Handlungsmuster der Prozessbeteiligten.<br />
Sich transformieren heißt<br />
sich neu erfinden<br />
Unter einer Transformation versteht man<br />
generell den Prozess einer gezielten Umgestaltung<br />
der „genetischen“ Grundstruktur<br />
eines Systems – unabhängig davon,<br />
ob es sich um eine Gesellschaft oder ein<br />
Unternehmen handelt. Im Verlauf dieses<br />
Prozesses definiert zum Beispiel ein Unternehmen<br />
sich selbst und seine Bezie-<br />
18 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
hungen zu seiner Umwelt neu. Zudem<br />
hinterfragt es neben seiner Strategie und<br />
seinem Geschäftsmodell auch seine Geschäftsprozesse<br />
und gestaltet diese bei<br />
Bedarf um.<br />
Die Transformation eines Unternehmens<br />
lässt sich mit der Metamorphose<br />
vergleichen, die viele Insekten im Laufe<br />
ihres Lebenszyklus durchlaufen. So gibt es<br />
zum Beispiel bei einem Schmetterling die<br />
Entwicklungsphasen Ei, Raupe, Puppe und<br />
Falter. Im Verlauf dieses Entwicklungsprozesses<br />
gestaltet sich das genetische Material<br />
vollständig um. Doch nicht nur dies.<br />
Eine Schmetterlingsraupe hat auch andere<br />
Fähigkeiten als der Falter am Ende des<br />
Entwicklungszyklus: Eine Raupe kann<br />
zum Beispiel nicht fliegen.<br />
Ähnlich verhält es sich bei der Transformation<br />
eines Unternehmens. Auch in diesem<br />
Prozess wird das Unternehmen unter<br />
Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen<br />
wie Erfahrungen und Kompetenzen<br />
so radikal umgestaltet, dass die<br />
transformierte Organisation für Personen,<br />
die mit ihr längere Zeit keinen Kontakt<br />
hatten, kaum wiederzuerkennen ist; unter<br />
anderem, weil sich neben ihrer Strategie,<br />
auch ihre Kultur und Struktur gewandelt<br />
haben. Nach dem Durchlaufen eines<br />
Transformationsprozesses verfügt eine<br />
Organisation über eine neue Identität und<br />
neue Kompetenzen. Deshalb brauchen<br />
auch ihre Mitarbeiter teils neue Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten.<br />
Es gibt jedoch auch Unterschiede zwischen<br />
der Metamorphose eines Schmetterlings<br />
und der Transformation eines Unternehmens.<br />
Bei einem Schmetterling ist<br />
der Transformationsprozess genetisch<br />
festgelegt: Erst Ei, dann Raupe, dann Puppe,<br />
dann Falter. Er läuft sozusagen automatisch<br />
ab. Dies ist bei der Transformation<br />
eines Unternehmens nicht der Fall.<br />
Hier gilt es vielmehr, das System ausgehend<br />
von einer Vision durch sorgsam geplante<br />
Interventionen gezielt zu entwickeln<br />
beziehungsweise zu verändern.<br />
Transformationen sind multi -<br />
dimensionale Changeprozesse<br />
Letztlich ist jeder Transformationsprozess<br />
ein komplexer, multidimensionaler Changeprozess,<br />
der seinerseits wieder aus einer<br />
Vielzahl von Projekten besteht, die<br />
sich wechselseitig beeinflussen. Entsprechend<br />
groß muss die Changemanagement-Kompetenz<br />
der Projektverantwortlichen<br />
sein. Sie müssen um zwei Termini<br />
aus dem agilen Projektmanagement zu<br />
gebrauchen, inkrementell und iterativ<br />
vorgehen. Sie müssen also immer wieder<br />
überprüfen, ob die Veränderungsinitiativen<br />
die gewünschten Wirkungen erzielen<br />
und sich die Organisation in Richtung des<br />
angestrebten Ziels entwickelt; zudem bei<br />
Bedarf eine Kurskorrektur vornehmen.<br />
Deshalb sollten die Projektverantwortlichen<br />
außer über eine hohe analytische<br />
auch kommunikative Kompetenz verfügen,<br />
um den Betroffenen und Beteiligten<br />
die Notwendigkeit der Kurskorrekturen zu<br />
vermitteln.<br />
Hinzu kommt: Bei der Transformation<br />
von Unternehmen steht anders als bei der<br />
Entwicklung eines Schmetterlings auch<br />
das Endziel des Prozesses unter Vorbehalt<br />
– unter anderem weil er sich in einem dynamischen<br />
Umfeld vollzieht. So kann zum<br />
Beispiel kein Top-Manager in der Automobil-Industrie<br />
heute bereits mit Gewissheit<br />
sagen, wie die Autos in 15 oder 20<br />
Jahren konstruiert sein werden oder ob<br />
ihr Unternehmen dann noch existiert.<br />
Deshalb müssen die Transformationsverantwortlichen<br />
bei der Projektplanung und<br />
-steuerung agil sein und bleiben, selbst<br />
wenn die innerhalb des Gesamtprojekts<br />
stattfindenden Teilprojekte klassisch oder<br />
hybrid gemanagt werden. Entsprechend<br />
groß sollte außer ihrer Change- ihre Projektmanagement-Kompetenz<br />
sein. Zudem<br />
sollten sie reife Führungspersönlichkeiten<br />
sein, denen die Betroffenen, wenn nicht<br />
gerne, so doch bereitwillig folgen – unter<br />
anderem, weil sie ihnen nicht nur aufgrund<br />
ihrer fachlichen Kompetenz, sondern<br />
auch Persönlichkeit vertrauen.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 19
MANAGEMENT » Interview<br />
Dr. Klaus Kluger, General Manager Central Eastern Europe Omron Electronics<br />
„Kein Automatisierer möchte<br />
heute die Katze im Sack kaufen“<br />
Am 26. Januar 2023 hat der Automatisierungsexperte Omron einen neuen Standort<br />
in Dortmund eröffnet. Auf 1850 m² können Kunden Robotertechnik live erleben<br />
und geplante Konzepte durch Machbarkeitsstudien prüfen lassen. Dr. Klaus Kluger<br />
erzählt im Interview, wie das funktioniert und praktisch abläuft.<br />
» Uwe Schoppen, Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
WAS GEHT?<br />
In sogenannten POC-Labors<br />
(Proof of Concept) kann der<br />
Kunde eine Machbarkeitsstudie<br />
seiner neuen Automatisierungs-Konzepte<br />
erstellen lassen.<br />
Herr Dr. Kluger, warum hat sich Omron<br />
bei der neuen Niederlassung erneut für<br />
Dortmund entschieden?<br />
Das hat verschiedene Gründe. Omron und<br />
Dortmund verbindet eine lange Geschichte<br />
und von daher war es naheliegend, die<br />
neue Niederlassung hier zu planen. Das<br />
Unternehmen Adept, das heute zu Omron<br />
gehört, war ebenfalls in Dortmund ansässig.<br />
Ich würde Dortmund daher schon als<br />
ein Zentrum der deutschen beziehungsweise<br />
europäischen Robotikexpertise bezeichnen.<br />
Dr. Klaus Kluger ist General Manager Central Eastern Europe bei Omron Electronics.<br />
Bild: Uwe Schoppen<br />
Wie sieht die Zusammenarbeit mit<br />
Hochschulen aus?<br />
Zur Fachhochschule Dortmund haben wir<br />
eine enge Beziehung. Im Robotiklabor der<br />
FH finden sich Technologien und Roboter<br />
von uns. Wir arbeiten auf vielen Ebenen<br />
zusammen und unterstützen die Studierenden.<br />
Im Robotiklabor erfahren sie<br />
hautnah, worum es im Berufsleben geht.<br />
Zudem entsenden wir Experten zu Vorlesungen<br />
und vieles mehr. Hinzu kommt,<br />
dass wir hier am Sebrathweg ideale Bedingungen<br />
vorgefunden haben. Mit rund<br />
1.850 m² haben wir deutlich mehr Präsentations-<br />
und Ausstellungsfläche als zuvor,<br />
sodass hier Schulungen, Kundentrainings<br />
und Machbarkeitsstudien besser stattfinden<br />
können. Die Nutzflächen befinden<br />
sich in der Nähe der TU und FH Dortmund.<br />
Im Erdgeschoss stehen Technologieflächen<br />
mit Anlieferzonen zur Verfügung, in<br />
den oberen Geschossen befinden sich die<br />
Büro- und Verwaltungsflächen.<br />
20 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Welche Bedeutung haben die neuen<br />
Einrichtungen für den Kunden?<br />
Unsere Kunden hatten von jeher Gelegenheit,<br />
unsere Technologien kennenzulernen.<br />
Die Fläche in Dortmund ist nun deutlich<br />
größer. Ein persönlicher Kontakt zu<br />
den Kunden und „Hands-On-Vorführungen“<br />
waren für uns schon immer wichtig,<br />
aber dieses Ausprobieren und mit eigenen<br />
Augen sehen spielt heute eine noch bedeutendere<br />
Rolle. Immer mehr Kunden<br />
wollen vor Ort sehen und erfahren, wie<br />
eine Roboterlösung im wahren Leben<br />
aussieht, wie sie funktioniert, wie sie in<br />
individuellen Produktionssituationen eingesetzt<br />
werden könnte. Kunden können<br />
Proben mitbringen und fragen, ob und<br />
wie sich individuelle Produktionsabläufe<br />
automatisieren lassen. Hier finden sie erfahrene<br />
Berater und verschiedene Technologien.<br />
Außerdem können sie an Workshops<br />
und Seminaren teilnehmen.<br />
Welche Robotik-Techniken werden in den<br />
Vorführ- und Seminarräumen angeboten?<br />
Zum einen zeigen wir stationäre und mobile<br />
Robotik-Lösungen, zum anderen aber<br />
auch Sensorik- und Steuerungstechnik.<br />
Autonome mobile Roboter lassen sich<br />
beispielsweise in der Produktion, aber<br />
auch im Lager einsetzen. Sie können verschiedene<br />
Nutzlasten sicher und effizient<br />
transportieren. Das Spektrum reicht von<br />
leichten Aufgaben mit 60 kg bis hin zu<br />
schweren Lasten bis zu 1.500 kg, sodass<br />
sie Gabelstapler ersetzen können. Lager,<br />
Verteilzentren und Produktionsstätten<br />
mit manuellen Abläufen haben oft Problemen<br />
wie Personalmangel, Gesundheits-<br />
und Sicherheitsrisiken sowie Herausforderungen<br />
bei Rückverfolgbarkeit<br />
und Qualität. Autonome mobile Roboter<br />
leisten hier großartigen Support.<br />
Und wie sieht es mit den stationären<br />
Robotern aus?<br />
Zu unseren stationären Robotern gehören<br />
Scara-, Gelenk- und Delta-Roboter. Scara<br />
steht für Selective Compliance Assembly<br />
Robot Arm. Dieser Industrieroboter ähnelt<br />
einem Arm und wird auch als horizontaler<br />
Gelenkarmroboter bezeichnet. Delta-Roboter<br />
sind Parallelarmroboter mit Stabkinetik.<br />
Ihre Form erinnert an den griechischen<br />
Buchstaben Delta. Sie sind besonders<br />
leicht, schnell und werden häufig<br />
zum Verpacken und in der Montage eingesetzt.<br />
Wir zeigen aber auch Steuerungen,<br />
künstliche Intelligenz und Lösungen, mit<br />
denen sich die verschiedenen Techniken<br />
von Omron miteinander koppeln lassen.<br />
Wir sind der einzige Anbieter, der alles aus<br />
einer Hand bieten kann, sprich Software,<br />
Hardware, Steuerung und Beratung.<br />
Wie sieht das konkret aus? Wie werden<br />
dem Kunden diese Robotik-Techniken<br />
präsentiert, zur Verfügung gestellt?<br />
Zum einen haben wir eine große Ausstellungsfläche,<br />
wo die Kunden alle Roboter<br />
in Augenschein nehmen und bewegen<br />
können. Zum anderen verfügen wir über<br />
große und helle Seminarräume mit Arbeitsplätzen.<br />
Hier können wir Demonstrationen,<br />
Best Practices, Videos, Grafiken<br />
und Simulationen zeigen. Wichtig ist,<br />
dass jeder Kunde da abgeholt wird, wo er<br />
sich gerade befindet, denn jedes Unternehmen<br />
hat teils sehr individuelle Anforderungen.<br />
Gemeinsam mit unseren Partnern<br />
aus Maschinenbau und IT suchen wir<br />
nach individuellen Lösungen. Dazu gehören<br />
auch Wartung und Training. Schulungen<br />
zur Roboterprogrammierung können<br />
vor Ort in unseren Einrichtungen oder an<br />
einem externen Schulungsort durchgeführt<br />
werden.<br />
In den neuen Vorführund<br />
Seminarräumen<br />
in Dortmund werden<br />
stationäre und mobile<br />
Robotik-Lösungen gezeigt,<br />
aber auch jede<br />
Menge Sensorik- und<br />
Steuerungstechnik.<br />
Bild: Uwe Schoppen<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 21
MANAGEMENT » Interview<br />
Für Projekte mit mobilen Robotern steht den Kunden ein großes Übungsfeld zur Verfügung. Hier lassen sich verschiedene Umgebungen und Aufgaben<br />
präzise simulieren.<br />
Bild: Uwe Schoppen<br />
Sind Machbarkeitsstudien, auf Englisch<br />
„Proof of Concept“ oder kurz POC, die<br />
Hauptanwendung in der neuen Niederlassung?<br />
POC spielen eine wichtige Rolle, aber wir<br />
bieten nicht nur Machbarkeitsstudien.<br />
Wir zeigen auf, dass sich Roboter für verschiedene<br />
Firmengrößen, Branchen und<br />
Produktionsanforderungen eignen. Unsere<br />
POC-Labors befinden sich in ganz<br />
Europa und verfügen über Robotik-Demozellen<br />
für praktische Anwendungen.<br />
Welche Bedeutung haben POC-Labors<br />
heute?<br />
Machbarkeitsstudien spielen eine wichtige<br />
Rolle. Niemand möchte die Katze im<br />
Sack kaufen, sondern zuvor genau erfahren,<br />
ob die anvisierte Technologie überhaupt<br />
geeignet ist. Und ob sich die Kosten<br />
rechnen. Mit einem Proof of Concept lassen<br />
sich Robotiklösungen skizzieren und<br />
sie helfen dem Kunden, sich für eine passende<br />
Lösung zu entscheiden. Die tatsächliche<br />
Konfiguration ist am Ende von<br />
Kunde zu Kunde verschieden. Das liegt an<br />
den verschiedenen Fertigungsabläufen<br />
und dem Material, das bearbeitet werden<br />
muss. Deswegen ist es wichtig und nützlich,<br />
die Machbarkeit einer Applikation<br />
mit einem POC-Service zu bewerten. Die<br />
drei Hauptvorteile sind Investitionssicherheit,<br />
Expertise und Wissensaustausch. Der<br />
Kunde kann sich darauf verlassen, dass<br />
seine Anwendung vor der Implementierung<br />
in der Produktionsumgebung getestet<br />
wird. In den Labs lassen sich praktische<br />
Erfahrungen sammeln und Applikationen<br />
optimieren.<br />
Sind moderne Automatisierungskonzepte<br />
mit Robotern heute so komplex geworden,<br />
dass man auf POC-Labors im<br />
Grunde nicht mehr verzichten kann?<br />
Komplexität ist nur eine Seite der Medaille.<br />
Natürlich sind heute mehr Systeme<br />
miteinander verzahnt und es müssen<br />
folglich mehr Parameter berücksichtigt<br />
werden als noch vor einigen Jahren. Zugleich<br />
stehen Entscheider und Firmen unter<br />
einem größeren Druck und müssen<br />
mehr Herausforderungen stemmen als<br />
früher. Sie sollen produktiver agieren, effizientere<br />
Abläufe schaffen, auf Nachhal-<br />
tigkeit und Arbeitsschutz achten und nebenbei<br />
das Problem mit den fehlenden<br />
Fachkräften lösen. Nicht zu vergessen<br />
sind Kostendruck und unsichere Lieferketten.<br />
Die Automatisierung ist ein komplexes<br />
Vorhaben, das nicht allein mit einer<br />
neuen Technologie abgeschlossen ist.<br />
Wie sieht der praktische Ablauf einer<br />
solchen Machbarkeitsstudie aus? Bringt<br />
der Kunde zum Beispiele Kunststoffteile<br />
oder Verschlüsse mit, die dann in Versuchsanlagen<br />
zugeführt, gegriffen, kontrolliert<br />
oder weitergereicht werden?<br />
Wie kann man sich das vorstellen?<br />
Ja, Kunden können Proben mitbringen. Sie<br />
können aber auch individuelle Fragen und<br />
Anforderungen im Gepäck haben. Das ist<br />
teilweise sehr unterschiedlich. Vor Ort<br />
kann man zudem mit Fachleuten persönlich<br />
sprechen. Es sind aber auch virtuelle<br />
Demonstrationen möglich, die per Fernzugriff<br />
besucht werden können. Eine solche<br />
Tour bietet ebenfalls Einblicke in die Technik.<br />
Die Tests werden von fachkundigen<br />
Ingenieuren durchgeführt. Die benötigten<br />
Produkte lassen sich bereits vor einer<br />
22 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Investition in die Anlage ermitteln. Das ist<br />
in Zeiten von Kostendruck und knappen<br />
Kassen wichtiger denn je. Zugleich muss<br />
das Forschungsdesign mit einigen vordefinierten<br />
Schlüsselkennzahlen eingerichtet<br />
werden. Dazu gehören zum Beispiel<br />
die Zahl der Werkstücke, die pro Minute<br />
transportiert werden müssen. Aber auch<br />
die Eigenschaften der Werkstücke.<br />
Was passiert nach der Machbarkeitsstudie?<br />
Bekommt der Kunde zum Beispiel<br />
einen Testbericht?<br />
Nach dem POC-Service erhalten Interessierte<br />
die Machbarkeitsstudie mit allen<br />
zugehörigen Dokumenten und Videos.<br />
Anhand dieser Informationen können sie<br />
dann entscheiden, ob das Projekt fortgesetzt<br />
werden soll. Wir stehen auch weiterhin<br />
in Kontakt. Ein umfassender Support<br />
von der Technikauswahl bis zur Wartung<br />
ist wichtig.<br />
Was steht in so einem Testbericht typischerweise<br />
drin?<br />
Jeder Testbericht ist anders, da er unternehmensspezifische<br />
Herausforderungen<br />
enthält. Typischerweise enthält das Dokument<br />
Zykluszeit, Förderverhalten der Teile,<br />
Erkennbarkeit der Teile mit der Kamera,<br />
Details zur Beleuchtungstechnik, aber<br />
auch Auffälligkeiten. Kleben die Teile aneinander?<br />
Lassen sie sich stapeln? Laden<br />
sie sich statisch auf?<br />
Bekommt der Kunde auch Verbesserungsvorschläge<br />
und Tipps?<br />
Wird ein Greifer vom Kunden mitgeschickt,<br />
wird dieser natürlich auch mit<br />
dem Roboter getestet. Eventuell gibt es<br />
eine Empfehlung, einen anderen Greifer<br />
zu nutzen. Zudem erhalten die Unternehmen<br />
eine Empfehlung, welcher Roboter,<br />
welche Kamera oder welches Zuführsystem<br />
für sie und ihre Anforderungen am<br />
besten geeignet ist. Sie erfahren, welchen<br />
Roboter sie brauchen, um eine bestimmte<br />
Zykluszeit zu erreichen. Die Ergebnisse der<br />
Machbarkeitsstudie werden live vor Ort in<br />
Dortmund besprochen oder online in einer<br />
Videokonferenz. Kunden erhalten zudem<br />
eine klare Aussage, wenn etwas nicht<br />
funktioniert oder die gewünschten Zykluszeiten<br />
nicht erreicht werden können.<br />
Kann man sagen, dass der Kunde nach<br />
einer Machbarkeitsstudie „auf der sicheren<br />
Seite steht“?<br />
Idealerweise sollte das so sein. Aber es<br />
gibt dennoch immer wieder ein paar Unwägbarkeiten<br />
oder veränderte Rahmenbedingungen.<br />
Aber dafür stehen ja unsere<br />
Experten parat. Sie können alle Fragen,<br />
die noch auftauchen sollten, versiert beantworten.<br />
Und Anpassungen lassen sich<br />
auch immer realisieren. Ich würde es allgemeiner<br />
formulieren. Mit einem Partner,<br />
der für alle Eventualitäten gerüstet ist,<br />
steht man auf der sicheren Seite. Nicht<br />
mit der Machbarkeitsstudie allein.<br />
Bei einer Versuchsanlage sind die Grenzen<br />
des Machbaren schnell erreicht. Wie<br />
können komplexere Abläufe in einer geplanten<br />
Anlage ausprobiert werden?<br />
Natürlich können wir nicht die komplette<br />
Automatisierungslösung simulieren, aber<br />
sehr häufig ist die Robotik der entscheidende<br />
Schritt in der Automatisierung. Daraus<br />
ergibt sich keine völlige Sicherheit,<br />
aber man erhält eine gute Einschätzung.<br />
Bei Projekten mit mobilen Robotern ist<br />
das einfacher. Hier können wir die Umgebung<br />
und die Aufgaben, die erledigt werden<br />
sollen, sehr gut und präzise simulieren<br />
und dann auch entsprechend genaue<br />
Prognosen abgeben.<br />
Welche Machbarkeitsstudien lassen sich<br />
speziell bei der mobilen Robotik in Dortmund<br />
durchführen und wie sehen die<br />
aus?<br />
In der mobilen Robotik teilt sich die Analyse<br />
häufig in zwei Schritte auf. Zunächst<br />
sind die lokalen Gegebenheiten beim Anwender<br />
wichtig. Wie ist das Gebäude aufgeteilt?<br />
Wo befinden sich Treppen oder<br />
gesperrte Bereiche? Wie sehen die Fahrwege<br />
für die mobilen Roboter aus? Das<br />
lässt sich alles gut simulieren und die Unternehmen<br />
erhalten einen Überblick über<br />
Fahrzeiten, Übergabeprozesse und -orte<br />
sowie die benötigte Zahl von mobilen<br />
Einheiten, damit die Aufgaben auch in der<br />
vorgegebenen Zeit erledigt werden können.<br />
Wir geben auch Empfehlungen, welche<br />
mobilen Roboter für welche Aufgaben<br />
geeignet sind und wie die Übergabestation<br />
aussehen sollte.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 23
TOPSTORY » Verzahnungstechnik<br />
Bild: Horn/Sauermann<br />
Das Abwälzfräsen auf 5-achsigen Dreh-Fräs-Zentren macht<br />
die Kegelradfertigung im Modul-Bereich zwischen 0,6 und<br />
4 mm im Vergleich zur klassischen Prozesskette nicht nur<br />
deutlich flexibler, sondern auch präziser und wirtschaftlicher.<br />
Universelle Dreh-Fräs-Zentren produzieren kleine Verzahnungen flexibel und wirtschaftlich<br />
Kegelräder<br />
von der Stange<br />
Kegelräder auf 5-achsigen Dreh-Fräs-Zentren fertigen – dafür hat Index die erforderlichen<br />
Technologiezyklen und zusammen mit Horn die Werkzeuge entwickelt. Gegenüber<br />
einer klassischen Verzahnungslinie bietet das Verfahren Anwendern zahlreiche<br />
Vorteile. Dank der Flexibilität des Prozesses, der keine Spezialmaschinen erfordert,<br />
können sich kleinere Betriebe neue Wertschöpfungspotenziale erschließen.<br />
» Mona Willrett, Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
24 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Klassische Spezialmaschinen decken laut Dr.<br />
Volker Sellmeier kleine Kegelradverzahnungen<br />
nicht mehr ausreichend ab. „Deren Hersteller<br />
fokussieren sich seit einigen Jahren auf großmodu -<br />
lige Verzahnungen“, sagt der Leiter der Technologieentwicklung<br />
bei Index. Natürlich könne man auch<br />
auf diesen Maschinen kleinere Verzahnungen herstellen.<br />
Die Frage sei nur, ob das wirtschaftlich ist.<br />
Genau diese Verzahnungen im Modulbereich zwischen<br />
0,6 und 4 mm decken die 5-achsigen Dreh-<br />
Fräs-Zentren des Esslinger Maschinenbauers in Kombination<br />
mit den Werkzeugen von Paul Horn ab. Die<br />
Besonderheit dabei: Der Nutzer braucht zum Verzahnen<br />
keine Spezialmaschine mehr! Die universellen<br />
Dreh-Fräs-Zentren – ergänzt um spezielle Technologiezyklen<br />
– fertigen Kegelräder von der Stange. Komplett<br />
fertig, bis aufs Härten. Und: Anders als eine<br />
klassische Verzahnungsmaschine, bieten sie dem Anwender<br />
die Möglichkeit – je nach Auftragslage –<br />
auch ganz andere Werkstücke zu bearbeiten.<br />
Philipp Dahlhaus, Leiter Produktmanagement bei<br />
Horn in Tübingen, ergänzt: „Zu den entscheidenden<br />
Vorteilen unseres Prozesses gehört, dass wir Kegelräder<br />
in einer Aufspannung bearbeiten und so diverse<br />
Umrüstvorgänge und die damit verbundenen Genauigkeitsverluste<br />
eliminieren.“ Während auf einer klassischen<br />
Verzahnungslinie die Teile zum Drehen, Bohren,<br />
Fräsen, Verzahnen und Entgraten auf verschiedenen<br />
Maschinen gerüstet werden müssen, erfolgen<br />
beim Index-Horn-Prozess all diese Schritte auf dem<br />
Dreh-Fräs-Zentrum. Hinzu kommt, dass die entfallenden<br />
Rüstvorgänge nicht nur der Qualität zugute<br />
kommen, sondern auch die Durchlaufzeit verkürzen.<br />
Auch für Minilose interessant<br />
Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Vorteil ist<br />
die hohe Flexibilität des universellen Prozesses, der<br />
dadurch auch für kleine Stückzahlen interessant ist.<br />
„Unter unseren Kunden befinden sich Lohnfertiger,<br />
die Prototypen oder Lose mit 20 bis 200 Teilen herstellen,<br />
ebenso wie Serienfertiger, die Millionen-<br />
Stückzahlen produzieren“, berichtet Sellmeier. Diese<br />
Flexibilität, verbunden mit der Tatsache, dass keine<br />
hohen Investitionen in Spezialmaschinen nötig sind,<br />
mache das Verzahnen auch für kleinere und mittlere<br />
Betriebe interessant. „Damit können sich Unternehmen,<br />
die bislang extern verzahnen ließen, neue<br />
Wertschöpfungspotenziale erschließen, die gute Perspektiven<br />
für weiteres Wachstum bieten.“<br />
Mit einer Maschine auszukommen, wo zuvor drei<br />
oder vier nötig waren, wird in Zeiten eines sich verschärfenden<br />
Fachkräftemangels und des Strebens,<br />
Betriebsflächen nachhaltiger zu nutzen, ebenfalls zu<br />
einem schlagkräftigen Argument.<br />
Das grundsätzliche Verfahren, Kegelräder auf einer<br />
Universalmaschine zu fertigen, hat Index 2013 auf<br />
der EMO in Hannover erstmals vorgestellt. Doch seither<br />
ist viel passiert. Zu Beginn arbeiteten die Esslinger<br />
ausschließlich mit dem kontinuierlichen Teilverfahren,<br />
auch Face Hobbing genannt. Die dabei eingesetzten<br />
Messerköpfe hatten anfangs nur zwei oder<br />
drei Schneiden. Heute finden bis zu sechs Schneidplatten<br />
auf dem Werkzeug Platz. Neben solchen Optimierungen<br />
führte die Weiterentwicklung im Lauf<br />
der Jahre auch zu einer anderen Fertigungsstrategie<br />
– dem so genannten Einzel-Teilverfahren.<br />
Während beim kontinuierlichen Teilen Werkzeug<br />
und Werkstück konstant rotieren, wird beim Einzel-<br />
Teilverfahren jede Zahnlücke komplett fertig bearbeitet,<br />
das Werkzeug dann aus dem Eingriff genommen,<br />
das Werkstück weitergedreht und dann die<br />
nächste Zahnlücke gefräst. Die so entstehende Zahn-<br />
Bild: Tom Oettle<br />
Prozesse kreativ entwickeln<br />
Bewährtes mit Neuem kombinieren, Prozesse neu denken –<br />
so lassen sich in der Fertigungstechnik noch immer signifikante<br />
Fortschritte erzielen. Wenn kreative Partner zusammenfinden,<br />
ist vieles möglich. Was mich an unserem Beispiel<br />
der Kegelradfertigung auf Dreh-<br />
Fräs-Zentren besonders freut: Bits und<br />
Bytes sind hier ein Werkzeug, das den<br />
Weg zum Ziel ebnet. Zu oft scheinen<br />
mir in letzter Zeit Digitalisierung und<br />
KI weniger Mittel zum Zweck als vielmehr<br />
Selbstzweck.<br />
Mona Willrett,<br />
Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Philipp Dahlhaus (li.),<br />
leitender Produktmanager<br />
bei Horn, und<br />
Dr. Volker Sellmeier,<br />
Leiter Technologieentwicklung<br />
bei Index,<br />
diskutieren neue Ideen,<br />
das Kegelradabwälzfräsen<br />
zu optimieren.<br />
Bild: Horn/Sauermann<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 25
TOPSTORY » Verzahnungstechnik<br />
Die hochgenau gefertigten<br />
Grundkörper<br />
und Schneidplatten<br />
müssen nicht zuein -<br />
ander ausgerichtet<br />
werden. Trotzdem<br />
erzeugen die Messerköpfe<br />
Verzahnungen,<br />
die enge Toleranzvorgaben<br />
einhalten.<br />
Bild: Horn/Sauermann<br />
längsform beschreibt einen Kreisbogen – nicht wie<br />
beim kontinuierlichen Teilverfahren eine Epizykloide.<br />
Dadurch können die Kegelräder nach der Weichbearbeitung<br />
und dem Härten noch geschliffen werden.<br />
Mittels kontinuierlichem Teilen hergestellte spiralisierte<br />
Kegelräder lassen sich nach der Warmbehandlung<br />
nicht mehr schleifen.<br />
Für viele Anwendungen ist das aber auch gar nicht<br />
nötig, wie Sellmeier erläutert: „In unserer eigenen<br />
Kegelradfertigung – etwa für unsere Werkzeughalter<br />
– erreichen wir in der Weichbearbeitung prozesssicher<br />
die Genauigkeitsklasse IT5. Fallen wir durch das<br />
Härten auf IT 6 oder 7 ab, dann ist das in 80 bis 90 %<br />
der Fälle noch immer ausreichend.“ Ein weiteres Argument<br />
fürs kontinuier liche Teilen: Die Kinematik<br />
beim einzelteilenden Prozess ist komplexer. Sie beschäftigte<br />
die Entwickler einige Zeit, ist aber laut<br />
Sellmeier inzwischen gelöst, so dass bereits mehrere<br />
Maschinen ausgeliefert werden konnten.<br />
Beim Einzel-Teilverfahren können größere Messerköpfe<br />
mit deutlich Schneiden eingesetzt werden.<br />
„Und je mehr Schneiden das Werkzeug hat umso<br />
schneller kommt das fertige Bauteil aus der Maschine<br />
und umso produktiver und wirtschaftlicher ist der<br />
Prozess“, betont Philipp Dahlhaus.<br />
Gemeinsam zu innovativen Lösungen<br />
Beim Kegelradabwälzfräsen arbeiten Index und Horn<br />
erst seit 2019 zusammen. Seither haben die Partner<br />
jedoch entscheidende Fortschritte hinsichtlich Teilequalität<br />
und Produktivität realisiert. Doch das Thema<br />
Prozess entwicklung verbindet beide Unternehmen<br />
schon länger. „Vor dem Kegelradfräsen haben wir<br />
schon das Wälzschälen, das Polygondrehen oder das<br />
High-Speed-Wirbeln gemeinsam auf die Spur gebracht“,<br />
berichtet Dahlhaus. Und Sellmeier ergänzt:<br />
„Die ört liche Nähe ist für uns ein riesiger Vorteil<br />
dieser Partnerschaft. Dadurch können wir viele komplexe<br />
Themen einfach und schnell persönlich besprechen.“<br />
Selbst Sonderprozesse seien bereits in kurzer<br />
Zeit gemeinsam umgesetzt worden.<br />
Die Effizienz des Prozesses beruht auch auf der<br />
Präzision, mit der Horn sowohl die Messerkopf-<br />
Grundkörper als auch die Schneidplatten herstellt.<br />
Dadurch kann das Ausrichten der Schneiden zueinander<br />
entfallen. Und das wiederum vereinfacht und<br />
beschleunigt das Werkzeughandling für den Anwender.<br />
Allerdings fordern die geringen Toleranzen im<br />
µm-Bereich das ganze Know-how des Werkzeugherstellers.<br />
„Und das wird umso anspruchsvoller, je mehr<br />
Schneiden der Messerkopf hat“, betont Dahlhaus.<br />
Die Schwierigkeit besteht zudem darin, Geometrie<br />
und Kontur der Schneide in Verbindung mit Spanund<br />
Freiwinkeln so zu kombinieren und dabei<br />
Profilverzerrungen zu berücksichtigen, dass am Ende<br />
die gewünschte Zahnform entsteht. Denn: „Trotz aller<br />
Berechnungstools, die uns heute zur Verfügung<br />
stehen, kann es passieren, dass die vorgegebene<br />
Zahnform nicht auf Anhieb passt“, berichtet der leitende<br />
Produktmanager. „Zu erkennen, an welcher<br />
Stellschraube wir dann drehen müssen, um das zu<br />
korrigieren, erfordert viel Know-how!“<br />
Noch vor wenigen Jahren habe das Wissen gefehlt,<br />
wie Geometrie, Substrat und Beschichtung zu kombinieren<br />
sind, um beim Kegelradabwälzfräsen das<br />
bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Die zweischneidigen<br />
Platten werden für die jeweilige Verzahnung<br />
ausgelegt. Während sich beim kontinuierlichen Prozess<br />
die Werkzeuge in einem gewissen Rahmen standardisieren<br />
lassen, müssen sie beim Einzel-Teilverfahren<br />
grundsätzlich individuell angepasst werden.<br />
Beschichtungstechnik bringt Fortschritt<br />
„Permanentes Weiterentwickeln sowohl der Werkzeuge<br />
als auch der Prozesse hat in den letzten Jahren<br />
entscheidende Fortschritte ermöglicht“, sagt Dahlhaus.<br />
Gerade die Investitionen in die hauseigene Beschichtungstechnik<br />
würden sich heute auszahlen.<br />
Wenn für die Schneiden nur eine Toleranz von 2 bis<br />
3 µm zulässig ist, dann sei es entscheidend, dass die<br />
Schichtdicke exakt passe. Deshalb beschichte Horn<br />
alle hochgenauen Platten selbst. Doch das Qualitätsplus<br />
ist dafür nur ein Argument, Lieferzeit und Termintreue<br />
sind weitere. „Nicht zuletzt durch die Inhouse-Beschichtung<br />
können wir schnell liefern –<br />
wenn´s eilig ist, innerhalb von fünf Arbeitstagen.“<br />
Hilfreich fürs Auslegen der Prozesse beim Kegelradabwälzfräsen<br />
ist ein Simulationstool, das Index in<br />
den letzten Jahren entwickelt hat. „Es zeigt uns sehr<br />
schnell, wie sich Veränderungen an einzelnen Stellschrauben<br />
auswirken“, sagt Sellmeier. „Das nötige<br />
Wissen haben wir uns über die letzten Jahre erarbeitet.<br />
Heute können wir sehr genau vorhersagen, wie<br />
die Zahnflanken oder die Tragbilder reagieren, wenn<br />
wir einzelne Prozessparameter verändern.“<br />
26 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Benutzergeführte Eingabemaske<br />
für die<br />
Werkstückgeometrie,<br />
Werkzeugdaten, Prozesseinstelldaten<br />
und<br />
Flankenkorrekturen –<br />
der optional für<br />
5-achsige Dreh-Fräs-<br />
Zentren orderbare<br />
Technologiezyklus<br />
macht Nutzern das<br />
Fertigen von Kegel -<br />
rädern leicht.<br />
Bild: Index<br />
Dieses Wissen zusammenzutragen, war laut Sellmeier<br />
nicht einfach. „Das Verzahnungs-Know-how<br />
war in der Vergangenheit auf wenige Hersteller konzentriert,<br />
die ihr Wissen ziemlich restriktiv verwalteten.“<br />
Darüber, wie die Achsen zueinander verfahren<br />
müssen, damit das gewünschte Ergebnis entsteht,<br />
seien so gut wie keine Informationen verfügbar. „Wir<br />
– und auch andere Maschinenbauer – sind aber gerade<br />
dabei, diese Geheimnisse aufzubrechen. Dabei<br />
hat sich gezeigt, dass unsere Maschinen genauso<br />
gute oder bessere Verzahnungen herstellen können,<br />
wenn die Zyklen passen.“<br />
Ihre Technologiezyklen haben die Esslinger Ingenieure<br />
so ausgelegt, dass sie die Komplexität für den<br />
Nutzer reduzieren und er die erforderlichen Parameter<br />
recht einfach eingeben kann. Insofern erfordere<br />
das Verzahnen auf einem Dreh-Fräs-Zentrum deutlich<br />
weniger Spezialwissen als auf einer klassischen<br />
Verzahnungslinie. „Natürlich sind Fachkenntnisse im<br />
Umgang mit einer modernen CNC-Maschine erforderlich,<br />
um solch komplexe Bauteile herzustellen“,<br />
betont Sellmeier. „Aber dank der intuitiven Bedienung,<br />
müssen selbst bei Abweichungen von den Sollwerten<br />
der Verzahnung nur einige Korrekturwerte<br />
aus dem Messprotokoll eingegeben werden. Den Rest<br />
erledigt der Zyklus automatisch.“<br />
Für die komplette Bearbeitung einer typischen Verzahnung,<br />
wie sie Index beispielsweise in seinen<br />
Werkzeughaltern verbaut – Modul zwischen 1,5 und<br />
2,5 und 30 bis 40 Zähne –, veranschlagt Sellmeier inklusive<br />
Vordrehen, Bohren, Polygon herstellen und<br />
Verzahnen zwischen 2,5 und 3,5 min. Die reine Fertigungszeit<br />
sei mit dem klassischen Prozess vergleichbar,<br />
allerdings falle dort die Handlingszeit weit mehr<br />
ins Geweicht, weil das Bauteil mehrfach umgespannt<br />
und von Maschine zu Maschine transportiert werden<br />
muss. Noch entscheidender sei in diesem Zusammenhang,<br />
dass durch das mehrfache Umrüsten Ungenauigkeiten<br />
und Rundlauffehler entstehen, die das<br />
Bearbeiten in einer Aufspannung eliminiert.<br />
„Genauigkeitssteigernd wirkt sich zudem aus, dass<br />
unsere Maschine das Kegelrad vorfertigt und verzahnt,<br />
dann das Rohteil an die Gegenspindel übergibt<br />
und absticht. Erst jetzt wird die Anlagefläche<br />
überdreht und damit das Einbaumaß erzeugt“, erläutert<br />
Sellmeier. Beim klassischen Prozess werde die<br />
Einbaumaß-bestimmende Anlagefläche bereits im<br />
Rahmen der Vorfertigung erzeugt. Kommt es dabei<br />
zu Streuungen, können diese nur ausgeglichen werden,<br />
indem die nachfolgende Verzahnungsmaschine<br />
die Zähne mehr oder weniger tief fräst. Somit biete<br />
das universelle Verfahren auch hier Qualitätsvorteile.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 27
TECHNIK » Interview<br />
Martin Winterstein, Geschäftsführer von Anca Europe, über die Ziele des Familienunternehmens<br />
„Das Thema Prozessintegration<br />
wird uns noch lange beschäftigen“<br />
Um Kunden in Zentraleuropa schneller mit individualisierten Lösungen fürs Werkzeugschleifen<br />
versorgen zu können, baut Anca seine Kapazitäten in Europa aus. Welche Pläne das australische<br />
Familienunternehmen hat, erläutert Martin Winterstein, Geschäftsführer von Anca Europe.<br />
» Mona Willrett, Redakteurin <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Martin Winterstein ist seit November 2022 Geschäftsführer von Anca Europe in Weinheim. Er will das Engineering- und Service-Angebot des australischen<br />
Herstellers von Werkzeugschleifmaschinen im europäischen Markt deutlich ausbauen.<br />
Bild: Anca<br />
Herr Winterstein, welche Ziele hat sich<br />
Anca in Europa für 2023 gesteckt?<br />
Wir wollen künftig eigenständiger an den<br />
jeweiligen Kundenbedarf adaptierte Lösungen<br />
anbieten und unser Serviceangebot<br />
ausbauen. Um das leisten zu können,<br />
verstärken wir unser Team und erweitern<br />
unsere Kompetenzen. Bis wir die nötigen<br />
Fachkräfte gefunden und eingearbeitet<br />
haben, unterstützen uns In genieure aus<br />
dem Stammwerk in Melbourne, die vorübergehend<br />
in Weinheim arbeiten. Mit<br />
Blick auf die aktuellen Zahlen sind<br />
wir optimistisch, unser im Juni endendes<br />
Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Plus<br />
von 10 % abschließen zu können. Unser<br />
Auftragseingang, der sich insbesondere<br />
zum Jahresende hin sehr erfreulich entwickelt<br />
hat, gibt uns die Zuversicht, dass<br />
das auch klappt – obwohl wir das weggefallene<br />
Geschäft mit russischen Kunden<br />
kompensieren müssen.<br />
Sie sind seit November Geschäftsführer<br />
von Anca Europe. Wie haben Sie die<br />
ersten Monate in der Position erlebt?<br />
Edmund Boland, der Sohn unseres Gründers,<br />
hatte dieses Amt zwei Jahre lang inne,<br />
ehe er im Dezember ins Stammwerk<br />
zurückkehrte und dort nun die Rolle des<br />
28 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
General Managers CNC Machines übernimmt.<br />
Er ist im und mit dem Unternehmen<br />
aufgewachsen und kennt alles und<br />
jeden bei Anca. Insofern war es toll, dass<br />
wir im November Zeit für eine ausführ -<br />
liche Übergabe hatten. Der Dezember war<br />
geprägt von vielen Terminen mit allen Beteiligten<br />
an unseren Hauptstandorten in<br />
Europa, in der Zentrale in Weinheim und<br />
in Coventry in England. Im Januar war ich<br />
dann in Aus tralien, um das Werk und<br />
seine Möglichkeiten noch besser kennenzulernen<br />
und strategische Fragen zu besprechen.<br />
Die Nachfolge von Edmund<br />
Boland empfinde ich als große und tolle<br />
Aufgabe, über die ich mich sehr freue.<br />
Wie wollen Sie das Unternehmen in<br />
Europa weiterentwickeln?<br />
Insbesondere die Kunden in Deutschland<br />
und in der Schweiz sind anspruchsvoll,<br />
was die mechanische Anpassung, die Automation<br />
oder die Adaption von<br />
Software angeht. Viele dieser<br />
Leistungen bieten wir schon an,<br />
aber wir werden hier unsere Ingenieurkompetenz<br />
ausbauen, um<br />
Kundenanpassungen effizienter<br />
umsetzen zu können, die Lösungen<br />
schneller vor Ort installieren<br />
und dem Anwender bei Fragen und Problemen<br />
gezielter helfen zu können. Hinzu<br />
kommt, dass wir die Servicekapazitäten<br />
und das Serviceangebot ausbauen und<br />
neben Retrofits auch weitere Leistungen<br />
wie Serviceverträge oder zusätzliche<br />
Schulungsprogramme anbieten werden.<br />
Inwiefern unterscheidet sich Anca von<br />
anderen Schleifmaschinenherstellern?<br />
Ein Werkzeugmaschinenhersteller aus<br />
Australien – das ist an sich schon ein<br />
wenig exotisch. Sich so weit entfernt von<br />
den Hauptmärkten auf eine Nische wie<br />
das Werkzeugschleifen zu spezialisieren,<br />
macht es noch spezieller. Hinzu kommt,<br />
dass Pat Boland und Pat McCluskey auch<br />
fast 50 Jahre nachdem sie das Unternehmen<br />
gegründet haben, noch nahezu täglich<br />
in der Firma sind. Das führt zu großer<br />
Kontinuität – sowohl hinsichtlich der<br />
Ausrichtung des Unternehmens als auch<br />
in Bezug auf die technische Entwicklung<br />
oder die Marktbearbeitung. Als weiteres<br />
Alleinstellungsmerkmal sehen wir unsere<br />
enorme Fertigungstiefe. Sie reicht von der<br />
Fertigung der Polymerbeton-Betten über<br />
die mechanische Bearbeitung, den Spindel-<br />
und Schaltschrankbau, die eigene<br />
Fertigung von Blechteilen und Linearantrieben,<br />
bis hin zur eigenen Software sowie<br />
Steuerungs- und Simulationstechnik.<br />
Warum diese große Fertigungstiefe?<br />
Sie macht uns flexibel und ermöglicht<br />
auch in Zeiten gestörter Lieferketten vergleichsweise<br />
kurze Lieferzeiten. Zudem<br />
gibt sie uns die Möglichkeit, auf Kundenwünsche<br />
einzugehen. Der Ursprung liegt<br />
aber in der Philosophie unserer Gründer:<br />
Wann immer sie am Markt keine zufriedenstellende<br />
Lösung fanden, entwickelten<br />
und produzierten sie eben eine eigene.<br />
Welche Schwerpunktmärkte und -absatzbranchen<br />
hat Anca?<br />
» Dank unserer großen<br />
Fertigungstiefe können wir neue<br />
Ideen schnell umsetzen und auf<br />
Kundenwünsche eingehen. «<br />
Es ist naheliegend, dass wir als australisches<br />
Unternehmen in Asien stark sind –<br />
etwa in China, Thailand, Korea oder Indien.<br />
Aber auch Nord- und Südamerika<br />
sind gute Märkte für uns. In Japan haben<br />
wir 2022 eine eigene Niederlassung eröffnet.<br />
Und auch in Europa sind wir gut<br />
aufgestellt, mit eigenen Strukturen in<br />
neun Ländern. Hier sehen wir aber durchaus<br />
Potenzial, weiter zu wachsen. Was die<br />
Branchen betrifft, liegt unser Fokus klar<br />
auf der Produktion und dem Nachschärfen<br />
von Zerspanwerkzeugen. Die auf<br />
unseren Anlagen geschliffenen Bohrer,<br />
Fräser, Gewinde- und Verzahnungswerkzeuge,<br />
Sonder- oder Formwerkzeuge<br />
kommen dann aber in den unterschiedlichsten<br />
Branchen zum Einsatz. Insofern<br />
sind wir breit aufgestellt, was uns auch in<br />
schwierigen Zeiten hilft.<br />
Ihre GCX-Maschinen produzieren Werkzeuge<br />
fürs Verzahnen. Wie stark sind die<br />
in Zeiten der E-Mobilität noch gefragt?<br />
Durch die Elektrifizierung des Autos werden<br />
weniger einfache Zahnräder gebraucht<br />
– etwa Gangräder für 8- oder<br />
9-Gang-Getriebe. Aber die lagen ohnehin<br />
nicht in unserem Fokus. Unsere GCX-<br />
Linear- Maschinen sind konzipiert fürs<br />
Fertigen von Wälzschälwerkzeugen. Mit<br />
diesem Verfahren – auch Skiving genannt<br />
– lassen sich Verzahnungen fünf- bis<br />
zehnmal effizienter herstellen als mit traditionellen<br />
Verfahren wie dem Stoßen<br />
oder Räumen. Hinzu kommt eine deutlich<br />
höhere Verzahnungsgüte, die gerade in<br />
der Elektromobilität ein Qualitätsmerkmal<br />
ist. Insofern profitiert diese Maschinenbaureihe<br />
sogar vom Wandel in der<br />
Mobilität. Mit diesen Werkzeugen lassen<br />
sich sowohl Außen- als auch Innen -<br />
verzahnungen herstellen. Auch komplexe<br />
Geometrien sind möglich. Skiving ist ein<br />
jüngeres Technologiethema, das sehr gut<br />
zu uns passt und einen wachsenden<br />
Markt bietet. Solche Werkzeuge<br />
in einer Aufspannung schruppen,<br />
schlichten, vermessen, kompensieren<br />
und fertigschleifen zu können,<br />
das sehe ich als Benchmark.<br />
Wie kommt das vollautoma -<br />
tisierte Fertigungssystem AIMS<br />
im Markt an?<br />
Wir bieten schon seit einiger Zeit Lösungen,<br />
mit denen das automatisierte Bearbeiten<br />
von Werkstücken nahezu rund um<br />
die Uhr möglich ist. Mit AIMS – unserem<br />
Anca Integrated Manufacturing System –<br />
gehen wir einen Schritt weiter und verbinden<br />
verschiedene automatisierte Prozesse<br />
mithilfe von Flurförderfahrzeugen.<br />
So können mehrere Prozessschritte, vom<br />
Schleifen übers Messen und Kompensieren<br />
bis hin zum Lasermarkieren vollautomatisiert<br />
erfolgen. Das ergibt aus meiner<br />
Sicht gerade in Europa Sinn, denn so lässt<br />
sich sowohl der Fachkräftemangel entschärfen<br />
als auch die begrenzte Bereitschaft<br />
vieler Mitarbeiter, Nacht- oder<br />
Wochenendschichten zu leisten.<br />
Wie war die Reaktion der Kunden nach<br />
der Messe GrindingHub, auf der die Zelle<br />
erstmals vorgestellt wurde?<br />
Wir hatten viele Anfragen und mittlerweile<br />
befinden sich erste Projekte in der<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 29
TECHNIK » Interview<br />
Werkzeuge mit höchsten Oberflächen -<br />
güten und mit hochgenauen Schneidkanten<br />
prozesssicher in Serie herstellen.<br />
Lässt sich das Ultra-Paket nachrüsten?<br />
Nein. Die Grundmaschine ist zwar die<br />
gleiche, aber es gibt Hardware- und Ausstattungsmerkmale,<br />
die von vorn herein<br />
so vorgesehen sein müssen. Ein Beispiel<br />
sind steifere Achsausführungen.<br />
Bild: Anca<br />
Martin Winterstein löste Edmund Boland (li.) ab. Der Sohn des Firmengründers, leitete die europäische<br />
Niederlassung des Familienunternehmens zwei Jahre lang, ehe er ins Stammwerk nach Melbourne<br />
zurückkehrte, um die Position des General Managers CNC Machines zu übernehmen.<br />
Umsetzung. So komplexe Lösungen, bei<br />
denen zwangsläufig Anlagen verschiedener<br />
Partner verkettet werden müssen, lassen<br />
sich nicht in wenigen Monaten realisieren.<br />
Das Thema Prozess integration<br />
wird uns noch lange beschäftigen. Auch<br />
deshalb bauen wir weitere Engineeringund<br />
Systemkompetenzen auf.<br />
Welche weiteren Entwicklungen sind<br />
hier zu erwarten? Lassen sich auch Maschinen<br />
von Wettbewerbern einbinden?<br />
Natürlich fällt es uns leichter, eine Fertigungszelle<br />
nur mit unseren Maschinen<br />
und der Messtechnik unseres Partners<br />
Zoller zu realisieren. Denn dann haben<br />
wir alle Schnittstellen im Griff. Andererseits<br />
ist es der Wunsch mancher Kunden,<br />
auch andere Technologien einbinden und<br />
komplette Prozessketten abbilden zu<br />
können. Dem versuchen wir uns Stück für<br />
Stück zu nähern, wo das eben sinnvoll<br />
und möglich ist.<br />
Anca hat einige technologische Lösungen<br />
sehr früh in den Markt eingeführt,<br />
beispielsweise das fünfachsige Schleifen<br />
von Werkzeugen. Wie gelingt es einem<br />
Unternehmen, das geografisch nicht im<br />
Zentrum der Fertigungswelt zuhause ist,<br />
so innovativ zu sein?<br />
Zu einem wesentlichen Teil liegt das an<br />
den Gründern Pat Boland und Pat<br />
McCluskey. Sie haben mit großem Wissen<br />
und unglaublicher Kreativität immer wieder<br />
tolle und innovative Lösungen entwickelt.<br />
So hat Anca beispielsweise bereits<br />
1991 als erster Maschinenhersteller eine<br />
Lösung fürs fünfachsige Schleifen und<br />
Simulieren vorgestellt, die wir seither<br />
kontinuierlich weiterentwickeln. Es war<br />
immer unser Leitmotto: Wenn‘s am Markt<br />
keine gute Lösung gibt, dann machen wir<br />
es eben selbst. Aber das geschah nie aus<br />
einem Selbstzweck heraus, sondern immer<br />
mit einem sehr wachen Blick auf den<br />
Bedarf unserer Kunden. Ein Beispiel dafür<br />
ist auch das Ultra-Paket, das wir letzten<br />
September für die MX7 auf der AMB vorgestellt<br />
haben. Es bietet eine auf einen<br />
Nanometer genaue Achsauflösung. Auch<br />
hier hat uns wieder unsere hohe Fertigungstiefe<br />
geholfen, alle damit verbundenen<br />
Herausforderungen in kurzer Zeit zu<br />
meistern – etwa die nötige höhere<br />
mechanische und thermische Stabilität,<br />
spezielle Algorithmen oder Sensoren. Mit<br />
dieser Maschine kann der Anwender<br />
Wie schafft es ein australischer Maschinenbauer,<br />
seinen Kunden weltweit<br />
einen effizienten und preislich attraktiven<br />
Service zu bieten?<br />
Weil es keinen nennenswerten Markt vor<br />
Ort gab, war Anca von Anfang an gezwungen,<br />
in den Export zu gehen. Inzwischen<br />
sind wir in den meisten wichtigen<br />
Märkten mit eigenen Niederlassungen<br />
präsent, in vielen weiteren durch Handelspartner<br />
vertreten. Insofern ist das<br />
kein Thema mehr. Aber zu Beginn mussten<br />
wir schon sehr genau auf Rückmeldungen<br />
von Kunden achten. Wichtig waren<br />
dabei ein enger Kontakt, zuverlässige<br />
Maschinen und innovative Kommunikationsansätze.<br />
So gehörten wir zu den Ersten,<br />
die ihre Maschinen mit einem Modem<br />
ausstatteten, um Kunden auch aus<br />
der Ferne unterstützen zu können.<br />
Welche Bedeutung hat das Thema<br />
„Nachhaltigkeit“ bei und für Anca?<br />
Eine große. Ein Beispiel: Anca bezieht seine<br />
Energie in Melbourne von einem örtlichen<br />
Windenergie-Anbieter und hat auch<br />
weitere Maßnahmen umgesetzt, um den<br />
Energieverbrauch zu senken. Das Gleiche<br />
haben sich die Niederlassungen auf die<br />
Fahne geschrieben. Was noch relativ neu<br />
ist: Wir gehen gezielt auf Kunden zu und<br />
bieten an, zehn bis 15 Jahre alte Maschinen<br />
mit neuen Achsen, Führungen, moderner<br />
Steuerungstechnik und Software<br />
auf den aktuellen Stand zu bringen. Wir<br />
haben mittlerweile in Deutschland und<br />
England regelmäßig Rückläufer von Kunden,<br />
die ihre alte Maschine retrofitten<br />
lassen oder sie in Zahlung geben, die wir<br />
dann aufbereiten und weiterverkaufen. So<br />
erreichen wir eine deutlich längere Einsatzzeit<br />
der Maschinen und verbessern so<br />
die Ressourceneffizienz.<br />
30 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Hausmesse zeigt innovative Produktionslösungen – nicht nur für die Mobilität<br />
Besucher erleben hautnah<br />
zukunftsweisende Technologien<br />
Nach dem Hausmesse-Comeback 2022 öffnen die Grob-Werke vom 21. bis 24. März 2023 ihre<br />
Hallen wieder für Fachbesucher. Das Familienunternehmen zeigt seine gesamte Produktpalette<br />
von der Zerspanungstechnik über die Automation bis hin zu den Anlagen für die E-Mobilität.<br />
Bild: Grob<br />
Ein Jahr nach ihrer Premiere wird Grob den Besuchern unter anderem die<br />
aktuelle Version der Liquid Metal Printing-Anlage GMP300 und deren<br />
jüngste Einsatzfelder präsentieren.<br />
Bild: Grob<br />
Zu den Highlights der Hausmesse in Mindelheim gehören auch<br />
Hairpin-Anlagen der zweiten und dritten Generation für die<br />
Fertigung von E-Motoren.<br />
Mittelpunkt der Hausmesse von Grob<br />
wird erneut das Technologie- und<br />
Anwendungszentrum (TAZ) in Halle 9<br />
sein. Die Fachbesucher können sich 2023<br />
auf einen noch größeren Ausstellungsbereich<br />
freuen. Auf sie warten zahlreiche<br />
Highlights aus dem 4- und 5-Achs-<br />
Universalmaschinenbereich sowie spannende<br />
Live-Bearbeitungen verschiedenster<br />
Bauteile. Zu den weiteren, live ausgestellten<br />
Exponaten zählt außerdem das<br />
Spektrum an Automationslösungen, das<br />
mit seiner Vielseitigkeit laut den Mindel -<br />
heimern für noch mehr Flexibilität steht.<br />
Im Zerspanungsbereich wird ein Bearbeitungszentrum<br />
des Typs G520F aus der<br />
F-Serie präsentiert. Deren Maschinenkonzept<br />
wurde von den Konstrukteuren speziell<br />
für die Produktion von Leichtbau -<br />
komponenten wie Rahmenstrukturbauund<br />
Fahrwerksteile, aber auch für Batteriegehäuse<br />
ausgelegt und entwickelt.<br />
Ergänzend dazu zeigt Grob erstmals auf<br />
einer Messe Hairpin-Anlagen der 2. und<br />
3. Generation sowie eine Weiten- und<br />
Schränken-Anlage, die zur Herstellung<br />
eines Elektromotors benötigt werden.<br />
Im Bereich der Additiven Fertigung erwartet<br />
die Besucher die Liquid Metal<br />
Printing-Anlage GMP300, die auf dem<br />
Open House 2022 Premiere feierte. Auch<br />
der Service, das Neu- und Gebraucht -<br />
maschinenzentrum und die Kundenschulung<br />
sind erneut in den Ausstellungs -<br />
bereich eingebunden und präsentieren<br />
ihre Produkte und Leistungen. Interessenten<br />
können sich außerdem auf zahlreiche<br />
Highlight-Exponate aus den unterschiedlichsten<br />
Branchen freuen.<br />
Vernetzt in die Zukunft<br />
In einem gesonderten Bereich wird auf<br />
der Hausmesse die Digitalisierung mit der<br />
hauseigenen Software Grob-Net4Industry<br />
detailliert präsentiert. Die Module innerhalb<br />
der Software ermöglichen die Organisation<br />
direkter und indirekter Bereiche<br />
rund um die Zerspanung mit dem Ziel, die<br />
qualitativ hochwertigen und präzisen<br />
Werkzeugmaschinen bestmöglich aus -<br />
zulasten. Von der Produktionsplanung,<br />
-überwachung und -analyse, über die<br />
Visualisierung von Vorgängen bei der<br />
Werkstückbearbeitung, bis zum pro -<br />
aktiven Service und zur Instandhaltung,<br />
werden alle Bereiche der Produktion gekoppelt.<br />
Auf der Hausmesse wird unter<br />
anderem das Vernetzen unterschiedlicher<br />
Maschinen live demonstriert.<br />
Traditionell wird es wieder einen Ausstellungsbereich<br />
für rund 60 Mitaussteller<br />
und Partner geben, die ihre Produkte unter<br />
anderem aus den Bereichen Werkzeug,<br />
Spannmittel, CAM-Programmierung,<br />
Steuerung und Messsystem vorstellen.<br />
Spannende Betriebsführungen runden<br />
das Programm ab und ermöglichen einen<br />
Blick hinter die Kulissen und in die Entwicklung<br />
des Unternehmens.<br />
Unter event.grobgroup.com können<br />
sich Interessenten für die Hausmesse im<br />
März anmelden. (mw)<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 31
» TECHNIK<br />
Zuverlässige Bearbeitungszentren und Termintreue sichern den Erfolg eines Lohnfertigers<br />
Eine Allee aus Fräsmaschinen<br />
Zerspanungstechnik Mangner setzt auf Qualität statt auf lautes Marketing. Jetzt lässt der<br />
Firmeninhaber erstmals einen Blick in seine Fertigung zu. Neun 5-Achs-Bearbeitungszentren<br />
von Hermle aus Gosheim machen den Großteil seines Maschinenparks aus. Mit ihnen ist sich<br />
der Lohnfertiger sicher, seine Lieferversprechen halten zu können.<br />
» Udo Hipp, Marketingleiter, Berthold Hermle AG, Gosheim<br />
Bild: Hermle<br />
Auf die C 52 U passen<br />
bis zu 810 mm hohe<br />
Werkstücke mit einem<br />
maximalen Durchmesser<br />
von 1100 mm.<br />
Die ersten zwei Wochen war es still.<br />
Mike Mangner und Dominik Neidhardt<br />
saßen oft vor der Tür. „Mal haben<br />
wir ein Würstchen gegrillt, mal sind wir in<br />
den Kletterpark gefahren. Wir waren bereit,<br />
falls ein Kunde anruft und schnell ein<br />
Teil braucht“, erinnert sich Mike Mangner<br />
an den Anfang seiner Selbstständigkeit.<br />
2013 gründete er die Zerspanungstechnik<br />
Mangner GmbH und stellte Dominik<br />
Neidhardt direkt ein. Neidhardt war einst<br />
sein Lehrling, als Mangner noch Fertigungsleiter<br />
in Festanstellung war. „Als<br />
Mike damals die Firma verließ, wollte ich<br />
auf jeden Fall mitkommen“, wirft Neidhardt<br />
ein. Zwischen Grillen und Klettern<br />
habe er kurz seine Entscheidung angezweifelt.<br />
„Wir haben es dann einfach<br />
durchgezogen“, schließt er das Thema<br />
kurzerhand ab. Mangner stellte sich und<br />
seine Dienstleitung den Unternehmen aus<br />
der Region rund um Steffenberg persönlich<br />
vor – die Gemeinde liegt etwa zwischen<br />
Siegen und Marburg.<br />
„Am Anfang war es nicht leicht, doch<br />
mit einem klasse Team und sehr guten<br />
Maschinen konnten wir uns durch Qualität<br />
und Liefertreue am Markt platzieren<br />
und schafften damit den Einstieg für eine<br />
erfolgreiche Zukunft“, blickt Mangner zurück.<br />
Heute laufen die Maschinen nicht<br />
selten rund um die Uhr. „Wir haben einen<br />
sehr breiten Kundenstamm, liefern hoch<br />
in den Harz und runter bis nach Stuttgart“,<br />
erklärt der Geschäftsführer.<br />
Qualität und Zuverlässigkeit<br />
als Basis des Erfolgs<br />
Mangner ist ein klassischer Lohnfertiger<br />
und übt sich im Understatement. Aktiv<br />
Werbung habe er ebenso wenig gemacht<br />
wie medienwirksame Fototermine, als er<br />
2014 die Halle in Bad Laasphege gekauft<br />
und bezogen hat, rund 16 km von Steffenberg<br />
entfernt. „Wir haben einfach auf<br />
Qualität geachtet und zuverlässig geliefert.<br />
Das wissen die Kunden bis heute zu<br />
schätzen“, erklärt der Chef.<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Bild: Hermle<br />
Artur Scheiermann an seinem Favoriten, der C 52 U. Mangner bezeichnet seine größte Hermle-<br />
Maschine auch als Türöffner, denn kleinere Maschinen habe jeder.<br />
Bild: Hermle<br />
Geholfen habe ihm bei der Geschäftsentwicklung<br />
die Mundpropaganda und<br />
positive Gespräche: „Offen und ehrlich,<br />
aber ohne Show.“ Dass Mangner jetzt das<br />
Rolltor hochfährt und einen Blick in seine<br />
Fertigung zulässt, ist das erste Mal. „Extra<br />
für Hermle“, betont der 38-Jährige. Er<br />
schätzt die Bescheidenheit, mit der der<br />
5-Achs-Frässpezialist auftritt. „Das passt<br />
zu uns.“<br />
Der erste Schritt in die Fertigungshalle<br />
zeigt, dass ihn noch mehr an Hermle<br />
überzeugt: Neun 5-Achs-Bearbeitungszentren<br />
aus Gosheim bilden eine Allee aus<br />
Fräsmaschinen. Sechs weitere Anlagen<br />
anderer Hersteller vervollständigen den<br />
Maschinenpark. Mangners Motto ist, immer<br />
mehr Maschinen als Fachkräfte zu<br />
Nach dem Schlichten der Passung auf der C 400<br />
U ist der Teileinsatz bereit für die Konturbearbeitung<br />
im gehärteten Zustand.<br />
haben. „Wir haben hervorragende Mitarbeiter.<br />
Wenn einer von ihnen nicht ausgelastet<br />
ist, kostet das richtig viel Geld.<br />
Steht eine Fräse dagegen still, sind wir<br />
schlichtweg flexibel“, rechtfertigt er<br />
die kontinuierlichen Investitionen der<br />
vergangenen Jahre – hauptsächlich in<br />
Hermle-Bearbeitungszentren.<br />
Kurz entschlossen investiert<br />
Unter anderem stehen neben drei C 400 U<br />
auch eine C 52 U und – seit vergangenem<br />
Jahr – eine C 650 U. „Das war eine relativ<br />
spontane Entscheidung. Mit ihrem<br />
X-Y-Verfahrweg von 1.050 mm x 900 mm<br />
ergänzt sie die anderen 5-Achs-Maschinen<br />
ideal“, erklärt Mangner und gibt zu:<br />
„Wir sind da wirklich etwas verrückt.<br />
Wenn uns etwas technisch überzeugt und<br />
unsere Möglichkeiten erweitert, entscheiden<br />
wir uns schnell für eine Investition.“<br />
Um die Auslastung muss sich der Lohnfertiger<br />
aktuell keine Sorge machen: Das<br />
Werkstück auf dem Tisch der C 650 U gehört<br />
zu einer 13-teiligen Form. Die Bearbeitungszeit<br />
beträgt rund 65 Stunden. Die<br />
5-Achs-Maschine fräst den Formeinsatz<br />
aus TQ1. Dieser Sonderstahl zeichnet sich<br />
durch eine hohe Warmfestigkeit und Zähigkeit<br />
aus, was einen hohen Werkzeugverschleiß<br />
bedeutet. „Mit den richtigen<br />
Schnittwerten und anderen Einstellungen<br />
haben wir die Standzeit jedoch gut in den<br />
So beschriften<br />
echte Profis.<br />
Mit P-touch und den Pro Tapes<br />
sieht die Beschriftung nicht nur<br />
professioneller aus, sondern erhöht<br />
die Sicherheit und spart bei späterer<br />
Wartung kostbare Arbeitszeit.<br />
www.brother.de/elektro<br />
Scannen und aktuelle<br />
Angebote entdecken:<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 33
» TECHNIK<br />
haben uns quasi still und heimlich entschieden,<br />
die C 42 U zu kaufen“, erzählt<br />
der Chef und begründet: „Die C 400 U ist<br />
ja schon wirklich gut, aber die C 42 U ist<br />
dynamischer und schneller.“<br />
Bild: Hermle<br />
Die Hermle-Allee bei Mangner: Unten rechts im Bild steht die C 52 U.<br />
Griff bekommen und maximiert“, wirft<br />
Zerspanungsmechaniker Mario Schäfer<br />
ein, der 2014 als erster Auszubildender im<br />
Unternehmen startete. „Bei den langen<br />
Bearbeitungszeiten spielt die Standzeit<br />
eine ebenso wichtige Rolle wie die Genauigkeit“,<br />
berichtet Schäfer. Denn wenn<br />
der Auftraggeber die Form später zusammenbaut,<br />
muss sich alles ohne Nacharbeit<br />
ineinander fügen.<br />
Ob die Teile passen, kann der Lohnfertiger<br />
nicht überprüfen. Die Zeit sei zu<br />
knapp, um die komplette Form vor dem<br />
Versand zusammenzusetzen: Der Kunde<br />
sitzt in Amerika, und sobald eine Komponente<br />
fertig ist, verschickt Mangner sie<br />
direkt. „Wir fräsen mit Hermle und können<br />
uns auf die Genauigkeit der Maschinen<br />
verlassen“, ergänzt er. Das positive Feedback<br />
seiner Kunden gibt ihm recht.<br />
Der Unternehmer lässt die C 650 U<br />
rechts liegen und steht vor seiner jüngsten<br />
Investition: eine C 42 U. Seit Hermle<br />
sie im März 2022 geliefert hat, sei sie<br />
nonstop am Laufen. Mario Schäfer wirft<br />
nur kurz einen prüfenden Blick in die<br />
Maschine, die auch diese Nacht wieder<br />
durchlaufen wird. Alles ok. „Mario und ich<br />
Auftrag bestimmt die Maschine<br />
Welcher Auftrag auf welcher Maschine<br />
landet, ist eine Frage der Größe und Präzision.<br />
„Die hochgenauen Teile fertigen<br />
wir auf der neuesten Hermle“, ergänzt<br />
Schäfer. Bedienerfreundlich und übersichtlich<br />
sind sie alle – unabhängig vom<br />
Baujahr. „Das Grundprinzip der Maschinen<br />
und Steuerungen bleibt unverändert.<br />
Es kommen lediglich neue Funktionen<br />
hinzu, die schnell erlernt sind“, ergänzt<br />
Dominik Neidhardt. Dennoch bevorzugt er<br />
ein bestimmtes Modell: „Im Moment arbeite<br />
ich sehr gerne an der C400 U. Sie<br />
kenne ich bereits seit sechs Jahren und<br />
weiß daher immer, was Sache ist.“<br />
Artur Scheiermanns Favorit sei dagegen<br />
die C 52 U, gibt der Zerspanungsmechaniker<br />
zu, nachdem Mangner ihn kurz zum<br />
Interview dazu geholt hat. Auch Scheiermann<br />
ist schon lange im Unternehmen–<br />
seit er seine Ausbildung bei Mangners<br />
vorherigem Arbeitgeber erfolgreich beendet<br />
hatte: „Generell schätze ich an den<br />
Hermle-Maschinen ihre Genauigkeit und<br />
Langlebigkeit. Doch auch die einheitliche<br />
Bauweise ist gut. Egal ob C 400 U oder<br />
C 650 U – es ist dasselbe Prinzip in verschiedenen<br />
Größen.“ Das bedeutet, dass<br />
jeder Zerspaner an jeder Maschine zuver-<br />
Kurze Absprache zwischendurch: Gergö Eszenyi und Artur Scheiermann (v.l.)<br />
tauschen sich aus.<br />
Bild: Hermle<br />
Das kann dauern – bis zu 100 Stunden fräst das 5-Achs-Bearbeitungszentrum<br />
C 650 U an einem Teil eines Formwerkzeugs.<br />
Bild: Hermle<br />
34 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
lässig arbeiten kann, auch wenn in der<br />
Regel jedem eine Maschine fest zugeordnet<br />
ist.<br />
Verantwortung trägt hier jeder<br />
„Jeder programmiert seine Teile selbst<br />
und trägt die Verantwortung. Wir wissen<br />
heute genau, wer welches Werkstück hergestellt<br />
hat“, erklärt Mangner. Es herrsche<br />
ein offenes Verhältnis zwischen den<br />
„Jungs“, die sich gegenseitig<br />
helfen und austauschen.<br />
„Es ist wichtig, dass das so<br />
läuft. Nur so können wir<br />
besser sein als die anderen“,<br />
bekräftigt Schäfer.<br />
Er und seine Kollegen<br />
sind zudem für die Pflege<br />
und Wartung der Maschinen<br />
verantwortlich: Zum<br />
Wochenende putzen sie jedes<br />
Bearbeitungszentrum<br />
intensiv. „Vor Weihnachten<br />
steht zudem der jährliche<br />
Großputz an. Der dauert<br />
dann gut zwei Tage“, erklärt<br />
Mangner. Damit er sein<br />
Versprechen „alles möglich<br />
zu machen“ seinen Kunden<br />
gegenüber einhalten kann,<br />
müssen die Maschinen permanent<br />
funktionieren. „Das<br />
ist auch ein Grund, warum<br />
wir uns für Hermle entschieden<br />
haben. Im Störungsfall<br />
wissen wir, dass<br />
der Service-Techniker in der<br />
Regel innerhalb von einem<br />
Tag mit dem passenden Ersatzteil<br />
vor der Tür steht“,<br />
ergänzt der Geschäftsführer.<br />
Oft komme das aber<br />
nicht vor.<br />
Mangner blickt auf die<br />
Uhr. Ein Kunde hat angerufen,<br />
den er an diesem Tag<br />
noch besuchen will. Das Kamerateam<br />
verabschiedet<br />
sich, das Rolltor fährt wieder<br />
runter. Still ist es heute<br />
nicht mehr. Stattdessen ist<br />
selbst von draußen das permanente<br />
Summen der Fräszentren<br />
zu hören.<br />
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zuverlässig geliefert.<br />
Das wissen die Kunden<br />
bis heute zu schätzen“,<br />
erklärt Firmengründer<br />
und Geschäftsführer<br />
Mike Mangner seinen<br />
Erfolg.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 35
» TECHNIK<br />
Hausmesse in Pfronten präsentierte sieben Werkzeugmaschinen-Neuheiten<br />
Innovative Technologien<br />
für eine nachhaltige Fertigung<br />
Prozessintegration, Automation, Digitalisierung und Nachhaltigkeit – das waren die<br />
Schwerpunktthemen der traditionellen Hausausstellung von DMG Mori in Pfronten.<br />
Mit ganzheitlichen Fertigungslösungen will das Unternehmen die Zukunft des<br />
Werkzeugmaschinenbaus gestalten.<br />
Anlässlich seiner traditionellen Hausausstellung<br />
in Pfronten präsentierte<br />
DMG Mori sieben Neuheiten. Zu den<br />
Premieren gehören die Universaldreh -<br />
maschine CTX 350 sowie die Einsteigermodelle<br />
T1 und T2. Die 3-achsige Fräs -<br />
maschine M2 ergänzt das kleinere<br />
Schwestermodell M1. Und im Bereich des<br />
5-achsigen Simultanfräsens wurden die<br />
DMU 40 und die neue Monoblock-Generation<br />
sowie die DMF 300|11 vorgestellt.<br />
Den hohen Anspruch in der Automation<br />
demonstrierten 14 autonome Fertigungslösungen<br />
von insgesamt 28 ausgestellten<br />
CNC-Maschinen aus allen Technologiebereichen.<br />
Ein Highlight war hier das CTS<br />
(Central Tool Storage), ein zentrales<br />
Werkzeugmagazin, das mittels Transportshuttle<br />
eine automatisierte Werkzeugversorgung<br />
ermöglicht.<br />
Moderne Ausstattung<br />
Die neue Universaldrehmaschine CTX 350<br />
ersetzt als Nachfolgemodell sowohl die<br />
CLX 350 als auch die CTX alpha 500. Sie<br />
vereint laut DMG Mori das Beste aus beiden<br />
Maschinen – das Preisniveau der<br />
CLX-Baureihe mit der Leistungs- und<br />
Ausstattungsvielfalt der CTX-Serie. Zur<br />
Ausstattung gehören zudem als neue<br />
Features eine Hauptspindel mit energieeffizientem<br />
Synchronmotor mit verbessertem<br />
thermischem Verhalten – sie erreicht<br />
eine Drehzahl von 5.500 min -1 –,<br />
eine dynamische und präzise C-Achse mit<br />
besserer Positionierung sowie ein VDI-<br />
30-Revolver mit Luft-Ölschmierung.<br />
Zu den optionalen Ausstattungsvarianten<br />
gehören eine Y-Achse mit einem Hub<br />
Speedmaster-Spindeln<br />
sind für Hochgeschwindigkeits-Fräsanwendungen<br />
konzipiert.<br />
Die neue Speedmaster<br />
30k erreicht<br />
Drehzahlen von bis zu<br />
30.000 min -1 .<br />
von ±50 mm, eine Gegenspindel, die mit<br />
6.000 min -1 rotiert, und ein hinterer Späneförderer<br />
alternativ zum standardmäßigen.<br />
Steuerungsseitig hat der Kunde die<br />
Wahl zwischen Siemens oder Fanuc. Intelligente<br />
Automatisierungslösungen fürs<br />
autonome Be- und Entladen von Werkstücken<br />
sowie das Entladen von Wellen<br />
durch das Gegenspindelsystem komplettieren<br />
die modularen Möglichkeiten.<br />
Bild: DMG Mori<br />
Die CTX 350 vereint einen günstigen Preis mit einer<br />
hochwertigen Ausstattung im Universaldrehen.<br />
Wettbewerbsfähige Preise<br />
Bild: DMG Mori<br />
Analog zum Vertikalbearbeitungszentrum<br />
M1 betritt der Maschinenbauer mit den<br />
neuen Modellen T1 und T2 nun auch die<br />
Einstiegsklasse im Universaldrehen. Beide<br />
Maschinen verfügen über moderne Komponenten:<br />
eine leistungsstarke Hauptspindel,<br />
Linearmaßstäbe in der X-Achse,<br />
eine moderne Siemens-Steuerung und<br />
den IoT-Connector für die Integration in<br />
36 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
eine digitalisierte Fertigung. Das robuste<br />
Maschinenbett und Linearführungen in<br />
allen Achsen gewährleisten eine dynamische<br />
und genaue Drehbearbeitung.<br />
Die T1 und T2 werden in den Ausstattungsvarianten<br />
Complete, Plus und Pro<br />
angeboten, so dass sie unterschiedliche<br />
Produktionsanforderungen abdecken. Darüber<br />
hinaus sind die beiden Universaldrehmaschinen<br />
Teil des Subscription-Angebots<br />
Payzr von DMG Mori.<br />
Komplettbearbeitung<br />
auf kleinem Raum<br />
Mit der neuen DMU 40 reagiert<br />
DMG Mori auf den Bedarf<br />
im Einstiegsbereich an<br />
vielseitigen Fertigungslösungen<br />
für die Komplettbearbeitung.<br />
Die Maschine basiert<br />
auf dem Konzept der DMU<br />
50 3rd Generation und verfügt<br />
von den Spindeln bis zu<br />
den Direktantrieben über<br />
Best-in-Class-Komponenten<br />
sowie einer Vorbereitung für<br />
die automatisierte Fertigung<br />
mit dem Palettenhandling<br />
PH 150 oder dem Robo2Go.<br />
Drei Grundmaschinen – DMU<br />
40, DMU 40 Plus und DMU<br />
40 Pro – erfüllen individuelle<br />
Anforderungen bis hin zu<br />
höchster Präzision.<br />
treu geblieben: Ergonomie, Vielseitigkeit<br />
und Präzision zeichnen auch die neue<br />
DMU 65/75 Monoblock 2 nd Generation<br />
aus. Die Optimierung des Monoblock-<br />
Konzepts liegt vor allem in den Komponenten,<br />
die maßgeblich für eine hochgenaue<br />
Bearbeitung sorgen.<br />
Als Highlight unter den Werkzeugmagazinen<br />
erlebten die Besucher in Pfronten<br />
das CTS (Central Tool Storage). Dank einer<br />
Stellfläche von lediglich 29 m² lässt es<br />
sich platzsparend an einem beliebigen<br />
Aufstellort in der Produktion installieren<br />
und fungiert mit Platz für bis zu 1.440<br />
(ISO 40) oder 960 (ISO 50) Werkzeuge als<br />
Basis für eine automatisierte Werkzeugversorgung.<br />
Auch das Spindelportfolio von DMG<br />
Mori trägt zur Qualität und Zuverlässigkeit<br />
der Bearbeitung bei. Die neue<br />
Highspeed-Spindel Speedmaster 30k erreicht<br />
Drehzahlen bis 30.000 min -1 . (mw)<br />
STILLSTAND UND<br />
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SIND KEINE OPTION?<br />
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Und das sogar bei laufender Produktion. Viega. Höchster Qualität verbunden.<br />
Next Level Monoblock<br />
Die neue DMU 65 Monoblock<br />
2 nd Generation wie auch die<br />
Paketmaschine DMU 75 Monoblock<br />
2 nd Generation erscheinen<br />
im ergonomischen<br />
Stealth Design. Zu ihren weiteren<br />
Merkmalen gehört eine<br />
rundum um 20 % verbesserte<br />
Genauigkeit.<br />
Mit an Bord sind bereits im<br />
Standard eine Level-4-Konnektivität<br />
mit IO-Link-Sensoren<br />
und die Vorbereitung<br />
für eine Automationsschnittstelle.<br />
Bei der Weiterentwicklung<br />
des Konzepts sind<br />
die Ingenieure den Stärken<br />
der Vorgängermaschinen<br />
Jetzt wechseln und 3 Monate<br />
eine Viega Pressgun testen.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 37
» TECHNIK<br />
Laserblanking-Anlage senkt Kosten und CO 2 -Emissionen<br />
Laser schneidet Blech<br />
vollautomatisiert vom Coil<br />
Die Laserblanking-Anlage TruLaser 8000 Coil Edition eignet sich für alle Branchen, die<br />
große Stückzahlen flexibel schneiden müssen. Sie lässt sich laut Trumpf nahtlos in die<br />
Prozesskette integrieren. Die Fertigung vom Coil reduziert nicht nur den Ressourcenverbrauch<br />
und die Materialkosten sondern auch die CO 2 -Emissionen.<br />
Mit der TruLaser 8000 Coil<br />
Edition unterstütze Trumpf<br />
seine Kunden dabei, den Trend zu<br />
einer nachhaltigeren Fertigung<br />
umzusetzen und zugleich effizienter<br />
zu produzieren, sagte<br />
Richard Bannmüller bei der In -<br />
betriebnahme einer der ersten<br />
Anlagen in Kundenhand. Gegenüber<br />
herkömmlichen Anlagen<br />
zum Laserschneiden könnten<br />
Unternehmen damit im Jahr bis<br />
zu knapp 1700 t Stahl einsparen.<br />
Das entspreche rund 4000 t<br />
CO 2 und 1,6 Mio. Euro Materialkosten,<br />
ergänzte der Vorsitzende<br />
der Geschäftsführung bei Trumpf<br />
Lasertechnik Deutschland.<br />
Die Laserblanking-Anlage, die<br />
Trumpf anlässlich seiner Hausmesse<br />
Intech im März 2023 auf<br />
den Markt bringt, kann bis zu<br />
25 t aufgerolltes Blech ohne<br />
menschliches Zutun vollständig verarbeiten.<br />
Sie ist für Unternehmen interessant,<br />
die größere Stückzahlen flexibel fertigen<br />
wollen, beispielsweise Automobilzulieferer<br />
und -hersteller, Schaltschrankhersteller,<br />
Aufzugproduzenten oder Hersteller<br />
von Lüftungs- und Klimaanlagen.<br />
Mit der TruLaser 8000 Coil Edition profitieren<br />
Unternehmen auch bei großen<br />
Stückzahlen von den Vorteilen der Lasermaterialbearbeitung.<br />
Großserienfertiger<br />
nutzen in der Regel Pressen, um Bleche zu<br />
bearbeiten. Allerdings ist hier jede kleine<br />
Änderung der Komponenten mit einem<br />
angepassten oder gar neuen Werkzeug<br />
verbunden, was viel Zeit und Geld kostet.<br />
„Mit dem Laser funktionieren solche Umstellungen<br />
ohne neues Werkzeug und damit<br />
deutlich flexibler, einfacher, schneller<br />
und preisgünstiger“, sagt Oliver Müllerschön,<br />
der zuständige Projektverantwortliche<br />
bei Trumpf. Zudem benötigt die<br />
Laserblanking-Anlage – anders als eine<br />
Pressenlinie – kein Fundament.<br />
Der Maschinenbauer und Laserspezialist<br />
mit Stammsitz in Ditzingen hat die<br />
Anlage in Kooperation mit zwei Partnern<br />
umgesetzt. Gemeinsam mit Trumpf zeichnen<br />
Siemens für die Steuerung und Arku<br />
für das Coil-System verantwortlich.<br />
Zu den ersten Anwendern der Lösung<br />
gehört die Fischer Group in Achern. „Für<br />
Gemeinsam mit Siemens<br />
und Arku hat Trumpf eine<br />
hochautomatisierte Laseranlage<br />
entwickelt, die Blech<br />
vom Coil verarbeitet.<br />
uns ist der Einsatz einer<br />
Laserblanking- Anlage ein Novum“,<br />
sagte Geschäftsführer und<br />
Eigentümer Hans-Peter Fischer<br />
anlässlich der offiziellen Inbetriebnahme.<br />
„Die hohe Flexibilität<br />
und Qualität der Lösung sowie<br />
die Tatsache, dass wir gegenüber<br />
den Pressen kaum noch<br />
Werkzeuge benötigen, sind für<br />
unsere Fertigung ein großer<br />
Mehrwert.“ Das Unternehmen<br />
setzt die Laserblanking-Anlage<br />
als Erstanwender ein, um hochfeste<br />
Karosserie-Strukturbauteile<br />
aus Aluminium herzustellen.<br />
Die Fertigung vom Coil ermöglicht<br />
es, die Bauteile effizienter<br />
zu schachteln. Herkömmliche Blechtafeln<br />
sind durch vier Außenkanten begrenzt.<br />
Produktionsmitarbeitern ist es oft nicht<br />
möglich, das ganze Blech auszunutzen.<br />
Somit fallen Materialreste an, die die Belegschaft<br />
entweder entsorgen oder einschmelzen<br />
lässt. Auf dem bis zu 1,5 km<br />
langem Coil können Anwender nahezu<br />
endlos viele Bauteile platzieren. Daraus<br />
ergibt sich eine Materialersparnis von<br />
rund 15 %. Im Vergleich zu herkömm -<br />
lichen Pressen zur Blechbearbeitung reduzieren<br />
sich zudem die Bau- und Logistikkosten<br />
merklich. Durch den Wegfall der<br />
Werkzeugkosten, maximale Materialausnutzung,<br />
reduzierte Montagekosten und<br />
Bild: Trumpf<br />
38 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
die hohe Flexibilität steigt die Rentabilität<br />
in der Produktion deutlich.<br />
Die Produktionsanlage ist vollständig<br />
automatisiert. Sie lässt sich flexibel für<br />
jegliche Konturen einsetzen. Der ver -<br />
änderte Materialfluss gegenüber herkömmlichen<br />
2D-Lasermaschinen führt zu<br />
kürzeren Taktzeiten und neuen Automatisierungsmöglichkeiten.<br />
Beim Schneiden<br />
des bis zu 6,5 mm dicken Blechs sorgt<br />
beispielsweise das neue Transportsystem<br />
für einen schnellen Materialdurchlauf, so<br />
dass sich die Produktivität erhöht. Zudem<br />
nutzt die Anlage bewährte Funktionen.<br />
Die gesamte Anlage lässt sich vom Coil<br />
bis zur Ablage der Blechteile auf Paletten<br />
bequem vom Bedienmodul aus über -<br />
wachen und steuern. Die Entnahme- und<br />
die Ablagepositionen des Blechs werden<br />
automatisch programmiert und auf dem<br />
Bildschirm angezeigt. Das tragbare Bedienmodul<br />
lässt sich an allen zentralen<br />
Punkten der Anlage nutzen.<br />
Ein Roboter zum Entladen des Gesamtsystems<br />
sorgt für schnelles und zuverlässiges<br />
Entnehmen der Blechteile. Die Software<br />
TruTops von Trumpf, die künftig in<br />
Oseon übergeht, berechnet die Eingangsdaten<br />
für vorgefertigte Zyklen oder Teileprogramme,<br />
die auf der Sinumerik laufen.<br />
Bild: Willrett/<strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Der Roboter legt die<br />
Blechteile an den vorgegebenen<br />
Stellen ab.<br />
Für die Programmierung<br />
und das Handling<br />
des Kollegen aus Stahl<br />
sind keine speziellen<br />
Kenntnisse nötig.<br />
Der Anwender muss sich nicht um spezifische<br />
Roboterbewegungen oder deren Programmierung<br />
kümmern. So sind keine besonderen<br />
Vorkenntnisse oder Schulungen<br />
für das Roboterhandling nötig.<br />
Trumpf hat den Verkauf der Anlage bereits<br />
gestartet. (mw)<br />
6.-9. JUNI 2023<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 39
Im ABB-Werk in Ratingen optimieren fahrerlose<br />
Transportsysteme vom Typ Safelog AGV L1 den Transport<br />
von gasisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen.<br />
Bild: ABB<br />
Automatischer Transport von gasisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen<br />
30 Ziele, 850 Routen<br />
Das Technologieunternehmen ABB hat seine innerbetriebliche Transportlogistik in der<br />
Produktion am Standort Ratingen automatisiert. In einer ersten Ausbaustufe wurde<br />
dort der Transport von gasisolierten Mittelspannungs-Schaltanlagen durch fahrerlose<br />
Transportfahrzeuge des Herstellers Safelog optimiert.<br />
Gasisolierte Mittelspannungs-Schaltanlagen werden<br />
für die wirtschaftliche und sichere Energieverteilung<br />
in Mittelspannungsnetzen eingesetzt. Eine<br />
Nachfrage ist deswegen permanent vorhanden. Die<br />
Qualitätsanforderungen sind hoch, da der Ausfall einer<br />
solchen Anlage zum Stillstand eines ganzen Betriebs<br />
oder Wohnblocks führen kann.<br />
Im Zuge einer Zukunftsstrategie für 2025 richtet<br />
ABB derzeit die Fertigung am Standort Ratingen stufenweise<br />
neu aus. Dabei soll unter anderem der Materialfluss<br />
zwischen den Arbeitsstationen innerhalb<br />
der Endmontage automatisiert werden. Bei der Entscheidung,<br />
die etablierten Fertigungsprozesse technisch<br />
auf den neusten Stand zu bringen, standen Sicherheit<br />
und Ergonomie am Arbeitsplatz im Vordergrund.<br />
Weiterhin sollte dabei die Leistung der innerbetrieblichen<br />
Logistik gesteigert und die Kosten gesenkt<br />
werden. Durch einen gerichteten Materialfluss<br />
verfügt ABB bei der Herstellung der komplexen<br />
Schaltanlagen über eine hohe operative Leistungsfähigkeit.<br />
Die Produktion der kundenspezifischen Anlagen<br />
von der Vorfertigung über die Endmontage bis zur<br />
Qualitätsprüfung benötigt aufgrund einer Reihenfertigung<br />
nur wenige Tage.<br />
Nachdem die Gehäuse der Schaltanlagen in der<br />
Vorfertigung hergestellt waren, übernahmen in der<br />
Endmontage und in der Qualitätsprüfung bislang die<br />
Werker mit einem Handhubwagen den Transport<br />
zwischen den Arbeitsstationen. Eine besondere Herausforderung<br />
waren dabei das Gewicht und die Größe<br />
der Schaltanlagen, die bis zu 1,5 t wiegen und eine<br />
Höhe von maximal 2 m erreichen. Mit diesen Ma-<br />
40 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
TECHNIK «<br />
Wellenfedern & Sicherungsringe<br />
Innovative & platzsparende Design Lösungen<br />
ßen wurde selbst ein kurzer Transportweg schnell<br />
zum Risiko für die Sicherheit und Ergonomie am Arbeitsplatz.<br />
Zudem nahm der schwere Transport immer<br />
wertvolle Arbeitszeit in Anspruch.<br />
Um die Sicherheit und Effizienz der Transporte zu<br />
erhöhen, plante ABB eine Automatisierung der manuellen<br />
Transportprozesse durch Automated Guided<br />
Vehicle, kurz AGV. Dabei sollte die Kapazität der AGV<br />
so ausgelegt sein, dass sie auch künftig eine steigende<br />
Nachfrage bewältigen können. Für die Planung<br />
und Umsetzung suchte ABB nach einem strategischen<br />
Partner. Nach ausgiebigen Recherchen fiel die<br />
Wahl auf Safelog. „Das kompetente Auftreten vor<br />
Ort, die hohe Lieferbereitschaft und ein technisch<br />
ausgereiftes Produkt haben dazu geführt, dass wir<br />
uns für das Unternehmen aus Markt Schwaben entschieden<br />
haben“, so Maximilian Gersch, Projektleiter<br />
bei ABB. Ein weiterer Pluspunkt war die Software<br />
„IntelliAgent“ von Safelog. Diese ermöglicht eine direkte<br />
Inbetriebnahme und Einbindung der AGV in bestehende<br />
Produktionsabläufe durch sogenannte<br />
Schwarmintelligenz. Der Vorteil dabei war, dass kein<br />
kostenintensiver, übergeordneter Leitstand installiert<br />
werden musste.<br />
In gemeinsamen Vor-Ort-Terminen in Ratingen<br />
und in Online-Workshops erarbeiteten die Projektteams<br />
von Safelog und ABB ein detailliertes Vorgehen<br />
für die Umsetzung. „Für die Automatisierung der<br />
Transportaufgaben in der Endmontage haben wir<br />
ABB den Einsatz von zwei AGV des Typs L1 empfohlen“,<br />
erläutert Maximilian Scherbauer, Projektleiter<br />
bei Safelog. Nach der Lieferung erfolgten eine mehrwöchige<br />
Inbetriebnahme und eine Testphase für das<br />
System. Danach waren die Transportroboter vollständig<br />
in die Produktionsabläufe integriert.<br />
Beim neu implementierten Automationsprozess<br />
ordnet ein Werker im ersten Schritt der Schaltanlage<br />
einen Barcode und eine Seriennummer zu. Über diese<br />
Kennzeichnung kann die Anlage jederzeit eindeutig<br />
identifiziert werden. Nachdem das Produkt nach der<br />
Vormontage auf einem Transporthilfsmittel platziert<br />
wurde, nehmen die mobilen Transportroboter die Anlage<br />
auf und bringen sie zu den Arbeitsstationen<br />
oder den Pufferstellplätzen. Die Mitarbeiter an diesen<br />
Stationen fordern die Anlage über den Barcode<br />
und die Seriennummer zur Bearbeitung an oder wählen<br />
den Zielort des Weitertransports aus.<br />
„Neben dem Gewicht der Schaltanlagen war die<br />
Komplexität des Streckennetzes eine der großen Herausforderungen<br />
in der Projektumsetzung bei ABB“,<br />
berichtet Scherbauer. „Das Streckennetz der mobilen<br />
Transportroboter in der Endmontage umfasst mehr<br />
als dreißig Ziele, die durch rund 850 verschiedene<br />
Routen miteinander verbunden sind.“ Zu den Zielen<br />
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» TECHNIK<br />
Bild: ABB<br />
Da eine Schaltanlage<br />
bis zu 1.500 kg wiegt,<br />
ist der Transport technisch<br />
anspruchsvoll.<br />
gehören Dichteprüfkabine, Antriebsmontage, Widerstandsmessung<br />
und Reparaturstation. Wird eine Anlage<br />
nicht direkt weiterbearbeitet, kann sie auf Pufferplätzen<br />
bis zur nächsten Anforderung zwischengelagert<br />
werden. Sind alle Arbeitsschritte absolviert,<br />
schleust der Werker die Anlage aus und informiert<br />
die nachgeordneten Abteilungen Endabnahme, Verpackung<br />
und Versand über den neuen Status.<br />
Die Annahme der Fahraufträge durch das fahrerlose<br />
Transportsystem erfolgt nach festgelegten Prioritäten.<br />
Arbeitsstationen, die die Ausbringung der Fer-<br />
tigung beeinflussen, werden zuerst bedient. Nach<br />
Abschluss der Arbeiten an der Anlage wählt der Mitarbeiter<br />
einen neuen Zielort. Der direkte Transport<br />
zwischen Arbeitsstationen ist nicht möglich. Die Anlage<br />
kann lediglich zurück in den Puffer oder zur Abgabeposition<br />
gesendet werden. Das System arbeitet<br />
dabei nach dem Pull-Prinzip.<br />
Alle Bewegungen der einzelnen Schaltanlagen<br />
werden in der Datenbank festgehalten. So kann immer<br />
nachvollzogen werden, wo sich eine Anlage gerade<br />
befindet. Zudem kann der Nutzer sehen, welche<br />
Stationen gerade blockiert sind. Alle Prozesse werden<br />
von dem Programmpaket IntelliAgent geleitet. Mit<br />
Hilfe der Software und durch den gerichteten Materialfluss<br />
hat der Bediener stets eine Übersicht über<br />
die gesamte Fertigung.<br />
Neben der technischen Umsetzung überzeugte<br />
Safelog durch sein Expertenwissen bei strategischen<br />
und operativen Fragestellungen. Das Projektteam aus<br />
Markt Schwaben ist für ABB zu jeder Zeit erreichbar<br />
und reagiert schnell und lösungsorientiert auf neue<br />
Herausforderungen. Diese Kooperation weiß Gersch<br />
zu schätzen: „Für uns ist es ein großer Vorteil, dass<br />
Bild: ABB<br />
Die mobilen Transportroboter können<br />
sich dank einer omnidirektionalen<br />
Fahrweise in jede Richtung bewegen.<br />
42 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
wir mit unseren Ansprechpartnern bei Safelog nicht<br />
nur fachlich, sondern auch auf persönlicher Ebene<br />
gut zusammenarbeiten können.“<br />
Durch die Automatisierung der Intralogistik mit<br />
den mobilen Transportrobotern haben sich die Arbeitssicherheit<br />
und die Ergonomie für die Mitarbeiter<br />
deutlich erhöht. Außerdem hat ABB seinen gerichteten<br />
Materialfluss weiter optimiert und kann diesen<br />
jetzt transparent auswerten. Anstatt wertvolle Arbeitszeit<br />
mit Transportaufgaben zu vergeuden, können<br />
sich die Monteure nun auf wertschöpfende Tätigkeiten<br />
konzentrieren. Der Automatisierungsgrad<br />
des Werks und die digitale Reife sind nach eigenen<br />
Angaben deutlich gestiegen.<br />
Durch die Zusammenarbeit mit Safelog ist ABB in<br />
seinem Vorhaben bestärkt, das Potenzial der AGVs<br />
auch für die Intralogistik in anderen Bereichen zu<br />
nutzen. Aktuell sind weitere Ausbaustufen bis 2025<br />
in der Planung oder werden bereits umgesetzt. Das<br />
System soll hinsichtlich Anlagentransport und Materialversorgung<br />
kontinuierlich weiterentwickelt und<br />
ausgebaut werden. Scherbauer sieht diesen Aufgaben<br />
voller Elan entgegen: „Das Projekt mit ABB enthält<br />
bis 2025 noch spannende Neuerungen und wir<br />
freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.“ (us)<br />
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Über Safelog<br />
Die Safelog GmbH mit Sitz in Markt Schwaben<br />
bei München begann 1996 mit der Wartung von<br />
Prüfständen für der Automobilindustrie. Danach<br />
legten die Bayern den Schwerpunkt auf<br />
die Entwicklung und intelligente Verknüpfung<br />
von Logistiksysteme. Die Lösungen sind bei<br />
namhaften Unternehmen in den Branchen Automotive,<br />
Maschinenbau und Retail in Produktion<br />
und Distribution im Einsatz. Die Systeme<br />
aus Markt Schwaben sind in branchenübergreifenden<br />
Bereichen der Auftragskommissionierung<br />
und des Fulfillment gefragt. Alle Anlagen<br />
werden kundenindividuell auf Basis modularer<br />
Hard- und Softwarekomponenten geplant und<br />
umgesetzt. Neben dem Hauptsitz und Produktionsstandort<br />
Markt Schwaben unterhält Safelog<br />
Niederlassungen in Stuttgart, Bremen, Düsseldorf,<br />
Budapest und in den USA. Das Unternehmen<br />
beschäftigt 190 Mitarbeiter und verzeichnete<br />
2021 einen Umsatz von 33 Mio. Euro.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 43
Für neue Mitarbeiter bietet<br />
die Simulation des Lagers eine<br />
gute Trainingsplattform und<br />
ist zudem ein Hilfsmittel für die<br />
Planung von Arbeitsplätzen.<br />
Bild: Unitechnik<br />
Digitaler Zwilling hilft bei der Realisierung von komplexen Logistikanlagen<br />
Doppeltes Lottchen fürs Lager<br />
Virtuelle Nachbildungen eines Logistiksystems helfen dabei, den laufenden Betrieb während<br />
eines Auf- oder Umbaus der Anlage so wenig wie möglich zu stören. Doch lassen sich komplexe<br />
Systeme derzeit digital in einem Modell so nachbilden, dass dieses zur Visualisierung, Planung,<br />
Simulation und Mitarbeiterschulung herangezogen werden kann?<br />
Die Erstellung eines umfassenden digitalen Zwillings<br />
für eine individuelle Industrieanlage erscheint<br />
derzeit wirtschaftlich nicht vertretbar. Dennoch<br />
wird diese Technik in der Logistikpraxis im Rahmen<br />
der Möglichkeiten erfolgreich eingesetzt. So<br />
setzt der Systemintegrator Unitechnik auf mehrere,<br />
spezielle Zwillinge statt auf einen Alleskönner und<br />
nutzt verschiedene Modellvarianten während der<br />
Planung und Realisierung einer Logistikanlage.<br />
Zunächst wird mit einem CAD-Programm das Logistiksystem<br />
konstruiert, das aus Lager, Fördertechnik,<br />
Arbeitsplätzen und Maschinen besteht. Wenn die<br />
Planung einen gewissen Reifegrad hat, lohnt es sich,<br />
die CAD-Zeichnung in ein VR-Modell zu überführen.<br />
Dadurch erhält der Kunde einen realitätsnahen und<br />
räumlichen Eindruck von der Logistikanlage. Er steht<br />
virtuell in seiner neuen Halle und kann diese begehen,<br />
statt von außen auf ein theoretisches Lagerlayout<br />
zu schauen.<br />
Im zweiten Schritt lassen sich Förderer in Bewegung<br />
setzen und Arbeitsplätze interaktiv gestalten.<br />
In der virtuellen Lagerumgebung können beispielsweise<br />
die künftigen Kommissionierplätze realitätsnah<br />
und interaktiv dargestellt werden. „Das Virtual-<br />
Reality-Modell ermöglicht uns, mit einer VR-Brille<br />
den geplanten Lageraufbau für den Kunden erlebbar<br />
zu machen“, erläutert Michael Huhn, Vertriebsleiter<br />
und Prokurist der Unitechnik Systems GmbH. Mitarbeiter<br />
können ihren zukünftigen Arbeitsplatz ausprobieren<br />
und wertvolle Hinweise für die Optimierung<br />
geben. Durch den Einsatz des digitalen Zwillings lassen<br />
sich Gefahrenpotentiale für die Mitarbeiter frühzeitig<br />
ausschließen und die Ergonomie ihrer Arbeitsplätze<br />
verbessern.<br />
44 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
TECHNIK «<br />
Im nächsten Planungsschritt lässt sich die Leistungsfähigkeit<br />
eines Entwurfs überprüfen. Das ermöglicht<br />
die Simulation des Systems. Dabei ist das<br />
Aussehen der geplanten Anlage zweitrangig. Die<br />
Darstellung ist meist sehr rudimentär und schematisch.<br />
Die entscheidende Frage ist vielmehr: Wie lange<br />
braucht ein Ladungsträger von A nach B? Die Szenarien<br />
werden mit der Simulation für alle möglichen<br />
Start- und Endpunkte entlang der Materialflusskette<br />
getestet. Schließlich wird das Modell mit einem angenommenen<br />
Auftragsmix versorgt. So kann die<br />
Leistungsfähigkeit eines Layouts gemessen werden<br />
und erkannte Engpässe lassen sich bereits in der Planungsphase<br />
korrigieren.<br />
Sobald das grundlegende Layout der Anlage steht<br />
und die Gewerke ausgewählt sind, wird mit der Emulation<br />
begonnen, um den Programmierern bereits vor<br />
der physischen Montage ein Testszenario zur Verfügung<br />
zu stellen. So kann die Software in einem frühen<br />
Projektstadium geschrieben und die Steuerung<br />
ohne Maschine und Fördertechnik geprüft werden.<br />
Zudem sind Änderungen an der Software möglich,<br />
ohne das reale System zu belasten.<br />
Das genaue Aussehen der Anlage ist dabei ebenfalls<br />
nebensächlich. Um die Steuerungssoftware zu<br />
testen, muss jeder Sensor und jeder Motor im Modell<br />
abgebildet sein. Die Steuerungssoftware erweckt den<br />
Emulator quasi zum Leben. Ist das Modell steuerungstechnisch<br />
fertig, können auch Materialflussrechner<br />
und Lagerverwaltungssystem mit dem Modell<br />
getestet werden. Am Ende bilden der Emulator,<br />
die Steuerungssoftware und die IT-Systeme einen<br />
perfekten funktionalen digitalen Zwilling. Er verhält<br />
sich genauso wie die reale Anlage.<br />
Indem der digitale Zwilling verschiedene Szenarien<br />
in umfangreichen Vorabtests visualisiert, werden Risiken<br />
wie Produktionsausfälle oder Anlagenstillstände<br />
minimiert. Testweise erhält das System beispielsweise<br />
vom Lagerverwaltungssystem einen Fahrauftrag.<br />
Im virtuellen Logistikzentrum fährt daraufhin<br />
das Regalbediengerät los und holt die Ware. Die Fördertechnik<br />
bewegt anschließend die Palette in Richtung<br />
Kommissionierplatz. Neben dem Materialfluss<br />
simuliert der Emulator sogar das Verhalten der Menschen,<br />
die an der Anlage arbeiten. Über die Visualisierung<br />
am Bildschirm kann der Beobachter diese<br />
Bewegungen live nachvollziehen. „Das ist so, als ob<br />
man durch ein Fenster in die reale Anlage blickt“,<br />
verdeutlicht Michael Huhn das Erscheinungsbild. Optimierungen<br />
an der Programmierung lassen sich so<br />
vor der realen Inbetriebnahme umsetzen.<br />
In Zeiten zunehmender Automatisierung und<br />
wachsender Komplexität der Logistikanlagen sind<br />
Vorabtests ein wichtiger Faktor, der für Planungssicherheit<br />
und die Verkürzung der Realisierungsphase<br />
in sämtlichen Prozessen sorgt. „Besondere Relevanz<br />
hat das Thema für den Umbau und die Modernisie-<br />
Das Virtual-Reality-<br />
Modell macht den<br />
geplanten Lageraufbau<br />
für den Kunden<br />
mit Hilfe einer VR-<br />
Brille erlebbar.<br />
Bild: Unitechnik<br />
Um den Programmierern<br />
bereits vor der<br />
Montage ein Testszenario<br />
zur Verfügung<br />
zu stellen, verwendet<br />
Unitechnik eine Emulation<br />
des physischen<br />
Systems.<br />
Bild: Unitechnik<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 45
» TECHNIK<br />
Bild: Unitechnik<br />
Erst nach dem Training<br />
mit der VR-Brille geht<br />
es für die Kommissionierer<br />
ins reale Lager.<br />
rung von bestehenden Anlagen“, resümiert Michael<br />
Huhn. Mit Hilfe einer Emulation lassen sich selbst<br />
komplexe Anlagen an einem verlängerten Wochenende<br />
umstellen.<br />
Für neue Kommissionierer bietet die virtuelle Animation<br />
der Arbeitsplätze aus der Vertriebs- und Planungsphase<br />
eine gelungene Trainingsplattform. Erst<br />
nach dem Training mit der VR-Brille geht es ins reale<br />
Lager. In diese Umgebung lassen sich die realen Bedienmasken<br />
des Lagerverwaltungssystems integrieren.<br />
Da nur ein kleiner Teil der Anlage nachgebildet<br />
wird, ist die Komplexität beherrschbar.<br />
Nach der physischen Fertigstellung und der reellen<br />
Inbetriebnahme hat der digitale Zwilling jedoch noch<br />
nicht ausgedient. Im Leitstand liefert das Modell beispielsweise<br />
Vergleichswerte zum Echtbetrieb der Anlage.<br />
Auch die Anlagenvisualisierung lässt sich als digitaler<br />
Spezialzwilling einordnen. Schematisch wird<br />
die gesamte Anlage in Echtzeit dargestellt. Ziel ist es,<br />
den Platz auf dem Bildschirm auszunutzen und eine<br />
gute Orientierung innerhalb der Anlage zu bieten. Bei<br />
einer stufenlos zoombaren Anlagenvisualisierung,<br />
wie Unitechnik sie entwickelt hat, werden zudem immer<br />
mehr Details eingeblendet, je weiter der Nutzer<br />
Der Anbieter<br />
Die Unitechnik Systems GmbH mit Sitz in Wiehl zählt seit<br />
vier Jahrzehnten zu den führenden Anbietern von Industrie-Automatisierung<br />
und Informatik. Das Familienunternehmen<br />
plant und realisiert in zweiter Generation maßgeschneiderte<br />
Systeme für Intralogistik, Cargo-Anlagen und<br />
Produktion. Dabei tritt Unitechnik weltweit als Systemintegrator<br />
und Gesamtlieferant auf.<br />
in das Modell eintaucht. Auf Basis dieses Echtzeitmodells<br />
lassen sich Störungen schnell eingrenzen<br />
und auch rückwirkend noch nachvollziehen.<br />
Auch eine Änderung der Betriebsparameter lässt<br />
sich über die Emulation ausprobieren. Dies kann dabei<br />
helfen, die Anlage effizienter zu betreiben. Bei<br />
Bedarf lassen sich Abläufe in Echtzeit testen oder<br />
beschleunigen, ohne dass in den laufenden Echtbetrieb<br />
eingegriffen werden muss. Bei Anlagenerweiterungen<br />
können die Auswirkungen auf den Materialfluss<br />
und die Kennzahlen geprüft werden. Falls mehrere<br />
Alternativen zur Auswahl stehen, liefert der digitale<br />
Zwilling eine belastbare Entscheidungshilfe.<br />
Auch im Servicebereich eröffnen die Techniken<br />
künftig viele Möglichkeiten. Über Augmented Reality<br />
können dem Instandhaltungsmitarbeiter Zusatzhinweise<br />
zu bestimmten Komponenten eingeblendet<br />
werden. Zusätzliche Sensoren erfassen zum Beispiel<br />
Temperatur und Schwingung. Die Auswertung dieser<br />
Daten kann Anomalien aufdecken. So wird der Verschleiß<br />
eines Bauteils erkannt, bevor es ausfällt. Hier<br />
lautet das Stichwort Predictive Maintenance.<br />
Für die Planung, Realisierung und den Betrieb von<br />
Logistikzentren bringen die Spezialzwillinge bereits<br />
einen hohen Mehrwert. Dennoch sind diese Modelle<br />
heute häufig Unikate, die speziell für die einzelne<br />
Anlage erstellt werden. Andere Projektbeteiligte haben<br />
keine Möglichkeit sich anzukoppeln. Damit sich<br />
dies in der Logistik ändert, sind unternehmensübergreifende<br />
Standards erforderlich.<br />
Diese Standards gibt es bereits in Form von AutomationML<br />
als Datenformat für Anlagenplanungsdaten<br />
und OPC UA als Standard für den Datenaustausch.<br />
Allerdings werden sie noch nicht flächendeckend<br />
eingesetzt. Solange nicht alle Maschinen der<br />
beteiligten Gewerke mit OPC UA kommunizieren und<br />
die Produkteigenschaften der Anlagenteile über AutomationML<br />
definiert sind, bleibt der allgemeingültige<br />
digitale Zwilling fürs erste eine Vision. (us)<br />
46 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Industrie<br />
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» TECHNIK<br />
Sensorik und Software zur Zustandsüberwachung von Hydraulikzylindern<br />
So geht‘s dem Hydraulikzylinder<br />
Der schwäbische Hydraulik-Spezialist Hänchen ist mit einer Zustandsüberwachung<br />
seiner Hydraulikzylinder in die Prototypenphase gegangen. Seit Jahrzehnten<br />
werden Hydraulikzylinder bei Bedarf mit Sensoren wie Wegmesssystemen bestückt.<br />
Künftig sollen Sensoren so vielfältige Daten liefern, dass sowohl Condition<br />
Monitoring als auch Wartungsvorhersagen zur Hydraulik möglich werden.<br />
» Nico Schröder, Korrespondent <strong>Industrieanzeiger</strong>, Augsburg<br />
Bild: Herbert Hänchen GmbH<br />
F<br />
ürs Condition Monitoring sowie Wartungsvorhersagen<br />
in der Antriebstechnik<br />
– und speziell in der Hydraulik –<br />
will Hänchen künftig eine eigens entwickelte<br />
Software namens Performance<br />
Control einsetzen. Aktuell ist sie in der<br />
Prototypenphase. Bei Hydraulikzylindern<br />
ausgewählter Kunden soll das System<br />
eingesetzt werden, um die Algorithmen<br />
und Datenaufbereitung fortlaufend zu<br />
verfeinern.<br />
Bei der Entwicklung der entsprechenden<br />
Software will Hänchen seine über<br />
zwanzigjährige Erfahrung bei der Steuerung<br />
und Einbindung von Hydraulikzylindern<br />
in Antriebssysteme nutzen. Durch<br />
den Sondermaschinenbau, der bei Hänchen<br />
Ratio-Drive heißt, umfasst sie Engineering<br />
und Realisierung von kompletten<br />
geregelten Antriebssystemen bis hin zu<br />
vollständigen Sondermaschinen – „weit<br />
über den Zylinder hinaus“.<br />
Ein Hydraulikzylinder<br />
mit Leckagesensor soll<br />
künftig selbstlernend<br />
die Veränderung der<br />
Kolbenstangenleckage<br />
über die Betriebslaufzeit<br />
detektieren.<br />
Bei Hänchen-Zylindern geht es um den<br />
Einsatz mit hohen Standzeiten im industriellen<br />
Bereich. Der entscheidende<br />
Unterschied zu Zylindern, die beispielsweise<br />
bei mobilen Maschinen wie Baggern<br />
eingesetzt werden, sei der, „dass die<br />
Zylinder in wenig Zeit viel Bewegung realisieren<br />
können“, sagt Klaus Wagner,<br />
Bereichsleiter Forschung und Innovation<br />
bei Hänchen. „Wenn es darauf ankommt,<br />
fährt ein solcher Zylinder innerhalb einer<br />
halben Stunde eine Million Mal heraus<br />
und herein“, verdeutlicht Wagner.<br />
Hydraulikzylinder<br />
in der Fertigung eingesetzt<br />
Ein Beispiel für den industriellen Einsatz<br />
eines Hydraulikzylinders sei eine Schleifmaschine,<br />
die Beton-Schienenschwellen<br />
für ICE-Trassen bearbeitet. Mittels Hydraulik-Zylinder<br />
werden die Schwellen<br />
hier an die Maschine herangepresst und<br />
per Klemmeinheit festgehalten. Bei Anwendungen<br />
in der Industrie gehe es für<br />
Anwender immer auch um die Frage, ob<br />
und wann ein solcher Zylinder defekt sein<br />
könnte. Konkret spiele dabei unter anderem<br />
die Frage der Dichtheit beziehungsweise<br />
jene Frage nach Leckagen eine wesentliche<br />
Rolle. Um den aktuellen Hydraulikanforderungen<br />
zu entsprechen, arbeitet<br />
Hänchen nun an der Möglichkeit,<br />
künftig Defekte wie Leckagen<br />
voraussagen zu können – und vor allem<br />
auch daran, nützliche Empfehlungen im<br />
Falle von Schäden parat zu haben.<br />
Ein aktuell entwickelter Leckagesensor<br />
erschließt als Hardware neue Möglichkei-<br />
48 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
oard zur Onlineüberwachung erfolgt<br />
durch das Modul „Dash“. Dieses soll sich<br />
künftig einfach mit einem Internet-<br />
Browser live abfragen lassen.<br />
Bild: Herbert Hänchen GmbH<br />
Der Leckagesensor Servocop erschließt als Hardware neue Möglichkeiten in der Zustandsüberwachung.<br />
ten in der Überwachung, indem er selbstlernend<br />
die Veränderung der Kolbenstangenleckage<br />
über die Betriebslaufzeit<br />
detektiert und somit eine Aussage über<br />
Verschleiß der Dichtungen geben kann.<br />
Über Gateways werden diese Rohdaten<br />
aufbereitet und mit der neu entwickelten<br />
Software Performance Control von Hänchen<br />
weitergenutzt. Auf einem Dashboard<br />
sieht der Anwender neben den aktuellen<br />
Betriebsdaten auch eine Langzeitüberwachung<br />
der Hydraulik-Zylinder und<br />
vor allem Prognosen zur Zuverlässigkeit.<br />
Dies ist zum Beispiel eine Aussage darüber,<br />
wann mit einem Dichtungswechsel<br />
zu rechnen ist. Diese Daten können für<br />
die Sicherheit, zur Prozesssteuerung und<br />
zur Produktüberwachung verwendet werden.<br />
Software in der Prototypenphase<br />
Die Auswertung der Sensordaten erfolgt<br />
mittels Software Hänchen Perfomance<br />
Control: Die Auswertung der anfallenden<br />
sehr großen Rohdatenmenge erfolgt mit<br />
dem Modul „Calc“, das dauerhafte Speichern<br />
ausgewerteter und relevanter<br />
Informationen mit dem Modul „Date“ in<br />
einer Datenbank. Die Aufbereitung und<br />
Darstellung der Daten in einem Dash -<br />
Hydraulikwartung künftig<br />
via Machine Learning<br />
Auf diese „große Sammlung qualitativ<br />
hochwertiger Daten“ möchte Hänchen<br />
aufbauen und „durch eine Weiterführung<br />
mit dem Konzept der Industrie 4.0 neue<br />
Möglichkeiten schaffen“. Auf die Online-<br />
Zustandsüberwachung und die Ermittlung<br />
von Langzeittrends können laut Hänchen<br />
weitere Prognosen folgen: Welcher Dichtungsverschleiß<br />
ist zu erwarten, etwa weil<br />
der Zylinder ständig mit besonders kleinen<br />
Hüben oder extremen Geschwindigkeiten<br />
gefahren wird? Wann ist der nächste Dichtungswechsel<br />
fällig? Machine Learning<br />
soll die Software dabei so voranbringen,<br />
dass beispielsweise immer präzisere<br />
Wartungszyklen definiert werden können<br />
– etwa so wie heute das Auto die nächste<br />
Inspektion anfordere, also abhängig von<br />
Zeitintervall und Belastung. Darauf könne<br />
dann auch eine Ersatzteilanforderung<br />
aufbauen – bis hin zur selbständigen Ersatzteilvorbestellung<br />
beim Lieferanten,<br />
so die Hydraulik-Experten bei Hänchen.<br />
Und auch für die Fernanalyse entstünden<br />
neue Möglichkeiten, ohne dass ein Spezialist<br />
aufwändig vor Ort sein müsse.<br />
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 49
TECHNIK » Interview<br />
Interview mit Dieter Meuser, CEO Digital Industrial Solutions bei GEC<br />
„Wie gelingt Fortschritt, ohne dass schon<br />
getätigte Investitionen verloren sind?“<br />
Manufacturing Execution Systems (MES) sind die Tore zur Smart Factory. German Edge Cloud (GEC)<br />
vermisst jedoch die Flexibilität, vor allem in Verbindung mit cloudbasierten Lösungen.<br />
Das Unternehmen möchte eine digitale Produktionsplattform liefern, die für das IIoT-Zeitalter<br />
gerüstet ist und Komplexität verringert.<br />
» Hagen Wagner, Redakteur <strong>Industrieanzeiger</strong><br />
Digitalisierung verspricht das Nutzen einer<br />
bislang weitgehend ungenutzten<br />
Datenmenge im Unternehmen mit dem<br />
Ziel, die Produktion zu optimieren –<br />
nicht zuletzt auch die Ressourceneffizienz<br />
zu erhöhen. Sind dafür nicht eigentlich<br />
Manufacturing Execution Systems<br />
(MES) schon ausreichend?<br />
Klassische MES, welche aus den Systemen<br />
des Zeitalters von Computer Integrated<br />
Manufacturing (CIM) beziehungsweise<br />
Industrie 3.0 hervorgegangen sind – also<br />
Betriebs- und Maschinendatenerfassung<br />
(BDE/MDE), Personalzeiterfassung (PZE)<br />
und computerunterstützte Qualitätssicherung<br />
(CAQ) – gehören zu den Schlüsselsystemen,<br />
die den Megatrend Industrie<br />
4.0 seit Veröffentlichung<br />
der initialen Acatech-Studie<br />
im Jahr 2012 bei den<br />
fertigenden Unternehmen<br />
vorangetrieben haben. Ohne<br />
solche Systeme und ihre<br />
zentrale Rolle in der ‚Automatisierungspyramide‘<br />
wäre<br />
die Digitalisierung – und<br />
damit die wertschöpfende<br />
Nutzung der grundlegenden<br />
Stamm- und Bewegungsdaten in den<br />
Fabriken – nicht dort, wo sie heute steht.<br />
Als Firmengründer und ehemaliger CTO<br />
eines MES-Anbieters der ersten Stunde<br />
erinnere ich mich noch aus eigener Erfahrung<br />
an die Industrie-4.0-Wegbereiter-<br />
Funktion der MES-Lösungen. MES leisten<br />
bis heute gute Dienste, um die Anforderungen<br />
an eine durchgängige Betriebs-<br />
Dieter Meuser, CEO Digital Industrial Solutions,<br />
German Edge Cloud GmbH & Co. KG (GEC).<br />
» Digitale Produktionssysteme müssen<br />
wandlungsfähig sein und es den<br />
Unternehmen erlauben, sich den vielen<br />
komplexen Herausforderungen zu stellen –<br />
von der Energiekrise über den Lieferkettenstress<br />
bis hin zum Fachkräftemangel. «<br />
Bild: GEC<br />
und Maschinendatenerfassung und deren<br />
Analyse zu erfüllen. Sie bieten Qualitätsmanagement<br />
und tagesgenaue Fertigungsplanung<br />
nach den bekannten Datenmodellen<br />
des CIM-Zeitalters. Mit der<br />
stringenten Einführung von MES lässt<br />
sich die Gesamtanlageneffektivität oder<br />
OEE (Overall Equipment Effectiveness)<br />
schon erheblich steigern. Daher sind sie<br />
neben den Mastersystemen für das Enterprise<br />
Resource Management (ERP) und<br />
Product Lifecycle Management (PLM) sowie<br />
der Leittechnik (Scada – Supervisory<br />
Control and Data Acquisition/Prozessleitsystemen<br />
– PLS) auch fester Bestandteil<br />
der Automatisierungspyramide geworden.<br />
Ihre Funktion wird selbstverständlich<br />
weiter benötigt.<br />
Aber ist sie auch ausreichend?<br />
Durch die steil wachsenden Möglichkeiten<br />
des Industrial Internet of Things (IIoT)<br />
wachsen eben die übergreifenden System-Aufgaben<br />
ebenso schnell. Es können<br />
neben den Stamm- und Bewegungsdaten<br />
einer Fabrik immer mehr Prozessdaten der<br />
Produk tionsanlagen erfasst und auf leistungsfähigen<br />
cloudnativen<br />
IIoT-Plattformen wie unserem<br />
Oncite Digital Production<br />
System (Oncite<br />
DPS) verarbeitet werden.<br />
Somit sind Anwendungsszenarien<br />
möglich, welche<br />
in der Near-Realtime-Fertigungsteuerung<br />
der Fabrik<br />
münden, also der Steuerung<br />
nahezu in Echtzeit.<br />
Die Einführung von modernen digitalen<br />
Produktionssystemen beziehungsweise<br />
Plattformen ist deswegen aus unserer<br />
Sicht der nächste wichtige Schritt, um<br />
das Versprechen einer Produktivitätssteigerung<br />
von 30 % – in Aussicht gestellt<br />
von der Acatech 2012 und oft zitiert –<br />
nun wirklich zu erreichen. Dies kann aber<br />
nur in Koexistenz mit den bestehenden<br />
50 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Bild: PaulShlykov/stock.adobe.com<br />
Im Zeitalter des Industrial<br />
Internet of Things<br />
(IIoT) sollen Maschinenund<br />
Anlagenbauer mit<br />
Hilfe eines digitalen<br />
Produktionssystem die<br />
Fertigung agiler managen<br />
können als mit<br />
MES-Systemen allein.<br />
IT-Landschaften einer Fabrik gelingen, in<br />
denen MES-Funktionalitäten weiterhin<br />
eine wichtige Rolle spielen. Hier stimme<br />
ich auch der Einschätzung von Angelo<br />
Bindi zu, dem ersten Vorstand des MES<br />
D.A.CH Verband e.V.: Welches Namensschild<br />
dabei am System steht, ist für die<br />
Anwender zweitrangig, sofern es diese<br />
Anforderungen technisch und wirtschaftlich<br />
erfüllt. Bestehende ERP-, MES-, Scada-<br />
und PLS-Lösungen mit monolithischer<br />
Software-Architektur sind aber –<br />
auch aus Kostengründen – nicht für Near-Realtime-IIoT-Anwendungsszenarien<br />
ausgelegt. Allerdings sind gerade diese<br />
Systeme noch sehr häufig im Einsatz. Sie<br />
einfach komplett abzulösen – ganz gleich<br />
durch welches neue System – steht nur<br />
äußerst selten zur Debatte. Die Kernfragen<br />
der Unternehmen lauten deswegen<br />
eher: Wie gelingt Fortschritt, ohne dass<br />
schon getätigte Investitionen in die IT-Architektur<br />
verloren sind? Und welche Digitalisierungsschritte<br />
sind realistisch, wirtschaftlich<br />
und zukunftsfähig?<br />
An welcher Stelle muss also der Hebel<br />
angesetzt werden – wie lassen sich<br />
MES-Lösungen fit für die Zukunft im<br />
Sinne eines MOM (Manufacturing Operations<br />
Management), eines digitalen<br />
Produktionssystems machen?<br />
Die Richtung ist klar: Die Unternehmen<br />
brauchen Flexibilität und reduzierte Komplexität,<br />
um schnell die genau für sie passenden<br />
MES-/MOM-/IIoT-Use-Cases in<br />
die Realität umsetzen zu können. Dafür<br />
benötigen sie modulare Produktionsplattformen<br />
– also Systeme, die mit dem Einsatz<br />
von cloudnativen Microservices eine<br />
hohe Interoperabilität ermöglichen. Die<br />
hierfür erforderlichen IT-Technologien,<br />
wie beispielsweise Kubernetes (ein Open-<br />
Source-System zur Automatisierung der<br />
Bereitstellung, Skalierung und Verwaltung<br />
von containerisierten Anwendungen),<br />
sollten aus dem Open-Source-Platform-as-a-Service-Fundus<br />
des Silicon<br />
Valley konsumiert werden. Dieser plattformunabhängige<br />
Ansatz bietet die weitaus<br />
beste Perspektive – monolithische<br />
proprietäre Software hat heute ausgedient.<br />
German Edge Cloud hat bei der<br />
Entwicklung des Oncite Digital Production<br />
Systems von Anfang an auf die genannten<br />
Technologien gesetzt. Die<br />
Business logik eines MES haben wir in einem<br />
Smart-MOM-Service umgesetzt und<br />
mit einem Virtual-Factory-Service. Jetzt<br />
wird das System auch noch mit der Low-<br />
Code-Plattform Scheer PAS kombiniert.<br />
Dazu haben wir gerade eine strategische<br />
Partnerschaft mit Scheer PAS beschlossen.<br />
Wir sind überzeugt: Immer mehr<br />
Funktionen der ehemaligen ‚Automatisierungspyramide‘<br />
werden zukünftig von digitalen<br />
Produktionsplattformen wie dem<br />
Oncite DPS übernommen. Daher liegt es<br />
für uns auf der Hand, dass sich auch die<br />
mannigfaltigen MES-Anbieter mit Hochdruck<br />
in diese Richtung entwickeln. Die<br />
Frage ist nur, wie schnell und wie umfassend<br />
sie dies auch von ihrer Ertragskraft<br />
her tun.<br />
Mit Beginn der Corona-Pandemie<br />
sprach die Gartner Group von der Notwendigkeit<br />
eines ‚Composable Business‘,<br />
also einem Unternehmen, das ‚aus austauschbaren<br />
Bausteinen besteht‘; Scheer<br />
PAS spricht ja von ‚Composable Applications‘.<br />
Und auch die Docker-Technologie<br />
will Informationen aus verschiedensten<br />
Quellen zusammenführen.<br />
Letztlich arbeitet GEC also mit dem Oncite<br />
DPS an genau so einer Lösung?<br />
Composable Applications auf Basis von<br />
Containern sind die Zukunft für die gesamte<br />
Industrie. Und Prof. August-Wilhelm<br />
Scheer ist einer der Vordenker. Der<br />
grundsätzliche Bedarf an Wandlungsfähigkeit<br />
wurde bereits angesprochen. Das<br />
gilt auch für den flexiblen Betrieb der<br />
Systeme in Edge- und Multi-Cloud-Um-<br />
Die in verschiedenen Hardwareausbauten verfügbare<br />
Oncite Factory Edge bietet Rechenleistung<br />
an der Edge – direkt am Shopfloor mit schneller<br />
Reaktionsfähigkeit und kurzer Latenz.<br />
Bild: Konradin Mediengruppe<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 51
TECHNIK » Interview<br />
Ausbaustufe für ein umfassendes digitales<br />
Produktionsmanagement mit dem Oncite<br />
Digital Production System (Oncite DPS).<br />
Bild: Konradin Mediengruppe<br />
gebungen. Hinzu kommt, dass die Veränderungsgeschwindigkeit<br />
steigt und sich<br />
die Unternehmen selten so vielen komplexen<br />
Herausforderungen gleichzeitig<br />
stellen mussten – von Energiekrise über<br />
Lieferkettenstress bis Fachkräftemangel.<br />
Composable Applications, am besten gepaart<br />
mit Low-Code, reduzieren wenigstens<br />
seitens der IT die Komplexität. Das<br />
war für uns der Grund, die strategische<br />
Partnerschaft mit Prof. Dr. August-Wilhelm<br />
Scheer zu schließen, um diese Vorzüge<br />
noch stärker auf den Shopfloor zu<br />
bringen. Scheer PAS wird als Low-Code &<br />
Integration Platform Teil des Oncite DPS.<br />
Zudem haben wir ja von Anfang an auf<br />
Kubernetes als plattformunabhängiges<br />
Cloud-Betriebssystem gesetzt und unsere<br />
cloudnativen industriellen Anwendungen<br />
zum vollwertigen Gesamtsystem Oncite<br />
DPS erweitert. Das System verbindet ehemals<br />
getrennte Kernkomponenten einer<br />
digitalen Produktion in einem integrierten<br />
System:<br />
• Intelligentes Fertigungsmanagement<br />
mit MES- und MOM-Funktionen,<br />
• Industrial IoT als Datenbasis,<br />
• Low-Code-Development für einfache<br />
Anwendungsentwicklung,<br />
• Edge Computing für die lokale<br />
Near-Realtime-Datenverarbeitung<br />
Das Ergebnis ist Plattform- und Applikationsfunktionalität<br />
in einer integrierten Lösung<br />
mit moderner, flexibler Architektur.<br />
Das Analystenhaus Pierre Audoin Consultants<br />
hat die Plattform 2022 als ‚Best in<br />
Class‘ in Europa eingestuft. Die Integrations-<br />
und Low-Code-Funktionen von<br />
Scheer PAS sind die ideale Ergänzung.<br />
Wir ordnen Sie denn die Mehrzahl der<br />
etablierten MES-Lösungen im Vergleich<br />
zu Ihrer Lösung ein?<br />
Dass auch die etablierten MES-Hersteller<br />
eine Migration ihrer Systemlandschaften<br />
auf cloudnative, Microservice-orientierte<br />
Systemarchitekturen anstreben, ist für<br />
uns klar. Ebenso liegt auf der Hand, dass<br />
die MES-Anbieter ihre Systeme in diese<br />
Richtung entwickeln, um IIoT-Anwendungen<br />
zu ermöglichen – wie auch schlüssig<br />
von Angelo Bindi für den MES D.A.CH<br />
Verband dargestellt. Die Frage ist immer,<br />
wie stark dabei auch der monolithische<br />
Kern der MES-Applikation erneuert wird<br />
oder ob es sich um reine Add-ons zu den<br />
Altsystemen handelt. Manche sind dabei<br />
schon weiter, andere holen erst noch auf.<br />
Die relevanteste Frage aus unserer Sicht<br />
ist: Wie werden die bereits eingesetzten<br />
monolithischen Systeme bei den Fertigungsunternehmen<br />
im laufenden Betrieb<br />
fitter für IIoT-Anwendungen? Add-ons<br />
oder parallel betriebene Applikationen<br />
helfen kurzfristig, aber die Anwender<br />
brauchen auch eine technologisch und<br />
wirtschaftlich sinnvolle langfristige Entwicklungsperspektive.<br />
Ein Gedankenaustausch<br />
von GEC und MES D.A.CH Verband<br />
dazu wäre sicher spannend.<br />
Welche Migrationspfade sehen Sie für<br />
Anwender „alter“ MES-Lösungen?<br />
Aus unserer Sicht geht es einerseits darum,<br />
im Brownfield sehr schnell die Microservices<br />
zunächst ergänzend zur Ver-<br />
fügung zu stellen, ohne zum Beispiel<br />
Kern-MES-Funktionen aus der bestehenden<br />
Umgebung zu verlieren. Andererseits<br />
sollte die komplette sequenzielle Migration<br />
auf modernere Systeme – also die Auflösung<br />
der Automatisierungspyramide als<br />
Systemstruktur – schon mitgedacht und<br />
die technologische Basis dafür gelegt<br />
werden. Das hat uns bei der Entwicklung<br />
des Oncite DPS geleitet.<br />
Sie hatten die Low-Code-<br />
Applikationsentwicklung bereits angesprochen<br />
– welche Rolle spielt dieses<br />
Thema in diesem Zusammenhang?<br />
Eine sehr große Rolle. Denken Sie an die<br />
Themen Tempo und Fachkräftemangel.<br />
Anlagenspezifische Anwendungen und<br />
Anpassungen werden mit Low-Code ohne<br />
umfassende IT-Kenntnisse möglich, indem<br />
sie auf einer grafischen Oberfläche<br />
modelliert werden, sogar einfach per<br />
Drag-and-Drop. Die Umsetzung in Programm-Code<br />
erfolgt automatisch. Das Ergebnis:<br />
Das vorhandene Domänenwissen<br />
rund um die spezifische Rolle der Anwendung<br />
im Fertigungsprozess mündet ohne<br />
den Umweg über aufwendige Programmierung<br />
direkt in Digitalisierung. So geht<br />
es für die Fertigungs-Unternehmen noch<br />
einfacher voran. Dazu braucht es eine<br />
agile Plattform, die Microservices ermöglicht.<br />
Die Idee des Composable Enterprise<br />
von Scheer PAS passt also ideal zum Oncite<br />
DPS. Dabei geht es übrigens weniger<br />
um komplexe neue Applikationen. Gerade<br />
die zahlreichen spezifischen Logiken und<br />
Funktionen im Prozess können aber sicher<br />
in Low-Code in Kombination mit den leistungsfähigen<br />
Programmierschnittstellen<br />
(APIs – Applica tion Programming Interfaces)<br />
des Smart-MOM- und Virtual-<br />
Factory-Service des Oncite DPS umgesetzt<br />
werden, ohne die Business-Logik im<br />
Kernsystem des Oncite DPS anpassen zu<br />
müssen. Auch Front-Ends wie die<br />
Mensch-Maschine-Schnittstelle (Human<br />
Machine Interface – HMI) oder Dashboards<br />
können via Html5 sehr schnell im<br />
Low-Code-Framework entwickelt und<br />
eingesetzt werden. Hier spielt die Kombination<br />
von Plattform- und Applikationsfunktionen<br />
in einem System ihre Vorteile<br />
aus.<br />
52 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
PC-based Control erleichtert Optimierung von Mikrospritzgießmaschinen<br />
Erhöhter Anlagendurchsatz<br />
ohne Qualitätseinbußen<br />
Ein kanadischer Lieferant für Heißkanalsysteme erweitert seine Mikrospritzgießmaschine von<br />
acht auf 32 Kavitäten. Die Steuerungsplattform konnte ohne Komponentenaustausch aufwärts<br />
skaliert und der innovative Prozess zur Verarbeitung der Kunststoffschmelze erhalten werden.<br />
» James Figy, Senior Content Specialist, Beckhoff Automation USA<br />
Bild: Beckhoff<br />
Die M3-Mikrospritzgieß -<br />
maschine eignet sich u. a.<br />
für Mikroprodukte zur Her -<br />
stellung von medizinischen<br />
Geräten und Elektronik.<br />
Drei Hauptfaktoren sind entscheidend<br />
für die Qualität von Spritzgießprodukten:<br />
Druck, Temperatur und Zeit. Mold<br />
Hotrunner Solutions (MHS) optimierte<br />
diese Parameter bei der Mikrospritzgießmaschine<br />
M3, die direkt angespritzte Mikroteile<br />
mit einem Gewicht von nur<br />
1,3 mg mit hoher Effizienz und Präzision<br />
herstellen kann.<br />
Bei der Entwicklung ergaben sich hohe<br />
Anforderungen, denn es sollte eine hohe<br />
Teilequalität durch die wiederholgenaue<br />
Steuerung des Spritzgießvorgangs nach<br />
exakten Druck-, Temperatur- und Zeitvorgaben<br />
sicherstellen. „Beckhoff arbeitet<br />
seit 2012 mit MHS zusammen, als das<br />
Unternehmen erweiterte Automatisierungs-,<br />
Netzwerk- und Fernzugriffsfunktionen<br />
benötigte“, sagt Paul Pierre, regionaler<br />
Vertriebsingenieur bei Beckhoff Kanada.<br />
Daher wandte sich das Unternehmen<br />
auch 2016 an Beckhoff, als man<br />
nach neuartigen Steuerungslösungen für<br />
die erste M3-Baureihe suchte. Die Steuerungsplattform<br />
der M3 basiert auf einem<br />
leistungsstarken Schaltschrank-Industrie-PC<br />
C6920. Als HMI-Hardware dient<br />
ein Widescreen-Control-Panel CP3921.<br />
Das 21,5-Zoll-Multitouch-Display ermöglichte<br />
es, die Bedienoberfläche neu zu<br />
konfigurieren, um sie besser an den Mikrospritzgießprozess<br />
anzupassen.<br />
Da für Mikroteile so wenig Kunststoff<br />
nötig ist, ist es schwierig, das Material<br />
auf Verarbeitungstemperatur zu halten,<br />
ohne die Schmelzequalität zu beeinträchtigen.<br />
Beim MHS-Verfahren wird die<br />
Kunststoffschmelze erst kurz vor Erreichen<br />
des Nadelverschlusses auf Verarbeitungstemperatur<br />
erwärmt, wodurch die<br />
Plastifizierungszeit des Kunststoffs verlängert<br />
und erheblich weniger Abfall produziert<br />
wird. Die Umsetzung machten die<br />
EtherCAT-Klemme EL3314 mit 4-Kanal-<br />
Thermoelement-Eingang und der Twin-<br />
CAT Temperature Controller (TF4110)<br />
möglich. MHS verwendete 14 Heizelemente<br />
mit Toleranzanforderungen von ±<br />
0,1 °C, die mit der EL3314 und der Temperaturregelungssoftware<br />
genau erfüllt<br />
werden konnten. Zu den Beckhoff-Servoverstärkern<br />
AX5000 gehören auch die Encoder-Optionskarten<br />
AX5721, die einen<br />
hochauflösenden Linear-Encoder unterstützen.<br />
Über TwinSAFE-I/Os und -Antriebsfunktionen<br />
werden Sicherheitsverriegelungen,<br />
Not-Halt-Schalter und Safe-<br />
Torque-Off (STO)-Optionen gesteuert.<br />
„Ohne die Echtzeitfähigkeiten von Ether-<br />
CAT in den I/Os und Antrieben wäre es<br />
unmöglich, die Präzision von 10 µm bei<br />
dem schnellen Tempo zu erreichen“, erklärt<br />
Ryan Craig, leitender Entwickler bei<br />
MHS.<br />
Als das Unternehmen die Chancen eines<br />
weiteren Kapazitätsausbaus erkannte,<br />
begann es 2020 mit der Skalierung der<br />
M3 von einem einzelnen Modul mit je<br />
acht Mikroteilkavitäten auf vier Module<br />
mit insgesamt 32 Kavitäten. Für die Version<br />
mit mehr Kavitäten und höheren Geschwindigkeiten<br />
konnte die existierende<br />
Steuerungsarchitektur dennoch beibehalten<br />
werden. Sie enthält zudem einen<br />
Hochgeschwindigkeitsroboter, der innerhalb<br />
von 0,4 ms 1.000 mm seitlich in die<br />
Zelle hinein- und in weiteren 0,4 ms herausfährt.<br />
Dies machen AX5000-Antriebe<br />
und zwei AM8042-Servomotoren zusammen<br />
mit einem externen Bremswiderstand<br />
möglich.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 53
» TECHNIK<br />
Dichtheitsprüfungen mit Helium<br />
Schnell und smart verbunden<br />
Dichtheitsprüfungen mit Helium ermöglichen den Nachweis kleinster Leckagen.<br />
SMC unterstützt die vollautomatische Prüfung, bei der unter anderem hohe<br />
Anforderungen an elektrische Antriebe gestellt werden.<br />
» Lejla Salievska, Sales Engineer, SMC Deutschland<br />
Über die hohe Bedeutung zuverlässiger Prüfverfahren<br />
ist sich die ISM Deutschland GmbH im Klaren.<br />
Das 1992 gegründete und seit 1994 im nordrheinwestfälischen<br />
Mettmann beheimatete Unternehmen<br />
ist auf die Produktion hochwertiger und innovativer<br />
Messgeräte und Prüfanlagen in industriellen Anwendungen<br />
spezialisiert – von der Dichtheitsprüfung<br />
über die Gasdetektion bis hin zum Korrosionsmonitoring.<br />
Höchste Zuverlässigkeit und Anlagenverfügbarkeit<br />
ist besonders bei Kunden aus der industriellen<br />
Serienfertigung gefragt. Um die Optimierung ihrer<br />
Geräte und Anlagen kontinuierlich voranzutreiben,<br />
sucht ISM dafür laufend nach neuen leistungsfähigen<br />
Komponenten. Das war auch bei dem Heliumdichtheitsprüfsystem<br />
„Helicheck“ der Fall. Hierbei lag<br />
die besondere Herausforderung darin, einen elektrischen<br />
Antrieb zu finden, der sich über ModBus/TCP<br />
steuern ließ, da das Unternehmen zur Ansteuerung<br />
seiner Peripherie einen PC verwendet, um die Anforderungen<br />
an die Messdatenverarbeitung und Visualisierung<br />
optimal umsetzen zu können. Vor dem Hintergrund<br />
der bereits bestehenden Zusammenarbeit<br />
und den daraus erwachsenen positiven Erfahrungen<br />
entschied sich ISM für SMC.<br />
Bild: ISM Deutschland<br />
Das Prüfsystem Helicheck<br />
mit den zwei<br />
Prüfstationen und der<br />
Touchpanel-Bedien -<br />
einheit.<br />
Bereits sehr kleine Leckagen, etwa bei Schweißnähten,<br />
können dazu führen, dass einzelne Komponenten<br />
oder komplette Geräte nicht korrekt funktionieren.<br />
Sie müssen daher einer Qualitätskontrolle<br />
in Form einer Dichtheitsprüfung unterzogen werden<br />
– und das möglichst automatisch, schnell und vor<br />
allem zuverlässig. Demnach kommt es bei den zur<br />
Prüfung verwendeten Anlagen darauf an, dass auf<br />
Komponenten zurückgegriffen wird, die nicht nur für<br />
sich, sondern auch im Zusammenspiel untereinander<br />
optimale Ergebnisse liefern.<br />
Die integrale Dichtheitsprüfung<br />
Eine aktuelle Anwendung für Helicheck ist die integrale<br />
Dichtheitsprüfung von Schweißnähten an<br />
Druckspeichern beziehungsweise Druckakkumulatoren<br />
mittels Helium als Spürgas mit Massenspektrometer-Lecksuchern.<br />
Die Prüfung entspricht der Norm<br />
DIN EN 1779 B6, mit einer geforderten maximalen<br />
Leckagerate von 5,0E-8 mbar l/s.<br />
Dabei wird in zwei Schritten geprüft: Zunächst<br />
speziell der Federbalg an den Geräten und anschließend<br />
ihr gesamtes Gehäuse. Fällt der Prüfbescheid<br />
negativ aus, werden die Teile ausgeschleust. Der vollautomatische<br />
Vorgang soll insgesamt eine Taktung<br />
von 20 s pro Teil haben, inklusive der Ausschleusung<br />
undichter Teile. Die E-Achse dient dabei der Positionierung<br />
bei der Zuführung der zu prüfenden Teile. Sie<br />
muss daher schnell, sicher sowie zuverlässig sein und<br />
54 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Bild: ISM Deutschland<br />
Ventilinsel für die pneumatischen Spannbewegungen und der<br />
Ventilblock für das Prüfgashandling.<br />
sich in diesem besonderen Fall über ModBus/TCP<br />
steuern lassen. „Da die Kollegen bei ISM die Steuerung<br />
ihrer E-Antriebe über einen PC durchführen,<br />
mussten wir uns dafür eine flexible Lösung überlegen“,<br />
so Christian Rotter, Product Application Manager<br />
bei SMC. „Wir kamen auf die Idee, einen IO-Link-<br />
Master dazwischenzuschalten, der über ModBus/TCP<br />
mit dem PC kommuniziert, während die eigentliche<br />
Steuerung des elektrischen Antriebs über unseren<br />
IO-Link-Controller der Serie JXCL18-BC erfolgt.“<br />
Für die E-Achse fiel die Wahl auf die Serie LEFB in<br />
Baugröße 32 mit einem Hub von 500 mm: Sie ist ein<br />
elektrischer Riemenantrieb mit Kugelumlaufführung<br />
und Schrittmotor mit einem batterielosen Absolut-<br />
Encoder.<br />
Passende Komponenten von SMC<br />
Die von SMC gewählte E-Achse der Serie LEFB<br />
ermöglicht aufgrund einer maximalen Beschleunigung<br />
von 3000 mm/s 2 eine schnelle Zuführung und<br />
schafft es so, die Taktrate von 20 s pro Teil zu erfüllen.<br />
Durch die Positionierwiederholgenauigkeit von<br />
± 0,02 mm und einem Umkehrspiel von maximal<br />
0,1 mm wird ein sicherer und flexibler Betrieb<br />
gewährleistet. Zudem erhält ISM durch die Implementierung<br />
des IO-Link-Masters in Sachen Steuerung<br />
deutlich mehr Möglichkeiten als dies allein<br />
durch ModBus/TCP der Fall gewesen wäre.<br />
„Als SMC uns die Lösung für die Anbindung an den<br />
PC vorstellte, waren wir zunächst überrascht – und<br />
kurze Zeit später begeistert. Denn durch die Zwischenschaltung<br />
eines IO-Link-Masters können wir in<br />
Zukunft auch auf alle anderen IO-Link-Produkte von<br />
SMC zurückgreifen und diese problemlos in unsere<br />
PC-basierte Steuerung implementieren“, sagt Eckhard<br />
Anton, Bereichsleiter Systeme bei ISM Deutschland.<br />
„Wir sind dadurch in der Lage, ein umfassendes<br />
Produktportfolio an Sensoren und Aktoren in die PC-<br />
Steuerung zu integrieren und profitieren zusätzlich<br />
von den vielfältigen Vorteilen bei der Kommunikation.<br />
Schließlich ermöglicht uns auf diese Weise der<br />
IO-Link-Controller von SMC nicht nur die Steuerung<br />
über den PC, sondern auch die Diagnose und Überwachung.“<br />
Der bei der E-Achse der Serie LEFB eingebaute<br />
Schrittmotor mit batterielosem Absolut-Controller<br />
erhöht außerdem die Effizienz beim Helicheck. Denn<br />
ob bei einem Not-Aus oder einem Stromausfall: Der<br />
Absolut-Encoder speichert die letzte Position der<br />
E-Achse und kann so ohne zeitaufwändige Referenzfahrt<br />
den Betrieb unmittelbar fortsetzen, sobald die<br />
Stromversorgung wieder besteht. Zudem braucht<br />
sich ISM durch den Wegfall der Batterie weder um<br />
die Lagerung noch um die Entsorgung Gedanken zu<br />
machen. Das spart nicht nur zusätzliche Kosten, es<br />
ist auch ein Gewinn für die Umwelt.<br />
„Die E-Achsen samt Controller von SMC sowie der<br />
IO-Link-Master erfüllen nicht nur unsere Anforderungen.<br />
Sie ermöglichen uns darüber hinaus umfangreichere<br />
Steuerungs- und Diagnosemaßnahmen und<br />
bieten zudem Schnittstellen, um weitere Sensoren<br />
oder Aktoren anbinden zu können. Wir sind dadurch<br />
noch besser für zukünftige Herausforderungen vorbereitet“,<br />
erklärt Eckhard Anton. „Auch die Inbetriebnahme<br />
gelang einfach und schnell – als Gesamtpaket<br />
haben wir so eine kostengünstige, zuverlässige und<br />
leistungsstarke Lösung von SMC erhalten.“<br />
„Mit unserem Ansatz, einen IO-Link-Master zwischenzuschalten<br />
und so die Anbindung an den PC<br />
sicherzustellen, kann ISM Fahrsätze und Parameter<br />
von den E-Achsen der Serie LEFB frei vom PC aus<br />
anfahren. Unser Controller der Serie JXCL18-BC<br />
übernimmt die Steuerung und sorgt dafür, dass er<br />
auch direkt Feedback und Diagnose zum Gerätestatus<br />
an den PC weiterleitet“, so das Fazit von Christian<br />
Rotter. Der Kunde ISM profitiert von einer Lösung,<br />
die über das Anforderungsprofil hinausgeht. (sc)<br />
Bild: ISM Deutschland<br />
Der Horizontalschlitten<br />
mit den Nestern für<br />
die Prüfteile wird<br />
durch den Linear -<br />
antrieb bewegt.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 55
» TECHNIK<br />
7. bis 10. März in Leipzig: Drei Industriemessen mit starkem Fachprogramm<br />
Impulsgeber: Intec, Z und GrindTec<br />
Der neue Messeverbund aus Intec, Z und GrindTec geht am 7. März in Leipzig an<br />
den Start: Impulse setzt nicht nur das attraktive, vielseitige Ausstellungsangebot,<br />
sondern auch ein umfangreiches und praxisorientiertes Fachprogramm. Es fördert<br />
den Dialog innerhalb der Branchen.<br />
BMW Group, die Keynote mit dem Titel „Erfolg -<br />
reiche Industrialisierung und Digitalisierung von<br />
Additive Manufacturing“.<br />
Der Messeverbund<br />
Intec, Z und GrindTec<br />
wird vom 7. bis<br />
10. März 2023 in<br />
Leipzig durchgeführt.<br />
Impulse setzt neben<br />
dem Ausstellungs -<br />
angebot auch das<br />
umfangreiche Fachprogramm.<br />
Der vom 7. bis 10. März auf der Leipziger Messe<br />
veranstaltete Messeverbund gilt als der erste<br />
wichtige Branchentreff 2023 für die Fertigungstechnik<br />
in der Metall bearbeitung, die Zulieferindustrie<br />
und die Werkzeugbranche in Europa. Technologiethemen<br />
sollen Forschung, Praxis und Wirtschafts -<br />
politik zusammenbringen. Die internationalen Industriemessen<br />
Intec und Z, zu denen nun die GrindTec<br />
stößt, zeigen innovative Produkte und aktuelle Entwicklungen.<br />
Daneben will das praxisorientierte Fachprogramm<br />
wichtige Impulse setzen. Im Detail:<br />
Additive Produktionen<br />
Die Integration der Additiven Fertigung in die<br />
industrielle Produktion steht im Fokus der Sonderschau<br />
und des Fachforums „Additive Fertigung –<br />
Evolution einer modernen Technologie“. Daran<br />
beteiligen sich unter anderem die Aussteller 3D-<br />
Metall Theobald, Trumpf Laser- und Systemtechnik<br />
und Metrom Mechatronische Maschinen. Im Fachforum<br />
hält Dr. Blanka Szost-Ouk, Head of Additive<br />
Manufacturing, Predevelopment & Planning bei der<br />
Bild: foto@uwefrauendorf.de<br />
Rund um die Sensorik<br />
Die Transformation der industriellen Produktion<br />
durch Digitalisierung und Automatisierung erfordert<br />
zielgerichteten Einsatz von Sensorik. Bei der Sonderschau<br />
und dem Fachforum „Sensorik – Einsatz und<br />
Perspektiven in der Fertigung“ stellen Fachleute<br />
unter anderem die neuen Konzepte rund um die<br />
Schlüsseltechnologie Sensorik mit sich weiterentwickelnden<br />
Fertigungsmethoden vor. Themen wie intelligente<br />
Fertigung durch Sensorik, Trends in der<br />
Sensorik und Mensch-Roboter-Kollaboration sind<br />
vorgesehen. Auch Start-ups kommen zu Wort.<br />
Wertschöpfung mit Wasserstoff<br />
Ein neuer Baustein des Fachprogramms ist das Technologiethema<br />
„Fuel Cell Hub – Wertschöpfung durch<br />
Wasserstoff“. Ein Gemeinschaftsstand und ein vier -<br />
tägiges Fachkolloquium zeigen Potentiale für die<br />
Zulieferindustrie auf und geben Impulse zur<br />
Umsetzung. Organisiert werden sie in Kooperation<br />
mit dem Innovationscluster HZwo und dem Fraun -<br />
hofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik<br />
IWU.<br />
GrindTec setzt Akzente<br />
Auch die GrindTec wartet mit einem umfangreichen,<br />
praxisnahen Programm auf, das der Fachverband der<br />
Präzisionswerkzeugmechaniker e. V. (FDPW) mit der<br />
Leipziger Messe als Veranstalterin organisiert. Fester<br />
Bestandteil ist das „GrindTec Forum“ mit Fachvorträgen<br />
aus Praxis, Theorie und Wissenschaft mit<br />
anschließendem Austausch auf dem Messestand des<br />
FDPW.<br />
Spannend geht es bei der „GrindTec Challenge“ zu<br />
– dem als „Werkzeugschleifer des Jahres“ seit 2006<br />
bekannten Wettbewerb. In der Messehalle stellen<br />
junge Präzisionswerkzeugschleifer(innen) ihr Können<br />
unter Beweis im Wettkampf um Titel, Anerkennung<br />
und attraktive Preise.<br />
56 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Der „GrindTec Innovation Award“ wird zum zweiten<br />
Mal auf der Messe verliehen. Er zeichnet Produkte,<br />
Verfahren und Dienstleistungen aus, die durch<br />
Innovationskraft, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit<br />
beeindrucken.<br />
Ein Ort der Begegnung für Handwerk, Forschung<br />
und Wirtschaft ist erneut der „GrindTec Campus“, auf<br />
dem Hochschulen sowie Universitäten die Messe -<br />
besucher über ihren Forschungsstand, neue Erkenntnisse<br />
sowie aktuelle Aktivitäten informieren. Besonderes<br />
Highlight: Ein Speed-Dating unter dem Motto<br />
„University meets Practice“, bei dem Forscher und<br />
Unternehmer aufeinandertreffen.<br />
Hidden Champions Conference<br />
Am 7. März 2023 findet zum dritten Mal die „Industry’s<br />
Hidden Champions Conference“ statt. Sie will<br />
unternehmerische Transformationserfolge mittelständischer<br />
Weltmarktführer und die zugrunde -<br />
liegenden Handlungsmuster beleuchten. In „Powerful<br />
Practices“ präsentieren Geschäftsführungen und<br />
Gesellschafter von Hidden Champions, wie ihnen<br />
Transformation in Branchen und Wertschöpfungsnetzwerken<br />
gelungen ist. Inhaltlich geht es zum<br />
Beispiel um neue Plattformen und digitale Anwendungen<br />
wie Smart Services, innovative Technologien<br />
in Produktion und Konstruktion, etwa im Auto -<br />
mobilbau. Aber auch ressourceneffiziente Geschäftsmodelle<br />
wie Circular Economy oder Cradle-2-Cradle<br />
kommen zur Sprache. Für die Keynote konnte Meyer<br />
Burger Technology gewonnen werden.<br />
Contact Business Meetings<br />
Zum mittlerweile 15. Mal laden die sächsischen<br />
Netzwerkpartner des Enterprise Europe Network und<br />
der IHK Leipzig zu „Contact Business Meetings“ am<br />
8. März ein. Länderübergreifende Partnerschaften<br />
entlang der Wertschöpfungskette sind in der globa -<br />
li sierten Wirtschaft entscheidend. Die Kooperationsbörse<br />
will unterstützen, neue Geschäftskontakte<br />
zielgerichtet zu finden. (eve/os)<br />
www.grindtec.de<br />
www.messe-intec.de<br />
www.zuliefermesse.de<br />
akf.de/industriefinanz<br />
Wasser schenkt Leben –<br />
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Wir freuen uns über jede Spende, die unsere Arbeit unterstützt!<br />
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www.ingenieure-ohne-grenzen.org<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 57
» TECHNIK<br />
Pulpex plant über 750 Mio. Zellstoff-Flaschen im Jahr<br />
Cellulose wird Verpackungsmaterial<br />
Compounds auf Basis von Cellulosefasern, die keine Polymere enthalten, gewinnen an Bedeutung<br />
für Verpackungen. Sie sind als Material für Flaschen, Verschlüsse und Behälter geplant.<br />
Verarbeitet werden sie mit den in der Kunststofftechnik gängigen Prozessen Blasformen,<br />
Thermoformen und Spritzgießen. Im „Papierspritzguss“ entstehen sogar mechanische Teile.<br />
» David Vink, freier Fachjournalist<br />
Carlsberg hat 8000 Papierflaschen der zweiten Generation unter das biertrinkende Volk gebracht: Der von Paboco produzierte Prototyp besteht aus<br />
Holzfasern und einem Inliner aus dem pflanzenbasierten Polymer PEF. Die Verschlüsse sind hier noch aus Kunststoff oder Metall.<br />
Bild: Carlsberg<br />
Bier aus Papierflaschen? Im Juni 2022<br />
hat die Brauerei Carlsberg ihre Fibre<br />
Bottle der „Generation 2.0“ an Kunden<br />
und Verbrauchern vergeben – 8000 Stück<br />
des neuartigen Flaschenprototypen. Produziert<br />
wird die Flasche aus Holz fasern<br />
von der Paboco Paper Bottle Company A/S<br />
in Dänemark. In der ersten Entwicklungsstufe<br />
kombinierte sie Papier fasern mit<br />
einem HDPE-Inliner als Barriereschicht.<br />
Später folgte ein Inliner aus PET, dann aus<br />
0,1 mm PEF. Dieses pflanzenbasierte Polymer<br />
PEF (Polyethylen-2,5- furandi carbo -<br />
xy lat) produziert Avantium durch eine<br />
chemische Reaktion von Methanol mit<br />
Maisstärke. Laut Carlsberg „schützt PEF<br />
den Geschmack und die Sprudeleigenschaften<br />
von Bier besser als herkömmlicher<br />
PET-Kunststoff auf fossiler Basis“.<br />
Der Hersteller der Fibre Bottle ist ein<br />
Joint Venture. Gegründet wurde Paboco<br />
im April 2019 von dem österreichischen<br />
Kunststoffflaschen-Produzenten Alpla<br />
und dem schwedischen Hersteller von<br />
Papier-Verpackungsmaterialien Billerud-<br />
Korsnäs mit dem Ziel, eine Papierflasche<br />
zu entwickeln. Doch die Anfänge reichen<br />
weiter zurück. EcoXpac in Dänemark<br />
begann schon 2010 mit der Entwicklung<br />
von Papierflaschen. BillerudKorsnäs besitzt<br />
seit 2015 Anteile an diesem Unternehmen.<br />
Carlsberg stieg 2015 als Projektpartner<br />
ein. 2019 konnte Paboco einen<br />
ersten Erfolg vermelden. Das Joint Venture<br />
präsentierte eine prototypische Getränkeflasche<br />
aus 57 % Papier (außen)<br />
und 47 % Kunststoff (innen), entwickelt<br />
für The Absolut Company (Gruppe Pernod<br />
Ricard).<br />
„Die Papierflaschen bestehen aus<br />
langen Weichholzfasern aus Kiefer und<br />
Fichte“, erklärt Tim Silbermann, Paboco-<br />
58 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Bilder: Frugalpac<br />
Projektleiter Produktentwicklung. Auch<br />
heimische Fasern aus anderen Regionen<br />
könnten berücksichtigt werden, betont er,<br />
zum Beispiel Bambusfasern in China.<br />
Die Fasern werden ausgerichtet und<br />
unter extremer Kompression getrocknet,<br />
sodass eine robuste Papierflasche mit<br />
angenehmer Oberfläche entsteht. Sie ermöglicht<br />
es, feine Details einzuprägen.<br />
Silbermann beschreibt den Herstell -<br />
prozess als „Kreuzung aus Streck- und<br />
Extrusionsblasformen“. Im Vergleich zur<br />
Karton-Umformung biete das Verfahren<br />
viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten.<br />
Paboco-Flaschen verwenden noch<br />
Kunststoff- oder Metallverschlüsse. Für<br />
eine dritte Generation der Papierflaschen<br />
sollen 2023 alternative Verschlüsse erforscht<br />
und entwickelt werden, womöglich<br />
mit integriertem Gewindehals. Wenn<br />
dies gelingt, verursachen die Papier-<br />
Flaschen bis zu 80 % weniger Emissionen<br />
als Einweg-Glasflaschen und hinterlassen<br />
dann einen ähnlich niedrigen Carbon-<br />
Fußabdruck wie wiederbefüllbare Glas -<br />
flaschen. Paboco untersucht unter anderem<br />
mit dem finnischen Beschichtungshersteller<br />
Teknos, ob eine biobasierte Beschichtung<br />
den PEF-Inliner ersetzen kann.<br />
Zellstoff-Verschlüsse in Arbeit<br />
Ein Unternehmen, das an Zellstoff-<br />
Flaschenverschlüssen arbeitet, ist Sacmi<br />
Imola. Die Italiener bauen CCM-Maschinen<br />
für das kontinuierliche Formpressen<br />
von Verschlüssen (CCM = Continuous<br />
Compression Moulding). Auf den Messen<br />
Drinktec und K 2022 präsentierten sie<br />
Zellstoff-Verschlüsse, die sie mit der 2021<br />
gegründeten Blue Ocean Closures AB aus<br />
Schweden (BOC) entwickelt hatten.<br />
US-Materialhersteller Glatfelter Corporation<br />
und Alpla unterstützen BOC in der<br />
Entwicklung eines Zellstoff-Verschlusses,<br />
der für Vodka-Glasflaschen von The Absolut<br />
Company vorgesehen ist. Diese Verschlüsse<br />
entstehen aus dem Papier-Vliesstoff<br />
„Airlaid“, einem recycelbaren und „in<br />
Wochen“ im Meer biologisch abbaubaren<br />
Produkt. Nach aktuellen Planungen sollen<br />
sie 2023 auf den Markt kommen.<br />
Laut Sacmi sind Zellstoffe ein „heißes<br />
Thema“ in der Getränkeindustrie. Im<br />
November 2022 veranstaltete das Unternehmen<br />
eigens dazu einen Technologietag<br />
für die Italian Association of Science<br />
and Macromolecule Technology (AIM) mit<br />
Vorträgen von Alpla und BOC.<br />
2020 führte Frugalpac, Großbritannien,<br />
eine Getränke-Flasche aus 84 % recyceltem<br />
Papier mit Innenbeutel in den Markt<br />
ein. Der Beutel besteht aus einem<br />
metalli sierten Polyesterlaminat – demselben<br />
Material, das auch in Bag-in-Box-<br />
Weinen verwendet wird. Als erstes Getränk<br />
gelangte darin im Juni 2020 der<br />
Rotwein 3Q der Cantina Goccia zu Kunden<br />
in Kanada. Die Haltbarkeit von Wein<br />
soll mehr als 12 Monate betragen.<br />
Die kartonumformte Flasche misst<br />
75 mm x 312 mm, wiegt 82 g und widersteht<br />
Lasten von bis zu 20 kg von oben.<br />
Frugalpac-Anlagen fertigen 630 Stück<br />
dieser kartonumformten Flaschen in der<br />
Die erste Papierflasche führte Frugalpac in den Markt ein – mit Innenbeutel für den Getränkekontakt.<br />
Rechts das Einlegen des Kartons in die Form. Rund 2 Mio. Flaschen sollen schon produziert sein.<br />
Nächster avisierter Schritt von Papierflaschen-<br />
Hersteller Paboco: ein integriertes Zellstoff -<br />
gewinde als Flaschenhals.<br />
Stunde. Im Sommer 2022 rechnete Frugalpac<br />
damit, bis Jahresende die zweimillionste<br />
Papierflasche zu produzieren.<br />
Die Pulpex Ltd, Großbritannien, ist als<br />
eine F&E-Kollaboration der Diageo BV<br />
(Hersteller der Whisky-Marke Johnnie<br />
Walker) und dem New Venture „Pilot Lite“<br />
entstanden. Pulpex zielt darauf ab, „von<br />
der Industrie für die Industrie“ eine Technologie<br />
zur Produktion von nachhaltigen<br />
Zellstoff-Flaschen in großem Maßstab zu<br />
entwickeln und einzuführen.<br />
Erste Papierflasche ohne<br />
jegliche Polymere<br />
Das Verfahren beginnt mit dem Entnehmen<br />
von Zellstoff aus einem wässrigen<br />
Schlamm und erstreckt sich bis zum Thermoformen<br />
in einer geschlossenen Form.<br />
Die Flaschen seien „völlig PET- und HDPEfrei“,<br />
unterstreicht Pulpex – und bestehen<br />
nicht etwa aus Kunststoff, umwickelt mit<br />
Zellstoff. Ihre Innenseite wird mit einer<br />
Beschichtung besprüht, je nach dem,<br />
welches Produkt abgefüllt werden soll.<br />
Entwicklungspartner ist daher BASF.<br />
Prototypenflaschen stellte Pulpex beispielsweise<br />
schon für Johny Walker Black<br />
Label Whisky und Castrol-Motorenöl her.<br />
Eine Reihe weiterer globaler Marken haben<br />
ihre Absicht erklärt, Pulpex-Flaschen<br />
kommerziell zu nutzen. Das Unternehmen<br />
äußert sich optimistisch: „Hochgeschwindigkeitslinien<br />
werden unsere Flaschen<br />
Bild: Paboco<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 59
» TECHNIK<br />
Bild: Kiefel Maschinenbau<br />
bald in Massenproduktion herstellen mit<br />
dem Ziel, bis 2025 über 750 Mio. Flaschen<br />
jährlich zu produzieren.“<br />
Thermoformer für Zellstoff<br />
Cellulose wird generell zum Thema in der<br />
Verpackungsbranche. Die Kiefel Maschinenbau<br />
GmbH zeigte auf der K 2022 eine<br />
„Natureformer“-Maschine, die Holzfasern<br />
zu Behältern thermoformt. Stora Enso,<br />
Finnland, unterstützt diese Entwicklung<br />
durch Bereitstellen verschiedener Faser -<br />
pakete mit „preisgünstigen“ chemischen<br />
Zusätzen und Subskriptions-Optionen. Für<br />
die Natureformer bietet Stora gebleichten,<br />
ungebleichten und behandelten Zellstoff<br />
an, darunter auch eine Kombi nation aus<br />
hartem und weichem Holz. Laut dem finnischen<br />
Unternehmen lassen sich die Fasern<br />
5- bis 7-mal recyceln.<br />
Die Natureformer-Maschine löst plättchen-<br />
oder blockförmig zerkleinerte Holzfasern<br />
durch Besprühen mit Wasser in<br />
einen Faserstoffschlamm auf und puffert<br />
sie in einem Tank. Nach der Entnahme<br />
modelliert sie den Schlamm zu Vorformlingen.<br />
Mechanisches Vorpressen in aufgeblasenen<br />
Silikonkautschukformen senkt<br />
den Wassergehalt auf 33 % bis 40 %. Das<br />
anschließende Heißpressen im Thermoformprozess<br />
drückt den Wassergehalt bis<br />
auf 5 % und erzeugt so den Behälter.<br />
Dafür gibt es bereits Anwender. Modiform<br />
aus den Niederlanden produziert<br />
diverse Teile auf einer Naturformer. Im<br />
Der britische Hersteller Pulpex verfolgt ambitionierte<br />
Ziele: Seine Zellstoff-Getränkeflaschen<br />
sind komplett kunststofffrei. Bis 2025 sollen<br />
davon 750 Mio. produziert sein.<br />
März 2022 berichtete Kiefel, dass ein<br />
amerikanischer Kunde hundert Natureformer<br />
bestellt habe und jeden Tag mindestens<br />
eine neue Maschine in Betrieb<br />
genommen wird. Andreas Staudinger,<br />
Global Packaging Director: „Sowohl<br />
Kunststoff- als auch Fasertechnologien<br />
sind wichtig, um die Verpackungsindustrie<br />
zu bedienen. Das Interesse an Fasern<br />
nimmt gerade sehr schnell zu“.<br />
Papierspritzguss<br />
Bild: Pulpex<br />
„Less plastic, more future” ist das Motto<br />
der 2021 gegründeten Nature Compound<br />
GmbH. Das Unternehmen hat das Compound<br />
„Bioform“ entwickelt. Es zielt laut<br />
Die Maschine „Natureformer“ von Kiefel produziert Teile und Behälter aus Zellstoff-Fasern im<br />
Thermoform-Prozess.<br />
dem Geschäftsführer und Gründer Niclas<br />
Beutler auf „maßgeschneiderte Lösungen<br />
für eine Kunststoffindustrie ohne Plastik“<br />
ab. Bioform besteht zu 68 % aus<br />
Cel lulosefasern und zu 32 % aus einer<br />
Kombination von Stärke und Kreide<br />
(Cal zium carbonat). In den Eigenschaften<br />
gleicht es konventionellen ABS- und PP-<br />
Thermoplasten und lässt sich in Spritzguss<br />
und Extrusion verarbeiten.<br />
Das Material präsentierte erstmals das<br />
Kunststoff Institut Lüdenscheid (KIMW)<br />
auf der Messe Fakuma 2021 einer breiten<br />
Öffentlichkeit. Das KIMW entwickelt<br />
Verarbeitungsparameter, das Institut für<br />
Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung<br />
(IWK) aus der Schweiz hat das<br />
Entformungsverhalten und die rheologischen<br />
Kennwerte ermittelt.<br />
Kompostieren lässt sich Bioform laut<br />
KIMW-Verkaufsleiter Marius Fedler sowohl<br />
in herkömmlichen Industrieanlagen<br />
als auch in Heimkompostern, wo ein 3 bis<br />
5 mm dicker Bioform-Löffel innerhalb von<br />
fünf Monaten vollständig verschwand. In<br />
der freien Natur dauere es „deutlich<br />
länger“, sagt Fedler.<br />
Auch davon gibt es Anwendungen. Die<br />
GroMM GmbH bietet Bissschutz für junge<br />
Pflanzen und Bäume nicht mehr nur aus<br />
Stahl sondern auch aus Bioform an. Produziert<br />
werden die Teile auf einer Krauss-<br />
Maffei-Spritzgießmaschine in einem<br />
Werkzeug der Zimmermann Formen- und<br />
Werkzeugbau GmbH. Die Meding GmbH<br />
verwendet Bioform für bioabbaubare<br />
medizintechnische Einwegteile.<br />
Auf den „Technologie-Tagen“ des<br />
Spritzgießmaschinenherstellers Arburg in<br />
Juni 2022 wurden Lochscheiben aus<br />
Bioform V12190 in einer Spritzgussform<br />
der Herrmann GmbH produziert. Diese<br />
Lochscheiben verwendet der Maler- und<br />
Stuckateurbetrieb Lehmbau Glück, um<br />
Strohdämmungen an Lehm- oder Tonwänden<br />
von Gebäuden zu befestigen.<br />
Auch die DE-Pack GmbH verwendet den<br />
Begriff „Papierspritzguss“ und beschreibt<br />
damit geschäumte, spritzgegossene Verpackungen<br />
aus „Reinpapier“. Hier wird<br />
aber ein weniger steifes Compound eingesetzt.<br />
Zu 12 % enthält es Papierfasern<br />
aus Holzhackschnitzeln, zu 70 % Industriestärke<br />
und zu 18 % Wasser.<br />
60 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Composite Extrusion Modeling: 3D-Multimaterialdruck wird möglich<br />
3D-Drucker für Metall, Keramik,<br />
und Kunststoff<br />
Die AIM3D GmbH, frühe Ausgründung der Uni Rostock, bietet einen 3D-Multimaterialdrucker an,<br />
der Metall, Keramik und Polymere kombinieren kann. Weitere Vorzüge sind seine immens hohe<br />
Druckgeschwindigkeit und dass er gängiges Spritzgießgranulat verarbeitet. Das zugrunde<br />
liegende Verfahren nennt sich „Composite Extrusion Modeling“ (CEM). Ein Überblick.<br />
» Guido Radig, Fachjournalist<br />
Die Materialvielfalt<br />
ist groß. Hier wird<br />
der Feedstock des<br />
CEM- 3D-Druckers<br />
ExAM 255 gewechselt.<br />
Bild: AIM3D<br />
Composite Extrusion Modeling (CEM)<br />
kombiniert den etablierten Metallspritzgießprozess<br />
(MIM) mit den Verfahrenstechniken<br />
der additiven Fertigung (AM).<br />
CEM orientiert sich dabei in den Grund -<br />
zügen sowohl am Fused Deposition Modeling<br />
(FDM) als auch am Metallspritzgießen<br />
(MIM) und verknüpft beide Ansätze zu einer<br />
additiven 3D-Fertigungsstrategie.<br />
Die Besonderheiten von CEM ermöglichen<br />
einen 3D-Multimaterialdrucker für<br />
die Werkstoffklassen Polymere, Metalle<br />
und Keramiken. Damit eröffnen sich weitere<br />
zusätzliche Optionen: So lassen sich<br />
konventionell hergestellte Teile additiv<br />
bedrucken (verfahrenshybride Lösungen)<br />
und auch Materialien im Sinne einer<br />
Mehrkompontentechnik kombinieren<br />
(materialhybride Lösungen).<br />
Das besondere Plus von CEM gegenüber<br />
anderen additiven Verfahren ist das<br />
Verwenden von zertifizierten Spritzgießgranulaten<br />
ohne Filamente. Im Vergleich<br />
zu Filament-Druckern können<br />
• die Aufbaugeschwindigkeiten um den<br />
Faktor 2 bis 20 beschleunigt,<br />
• die Materialkosten um den Faktor 25<br />
gesenkt und<br />
• Eigenspannungen im Bauteil reduziert<br />
werden.<br />
Alle drei Effekte schlagen sich in deutlich<br />
niedrigeren Stückkosten der 3D-Bauteile<br />
nieder.<br />
Die AIM3D GmbH, die 2017 als Ausgründung<br />
aus der Universität Rostock<br />
hervorgangen ist, bietet dazu patentierte<br />
3D-Drucker in zwei Bauraumklassen an.<br />
Die beiden 3D-Multimaterialdrucker<br />
ExAM 255 und ExAM 510 arbeiten nach<br />
dem Prinzip des Fused Granulate Modeling.<br />
Das FGM-Verfahren basiert auf dem<br />
weit verbreiteten thermoplastischen<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 61
» TECHNIK<br />
Bild: AIM3D<br />
Die Prozesskette des CEM-Verfahrens: Bei Metall- und Keramik-Teilen schließen sich die Ofenprozesse Entbindern und Sintern an den 3D-Druck an.<br />
Bild: AIM3D<br />
Schmelzschichtverfahren (FDM/FFF) und<br />
gehört damit zu den additiven Fertigungsverfahren<br />
und zur Gruppe der<br />
Material Extrusion (MEX), Untergruppe<br />
Fused Granulate Fabrication (Pellet-MEX).<br />
Der FGM-Extrusions-Druckkopf verarbeitet<br />
das Granulat zu einem dünnen<br />
Schmelzfaden und trägt diesen auf dem<br />
Baufeld auf. Da Stützmaterial auto -<br />
matisch generiert wird, lassen sich auch<br />
komplexere Formen umsetzen, die der<br />
Nutzer zum Beispiel für Sonderfertigungen<br />
oder als Prototypen in der Spritzgießtechnik<br />
nutzen kann.<br />
Die Besonderheit dieses Verfahrens -<br />
ansatzes ist das günstige Ausgangsmaterial:<br />
Im Gegensatz zu gängigen Schmelzschichtverfahren<br />
wie Fused Filament<br />
Fabrication (FFF) verwendet FGM kein<br />
aufwendig produziertes Filament sondern<br />
handelsübliches, zertifiziertes thermoplastisches<br />
Spritzgießgranulat aus der<br />
Serienfertigung. Der Preisvorteil im Materialeinstand<br />
für ein verarbeitetes Bauteil<br />
bewegt sich je nach Werkstoffgruppe<br />
zwischen 500 und 2.480 %.<br />
Die gehärtete Düse des CEM-Extruders<br />
aus Spezialstahl ermöglicht einen hohen<br />
Austrag von bis zu 250 cm³/h. Sie ist<br />
wartungsfreundlich und lässt sich schnell<br />
auswechseln. Das ist wichtig bei sehr<br />
abrasiven Werkstoffen wie beispielsweise<br />
Glasfaser-verstärkten Polymeren, Metallen<br />
oder Keramik. Ein 3D-CEM-Drucker<br />
ermöglicht bei polymeren Granulaten<br />
eine 2- bis 20-fache Geschwindigkeit<br />
(kg/h) im Vergleich mit Filament-Druckern.<br />
Die FGM-Fertigung beginnt mit der<br />
Erstellung eines Feedstock (Material -<br />
speicher) im 3D-Drucker aus Metall-/<br />
Kera mikpulver plus Binder oder aus Polymer-Granulat.<br />
Werden Metall/Keramik<br />
verarbeitet, produziert der 3D-Drucker ein<br />
„Green Part“, das für die Materialreinheit<br />
zum „Brown Part“ entbindert werden<br />
muss. Die finale Nachbearbeitung ist das<br />
Sintern, um die Spannungen im Bauteil zu<br />
reduzieren. So entsteht ein fertiges<br />
„Metal Part“. In der Prozesskette muss<br />
natürlich der Volumenschrumpf aus -<br />
balanciert werden.<br />
Das Alleinstellungsmerkmal eines<br />
3D-CEM-Druckers ist seine Materialvielfalt:<br />
Polymere, Metalle und Keramik<br />
lassen sich auf einer einzigen, universellen<br />
Anlage verarbeiten. Hinzu kommen<br />
die Optionen zur Verfahrenskombination<br />
Zu noch höheren<br />
Festigkeiten führt<br />
das Voxelfill-Prinzip<br />
bei CEM: Selektiv<br />
gefüllte Kammern<br />
im 3D- gedruckten<br />
Teil verhindern<br />
Inhomo genitäten.<br />
(hybride Bauteile) oder Materialkombinationen<br />
(Mehrkomponententechnik).<br />
Der Einsatz von identischem, zertifiziertem<br />
Material ohne Filamente führt zu<br />
immer gleichen bis vergleichbaren Eigenschaften<br />
der 3D-gedruckten Bauteile. Das<br />
betrifft beispielsweise Wärmeleitfähigkeit,<br />
Medienresistenz, Dämpfung, Schrumpf,<br />
Dichte oder die mechanischen Eigenschaften.<br />
Ergänzend ist eine Langfaserverstärkung<br />
mit bis zu 3 mm Faserlänge möglich,<br />
bei einem Füllgrad von bis zu 60 %. Dies<br />
bietet enorme Vorteile im 3D-Druck, weil<br />
damit für die sehr verbreiteten Polyamid-<br />
Anwendungen ein preisadäquates 3D-Verfahren<br />
zur Verfügung steht.<br />
Ein 3D-CEM-Drucker erzielt neben<br />
hohen Dichten auch hohe Zugfestigkeiten:<br />
Im klassischen Spritzguss kommt ein<br />
Polyamid (PA6 GF30) auf Zug festigkeiten<br />
von 180 MPa. Ein 3D-CEM-Drucker wie<br />
ExAM 510 erreicht knapp 140 MPa.<br />
Jüngste Entwicklung ist das Voxelfill-<br />
Prinzip (Bild): Dabei werden Kammern des<br />
Bauteils im 3D-Druck schachbrettartig<br />
selektiv gefüllt. Diese Zugfestigkeiten sind<br />
daher einzigartig für einen 3D-Drucker.<br />
Fazit: Das CEM-Verfahren eröffnet mit<br />
den 3D-Multimaterialdruckern ein breites<br />
Anwendungsspektrum von der Kleinserie<br />
(AM) bis zu mittleren Serien von bis zu<br />
100.000 Teilen/Jahr. Und sie ergänzen das<br />
Metallpulverspritzgießen (MIM) und das<br />
Spritzgießen durch die vorlaufende<br />
Prototypen- Fertigung. Der Einsatz von<br />
zertifizierten Granulaten, Metall- und<br />
Keramikpulvern bietet nicht nur Vorteile<br />
bei den Stückkosten, sondern auch eine<br />
ideale Strategie, mit Prototypen in die<br />
Serienfertigung einzusteigen. Time-to-<br />
Market heißt hier das Zauberwort.<br />
62 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
Composite Extrusion Modeling (CEM) sorgt für Flexibilität<br />
Wie Keramik-Forscher den<br />
3D-Druck CEM nutzen<br />
Das CEM-Verfahren ermöglicht das 3D-Drucken von Keramik, Metall und Kunststoff – auch in<br />
Mehrkomponententechnik. Für das FGK, Forschungsinstitut für Glas/Keramik, ist dieses<br />
Verfahren eine große Hilfe. Die Forscher bieten Einblicke, wie sie die 3D-Druckanlage von<br />
AIM3D einsetzen und welche Vorteile sich daraus in der Praxis ergeben.<br />
Bild: AIM3D<br />
Eine Auswahl an Keramikbauteilen aus Al 2<br />
O 3<br />
(Aluminiumoxid), 3D-gedruckt auf einer CEM-Anlage<br />
ExAM 255 von AIM3D.<br />
Bei den Werkstoffgruppen Glas und<br />
Keramik hat der 3D-Druck stark an<br />
Bedeutung gewonnen. Das FGK in Höhr-<br />
Grenzhausen nutzt schon seit 2021 eine<br />
3D-CEM-Anlage ExAM 255 von AIM3D<br />
für Forschungszwecke.<br />
Composite Extrusion Modeling (CEM)<br />
ist für die Forscher eine Ergänzung des<br />
konventionellen Keramikspritzgießens<br />
(CIM). Die werkzeuglose Formgebung erschließt<br />
hohe Zeit- und Kostenvorteile.<br />
Was sich im Prototyping bewährt hat, ist<br />
für das Herstellen von Prüfkörpern besonders<br />
wichtig: Neue keramische Werkstoffe<br />
lassen sich so schneller erproben,<br />
bewerten und entwickeln.<br />
Das FGK ist ein der Hochschule Koblenz<br />
angegliedertes Institut zur Erforschung<br />
Anorganischer Werkstoffe in den Werkstoffgruppen<br />
Glas und Keramik. Es führt<br />
Werkstoffanalysen durch, erarbeitet aber<br />
auch neue „Rezepturen“. Ziel ist es, den<br />
Werkstoff Keramik in seiner Leistungs -<br />
fähigkeit weiter zu entwickeln. Zudem<br />
sucht das FGK nach neuen Anwendungsbereichen<br />
für keramische und auch<br />
hybride 3D-Bauteillösungen.<br />
„Der eigentliche Charme des CEM-Verfahrens<br />
von AIM3D ist die Flexibilität“,<br />
erklärt Projektingenieur Murat Demirtas<br />
vom FGK. „Der Multimaterialdrucker<br />
ExAM 255 erlaubt Kombinationen von<br />
Keramik/Keramik, Keramik/Polymere oder<br />
Keramik/Metall. Hybride Kombinationen<br />
erweitern die Bauteileigenschaften als<br />
funktionales Design enorm.“ Dazu gehö-<br />
ren Kombinationen verschiedener Keramiken<br />
aber auch mit anderen Werkstoffklassen<br />
in einem Bauteil. Die Möglichkeiten<br />
reichen bis zu elektrisch isolierenden<br />
Zonen mit Keramik und leitfähigen Bereichen<br />
mit Metall – und damit bis zu MID<br />
(Mechatronic Integrated Devices).<br />
Hier kommen die Vorzüge des CEM-<br />
Verfahrens von AIM3D zum Tragen: Die<br />
3D-Druckanlage verarbeitet keine Filamente<br />
sondern konventionelle Granulate<br />
oder Pulver. Sie macht flexibel in der<br />
Werkstoffwahl, verbunden mit Preisvorteilen<br />
für den Feedstock.<br />
Natürlich können auch die Leistungs -<br />
eigenschaften eines Teils erhöht werden<br />
über Parameter wie variable Korngrößen,<br />
Oberflächen-Charakteristika, chemische<br />
Resistenzen, elektrische oder thermische<br />
Eigenschaften.<br />
Nicht zu vergessen: Die Konstruktion<br />
eines 3D- gedruckten Bauteils ist bereits<br />
Teil der digitalen Prozesskette mit ihren<br />
Vorzügen. Der Entwickler kann Belastungszonen<br />
simulieren und die Bauteilgeometrie<br />
topologisch optimieren mittels<br />
Finite-Elemente-Analyse (FEA). Murat<br />
Demirtas: „Es wird möglich, ein Bauteildesign<br />
best möglich zu designen.“ (os)<br />
So sehen CEM-Bauteile aus Kunststoff aus, hier<br />
ein Kühlmittelverteilerstutzen aus PPS GF40.<br />
Bild: AIM3D<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 63
IMPRESSUM<br />
Die produzierende Industrie benötigt<br />
Leichtbauroboter, die mit hoher Dynamik<br />
und Präzision agieren. Gleichzeitig erfordern<br />
Anwendungen in der Lebensmittelindustrie<br />
und Medizintechnik eine hohe<br />
Sensitivität, während im Mittelstand Einsatzflexibilität<br />
und Bedienerfreundlichkeit<br />
im Vordergrund stehen.<br />
Mit einer Komponente allein sind diese<br />
anspruchsvollen Ziele nicht zu realisieren.<br />
Das Unternehmen hat für Leichtbauroboter<br />
und Cobots neue Hauptlager, Motoren,<br />
Getriebe sowie eine vollintegrierte<br />
Sensorik entwickelt. Mit dem Lösungspaket<br />
können Cobots beispielsweise gleichzeitig<br />
um zirka 50 % schneller sein und<br />
30 % schwerere Lasten transportieren.<br />
Für die Sensitivität bietet der Hersteller<br />
sensorisierte Wellgetriebe.<br />
Cobots, die hohe Dynamik und Sensitivität<br />
in sich vereinen, sind sehr viel flexibler<br />
einsetzbar, etwa kollaborativ und als klassischer<br />
Industrieroboter. Damit wird der<br />
Return on Invest sehr viel schneller erreicht<br />
und die Produktivität kann signifikant<br />
gesteigert werden. Dies wird die<br />
Nachfrage nach Cobots zusätzlich stimulieren.<br />
„IT-Lösungspartner<br />
für<br />
die Hightech-<br />
Fertigung"<br />
Michael D. Nägele<br />
Key Account Manager<br />
camLine hat sich in den letzten 30 Jahren als<br />
IT-Lösungspartner für die Hightech-Fertigung<br />
etabliert. Die Systeme zur industriellen Automation<br />
basieren auf MES/MOM-Modulen.<br />
In Europa, Nordamerika und Asien sind zahlreiche<br />
Implementierungen in Industrien, wie<br />
Halbleiter, Elektronik, Automotive, Solar, Batterien,<br />
Medizintechnik und erneuerbare Energien<br />
zu finden.<br />
Zusätzlich zu den Bereichen Qualitätssicherung,<br />
Prozessintegrität, Produktionslogistik,<br />
OEE, Monitoring und Reporting bieten die Lösungen<br />
von camLine die Orchestrierung der<br />
Fertigung auf verschiedenen Kommunikationsebenen.<br />
Als Teil von Elisa IndustrIQ werden<br />
KI- und maschinelle Lerntechniken (AI/ML) in<br />
statistische Methoden integriert, um eine optimale<br />
technische Analyse und Fehlerkontrolle<br />
zu fördern.<br />
Praxisworkshop MES HANDS-ON am 28.<strong>03.2023</strong><br />
im WTZ-Tagungszentrum Heilbronn<br />
Erleben Sie in unserem Workshop "Hands-on<br />
MES and SPC in a nutshell" wie einfach die<br />
digitale Datenerfassung und -analyse in Ihre<br />
Produktion integriert werden kann. Sie lernen,<br />
wie Anlagen- und Prozessdaten erfasst werden<br />
und wie Sie durch die Nachverfolgbarkeit<br />
immer genau wissen, in welchem Fertigungsschritt<br />
sich Ihr Werkstück gerade befindet. In<br />
Kombination mit der statistischen Prozesskontrolle<br />
optimieren Sie Ihre Produktion dauerhaft.<br />
Steigern Sie die Effizienz und Qualität<br />
Ihrer Fertigung und entdecken Sie die zusätzlichen<br />
Vorteile eines MES.<br />
Getriebe<br />
Ausgelegt für hohe<br />
Dynamik und Präzision<br />
Bild: Schaeffler<br />
erscheint dienstags ISSN 0019–9036<br />
Organ des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung e.V.<br />
(WSM), Düsseldorf, Hagen. Die Mitglieder des Verbandes erhalten<br />
den <strong>Industrieanzeiger</strong> im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Zusammenarbeit<br />
im Fachbereich der Gießereitechnik mit der Zentrale für<br />
Gussverwendung, Düsseldorf.<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Mitherausgeber: Prof. Dr.-Ing. Christian Brecher (Werkzeug -<br />
maschinen); Prof. Dr.-Ing. Thomas Bergs (Technologie der<br />
Fertigungsverfahren); Prof. Dr.-Ing. Robert Schmitt (Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement); Prof. Dr.-Ing.<br />
Dipl.-Wirt.-Ing. Günther Schuh (Produktions systematik),<br />
WZL RWTH Aachen<br />
Verlag: Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Chefredaktion:<br />
B. A. Alexander Gölz (ag), Phone +49 711 7594–438,<br />
Ernst-Mey-Straße 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Redaktion:<br />
Frederick Rindle (fr), Phone +49 711 7594–539;<br />
Dipl.-Inf. (FH) Uwe Schoppen (us), Phone +49 711 7594–458;<br />
M. A. Nico Schröder (sc), Phone +49 170 6401879;<br />
Dipl.-Ing. Olaf Stauß (os), Phone +49 711 7594–495;<br />
B. A. Hagen Wagner (hw), Phone +49 711 7594–391;<br />
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Infowirtin (FH) Mona Willrett (mw),<br />
Phone +49 711 7594–285<br />
Ständige freie Mitarbeiter:<br />
Dipl.-Ing. Volker Albrecht (va), Ulrike Dautzenberg (ud),<br />
Karin Faulstroh (kf), Michael Grupp (mg), Sabine Koll (sk),<br />
Markus Strehlitz (ms), Henriette Steuer (hs)<br />
Redaktionsassistenz: Daniela Engel, Phone +49 711 7594–452,<br />
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Layout: Laura Gehring, Jonas Groshaupt, Michael Kienzle,<br />
Ana Turina<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
Verantwortlich für den Anzeigenteil:<br />
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für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich bestellt war, läuft das<br />
Abonnement bis auf Widerruf. Bezugszeit: Das Abonnement kann<br />
erstmals vier Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt<br />
werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist<br />
von jeweils vier Wochen zum Quartalsende.<br />
Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen oder höherer Gewalt<br />
entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
Auslandsvertretungen:<br />
Großbritannien/Irland: Jens Smith Partnership, The Court,<br />
Long Sutton, GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: jsp@trademedia.info;<br />
USA: D.A. Fox Advertising Sales, Inc. Detlef Fox, 5 Penn Plaza,<br />
19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212 8963881,<br />
Fax +1 212 6293988, detleffox@comcast.net<br />
Druck: Konradin Druck, Kohlhammerstraße 1–15,<br />
70771 Leinfelden-Echterdingen, Printed in Germany<br />
© 2023 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
64 Weitere <strong>Industrieanzeiger</strong> Informationen » fi nden 03 | 2023 Sie unter:<br />
www.automatisierungstreff.com
VORSCHAU «<br />
TOPSTORY<br />
Prof. Achim Kampker, Gründer und Inhaber des<br />
Lehrstuhls PEM an der RWTH Aachen, über die<br />
Mobilität der Zukunft sowie Chancen und Risiken,<br />
die der Mobilitätswandel mit sich bringt.<br />
QUALITÄTSSICHERUNG<br />
Derzeit kostet es rund 54.000 US-Dollar, ein Kilogramm<br />
Nutzlast in den Erdorbit zu bringen. Deswegen ist es unbezahlbar,<br />
das Material für eine Mondstation zum Erdtrabanten<br />
zu fliegen. Eine Alternative wäre, den Baustoff<br />
mit einem 3D-Drucker aus Mondstaub sozusagen vor Ort<br />
herstellen? Geht das? Dieser spannenden Frage geht die<br />
Lithoz GmbH in Wien nach. Der Spezialist für technische<br />
Keramik nutzt dabei Prüfmaschinen von ZwickRoell.<br />
ROBOTIK<br />
Bild: PEM, RWTH Aachen/Stefan Hense<br />
Die Fertigung von Batteriegehäusen für Plug-in-Hybridfahrzeuge<br />
ist nicht einfach. Unter anderem muss die Naht<br />
einem hohen Berstdruck standhalten. Ein Autobauer hat<br />
sich für die Lösung dieser kniffligen Aufgabe mit dem<br />
Roboterbauer Kuka in Verbindung gesetzt, der dafür drei<br />
Rührreibschweißzellen entwickelt und in die Produktion<br />
integriert hat.<br />
Der <strong>Industrieanzeiger</strong> 04/2023 erscheint am 21.<strong>03.2023</strong><br />
Cobot<br />
Braucht keinen Sicherheitszaun<br />
Der Lexium Cobot ist der<br />
erste kollaborative Roboter<br />
von Schneider Electric und<br />
in fünf Modellvarianten verfügbar.<br />
Diese unterscheiden<br />
sich hinsichtlich ihrer Größe,<br />
ihrer Traglast (3 bis zu 18 kg)<br />
sowie ihres Arbeitsradius.<br />
Als Standalone-Lösung lassen<br />
sie sich in nahezu jeder<br />
Industrieanlage nachrüsten.<br />
Dank der konstanten Überwachung<br />
von Drehmoment<br />
und Drehzahl kann der Roboter<br />
auch besonders vorsichtige<br />
und behutsame Bewegungen<br />
ausführen. Bei einem unerwarteten<br />
Kontakt sorgt ein Sicherheitsprotokoll<br />
dafür, dass der aus Aluminium gefertigte<br />
Greifarm seine Bewegung sofort unterbricht.<br />
Abgerundete Kanten sowie das<br />
insgesamt geringe Gewicht mindern die<br />
Verletzungsgefahr zusätzlich. Da so, je<br />
Bild: Schneider Elecric<br />
nach Anwendung, zusätzliche Sicherheitseinrichtungen<br />
entfallen, lassen sich<br />
im Vergleich zu traditionellen Industrierobotern<br />
etwa 30 bis 40 % an Platzbedarf<br />
einsparen.<br />
Der Roboterarm wird rein grafisch programmiert<br />
und lässt sich per handgeführtem<br />
Teaching auf neue Bewegungsprofile<br />
einstellen.<br />
Was die Lexium Cobot-<br />
Modelle von Schneider<br />
Electric nach eigenen Angaben<br />
besonders auszeichnet,<br />
ist ihre hohe Beweglichkeit.<br />
Aufgrund der insgesamt<br />
sechs Achsen lässt sich jedes<br />
beliebige Bewegungsprofil<br />
realisieren.<br />
Lexium Cobot ist Teil der<br />
ganzheitlichen Automatisierungsplattform<br />
Ecostruxure<br />
Machine. Das damit bezeichnete<br />
Portfolio umfasst<br />
unter anderem weitere Roboter, Transportsysteme<br />
(Lexium MC12 – Multi Carrier),<br />
Motion-Steuerungen und Antriebe<br />
sowie eine einheitliche Softwarelösung<br />
für sämtliche Stationen der Maschinenentwicklung.<br />
<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 65
» ZULETZT<br />
Kurz vor<br />
zwölf<br />
Die Weltuntergangsuhr, oder auf<br />
Englisch Doomsday Clock, ist ein<br />
Indikator für die Anfälligkeit der Welt<br />
für globale Katastrophen, die<br />
durch menschengemachte Technologien<br />
verursacht werden. Am 24. Januar 2023<br />
Bild: scaliger/stock.adobe.com<br />
wurde die „Uhr des Jüngsten Gerichts“, wie sie auch genannt wird, um 10 s nach vorne<br />
gestellt. Drei Jahre stand sie auf 100 s vor Mitternacht, nun sind es nur noch 90 s<br />
bis zur Geisterstunde, die den theoretischen Punkt der Vernichtung markiert.<br />
Wir waren noch nie so nah an der Apokalypse.<br />
Begründet wurde das Vorrücken der Zeiger damit, dass die russische Invasion<br />
in der Ukraine das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen erhöht und zugleich die Reaktion<br />
der Welt auf den Klimawandel lahmlegt. Außerdem würden internationale Bemühungen<br />
behindert, andere globale Probleme anzugehen. Experten des „Bulletin of the<br />
Atomic Scientists“ stellen sich jedes Jahr im Januar die Frage, wie nahe die Weltbevölkerung<br />
vor dem Untergang steht. Die Organisation wurde 1947 unter anderem von<br />
Albert Einstein und US-Nuklearwissenschaftlern gegründet. Aktuell zählen zu<br />
den Bulletin-Mitgliedern zehn Nobelpreisträger.<br />
Im Jahr 1947 wurde die Uhr das erste Mal gestellt, und zwar auf 7 min vor Mitternacht.<br />
1953, als die ersten Wasserstoffbomben-Tests durchgeführt wurden,<br />
stellte man die „Doomsday Clock“ auf zwei Minuten vor Mitternacht. Am sichersten<br />
stuften die Wissenschaftler die Welt 1991 ein. Die Zeit des kalten Kriegs war vorbei<br />
und es wurden eine Reihe wichtiger Abrüstungsverträge unterzeichnet.<br />
17 min vor Mitternacht zeigte die Uhr damals an.<br />
Ein „Zuletzt“ braucht eigentlich eine nette Pointe. Ich dachte spontan an eine Bemerkung<br />
wie: „Oh shit, 90 Sekunden Zeit für ein Zuletzt, das wird eng.“ Ich lasse den<br />
Satz stehen, obwohl ich ihn inzwischen total bescheuert finde. Denn leider stehen wir<br />
tatsächlich am Abgrund und das ist nicht witzig. (us)<br />
66 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023
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<strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023 67
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68 <strong>Industrieanzeiger</strong> » 03 | 2023