78_Ausgabe Dezember 2009
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Vorwort<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
„Die Zeiten verändern sich stets, wie<br />
wir uns verändern mit ihnen“ (Tempora<br />
mutantur, et nos mutamur cum illis), so<br />
lernten wir es einst im Lateinunterricht<br />
am Klosterplatz. Wirtschaftliche Zwänge<br />
werden härter, trotz fröhlicher Kaffeegrundorakel<br />
in Bundespressekonferenzen.<br />
Auch die Verlage spüren das. Aber<br />
wir lassen uns nicht entmutigen und<br />
bauen auf die Treue der großen Schar<br />
unserer Leser. StadtBILD konnte in den<br />
letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewinnen.<br />
Geschätzt werden die faktenreichen,<br />
kurzweiligen, reich illustrierten<br />
und oft auch zeitkritischen Beiträge, für<br />
die immer mehr Autoren gewonnen werden<br />
konnten. Für heimatgeschichtlich<br />
Interessierte, für Stadtführer und Touristen,<br />
für Senioren und Schüler wurden<br />
die Hefte zu geschätzten Informationsquellen,<br />
für ehemalige Görlitzer in ganz<br />
Deutschland zum Bindeglied zur Heimatregion.<br />
Sammler verpassten keine<br />
<strong>Ausgabe</strong>. Neben den heimatgeschichtlichen<br />
Seiten oder Serien der Tagespresse,<br />
den Jahresmagazinen (Neues Lausitzisches<br />
Magazin, Görlitzer Magazin)<br />
und den Jahreskalendern in Heftformat<br />
(Oberlausitzer Verlag, Lusatia-Verlag)<br />
wurde StadtBILD zum unverzichtbaren<br />
Identitätsstifter.<br />
So soll es auch bleiben. Wir setzen darauf,<br />
daß immer mehr Autoren aus Städten<br />
und Gemeinden des Kreises Görlitz<br />
zum ehrenamtlichen Mitgestalten bereit<br />
sind. Denn es gibt viele, die etwas zu<br />
sagen hätten – Archivare, Ortschronisten,<br />
Pastoren, Bürgermeister und Lehrer,<br />
Hobbyforscher und Mundartdichter.<br />
In Heimatstuben und Familien-Fotoalben<br />
und bei Ansichtskartensammlern<br />
schlummert Bildmaterial, das für unsere<br />
Leser interessant wäre. Es geht nicht um<br />
geschwätziges Tourismus-Marketing,<br />
wohl aber um Heimatpflege. Die Leute<br />
hier sind seit Jahrzehnten gewohnt, mit<br />
Schwierigkeiten zu leben und aus eigener<br />
Kraft etwas auf die Beine zu stellen.<br />
StadtBILD soll für Stadt und Kreis<br />
Görlitz zum anerkannten Wegbegleiter<br />
werden.<br />
Frohe Weihnachten und ein gutes Neues<br />
Jahr wünscht, gemeinsam mit allen<br />
Verlagsmitarbeitern, Ihr<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Einleitung<br />
3
Winterliches<br />
Görlitzer Winterzauber in<br />
Görlitz<br />
Vorkriegszeiten –<br />
Erst kürzlich, zu Schillers 250. Geburtstag,<br />
erinnerten wir uns an die Zeilen aus<br />
seinem “Lied von der Glocke”: “Holder<br />
Röte lieblich malt, von der Dörfer, von<br />
der Städte wildem Brande schrecklich<br />
strahlt!”<br />
Marienplatz mit Neuschnee um 1913<br />
Friede, süße Eintracht, weilet, weilet<br />
freundlich über dieser Stadt! Möge nie<br />
der Tag erscheinen, wo des rauhen Krieges<br />
Horden dieses stille Tal durchtoben,<br />
wo der Himmel, den des Abends sanfte<br />
In der Rückschau erscheinen namentlich<br />
die Jahre kurz vor den Weltkriegsbränden<br />
in freundliches Licht getaucht, obwohl<br />
auch sie, wie wir wohl wissen, ihr<br />
Für und Wider hatten. Wir hörten darü-<br />
Aktionstag 1. Dez. <strong>2009</strong><br />
4<br />
Titel |
Winterliches<br />
vor 1914 und vor 1939<br />
Görlitz<br />
Kaisertrutz und Reichenbacher Turm um 1920<br />
ber von unseren Eltern und Großeltern,<br />
die uns über die Erlebnisse der Kinder<br />
und Erwachsenen in Görlitz 1913 erzählten,<br />
und wir erlebten es als Kinder selbst<br />
noch 1938. Zwar konnte man in beiden<br />
Jahren in den Görlitzer Tageszeitungen<br />
über internationale Konflikte und militärische<br />
Rüstungen lesen, aber viele wollten<br />
den Tag genießen, schon gar im Advent,<br />
zu Weihnachten und Neujahr. Die<br />
Begüterten zeigten nun gern, was sie<br />
sich leisten konnten an reich bestückten<br />
Gabentischen unterm Weihnachtsbaum.<br />
Auch die Ärmeren suchten und<br />
fanden ihre Freude, oft aufrichtiger und<br />
prägender als jene.<br />
Manchmal gab es sogar schon etwas<br />
Schnee im <strong>Dezember</strong> und die ersten Eis-<br />
Aktionstag 2. Dez. <strong>2009</strong><br />
Titel |<br />
5
Winterliches<br />
Görlitzer Winterzauber in<br />
Görlitz<br />
Vorkriegszeiten –<br />
Stadthalle und Jacob-Böhme-Denkmal um 1935 mit Pferdeschlitten vor der Brücke<br />
blumen an den Fenstern. In den Nebenstraßen<br />
verbreiteten die Gaslaternen ihr<br />
mildes Licht, an den Hauptstraßen aber<br />
strahlten die großen Schaufenster hell<br />
bis über die breite Fahrbahn, wo die<br />
Straßenbahn tiefe Furchen in das feuchte<br />
Weiß gegraben hatte. Die Staketenzäune<br />
oder Eisengitter der Vorgärten<br />
hatten weiße Schneekappen aufgesetzt.<br />
Meisen und Spatzen balgten sich in den<br />
Futterhäuschen, die vor den Küchenfenstern<br />
angebracht oder neben der<br />
Gartenlaube aufgestellt waren. Schulkinder<br />
drängelten sich 1913 bei Straßburg,<br />
Bargou oder Friedländers gerade eröffnetem<br />
Kaufhaus vor den Schaufenstern<br />
mit Spielzeugeisenbahnen, Dampfmaschinen,<br />
Soldatenfiguren und Puppen-<br />
Aktionstag 3. Dez. <strong>2009</strong><br />
6<br />
Titel |
Winterliches<br />
vor 1914 und vor 1939<br />
Görlitz<br />
stuben, 1938 auch vor den Läden von<br />
Zippel und Dittmann. In Hausaufsätzen<br />
mußten die Kleinen in der Schule I an<br />
sah man morgens auf dem Schulweg<br />
zur Annenschule auf dem Wochenmarkt<br />
Elisabethstraße Weihnachtsbäume zum<br />
Weihnachtsmärchen “Peterchens Mondfahrt” im Stadttheater 1938<br />
der Schulstraße ihre Weihnachtsvorbereitungen<br />
schildern, weil die Lehrer so<br />
neugierig waren, wie sie meinten. Hinter<br />
die Bilderrahmen in den Klassenräumen<br />
steckte man Tannenzweige. Bald<br />
Verkauf ausgelegt.<br />
Verglichen mit dem heutigen Gedudel<br />
und Gewummer aus den Lautsprechern,<br />
waren die vorweihnachtlich geschmückten<br />
Straßen und Christkindelmärkte<br />
Aktionstag 4. Dez. <strong>2009</strong><br />
Titel |<br />
7
Winterliches<br />
Görlitzer Winterzauber in<br />
Görlitz<br />
Vorkriegszeiten –<br />
doch so ruhig, dass man den frischen<br />
Schnee unter den Fußsohlen knirschen<br />
hörte. Was man jetzt in den Marktbuden<br />
Kanonendenkmal Demianiplatz um 1938<br />
vor der Post oder auf dem Untermarkt<br />
fast als exotisch empfindet, einheimisches<br />
Pfefferkuchengebäck, handgezogene<br />
Kerzen und Holzspielzeug aus hiesigen<br />
Werkstätten, war vor den Kriegen<br />
(und erst recht danach) das Übliche.<br />
Man nahm das Geläut der Kirchenglocken<br />
wahr und vernahm sogar die Texte<br />
vorweihnachtlicher Lieder der kleinen<br />
Kurrende-Sänger. Weihnachtskarten mit<br />
handgeschriebenen Grüßen warfen die<br />
Kinder in die Postbriefkästen, die es<br />
fast an jeder Straßenecke gab, auch am<br />
Aktionstag 5. Dez. <strong>2009</strong><br />
8<br />
Titel |
Winterliches<br />
vor 1914 und vor 1939<br />
Görlitz<br />
Untermarkt um 1938 mit dem Straßenbahngleis rund um die Zeile<br />
Bahnpostamt oder auf dem Postplatz;<br />
sie gingen an Tanten und Großeltern in<br />
den Nachbarorten oder in ferne Garnisonstädte.<br />
Ansichtskarten, Meisterfotografien<br />
oder unbeholfene Schnappschüsse<br />
überlieferten die Stimmung den<br />
Heutigen. Den Zauber abendlicher Spaziergänge<br />
mit den Klassenkameraden<br />
durch den verschneiten Schellergrund<br />
oder über die rutschigen Treppen und<br />
Wege hinauf zur Landeskrone bewahrte<br />
man lange im Gedächtnis. An den Weihnachtsfeiertagen<br />
lockte es die Familien<br />
und die Einsamen 1913 zur stillen Augustastraße<br />
oder 1938 zu den Neubauten<br />
an der Büchtemannstraße, wo hinter<br />
den Fensterscheiben noch einmal<br />
die brennenden Baumkerzen erstrahlten<br />
Aktionstag 6. Dez. <strong>2009</strong><br />
Titel |<br />
9
Winterliches<br />
Görlitzer Winterzauber in<br />
Görlitz<br />
Vorkriegszeiten –<br />
Winterabend am Portikus zwischen Schützenstraße und Schützenweg um 1938<br />
und ungetrübtes Familienglück zu vermuten<br />
war.<br />
Der richtige kalte Winter kam oft erst<br />
kurz vor oder nach Silvester. Es schneite<br />
mitunter tagelang, und es war auch weit<br />
kälter als heute. Gehwege und Straßen<br />
mußten von den Anwohnern beräumt<br />
werden. Hohe Schneehaufen zogen sich<br />
zwischen freigehaltener Abflußrinne<br />
und Straßenmitte an den Häuserfluchten<br />
entlang. Den Schnee der Hauptstraßen<br />
ließ die Stadt mit Pferdefuhrwerken<br />
zur Eiswiese an der Straße nach Biesnitz<br />
bringen und dort zum Abtauen abladen.<br />
Nun zog es die Schlittenfahrer zum<br />
Blockhaus und zum Weinberghaus zu<br />
den sanften Hängen oder zur Lutherkirche<br />
mit dem steilen Abhang, die Kühnen<br />
Aktionstag 7. Dez. <strong>2009</strong><br />
10<br />
Titel |
Winterliches<br />
vor 1914 und vor 1939<br />
Görlitz<br />
teich an der Ruhmeshalle oder auf der<br />
Eisbahn am Lindenweg. Zu einem Glas<br />
Punsch oder Grog kehrten die Erwachsenen<br />
im Weinberghaus ein. Die Kleinen<br />
mir ihren klammen Fingern und rotgefrorenen<br />
Näschen trieb es nach Hause,<br />
wo man den Rücken an den warmen Kachelofen<br />
lehnte und dabei die restlichen<br />
Rundblick von der Landeskrone 1938<br />
aber zur Landeskrone mit der 1910 eingeweihten<br />
Rodelbahn. Die Schlittschuhläufer<br />
traf man auf dem Ausstellungs-<br />
Pfefferkuchen vom Weihnachtsteller unterm<br />
Weihnachtsbaum verdrücken durfte.<br />
Junge Paare schlenderten 1913 in<br />
die Varietés (Reichshof Berliner Straße,<br />
Wilhelmstheater hinter dem Warenhaus,<br />
Aktionstag 8. Dez. <strong>2009</strong><br />
Titel |<br />
11
Winterliches<br />
Görlitzer Winterzauber in<br />
Görlitz<br />
Vorkriegszeiten –<br />
Weihnachtsbaum auf dem Postplatz um 1936<br />
Europäischer Hof an der Ecke<br />
Jakobstraße/Bahnhofstraße)<br />
und 1938 in eines der sechs<br />
Kinos, wo in der Wochenschau<br />
über Winterfreuden in<br />
den Alpen berichtet wurde.<br />
Dennoch war in den Wintermonaten<br />
der Blick mehr nach<br />
innen gerichtet, auf die Familie,<br />
die Freunde und Schulkameraden.<br />
Man genoß die<br />
Geborgenheit in der Gemeinschaft.<br />
Die Kinder vergnügten<br />
sich mit Kaufmannsläden.<br />
Kasperletheater und Puppenstube,<br />
die Älteren blätterten<br />
in einem Heft mit Wintermoden<br />
oder lasen einen Roman<br />
von Ganghofer. Gern besuchte<br />
man ältere oder kränkliche<br />
Verwandte und Freundinnen.<br />
Die meisten Erinnerungen aus<br />
späteren Lebensjahrzehnten<br />
verblaßten früher oder später,<br />
aber den Winterzauber in der<br />
Heimat, vor allem in der Kindheit,<br />
trugen viele ihr Leben<br />
Aktionstag 9. Dez. <strong>2009</strong><br />
12<br />
Titel |
Winterliches<br />
vor 1914 und vor 1939<br />
Görlitz<br />
lang als kostbaren Schatz im<br />
Herzen, gerade auch in den<br />
schweren Zeiten, die darauf<br />
folgten, die zwei Weltkriege<br />
und die Notjahre nach 1918<br />
und 1945. Ob die Reizüberflutung<br />
durch Fernsehen und<br />
Internet und die kulturelle<br />
Verflachung durch die ideologischen<br />
Globalisierer das tiefe<br />
Erlebnis winterlicher Ruhe<br />
und weihnachtlicher Freude<br />
für die nächsten Generationen<br />
beschädigen oder gar zerstören<br />
können? Solange es noch<br />
Familien gibt, liegt es an ihnen,<br />
den Kindern Augen und<br />
Herzen für den Winterzauber<br />
zu öffnen. Denn wir Älteren<br />
werden vor allem unseren Eltern<br />
gerade dafür bis zuletzt<br />
dankbar bleiben.<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
Weihnachtsbaum im Warenhaus Karstadt um 1938<br />
Aktionstag 10. Dez. <strong>2009</strong><br />
Titel |<br />
13
Wunschzettel<br />
Überraschungen zum Advent –<br />
In Görlitz gekaufter Adventskalender um 1938<br />
Sogar die Generation der heute 90jährigen<br />
erinnert sich schon an die Adventskalender<br />
ihrer Kinderzeit. Schon aus der<br />
Mitte des 19. Jahrhunderts sind selbstgebastelte<br />
Kalender überliefert. Gemeint<br />
ist allerdings kein Tageskalender, der<br />
mit dem 1. Advent beginnt und mit dem<br />
4. endet. Gebräuchlich ist seit längerem<br />
die Zählung vom 1. bis zum 24. <strong>Dezember</strong>.<br />
Die Formen waren anfangs einfach.<br />
Man versah eine Tür mit 24 Kreidestrichen<br />
und ließ die Kinder jeden Tag einen<br />
der Striche wegwischen, bis der mit<br />
viel Vorfreude erwartete Heiligabend<br />
gekommen war. Anderenorts kam jeden<br />
Tag ein weiterer Strohhalm in eine Krippe,<br />
bis 24 beisammen waren. Immer war<br />
das eng mit der christlichen Weihnachtstradition<br />
verknüpft. Was wir heute unter<br />
dem Adventskalender verstehen, ist<br />
seit etwa 100 Jahren eine Pappscheibe<br />
in handlichem Format, auf die in Farbe<br />
ein weihnachtliches Motiv gedruckt ist:<br />
Christkindel, Knecht Ruprecht und muntere<br />
Engelchen bevölkern Landschaften,<br />
dörfliche oder städtische Winkel und<br />
anheimelnde Innenräume. An 24 Stellen<br />
ließen sich kleine Türchen aus der<br />
glatten Pappe hochklappen und gaben<br />
darunter eine ebenfalls mit einem Bildmotiv<br />
bedruckte Papierfläche frei. Hielt<br />
man diese gegen das Licht, sah man ir-<br />
Aktionstag 11. Dez. <strong>2009</strong><br />
14<br />
Geschichte |
Wunschzettel<br />
früher und diesmal<br />
Bonifatiuspreis (Mitte) für den Görlitzer Adventskalender<br />
gendeinen bei Kindern beliebten Gegenstand:<br />
Puppen, Teddybären, Trommeln,<br />
Bälle oder Tuten. Deshalb hängte man<br />
die Pappen gewöhnlich vor eine Fensterscheibe,<br />
damit die kleinen Entdecker<br />
gleich sehen konnten, was sich hinter<br />
dem Türchen verborgen hatte. Immer<br />
mehr verbanden sich die überlieferten<br />
christlichen Inhalte mit sehr weltlichem<br />
Treiben: Weihnachtsmärkten, Spielzeugläden<br />
oder verschneiten Dörfchen. Das<br />
Türchen mit der “24” war gewöhnlich<br />
größer und enthielt eine Krippendarstellung<br />
oder einen Weihnachtsbaum mit<br />
brennenden Kerzen. Früher erfreuten<br />
sich die Kinder einfach an den Bildchen<br />
und zählten jedesmal neu die bis zum<br />
Fest verbliebenen Tage. Seit einigen<br />
Jahrzehnten sind die meisten Kalender<br />
dreidimensional und enthalten Schoko-<br />
Aktionstag 12. Dez. <strong>2009</strong><br />
Geschichte |<br />
15
Wunschzettel<br />
Überraschungen zum Advent –<br />
ladenfigürchen oder andere Leckereien.<br />
In anderen Familien werden 24 kleine<br />
Beutelchen mit den Zahlen 1 bis 24<br />
versehen, mit kleinen Überraschungen<br />
gefüllt und an der Kinderzimmerwand<br />
oder an einem tannenbaumähnlichen<br />
Drahtgestell befestigt. Fremdländische<br />
Symbolik verdrängt zunehmend die traditionelle<br />
deutsche, ähnlich wie im CD-<br />
Angebot weihnachtlicher Musik.<br />
Seit 8 Jahren haben wir, getragen durch<br />
eine katholische Vorbereitungsgruppe<br />
und den Aktionskreis für Görlitz, einen<br />
lebendigen Görlitzer Adventskalender.<br />
Geheimnisvolle Gebäude tragen schon<br />
vorher Tafeln mit dem jeweiligen Datum<br />
und machen neugierig. Die Gestalter<br />
der einzelnen “Kalendertürchen” geben<br />
sich immer viel Mühe, ihr Haus und<br />
ihr Anliegen vorzustellen. Es sind Kirchgemeinden,<br />
Schulen und Kindergärten,<br />
Museen, Gaststätten, Vereine oder auch<br />
einzelne Hauseigentümer. Jedesmal<br />
werden etwa 300 Besucher täglich gezählt.<br />
Zu Örtlichkeiten in Görlitz gesellen<br />
sich auch interessante Ziele jenseits der<br />
Neiße. Bei einer bundesweiten Wertung<br />
ähnlicher Vorhaben kam der “Görlitzer<br />
Adventskalender” auf Platz 1 und erhielt<br />
den Bonifatiuspreis.<br />
Der StadtBILD-Verlag hat sich in diesem<br />
Jahr zusammen mit den Görlitzer Innenstadthändlern<br />
etwas ganz Besonderes<br />
ausgedacht: den Görlitzer Weihnachtskalender<br />
<strong>2009</strong>. Das Frontmotiv ziert die<br />
Muschelminna im Winter, umgeben von<br />
24 Türchen. 10 000 Kalender wurden<br />
gedruckt, und leider passierte ein bedauerlicher<br />
Fehler in der Druckerei, die<br />
gesamte Auflage war nicht verwertbar,<br />
da sich die Kalender so stark wellten,<br />
dass sie kaum aufhängbar gewesen wären,<br />
und das eine Woche vor dem 1. Advent.<br />
Doch statt die Aktion nun abzublasen,<br />
haben wir aus dem Weihnachtskalender<br />
kurzerhand den „Görlitzer Weihnachtswunschzettel“<br />
enwickelt. In dessen Innenteil<br />
finden Sie 24 Aktionen des Görlitzer<br />
Handels und der Gastronomie für<br />
die besagten ersten 24 Tage des <strong>Dezember</strong>s.<br />
Aktionstag 13. Dez. <strong>2009</strong><br />
16<br />
Geschichte |
Wunschzettel<br />
früher und diesmal<br />
Sie brauchen nur die Coupons<br />
auszuschneiden und<br />
im Handel und der Gastronomie<br />
einzulösen, oder Sie<br />
zeigen einfach Ihr <strong>Dezember</strong>-StadtBILD<br />
vor, denn<br />
auch hier sind alle 24 Aktionen<br />
unten abgebildet.<br />
Und Sie können uns natürlich<br />
auch über Ihre Erfahrungen<br />
mit dieser Aktion<br />
schreiben.<br />
In diesem Sinne wünschen<br />
wir allen Lesern und Testern<br />
der Aktion frohe Weihnachten<br />
und ein erfolgreiches<br />
Jahr 2010 getreu dem<br />
Motto, wenn schon ESSEN,<br />
dann in Görlitz.<br />
Görlitzer Weihnachtswunschzettel<br />
<strong>2009</strong><br />
Aktionstag 14. Dez. <strong>2009</strong><br />
Geschichte |<br />
17
20<br />
Wie der<br />
Jahre<br />
„Aktionskreis<br />
Aktionskreis<br />
für Görlitz“ entstand –<br />
In der Endphase der DDR gab es nicht<br />
nur die Ausreisewilligen mit dem weißen<br />
Flatterband an der Autoantenne und<br />
dem Sprechchor “Wir wollen raus!”. Weit<br />
größer war der Anteil jener, die bei allem<br />
kritischen Abstand zur Obrigkeit betonten:<br />
“Wir bleiben hier!” Einige Zeit bevor<br />
die Treuhand mit ihren Abwicklern, die<br />
Schlangen in den Arbeitsämtern, die Videotheken<br />
mit den US-Horrorfilmen, die<br />
“Beitritts”-Unterhändler und die Leihbeamten<br />
auftauchten, machten sich Leute<br />
von hier Gedanken über unseren eigenen<br />
weiteren Weg. Aus der hiesigen Bevölkerung<br />
heraus entstanden das “Neue<br />
Forum” und dann auch der “Aktionskreis”.<br />
Das waren erfahrene und angesehene<br />
Männer und Frauen aus unterschiedlichen<br />
Lebensbereichen, darunter<br />
hochrangige Vertreter der beiden großen<br />
Kirchen. Mediziner und Industriekapitäne,<br />
Architekten und Künstler, Lehrer<br />
und Kommunalpolitiker, unter ihnen vier<br />
Ehrenbürger der Stadt. Sie verständigten<br />
sich über die anstehenden Probleme<br />
und suchten gemeinsam nach Lösungen.<br />
Generalvikar Peter C. Birkner<br />
Prälat Peter C. Birkner als einer der Initiatoren<br />
erinnert sich, “daß sich bereits im<br />
Oktober 1989 (also vor dem Mauerfall)<br />
im “Neuen Forum” eine kleine Gruppe<br />
zusammengetan hatte, die gegen den<br />
weiteren Abriß von Bausubstanz in der<br />
Altstadt von Görlitz (Heilig-Grab-Straße<br />
Aktionstag 15. Dez. <strong>2009</strong><br />
18<br />
Jubiläum |
Zum 20. Jubiläum<br />
20. Jubiläum<br />
u.ä.) kämpfen wollte. Sofort nach dem<br />
9. November wurden weitere Mitstreiter<br />
gewonnen, die sich unter der vorläufigen<br />
Benennung “Bürgerinitiative zur Rettung<br />
der Stadt Görlitz” zu einer selbstständigen<br />
Gruppe zusammenschlossen<br />
und vom 4.12.1989 an als “Aktionskreis<br />
zur Rettung der Stadt Görlitz” tätig wurden.<br />
Dieser Kreis traf sich wöchentlich<br />
oder vierzehntägig zu Besprechungen,<br />
meistens im kleinen Sitzungssaal des<br />
Rathauses. Bald gab es mehr und mehr<br />
Aktionstag 16. Dez. <strong>2009</strong><br />
Jubiläum | 19
20<br />
Wie der<br />
Jahre<br />
„Aktionskreis<br />
Aktionskreis<br />
für Görlitz“ entstand –<br />
Bischof Bernhard Huhn<br />
Interessierte in und außerhalb von Görlitz,<br />
die die Arbeit des Aktionskreises unterstützten,<br />
so daß eine offizielle Gründung<br />
als öffentliches Gremium in einer<br />
Zusammenkunft am 2. Januar 1990 erfolgte.”<br />
Am 17. Oktober 1990 wurde daraus<br />
ein Verein, der 1994 seinen heutigen<br />
Namen “Aktionskreis für Görlitz”<br />
wählte. Ende 1990 zählte man 139 Mitglieder,<br />
darunter 52 aus den alten Bundesländern.<br />
Am 16. <strong>Dezember</strong> 1989 veröffentlichte<br />
die “Sächsische Zeitung” einen Brief<br />
des Aktionskreises an den damaligen<br />
DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow.<br />
Darin hieß es: “Wir haben in unserer<br />
Stadt eine einmalige Bausubstanz<br />
von internationalem Kulturwert;<br />
eine leistungsstarke Industrie im Waggon-<br />
und Maschinenbau, Optik-, Textil-<br />
und Leichtindustrie sowie das wichtige<br />
Energiezentrum Hagenwerder im<br />
Kreisgebiet; Bischofssitze der evangelischen<br />
und katholischen Kirche mit großem<br />
Engagement für ihre Kirchengebiete<br />
und unsere Stadt, insbesondere<br />
auch die Pflege wertvoller sakraler und<br />
sonstiger kirchlicher Bauten; Traditionen<br />
in Wissenschaft, Kunst und Kultur,<br />
die trotz zunehmender Schwierigkeiten<br />
von engagierten Görlitzern bis heute erhalten<br />
wurden; einen starken Willen der<br />
Görlitzer Bevölkerung, ihre Heimatstadt<br />
wieder zu einer schönen Stadt zu entwi-<br />
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20<br />
Jubiläum |
Zum 20. Jubiläum<br />
20. Jubiläum<br />
Bischof Prof. Dr. Dr. Joachim Rogge (rechts) und Superintendent Peter Lobers<br />
ckeln, in der man gern lebt und deren<br />
Infrastruktur funktioniert. Wir wollen<br />
für unsere Stadt Erhaltung der Alt- und<br />
Innenstadt zur Verbesserung der allseitigen<br />
gesellschaftlichen Versorgung;<br />
Bedingungen zur schnellen Vorwärtsentwicklung<br />
unserer industriellen Bereiche<br />
und des Handwerks; saubere Umwelt<br />
und Eindämmung der Belastungen, die<br />
durch den Verkehr (besonders Transit)<br />
und Industriebetriebe, vor allem durch<br />
die Kraftwerke Hagenwerder, entstehen;<br />
Entwicklung zur Kongreß- und Konferenzstadt;<br />
schnelle Ankurbulung des<br />
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Jubiläum |<br />
21
20<br />
Wie der<br />
Jahre<br />
„Aktionskreis<br />
Aktionskreis<br />
für Görlitz“ entstand –<br />
Bibliothekarin Annerose Klammt<br />
Tourismus, um dadurch Strucktur und<br />
Infrastruktur unserer Stadt weiterentwickeln<br />
zu können; Nutzung der Grenzsituation<br />
für völkerverbindende Aktivitäten<br />
zu Polen und zur Tschechoslowakei:<br />
Bildung eines Fonds mit regionaler, nationaler<br />
und internationaler Beteiligung<br />
Museumsdirektor Prof. Dr. Lemper<br />
zur Rettung der Stadt Görlitz.” Unterschrieben<br />
hatten den Brief Vertreter der<br />
katholischen Kirche (Bischof Huhn, Generalvikar<br />
Birkner, Pfarrer Gerlach), der<br />
evangelischen Kirche (Bischof Prof. Dr.<br />
Dr. Rogge, Superintendent Lobers), Ärzte<br />
(Dr. Klammt, Dr. Zenker), Handwerks-<br />
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22<br />
Jubiläum |
Zum 20. Jubiläum<br />
20. Jubiläum<br />
Heiderose Tschanter, Schatzmeisterin des Vereins<br />
Architekt Günter Richter<br />
meister (Petermann, Stiesch), Architekten<br />
(Richter, Wirth), Betriebsdirektoren<br />
(Franzke für die Kraftwerke Hagenwerder,<br />
Dähnert für das Braunkohlenwerk<br />
Berzdorf), Kulturschaffende (Museumsdirektor<br />
Prof. Dr. Lemper, Tierparkdirektor<br />
Gebauer, Ensembleleiter Mesewinkel,<br />
Bibliothekarin Klammt, Maler Hain,<br />
Kogel als Leiter von Görlitzinformation,<br />
Schuldirektor Schröder).<br />
In der Folgezeit gelang es dem Aktionskreis,<br />
Anstöße und mit seinen stabilen Finanzen<br />
aus Spendenmitteln (1990 waren<br />
es 74000 DM) Unterstützung zu geben.<br />
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Jubiläum |<br />
23
20<br />
Wie der<br />
Jahre<br />
„Aktionskreis<br />
Aktionskreis<br />
für Görlitz“ entstand –<br />
Kirchenbaurat Johannes Swoboda<br />
Kunstmaler Günter Hain<br />
Der erste Vorsitzende war Dr. med. Klaus<br />
Zenker. Ihm zur Seite standen die Mitunterzeichner<br />
des Gründungsprotokolls Prälat<br />
Birkner, Architekt Richter, Kirchenbaurat<br />
Swoboda, Handwerksmeister Kreutziger,<br />
Betriebsdirektor Franzke, Frau Tschanter<br />
als Schatzmeisterin sowie die Herren Mesewinkel<br />
und Kogel. Mit gefördert wurden<br />
der Neuguß der “Muschelminna” auf dem<br />
Postplatz und das seit 1996 alljährlich begangene<br />
Muschelminnafest, die Nachtführungen<br />
zu Stätten Görlitzer Sagen und<br />
die Jacob-Böhme-Rundgänge, der Blumenkästen-Wettbewerb<br />
“Görlitz soll blü-<br />
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24<br />
Jubiläum |
Zum 20. Jubiläum<br />
20. Jubiläum<br />
Dr. Klaus Zenker<br />
Handwerksmeister Ernst Kreutziger<br />
hen”. Viele dieser Aktivitäten haben längst<br />
einen festen Platz im Alltag der Stadt,<br />
wenn auch knapper gewordene Finanzen<br />
Grenzen gesetzt haben. Der Aktionskreis<br />
für Görlitz wurde zu einem Motor für bürgerschaftliches<br />
Mittun, wenn sich auch<br />
die Reihen der Gründergeneration gelichtet<br />
haben und junge Zugänge selten sind.<br />
Zwanzig Jahre nach der Gründung gilt es<br />
Dank zu sagen für den Beweis der Kraft<br />
der Görlitzer zur Selbsthilfe – gestern,<br />
heute und gewiß auch morgen.<br />
Dr. Ernst Kretzschmar<br />
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Jubiläum |<br />
25
Pechbrennerei in der Schlesischen Oberlausitz –<br />
Befährt man die Straße zwischen Rothenburg<br />
und Krauschwitz, so stößt man<br />
inmitten der Niederschlesischen Heide<br />
auf ein Ortsschild mit dem Namen Pechern.<br />
Dieser Name weist auf ein Handwerk<br />
hin, das diesem Ort und seinen<br />
Menschen in der Vergangenheit ein Zubrot<br />
brachte – die Pechbrennerei. Pech<br />
und Teer waren und sind gefragte Produkte.<br />
Für die Pechbrennerei war der<br />
riesige Waldbestand der niederschlesischen<br />
Heide der beste Standort.<br />
Pech war der Vorläufer für die Bezeichnung<br />
Teer. Im 17. Jahrhundert wurden<br />
beide Bezeichnungen gleichwertig gebraucht,<br />
sowohl für das dickflüssige Pech<br />
als auch für den dünnflüssigeren Teer.<br />
Das Schwarzpech wurde allgemein als<br />
Fasspech, Schiffspech und Schusterpech<br />
benutzt. Es diente auch als Zusatz bei<br />
der Herstellung von Siegellack, und in<br />
Gestalt der Pechfackel nutzte man es zu<br />
Beleuchtungszwecken. Für die Fuhrleute<br />
war es als Wagenschmiere ein ständiger<br />
Begleiter. Als Nebenprodukt der Pechbrennerei<br />
fiel Holzkohle an, die von den<br />
örtlichen Schmieden dringend gebraucht<br />
wurde. Die vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten<br />
erklären auch die Bedeutung<br />
des Gewerbes der Pechbrennerei<br />
zur damaligen Zeit. Die Teerschwelerei<br />
erfolgte in Erdgruben, die Pecherzeugung<br />
in Pechöfen. So unterschied sich<br />
die Pecherzeugung in der typischen<br />
Pechofensiedlung, wie Pechern eine war,<br />
von der sorbischtypischen Teerschwelerei.<br />
Görlitz kaufte bereits 1458 vier Schock<br />
Pech von Pechern zu Verteidigungszwecken<br />
von Pechern. Erstmals wurde der<br />
Name Pechern urkundlich 1427 und der<br />
Familienname Pechmann um 1400 erwähnt.<br />
Pech und Teer wurden entweder durch<br />
Verkochen von Baumharz oder durch<br />
trockene Destillation kienreichen Holzes<br />
erzeugt. In späterer Zeit waren die überirdischen<br />
Teeröfen gegenüber den Erdgruben<br />
ein technischer Fortschritt. Ein<br />
solcher Teerofen verbrauchte jährlich<br />
etwa 150 Klafter Holz. Anfangs wurde<br />
die Pechbrennerei im Familienbetrieb,<br />
später in Genossenschaften betrieben.<br />
Alljährlich musste das Teergeld oder der<br />
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26<br />
Geschichte |
Pechbrennerei<br />
ein fast vergessenes Handwerk<br />
Görlitzer Heide um 1928<br />
Pechzins am Reminiszeresonntag (5.<br />
Sonntag vor Ostern oder 2. Sonntag in<br />
der Fastenzeit) an den Pechrichter gezahlt<br />
werden. Dieser Pechrichter sorgte<br />
für die Erhaltung und fachkundige Bedienung<br />
der Pechöfen.<br />
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Geschichte |<br />
27
Pechbrennerei in der Schlesischen Oberlausitz<br />
Neben Pechern bewirtschaftete auch<br />
Sagar einen Pechofen. Die Dörfer Podrosche,<br />
Werdeck und Kleinpriebus betrieben<br />
gemeinsam einen Pechofen.<br />
In Weißkeissel erfolgte nur zum Teil<br />
die Pechbrennerei genossenschaftlich.<br />
Weißwasser unterhielt zwei Pechöfen.<br />
1552 betrieben die Bewohner Muskaus<br />
sieben Pechöfen. Neben dem Pechzins<br />
musste Holzgeld gezahlt werden. Es betrug<br />
jährlich etwa 200 Taler.<br />
Bis zum Dreißigjährigen Krieg breitete<br />
sich die Pechbrennerei weit über Pechern<br />
hinaus aus. Während der wirtschaftlichen<br />
Rezession im 17. Jahrhundert kam<br />
dieses Gewerbe nahezu zum Erliegen.<br />
Erst im 18. Jahrhundert wurde Teer erneut<br />
zu einem sehr gefragten Produkt<br />
und erlebte sogar in der zweiten Hälfte<br />
des 19. Jahrhunderts einen kurzzeitigen<br />
konjunkturellen Aufschwung. So gab es<br />
1840 im Kreis Rothenburg wieder etwa<br />
20 Pechöfen. Danach entwickelte sich die<br />
Pechbrennerei unter neuen industriellen<br />
und marktwirtschaftlichen Bedingungen.<br />
Die zunehmende Braunkohlenförderung<br />
in der Schlesischen Oberlausitz löste mit<br />
Pech brauchten auch die Schuhmacher;<br />
Holzschnitt von Jost Ammann, 1568<br />
modernen Verarbeitungsmethoden der<br />
Braunkohlenprodukte zu Teer die Pechbrennerei<br />
ab.<br />
Dr. Jürgen Wenske<br />
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28<br />
Geschichte |
Es weihnachtet im Stadtmuseum<br />
Rothenburger Stadtmuseum<br />
Im Rothenburger Stadtmuseum wird<br />
nicht nur die Stadtgeschichte aufgearbeitet<br />
und bewahrt, sondern auch thematische<br />
Ausstellungen werden präsentiert.<br />
Künstler finden hier Möglichkeiten, einem<br />
interessierten Besucherkreis<br />
ihre Werke<br />
zu zeigen.<br />
Einen Steinwurf sind die<br />
Rothenburger Stadtkirche<br />
und das Museum<br />
voneinander getrennt.<br />
Was liegt daher näher,<br />
als in der Adventszeit<br />
die Krippensammlung<br />
von Frau Pfarrerin<br />
Lampe im Museum und<br />
diesmal nicht in der Kirche<br />
auszustellen?<br />
Ab dem ersten Advent<br />
können Besucher diese<br />
Sammlung betrachten<br />
und sich auf das Weihnachtsfest<br />
einstimmen.<br />
Was Frau Lampe bewegt<br />
hat, Weihnachtskrippen<br />
zu sammeln, und was es zu sehen gibt,<br />
schildert sie am besten selber:<br />
„Vor elf Jahren hat mich die Sammelleidenschaft<br />
gepackt. Dreimal hatte ich mit<br />
einem Kollegen im Advent im Martinshof<br />
eine Krippenausstellung gemacht.<br />
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Geschichte |<br />
29
Es weihnachtet im Stadtmuseum –<br />
Wir wollten gerade alten Menschen und<br />
Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit<br />
geben zu schauen, zu staunen,<br />
zu berühren und sich zu freuen an der<br />
Weihnachtsgeschichte. Als mein Kollege<br />
wegzog, fehlten mir die meisten Exponate,<br />
und ich fing selbst an, Weihnachtskrippen<br />
zu sammeln. Die handwerklichen<br />
Fertigkeiten faszinieren mich und<br />
dass Menschen aus allen ihnen zur Verfügung<br />
stehenden Materialien und Techniken<br />
diese eine Geschichte darstellen.<br />
Sie versuchen zu begreifen, was ist das<br />
für ein Kind vor <strong>2009</strong> Jahren im Stall von<br />
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30<br />
Geschichte |
Es<br />
und Bilderbibel<br />
weihnachtet<br />
in der Kirche Rothenburg<br />
Bethlehem? Im Gestalten der Figuren,<br />
im Aufstellen der Krippen wird deutlich,<br />
dies ist nur mit dem Herzen zu begreifen:<br />
So ist Gott, er will mich anrühren<br />
und dann mitnehmen auf einen Weg<br />
des Friedens…<br />
Krippenausstellungen gibt es an vielen<br />
Orten, gibt es in der Rothenburger<br />
Ausstellung etwas Einmaliges zu sehen?<br />
Viele Krippen erzählen eine eigene Geschichte,<br />
z.B. der große Holzstern von<br />
einem 90-jährigen Schnitzer in Oberstdorf<br />
als seine letzte Arbeit gefertigt.<br />
Reliefartig sind die Hirten und Weisen<br />
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Geschichte | 31
Es weihnachtet im Stadtmuseum –<br />
auf dem Stern zu sehen, dem sie nach<br />
Bethlehem folgen. Einmalig ist der Paradiesgarten.<br />
Von einem Holzbildhauer im<br />
Erzgebirge geschnitzt. Dabei bildet eine<br />
große Weihnachtspyramide den Mittelpunkt<br />
in einem grünen Paradiesgarten.<br />
Drumherum ist ein Zaun. Ein Engel öffnet<br />
gerade das Tor, so wird der Weg frei<br />
zur Krippe. Im Garten finden sich Szenen,<br />
die noch immer Verheißung oder<br />
Vision sind. Die Propheten des Alten Testamentes<br />
künden davon: dass Schwerter<br />
zu Pflugscharen werden und so Friede<br />
wird. Selbst die Natur wird versöhnt:<br />
der Löwe wird lammfromm, und Bären<br />
weiden mit den Kühen. Kranke werden<br />
heil. Auch Adam und Eva haben ihren<br />
Platz im Garten wieder gefunden. Nun<br />
bebauen und bewahren sie, was ihnen<br />
anvertraut ist.<br />
Der Paradiesgarten knüpft an eine alte<br />
Tradition an, die im Erzgebirge gepflegt<br />
wird, ist aber eigenständig gestaltet.<br />
Wussten Sie, dass Bethlehem zu Deutsch<br />
„Haus des Brotes“ heißt? So gibt es natürlich<br />
auch eine gebackene Krippe. Eine<br />
andere ist in Bethlehem geschnitzt aus<br />
Olivenholz. Eine Krippe ist in der Keramikwerkstatt<br />
des Martinshofes entstanden,<br />
eine andere aus selbstgefertigten<br />
biegsamen Figuren. Es gibt Krippen aus<br />
Bleikristall, Ebenholz, Speckstein, Silber,<br />
Pappe, Ton, Nuss, Wachs…<br />
Mehr verraten wir nicht, die Besucher<br />
sollen sich überraschen lassen.<br />
Aber auch die Stadtkirche hat etwas<br />
Besonderes zu bieten: eine Bilderbibel.<br />
Das macht die Kirche ein bisschen bunter<br />
und lebendiger. Was wäre, wenn wir<br />
die Brüstung der Empore bemalten? Wie<br />
würde das aussehen, was würden die<br />
Leute sagen, wer würde mitmachen?<br />
Wer dann letztlich diese Idee aussprach,<br />
lässt sich nicht sagen.<br />
Seither ist viel Wasser die Neiße herunter<br />
geflossen. Die Kirche hat sich verändert:<br />
Äußerlich saniert, prägt sie freundlich<br />
das Stadtbild von Rothenburg. Auch<br />
innen waren die Maler am Werk. Bei einer<br />
großen Malaktion im Jahr 2008 sind<br />
53 Bilder zu biblischen Geschichten entstanden.<br />
Sie schmücken nun die umlaufende<br />
erste Empore. Über fünfzig Leute<br />
haben mitgemacht: Kinder, Konfirmanden,<br />
Familien, Erwachsene, Künstler<br />
und Menschen, die seit der Schule keinen<br />
Pinsel mehr in der Hand hatten. Das<br />
Material war vorgegeben, so passen<br />
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32<br />
Geschichte |
Es<br />
und Bilderbibel<br />
weihnachtet<br />
in der Kirche Rothenburg<br />
Stadtkirche Rothenburg nach der Neugestaltung<br />
die Bilder zueinander trotz der unterschiedlichen<br />
Malstile. Die Begeisterung<br />
war groß, bei den Künstlern und dann<br />
auch bei den Betrachtern. Was ist das<br />
für eine Geschichte, wer hat das Bild gemalt?<br />
Kirchenbesucher standen, schauten,<br />
staunten und redeten miteinander.<br />
Die Evangelische Kirche in Deutschland<br />
hat dieses Projekt ausgezeichnet mit<br />
dem Logo „Beispiel guter Praxis“.“<br />
Rothenburger Stadtmuseum<br />
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Geschichte |<br />
33
Die<br />
Ein Licht<br />
Christnachtfeier<br />
aus tausend Kerzen –<br />
„Das ewig Licht geht da herein, gibt<br />
der Welt ein’ neuen Schein;<br />
es leucht’ wohl mitten in der Nacht und<br />
uns des Lichtes Kinder macht.“<br />
Hunderte Kinderaugen werden am<br />
Nachmittag des 24. <strong>Dezember</strong> wieder<br />
leuchten, wenn zu diesem Liedvers die<br />
großen weißen Türen der Kirchensäle in<br />
Herrnhut, Kleinwelka und Niesky aufgehen<br />
und der Schein unzähliger Kerzen<br />
den weiten Raum ausfüllt. Männer<br />
und Frauen in festlicher Kleidung tragen<br />
brennende Kerzen in die Kirchensäle,<br />
gehen durch die Bankreihen und<br />
überreichen jedem erwartungsvollen<br />
Kind eine Kerze – in der abendlichen<br />
Christnachtfeier erhält dann jeder Erwachsene<br />
eine. In dem nur vom großen<br />
Adventsstern erleuchteten Saal breitet<br />
sich das Licht der Kerzen schnell aus,<br />
eine wohlige innere Wärme umfängt die<br />
versammelte Gemeinde. Das Licht ist in<br />
den Kirchensaal gekommen und hat ihn<br />
erhellt, Jesus Christus ist in das Leben<br />
der Menschen gekommen. Er will unser<br />
Leben hell machen.<br />
In jeder christlichen Gemeinde ist der<br />
24. <strong>Dezember</strong>, der Heilige Abend, ein<br />
ganz zentraler und wichtiger Tag. Auch<br />
in der Herrnhuter Brüdergemeine ist<br />
dieser Tag von Beginn an besonders gefeiert<br />
worden. Wir erinnern uns an diesem<br />
Tag an die Menschwerdung Gottes.<br />
Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist als<br />
Mensch in unsere Welt gekommen. Er<br />
kam uns Menschen ganz nah, er wurde<br />
uns Sündern ein Bruder.<br />
1732, zehn Jahre nach Gründung des<br />
Ortes Herrnhut, fand in der Brüdergemeine<br />
die erste Christnachtfeier statt.<br />
Nach einer Abendmahlzeit, so lesen wir<br />
in einem Tagebuch, „gingen wir aufm<br />
Saal und erquickten uns über der eingefallenen<br />
Christnacht mit Verschen aus<br />
den Liedern, welches bis Mitternacht<br />
dauerte“. Auch in den darauf folgenden<br />
Jahren begann die Christnachtfeier spät<br />
abends, gegen zehn oder elf Uhr, und<br />
dauerte bis zu fünf Stunden. Zentraler<br />
Bestandteil dieser Feiern waren immer<br />
selbst gedichtete „Versel“ (Liedverse),<br />
die in Erinnerung an die Geburt Christi<br />
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34<br />
Geschichte |
Die Christnachtfeier der Brüdergemeine<br />
Maria mit dem Kinde; von Albrecht Dürer<br />
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Geschichte |<br />
35
Die<br />
Ein Licht<br />
Christnachtfeier<br />
aus tausend Kerzen –<br />
gesungen und teilweise auch aufgesagt<br />
wurden.<br />
Für 1742 ist in Herrnhut bereits eine<br />
eigene Kinderchristnacht nachgewiesen.<br />
Im Tagebuch der Gemeinde lesen<br />
wir: „Abends von 7 bis 9 Uhr hatte das<br />
gesamte Kinderchor (alle Kinder) eine<br />
Gelegenheit auf dem Saal. Dann wurde<br />
den Kindern die Geburt und der Geburtstag<br />
des l(ieben) Heil(ands) zu Gemüte<br />
geführt und die hierauf in großer<br />
Zahl von den Kindern selbst verfertigten<br />
Lieder und Versgen abgelesen.“ Später<br />
wurden in diesen Kinderfeiern auch Tee<br />
und Stollen ausgeteilt. Die Tradition des<br />
Verse-Aufsagens blieb übrigens bis in<br />
die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
in Herrnhut lebendig.<br />
Die brennenden Kerzen kamen ab 1747<br />
in die Kinderchristnacht. Mit der Ausbreitung<br />
der Brüdergemeine über Herrnhut<br />
und die Oberlausitz hinaus fanden<br />
auch die besonderen Versammlungen<br />
der Herrnhuter an vielen Orten Europas<br />
Eingang und wurden dort weiterentwickelt.<br />
So entstand Weihnachten 1747<br />
auf Schloss Marienborn (Oberhessen)<br />
eine „Lichtefeier“, deren Idee später in<br />
die Christnachtfeier integriert wurde.<br />
Nach einer Ansprache an die Kinder, in<br />
der ihnen vergegenwärtig wurde, „was<br />
für unaussprechliche Seligkeiten aus<br />
der Geburt des Heilands auf uns kommen“,<br />
wurden leuchtende Kerzen ausgeteilt:<br />
„Zu einer eindrücklichen Erinnerung<br />
hieran sollte jetzt ein jedes Kind<br />
ein brennend Lichtgen mit einem roten<br />
Bändchen bekommen. Das geschah und<br />
erregte bei Großen und Kleinen selige<br />
Kinderfreude.“ Bereits ein Jahr später,<br />
zu Weihnachten 1748, bekamen auch in<br />
Herrnhut die Kinder in der Christnachtfeier<br />
eine brennende Kerze überreicht.<br />
Aus dem zitierten „roten Bändchen“ ist<br />
im Laufe der Jahre eine grüne Papiermanschette<br />
geworden – zumindest in<br />
Herrnhut. In einigen anderen Brüdergemeinen,<br />
zum Beispiel in Bethlehem,<br />
Pennsylvania (USA), sind sie bis heute<br />
rot. Im Gegensatz zur roten Farbe,<br />
die das Blut Jesu Christi symbolisieren<br />
soll, steht das Herrnhuter Grün für das<br />
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36<br />
Geschichte |
Die Christnachtfeier der Brüdergemeine<br />
neue Leben, das am 24. <strong>Dezember</strong> beginnt.<br />
Aber noch einen anderen, sehr irdischen<br />
und praktischen Zweck hat die<br />
grüne Papiermanschette: Sie fängt heruntertropfendes<br />
Wachs auf, wenn unruhige<br />
Kinderhände die schlanken, weißen<br />
Kerzen erwartungsvoll umfassen.<br />
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass<br />
ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging,<br />
dass alle Welt geschätzt würde.“<br />
Mit diesen Worten beginnt die klassische<br />
Weihnachtsgeschichte des Evangelisten<br />
Lukas (Lukas 2, 1-21). Die Geschichte<br />
von der Geburt Jesu Christi ist Kern jeder<br />
Christnachtfeier in der Brüdergemeine.<br />
In der Kinderchristnacht werden die<br />
Kinder direkt angesprochen. Durch Singen,<br />
Flötenspiel und die Weihnachtsgeschichte<br />
– meist durch ein Krippenspiel<br />
vorgetragen – werden die Kinder selbst<br />
an dieser Feier beteiligt. In der Großen<br />
Christnacht am Abend steht dann die<br />
Anbetung Gottes im Mittelpunkt. Die Feier<br />
ist mit Gesang und Worten liturgisch<br />
gestaltet. Die versammelte Gemeinde<br />
antwortet in vielen Liedern auf die<br />
Menschwerdung Gottes und seine Heilstaten.<br />
Dem Staunen, der Anbetung wird<br />
Raum gegeben, „weil das Evangelium<br />
den Menschen die Sprache verschlägt.“<br />
Früher schwiegen in dieser Christnacht<br />
die menschlichen Worte, einzig fest formulierte<br />
liturgische Texte und Lieder<br />
wurden genutzt. Heute kommen zu den<br />
Christnachtfeiern der Brüdergemeine<br />
viele Gäste und Besucher, so dass eine<br />
kurze, missionarische Ansprache ihren<br />
festen Platz hat. Eine besondere musikalische<br />
Begleitung des Abends durch<br />
den Kirchenchor und einzelne Instrumente,<br />
wie zum Beispiel Flöten, Blechbläser,<br />
Streicher, unterstreicht den festlichen<br />
Charakter der Versammlung.<br />
Und natürlich die Kerzen. Sie sind für<br />
viele Besucherinnen und Besucher die<br />
Besonderheit einer Herrnhuter Christnachtfeier.<br />
Ihre schlichte Eleganz und<br />
ihre tiefgehende Symbolik berühren uns<br />
sehr – gerade in den Weihnachtstagen.<br />
Das helle Licht, das mit ihnen in den<br />
nur spärlich erleuchteten Kirchensaal<br />
kommt, gleicht dem Stern von Bethlehem,<br />
der die Weisen aus dem Morgenland<br />
zur Krippe führte. Die leuchtenden<br />
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Geschichte | 37
Die<br />
Ein Licht<br />
Christnachtfeier<br />
aus tausend Kerzen –<br />
Heilige Drei Könige; von Albrecht Dürer (Ausschnitt)<br />
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38<br />
Geschichte |
Die Christnachtfeier der Brüdergemeine<br />
Kerzen, die in unsere Säle kommen, symbolisieren,<br />
wie Christus als Licht in unsre<br />
finstre Welt gekommen ist – jeder im<br />
Saal erhält eine Kerze, zu jedem im Saal<br />
ist Christus gekommen. Wir empfangen<br />
die Kerzen, wir empfangen Christus.<br />
Und wir tragen mit diesen Kerzen Christus<br />
weiter. Nach der Christnacht ziehen<br />
in Herrnhut, Kleinwelka und Niesky Kinder<br />
und Erwachsene mit den brennenden<br />
Kerzen aus dem Kirchensaal hinaus<br />
auf die Straße und versuchen die Kerzen<br />
brennend nach Hause zu bringen. Die<br />
Flamme, die aus der Versammlung der<br />
Gemeinde um die Krippe von Bethlehem<br />
kommt, soll zuhause noch die Kerzen<br />
am Christbaum anzünden. Während<br />
die Menschen in die Dunkelheit hinausgehen,<br />
begleitet sie der Bläserchor mit<br />
frohen Weihnachtsliedern.<br />
Mit den brennenden Kerzen in ihren<br />
schützenden Händen werden die Menschen<br />
auf ihrem Heimweg erinnert, dass<br />
sie die Wärme und das Licht aus dem<br />
Stall von Bethlehem hinaus in die Welt<br />
tragen. Das Licht aus tausend Kerzen<br />
ergibt ein lebendiges Licht für Christus.<br />
In dieser Nacht, an jedem Tag.<br />
Thomas Przyluski<br />
Herzliche Einladung zu den Christnachtfeiern<br />
der Brüdergemeine am 24. <strong>Dezember</strong><br />
<strong>2009</strong><br />
Herrnhut<br />
Kirchensaal der Brüdergemeine<br />
Kinderchristnacht: 15:00Uhr<br />
Große Christnacht: 19:00 Uhr<br />
Kleinwelka (Bautzen)<br />
Kirchensaal der Brüdergemeine<br />
Kinderchristnacht: 15:30 Uhr<br />
Große Christnacht: 19:00 Uhr<br />
Niesky<br />
Kirche der Brüdergemeine<br />
Kinderchristnacht: 15:30 Uhr<br />
Große Christnacht: 19:00 Uhr<br />
In der Kinderchristnacht wird jeweils<br />
ein Krippenspiel aufgeführt.<br />
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Geschichte | 39
Spielzeugmuseum<br />
Horch, wer kommt von draußen rein?<br />
Nussknacker, Räuchermännchen und viele andere Figuren<br />
aus dem Erzgebirge sind in der Weihnachtsausstellung<br />
zu sehen.<br />
Das Spielzeugmuseum Görlitz widmet<br />
sich ab 29. November mit der neuen<br />
Sonderausstellung „Roter Mantel, Rauschebart“<br />
dem bärtigen Alten, der die<br />
Geschenke bringt. Und der ist, wie sollte<br />
es in diesem Museum anders sein, meist<br />
ganz aus Holz.<br />
Das ist wie ein Traum: Da steht nicht<br />
ein Weihnachtsmann, da stehen über<br />
150 Weihnachtsmänner, und (fast) alle<br />
haben sie einen Sack mit Geschenken<br />
auf dem Rücken. Glauben Sie nicht? Na,<br />
dann schauen Sie doch mal ins Spielzeugmuseum<br />
Görlitz!<br />
Hier stehen sie nämlich in Reih und Glied<br />
oder einfach bunt durcheinander: Die<br />
meisten sind aus Holz und aus dem Erzgebirge,<br />
aber es gibt auch welche aus<br />
Masse, aus Papiermaschee, aus Pappe<br />
geprägt oder auf Lametta- und Kerzenverpackungen<br />
verewigt, es gibt große<br />
und kleine, dicke und dünne, alte und<br />
junge, hübsche und, naja, sagen wir,<br />
gewöhnungsbedürftige. Ja, und es gibt<br />
sogar Frauen mit dicken Weihnachtszöpfen<br />
unter der roten Bommelmütze.<br />
Holzgestalter Björn Köhler aus Eppendorf<br />
kreierte sie und erhielt sogar einen<br />
Kunstpreis dafür. Seitdem vermehrt sich<br />
seine Schar an Weihnachtsmännern und<br />
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40<br />
Geschichte |
Spielzeugmuseum Görlitz<br />
Die originellen Weihnachtshühner stammen<br />
aus der Werkstatt von Torsten Martin,<br />
der Weihnachtsmann von Björn Köhler<br />
aus Eppendorf.<br />
-frauen jedes Jahr aufs Neue.<br />
Weihnachtselche und Rentiere<br />
gehören mittlerweile<br />
ebenso zum Repertoire des<br />
anerkannten Designers wie<br />
klitzekleine Weihnachtskinder,<br />
die aus der Tragetasche<br />
der Frauen hervorlugen.<br />
Doch damit nicht genug, was<br />
sich so alles unter dem roten Mantel verbirgt.<br />
Man glaubt es kaum, auch Hühner<br />
sind darunter. Das drollige Federvieh<br />
aus Holz stammt aus der Werkstatt von<br />
Torsten Martin, der übrigens<br />
auch in Eppendorf zu Hause<br />
ist. Und er erhielt für seine<br />
ausgefallene Hühnerschar<br />
2002 ebenfalls den Designpreis<br />
„Tradition & Form“.<br />
Im Mittelpunkt steht aber<br />
neben diesen künstlerischen<br />
„Ausrutschern“ immer<br />
noch der Mann. Und der hat<br />
auch im Spielzeugmuseum<br />
Dicke Zöpfe, Weihnachtsmütze - auch<br />
Frauen dürfen im Spielzeugmuseum ran.<br />
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Geschichte |<br />
41
Spielzeugmuseum<br />
Horch, wer kommt von draußen rein?<br />
schwer zu tun. Beispielsweise, wenn<br />
er eine Eisenbahn, ein Pferd, eine Kuh<br />
und diverse Geschenke im Schlepptau<br />
hat. Schwerstarbeit für den Alten. Aller-<br />
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42<br />
Geschichte |
Spielzeugmuseum Görlitz<br />
Einer der Kleinsten: Der bärtige Alte misst nur ganze drei<br />
Zentimeter und stammt aus Annaberg-Buchholz. (siehe<br />
Seite 42)<br />
dings nur auf der Spieldose. Und mit ein<br />
bisschen Glück dudelt diese auch noch<br />
die Melodie „Leise rieselt der Schnee“.<br />
Ein Weihnachtsmann kommt sogar per<br />
Flugzeug geflogen, andere bringen ihre<br />
Gaben mit Schiff, Eisenbahn oder Motorschlitten.<br />
Schließlich geht auch der<br />
Weihnachtsmann mit der Zeit.<br />
Einer hatte in schlechteren Zeiten sogar<br />
ein Fünf-Mark-Stück im Gepäck.<br />
Die Wanderer-Werke Chemnitz ließen<br />
für ihre Belegschaft 1936 bei der Firma<br />
Wendt & Kühn in Grünhainichen einen<br />
Weihnachtsmann fertigen. Der hatte<br />
eine kleine Spanschachtel im Arm,<br />
in der sich das Weihnachtsgeld befand.<br />
Bei Sammlern heutzutage eine gesuchte<br />
Rarität.<br />
Das sind auch die Miniaturen aus Seiffen,<br />
dem Spielzeugdorf des Erzgebirges.<br />
Findige Spielzeugmacher ließen<br />
den bärtigen Alten bereits um 1920 seine<br />
Geschenke per Auto ausfahren. Das<br />
Rentier war passé, auch wenn es das natürlich<br />
auch als klitzekleine Miniatur gab.<br />
Ein kleiner Weihnachtsmann ist sogar<br />
ausgebüxt und hat sich in der großen,<br />
rund vier Quadratmeter großen Schauanlage<br />
versteckt. Wer ihn aufspürt, für<br />
den gibt es sicherlich eine kleine Überraschung.<br />
Immerhin steht Weihnachten<br />
vor der Tür.<br />
Und so bietet die Sonderausstellung<br />
„Roter Mantel, Rauschebart“ einen vergnüglichen<br />
Ausflug in das Reich der<br />
Weihnacht, den man sich nicht entgehen<br />
lassen sollte.<br />
Thomas Fiedler<br />
Spielzeugmuseum Görlitz, Rothenburger<br />
Str. 7: geöffnet mittwochs, donnerstags<br />
und freitags 10 bis 12 und 14 bis<br />
16 Uhr, sonnabends und sonntags 14<br />
bis 17 Uhr (sowie nach Voranmeldung<br />
unter 03581/405870); Sonderausstellung<br />
„Roter Mantel, Rauschebart“ vom<br />
29. November bis 10. Januar 2010; täglich<br />
zur Ausstellung Bastelangebote (15<br />
Uhr); am 20. und 26. <strong>Dezember</strong>, 14 bis<br />
17 Uhr, „Hilfe, die Wichtel sind los!“, ein<br />
lustiges Suchspiel für Jung und Alt<br />
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Geschichte |<br />
43
Kleingärten inmitten grüner Parkanlagen –<br />
Dr. Moritz Schreber (1808-1861)<br />
Die Bezeichnung “Schrebergärten” war<br />
bis in unsere Zeit auch in Görlitz üblich.<br />
Dr. Schreber als Arzt setzte sich für die<br />
Volksgesundheit ein. Mit dieser zusätzlichen<br />
Aufgabe war er bestrebt, die gymnastische<br />
Erziehung, die Errichtung von<br />
öffentlichen Spielplätzen und die Kleingärten<br />
für die Familie zu unterstützen.<br />
Charakteristisch für diese Zeit war, durch<br />
die Bildung von Kleingärten auch das ins<br />
Leben gerufene Vereinsleben zu organisieren.<br />
Dazu gehörten die Erziehung von<br />
Kindern und Jugendlichen (”Schreberjugendpflege”),<br />
Spiele unter Anleitung<br />
auf der “Schreberwiese”, Milchkolonien,<br />
Weihnachtsbescherungen, Badegänge,<br />
Wanderungen, Märchen- und Lesestunden,<br />
Theaterspiel, Bastelstunden, musikalische<br />
Betätigungen. Vorträge über<br />
Erziehungs- und Bildungsfragen, gesunde<br />
Ernährung und Lebensweise, Gartenund<br />
Kinderfeste, Familienabende, Pflege<br />
der Geselligkeit und Wirken in “Subvereinen”<br />
(Gesangsverein, Skatklub, Theaterverein<br />
u.a.m.)<br />
Die Schrebergärten übten eine soziale<br />
Funktion aus. Sie öffneten sich gegenüber<br />
Interessenten. Bereits im letzten<br />
Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts schlossen<br />
sich die ersten Vereine zu einem<br />
Verband zusammen.<br />
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44<br />
Geschichte |
Kleingärten<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts in Görlitz<br />
Ansichtskarte vom Kleingartenfest in Leipzig<br />
Die Entwicklung der Kleingartenkolonie<br />
“Brose” 1913 - 1939<br />
Die Kolonie „Brose“ lag im Grunde hinter<br />
der Kreuzkirche zwischen Büchtemannstraße<br />
und Amselgrund, dort wo einst<br />
die Brosesche Ziegelei stand. Nicht nur<br />
die Südstadtbewohner, sondern wohl<br />
alle Görlitzer sind damals schon einmal<br />
in ihrer Nähe spazieren gegangen und<br />
haben sich über den Fleiß ihrer Bewoh-<br />
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Geschichte |<br />
45
Kleingärten inmitten grüner Parkanlagen –<br />
ner gefreut, die hier innerhalb von 15<br />
Jahren eine Einöde in fruchtbares Kulturland<br />
verwandelten. Vielleicht haben<br />
sie auch darüber nachgedacht, wie die<br />
Bog man unmittelbar von der Biesnitzer<br />
Straße nach dem Amselgrund mit seinen<br />
sauberen Ein- und Zweifamilienhäusern<br />
ab, so stand man am unteren Ende<br />
Kolonie aussehen würde, wenn ihrer Anlage<br />
eine großzügige Planung zugrunde<br />
gelegt worden wäre. Im Jahre 1925,<br />
als die 2,5 ha große Fläche für die Anlage<br />
von Kleingärten freigegeben wurde,<br />
stand auch Görlitz im Zeichen des<br />
schwersten wirtschaftlichen Niederganges,<br />
und es waren nicht die schlechtesten<br />
Mitbürger, die ihre Verbundenheit<br />
mit dem Boden dadurch zum Ausdruck<br />
brachten, daß sie Land kultivierten, Gärten<br />
anlegten und Gemüse und Blumen<br />
anbauten zu ihrer eigenen Erholung und<br />
zum Nutzen ihrer Familie.<br />
der Straße plötzlich vor einem Zaun, der<br />
die Welt (die dahinter lag) im wahrsten<br />
Sinne des Wortes mit Brettern vernagelte.<br />
Im Grunde sah man zwar unmittelbar<br />
neben dem alten Wassergraben ein<br />
grünendes Tal mit einem Durcheinander<br />
von Gärten, doch kein Weg führte von<br />
hier oben nach dort, und das Ganze war<br />
auch von der anderen Seite für den öffentlichen<br />
Verkehr nicht zugänglich. Der<br />
Gedanke, gerade an dieser Stelle die erste<br />
Mustergartenkolonie der Stadt Görlitz<br />
anzulegen, hatte also durchaus seine<br />
Berechtigung.<br />
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46<br />
Geschichte |
Kleingärten<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts in Görlitz<br />
So sollte die Musterkolonie Brose in Zukunft aussehen.<br />
Wenn diese Gärten aber Dauereinrichtungen<br />
werden sollten, dann war Voraussetzung<br />
dafür, daß sie in ihrer ganzen<br />
Anlage und Haltung so beschaffen<br />
waren, daß sie das Stadtbild verschönerten.<br />
Man mußte aber auch verstehen, daß<br />
die Stadt großen Wert darauf legte, gerade<br />
an den Stellen die Kleingärten in<br />
Ordnung zu bringen, die besonders im<br />
Mittelpunkt des Verkehrs lagen, denn<br />
auch die Kleingärten sind die Visitenkarten<br />
der Stadt.<br />
So hat man denn für die kommende<br />
Musterkolonie Brose einen Entwurf angefertigt,<br />
der die Kleingartenkolonie zu<br />
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Geschichte |<br />
47
Kleingärten inmitten grüner Parkanlagen –<br />
einem Teile des Parkes machen sollte.<br />
Einer der ältesten Kleingartenvereine<br />
der Stadt Görlitz entstand so in der Südstadt<br />
am Kreuzkirchenpark.<br />
2003 erschien vom Autor dieses Artikels<br />
eine umfassende Chronik zur Geschichte<br />
des Vereins von 1913 bis 2003.<br />
Die Henneberg - Kleingartenkolonie<br />
jenseits der Neiße verband die<br />
Trotzendorfstraße (Armii Krajowej) mit<br />
der Kleiststraße (Boh. II Armii Wojska<br />
Polskiego).<br />
Karl Gustav Henneberg wurde am 19.<br />
November 1847 in Pommerschwitz (Pomorzowice)<br />
geboren. Vom dritten bis 20.<br />
Lebensjahr wohnte er in Görlitz, besuchte<br />
hier das Gymnasium, wurde Kaufmann<br />
und lebte seit 1874 in Zürich, wo<br />
er sich als erfolgreicher Handelsmann<br />
selbstständig machte. In der Schweiz<br />
gelangte er zu hohem Ansehen, weil er<br />
die Seidenweberei mechanisierte. Henneberg<br />
behielt aber die deutsche Staatsbürgerschaft<br />
und bekannte stets seinen<br />
Görlitz-Bezug. Er starb am 15. <strong>Dezember</strong><br />
1918 und wurde wunschgemäß in<br />
Karl Gustav Henneberg<br />
Görlitz bestattet. Sein Grab bekam 1920<br />
seine heutige Gestaltung nach einem<br />
Entwurf des Berliner Architekten Franz<br />
Seeck. Für Görlitz hat Henneberg Bedeutung,<br />
denn er galt als großer Geld-<br />
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48<br />
Geschichte |
Kleingärten<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts in Görlitz<br />
1930 Gartenfest für die ganze Familie<br />
spender. Ohne diesen reichen Großkaufmann<br />
wäre der Bau der Ruhmeshalle<br />
nicht denkbar gewesen, auch widmete<br />
er der Stadt großzügige Schenkungen.<br />
Ob der vielen Spenden erwirkte der Görlitzer<br />
Magistrat die Verleihung des Titels<br />
“Königlicher Kommerzienrat” an Henneberg<br />
(19. Juni 1897).<br />
Testamentarisch hatte Henneberg eine<br />
Stiftung verfügt, aus der z.B. alle Konfir-<br />
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Geschichte |<br />
49
Kleingärten inmitten grüner Parkanlagen –<br />
Vater ist zurück aus der Kriegsgefangenschaft und wird von der Familie im Kleingarten mit Obsttorte begrüßt<br />
manden bis in die Jahre um 1930 je einen<br />
Obstbaum erhielten. 1924 entstand<br />
dafür in der Obstplantage zwischen Trotzendorf-<br />
und Hermsdorfer Straße ein Anzuchtgarten,<br />
der Hennebergs Namen erhielt.<br />
Südlich vom Henneberggarten kam<br />
um 1935 die Kolonie Henneberg dazu.<br />
Die Not der Bürger von Görlitz am Ende<br />
des 2. Weltkrieges in der Versorgung vor<br />
allem an Obst, Gemüse, Brot und Klein-<br />
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50<br />
Geschichte |
Kleingärten<br />
Anfang des 20. Jahrhunderts in Görlitz<br />
tierzucht war sehr groß. An<br />
diesen zwei Beispielen von<br />
Görlitz wird das Werden,<br />
Gedeihen und Bestehen<br />
zweier unterschiedlicher<br />
Kleingartenvereine bzw. Kolonien<br />
sichtbar. Diese veränderten<br />
das Stadtbild mit den<br />
Parkanlagen auf beiden Seiten<br />
der Neiße während der<br />
Gründung 1913 in der Südstadt<br />
und 1924 im Osten.<br />
Auszug „Schlesische Feuerversicherungs<br />
- Gesellschaft“<br />
gegr. 1848<br />
Görlitz, den 16. April 1941<br />
für den Kleingartenverein<br />
„Brose“.<br />
Damals gab es auch eine<br />
Versicherung der Schlesischen<br />
Feuerversicherungs-<br />
Gesellschaft mit Sitz in Breslau,<br />
der sich jeder Verein<br />
anschließen sollte.<br />
Hans - Dietrich Müller<br />
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Geschichte |<br />
51
Görlitzer<br />
Bilder vom Görlitzer Stadtverkehr –<br />
Wieder einmal<br />
neigt sich ein Jahr<br />
dem Ende zu. Die<br />
Frage, ob es denn<br />
das gebracht hat,<br />
was man von ihm<br />
erwartet hat, wird<br />
jeder für sich individuell<br />
beantworten<br />
müssen<br />
und die Antworten<br />
werden naturgemäß<br />
auch sehr<br />
unterschiedlich<br />
ausfallen. Die Zeit<br />
des Jahreswechsels<br />
ist traditionsgemäß<br />
auch eine<br />
TW. 10 II und BW. 66 vor der Bahnhofsmission, Sattigstraße<br />
Zeit des Verweilens. Man verinnerlicht, schaften bis in die Innenstädte hinein<br />
wie die süßen Düfte in geheizten Stuben verschneit sind. Besonders diese Jahreszeit<br />
erlebe ich seit frühester Kindheit<br />
eine Atmosphäre der Nähe und Geborgenheit<br />
schaffen, die neben dem immer als eine Zeit der Erinnerungen und Träume,<br />
die selten sonst einen so intensiven<br />
stärker werdenden Kommerz zum Glück<br />
immer wieder noch hier und da erlebbar Nachhall erzeugen. In der heutigen <strong>Ausgabe</strong><br />
des Stadtbild- Magazins möchte<br />
ist. Als besonderes Highlight gilt dann –<br />
leider heute nicht mehr in jedem Jahr- ich mit einigen <strong>Dezember</strong>- Aufnahmen<br />
die winterweiße Pracht, wenn die Land- meines Geburtsjahres 1957, aufgenom-<br />
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52<br />
Geschichte |
Winterweiße<br />
Weiße Pracht unterhalb der<br />
Pracht<br />
Jakobuskirche<br />
TW. 33 II als Motivwagen der Volkssolidarität<br />
mit BW. 67 unterhalb der Jakobuskirche<br />
TW. 31 II mit BW. 56 vor Heiliggeistkirche<br />
men von Volkmar Pfaff, der in Görlitz<br />
studierte und in jener Zeit auch des<br />
Öfteren Straßenbahnen fuhr, diese romantische<br />
Jahreszeit aus dem Blickwinkel<br />
des Nahverkehrs erlebbar machen.<br />
Um den Park unterhalb der Jakobuskirche<br />
herum, in dem wir als Kinder noch<br />
nach der Mitte der 60er Jahre mit Rodelschlitten<br />
unterwegs waren oder uns zu<br />
Schneeballschlachten trafen, begegnen<br />
uns hochbetagte Straßenbahnfahrzeuge,<br />
welche damals noch den Alltag unserer<br />
Tram prägten und die so ähnlich<br />
wohl auch zehn oder gar zwanzig Jahre<br />
früher ausgesehen haben mögen. In der<br />
verschneiten Umgebung wirken sie aber<br />
alles andere als trist. Sie vermitteln hier<br />
eher den Eindruck von sehr Vertrautem<br />
und wecken ein tief verwurzeltes Heimatgefühl,<br />
dessen man sich durchaus<br />
nicht schämen muß, auch wenn uns<br />
die immer noch weit verbreitete Kleingläubigkeit<br />
in einer Zeit immer größerer<br />
Herausforderungen und internationaler<br />
Annäherungen nicht vorwärts bringt.<br />
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53
Görlitzer<br />
Bilder vom Görlitzer Stadtverkehr<br />
Umgebauter TW. 34 II mit BW. 44 III am Abzweig Sattigstraße<br />
Eine starke Heimatbindung<br />
aber<br />
ist Bestandteil einer<br />
Bodenständigkeit,<br />
ohne die<br />
Städte wie Görlitz<br />
verloren wären.<br />
Man soll sie sich<br />
bewahren und<br />
durch nichts und<br />
niemanden nehmen<br />
lassen. Aus<br />
ihr lässt sich die<br />
Kraft schöpfen, all<br />
die Aufgaben anzupacken,<br />
die vor<br />
uns stehen. Ich<br />
wünsche in diesem<br />
Sinne allen Freunden des Stadtbild-<br />
Magazins eine geruhsame Weihnachtszeit<br />
und für das kommende Jahr<br />
alles Gute. Bleiben Sie gesund und verlieren<br />
Sie nie den Glauben an Ihre eigenen<br />
Ideale!<br />
(Fortsetzung folgt)<br />
Andreas Riedel, Wiesbaden<br />
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54<br />
Geschichte |