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Diskussion um neues Hochschulgesetz (S. 20 - 28) - GEW

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Fotos: Bernhard Clessienne<br />

1-2/ 03<br />

Schwerpunkt Hochschulen:<br />

<strong>Diskussion</strong> <strong>um</strong> <strong>neues</strong> <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

(S. <strong>20</strong> - <strong>28</strong>)<br />

-Zeitung<br />

112. Jahrgang<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Jetzt reicht‘s<br />

<strong>GEW</strong> protestiert gegen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen:<br />

„Würde sich Beck <strong>um</strong> die Bildung wie <strong>um</strong> den FCK kümmern...“<br />

(S. 6-7)


Kol<strong>um</strong>ne / Inhalt / Impress<strong>um</strong><br />

Alles<br />

wunnebar?<br />

Es gibt Schlimmeres, als vermisst zu werden.<br />

So nervt es Redaktionsmitglieder<br />

ganz und gar nicht, wenn sie in Monaten,<br />

in denen keine <strong>GEW</strong>-Zeitung erscheint,<br />

gefragt werden, wieso diesmal nur<br />

die Bundeszeitung kam. Ist doch irgendwie<br />

ein Kompliment. Schließlich ist das<br />

Wichtigste für eine Zeitung, dass Interesse<br />

an ihr besteht. Ob Interesse gleichzeitig<br />

Zustimmung zu den Inhalten bedeutet,<br />

steht auf einem anderen Blatt. Muss ja auch nicht unbedingt sein;<br />

schließlich ist es unser Anspruch, ein <strong>Diskussion</strong>sfor<strong>um</strong> unserer Gewerkschaft<br />

und kein <strong>GEW</strong>-Amtsblatt zu liefern.<br />

Während die E&W in elf Monaten herauskommt, produzieren wir nur neun<br />

Ausgaben. Doppelausgaben gibt es in diesem Jahr im Februar (1-2), im<br />

April (4-5) und im Juli (7-8); im Januar wurde also keine und im Mai<br />

sowie im August werden keine <strong>GEW</strong>-Zeitungen der Bundeszeitung beigelegt.<br />

Wir bitten unsere regelmäßigen MitarbeiterInnen, sich diese Termine<br />

zu notieren. Apropos MitarbeiterInnen: Nach Zeiten der Stagnation steigt<br />

deren Zahl in letzter Zeit kontinuierlich. Das ist sehr erfreulich, denn im<br />

großen Angebot an Printmedien, die in die Briefkästen unserer LeserInnen<br />

flattern, können wir uns nur durch Authentizität behaupten. So war das<br />

Manuskriptangebot für diese Ausgabe so groß, dass wir beim Seiten<strong>um</strong>fang<br />

ans absolute obere Limit gehen mussten, was wir uns eigentlich gar nicht<br />

leisten können. Aber wenn sich KollegInnen schon die Mühe machen, sich<br />

schreibend an den Schreibtisch zu setzen, ist es für uns selbstverständlich,<br />

diese Texte auch möglichst bald zu bringen. Nur bitten wir <strong>um</strong> Verständnis,<br />

wenn an der einen oder anderen Stelle Kürzungen un<strong>um</strong>gänglich sind; wir<br />

müssen bei der Entscheidung über die Länge von Artikeln bzw. die Häufigkeit<br />

bestimmter Themen darauf achten, was von allgemeinem Interesse ist<br />

und was nur wenige tangiert.<br />

Logischerweise ist unser Platzmangel bei Doppelausgaben immer besonders<br />

groß, da zwischen den Erscheinungsterminen häufig viel Berichtenswertes<br />

geschehen ist. So wollten wir natürlich auf die <strong>GEW</strong>-Aktivitäten in der<br />

Tarifrunde eingehen, auch wenn diese schon fast zwei Monate zurück liegen.<br />

Immerhin durften wir ein Nov<strong>um</strong> erleben: Warnstreiks nach Aufrufen<br />

der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz! Gemischte Gefühle riefen allerdings die Ergebnisse<br />

der Tarifverhandlungen unter den Beschäftigten hervor. Bei einer „Drei<br />

vor dem Komma“ dachte man eigentlich an drei Prozent mehr im Jahr. Was<br />

jetzt durch die lange Laufzeit dabei herauskam, ist weit davon entfernt und<br />

frustriert verständlicherweise insbesondere die unteren Lohngruppen im<br />

Öffentlichen Dienst, z<strong>um</strong>al die Kompensationsmaßnahmen wie z.B. die<br />

Streichung des Arbeitszeitverkürzungstages bitter sind. Mehr war aber wohl<br />

nicht drin angesichts des Gejammers von den leeren Kassen, das von der<br />

Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz Nr. 1-2 / <strong>20</strong>03:<br />

Kol<strong>um</strong>ne Seite 2<br />

Kommentar: Nein z<strong>um</strong> Krieg … Seite 3<br />

Bildungspolitik Seiten 4 - 7<br />

Schulen Seiten 8 - 12<br />

Tarifpolitik Seiten 14 - 15<br />

Berufliche Bildung Seiten 16 - 19<br />

SCHWERPUNKT: Hochschulen Seiten <strong>20</strong> - <strong>28</strong><br />

Alter + Ruhestand Seite 29<br />

<strong>GEW</strong>-Fortbildung Seiten 30 - 31<br />

Rechtsschutz Seiten 32 - 34<br />

Tipps + Termine / Kreis + Region Seiten 35 - 39<br />

Schulgeist Seite 40<br />

Masse der Medien unkritisch übernommen wurde und die Klischees von den<br />

faulen Staatsdienern noch verstärkte. Als seien die Beschäftigten verantwortlich<br />

die für Misswirtschaft der politischen Elite wie z.B. in Berlin oder eine<br />

verfehlte rot-grün-schwarz-gelbe Steuerpolitik, die die Starken reicher und<br />

den Staat ärmer machte. Ja, und ob (bzw. wie) der Tarifabschluss für die<br />

BeamtInnen übernommen wird, steht - z<strong>um</strong> Redaktionsschluss - noch in<br />

den Sternen.<br />

Womit wir bei einem weiteren Thema wären, das zu gemischten Gefühlen<br />

führte. Just zu dem Zeitpunkt, als unser Landesverband unter dem Motto<br />

„Jetzt reicht´s“ eine Protestveranstaltung in Mainz veranstaltete, <strong>um</strong> die Rücknahme<br />

der Arbeitszeitverlängerungen und all der weiteren Verschlechterungen<br />

unserer Arbeitsbedingungen in der letzten Dekade einzufordern, schnürte<br />

die Landesregierung ein <strong>neues</strong> „Sparpaket“, das die materielle Situation der<br />

Beschäftigten weiter einschränken wird: Streichung der Leistungsprämie und<br />

der Jubilä<strong>um</strong>szuwendung, Zuzahlungen bei der Beihilfe, drastische Reduzierung<br />

der Beförderungsstellen, all dies wird die Motivation z<strong>um</strong> Beispiel<br />

bei den StudienrätInnen, die seit ewigen Zeiten auf ihre Beförderung warten,<br />

zweifellos immens steigern.<br />

Es bleibt also bei dem Muster: Die Politik gibt weniger und will dafür mehr<br />

Leistung. Wie absurd: Jetzt sollen sich die Schulen Qualitätsprogramme aus<br />

den Rippen schneiden, ominöse Standards erfüllen, sich weiteren Tests unterziehen,<br />

Förderpläne für SchülerInnen formulieren und was sonst noch<br />

verlangt wird, statt überhaupt mal eine ordentliche Grundversorgung zu<br />

schaffen. Was nützt der schönste Förderplan, wenn es keine Fördermittel gibt<br />

oder gar mangels Vertretungskräften der reguläre Unterricht nicht garantiert<br />

werden kann? Das sind alles nichts anderes als Alibiveranstaltungen, die der<br />

uninformierten Öffentlichkeit sinnvolle Konsequenzen aus PISA vorgaukeln<br />

wollen.<br />

Ist doch alles wunnebar. Sieht man ja bei den „neuen Ganztagsschulen“. Da<br />

hat eine Untersuchung - 70 000 EURO sollen von der Landesregierung<br />

dafür locker gemacht worden sein - ergeben, dass rund<strong>um</strong> Zufriedenheit<br />

herrsche. Man reibt sich verwundert die Augen. Hat nicht die <strong>GEW</strong>-Umfrage<br />

erheblichen Nachbesserungsbedarf ermittelt? Bei der Suche nach den<br />

Gründen für solch widersprüchliche Ergebnisse ließe sich auf das spätestens<br />

seit der kritischen Theorie bekannte „erkenntnisleitende Interesse“ wissenschaftlicher<br />

Forschung verweisen. Aber die Erklärung ist einfacher: Die <strong>GEW</strong><br />

befragte die Personalräte, das beauftragte Forschungsinstitut holte überwiegend<br />

die Meinungen von Eltern ein. Dass es da zu unterschiedlichen Einschätzungen<br />

kommen musste, liegt auf der Hand und muss nicht weiter<br />

erläutert werden.<br />

Vielleicht ist das alles auch furchtbar unwichtig angesichts dessen, was<br />

möglicherweise z<strong>um</strong> Zeitpunkt des Erscheinens unserer Zeitung schon traurige<br />

Realität sein könnte: ein Krieg gegen den Irak. Blutvergießen für Ölvorkommen.<br />

Wenn wir diesmal unseren Orden für sprachliche Fehlleistungen<br />

verleihen, so ist das ganz und gar nicht witzig, sondern unfassbar deprimierend.<br />

Die Chancen für einen Krieg am Golf seien gesunken, meinte neulich<br />

ein amerikanischer Regierungsbeamter. „Chancen für einen Krieg“ statt<br />

„Chancen für den Frieden“. Was soll man da noch sagen?<br />

Günter Helfrich<br />

Impress<strong>um</strong> <strong>GEW</strong>-ZEITUNG Rheinland-Pfalz<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Rheinland-Pfalz, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: (0 61 31) <strong>28</strong>988-0, Fax: (06131) <strong>28</strong>988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen,<br />

Tel./ Fax: (0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr.<br />

14, 67063 Ludwigshafen, Tel.: (0621) 69 73 97, Fax.: (0621) 6 33 99 90, e-mail:<br />

UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42)<br />

91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />

Verlag, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W.,<br />

Tel.: (06321) 8 03 77; Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPP.NW@t-online.de, Datenübernahme per<br />

ISDN: (0 63 21) 92 90 92 (Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />

nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene<br />

Manuskripte können angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine<br />

Gewähr übernommen. Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

Rheinland-Pfalz werden nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto<br />

+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />

Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung <strong>um</strong> ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 12 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 5. des Vormonats.<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


NEIN z<strong>um</strong> Krieg gegen den Irak<br />

<strong>GEW</strong> für eine politische Lösung des Irak-Konfliktes<br />

Weltweit: Antikriegsdemonstrationen<br />

am 18. u.<br />

19. Jan. <strong>20</strong>03…<br />

… in Turin<br />

… in Amsterdam,<br />

London<br />

und New York.<br />

Fotos aus dem<br />

Internet.<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

(<strong>GEW</strong>) sagt Nein zu einem<br />

Krieg gegen den Irak.<br />

Der massive Truppenaufmarsch in der<br />

Golfregion unter Führung der USA<br />

droht eine Kriegmaschinerie in Gang<br />

zu setzen, die einer politischen Lösung<br />

des Konflikts den Boden entzieht. Die<br />

Welt wird mit einer unkalkulierbaren<br />

Eskalation der Gewalt konfrontiert,<br />

bevor endgültig geklärt ist, ob der Irak<br />

überhaupt über das Bedrohungspotenzial<br />

verfügt, das die USA zur Rechtfertigung<br />

einer militärischen Intervention<br />

vorgeben.<br />

Mit dem DGB und seinen Gewerkschaften<br />

erklärt die <strong>GEW</strong>:<br />

Es ist nicht Sache einer Supermacht<br />

oder einzelner Staaten, über Krieg<br />

und Frieden in der Welt zu entscheiden.<br />

Nur die Vereinten Nationen<br />

sind berechtigt, im Falle des Verstoßes<br />

gegen UN-Resolutionen über die<br />

Wahl der Mittel und deren Einsatz<br />

zu befinden. Daher lehnt die <strong>GEW</strong><br />

einen Krieg gegen den Irak ab.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Die <strong>GEW</strong> verkennt nicht die Gefahr,<br />

die von einem welt<strong>um</strong>spannenden Terrorismus<br />

ausgeht. Ebenso ist sich die<br />

Bildungsgewerkschaft der Bedrohung<br />

durch das undemokratische und menschenverachtende<br />

Terror-Regime Saddam<br />

Husseins bewusst.<br />

Das Regime missachtet Beschlüsse des<br />

UN-Sicherheitsrates, ignoriert internationale<br />

Abkommen und verstößt gegen<br />

völkerrechtliche Verträge.<br />

Saddam Hussein hat Kriege gegen die<br />

eigene Bevölkerung und Nachbarstaaten<br />

geführt.<br />

Er hat chemische Massenvernichtungswaffen<br />

gegen die kurdische Bevölkerung<br />

im Norden Iraks eingesetzt.<br />

Sein Regime bedroht die Existenz Israels<br />

und schürt den Konflikt im Nahen<br />

Osten.<br />

Befürchtungen hinsichtlich der Fähigkeit<br />

des Irak, atomare, biologische und<br />

chemische Waffen zu produzieren und<br />

zu verbreiten, sowie die Bereitschaft, sie<br />

auch gezielt einzusetzen, sind durch den<br />

Waffenbericht des Irak und die Tätigkeit<br />

der UN-Waffeninspekteure bisher<br />

nicht ausgerä<strong>um</strong>t.<br />

Gegen die Bedrohung durch den Terrorismus<br />

und den Staatsterror Saddam<br />

Husseins muss die Staatengemeinschaft<br />

angemessene multilaterale Konzepte<br />

entwickeln. Auf der Basis einer globalen<br />

Rechtsordnung muss den Menschenrechten<br />

unter Achtung internationalen<br />

Rechts durch völkerrechtlich legitimierte<br />

weltpolizeiliche Maßnahmen Geltung<br />

verschafft werden.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt<br />

die <strong>GEW</strong> fest:<br />

• Ein Krieg gegen den Irak ist völkerrechtlich<br />

nicht gerechtfertigt: Es fehlt der<br />

Beweis eines Verstoßes gegen die UN-<br />

Resolution 1441.<br />

• Ein Krieg gegen den Irak verbietet sich<br />

aus h<strong>um</strong>anitären Gründen: Opfer wäre<br />

wieder einmal mehr die notleidende<br />

irakische Bevölkerung, und zwar in<br />

einem vielfach höheren Ausmaß als im<br />

Golf-Krieg wie ein internes UN-Papier<br />

feststellt.<br />

• Ein Krieg gegen den Irak hätte unkalkulierbare<br />

politische und ökonomische<br />

Folgen: Die internationale Allianz ge-<br />

Kommentar<br />

gen den Terrorismus wäre gefährdet und<br />

die Lage im Nahen Osten werde sich<br />

weiter destabilisieren.<br />

Aus dieser Überzeugung<br />

• unterstützt die <strong>GEW</strong> mit dem DGB<br />

und seinen Gewerkschaften die Bundesregierung<br />

in ihrer Haltung, sich<br />

weder militärisch noch finanziell an einem<br />

neuerlichen Irak-Krieg zu beteiligen.<br />

Sie fordert die Bundesregierung<br />

auf, diese Position in den kommenden<br />

Wochen unmissverständlich deutlich zu<br />

machen. Dies schließt eine klare Ablehnung<br />

im UN-Sicherheitsrat ein;<br />

• fordert die <strong>GEW</strong> Bundeskanzler<br />

Gerhard Schröder und Außenminister<br />

Joschka Fischer auf, im Verbund mit<br />

anderen Staaten eine Politik zur Solidarisierung<br />

der Staatengemeinschaft<br />

gegen einen Irak-Krieg zu verfolgen;<br />

• appelliert die <strong>GEW</strong> an die Abgeordneten<br />

des Deutschen Bundestages, auch<br />

die Bundesregierung in diesem Bemühen<br />

zu unterstützen;<br />

• drängt die <strong>GEW</strong> die US-amerikanischen<br />

Bildungsgewerkschaften, Position<br />

gegen den Irak-Krieg zu beziehen<br />

und ihre Haltung gegenüber der Bush-<br />

Administration in der Öffentlichkeit<br />

deutlich zu machen<br />

• ruft die <strong>GEW</strong> ihre Mitglieder und<br />

die Pädagoginnen und Pädagogen in<br />

Europa auf, sich am „europaweiten<br />

Aktionstag gegen den Krieg“ am 15.<br />

Februar <strong>20</strong>03 zu beteiligen und örtliche<br />

Aktionen der Friedensbewegung zu<br />

unterstützen.<br />

Angesichts der historischen Rolle und<br />

Verantwortung Deutschlands ruft die<br />

<strong>GEW</strong> (...) auf, den Irak-Konflikt in<br />

allen Bildungseinrichtungen z<strong>um</strong> Thema<br />

zu machen.<br />

Die <strong>GEW</strong> unterstützt den Appell der<br />

IG Metall:<br />

Die Welt braucht eine Politik zur<br />

Prävention von Kriegen, nicht aber<br />

Präventionskriege.<br />

Geschäftsführender Bundesvorstand<br />

der Gewerkschaft Erziehung<br />

und Wissenschaft<br />

3


Bildungspolitik<br />

Vergleichen lohnt sich!<br />

Qualitätsmanagement, Schulprogramm, Schulentwicklung in Rheinland-Pfalz …<br />

Die Gymnasiallehrerin<br />

Bettina<br />

Gerhard ist stellvertretende<br />

<strong>GEW</strong>-<br />

Vorsitzende und<br />

Mitglied im HPR<br />

Gymnasien.<br />

Seit September <strong>20</strong>02 ist<br />

es amtlich: jetzt ist es „die<br />

Aufgabe jeder einzelnen<br />

Schule, bis z<strong>um</strong> Ende des<br />

Schuljahres <strong>20</strong>02/03 ihr<br />

Qualitätsprogramm zu<br />

entwickeln und zu vereinbaren.“<br />

Die Arbeitsanweisung<br />

erreichte die<br />

Schulen über die elektronische<br />

Mail, ohne den<br />

Umweg über das Amtsblatt<br />

zu nehmen oder die<br />

übliche Form einer Verwaltungsvorschrift<br />

- und auch ohne<br />

die Zustimmung der Hauptpersonalräte.<br />

In den Schulen rieb man sich verdutzt<br />

die Augen. Klar es hatte diverse Ankündigungen<br />

gegeben, das „Rahmenkonzept<br />

für pädagogisches Qualitätsmanagement<br />

und pädagogische Schulentwicklung“<br />

stammt bereits aus dem<br />

Jahr 1999, der Landtag hat sich mit<br />

breiter Mehrheit für Qualitätsentwicklung<br />

in den Schulen ausgesprochen, in<br />

der Koalitionsvereinbarung und in der<br />

Regierungserklärung wird bekräftigt,<br />

dass das Qualitätsmanagement fortgesetzt<br />

wird, Ministerin Ahnen hat im<br />

Februar <strong>20</strong>02 in einer Presseerklärung<br />

einzelne Punkte verbindlich angekündigt.<br />

Es soll also keiner sagen, er habe<br />

nichts gewusst - oder doch? Wie kommt<br />

es eigentlich, dass jetzt nach drei Jahren<br />

wiederholter Ankündigungen die<br />

Kollegien in Konferenzen, Dienstbesprechungen<br />

und Personalversammlungen<br />

je nach Temperament achselzuckend,<br />

wütend, unmutig, gereizt oder<br />

auch gleichgültig reagieren und sich<br />

z<strong>um</strong> Teil - oft gerade diejenigen, die in<br />

den letzten Jahren viel dazu beigetragen<br />

haben, dass die eigene Schule sich<br />

weiterentwickelt hat - heftig gegen die<br />

Verordnung von oben wehren, ein<br />

Qualitätsprogramm formulieren zu<br />

müssen?<br />

Ein paar Gründe liegen, wie ich meine,<br />

auf der Hand, andere sind vielleicht<br />

nicht ganz so offensichtlich, lassen sich<br />

aber im Vergleich mit anderen Ländern<br />

entdecken.<br />

1. Das Papier „Qualitätsentwicklung<br />

an Schulen <strong>20</strong>02 - <strong>20</strong>06“ ist ausgesprochen<br />

schlecht kommuniziert worden.<br />

Das Gespräch wurde nicht mit den<br />

Schulen, den Betroffenen gesucht, sondern<br />

auf der Ebene Politik - Massenmedien<br />

geführt. Viel hörte sich deshalb<br />

an wie das übliche Beruhigungsritual<br />

seitens der Verantwortlichen gegenüber<br />

der Öffentlichkeit. Schließlich müssen<br />

die BildungspolitikerInnen auf die<br />

PISA-Ergebnisse reagieren und Handlungsfähigkeit<br />

trotz fehlender Ressourcen<br />

beweisen. Die Schulen kennen diese<br />

Form der Kommunikation über sie statt<br />

mit ihnen und reagieren entsprechend<br />

(nicht).<br />

2. Auch in anderen Bundesländern hat<br />

man in den letzten Jahren verbindliche<br />

Schulprogramme eingeführt, an der<br />

Qualität des Unterrichts scheint dieser<br />

Umstand aber wenig verändert zu haben,<br />

sonst hätte die öffentliche Berichterstattung<br />

diesen Punkt spätestens bei<br />

der <strong>Diskussion</strong> über die PISA-E Studie<br />

stärker herausgestellt.<br />

3. Stell dir vor, 1700 Schulen schreiben<br />

ihr Qualitätsprogramm, und niemand<br />

merkt’s! bzw. niemand liest sie.<br />

„Die Schulaufsicht nimmt die Qualitätsprogramme<br />

entgegen und führt den<br />

Dialog (!) mit den Schulen über die<br />

darin formulierten Vorhaben“, so verkündet<br />

das MBFJ. Glaubt jemand<br />

ernsthaft, dass es angesichts der schieren<br />

Menge an Papier für das Ergebnis<br />

der Arbeit von 30.000 Lehrerinnen<br />

und Lehrern eine angemessene Rückkoppelung<br />

mit der Schulaufsicht geben<br />

kann? Kann es verwundern, dass die<br />

KollegInnen den Eindruck haben, für<br />

den Papierkorb zu produzieren?<br />

4. Innovation, Veränderung, Entwicklung,<br />

Qualitätssicherung sind Prozesse,<br />

die von denjenigen getragen werden<br />

müssen, die für sie verantwortlich sind.<br />

Sie setzen Motivation, Engagement für<br />

und Identifikation mit der Aufgabe<br />

voraus. Die Einführung eines Qualitätsentwicklungsprozesses<br />

im Top-<br />

Down-Verfahren widerspricht der Zielsetzung.<br />

5. Die Anordnung mittels Qualitätsprogramm<br />

und Vergleichsarbeiten die<br />

Schulqualität zu verbessern, trifft die<br />

Schulen am Ende einer Dekade, die<br />

Verschlechterungen der Lern- und Arbeitsbedingungen<br />

in bis dato nicht gekanntem<br />

Ausmaß gebracht hat bei<br />

gleichzeitig wachsenden Anforderungen<br />

an die Schulen und dramatisch gealterten<br />

Kollegien. Die Maßnahmen zur<br />

Qualitätsentwicklung müssen in diesem<br />

Kontext als zusätzliche Belastung,<br />

die nicht auch noch geschultert werden<br />

kann, empfunden werden.<br />

Gleichzeitig kann es gar keinen Zweifel<br />

daran geben, dass die Qualitätsentwicklung<br />

in der Schule eine dringliche<br />

inhaltliche Aufgabe ist. Viele Kolleginnen<br />

und Kollegen beteiligen sich aktiv<br />

an der Bewältigung der anstehenden<br />

Probleme, haben Entwicklungsansätze<br />

für ihre Schule ausprobiert und vorangetrieben,<br />

Kooperationsformen gefunden<br />

und kultiviert, im Bereich der<br />

Schwerpunktbildung - z<strong>um</strong> Beispiel im<br />

mathematisch-naturwissenschaftlichen<br />

Bereich an den Gymnasien - gute Konzepte<br />

erarbeitet und <strong>um</strong>gesetzt, Fortbildungen<br />

besucht, <strong>um</strong> fehlende Kompetenzen<br />

für die anstehenden Aufgaben<br />

zu erwerben. Alle diese Kolleginnen<br />

und Kollegen hätten sich über eine<br />

ministerielle Unterstützung gefreut, die<br />

sie in dem vorliegenden Papier vermissen.<br />

Ja, doch, auch seitens des Ministeri<strong>um</strong>s<br />

wird den Schulen versichert, dass sie<br />

Unterstützung erwarten können. Genannt<br />

werden die Schulaufsicht, ModeratorInnen<br />

bzw. BeraterInnen und<br />

Pädagogische Serviceeinrichtungen.<br />

Eine Datenbank mit allen im Land zur<br />

Verfügung stehenden Personen soll erstellt<br />

werden. So genau weiß nämlich<br />

offensichtlich niemand, welche Berater,<br />

Moderatoren wen, wo, mit welchem<br />

Ziel „beraten“. Mit anderen Worten:<br />

Erst jetzt wird versucht zu ergründen,<br />

welche Personen oder Gruppen mit<br />

welchen Kompetenzen es eigentlich gibt,<br />

die von den Schulen angefragt werden<br />

können. Der Abgabetermin für die<br />

Qualitätsprogramme ist aber schon<br />

Ende des Schuljahres...<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Auch die inhaltlichen Bestandsaufnahme<br />

steckt noch in den Anfängen. Eine<br />

Reihe von Fragen harren noch der Beantwortung:<br />

* Was brauchen die Schulen an Unterstützung?<br />

* Was müssen die Unterstützer können?<br />

* Wie können die Personen gefunden<br />

werden?<br />

* Wie können sie qualifiziert werden?<br />

Es mag ja sein, dass es 500 Personen in<br />

Rheinland-Pfalz gibt, die für Beratungstätigkeit<br />

in den Schulen entlastet<br />

werden. Nur: damit gibt es noch kein<br />

Konzept, keine systematische, zielgerichtete<br />

Unterstützung der Schulen und<br />

kein speziell dafür ausgebildetes Team,<br />

das auch über genügend Zeit und materielle<br />

Ressourcen verfügt, <strong>um</strong> Schulen<br />

bei ihrem Schulentwicklungsprozess<br />

zu begleiten und zu beraten.<br />

… und anderswo<br />

Dabei gibt es überzeugende Konzepte,<br />

Erfahrungen, wie Reformprozesse initiiert<br />

und auch implementiert werden<br />

können. Auf einer Tagung der Bertelsmann<br />

Stiftung in Zusammenarbeit mit<br />

der baden-württembergischen Akademie<br />

für Lehrerfort- und Weiterbildung<br />

Ende Oktober <strong>20</strong>02 in Schwäbisch<br />

Hall kamen Kolleginnen und Kollegen<br />

aus zehn verschiedenen Ländern für<br />

eine Woche zusammen, <strong>um</strong> gemeinsam<br />

über die notwendigen Veränderungen<br />

beim Lernen, Lehren und Leiten in einer<br />

Kultur des Wandels nachzudenken<br />

(„Learning, Teaching and Leading in<br />

a Culture of Change“). Geleitet wurde<br />

das Seminar von Norm Green und seinem<br />

Team, das vor 10 Jahren begonnen<br />

hat, den Schulbezirk Durham in<br />

Kanada, der bei nationalen Vergleichen<br />

durch besonders schlechte Ergebnisse<br />

aufgefallen war, systematisch <strong>um</strong>zugestalten<br />

mit dem Ziel, die Unterrichtsergebnisse<br />

deutlich zu verbessern.<br />

Das Ergebnis ist überzeugend und<br />

mittlerweile hinreichend dok<strong>um</strong>entiert<br />

1 . TeilnehmerInnen waren neben<br />

LehrerInnen, SchulleiterInnen und<br />

Schulaufsichtsbeamten auch Verantwortliche<br />

für Schulentwicklung aus so<br />

verschiedenen Ländern wie Norwegen,<br />

R<strong>um</strong>änien, den Niederlanden und Irland.<br />

Die Schulentwicklung ist in den einzelnen<br />

Ländern unterschiedlich weit<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

gediehen, der Anstoß<br />

für den jeweiligen Prozess<br />

hatte verschiedenen<br />

Ursachen, die Ausgangslagen<br />

sind nicht<br />

unbedingt miteinander<br />

zu vergleichen und<br />

Rheinland-Pfalz ist<br />

wieder ganz anders.<br />

Trotzdem: Es war interessant<br />

zu hören, welchen<br />

Weg die anderen<br />

Länder eingeschlagen<br />

haben.<br />

Z<strong>um</strong> Beispiel Irland:<br />

Die Republik ist gerade<br />

dabei, in allen<br />

Schulen die Schulentwicklung anzustoßen,<br />

auch hier geht man den Weg<br />

über schuleigene Entwicklungspläne.<br />

Die Umsetzung für die 3.300 Grundschulen<br />

erfolgt in vier Schritten über<br />

einen Zeitra<strong>um</strong> von vier Jahren, d. h.<br />

jedes Jahr werden ungefähr 800 Schulen<br />

neu einbezogen. Das Land stellt<br />

hierfür einen Etat von zusätzlichen 2<br />

Millionen Pfund zu Verfügung. Jede<br />

Schule erhält individuelle Beratung,<br />

nach den ersten Vorgesprächen findet<br />

für das ganze Kollegi<strong>um</strong> (bei sehr kleinen<br />

Schulen auch im Verbund mit der<br />

Nachbarschule) eine einwöchige Fortbildung<br />

statt. Zeit, die eigenen Ziele<br />

zu formulieren, die Schritte für die<br />

Umsetzung zu planen, einen Zeitplan<br />

aufzustellen und die schulinterne Evaluation<br />

vorzubereiten. Das „School<br />

Development Planning Team“ hat die<br />

Aufgabe, die Schulen mit Ideen, den<br />

notwendigen Instr<strong>um</strong>enten und den<br />

Rahmenbedingungen auszustatten.<br />

Die Team-Mitglieder sind für diese<br />

Aufgabe speziell vorbereitet, hierfür<br />

auch komplett freigestellt, über eMail<br />

ständig erreichbar (die Schulen haben<br />

die Garantie, dass alle Anfragen innerhalb<br />

von 48 Stunden beantwortet<br />

sind.). Die ModeratorInnen sind untereinander<br />

vernetzt und haben ihre<br />

Arbeit miteinander koordiniert, <strong>um</strong><br />

sicher zu stellen, dass die Beratungsqualität<br />

nicht von den einzelnen Menschen<br />

abhängt, sondern strukturell<br />

gleichwertig ist. Die Devise lautet:<br />

„Only teachers can make the change.“<br />

Deshalb lassen die Länder, deren<br />

Schulsystem durch kontinuierliche<br />

Qualitätsverbesserung geprägt ist, ihren<br />

Schulen große Gestaltungsfreiräu-<br />

me, bereiten die Lehrerinnen und Lehrer<br />

intensiv auf die neuen Aufgaben vor<br />

und stellen ausreichende zusätzliche<br />

Mittel zur Verfügung. Alle drei Voraussetzungen<br />

fehlen in Rheinland-Pfalz.<br />

Der OECD-Bildungsforscher Andreas<br />

Schleicher verglich bei der bildungspolitischen<br />

Konferenz der <strong>GEW</strong> „Paradigmenwechsel<br />

nötig“ ebenfalls die<br />

deutsche Reaktion auf PISA mit der in<br />

anderen Ländern, in denen seiner Meinung<br />

nach die Debatte deutlich konstruktiver<br />

verläuft. Nirgends sei das<br />

Bedürfnis, Bildungsreformen nur unter<br />

der Prämisse der unmittelbaren<br />

Umsetzbarkeit zu diskutieren, so groß<br />

wie hier zu Lande. „Natürlich braucht<br />

man kurzfristige Reformen“, sagte<br />

Schleicher. „Aber was wir vor allem<br />

brauchen, ist eine Klärung der Fernziele<br />

- unabhängig davon, ob sie<br />

übermorgen realisiert werden können.“ 2<br />

Vielleicht sollte das Ministeri<strong>um</strong> nicht<br />

nur den Schulen ein Qualitätsprogramm<br />

verordnen, sondern sich selbst<br />

den gleichen Kriterien unterwerfen.<br />

Learning by doing wäre ein wichtiger<br />

Effekt, aber selbstverständlich könnte<br />

Kundenorientierung und Qualitätskontrolle<br />

auch bei der Schulaufsicht<br />

nicht schaden.<br />

Bettina Gerhard<br />

Anmerkungen:<br />

1 Z<strong>um</strong> Beispiel in dem Film von Reinhard Kahl:<br />

Die Stille Revolution. Das Durham Board of<br />

Education, Ontario, Kanada. V erlag Bertelsmann<br />

Stiftung. ISBN 3-89<strong>20</strong>4-<strong>28</strong>9-6<br />

2 zit. nach Frankfurter Rundschau vom <strong>28</strong>. November<br />

<strong>20</strong>02<br />

Bildungspolitik<br />

5


Bildungspolitik<br />

Würde sich Beck <strong>um</strong> die Bildung wie <strong>um</strong> den FCK kümmern...<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder fordern Rücknahme der Verschlechterungen im Bildungswesen<br />

Trotz Vorweihnachtsstress, trotz<br />

Jahresabschlussfeiern in den Bildungseinrichtungen:<br />

Über 400<br />

<strong>GEW</strong>-Mitglieder verlangten unter<br />

dem Motto „Jetzt reicht´s!“ am 18.<br />

Dezember vergangenen Jahres, dem<br />

Jahrestag der Verkündigung des<br />

„Maßnahmenpaketes“ von 1992, in<br />

Mainz im Eltzer Hof die Einhaltung<br />

des einstigen Versprechens der<br />

Landesregierung, die Arbeitszeitverlängerungen<br />

auf zehn Jahre zu befristen.<br />

Dass die Veranstaltung zu einem vollen<br />

Erfolg wurde, lag auch an der<br />

gelungenen Regie: Plakate und andere<br />

Materialien der <strong>GEW</strong>-Kampagne<br />

„Rettet die Bildung“ sowie eine<br />

Power-Point-Präsentation visualisierten<br />

die <strong>GEW</strong>-Forderungen, denen<br />

sich die TeilnehmerInnen auf Unterschriftenlisten<br />

anschließen konnten.<br />

Die Moderatorin Margarete Ruschmann<br />

vom SWR sorgte mit Interviews<br />

der RednerInnen dafür, dass<br />

die Protestversammlung nicht nur<br />

aus der Aneinanderreihung von<br />

Statements bestand. Großen Beifall<br />

gab es für die satirischen Anmerkungen<br />

des kurpfälzischen Kabarettisten<br />

Hans-Peter Schwöbel und die musikalischen<br />

Beiträge der SchülerInnen-<br />

Bigband der IGS Bretzenheim, die<br />

eindrucksvoll bewiesen, was Schule<br />

zu leisten vermag.<br />

In einer engagierten Eingangsrede<br />

stellte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Tilman Boehlkau dar, was den Beschäftigten<br />

durch Eingriffe in die<br />

Besoldung noch alles droht: unter<br />

anderem ein 10%-Abschlag beim<br />

Gehalt sowie die Kürzung bzw. Streichung<br />

des Urlaubs- und des Weihnachtsgeldes.<br />

Im Zusammenhang<br />

mit der Tarifrunde <strong>20</strong>02/<strong>20</strong>03 wies<br />

er auf ein Nov<strong>um</strong> in Rheinland-Pfalz<br />

hin: Warnstreiks nach Aufrufen der<br />

<strong>GEW</strong> an acht Kindertagesstätten<br />

und sechs Ganztagssonderschulen.<br />

Boehlkau z<strong>um</strong> Anlass der Protestversammlung:<br />

„Mit der Streichungsund<br />

Kürzungsorgie in den 90-iger<br />

Jahren, durch die nach unseren Berechnungen<br />

etwa 6.500 Stellen eingespart<br />

wurden, haben die Lehrkräfte<br />

ihren Beitrag zur Sanierung des Landeshaushalts<br />

schon mehrfach geleistet.“<br />

Das „ständige Draufsatteln“<br />

durch Kürzung der Stundentafeln,<br />

Streichung der Altersermäßigung,<br />

Abschaffung bzw. Kürzung der Drittelpauschale,Arbeitszeitverlängerungen<br />

usw. hätte die LehrerInnen<br />

zutiefst demotiviert. Zusätzliche<br />

Qualität ließe sich nur entwickeln,<br />

wenn die Arbeitsbedingungen verbessert<br />

würden.<br />

Der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende kritisierte<br />

auch die Reaktionen der Politik<br />

auf die verheerenden Ergebnisse<br />

der PISA-Studie: „Was fällt der Bildungsbürokratie<br />

ein? Nichts außer<br />

Leistungstests, Sprachtests, Vergleichsarbeiten,<br />

Qualitätsprogramme<br />

entwickeln, sprich: Mehrarbeit und<br />

Mehrbelastung für die Lehrerinnen<br />

und Lehrer.“<br />

Auf die Ursachen der Haushaltslö-<br />

Fotos: Bernhard Clessienne<br />

6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


cher, mit denen die Arbeitgeber ihr<br />

Verlangen nach einer Nullrunde begründen,<br />

ging der DGB-Landesvorsitzende<br />

Dietmar Muscheid ein.<br />

Schuld seien Fehler bei den Unternehmenssteuerreformen,<br />

die dazu<br />

geführt hätten, dass große Unternehmen<br />

praktisch keine Steuern mehr<br />

zahlten. Auch die geplante Zinsertragssteuer<br />

sei ein Geschenk an finanziell<br />

Starke. Wie Boehlkau kritisierte<br />

Muscheid ebenfalls die angestrebten<br />

Öffnungsklauseln sowie die<br />

„Giftliste“ der Landesregierung:<br />

„Das ist Gift für die Motivation.“<br />

Die Beschäftigten im Bildungswesen<br />

leisteten gute Arbeit und hätten auch<br />

das Recht auf gute Bezahlung. Der<br />

DGB-Landesvorsitzende abschließend:<br />

„Wer wie die Landesregierung<br />

Versprechen nicht einhält, muss sich<br />

nicht über Politikverdrossenheit<br />

wundern.“<br />

Für die Landesschülervertretung<br />

sprach deren „Außenreferentin“ Stephanie<br />

Mayfield, Gymnasiastin aus<br />

Speyer. Labsal auf gequälte Lehrerseelen,<br />

die sich als PädagogInnen<br />

und nicht als Vergleichstestcoachs<br />

verstehen, war ihre Antwort auf die<br />

Frage der Moderatorin, wie die<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Wunschlehrkraft aus SchülerInnenperspektive<br />

aussehe: motiviert sein<br />

und auf die SchülerInnen eingehen<br />

müsse diese, Kritik annehmen, den<br />

SchülerInnen helfen, ihre Begabungen<br />

und Schwächen kennen zu lernen,<br />

sich nicht auf das frontalunterrichtliche<br />

Vermitteln und Abprüfen<br />

von Wissen beschränken. Mayfield:<br />

„Von daher sind unsere Anforderungen<br />

an Lehrkräfte weitaus größer als<br />

die des Ministeri<strong>um</strong>s.“ Die Schülervertretung<br />

unterstütze die <strong>GEW</strong>-<br />

Forderungen nach weniger Wochenstunden<br />

und kleineren Klassen:<br />

„Schülerinnen und Schüler haben<br />

nichts von gestressten Lehrkräften,<br />

die keine Zeit haben, auf sie einzugehen.“<br />

Dass Heinz Putzhammer vom DGB-<br />

Bundesvorstand als <strong>GEW</strong>-Veteran<br />

genau weiß, wo die Lehrkräfte der<br />

Schuh drückt, zeigte sich gleich zu<br />

Anfang seiner Rede. Das <strong>GEW</strong>-Motto<br />

„Rettet die Bildung“ wandelte er<br />

<strong>um</strong> in „Rettet die Bildung vor den<br />

Kultusministerien“. Das einstige<br />

<strong>GEW</strong>-Bundesvorstandsmitglied:<br />

„Unser schlechtes Abschneiden bei<br />

PISA ist das Ergebnis von <strong>20</strong> Jahren<br />

Sparen und Kürzen im Bildungswe-<br />

sen.“ Wie Dietmar Muscheid kritisierte<br />

Putzhammer „Steuergeschenke<br />

an die, die es gar nicht nötig haben.“<br />

Es sei nicht hinnehmbar, dass<br />

Unternehmen auf eine gute Infrastruktur<br />

in Deutschland pochten,<br />

aber keine Steuern zahlen wollten.<br />

Angesichts von 10 Billionen privaten<br />

Vermögens halte der DGB auch<br />

an der Forderung nach einer Wiedereinführung<br />

der Vermögenssteuer<br />

fest.<br />

Im Zusammenhang mit den PISA-<br />

Ergebnissen stellte Putzhammer<br />

insbesondere das Versagen bei der<br />

Integration von Migrantenkindern<br />

heraus: „Dafür brauchen wir zusätzliche<br />

Stellen für Erzieherinnen und<br />

Lehrkräfte“. Tosenden Beifall gab es<br />

für seine Abschlussbemerkung, die<br />

direkt an den rheinland-pfälzischen<br />

Ministerpräsidenten gerichtet war<br />

und eine Parallele zwischen der misslichen<br />

Situation des 1. FCK und<br />

dem Bildungswesen zog: „Wenn der<br />

FCK auf einem Abstiegsplatz steht,<br />

fährt Beck gleich hin und setzt alle<br />

Hebel in Bewegung. Das sollte er<br />

auch für das Bildungswesen tun!“<br />

Günter Helfrich<br />

Wir fordern:<br />

• Qualifizierter Unterricht mit qualifiziertem<br />

Personal<br />

• Qualität hat ihren Preis – deshalb keine<br />

Absenkung (Öffnungsklausel) der<br />

Bezahlung von Lehrkräften<br />

• Freiwerdende Ressourcen für Verbesserungen<br />

im Bildungsbereich nutzen<br />

• Verringerung der Arbeitsbelastung<br />

durch Rücknahme der Arbeitszeitverlängerungen<br />

• Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung<br />

der Lehrkräfte für Fachpraxis und<br />

der Pädagogischen Fachkräfte<br />

• Fördern statt Auslesen<br />

• Kleinere Klassen<br />

• Wiedereinführung der Altersermäßigung<br />

als Beitrag zur LehrerInnen-<br />

Gesundheit<br />

• Personalreserve in allen Schularten<br />

statt Aushilfsverträge<br />

• Mehr Lehrkräfte für Schulen mit besonderen<br />

Aufgaben und Belastungen<br />

• Entlastungsstunden auch für Grundschulen<br />

• Bessere Arbeitsbedingungen für Schulleitungen<br />

und Verwaltungskräfte<br />

Bildungspolitik<br />

7


Schulen<br />

Ein Tag in der Ganztagsschule in Wörth<br />

<strong>GEW</strong>- und DGB-VertreterInnen besuchten die Regionale Schule<br />

Am 8. Januar besuchten Eva-Maria<br />

Stange, Bundesvorsitzende der<br />

<strong>GEW</strong>, Dietmar Muscheid, Vorsitzender<br />

des DGB-Bezirks West, Jutta<br />

Stephany, Mitglied des HPR<br />

GHS/Reg.Sch. und Tilman Boehlkau,<br />

Vorsitzender der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz,<br />

die neue Ganztagsschule<br />

in Wörth am Rhein.<br />

Der Vormittag war geprägt von Gesprächen<br />

mit der Schulleitung, der<br />

Personalratsvorsitzenden und ElternvertreterInnen.<br />

Schulleiter Joachim<br />

Paul gab einen Einblick in die Entwicklung<br />

der Schule von einer verbundenen<br />

Grund- und Hauptschule<br />

über die Hauptschule hin zu einer<br />

der ersten Regionalen Schulen im<br />

Land Rheinland-Pfalz (Start 1992)<br />

und der Entwicklung zu einer Ganztagsschule<br />

neuer Form seit Beginn<br />

des Schuljahres <strong>20</strong>02/<strong>20</strong>03. Konrektor<br />

Fritz Hock informierte über die<br />

organisatorischen Rahmenbedingungen<br />

sowie die Gliederung der<br />

neuen Ganztagsschule (in der 5. und<br />

6. Klasse je drei Klassen in der verpflichtenden<br />

sowie in den Klassenstufen<br />

7 - 10 in der neuen freiwilligen<br />

Form). Es sei dabei hervorgehoben,<br />

dass die Lern- und Förderstunden<br />

ausschließlich von Lehrkräften<br />

betreut werden. Der Einsatz von<br />

Lehrkräften liegt am Nachmittag bei<br />

V.r.n.l.: Jutta Stephany, Mitglied im Hauptpersonalrat Grund-, Haupt- und<br />

Regionale Schulen, Tilman Boehlkau, Vorsitzender der <strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz,<br />

Joachim Paul, Schulleiter der Regionalen Schule / Ganztagsschule Wörth<br />

60%, für eine neue Ganztagsschule<br />

damit ungewöhnlich hoch.<br />

Die Personalratsvorsitzende Sonja<br />

Schalck verdeutlichte das hohe Engagement<br />

der KollegInnen bei der<br />

Erstellung des Konzepts sowie der<br />

täglichen Arbeit in der neuen Ganztagsschule.<br />

Die ElternvertreterInnen<br />

gaben einen anschaulichen Bericht<br />

darüber, was sich im täglichen Ablauf<br />

ihrer Kinder z<strong>um</strong> Positiven gewendet<br />

hat („Die Kinder kommen<br />

entspannter nach Hause. Der Stress<br />

für Eltern und Schüler bei den Hausaufgaben<br />

ist fast gänzlich entfallen.“).<br />

Während des Inforamtionsaustauschs<br />

wurde u. a. festgestellt, dass<br />

es an hinreichender rä<strong>um</strong>licher Ausstattung<br />

fehlt, da die Stadt Wörth<br />

montan nicht genügend Geld aufbringen<br />

kann, <strong>um</strong> das Projekt in dem<br />

Maße zu unterstützen, wie es notwendig<br />

wäre. Es wurde kritisiert, dass<br />

das Land den Trägern der neuen<br />

Ganztagsschulen keine Mittel zur<br />

Verfügung stellt, <strong>um</strong> die notwendigen<br />

rä<strong>um</strong>lichen Voraussetzungen zu<br />

schaffen bzw. zu garantieren. Dies<br />

zeigte sich ganz deutlich an fehlenden<br />

Freizeiträ<strong>um</strong>en für die SchülerInnen.<br />

Auch für die LehrerInnen<br />

fehlt es zurzeit noch an geeigneten<br />

Arbeits- und Teamrä<strong>um</strong>en. Wer die<br />

Ganztagsschule will (so wie das Land<br />

und verschiedene<br />

Schulträger),<br />

der muss auch<br />

gewährleisten,<br />

dass die notwendigen<br />

Um- und<br />

Erweiterungsbauten<br />

bis z<strong>um</strong><br />

Start der Ganztagsschuleerledigt<br />

sind. Es<br />

kann aber festgehaltenwerden,<br />

dass die<br />

Stadt Wörth die<br />

neue Ganztags-<br />

schule nach ihrenMöglichkeiten<br />

fördert.<br />

Die Teilnehme-<br />

rInnen nahmen zusammen mit den<br />

Fünft- und Sechstklässlern das Mittagessen<br />

ein, das von der Kantine<br />

von DaimlerChrysler geliefert wird.<br />

Jeden Tag stehen zwei Menüs zur<br />

Auswahl. Die SchülerInnen und<br />

LehrerInnen verfügen über eine<br />

„School-Card“, über die am Ende<br />

des Monats die Abrechnung für das<br />

Mittagessen gebucht wird (Kosten je<br />

Tag: 3,00 EUR).<br />

Der Nachmittag wurde von den<br />

<strong>GEW</strong>- und DGB-Gästen dazu genutzt,<br />

<strong>um</strong> sich am Ergänzungsunterricht<br />

bzw. an Fördermaßnahmen zu<br />

beteiligen sowie an verschiedenen<br />

Projekten teilzunehmen, die jeden<br />

Mittwoch Nachmittag von überwiegend<br />

außerschulischem Personal<br />

angeboten werden.<br />

Eva-Maria Stange, Bundesvorsitzende<br />

der <strong>GEW</strong>, beim Besuch der Regionalen<br />

Schule / Ganztagsschule Wörth<br />

Eva-Maria Stange stellte z<strong>um</strong> Abschluss<br />

des Schulbesuchs fest: „Ganztagsschulen<br />

stellen einen Schritt in<br />

die richtige Richtung dar, <strong>um</strong> den<br />

Herausforderungen, die an das Bildungssystem<br />

gestellt werden, zu entsprechen.<br />

Allerdings muss sichergestellt<br />

werden, dass die notwendigen<br />

Ressourcen zur Verfügung stehen.<br />

Wenn die Wirtschaft, das Handwerk<br />

und die Industrie immer wieder die<br />

Ganztagsschule fordern, dann müssen<br />

sie auch bereit sein, den Staat<br />

durch Steuereinnahmen in die Lage<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


zu versetzen, das Projekt flächendeckend<br />

als verbindliche Ganztagsschule<br />

und nicht als Betreuungsschule<br />

einzuführen. Die Stadt Wörth<br />

könnte mehr leisten, wenn DaimlerChrysler<br />

- als ehemals größter<br />

Steuerzahler - mittlerweile nicht<br />

z<strong>um</strong> Subventionsempfänger geworden<br />

wäre und somit die Steuermindereinnahmen<br />

für die Kommune<br />

dramatische Auswirkungen angenommen<br />

haben.“<br />

Weiter sagte die Bundesvorsitzende:<br />

„Das hohe Engagement der Schulleitung,<br />

des Personalrates und des<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Personals ist besonders hervorzuheben.<br />

Das außerschulische Personal<br />

stellt eine Bereicherung für den<br />

Schulalltag dar. Ich gehe davon aus,<br />

dass diese Personen auch professionell<br />

arbeiten, allerdings sind sie (in<br />

aller Regel) keine ausgebildeten PädagogInnen<br />

und können von daher<br />

das professionelle Personal nicht ersetzen.“<br />

Abschließend stellten die GewerkschaftsvertreterInnen<br />

fest, dass sich<br />

der Tag gelohnt hat - wohlwissend,<br />

dass nicht alle neuen Ganztagsschulen<br />

im Land so gute Startbedingun-<br />

gen hatten und haben wie die Regionale<br />

Schule in Wörth. „Theorie ist<br />

die eine Seite, Praxis die andere. Jetzt<br />

kann ich mitreden, auch wenn ich<br />

nur einen punktuellen Einblick in<br />

eine Ganztagsschule erhalten habe.<br />

Andere Ganztagsschulen laufen<br />

anders und unter schwierigeren Bedingungen,<br />

das ist mir bewusst,“ sagte<br />

der DGB-Vorsitzende Dietmar<br />

Muscheid und bedankte sich bei der<br />

Schulleitung und den KollegInnen<br />

für die Zeit, die sie uns zur Verfügung<br />

standen.<br />

Tilman Boehlkau<br />

<strong>GEW</strong>-Umfrage an „neuen Ganztagsschulen“<br />

beweist erheblichen Nachbesserungsbedarf<br />

Auf reges Interesse bei den Medien<br />

stieß eine Pressekonferenz der <strong>GEW</strong><br />

Rheinland-Pfalz am 17. Januar, bei<br />

der Tilman Boehlkau die Ergebnisse<br />

der <strong>GEW</strong>-Umfrage zur Situation<br />

an den neuen Ganztagsschulen vorstellte.<br />

Boehlkau einleitend: „Der Start der<br />

neuen Ganztagsschulen ist im Großen<br />

und Ganzen gelungen, allerdings<br />

nur, weil sich das Personal über die<br />

Maßen hinaus engagiert und zahlreiche<br />

Überstunden sowohl in den Ferien<br />

als auch während der Schulzeit<br />

in Kauf genommen hat.“ Dies<br />

jedenfalls gehe aus den Rückmeldungen<br />

der Personalräte hervor, die die<br />

Adressaten der <strong>GEW</strong>-Befragung waren.<br />

„Der im Prinzip positive Tenor der<br />

Rückmeldungen kann allerdings<br />

nicht verdecken, dass es Probleme bei<br />

der Personalausstattung sowie dem<br />

Ra<strong>um</strong>programm gibt,“ stellte der<br />

<strong>GEW</strong> Landesvorsitzende fest. Nicht<br />

zufriedenstellend geregelt seien Vertretungen<br />

bei Krankheitsfällen, nicht<br />

genügend Lehrkräfte für Differenzierungen,<br />

damit nicht zu große Lerngruppen<br />

entstehen, sowie nicht ausreichendes<br />

Personal für die Mittagsbetreuung<br />

und z. T. nicht ausreichend<br />

qualifiziertes Personal. Bemängelt<br />

wurde laut <strong>GEW</strong>-Umfrage<br />

in vielen Fällen das Fehlen von zusätzlichen<br />

Stunden für Verwaltungskräfte<br />

(Schulsekretärinnen und<br />

Hausverwalter) an den Schulen. Boehlkau<br />

forderte für die neuen Ganztagsschulen<br />

eine Lehrerfeuerwehr<br />

(Vertretungsreserve) einzurichten,<br />

damit das Ganztagsschulprogramm<br />

auch bei Stundenausfall realisiert<br />

werden könne. Auch eine Erhöhung<br />

der Verwaltungsstunden sei dringend<br />

erforderlich.<br />

Eine besondere Schwachstelle der<br />

neuen Ganztagsschulen seien fehlende<br />

Rä<strong>um</strong>e, <strong>um</strong> die zusätzlichen Angebote<br />

ohne Einschränkungen<br />

durchführen zu können. Benannt<br />

wurden insbesondere Küchen- und<br />

Speiserä<strong>um</strong>e, Aufenthalts-, Hausaufgaben-,<br />

Freizeit-, Projekt- und Ruherä<strong>um</strong>e<br />

für die GanztagsschülerInnen<br />

sowie Arbeits- und Ruherä<strong>um</strong>e<br />

für die Lehrkräfte. Der <strong>GEW</strong>-Landes-vorsitzende<br />

kritisierte, „dass das<br />

Land die Städte und Gemeinden<br />

nicht mit finanziellen Mitteln unterstützt,<br />

<strong>um</strong> die notwendigen rä<strong>um</strong>lichen<br />

Voraussetzungen zu schaffen<br />

bzw. zu garantieren.“<br />

Ein besonders hoher Nachbesserungsbedarf<br />

bestehe bei der Organisation<br />

des Ganztagsangebotes: An<br />

80% der Schulen werde das „Ganztagsangebot“<br />

nur am Nachmittag als<br />

ergänzendes Angebot unterbreitet,<br />

Schulen<br />

nur an 9,7% der Schulen handele<br />

es sich <strong>um</strong> echten Ganztagsunterricht,<br />

d. h., der Unterricht und<br />

Zusatzangebote werden rhythmisiert,<br />

also sinnvoll auf Vor- und<br />

Nachmittag verteilt durchgeführt.<br />

„Gerade diese Form der Ganztagsschule<br />

stellt die Schule der Zukunft<br />

dar, wie sie auch in den führenden<br />

PISA-Nationen üblich ist,“ stellte<br />

Boehlkau fest.<br />

Kritik übte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

an der Praxis, Pädagogische<br />

Fachkräfte oft nur mit befristeten<br />

Verträgen einzustellen. „Es ist<br />

sicherzustellen, dass nur in Ausnahmefällen<br />

befristete Verträge angeboten<br />

werden, nämlich dann, wenn<br />

die Befristung durch ein zeitlich<br />

eindeutig begrenztes Projekt begründet<br />

ist,“ forderte Boehlkau.<br />

„Die Ganztagsschule in neuer Form<br />

benötigt - trotz positiver Ansätzenoch<br />

erhebliche Nachbesserungen<br />

von Seiten der Politik, damit sie<br />

sich zu einer qualitativ guten Ganztagsschule<br />

entwickelt und nicht<br />

eine Aufbewahrungseinrichtung<br />

wird!“, sagte Boehlkau z<strong>um</strong> Abschluss.<br />

Im folgenden Artikel werden die<br />

Ergebnisse der Umfrage im einzelnen<br />

vorgestellt.<br />

pm-gew<br />

9


Schulen<br />

Ganztagsschule - gelungen oder nicht?<br />

Zusätzliche Belastungen für Personal<br />

Von den z<strong>um</strong> Schuljahr <strong>20</strong>02/<strong>20</strong>03 gestarteten 81 neuen Ganztagsschulen<br />

haben sich an der Umfrage der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz 41 Schulen beteiligt.<br />

Das entspricht einem Prozentsatz von 50,6 %. Damit kann das Umfrageergebnis<br />

als repräsentativ angesehen werden.<br />

Folgende Schularten beteiligten sich<br />

an der Umfrage:<br />

1. 16 Grundschulen<br />

2. 7 Grund- und Hauptschulen<br />

3. 12 Hauptschulen<br />

4. 5 Regionale Schulen und<br />

5. 1 Realschule<br />

Gefragt wurden die örtlichen Personalräte<br />

der neuen Ganztagsschulen.<br />

Der Fragebogen war aus Sicht einiger<br />

Betroffener zu <strong>um</strong>fangreich und<br />

zu detailliert, für andere wieder<strong>um</strong><br />

nicht genau genug (Frage 2: „Die<br />

SchülerInnen kommen aus den Klassenstufen...“,<br />

hier fehlte der<br />

Hinweis, dass unter die<br />

Klassenstufe die Anzahl der<br />

gemeldeten GTS-SchülerInnen<br />

aufzuschreiben<br />

war!), sodass z<strong>um</strong> Teil Fragen<br />

nicht exakt genug beantwortet<br />

wurden. Auf der<br />

anderen Seite legten einige<br />

Schulen ausführliche Pläne<br />

bei, aus denen hervorgeht,<br />

wie das Nachmittagsangebot<br />

von wem gestaltet und<br />

genutzt wird (Frage 19:<br />

„Folgende zusätzlichen Angebote<br />

- z<strong>um</strong> normalen<br />

‚Halbtagsbetrieb‘ - stellt<br />

unsere Schule den SchülerInnen<br />

zur Verfügung“).<br />

Als Fazit stellen 39 neue<br />

Ganztagsschulen fest: „Der<br />

Start der neuen Ganztagsschule<br />

ist im Großen und Ganzen gelungen“<br />

und begründen dies u. a. wie<br />

folgt: ...“weil sich das Personal über<br />

die Maßen hinaus engagierte und<br />

zahlreiche Überstunden sowohl in<br />

den Ferien als auch während der<br />

Schulzeit in Kauf nahm.“ Eine neue<br />

GTS (HS) schreibt: „Der Start der<br />

neuen Ganztagsschule ist nicht gelungen,<br />

weil noch Organisatorisches<br />

überwiegt, die zusätzliche Belastung<br />

durch Aufsicht, Konferenzen, Be-<br />

sprechungen, Eingrenzung der Freirä<strong>um</strong>e<br />

jedem deutlich spürbar wird.“<br />

Obwohl die große Mehrheit der neuen<br />

Ganztagsschulen die Unterstützungsleistungen<br />

durch z.B. IFB,<br />

LMZ oder ADD positiv bewertete,<br />

wurden unter diesem Punkt folgende<br />

Anmerkungen gemacht (Auswahl):<br />

• Die Zeit zur Errichtung der GTS<br />

war überaus knapp bemessen und<br />

nur durch übermäßigen Einsatz einzuhalten.<br />

• Die Lehrerwochenstunden, die zu-<br />

gewiesen wurden, sollten erhöht werden,<br />

damit kleinere Gruppen gebildet<br />

werden können. Die GTS soll<br />

eine zufriedenstellende Förderung<br />

der Kinder ermöglichen und keine<br />

Aufbewahrungsstätte sein.<br />

• Wir brauchen mehr Anrechnungsstunden.<br />

• Vorhandene Kritik an dem System<br />

der GTS sollte ernst genommen und<br />

eventuelle Änderungen <strong>um</strong>gesetzt<br />

werden.<br />

Auf die Frage der <strong>GEW</strong> Rheinland-<br />

Pfalz, welche Änderungen an den<br />

Rahmenbedingungen noch vorgenommen<br />

werden müssen, damit die<br />

neue GTS gelingt, antworteten die<br />

Schulen sehr differenziert:<br />

• Mehr Personal für die Mittagsbetreuung,<br />

Vertretung bei Krankheitsfällen,<br />

Sach- und Geldzuweisungen<br />

für Spiele und Materialkosten, kleinere<br />

Gruppen;<br />

• Zuweisung von Mehrarbeitsstunden<br />

für die Schreibkraft der Schule<br />

(Schulträger); mehr Sekretärinnen-<br />

Stunden;<br />

• Problemfeld Mittagessen: Zuschuss<br />

für sozial schwache Familien.<br />

• Gut wäre es, wenn nur professionelles<br />

Personal einzustellen wäre (Bezahlung!).<br />

Die Schülerpopulation am<br />

Nachmittag ist schwieriger als<br />

am Vormittag.<br />

• Personalzuweisung für mehr<br />

Differenzierung, besseres<br />

Ra<strong>um</strong>angebot, bessere Ausstattung<br />

mit Lehrmitteln, qualitativ<br />

besseres Angebot in Freizeiterziehung;<br />

• Personalausstattung zu dünn,<br />

Lehrerfeuerwehr für GTS.<br />

• Die Zuweisung von Lehrerwochenstunden<br />

muss deutlich<br />

erhöht werden. Die Klassenmesszahl<br />

muss deutlich gesenkt<br />

werden.<br />

• SchulsozialarbeiterInnen/ErzieherInnen<br />

aus Jugendarbeit<br />

sollten angestellt werden; Angebot<br />

von Supervision für LehrerInnen.<br />

• Ein dickes Minus für die<br />

ADD! Dauernd wechselnde<br />

Ansprechpartner, die sich alle gerade<br />

einarbeiten, falsche Computereintragungen<br />

bei Verträgen, falsche oder<br />

gar keine Honorierung von Zusatzkräften<br />

(z. B. StudentInnen bei der<br />

Essensbetreuung).<br />

• Mehr Zeit für Verwaltungsaufgaben<br />

und Teambesprechungen!<br />

Eine Schwachstelle der neuen Ganztagsschule<br />

ist die rä<strong>um</strong>liche Ausstattung<br />

bzw. bauliche Maßnahmen, die<br />

ergriffen werden müssten, <strong>um</strong> die<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


GTS zu realisieren:<br />

23 Schulen forderten eine verbesserte<br />

rä<strong>um</strong>liche Ausstattung, 19 Schulen<br />

waren mit dem Ra<strong>um</strong>programm einverstanden,<br />

forderten aber Nachbesserungen,<br />

falls die Schule weitere<br />

Ganztagsgruppen erhält. Die Schulen<br />

forderten insbesondere folgende<br />

baulichen Veränderungen bzw. Ergänzungen,<br />

weil die Voraussetzungen<br />

für die GTS sonst nicht gegeben<br />

wären:<br />

• Einrichtung einer Küche, Umbau<br />

von Rä<strong>um</strong>en zu einer Mensa bzw.<br />

Speisera<strong>um</strong>,<br />

• Ruhera<strong>um</strong> für Lehrkräfte, Bürorä<strong>um</strong>e<br />

für GTS-Kräfte,<br />

• eigene Rä<strong>um</strong>e für GanztagsschülerInnen<br />

(z.B. Aufenthaltsrä<strong>um</strong>e,<br />

Hausaufgabenra<strong>um</strong>, Computerra<strong>um</strong>,<br />

Freizeiträ<strong>um</strong>e, Musikra<strong>um</strong>,<br />

Ruhera<strong>um</strong> für SchülerInnen ...),<br />

• Gruppenrä<strong>um</strong>e (wir nutzen die<br />

Flure!),<br />

• An- bzw. Ausbau von Sporthallen.<br />

Die Angebote an den verschiedenen<br />

Ganztagsschulen sind wie folgt organisiert:<br />

An 33 Schulen gelten die<br />

zusätzlichen Angebote nur am Nachmittag,<br />

Angebote an Vor- und Nachmittagen<br />

bieten nur vier Ganztagsschulen.<br />

Die beiden Formen nebeneinander<br />

existieren nur an vier Schulen.<br />

35 der Ganztagsschulen werden mittags<br />

mit Essen beliefert, an 5 Schulen<br />

muss das Essen außerhalb der<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Schule eingenommen werden, nur<br />

eine der 41 Schulen bietet selbst gekochtes<br />

Mittagessen für die SchülerInnen<br />

an.<br />

Ein weiterer Kritikpunkt aus den<br />

neuen Ganztagsschulen stellt die<br />

Personalzuweisung dar: Nur an 24<br />

der 41 Schulen entspricht die Personalzuweisung<br />

den Vorgaben des<br />

Ministeri<strong>um</strong>s für Bildung, Frauen<br />

und Jugend (MBFJ). <strong>20</strong> Schulen<br />

sind der Meinung, dass die Personalzuweisung<br />

ausreicht, 13 sind mit<br />

der Personalzuweisung nicht zufrieden.<br />

Nur die Hälfte der neuen Ganztagsschulen<br />

ist mit der Sachmittelzuweisung<br />

von Seiten des Trägers zufrieden.<br />

Die <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz hat in<br />

ihrem Beschluss zur Ganztagsschule<br />

vom<br />

29. August <strong>20</strong>01 und 23. Oktober<br />

<strong>20</strong>02 als eine wichtige Voraussetzung<br />

z<strong>um</strong> Gelingen der neuen Ganztagsschulen<br />

festgestellt, dass das zusätzliche<br />

pädagogische Personal<br />

grundsätzlich mit unbefristeten Stellen<br />

anzustellen ist. Die 41 neuen<br />

Ganztagsschulen, die der <strong>GEW</strong> die<br />

Fragebogen zurücksandten, meldeten,<br />

dass 22 der Verträge für Pädagogische<br />

Fachkräfte befristet sind,<br />

dagegen wurden 15 unbefristete<br />

Stellen eingerichtet.<br />

31 Schulen haben hinreichend qualifiziertes<br />

Personal gefunden.<br />

Tilman Boehlkau<br />

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Schulen<br />

11


Schulen<br />

Ministeri<strong>um</strong> erfüllt endlich Forderung der <strong>GEW</strong><br />

„Die <strong>GEW</strong> begrüßt die Entscheidung<br />

des Ministerrates in seiner<br />

Haushaltsklausur, alle 1.340 GrundschullehrerInnen,<br />

die noch in 3/4-<br />

Zwangsteilzeit-Stellen beschäftigt<br />

sind, in einem Stufenplan bis <strong>20</strong>04<br />

auf volle Planstellen zu übernehmen!“,<br />

sagte der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Tilman Boehlkau vor der Presse.<br />

Damit habe die Landesregierung<br />

nun endlich die schon seit zwei Jahren<br />

erhobene Forderung der <strong>GEW</strong><br />

nach Gleichbehandlung der GrundschullehrerInnen<br />

erfüllt. „Während<br />

die Lehrkräfte der anderen Schularten<br />

ab dem laufenden Schuljahr volle<br />

Planstellen erhalten, wurden<br />

GrundschullehrerInnen weiterhin<br />

mit 3/4-Teilzeitverträgen eingestellt.<br />

Das führte dazu, dass eine Reihe von<br />

qualifizierten Kräften - z<strong>um</strong> Teil<br />

während des laufenden Schuljahres<br />

- in Nachbarbundesländer abwanderten,<br />

weil sie dort volle Planstellen<br />

angeboten erhielten,“ stellte<br />

Boehlkau fest. „Die Folge hiervon<br />

war, dass einige Stellen im Grundschulbereich<br />

nicht besetzt werden<br />

konnten oder nachträglich vakant<br />

wurden.“<br />

Boehlkau forderte das Ministeri<strong>um</strong><br />

für Bildung, Frauen und Jugend auf,<br />

auch den als Vertretungsreserve eingestellten<br />

Lehrkräften an Grundschulen<br />

die gleichen Bedingungen<br />

anzubieten, d. h. diesen LehrerInnen<br />

Stellen in vollem Umfang zur Verfügung<br />

zu stellen. „Wenn dies nicht<br />

gleichzeitig <strong>um</strong>gesetzt wird, dann<br />

werden ka<strong>um</strong> noch Lehrkräfte zu finden<br />

sein, die die schwierige Arbeit<br />

eines Feuerwehrlehrers, einer Feuerwehrlehrerin<br />

auf sich nehmen,“ sagte<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende. Die<br />

Vertretungssituation an den Grundschulen<br />

gäbe heute schon Anlass zur<br />

Sorge, weil nicht alle Vertretungsstellen<br />

besetzt werden könnten. „So<br />

müssen zurzeit Schulen auch auf Personen<br />

zurückgreifen, die keine bzw.<br />

keine volle LehrerInnenausbildung<br />

haben. Diese Praxis darf nicht wei-<br />

CDU: Längst überfälliger Schritt<br />

Theater satt<br />

Als „längst überfälligeEntscheidung“<br />

bezeichnete<br />

der bildungspolitische<br />

Sprecher der<br />

CDU-Landtagsfraktion,<br />

Josef Keller,<br />

die Ankündigung<br />

der SPD/<br />

FDP-Landesregierung,<br />

auch<br />

Grundschullehrerinnen<br />

und<br />

Deutscher Spitzenreiter - und besser als Finnland - ist die Wiesbadener<br />

Helene-Lange-Schule, seit 1986 integrierte Gesamtschule.<br />

Noten gibt es hier erst ab der 7. Klasse, dafür aber den Offenen<br />

Unterricht, viel Kombinationen von Theorie und Praxis, SchülerInnen<br />

präsentieren ihre Ergebnisse nach außen, putzen ihre Rä<strong>um</strong>e<br />

selbst und finanzieren mit dem Ersparten Theaterpädagogen<br />

für den Unterricht.<br />

Kennzeichnend ist der hohe Anspruch, den SchülerInnen wie<br />

Lehrkräfte an sich stellen. ly<br />

Grundschullehrern eine volle Stelle<br />

anzubieten.<br />

Josef Keller: „Die von den Lehrerverbänden<br />

und der CDU schon seit langem<br />

geforderte Maßnahme kommt viel<br />

zu spät. Viele hochqualifizierte Grundschullehrerinnen<br />

und -lehrer sind in<br />

andere Bundesländer abgewandert, wo<br />

sie eine volle Beamtenstelle erhalten<br />

haben.<br />

Besonders nachteilig für die rheinlandpfälzischen<br />

Schulen ist, dass darunter<br />

sehr viele Lehrerinnen und Lehrer mit<br />

ter <strong>um</strong> sich greifen, denn für qualifizierten<br />

Unterricht ist qualifiziertes<br />

Personal erforderlich“, so der <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzende.<br />

Auf Ablehnung stößt bei der <strong>GEW</strong><br />

die Aussetzung der Leistungsprämie/<br />

Leistungszulage durch den Ministerrat.<br />

„Nach den gesetzlichen Vorschriften<br />

handelt es sich bei dem hierfür<br />

zur Verfügung stehenden Geld <strong>um</strong><br />

einen Bestandteil der Besoldung. Die<br />

KollegInnen haben die finanzielle<br />

Grundlage für die Prämie bzw. die<br />

Zulage selbst erarbeitet“, stelle Boehlkau<br />

fest und forderte für den Bereich<br />

der Schulen wiederholt die Umwandlung<br />

dieser Mittel in Planstellen. „Die<br />

Schulen des Landes brauchen dringend<br />

eine Vertretungsreserve in allen<br />

Schularten, wie die Ergebnisse der<br />

Umfrage der <strong>GEW</strong> gezeigt haben.<br />

Wenn die Leistungsprämie/Leistungszulage<br />

ausgesetzt wird, dient sie<br />

nur der Haushaltskonsolidierung.<br />

Dies kann die <strong>GEW</strong> nicht widerspruchslos<br />

hinnehmen!“, meinte Tilman<br />

Boehlkau. pm-gew<br />

Mangelfächern waren (Musik, Kunst<br />

und Sport).“<br />

Josef Keller: „Jetzt, wo auch eine Lehrerknappheit<br />

im Grundschulbereich<br />

droht und nicht genügend Lehrerinnen<br />

und Lehrer für die Ganztagsschule zur<br />

Verfügung stehen, reagiert die SPD/<br />

FDP-Landesregierung. Das alles hat<br />

mit einer weitsichtigen Politik nichts<br />

zu tun!“<br />

pm-cdu<br />

HLS: Exzellente Ergebnisse<br />

Lesen Punkte<br />

Helene-Lange-Schule 579<br />

PISA-Sieger Finnland 546<br />

Deutschland 484<br />

Naturwissenschaft Punkte<br />

Helene-Lange-Schule 598<br />

PISA-Sieger Finnland 540<br />

Deutschland 487<br />

Mathematik Punkte<br />

PISA-Sieger Japan 557<br />

Helene-Lange-Schule 540<br />

Deutschland 490<br />

Quelle: Der Spiegel 45/<strong>20</strong>02<br />

12 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


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<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

13


Tarifpolitik<br />

Kindertagesstätten an Warnstreiks beteiligt<br />

Trierer Volksfreund vom 18.12.<strong>20</strong>02<br />

Acht kommunale Kindertagesstätten<br />

sind am 17.12.02 dem Aufruf der<br />

<strong>GEW</strong> zur Beteiligung an den Warnstreiks<br />

der Gewerkschaften des öffentlichen<br />

Dienstes gefolgt. An Einrichtungen<br />

in Wörrstadt, Carlsberg,<br />

Kriegsfeld, Kaiserslautern und Wittlich<br />

ruhte die Arbeit jeweils für rund<br />

vier Stunden. Die Erzieherinnen<br />

nahmen an den Kundgebungen in<br />

Worms, Kaiserslautern und Trier teil.<br />

Die Eltern waren rechtzeitig vorher<br />

informiert und gebeten worden, ihre<br />

Kinder an diesem Tag möglichst<br />

nicht in die Kindertagesstätte zu bringen<br />

oder - bei Streikbeginn <strong>um</strong> 11.30<br />

Uhr in Wittlich - früher abzuholen.<br />

Für berufstätige Eltern hatte die Gewerkschaft<br />

Notdienste eingerichtet.<br />

„Die Eltern haben den Warnstreiks<br />

großes Verständnis entgegen gebracht“,<br />

betonte der <strong>GEW</strong>-Landes-<br />

vorsitzende Tilman Boehlkau vor der<br />

Presse. „Hierfür bedankt sich die<br />

<strong>GEW</strong> bei den betroffenen Eltern<br />

ausdrücklich, aber auch bei den am<br />

Streik teilnehmenden Kolleginnen,<br />

die mitgeholfen haben, Notdienste<br />

vor Ort zu organisieren.“ Boehlkau<br />

wies auch auf die Warnstreiks angestellter<br />

pädagogischer Fachkräfte an<br />

sechs Ganztagssonderschulen in<br />

Rheinland-Pfalz am 18.12.02 hin.<br />

pm-gew<br />

Bild links: Das Team von der Kriegsfelder Kita auf dem Weg z<strong>um</strong> Warnstreik<br />

in Kaiserlautern. Bei der Kundgebung sagte Hans Adolf Schäfer<br />

vom <strong>GEW</strong>-Landesvorstand in einem Grußwort u.a.: „Wir alle in den<br />

Gewerkschaften Ver.di, GdP, BAU und <strong>GEW</strong> lassen uns nicht unterkriegen.<br />

Denn: Wer heute den Kopf in den Sand steckt, wird morgen<br />

mit den Zähnen knirschen.“<br />

Bild unten (im Zeitungsausschnitt): Erni Schaaf-Peitz vom <strong>GEW</strong>-Vorstandsbereich<br />

Jugendhilfe und Sozialarbeit sagte beim Warnstreik am<br />

17.12.02 in Trier u.a.: „Wir haben Anspruch auf gutes Geld für gute<br />

Arbeit, denn Bildung gibt es nicht z<strong>um</strong> Nulltarif. Dies wissen auch die<br />

Eltern der Kinder aus unseren Kindertagesstätten. Sie haben sich mit<br />

uns solidarisch erklärt und unsere Protestaktion unterstützt.“<br />

Foto: Nora John<br />

14 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Tarifpolitik<br />

DEKRA-Beschäftigte wollen für Tarifvertrag streiken<br />

Trotz wiederholter Aktionen und<br />

Gesprächsangebote will die Geschäftsleitung<br />

der DEKRA Akademie<br />

bisher nicht mit der <strong>GEW</strong> über<br />

einen Tarifvertrag verhandeln. Nachdem<br />

drei Warnstreikrunden den Arbeitgeber<br />

nicht an den Verhandlungstisch<br />

bringen konnten, hat die<br />

<strong>GEW</strong> im Januar eine Urabstimmung<br />

bei der DEKRA Akademie durchgeführt.<br />

Das bundesweite Ergebnis ist<br />

eindeutig: 81,36% der Gewerkschaftsmitglieder<br />

votierten für weitere<br />

Arbeitskampfmaßnahmen. Das<br />

Ergebnis übersteigt damit die notwendige<br />

75%-tige Zustimmung bei<br />

weitem.<br />

Nachdem die Beschäftigten der DE-<br />

KRA Akademie im Jahr <strong>20</strong>02<br />

wieder<strong>um</strong> keine Gehaltserhöhungen<br />

erhalten hatten, will die <strong>GEW</strong> mit<br />

den Tarifverhandlungen Einkommensverbesserungen<br />

für ihre Mitglieder<br />

erreichen. Darüber hinaus<br />

sollen die allgemeinen Arbeitsbedingungen<br />

tariflich festgeschrieben und<br />

weiterentwickelt werden. Die DEK-<br />

RA Akademie ist der größte unter<br />

den nicht tarifgebundenen Weiterbildungsträgern<br />

in Deutschland.<br />

„In Rheinland-Pfalz fand die Urabstimmung<br />

an allen drei Aus- und<br />

Weiterbildungszentren - also Kaiserslautern<br />

mit seiner Außenstelle Altenglan,<br />

Ludwigshafen mit seiner<br />

Außenstelle Mainz, Mayen mit seinen<br />

Außenstellen Gerolstein und<br />

Trier - gleichzeitig statt“, erklärte der<br />

Vorsitzende der <strong>GEW</strong> Rheinland-<br />

Pfalz, Tilman Boehlkau, vor der Presse.<br />

„Wir haben durch die Urabstimmung<br />

das eindeutige Vot<strong>um</strong> der Beschäftigten<br />

für den Streik: Jetzt ist die<br />

Geschäftsleitung aufgefordert, sofort<br />

in Verhandlungen einzutreten. Sollte<br />

sie jedoch weiterhin nicht gesprächsbereit<br />

sein, werden wir bald<br />

massive Arbeitskampfmaßnahmen<br />

einleiten!“, so Boehlkau, dessen Gewerkschaft<br />

es nicht weiter hinnehmen<br />

will, dass die Beschäftigten bei<br />

der DEKRA Akademie ohne Tarifvertrag<br />

bleiben.<br />

„Die <strong>GEW</strong> startete ihren Arbeits-<br />

kampf am 21. Januar in Stuttgart.<br />

Während einer zentralen Kundgebung<br />

vor der dortigen DEKRA-Zentrale<br />

haben Beschäftigte aus ganz<br />

Deutschland deutlich gemacht, dass<br />

ihre Geduld ein Ende hat“, erläuterte<br />

Peter Blase-Geiger, zuständiger<br />

Gewerkschaftssekretär der <strong>GEW</strong><br />

Rheinland-Pfalz, die weitere Vorgehensweise.<br />

Blase-Geiger berichtete,<br />

dass an der zentralen Streikveranstaltung<br />

in Stuttgart auch zahlreiche<br />

DEKRA-Beschäftigte aus Rheinland-Pfalz<br />

teilnahmen.<br />

Sehr gut besucht war dann am folgenden<br />

Tag eine für Rheinland-Pfalz<br />

zentrale Streikversammlung in Mayen.<br />

Die mehr als 40 TeilnehmerInnen<br />

sprachen sich einstimmig dafür<br />

aus, die Streiks bei DEKRA Akademie<br />

fortzuführen. „Falls die Geschäftsleitung<br />

bei ihrer Haltung<br />

bleibt, Tarifverhandlungen mit der<br />

<strong>GEW</strong> abzulehnen, werden wir weiter<br />

streiken.“, so eine Teilnehmerin<br />

der Versammlung. Besonders verärgert<br />

zeigten sich die Streikenden<br />

darüber, dass sich am Vortag niemand<br />

von der Geschäftsleitung getraut<br />

hatte, zu den Kundgebungsteilnehmern<br />

in Stuttgart zu sprechen.<br />

Großen Applaus erhielten die Kollegen<br />

und Kolleginnen von DE-KRA<br />

Mannheim, die sich jetzt auch den<br />

Arbeitskampfmaßnahmen angeschlossen<br />

haben. Auf der Versammlung,<br />

die in der Gaststätte „Alter<br />

Fritz“ stattgefunden hat, wurde vereinbart,<br />

an zukünftigen Streiktagen<br />

auch in DEKRA-Einrichtungen Präsenz<br />

zu zeigen, an denen bisher nicht<br />

gestreikt wird. Außerdem wurde über<br />

die Streiktaktik diskutiert und überlegt,<br />

wie man sich gegenüber Streikbrechern<br />

verhalten kann.<br />

„Die rheinland-pfälzische Beteiligung<br />

an den Streikaktionen ist vorbildlich“,<br />

lobte Bernd Huster, Gewerkschaftssekretär<br />

der <strong>GEW</strong>, die<br />

anwesenden Kolleginnen und Kollegen.<br />

Er sicherte die volle Unterstützung<br />

seiner Gewerkschaft zu und<br />

wünschte den Streikenden einen langen<br />

Atem.<br />

pm-gew<br />

15


Berufliche Bildung<br />

Wandel der Lernkulturen<br />

Z<strong>um</strong> For<strong>um</strong> „Neue Lehr- und Lernkultur“ beim Tag der Beruflichen Bildung <strong>20</strong>02<br />

Die wesentlichen Elemente eines modernen Lehr-/Lernverständnisses entstammen<br />

der Ermöglichungsdidaktik, die eine neue Lernkultur prägt. Grundgedanken<br />

des Lernkulturwandels sind in dieser Zeitschrift in loser Folge dargestellt<br />

und kommentiert worden. In diesem Beitrag geht es <strong>um</strong> einige Perspektiven<br />

der Ausbildungspraxis unseres LehrerInnennachwuchses - eventuell<br />

in der Hochschule, mit Bestimmtheit im Studienseminar. Es geht auch <strong>um</strong><br />

Auswirkungen auf Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, exemplarisch<br />

dargestellt am For<strong>um</strong> Neue Lehr- und Lernkultur am Tag der Beruflichen Bildung<br />

<strong>20</strong>02. Und es geht <strong>um</strong> Teilbereiche einer Kultur der Rückmeldung.<br />

„Ah, da kommt ja die coole Truppe<br />

wieder“, meinten SchülerInnen, als sie<br />

einer Gruppe von Referendaren mit<br />

ihrem Fachleiter im Treppenhaus der<br />

Schule begegneten. Was war voraus<br />

gegangen? Im Rahmen ihrer Hospitation<br />

hatte das Team in dieser - allen<br />

Beteiligten unbekannten - Klasse Unterricht<br />

vorbereitet, durchgeführt und<br />

nachbereitet. Und war gut angekommen<br />

mit ihrer praktizierten Lernkultur.<br />

Dabei hatten sie nur gemacht, was<br />

heute sowieso von Lehrkräften verlangt<br />

wird: Lernprozesse so geplant<br />

und arrangiert, dass Schülerinnen und<br />

Schüler „sich zu selbst bestimmten<br />

und selbstständigen Lernern in der<br />

Gesellschaft entwickeln können und<br />

das lebensbegleitende Lernen als individuellen<br />

Auftrag verinnerlichen“.<br />

(Expertise „Innovative Fortbildung<br />

der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen<br />

Schulen“, <strong>20</strong>01, S. 11.) SchülerInnen<br />

finden das cool.<br />

In einer lebendigen Lernkultur<br />

haben alle Beteiligte die Möglichkeit<br />

selbstgesteuert zu lernen<br />

Unser eingangs geschildertes Kollegenteam<br />

hatte konsequent die Leitidee<br />

der Ermöglichungsdidaktik berücksichtigt,<br />

allen Beteiligten im<br />

Lernprozess selbst gesteuertes Arbeiten<br />

zu eröffnen. Sie hatten mit ihrem<br />

Lernarrangement bei den Lernern einen<br />

Eindruck hinterlassen, den diese<br />

mit der Vokabel „cool“ belegten. Damit<br />

machten die SchülerInnen<br />

zugleich deutlich, dass diese Art zu<br />

lernen nicht Alltag ist. Höchste Zeit,<br />

Lehrkräfte noch intensiver und nachhaltiger<br />

auf ihre neue Rolle vorzubereiten.<br />

Denn was für das neue Lernen in der<br />

Schule - nicht erst seit PISA, aber nun<br />

verstärkt - angestrebt wird, muss auch<br />

für die Ausbildungsstrukturen der<br />

Lehrerbildung - gleichgültig, ob in<br />

der ersten, zweiten oder dritten Phase<br />

- gelten: Ausbildungsveranstaltungen<br />

haben mindestens die gleichen<br />

Erfahrungen zu ermöglichen, die in<br />

einer lebendigen Lernkultur im Unterricht<br />

möglich und notwendig und<br />

deshalb unverzichtbar sind.<br />

Selbststeuerung erfordert erhöhtes<br />

Verantwortungsbewusstsein<br />

und ein Höchstmaß an Selbstreflexion.<br />

Das bedeutet im Einzelnen:<br />

1. LehrerInnen können ein eigenes<br />

Lehr-/Lern-Konzept aufbauen.<br />

2. Handlungs- und Denkweisen, die<br />

besonders günstig und schlüssig für<br />

das Lernen im Modus der Selbsterschließung<br />

angesehen werden, stehen<br />

im Mittelpunkt.<br />

3. Es werden Gründe offen gelegt,<br />

war<strong>um</strong> bestimmte pädagogische Ansätze<br />

und Handlungen wünschenswert<br />

sind (Instr<strong>um</strong>entcharakter des<br />

Wissens).<br />

4. Veranstaltungen sind konsequent<br />

ermöglichungsdidaktisch konzipiert.<br />

5. Unverzichtbare Arbeitsorientierungen<br />

sind selbstständiges und widerspruchsfreies<br />

Denken und Handeln.<br />

6. Schlüsselbegriffe des Lernens werden<br />

passgenau z<strong>um</strong> Konzept verwendet.<br />

7. Im Ausbildungshandeln wird ein<br />

Höchstmaß an Autonomie realisiert.<br />

8. Interaktiven Lern- und Arbeitsweisen<br />

wird Vorrang eingerä<strong>um</strong>t.<br />

9. In Rückmeldesituationen gilt die<br />

Orientierung am Gesichtspunkt der<br />

kommunikativen Symmetrie (Hilfsmittel:<br />

Selbst- und Fremdeinschätzung).<br />

10. Ausbildungshandeln beruht auf<br />

der Überzeugung: Lerner können<br />

selbstständig denken (als Fähigkeit der<br />

Konstruktion).<br />

11. Es wird eine stringente Fehlerkultur<br />

vertreten (z.B.: Lerner entdecken<br />

selbst, dass das, was sie fehlerhaft tun<br />

und beschreiben, keinen Sinn ergibt;<br />

Fehler werden als wichtige Hinweise<br />

zur Erschließung des begrifflichen<br />

Netzwerks von Lernern genutzt).<br />

12. Sprache und Anschauungsmaterialien<br />

schaffen Erfahrungsrä<strong>um</strong>e, die<br />

Anlass bieten zu Reflexion und Abstraktion.<br />

Fazit: Selbststeuerung erfordert erhöhtes<br />

Verantwortungsbewusstsein<br />

und ein Höchstmaß an Selbstreflexion.<br />

Wenn wir eine Veranstaltung unter<br />

den dargestellten Prämissen ausrichten,<br />

dann wollen wir (Selbst-) Verantwortung<br />

und (Selbst-)Reflexion steigern<br />

in den Bereichen der<br />

* pädagogischen Inhalte,<br />

* Verfahren und Abläufe,<br />

* und Gestaltung.<br />

Bei der Auswahl von Methoden<br />

ist zu fragen, welche Wertigkeiten<br />

diese im Hinblick auf die Ermöglichung<br />

von Aneignung und<br />

Selbststeuerung besitzen.<br />

Diese Sätze waren unsere Leitlinie für<br />

das For<strong>um</strong> Neue Lehr- und Lernkultur<br />

am Tag der beruflichen Bildung<br />

<strong>20</strong>02 in Mainz.<br />

Den Anfang machte eine kleine Inszenierung,<br />

die erstens verdeutlichen<br />

sollte, dass Wandel und (Lern-)Kultur<br />

untrennbar zusammengehören,<br />

und zweitens die Zuschauer<br />

schrittweise zu Beteiligten machen<br />

wollte.<br />

Wir präsentierten z<strong>um</strong> Ausklang der<br />

Inszenierung und als Übergang zur<br />

Selbsterschließungsphase in einem<br />

kleinen Power-Point-“Film“ die Konstruktion<br />

unserer Beschäftigung mit<br />

der neuen Lernkultur und ermöglichten<br />

damit den KollegInnen, ihre Kon-<br />

16 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


strukte z<strong>um</strong> Wandel der Lernkultur<br />

abzuarbeiten, zu visualisieren und zu<br />

verbalisieren. Es sind dies Blickwinkel,<br />

die sich in den Sphären einer unmittelbaren<br />

Welterfahrung und des<br />

zwischenmenschlichen Umgangs bewegen.<br />

Damit wurde im ersten Schritt<br />

ein episodisches Element über Lernkultur<br />

angeboten, welches in der Regel<br />

eine differenzierte Auffassung vom<br />

neuen Lernen unterstützt. Bedingung<br />

ist, dass vielfältiges und systematisch<br />

vernetztes Wissen über Lernsituationen<br />

bereits vorhanden ist. Dies setzten<br />

wir bei unserem TeilnehmerInnenkreis<br />

voraus.<br />

Denk- und<br />

Handlungsansätze<br />

der Lerner,<br />

ihre Hypothesen<br />

über<br />

die Sachen<br />

und Menschen,<br />

ihre Erfahrungswelt<br />

und<br />

ihre Zugriffsweisen<br />

in dieser<br />

Welt werden<br />

z<strong>um</strong> Ausgangspunkt<br />

der Lernprozesse.<br />

Im zweiten Schritt konnten die KollegInnen<br />

ihr Erfahrungswissen wissenschaftsförmig<br />

machen, indem sie<br />

ausgegebene Textbausteine, so genannte<br />

„Schnipsel“ als Literaturfundstellen,<br />

in die Architektur ihrer Alltagsdidaktik<br />

einbauten. Ihnen war es<br />

damit möglich, sich mit den zwischen<br />

<strong>um</strong>gänglichen und wissenschaftlichen<br />

Blickwinkeln bestehenden Differenzen<br />

auseinander zu setzen und diese<br />

Auseinandersetzung zu reflektieren.<br />

Wo dies nicht geschieht, bleibt in wesentlichen<br />

Bereichen Unverständnis<br />

oder gar Unmündigkeit zurück.<br />

Schließlich ging es uns dar<strong>um</strong>, den<br />

Beteiligten zu ermöglichen, ihre<br />

Denk- und Handlungsansätze, ihre<br />

Hypothesen über Sachen und Menschen,<br />

ihre Erfahrungswelt und die<br />

Zugriffsweisen in dieser Welt in den<br />

Mittelpunkt der Veranstaltung zu rücken.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

In der Reflexion wird Wert auf<br />

die Aufdeckung des Erkenntnisprozesses<br />

gelegt.<br />

Natürlich war wie immer die Zeit zu<br />

kurz, den vielen Verästelungen persönlich<br />

geprägter Vorstellungen nachzugehen.<br />

Und es fehlte auch die Zeit,<br />

die Entstehungsprozesse der mehrheitsfähigen<br />

Aussagen in der Tiefe zu<br />

analysieren. Und dennoch haben wir<br />

in dem relativ kleinen Zeitra<strong>um</strong> eine<br />

beeindruckende Vielfalt der konstruktiv-kritischen<br />

Auseinandersetzung mit<br />

dem Thema erlebt. Die so erzeugten<br />

(unscharfen) Wirklichkeiten waren<br />

keine Abbilder der Außenwelt Schule<br />

und Unterricht, sondern passende<br />

Konstruktionen, die von manchen anderen<br />

geteilt werden konnten - oder<br />

auch nicht. Immerhin hatten wir den<br />

TeilnehmerInnen die Möglichkeit eröffnet,<br />

ihren Erkenntnisprozess in der<br />

Auseinandersetzung mit der Thematik<br />

aufzudecken.<br />

Über Kommunikation kann es<br />

z<strong>um</strong> Aufbau intersubjektiver<br />

Welten kommen.<br />

Ein Ergebnis war indes unübersehbar:<br />

Hinter den Leitgedanken der Ermöglichungsdidaktik<br />

schimmern die Konturen<br />

eines durchweg positiven, aufgeklärten<br />

Menschenbildes durch - das<br />

machten die verschiedenen Gruppen<br />

in ihren Beiträgen mehr als deutlich.<br />

Anders ausgedrückt: Ohne positive<br />

Grundeinstellung z<strong>um</strong> Menschen, seinen<br />

Möglichkeiten und Fähigkeiten,<br />

wird die konsequente Hinwendung zu<br />

Selbsterschließungsprozessen nur<br />

schwer zu verwirklichen sein.<br />

Berufliche Bildung<br />

Für weitere Rückmeldungen hatten<br />

wir am Ende der Veranstaltung vorrangig<br />

zwei Wege eröffnet. Wir haben<br />

z<strong>um</strong> einen vorbereitete Ansichts-Postkarten<br />

vom Wandel der Lernkultur<br />

ausgegeben und z<strong>um</strong> anderen unsere<br />

eMail-Adressen z<strong>um</strong> Informationsaustausch<br />

angeboten. Dahinter steckt<br />

die Vorstellung, Lernprozesse erst<br />

dann als erfolgreich zu betrachten,<br />

wenn Rückmeldungen erbracht, eingeordnet<br />

und bewertet werden. Die<br />

ausdifferenzierten Deutungsmuster<br />

können dann Gegenstand weiterer Erörterungen<br />

werden.<br />

Zunächst zur Postkarten-Aktion: Von<br />

den 18 Rücksendungenwaren<br />

12 überwiegendzustimmend,<br />

ja in ihrenBekundungen<br />

sogar stark<br />

positiv ausgeprägt.<br />

Wir stellten<br />

für diese<br />

KollegInnen<br />

fest: Über Kommunikation<br />

ist<br />

es bei aller vorsichtigenEinschätzung<br />

der<br />

Rückmeldungen<br />

zu einem<br />

weitgehend intersubjektiven Verständnis<br />

vom Wandel der Lehr- und<br />

Lernkultur gekommen. Und jede Einzelaussage<br />

gäbe bei Bedarf genügend<br />

Anlass zu tieferer Betrachtung.<br />

Sechs Rückmeldungen waren eher<br />

ablehnend, drei davon stark negativ<br />

besetzt.<br />

Damit holen uns die bekannten Befunde<br />

über LehrerInnen in unserem<br />

Land ganz schnell ein: In fast allen<br />

Erhebungen wird höchstens ein Drittel<br />

der Lehrerschaft als eher innovationsfreudig<br />

und ein Drittel als eher<br />

innovationsresistent dargestellt. Eine<br />

Schwierigkeit, sich zu wandeln, liegt<br />

darin, „dass Lehrerinnen und Lehrer<br />

z<strong>um</strong> Teil Verhaltens- und Handlungsmuster<br />

aufgeben müssen, die erprobt<br />

und ihnen vertraut sind und als bewährt<br />

erscheinen“ (Expertise Innovative<br />

Fortbildung der Lehrerinnen und<br />

Lehrer an beruflichen Schulen, <strong>20</strong>01,<br />

S. 11).<br />

17


Berufliche Bildung<br />

Innovation nach kritischer Aufnahme<br />

und Verarbeitung neuer<br />

pädagogischer, didaktischer und<br />

methodischer Ansätze, ist ein<br />

besonderer Aspekt der Lehrerprofession.<br />

Das ist übrigens ein Befund, der nicht<br />

nur für bereits tätige LehrerInnen zu<br />

gelten scheint, sondern auch für diejenigen,<br />

die diesen Beruf erst ergreifen<br />

wollen. In nahezu allen Rückmeldungen<br />

zur Ausbildung im Studienseminar<br />

stoßen wir auf die gleichen<br />

Begründungen. Konzepte und Ausbildungsveranstaltungen<br />

werden<br />

besonders dann abgelehnt, wenn sie<br />

nicht in die eigene Lernbiografie und<br />

Erfahrungswelt integriert werden<br />

können. Und das, obwohl doch gerade<br />

vom Nachwuchs Innovation erwartet<br />

wird. Nachhaltig und stimmig<br />

im Konzept praktizieren nur drei von<br />

zehn Absolventen des Studiensemi-<br />

nars für das Lehramt an berufsbildenden<br />

Schulen die neue Lernkultur -<br />

und das erst in jüngster Zeit.<br />

Allerdings lohnt sich der Aufwand für<br />

diese drei. Übrigens auch dann, wenn<br />

es nur eine(r) wäre. (Eigentlich gehört<br />

innovatives Handeln grundsätzlich<br />

z<strong>um</strong> LehrerInnendasein, wenngleich<br />

es unter mancher Betrachterperspektive<br />

nicht immer der Schlüssel für Erfolg<br />

und Karriere zu sein scheint.)<br />

Das innovationsresistente Drittel können<br />

wir auch am Tag der beruflichen<br />

Bildung vorweisen, eventuell auch mit<br />

der oben zitierten Begründung.<br />

Aber dem innovationsfreudigen Drittel<br />

ist es offenbar gelungen, einige<br />

Unentschlossene, wenn auch längst<br />

nicht alle, mit ins Boot zu holen. Und<br />

das stimmt hoffnungsfroh innerhalb<br />

einer Gewerkschaft, die sich der Bildung<br />

verschrieben hat. (Wo diejenigen,<br />

die keine Karte geschickt haben,<br />

anzusiedeln sind, müssen sie selbst<br />

GRÜNE gegen verkürzte Berufsschulzeit<br />

Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag<br />

fordern die Landesregierung auf, die<br />

seit 1998 verkürzten Berufsschulzeiten<br />

für Tischler dem gesetzlich geforderten<br />

Normalmaß anzugleichen: „Seit vier<br />

Jahren verhindern Landesinnung und<br />

Landesfachverband Holz die Angleichung<br />

der Berufsschulzeit in der Tischlerausbildung.<br />

Gerade hat die Landesregierung<br />

die Verringerung der Unterrichtsstunden<br />

bis <strong>20</strong>04 verlängert. Frau<br />

Ahnen gibt damit ein fatales Signal an<br />

andere Innungen und Kammern, die<br />

ebenfalls die Berufsschulzeit verkürzen<br />

wollen“, erklärte Nils Wiechmann , bildungspolitischer<br />

Sprecher von Bündnis<br />

90/DIE GRÜNEN im Landtag.<br />

Durch das Berufsbildungsgesetz ist die<br />

Regel-Unterrichtszeit für Ausbildungsberufe<br />

seit 1997 auf 1440 Stunden fest-<br />

gelegt. Für Tischler hatte das Bildungsministeri<strong>um</strong><br />

die Berufsschulzeit<br />

seit 1998 probeweise auf 1<strong>28</strong>0 Stunden<br />

verkürzt. Es erhoffte sich davon<br />

mehr Ausbildungsplätze. Doch die<br />

Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge<br />

ist in den vergangenen vier<br />

Jahren nicht gestiegen, sondern <strong>um</strong> 16<br />

Prozent zurückgegangen. Dies geht<br />

aus der Antwort der Landesregierung<br />

auf die Kleine Anfrage „Verkürzung<br />

der Unterrichtszeit in Ausbildungsberufen<br />

an rheinland-pfälzischen Berufsschulen“<br />

hervor.<br />

„Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe<br />

sinkt auch bei verkürzten Ausbildungszeiten.<br />

Dies müsste für Frau<br />

Ahnen Grund genug sein, den ´Versuch`<br />

beim Tischlerhandwerk so<br />

schnell wie möglich zu beenden“, fordert<br />

Nils Wiechmann.“ Hinzu<br />

kommt: Von der Kürzung der Unterrichtsstunden<br />

sind die allgemeinbildenden<br />

Fächer Sozialkunde und<br />

Wirtschaftslehre mit 25% betroffen,<br />

der berufsbezogene Unterricht `nur`<br />

mit 11%. Dies ist im Hinblick auf<br />

die Ergebnisse der PISA-Studie und<br />

aktuelle rechtsradikale Äußerungen<br />

von Schülern an berufsbildenden<br />

Schulen eindeutig der falsche Weg“.<br />

pm-b/g<br />

entscheiden.)<br />

Nun zu den eMail-Kontakten. Es hat<br />

sich bestätigt, was viele Experten zu<br />

diesem Bereich sagen: Es funktioniert<br />

nicht. Bis heute ist kein einziger Kontakt<br />

aufgenommen worden. Man<br />

kann dies mit der Bemerkung beiseite<br />

wischen: Was soll’s. Man kann aber<br />

auch danach fragen, wie es <strong>um</strong> die<br />

notwendigen Reflexionsstrukturen in<br />

unserem (Bildungs-) Alltag bestellt ist.<br />

Soll das etwa heißen, dass sie unterentwickelt<br />

sind? Wir klopfen uns ans<br />

die eigene Brust und antworten kurz<br />

und knapp: Ja!<br />

Menschen sind lernfähig und<br />

lernwillig, aber meist nicht so<br />

und nicht dann, wenn andere es<br />

wollen, sondern wie sie selber es<br />

für richtig halten.<br />

Insgesamt kann jedoch die optimistische<br />

Botschaft der neuen Lehr- und<br />

Lernkultur auch am Ende einer solchen<br />

Tagung und erst recht in der<br />

Reflexion darüber weitergegeben werden:<br />

„Menschen sind lernfähig und<br />

lernwillig, aber meist nicht so und<br />

nicht dann, wie und wenn andere es<br />

wollen, sondern wie sie selber es für<br />

richtig halten“ (Horst Siebert, Pädagogischer<br />

Konstruktivismus, Neuwied<br />

1999, S. 195).<br />

Peter Markwerth<br />

odsmarkw@uni-koblenz.de<br />

www.uni-koblenz.de/~odssslb/<br />

index.html<br />

P.S. Vorstehende Gedanken können auch<br />

als Antwort auf die Reform der Lehrerbildung<br />

gesehen werden.<br />

Über den Autor:<br />

Peter Markwerth, Zweites Staatsexamen<br />

für berufsbildende Schulen in<br />

Elektrotechnik und Deutsch, 18 Jahre<br />

Lehrer in Ludwigshafen, 13 Jahre Fachleiter<br />

für Deutsch am Studienseminar<br />

für berufsbildende Schulen in Speyer,<br />

seit 1991 Leiter des Studienseminars für<br />

berufsbildende Schulen in Neuwied.<br />

Realisiert dort mit seinen MitarbeiterInnen<br />

den Lernkulturwandel, hat ein<br />

Qualitätsmanagementsystem verankert<br />

und die Ausbildung modularisiert. Vorsitzender<br />

der Fachgruppe Schulaufsicht<br />

und Schulverwaltung in Rheinland-<br />

Pfalz seit <strong>20</strong>02.<br />

18 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Berufliche Bildung<br />

Chancen und Risiken des kommenden Altenpflegegesetzes<br />

Sabine Nugel ist<br />

Referentin im<br />

MBFJ, Abteilung<br />

4 D, Berufsbildende<br />

Schulen,<br />

mit Zuständigkeit<br />

u.a. für die FachschulenSozialwesen,<br />

Altenpflege,<br />

Berufssonderpädagogik,Hauswirtschaft.<br />

17 unterschiedlicheAusbildungsgrundlagen<br />

in 16 Bundesländernnähern<br />

sich ihrem<br />

Ende.<br />

Am 24.10.02<br />

hat der Zweite<br />

Senat des Bundesverfassungsgerichts<br />

sein Urteil<br />

einstimmig<br />

gefällt und den<br />

Normenkontrollantrag<br />

des<br />

Freistaates Bayern in den meisten<br />

Punkten abgewiesen.<br />

Konkret heißt das, dass die dreijährige<br />

Altenpflegeausbildung künftig<br />

ein vom Bund gesetzlich geregelter<br />

Gesundheitsfachberuf ist, während<br />

die Altenpflegehilfe weiterhin ein<br />

landesrechtlich zu regelnder sozialpflegerischer<br />

Beruf bleibt.<br />

Mit Inkrafttreten des Altenpflegegesetzes<br />

und der ebenfalls vom Bund<br />

erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsordnung<br />

z<strong>um</strong> 01.08.<strong>20</strong>03 soll<br />

ein bundeseinheitlicher Mindestkonsens<br />

v.a. bei den folgenden Kernpunkten<br />

erreicht werden:<br />

* eine Ausbildungsdauer von drei<br />

Jahren<br />

* der Schutz der Berufsbezeichnung<br />

* der Anspruch auf Ausbildungsvergütung.<br />

Die Durchführung und inhaltliche<br />

Gestaltung lässt weiterhin relativ<br />

weitreichende regionalspezifische<br />

Ausführungen zu.<br />

Mit der inhaltlichen Orientierung<br />

Gleichbehandlung gefordert<br />

In einem Schreiben an Bildungsministerin<br />

Ahnen wies der <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />

Tilman Boehlkau auf Probleme<br />

im Zusammenhang mit der Ansparstunde<br />

für die LehrerInnen an Berufsbildenden<br />

Schulen hin:<br />

(...) „Für LehrerInnen an Gymnasien,<br />

die wegen des vorverlegten Abiturtermins<br />

in der 13. Klasse bis z<strong>um</strong> 31.<br />

März eine erhöhte Unterrichtsver-<br />

der Altenpflege an den Strukturen<br />

des Krankenpflegegesetzes und mit<br />

der gesetzlichen Zuordnung der Altenpflege<br />

zu den Gesundheitsfachberufen<br />

ist der Weg der Annäherung<br />

zwischen Alten- und Krankenpflege<br />

geebnet worden.<br />

Mit diesem gesteckten Rahmen wird<br />

es künftig erheblicher Anstrengungen<br />

bedürfen, die Profilbildung der<br />

Altenpflege in Richtung eines erkennbaren<br />

gerontologischen Profils<br />

mit adäquater Qualifizierung im interaktiv-kommunikativen<br />

Bereich zu<br />

entwickeln.<br />

Durch eine zunehmende Nachfrage<br />

nach (alten-)pflegerischen Leistungen<br />

hat sich der Pflegebedarf inhaltlich-qualitativ<br />

sowohl im ambulanten<br />

als auch im stationären Bereich<br />

verändert. Im stationären Bereich<br />

steigt der Anteil an hochbetagten,<br />

schwer pflegebedürftigen, bettlägrigen<br />

Seniorinnen und Senioren<br />

ebenso wie von schwerpflegebedürftigen<br />

dementen, aber physisch hochaktiven<br />

älteren Menschen. Altenpflege<br />

entwickelt sich hier zur Altenkrankenpflege<br />

einerseits sowie zur gerontopsychiatrischen<br />

Pflege und Aktivierung<br />

andererseits. Bei der sich<br />

ausweitenden häuslichen Pflegearbeit<br />

gewinnen auch hauspflegerische<br />

Tätigkeiten im Grenzbereich zwischen<br />

traditioneller Kranken- und<br />

Alten(-kranken)-pflege sowie Hauswirtschaft<br />

als <strong>neues</strong> pflegerisches<br />

Anwendungsfeld zunehmende Bedeutung.<br />

Beiden Entwicklungen muss Rechnung<br />

getragen werden. Dabei reicht<br />

die bloße formale Angleichung an<br />

pflichtung von 26 Stunden haben, entfällt<br />

in diesem Schuljahr die Verpflichtung<br />

zur Ansparstunde.<br />

Eine vergleichbare Situation besteht an<br />

Berufsbildenden Schulen, wenn Bildungsgänge<br />

z<strong>um</strong> Schulhalbjahr enden<br />

(oder - selten - beginnen) und wenn bei<br />

bestimmten Organisationsformen im<br />

Blockunterricht die wöchentliche Unterrichtsverpflichtung<br />

der Lehrkräfte<br />

die Krankenpflegeausbildung ebenso<br />

wenig aus wie die Einheitlichkeitsvorstellungen<br />

von Pflegeberufen aus<br />

der Sicht der Krankenpflege.<br />

Es muss vielmehr die Chance zu einer<br />

strukturellen und inhaltlichen<br />

Reform genutzt werden.<br />

Mit der geschaffenen „Modellklausel“<br />

in § 4 (6) des Altenpflegegesetzes<br />

können zeitlich befristete Ausbildungsangebote<br />

zur Weiterentwicklung<br />

der Pflegeberufe unter bestimmten<br />

Bedingungen erprobt werden.<br />

Hier können erste Schritte hin<br />

zu einer integrierten Ausbildung der<br />

Alten- und Krankenpflege mit deutlicher<br />

Profilentwicklung beider Berufsbilder<br />

gegangen werden. Gleichzeitig<br />

kann damit verhindert werden,<br />

dass sich die Altenpflege - durch ihr<br />

„Einzelberufsgesetz“ steht sie isoliert<br />

da - dem Reformbestreben im Berufsbereich<br />

„Pflege“ entzieht.<br />

Es bleibt abzuwarten, inwieweit die<br />

16 Bundesländer die im Gesetz vorgesehenen<br />

länderrechtlichen Freiheiten<br />

für sich nutzen und/oder zu Mindestvereinbahrungen<br />

untereinander<br />

gelangen, die dem erklärten Ziel einer<br />

bundeseinheitlichen Regelung<br />

Rechnung tragen.<br />

Der Wandel vom sozial-pflegerischen<br />

Beruf Altenpflege z<strong>um</strong> medizinischpflegerisch<br />

orientierten Gesundheitsfachberuf<br />

erleichterte die längst überfällige<br />

bundes-einheitliche Regelung.<br />

Um die aufgezeigten Chancen als<br />

Wegbegleiter des Entwicklungsprozesses<br />

des neuen „Gesundheitsfachberufs<br />

Altenpflege“ fördernd zu nutzen,<br />

gilt es, die Risiken zu bearbeiten,<br />

wann immer sie sich zeigen.<br />

Sabine Nugel<br />

innerhalb des Schuljahres erheblichen<br />

Schwankungen unterliegt.<br />

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

fordert Sie auf, für Gleichbehandlung<br />

der LehrerInnen an Berufsbildenden<br />

Schulen durch eine analoge<br />

Regelung hinsichtlich der Verpflichtung<br />

zur Ansparstunde Sorge zu<br />

tragen.“ (...)<br />

19


Schwerpunkt<br />

Autokratische Entscheidungsstrukturen<br />

<strong>Diskussion</strong> <strong>um</strong> ein <strong>neues</strong> rheinland-pfälzisches <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

Wurden Probleme der Hochschulen vor ein<br />

paar Jahren noch ausschließlich unter<br />

quantitativen Gesichtspunkten, nämlich<br />

im Hinblick auf die Entwicklung der<br />

Anzahl der Studierenden betrachtet,<br />

obwohl die Strukturprobleme in den<br />

Hochschulen mehr als augenfällig waren,<br />

so haben zunehmende Finanzprobleme<br />

und geändertes Studierverhalten<br />

Druck in die Reformbewegungen der<br />

Hochschullandschaft gebracht. Das war<br />

erstmals mit der 5. HRG (Hochschulrahmengesetz)<br />

- Novelle der Fall, als bereits viele<br />

Paragraphen zur Organisation einer Hochschule gestrichen<br />

wurden.<br />

Zunehmend wurde nach Modellen einer Verbesserung der Leistungsfähigkeit<br />

des Hochschulsystems ohne finanziellen Ausbau<br />

gesucht. Rheinland-Pfalz stellte in dieser Umbruchphase mit dem<br />

Personalbemessungskonzept (PBK) und dem Mittelbemessungsmodell<br />

(MBM) ein <strong>neues</strong> Finanzierungskonzept vor, das<br />

mittlerweile in den Hochschulen auch zähneknirschend als Verhandlungsgrundlage<br />

akzeptiert wird.<br />

Nun galt es noch, eine <strong>um</strong>fassende Strukturreform durchzuführen.<br />

Wie andere Bundesländer auch, hat nun die Landesregierung<br />

Rheinland-Pfalz ein <strong>neues</strong> <strong>Hochschulgesetz</strong> (HochSchG) vorgelegt,<br />

in dem nach den Prinzipien des new public management -<br />

man kennt dies aus den Kommunalverwaltungen als „Neues Steuerungsmodell“<br />

der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung<br />

- völlig und unserer Ansicht nach unakzeptable<br />

neue Steuerungsansätze in die Hochschulen hineingetragen<br />

werden. Unakzeptable insbesondere deshalb, weil Mitbestimmungs-,<br />

Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der in Forschung,<br />

Studi<strong>um</strong> und Lehre Beschäftigten zugunsten autokratischer Entscheidungsstrukturen<br />

eingeschränkt werden und weil Vertretungen<br />

der Wirtschaft ohne demokratische Legitimation in die interne<br />

Hochschulpolitik hineinregieren.<br />

Um die Stellungnahme der Landesfachgruppe Hochschule und<br />

Forschung in der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz einordnen zu können,<br />

haben wir uns erlaubt, einen Aufsatz von Dorothea May aus dem<br />

<strong>GEW</strong>-Handbuch für Personalräte und Gremienmitglieder zur<br />

„Flexibilierung der Hochschulhaushalte“, <strong>20</strong>01 voranzustellen.<br />

Barbara Hellinge<br />

Die Dipl.-Mediatorin (FH) Barbara Hellinge M.A. ist Vorsitzende<br />

der <strong>GEW</strong>-Landesfachgruppe Hochschule und Forschung, Mitglied im<br />

Vorstand des HPR des MWWFK und arbeitet als wissenschaftliche Angestellte<br />

an der FH Trier (Allg. Studienberatung und ECTS-Hochschulkoordination).<br />

Was bringt das „New public management“?*<br />

Woher kommt das NPM-Konzept historisch? Ist es<br />

auf deutsche Hochschulverhältnisse übertragbar?<br />

Gegebenenfalls unter Berücksichtigung welcher Besonderheiten<br />

ist es übertragbar? WeIche Elemente<br />

kennzeichnen einen <strong>neues</strong> Verwaltungsverständnis?<br />

Bringt NPM mehr Hochschulautonomie?<br />

1. Definition, Herkunft, Anwendungsbereich<br />

Entstanden zu Beginn der achtziger Jahre in den Ländern mit einer<br />

überwiegend angelsächsischen Verwaltungstradition steht das<br />

Konzept des new public management (NPM) für ein grundsätzlich<br />

<strong>neues</strong> Verständnis der Aufgaben und Organisation öffentlicher<br />

Verwaltung, Wesentlich für die unter dem Begriff des NPM<br />

subs<strong>um</strong>ierten Reformstrategien ist, dass der hoheitliche, bürokratische<br />

Charakter, der Verwaltung lange Zeit geprägt hat, als unzeitgemäß<br />

und ineffektiv betrachtet wird. Verwaltung soll nunmehr<br />

als modernes Dienstleistungsunternehmen konzipiert werden,<br />

Bislang untergeordneten Einheiten sollen größere Eigenständigkeit<br />

und Autonomie hinsichtlich der Erledigung ihrer Aufgaben<br />

und Verantwortung für einen wirtschaftlichen und effektiven Einsatz<br />

der Mittel gewährt werden, Dabei richtet sich der Blick der<br />

Verwaltungsreformer stark auf betriebswirtschaftliche Instr<strong>um</strong>en-<br />

* Entnommen aus: Peer Pasternack (Hrsg.): Flexibilisierung der Hochschulhaushalte.<br />

Handbuch für Personalräte + Gremienmitglieder, Schüren <strong>20</strong>01<br />

tarien, deren Übertragung auf Verwaltungsstrukturen im Kozept<br />

des NPM eine zentrale Rolle spielt,<br />

Dies sind insbesondere: Setzen auf Wettbewerb, Einführung von<br />

Marktelementen, „leistungsgerechte“ Bezahlung, „Kundenorientierung“,<br />

Abbau bürokratischer Strukturen, Deregulierung, Ergebnisorientierung,<br />

Controlling und Evaluation, Entwicklung eines<br />

Leitbildes und einer corporate identity, Steuerung über Zielvereinbarungen,<br />

Beschränkung auf die Kernaufgaben, Auslagerung<br />

und Verselbständigung von Verwaltungseinheiten, Verflachung der<br />

Hierarchien, Stärkung der Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen,<br />

gezielte Personalentwicklung. Projektorganisation, Verbesserung<br />

der Kommunikationsstrukturen, Transparenz, durch die sowohl<br />

intern als auch extern Abläufe und Entscheidungswege durchschaubar<br />

und damit beurteilbar und diskutierbar werden, die Bereitschaft,<br />

Schwachstellen aufzuspüren und zu beseitigen sind weitere<br />

Elemente des reformierten Verwaltungsverständnisses.<br />

In Deutschland haben die Ideen des NPM ebenfalls zu einem strategischen<br />

Umschwung im öffentlichen Sektor geführt. Dieser ist<br />

eng mit dem von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung<br />

entwickelten „Neuen Steuerungsmodell“<br />

verknüpft und hat dazu geführt, dass in Staats-, Landes- und Kommunalverwaltungen<br />

das klassische bürokratische RegulierungsmodelI<br />

immer mehr ins Wanken gerät. Statt über Erlasse und Verfügungen<br />

zu steuern, wird auf Kontraktmanagement, d.h. den Abschluss<br />

von Zielvereinbarungen zwischen der Leitung der Verwaltung<br />

und den ausführenden Einheiten, gesetzt. Das Selbstverständnis<br />

einer bloß exekutiven Verwaltung wird zugunsten einer stärke-<br />

<strong>20</strong> <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


en Managementorientierung aufgegeben. Wenngleich die Ideen<br />

des NPM nicht alle wirklich neu zu nennen sind, haben sie doch<br />

unter dem Problemdruck sinkender Finanzen und zugleich wachsender<br />

Aufgaben eine Schubkraft bekommen, die zunehmend die<br />

Ansprüche an öffentliche Institutionen und deren Selbstverständnis<br />

verändert und zu neuen Zielsetzungen und Verfahren führt.<br />

Staatliche Hochschulen<br />

- als sehr<br />

spezifische Körperschaftenöffentlichen<br />

Rechts<br />

-bleiben davon<br />

nicht ausgenommen.<br />

Denn auch<br />

die Hochschulen<br />

geraten zunehmend<br />

unter erheblichenRationalisierungs-<br />

und<br />

Optimierungsdruck.<br />

Ihre<br />

immer wichtiger<br />

werdende Rolle in<br />

einer wissensbasiertenÖkonomie,<br />

die ihre Expansion(wach-<br />

€<br />

sendeStudierendenzahlen)wünschenswert macht, lässt die Hochschulen z<strong>um</strong> volkswirtschaftlich<br />

bedeutsamen (aber auch kostspieligen) Produktionsfaktor werden,<br />

der selber zunehmend den Kriterien ökonomischer Rationalität<br />

unterworfen wird. Nicht nur für ihre Verwaltungsteile, sondern<br />

für die Institution Hochschule insgesamt gilt: Leistungsfähigkeit<br />

und Effizienz des Mitteleinsatzes müssen gesteigert und nachgewiesen<br />

werden, Hochschulen müssen sich nicht nur für den globalen<br />

Wettbewerb stark machen, sie müssen sich selber im (internationalen)<br />

Wettbewerb behaupten.<br />

Dennoch sind aufgrund der Spezifität der Einrichtung Hochschule<br />

die Grundsätze, die in der Industrie und in Anlehnung daran<br />

für die öffentliche Verwaltung entwickelt wurden, nur bedingt übertragbar.<br />

Die <strong>Diskussion</strong> darüber, wo, in welchem Maße dies möglich<br />

ist und welche gesetzlichen Änderungen dafür notwendig sind,<br />

bestimmt wesentlich die gegenwärtige Hochschulstrukturdebatte.<br />

Das new public management muss in ein new university management<br />

transformiert werden.<br />

2. Hochschulreform vor dem Hintergrund des NPM<br />

Zu den wichtigsten Elementen des NPM, die in die hochschulischen<br />

Reformansätze Eingang gefunden haben, gehören:<br />

Trennung von normativer und strategischer Kompetenz und operativer<br />

Verantwortung:<br />

In den Debatten zur Novellierung der <strong>Hochschulgesetz</strong>e besteht<br />

weitgehend Einmütigkeit, dass Parlament und Regierung sich zunehmend<br />

aus der Detailsteuerung der Hochschulen qua Gesetz<br />

und Verordnung zurückziehen und sich auf die Formulierung von<br />

staatlichen Zielen und daraus abgeleiteten Leistungsaufträgen an<br />

die Hochschulen beschränken sollten. Dies entspricht dem im<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Hochschulen<br />

NPM entwickelten Prinzip der klaren Trennung zwischen normativen<br />

und übergeordneten strategischen Entscheidungen der politischen<br />

Behörden einerseits und operativen Kompetenzen und Verantwortlichkeiten<br />

der Verwaltung andererseits.<br />

Diese Trennung - (irreführenderweise) verbunden mit dem Schlagwort<br />

der „Autonomie“ der Hochschulen - soll dadurch vollzogen<br />

werden, dass alle fachlichen<br />

Entscheidungen in<br />

die Hochschulen verlagert<br />

werden, da dort größere<br />

Problemnähe und<br />

daher größere Problemlösungskompetenz<br />

als von<br />

ministerieller Intervention<br />

erwartet wird. In der<br />

Organisation der Binnenstrukturen<br />

der Hochschulen<br />

soll das Prinzip<br />

fortgesetzt werden, auch<br />

wenn die Zuordnungen<br />

noch unterschiedlich und<br />

im Fluss sind. Mehrheitlich<br />

wird den Senaten<br />

oder vergleichbaren Gremien<br />

strategische Kompetenz<br />

und (beschränkte)<br />

Aufsichtsfunktion, den<br />

Hochschulleitungen und<br />

Dekanen operative Verantwortung<br />

zugesprochen. Letztere sollen insbesondere durch die<br />

Verfügung über die Haushaltsmittel entsprechend gestärkt werden.<br />

Zusammenführung von Fachverantwortung und Haushaltsverantwortung:<br />

Die gewünschte Stärkung der Verantwortlichkeit dezentraler Bereiche<br />

im NPM ist damit verbunden, dass diesen eine weitgehend<br />

eigenständige Verfügung über den Einsatz benötigter Ressourcen<br />

ermöglicht wird. Für die Finanzierung der Hochschulen durch den<br />

Staat bedeutet dies, dass diese aus dem strengen kameralistischen<br />

Korsett befreit werden muss. Durch Globalzuweisung und die damit<br />

einhergehende Flexibilisierung der Haushaltsbewirtschaftung<br />

werden die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Hochschulen<br />

die nötigen Handlungs- und Bewegungsspielrä<strong>um</strong>e erhalten, weil<br />

sie selbständig über den Einsatz der Mittel bestimmen können.<br />

Deregulierung und Übertragung staatlicher Befugnisse:<br />

Der Rückzug des Staates aus einer engen Fachaufsicht verlangt eine<br />

Neuverteilung der bisher vom Staat erfüllten Aufgaben. Dieser<br />

Rückzug, der in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich stark<br />

verfolgt wird, ist mit der Aufgabe gesetzlicher Detailregelungen<br />

verbunden. Die Frage, wie weitgehend der Regelungsverzicht sein<br />

soll, steht im Zentr<strong>um</strong> der gegenwärtigen Debatten im Rahmen<br />

der Novellierungsbestrebungen der <strong>Hochschulgesetz</strong>e. Es zeichnet<br />

sich jedoch ab, dass mit einer Verlagerung bisher staatlicher Kompetenzen<br />

in die Hochschulen auch die gesetzlichen Organisationsvorgaben<br />

zur Gruppenuniversität in Gänze zur Disposition gestellt<br />

werden, wie dies in den Experimentierklauseln der <strong>Hochschulgesetz</strong>e<br />

einiger Länder schon jetzt der Fall ist.<br />

21


Schwerpunkt<br />

Neue Entscheidungs- und Leitungsstrukturen/ Aufsichtsräte:<br />

Die Verlagerung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in<br />

die ausführenden Bereiche und die Schaffung von flexiblen dezentralen<br />

Organisationsstrukturen verlangt eine Absage an die hierarchisch<br />

gegliederte Verwaltung und bedingt einen <strong>um</strong>fassenden<br />

Umbau der traditionellen Entscheidungs- und Leitungsstrukturen.<br />

Im Hochschulbereich betrifft dies sowohl das Verhältnis Staat/<br />

Hochschule als auch die Binnenverhältnisse. Zusammen mit der<br />

Haushaltsverantwortung wird ein Teil der bisherigen staatlichen<br />

Steuerungsfunktionen der Hochschulen unmittelbar in die Hochschulen<br />

verlagert werden (z.B. der, der die Organisation von Lehre<br />

und Forschung betrifft). Ein anderer Teil wird durch Rahmenvorgaben<br />

und die Verknüpfung der Mittelvergabe an Zielvereinbarungen<br />

oder/und Leistungsindikatoren zwar eine neue Form und<br />

auch eine neue Gestalt erhalten, aber bei dem Staat verbleiben.<br />

Unterschiedliche Konzepte bestehen hinsichtlich der Frage, wem<br />

die Aufsichtsfunktion über die Hochschulen zukommen soll und<br />

wie diese institutionalisiert werden soll. Insbesondere die Hochschulen,<br />

die sich möglichst weitgehend von der Ministerialbürokratie<br />

lösen wollen, verbinden dies mit der Einführung von Hochschulräten,<br />

denen aufsichtsratähnliche Kompetenzen übertragen<br />

werden.<br />

Output- statt Inputsteuerung / Controlling und Evaluation / Total<br />

quality management:<br />

Im Unterschied zu einer Steuerung durch rechtliche und hierarchische<br />

Kontrollen steht im NPM die Ausrichtung auf Ergebnisvorgaben<br />

im Vordergrund. Dabei wird die Überprüfung der ordnungsgemäßen<br />

Verausgabung vorab veranschlagter finanzieller und<br />

personeller Mittel im Rahmen kameralistischer Haushaltsführung<br />

durch Überprüfung der tatsächlichen Leistung abgelöst. Hierzu<br />

bedarf es aussagekräftiger Messgrößen und Methoden zur Kosten-<br />

, Leistungs- und Wirkungsmessung.<br />

Für die Hochschulen werden dementsprechend sowohl Verfahren<br />

und Indikatoren zur Kontrolle des effizienten Mitteleinsatzes als<br />

auch zur Qualität der erbrachten Leistungen entwickelt. Dies betrifft<br />

sowohl die Leistungsbewertung der Institution als auch die<br />

der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (inklusive Professoren und<br />

Professorinnen), deren leistungsgemäße Bezahlung ebenfalls zur<br />

Debatte steht. In der Schwierigkeit, konsensfähige Kriterien der<br />

Leistungsbemessung aufzustellen und total quality management<br />

in die Hochschulen einzuführen, zeigt sich jedoch die Spezifität<br />

der Institution Hochschule in besonderem Maße.<br />

Wettbewerbsorientierung:<br />

Der Wettbewerbsgedanke, der im NPM als Triebfeder für die Verbesserung<br />

der Leistungsqualität und der Kosteneffizienz angesehen<br />

wird, ergreift zunehmend auch den Hochschulbereich. Parti-<br />

ell stehen die Hochschulen schon jetzt im nationalen und internationalen<br />

Wettbewerb <strong>um</strong> Studierende, <strong>um</strong> Ausstattung, <strong>um</strong> wissenschaftliches<br />

Personal, eine Konkurrenz, die sich jedoch bisher<br />

eher quasi naturwüchsig hergestellt hat. Zunehmend wird jedoch<br />

die Wettbewerbsorientierung als bewusstes Steuerungs- und Ausleseinstr<strong>um</strong>ent<br />

eingesetzt und ähnlich wie in einigen Bereichen<br />

der kommunalen Verwaltungen ausgebaut: durch die Verknüpfung<br />

der Mittelvergabe an Leistungsvergleiche, durch bench-marking<br />

und durch die Schaffung interner Märkte oder dadurch, dass Aufträge<br />

nach außen gegeben oder <strong>um</strong>gekehrt Aufträge von außen in<br />

die Hochschulen hereingeholt werden. Auch die <strong>Diskussion</strong> <strong>um</strong><br />

die Auswahl der Studierenden durch die Hochschulen oder <strong>um</strong>gekehrt<br />

die Auswahl der Hochschulen durch die Studierenden mit<br />

dem Einsatz von Bildungsgutscheinen sind in diesem Kontext zu<br />

sehen.<br />

Management by objectives - Kontraktmanagement und Zielvereinbarungen:<br />

Anfänglich in erster Linie in der Mitarbeiterführung in der Wirtschaft<br />

eingesetzt, gehört das Konzept des management by objectives<br />

zu den mittlerweile gängigen Maßnahmen im Repertoire des<br />

NPM. Zielvereinbarungen wurden aus der Personalentwicklung,<br />

auch bekannt als eine Form des Mitarbeitergesprächs, auf Organisationseinheiten<br />

übertragen. An die Stelle prozessregulierender<br />

Vorgaben der vorgesetzten Seite tritt das Aushandeln der zu erreichende<br />

Ziele zwischen der vorgesetzten und der ausführenden Einheit<br />

und die Festlegung der Rahmenbedingungen, insbesondere<br />

die Zusicherung der notwendigen materiellen Ressourcen.<br />

Kontraktmanagement und Zielvereinbarungen stellen ein Managementinstr<strong>um</strong>ent<br />

dar, das sich nicht zuletzt wegen der damit verbundenen<br />

Planungssicherheit für die ausführenden Einheiten<br />

vergleichsweise breiter Akzeptanz im Hochschulbereich erfreut, und<br />

zunehmend sowohl hochschulextern - im Verhältnis Hochschule/<br />

Staat - in Form von Innovationspakten oder konkreter gefassten<br />

Leistungsverträgen als auch hochschulintern, im Verhältnis Hochschulleitung/Fakultäten<br />

eingesetzt wird.<br />

3. Bewertung<br />

Das Konzept des NPM enthält sowohl Elemente, deren Übertragung<br />

auf den Hochschulbereich dazu beitragen kann, verkrustete<br />

(Macht-) Strukturen aufzubrechen, als auch solche, die geeignet<br />

sind, Handlungsspielrä<strong>um</strong>e nicht zu erweitern, sondern im Gegenteil<br />

noch weiter einzuschränken. Im Abschmelzen hierarchischer<br />

Weisungsbefugnisse und der stärkeren Ausrichtung auf die<br />

eigentlichen Akteure liegt ein Reformpotenzial, das für alle Beteiligten<br />

zufriedenstellendere Ergebnisse bringen kann. Damit sich<br />

dieses Potenzial entfalten kann, muss jedoch dafür Sorge getragen<br />

werden, dass bürokratische Macht nicht <strong>um</strong>standslos durch die<br />

Budgetmacht einzelner ersetzt und die wenig nützliche aber auch<br />

wenig störende Kontrolle des Einhaltens von Verwaltungsvorschriften<br />

durch eine scharfe Ergebniskontrolle anhand zweifelhafter Indikatoren<br />

abgelöst wird.<br />

Dorothea May<br />

Literatur<br />

Budäus, Dietrich (1994): New Puplic Management. Konzepte und Verfahren zur Modernisierung<br />

öffentlicher Verwaltungen, Berlin.<br />

Naschold, Frieder (1995): Ergebnissteuerung, Wettbewerb, Qualitätspolitik, Entwicklungspfade<br />

des öffentlichen Sektors in Europa, Berlin.<br />

22 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


<strong>GEW</strong>-Stellungnahme: „Mangelhafte Qualität<br />

der politisch Verantwortlichen“<br />

Folgende Stellungnahme formulierte die Landesfachgruppe Hochschule<br />

und Forschung des <strong>GEW</strong>-Landesverbands Rheinland-Pfalz<br />

z<strong>um</strong> Entwurf des „Landesgesetz(es) über die Hochschulen in<br />

Rheinland-Pfalz (HochSchG)“:*<br />

1.<br />

Wir begrüßen, dass in Zeiten blamabler PISA- und OECD-Bewertungen<br />

(Education at a Glance, <strong>20</strong>02) die Landesregierung zeigt, dass<br />

sie sich mit einem einheitlichen <strong>Hochschulgesetz</strong> den neuen Erfordernissen<br />

des Bildungsmarktes stellt.<br />

Damit sollen<br />

• der Bologna-Prozess im Gesetz verankert werden,<br />

• die Neuordnung der befristeten Arbeitsverhältnisse im Hochschulbereich<br />

aufgrund der 5. und 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes<br />

(HRG) in Landesrecht <strong>um</strong>gesetzt werden,<br />

• die Hochschuldienstrechtsreform vorangetrieben werden<br />

• die Rechte der verfassten Studierendenschaft ebenso wie<br />

• die Garantie auf Studiengebührenfreiheit für ein erstes berufsqualifzierendes<br />

Studi<strong>um</strong> sowie für konsekutive Studiengänge, die nach einem<br />

Bachelor-Abschluss z<strong>um</strong> Master führen, aufgrund der 6. HRG-<br />

Novelle aufgenommen werden,<br />

• das Gleichstellungsgebot im Geschlechterverhältnis geregelt werden,<br />

• die Deregulierungsmöglichkeiten aufgrund der HRG-Novellierungen<br />

zur Rechtsstellung der Hochschule ausgeschöpft werden.<br />

Diese Vorhaben sind dem Gesetzgeber immer dann gelungen, wenn er<br />

die Regelungen des HRG aufgrund dort bereits vorhandener Detailregelungen<br />

übernimmt, wie z.B. bei der<br />

• Stärkung der sozialen und familiären Belange der Studierenden,<br />

• Stärkung der Rechte der verfassten Studierendenschaft,<br />

• Übernahme des Leitprinzips „Gender Mainstreaming“,<br />

• Stärkung der Frauenförderung,<br />

• Übernahme von Elementen des Qualitätsmanagements wie Qualitätssicherung<br />

in Forschung , Studi<strong>um</strong> und Lehre sowie studentische<br />

Lehrevaluation,<br />

• Ausgestaltung von Prüfungsordnungen und Studienplänen,<br />

• Studiengebührenfreiheit für ein erstes berufsqualifzierendes Studi<strong>um</strong><br />

sowie für konsekutive Studiengänge, die nach einem Bachelor-Abschluss<br />

z<strong>um</strong> Master führen.<br />

Der Gesetzesentwurf ist immer dann misslungen, wo das Land nicht<br />

mehr zu seiner Verantwortung für Ausbildung und Wissenschaft steht<br />

und Prinzipien des new public management nicht in ein new university<br />

management transformiert. Fälschlicherweise werden unter dem<br />

Schlagwort der „Autonomie“ der Hochschule Elemente des new public<br />

management nachvollzogen. Diese Elemente sind die Trennung zwischen<br />

normativer und strategischer Kompetenz sowie operativer Verantwortung.<br />

Dies führt dann für den Bereich der Finanzautonomie zu<br />

einer Kaschierung von Haushaltskürzungen und einer Flucht aus der<br />

Verantwortung für eine wissenschaftsadäquate, qualitätsfördernde Hochschulfinanzierung.<br />

Für den Bereich der Übertragung staatlicher Befugnisse auf die Hochschulen,<br />

verbunden mit einer Deregulierung der Organisationsrechte<br />

bei<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Hochschulen<br />

• schlichter Übernahme von Führungsstrukturen großer Kapitalgesellschaften<br />

(Hochschulrat, Gemeinsame Kommission) und<br />

• monokratischer Leitungsstruktur<br />

führt dies dazu, dass die Gruppenuniversität in Gänze zur Disposition<br />

steht.<br />

2. Im Einzelnen<br />

2.1. Z<strong>um</strong> Verhältnis Staat - Hochschule - Gesellschaft<br />

Die <strong>GEW</strong> kritisiert grundsätzlich den Rückzug des Staates aus seiner<br />

Verantwortung für die Hochschulen des Landes durch den Einzug des<br />

Hochschulrats (§ 75) als Organ der Hochschule. Nicht nur für die Gewerkschaften<br />

sind Bildung und Wissenschaft gesellschaftliche Aufgaben,<br />

die - demokratisch legitimiert und öffentlich realisiert - zur Optimierung<br />

des Erkenntnisprozesses und zur demokratischen Qualifizierung<br />

aller Menschen beitragen sollen.<br />

Der vorliegende Entwurf für ein rheinland-pfälzisches <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

wird diesem Anspruch nicht gerecht.<br />

Der Entwurf bricht mit Formen grundgesetzlich geschützter demokratischer<br />

Teilhabe an den Hochschulen. „Die Hochschulleitung werde durch<br />

Managementfunktionen gestärkt“, so der Minister. Damit werden den<br />

Hochschulen dirigistische Strukturen übergestülpt, die nicht einmal mehr<br />

den in der sonst gar nicht mehr als sich so vorbildlich erwiesenen Wirtschaft<br />

gängigen betriebswirtschaftlichen Prinzipien von Partizipation,<br />

flachen Hierarchien und Dezentralisierung genügen.<br />

2.1.1 Der Hochschulrat<br />

Die einschneidendste Veränderung der Leitungsstrukturen der Hochschulen<br />

ist die Einführung eines Hochschulrates, der je nach Größe der<br />

Hochschule aus 6 bis 8 Personen besteht, die weder der Hochschule<br />

noch dem zuständigen Ministeri<strong>um</strong> angehören dürfen. Sie sollen zu<br />

gleichen Teilen vom zuständigen Ministeri<strong>um</strong> und vom höchsten Selbstverwaltungsgremi<strong>um</strong><br />

der jeweiligen Hochschule, dem Senat, berufen<br />

werden.<br />

Dem Hochschulrat stehen im Wesentlichen Kompetenzen zu, die bisher<br />

die höchsten Selbstverwaltungsorgane der Hochschulen hatten. Er stimmt<br />

der Grundordnung der jeweiligen Hochschule zu, und ohne seine Zustimmung<br />

können weder grundsätzlichen Strukturfragen von Forschung,<br />

die Grundsätze zur Mittelverteilung noch ein Gesamtentwicklungsplan<br />

<strong>um</strong>gesetzt werden.<br />

Damit wird das Demokratie- und Rechtsstaatprinzip tangiert, weil<br />

• die Zustimmungsträger des Hochschulrats nicht demokratisch legitimiert<br />

sind und sie keinem demokratisch legitimierten Gremi<strong>um</strong> mehr<br />

verantwortlich sind. Er verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip,<br />

• weil er als ein mit externen Mitgliedern besetztes Organ weitreichend<br />

in die Selbstverwaltungsangelegenheiten der Hochschule eingreift.<br />

Die demokratische Selbstverwaltung der Hochschulen wird dadurch<br />

* Ähnliche Stellungnahmen haben auch der DGB und der<br />

Hauptpersonalrat des Wissenschaftsministeri<strong>um</strong>s abgegeben.<br />

Diese sind unter www.<strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz.de nachzulesen.<br />

Die gerasterten Textpassagen sind Forderungen der <strong>GEW</strong> z<strong>um</strong><br />

neuen <strong>Hochschulgesetz</strong>. red<br />

23


Schwerpunkt<br />

ebenso ausgehebelt wie die hochschulpolitische Verantwortung demokratisch<br />

legitimierter politischer Instanzen des Landes Rheinland-Pfalz.<br />

Schließlich wird der Wirtschaft durch die Hochschulräte ein direkter<br />

Zugriff auf die Hochschulen eröffnet.<br />

Wir setzen dieser Politik eine andere Vorstellung von Hochschule<br />

entgegen, die von gesellschaftlicher Verantwortung, weitergehender Demokratie<br />

und Aufklärung getragen wird, und setzen dem unsere Forderung<br />

entgegen, den durchaus auch von uns gewollten in seinen Aufgaben<br />

erweiterten Senat (durch Wegfall der Versammlung) unter Ausschöpfung<br />

der verfassungsrechtlichen Mitwirkungsmöglichkeiten aller<br />

Gruppen verbindlich zu besetzen und das Hochschulkuratori<strong>um</strong> zu<br />

stärken.<br />

Der Hochschulrat besteht zur Hälfte aus Mitgliedern „aus den Bereichen<br />

Wirtschaft und öffentlichem Leben“. Wir verstehen unter den Vertretungen<br />

der Wirtschaft Vertretungen der Unternehmer und Arbeitnehmer.<br />

Vertretungen aus dem öffentlichen Leben setzen sich dann z.B.<br />

zusammen aus Kirchen, weiteren Verbänden, Umweltschutzgruppen,<br />

Bürgerinitiativen, NGO, Agendainitiativen.<br />

Angesichts der Finanzknappheit der Hochschulen fragen wir uns auch,<br />

wer eigentlich die „angemessene Aufwandsentschädigung“ bezahlen soll?<br />

2.2 Mitwirkung und Mitbestimmung an den Hochschulen<br />

Die Hochschulen haben ihre Arbeit in den Dienst der Gesellschaft zu<br />

stellen und zur Lösung der drängenden Probleme beizutragen. Die verschiedenen<br />

gesellschaftlichen Gruppen sind an der Formulierung der<br />

Ziele von Bildung und Wissenschaft zu beteiligen und müssen an den<br />

Ergebnissen von Forschung und Lehre gleichermaßen teilhaben können.<br />

Nur bei Entscheidungen, die Forschung und Lehre unmittelbar<br />

betreffen, verlangt das Karlsruher Verfassungsgerichtsurteil von 1973<br />

einen „maßgebenden“ (50% der Sitze) bzw. „ausschlaggebenden“ (mehr<br />

als 50% der Stimmen) Einfluss der Gruppe der ProfessorInnen.<br />

Unter Berücksichtigung des Karlsruher Urteils schlagen wir also vor,<br />

bei allen satzungsgemäßen Entscheidungen, die nicht unmittelbar Forschung<br />

und Lehre betreffen, mindestens die Vertretungen der Arbeitnehmerinnen<br />

und Arbeitnehmer in neu zu schaffende Organe wie z.B.<br />

„beratende Beiräte“ mit einzubeziehen.<br />

Da darüber hinaus der Beteiligung der Mitglieder der Hochschule an<br />

den Entscheidungsprozessen über Ziele, Inhalte und Methoden von<br />

Lehre, Studi<strong>um</strong> und Forschung eine wesentliche Bedeutung im Rahmen<br />

der Wissenschaftsfreiheit sowohl der einzelnen WissenschaftlerInnen<br />

als auch der Organisation zukommt, gilt es zur Stärkung der Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

aller Hochschulmitglieder die Kooperation und<br />

Entscheidungsbeteiligung von akademischen Gremien, studentischer Interessenvertretung<br />

sowie Personalvertretung auf allen Ebenen zu institutionalisieren.<br />

2.3 Hochschulpolitische Korrektive<br />

2.3.1 Verbindung von Wissenschaft und Politik<br />

Da<br />

• der alte § 98 UG z<strong>um</strong> Haushaltsvoranschlag der Hochschule sowie<br />

• die Ziff. 9 im § 9 Auftragsangelegenheiten „die Aufstellung des Haushaltsvoranschlags<br />

gemäß § 98 Abs. 1“ entfallen,<br />

• die Hochschulen nur noch z<strong>um</strong> Landeshaushalt Stellung nehmen (§<br />

101 Abs.4)<br />

• der Hochschulhaushalt aus dem Landeshaushalt ausgegliedert werden<br />

soll (§ 101 Abs. 2 erster Satz) sowie<br />

• mit dem Hochschulrat eine Institution mit weitreichenden hochschulpolitischen<br />

Steuerungsmöglichkeiten geschaffen worden ist, der keinem<br />

demokratisch legitimierten Gremi<strong>um</strong> verantwortlich ist,<br />

müssen die Hochschulen gegenüber Politik und Gesellschaft nur noch<br />

in geringem Maße Rechenschaft über ihr Tun ablegen. Die hochschulpolitische<br />

Verantwortung demokratisch legitimierter Instanzen unseres<br />

Landes (Landtag) wird damit untergraben. Parallel zu den Anstrengungen<br />

des Staates müssen die Hochschulen eine Debatte über ihr Profil<br />

und ihre Leistungsfähigkeit führen. Sie müssen nachweisen, dass sie<br />

in der Lage sind, die Mittel, die ihnen Staat und Gesellschaft zur Verfügung<br />

stellen, auch effektiv nutzen.<br />

2.3.2 Öffnung des Verhältnisses zwischen Hochschule und<br />

Gesellschaft<br />

Da sich darüber hinaus die Verbindung mit allen gesellschaftlichen<br />

Kräften durch eine relativ einseitige Verbindung zugunsten der Wirtschaft<br />

(s. Zusammensetzung Hochschulrat und Gemeinsame Kommission)<br />

verlagert hat, und damit eine Hochschulautonomie immer dann<br />

nicht mehr gewahrt ist, wenn die Hochschule ihre Autonomie an ein<br />

mit externen, hochschulfernen Mitgliedern besetztes Kontrollorgan der<br />

Wirtschaft abgeben muss, halten wir es dringend für angebracht, ein<br />

politisches Korrektiv zu fordern. Es ist entlarvend, wenn einerseits in<br />

der entsprechenden Pressemitteilung des Ministeri<strong>um</strong>s mit dem Hochschulrat<br />

dafür gesorgt werde, „so Zöllner, dass die Hochschulen sich<br />

gegenüber der Gesellschaft öffnen“ (Pressemitteilung des MWWFK, S.<br />

2), andererseits in der Begründung z<strong>um</strong> Entwurf des <strong>Hochschulgesetz</strong>es<br />

offen gelegt wird, dass das auch schon bisher vorhandene „Hochschulkuratori<strong>um</strong><br />

der Verbindung von Hochschule und Gesellschaft<br />

dient,“ während „der Hochschulrat interne Entscheidungsprozesse durch<br />

externen Sachverstand unterstützen“ (Begründung S. 2.1.1) soll.<br />

Dieses Korrektiv muss mindestens darin bestehen, -wie in anderen Bundesländern<br />

auch -, dass Hochschulen ebenso wie mit dem fachlich zuständigen<br />

Ministeri<strong>um</strong> (s. §2 Abs. 9 ) auch Zielvereinbarungen mit<br />

dem Landtag treffen können.<br />

2.3.3 Gruppenvertretung in Gremien (insbes. § 78)<br />

• Mitwirkungsrechte:<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die in § 37 Abs. 2 Satz 2 deregulierten Mitwirkungsrechte<br />

zugunsten einer verbindlichen gesetzlichen Regelung zurückzunehmen,<br />

wiewohl sie sich einer differenzierten Experimentierklausel<br />

zu diesem Problemhorizont im Gesetz nicht verschließen wird.<br />

• Wenn auch nicht in § 72 ausdrücklich als Hochschulorgan genannt,<br />

so erfahren wir doch aus der Begründung, dass die Gemeinsame Kommission<br />

„ein weiteres zentrales Gremi<strong>um</strong> in jeder Hochschule“ ist. Dies<br />

hat aber zur Folge, dass entspr. § 37 Abs.2 Satz 2 alle Mitgliedergruppen<br />

vertreten sein müssen. Wenn also die Hälfte der Mitglieder dieses<br />

Gremi<strong>um</strong>s aus dem Senat entsandt werden, muss die Gemeinsame Kommission<br />

aus mindestens 8 Mitgliedern bestehen. Nur so können alle<br />

Mitgliedergruppen „stimmberechtigt an Entscheidungen mit“wirken.<br />

2.3.4 Konflikt zwischen Hochschulautonomie und Personalvertretung<br />

(insbes. § 76 Abs. 2 Ziff. 7 und 8 sowie § 8)<br />

Die Autonomie der Hochschule mit einem nach ständerechtlich orientierten<br />

Klassenwahlrecht wird bei gleichzeitiger Übertragung von Entscheidungsrechten<br />

des Senats nunmehr auf die Hochschulleitung weiter<br />

gestärkt. Diese Verlagerung der Kompetenzen von satzungsautonomen<br />

Gremien auf den /die PräsidentIn macht die Mitbestimmung zunächst<br />

transparenter. Der Senat trifft aber weiterhin satzungsautonome Ent-<br />

24 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


scheidungen, die den Mitbestimmungsrechten der Personalvertretung<br />

entzogen sind. Damit entsteht immer dann ein Konflikt zwischen<br />

Zuständigkeitsangelegenheiten der Dienststellenleitung und Selbstverwaltungsangelegenheiten<br />

der Hochschulorgane, wenn die/der PräsidentIn<br />

auf die satzungsautonomen Entscheidungen der Hochschulorgane<br />

verweist. Sie/Er bezeichnet sich dann als nur ausführendes Organ und<br />

bewirkt, dass Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung nicht wahrgenommen<br />

werden können. Der Hauptpersonalrat beim MWWFK<br />

bezieht sich in seiner Stellungnahme z<strong>um</strong> neuen <strong>Hochschulgesetz</strong> ausdrücklich<br />

auf diese Problematik. Er zeigte bereits in seiner Stellungnahme<br />

z<strong>um</strong> Universitätsgesetz im Jahre 1995 Lösungswege auf.<br />

Bereits damals forderte er durch eine Änderung des LPersVG oder innerhalb<br />

des Universitätsgesetzes eine Änderung der Rechtsbeziehung<br />

zwischen den satzungsautonomen Organen einerseits und dem Personalrat<br />

im Rahmen seiner Zuständigkeiten andererseits in der Form,<br />

dass die Beteiligungsrechte und die Konfliktregelungsinstr<strong>um</strong>ente der<br />

Personalvertretung zur Wirkung kommen können.<br />

Die <strong>GEW</strong> schließt sich auch der neuen Stellungnahme des Hauptpersonalrats<br />

ausdrücklich an.<br />

2.3.5 Deregulierung<br />

Die Begründung für das neue <strong>Hochschulgesetz</strong> liefert die erklärte Absicht<br />

einer „Stärkung der Hochschulautonomie durch Deregulierung<br />

und Global- statt<br />

Detailsteuerung“.<br />

Der Gesetzesentwurf<br />

wird seinem<br />

eigenen Anspruch<br />

in keiner Weise gerecht.<br />

Weder wird<br />

konsequent dereguliert<br />

noch konsequent<br />

global gesteuert.<br />

In den<br />

Abschnitten Organisation,Finanzierung<br />

sowie<br />

Mitgliedschaft<br />

wird dereguliert<br />

und global gesteuert,<br />

eine verdichtete<br />

Detailsteuerung<br />

finden wir in den<br />

Abschnitten Stu-<br />

di<strong>um</strong> und Lehre<br />

und Personalwesen.<br />

In diesem Zusammenhang<br />

sind die<br />

gehäuften Hinweise<br />

auf „das Nähere regelt die Grundordnung“ sowie „ das Nähere<br />

regelt das fachlich zuständige Ministeri<strong>um</strong>“ entlarvend.<br />

Wir fordern den Gesetzgeber auf, sich mindestens an die Bestimmungen<br />

der 5. HRG-Novelle § 58 Abs. 2 zu halten, wo die Grundordnung<br />

„ der Genehmigung des Landes“ bedarf und dies nicht einer Politik der<br />

Kungelei zwischen Mitgliedern des Hochschulrats, denen der Gemeinsamen<br />

Kommission und des Senat zu überlassen.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Hochschulen<br />

Wer Innovationen will, muss Partizipation ermöglichen. Innovation<br />

erfolgt nicht durch top-down-Entscheidungen, sondern durch die Mitwirkung<br />

aller Beteiligten. Die <strong>GEW</strong> will den Aushandlungsprozess.<br />

Sie mahnt daher eine differenzierte Regelungsdichte immer dort an,<br />

wo es <strong>um</strong> Beteiligungs-, Mitwirkungs-, Mitbestimmungsrechte geht,<br />

wie sie andererseits für die Rücknahme von Detailregelungen immer<br />

dort eintritt, wo es dar<strong>um</strong> geht, den Hochschulen Gestaltungsspielrä<strong>um</strong>e<br />

in Forschung, Studi<strong>um</strong> und Lehre zu eröffnen.<br />

2.3.6 verstärktes Quor<strong>um</strong><br />

Selbstverständlich muss ein/e so starke/r PräsidentIn auch abwählbar<br />

sein. Dafür sorgt das Gesetz mit einer Stimmenmehrheit von drei Vierteln<br />

der Senatsmitglieder.<br />

Dem stellt die <strong>GEW</strong> die Forderung nach einer Verabschiedung der<br />

Grundordnung durch den Senat ebenfalls mit 3/4 Mehrheit bei.<br />

Damit kann das zentrale Organ der Hochschule in seinem Stand gegenüber<br />

Hochschulleitung UND Hochschulrat mindestens in Teilen<br />

gestärkt werden und versinkt mit seiner Beschränkung auf eine Richtlinienkompetenz<br />

nicht in die Bedeutungslosigkeit.<br />

2.4 Personal und Nachwuchsförderung<br />

2.4.1. Arbeitsplatzbedingungen<br />

Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

insbesondere der wissenschaftlichen<br />

und<br />

nicht-wissenschaftlichen<br />

MitarbeiterInnen sind<br />

z.Zt. weder aufgabengerecht<br />

noch wettbewerbsadäquat<br />

ausgestaltet.<br />

Die hohe Zahl ungeschützterBeschäftigungsverhältnisse<br />

schafft<br />

darüber hinaus große<br />

Motivationsprobleme.<br />

Die Flexibilisierung der<br />

wissenschaftlichen Arbeitskraft<br />

stellt die Kontinuität<br />

und damit<br />

Qualität der wissenschaftlichen<br />

Arbeit<br />

grundsätzlich in Frage.<br />

Neues<br />

<strong>Hochschulgesetz</strong><br />

Kommt dann noch hinzu,<br />

dass<br />

• Hochschulen auch in<br />

einer anderen Rechtsform<br />

errichtet werden<br />

können (§6 Abs 1)<br />

• Fachbereiche in Teilfachbereiche<br />

als Untereinheiten gegliedert werden können (§ 87 Abs.<br />

1)<br />

• Hochschulen bei Forschungsschwerpunkten auch Abweichungen von<br />

gesetzlichen Organisationsformen zulassen können (12 Abs. 2),<br />

bedarf es dringend der Aufnahme von Verhandlungen <strong>um</strong> eine tarifvertragliche<br />

Regelung der Beschäftigungsverhältnisse für das wissenschaftliche<br />

Personal in den Hochschulen.<br />

25


Schwerpunkt<br />

2.4.2 Gruppenzugehörigkeit<br />

• Zur Gruppe der Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

an Universitäten und Fachhochschulen werden detaillierte Regelungen<br />

geschaffen (§ 46; § 57 Abs. 1; § 37, Abs. 2:Satz 3 ). Wir lehnen<br />

eine Unterscheidung zwischen Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern an Universitäten, Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern an Fachhochschulen und Fachhochschulassistentinnen<br />

und -assistenten ab.<br />

Wir fordern eine einheitliche Personalkategorie mit einheitlichen Aufgabenstellungen<br />

und Arbeitsbedingungen.<br />

Auch geben wir zu Bedenken, dass aufgrund der Änderung des § 135<br />

HG im Landespersonalvertretungsgesetz (LPersVG) nunmehr auch noch<br />

die FH-AssistentInnen eingeschränkte Schutzrechte haben. Sowohl die<br />

Mitbestimmungs- als auch die Mitwirkungsrechte der FH-AssistentInnen<br />

werden durch das neue <strong>Hochschulgesetz</strong> stark eingeschränkt.<br />

• Für Doktorandinnen/Doktoranden ist zukünftig nach § 34 ein förmlicher<br />

Rechtsstatus vorgesehen. In § 34 haben eingeschriebene DoktorandInnen<br />

„Rechte und Pflichten der Studierenden“, bilden aber nach<br />

§ 37 (2) Nr. 3 für die Vertretung in den Gremien zusammen mit den<br />

akademischen MitarbeiterInnen eine Gruppe. Dies erscheint uns ein<br />

Widerspruch und auch im Hinblick auf die Interessenlage nicht sachgerecht.<br />

• Da im Personalvertretungsrecht die Wahlen im Geschäftsbereich des<br />

MWWFK sich nach der Gruppenzugehörigkeit der Beschäftigten regelt,<br />

mahnt die <strong>GEW</strong> für die Beschäftigten in wissenschaftlichen und<br />

zentralen Einrichtungen (§ 91) ebenso wie für DoktorandInnen entspr.<br />

§ 56 Abs. 5 eine Regelung zur Gruppenzugehörigkeit an, da<br />

ansonsten bei Personalratswahlen und Wahlen der Stufenvertretungen<br />

Wahlanfechtungsklagen drohen.<br />

2.4.3 Lehrauftragsvergabe<br />

• In § 64 Abs. 3 ist völlig neu vorgesehen, dass Lehraufträge an hauptberufliches<br />

akademisches Personal im Fachgebiet, für das sie berufen<br />

oder eingestellt sind, nicht zulässig sein sollen. Aus der Begründung ist<br />

zu entnehmen, dass hiermit aber wohl nur Vollzeitbeschäftigte gemeint<br />

sind.<br />

Daher drängen wir auf eine Klarstellung insofern, als Teilzeitbeschäftigte<br />

von diesem Verbot nicht erfasst werden.<br />

• Da offenbar damit auch Wissenschaftliche MitarbeiterInnen in Drittmittelprojekten,<br />

deren Dienstaufgaben sich in der Regel ausschließlich<br />

auf die Forschung beziehen, sowie Teilzeitbeschäftigte erfasst sind, könnten<br />

an diesen Personenkreis keine Lehraufgaben übertragen werden,<br />

was sie insbesondere im Hinblick auf die Gewinnung von Lehrkapazität<br />

und den Nachweis von Lehrerfahrung für die Bewerbung auf eine<br />

Professur oder eine Juniorprofessur benachteiligen würde.<br />

• § 121 (1) Ebenso wie den beamteten wissenschaftlichen MitarbeiterInnen<br />

sollte auch den auf Dauer angestellten wissenschaftlichen MitarbeiterInnen<br />

die Möglichkeit gegeben werden, selbständige Lehraufträge<br />

zu erhalten.<br />

2.4.4 Schutzbedürftigkeit der ehrenamtlichen Gremienmitglieder<br />

In § 37 Abs. 3 sollten stärkere Schutzrechte für Mitglieder in Hochschulgremien<br />

geregelt werden. Wir fordern, das Problem des Freizeitausgleichs<br />

für eine Teilnahme an Gremienarbeit (z. B. analog zu den<br />

Regelungen des LPersVG) endlich zu regeln. Gemeinsam mit dem<br />

Hauptpersonalrat schlägt die <strong>GEW</strong> die Aufnahme folgenden Passus in<br />

die Gesetzesvorlage vor:<br />

„Die Hochschulmitglieder dürfen wegen ihrer Tätigkeit in der Selbst-<br />

verwaltung weder bevorzugt noch benachteiligt werden; sie sind in diesen<br />

Funktionen an Weisungen nicht gebunden. Für Mitglieder in Organen,<br />

Gremien und Kommissionen nach diesem Gesetz oder nach der<br />

Grundordnung der Hochschule gelten die Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes<br />

für Rheinland-Pfalz über Arbeitszeitversä<strong>um</strong>nis<br />

sowie über den Schutz der Mitglieder der Personalvertretungen vor<br />

Versetzung, Abordnung oder Kündigung entsprechend Satz 2 gilt entsprechend<br />

für Mitglieder von Gremien, die von Organen nach diesem<br />

Gesetz oder nach der Grundordnung eingesetzt werden.“<br />

2.4.5 Juniorprofessuren<br />

• In § 48 werden die dienstlichen Aufgaben von HochschullehrerInnen<br />

geregelt. Die <strong>GEW</strong> ist der Auffassung, dass an dieser Stelle auch konkret<br />

auf die Aufgaben der Juniorprofessur eingegangen werden sollte<br />

und schlägt daher folgenden Passus in die Aufnahme des Gesetzes vor:<br />

§ 48 Abs. X: „JuniorprofessorInnen haben die Aufgabe, sich durch die<br />

selbständige Wahrnehmung der ihrer Hochschule obliegenden Aufgaben<br />

in Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre sowie der wissenschaftlichen<br />

Weiterbildung für die Berufung zu Professoren zu qualifizieren.<br />

Die Voraussetzungen hierfür sind bei der Ausgestaltung des<br />

Dienstverhältnisses und der Funktionsbeschreibung der Stelle zu gewährleisten.“<br />

• Ebenso fehlt im § 50 (2) die Ausformulierung der Bestellung von<br />

JuniorprofessorInnen.<br />

Die <strong>GEW</strong> schlägt folgenden Passus zur Aufnahme in das Gesetz vor:<br />

„JuniorprofessorInnen werden vom Präsidenten auf Vorschlag des Fachbereiches<br />

bestellt. Der Vorschlag wird von einer Auswahlkommission<br />

des Fachbereiches, die wie eine Berufungskommission zusammengesetzt<br />

ist, unter Einbeziehung von Gutachten auswärtiger sachverständiger<br />

Personen erstellt; der Senat wirkt bei der Erstellung des Besetzungsvorschlages<br />

wie bei den Vorschlägen zur Berufung von ProfessorInnen mit.“<br />

• § 56 (1): Zur Lösung des Problems der Bewährung einer Juniorprofessur,<br />

die eng mit einer Verlängerung verknüpft ist, wird angeregt, für<br />

Bewährungsentscheidungen eine verbindliche Rahmenregelung (Zuständigkeit,<br />

Verfahren, Kriterien, etc.) vorzusehen.<br />

Wir schlagen folgenden Text zur Aufnahme ins Gesetz vor: „Die Entscheidung<br />

über die Bewährung einer Juniorprofessur trifft der Fachbereichsrat<br />

unter Berücksichtigung von Gutachten, davon mindestens 2<br />

externen Gutachten. Die GutachterInnen werden vom Fachbereichsrat<br />

bestimmt. Das Nähere regeln Satzungen der Hochschule.“<br />

Im Hinblick auf die schwächere Rechtsstellung der Juniorprofessuren<br />

und in Anbetracht, dass sie die vorherigen Dienstverhältnisse der AssistentInnen<br />

und OberassistentInnen ablösen, wird angeregt, dass dieser<br />

Personenkreis in den Schutzbereich des Personalrats aufgenommen wird.<br />

2.4.6 Berufungen<br />

zu § 50 (3) Satz 2: Aus Gründen der Sachnähe und der fachlichen<br />

Verantwortung sollte dem vorschlagenden Fachbereich auf jeden Fall<br />

die Gelegenheit zur Stellungnahme eingerä<strong>um</strong>t werden. Die Reihenfolge<br />

auf dem Berufungsvorschlag ist seitens des Fachbereiches eingehend<br />

zu begründen. Die Hochschule stellt die fachliche Qualifikation<br />

fest und trifft eine sachverständige Aussage über die wissenschaftliche<br />

Eignung und die notwendige Lehrbefähigung. Das Auswahlverfahren<br />

ist mit der Garantie der Wissenschaftsfreiheit besonders eng verknüpft.<br />

2.4.7 Kostenneutralität<br />

Die <strong>GEW</strong> hält eine kostenneutrale Umsetzung des <strong>Hochschulgesetz</strong>es<br />

für nicht durchführbar. Auf das Personal der Hochschulen kommen<br />

viele neue Aufgaben bei Beibehaltung der alten zu.<br />

26 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Statt angekündigter Deregulierungen folgen Detailregelungen so z.B.<br />

in § 24 Studienberatung; §71 Studienkonten; § 26. Abs. 3: Diploma<br />

Supplement; § 25 Leistungspunktesystem; § 19.5 Einführung dualer<br />

Studiengänge; § 23 Fernstudi<strong>um</strong>, Multimedia, Informations- und<br />

Kommunikationstechnik und § 30 Hochschulgrade.<br />

Diese bedürfen einer erheblichen Mehrarbeit insbesondere der Mitglieder<br />

der Gruppen entspr. § 37, Abs. 2 Ziff. 3 und 4. Eine vom Gesetzgeber<br />

vorgesehene Kostenneutralität ist damit nicht gegeben. Die Kosten<br />

der Mehrarbeit müssten sich z<strong>um</strong>indest in der künftigen parametrischen<br />

Ausgestaltung des PBK erhöhend niederschlagen. Tun sie es<br />

nicht, dann wird unter Kostenneutralitätsgesichtpunkten den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern zusätzliche Arbeit aufgebürdet und der<br />

Minister kommt seiner Fürsorgepflicht nicht in gebührender Weise nach.<br />

Kostenneutralität ist nach Meinung der <strong>GEW</strong> auch nicht mit der Einführung<br />

einer Reform der LehrerInnenausbildung durchzuhalten. Vielmehr<br />

erfordert dieses mehr qualifiziertes Personal an den Universitäten<br />

insbesondere in den neuen Ausbildungsinhalten der Bildungswissenschaften.<br />

2.4.8 Streichung der Inkompatibilitätsregelung § 37 Abs.<br />

1 Satz 5<br />

§ 37 regelt in Satz 5 die Mitwirkung im Fachbereichsrat von Personalratsmitgliedern.<br />

Dort heißt es: „Mitglieder der Hochschule, die Aufgaben<br />

der Personalvertretung wahrnehmen, dürfen dem Fachbereichsrat<br />

und Ausschüssen, die für Personalangelegenheiten akademischer und<br />

nichtwissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig<br />

sind, nicht angehören.“<br />

Da auch im Fachbereichsrat entspr. § 87 Abs. 2 Ziff. 11 nur noch über<br />

Grundsätze der Verteilung von Stellen und Mittel beschlossen wird,<br />

werden keine Personalangelegenheiten des Personals entspr. § 37 Abs. 2<br />

Ziff 3 und 4 diskutiert.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert die ersatzlose Streichung des § 37 Abs. 1 Satz 5.<br />

2.5 Finanzierung: Preisgabe statt Investition und Verantwortungsübernahme<br />

Trotz der erwähnten blamablen Ergebnissen der PISA-Studie und der<br />

für die deutsche Bildungs- und Wissenschaftspolitik desaströsen Bewertung<br />

durch die OECD (Education at a glance, <strong>20</strong>02) halten die politisch<br />

Verantwortlichen in Rheinland-Pfalz an ihrem Rückzug des Staates<br />

bzw. der Landesregierung aus der Verantwortung für Bildung und<br />

Wissenschaft fest.<br />

Dies zeigt sich vor allem im zentralen Abschnitt Finanzierung<br />

(§§100,101). Hier wird eine ideologische Kehrtwende von der Bedarfsgerechtigkeit<br />

(siehe Universitätsgesetz § 97) zur „Leistungsgerechtigkeit“<br />

vollzogen. So ist z.B. von einer belastungsorientierten Finanzierung<br />

der Hochschule spätestens im § 101 nicht mehr die Rede.<br />

• Der Personalhaushalt der Hochschulen ist über das PBK bereits jetzt<br />

nicht mehr - trotz Leistungs- und (fragwürdiger) Belastungsparameter<br />

- ausfinanziert.<br />

Künftig können Hochschulen<br />

• eigene (!), (nicht Eigenbetriebe) Betriebe bilden (§ 101, Abs. 5),<br />

• auch in einer anderen Rechtsform errichtet werden(§6 Abs 1),<br />

• bei Forschungsschwerpunkten auch Abweichungen von bisher gesetzlichen<br />

vorgeschriebenen Organisationsformen zulassen(12 Abs. 2).<br />

Der Spagat zwischen Hochschulen, die einerseits nach new-public-management-Konzepten<br />

agieren und andererseits als öffentliche Einrichtungen<br />

betrachtet werden, ist nach Meinung der <strong>GEW</strong> dem Gesetzgeber<br />

nicht gelungen: Der weltweite Austausch von Produkten und Dienst-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Hochschulen<br />

leistungen (GATS) sowie die orts- und zeitunabhängige Be- und Verarbeitung<br />

digitalisierbarer Daten und Informationen zieht weitreichendere<br />

grundlegende Umstrukturierungen sowohl der Arbeits- und Geschäftswelt<br />

wie auch der Art und Weise des Forschens, Lehrens und<br />

Lernens nach sich als sie im Horizont des Gesetzgebers sind.<br />

Den mit diesen einschneidenden Veränderungen einhergehenden Innovationsnotwendigkeiten<br />

müssen sich auch die Hochschulen stellen.<br />

Nach wie vor besteht ihre primäre Aufgabe darin, Wissen zu erzeugen<br />

und Wissen zu vermitteln. Das europäische Erfolgsmodell des gesellschaftlichen<br />

Umgangs mit Wissen, von der Akademie Platons über die<br />

mittelalterlichen Universitäten bis hin zur modernen staatlichen Hochschule<br />

wird durch das Finanzierungsmodell des Gesetzgebers, ohne dass<br />

ein zukunftsträchtiges Ersatzmodell präsentiert wird, arg beschädigt.<br />

Für die <strong>GEW</strong> ist es im Sinne einer zukunftsorientierten und auch<br />

„marktorientierten“ Hochschulpolitik un<strong>um</strong>gänglich, verstärkt in die<br />

Bildungseinrichtungen des Landes zu investieren, z<strong>um</strong>indest aber die<br />

notwendige finanzielle Ausstattung sicherzustellen. Andererseits muss<br />

ein Regelwerk zur Finanzierung und Mitwirkung bzw. Mitbestimmung<br />

geschaffen werden, das die Hochschulen und Forschungsschwerpunkte<br />

bei Errichtung (und Überführung?) in eine andere Rechtsform<br />

in die Lage versetzt, nicht nur überlebens- sondern auch wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben.<br />

Damit die wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Rheinland-<br />

Pfalz auch in Zukunft in einer inzwischen globalen Konkurrenz <strong>um</strong><br />

Studienanfänger, Drittmittel und andere Forschungsaufträge national<br />

und international bestehen können, muss die Landesregierung investieren<br />

und sich nicht zurückziehen.<br />

2.6 Studienkonten<br />

Weil Bildung Teil öffentlicher Daseinsfürsorge ist und daher öffentlich<br />

finanziert werden muss, muss ein Studi<strong>um</strong> gebührenfrei bleiben. Der<br />

Bereich Hochschule und Forschung im <strong>GEW</strong>-Landesverband Rheinland-Pfalz<br />

unterstreicht daher seine Ablehnung von Studiengebühren.<br />

Studiengebühren sollen als Instr<strong>um</strong>ente eingesetzt werden, <strong>um</strong> die angeblich<br />

zu hohe Zahl an Langzeitstudierenden (die die Lehre tatsächlich<br />

ka<strong>um</strong> belasten) zu senken und den Hochschulen zusätzliche Einnahmen<br />

zu sichern. Bildungspolitische Steuerung über den Geldbeutel<br />

ist ein Eingeständnis, dass man offenbar über andere Wege keine Akzente<br />

setzen kann.<br />

Die finanziellen und strukturellen Probleme lassen sich nur durch eine<br />

grundlegende inhaltliche Veränderung von Hochschule und Forschung<br />

lösen. Mit der Einführung von Studiengebühren wird dieser Weg aber<br />

verbaut.<br />

Einen neuen Weg versucht die rheinland-pfälzische Landesregierung<br />

mit dem Studienkontenmodell. Die <strong>GEW</strong>-Rheinland-Pfalz hält das<br />

Studienkonten - Modell entspr. § 61 (HochSchG Grundsatz der Gebührenfreiheit,<br />

Studienkonto) wie es z.Zt. auf der Internet-Seite des<br />

MWWFK präsentiert wird, für prüfenswert, wenn<br />

• Sicherheiten bzw. Garantien für eine Festschreibung der Ausstattung<br />

des Studienkontos mindestens in der vorgeschlagenen Form (zweifache<br />

Regelstudienzeit + <strong>20</strong>% Aufschlag) gegeben werden,<br />

• Auswirkungen auf eine Studienreform aus der Hochschule heraus<br />

zugunsten der Studierbarkeit eines Studi<strong>um</strong>s plausibel gemacht werden<br />

können,<br />

• eine gesetzlich geregelte Zweckbindung der Weiterbildungseinnahmen<br />

ausschließlich für Maßnahmen und Projekte innerhalb der wissenschaftlichen<br />

Weiterbildung erfolgt,<br />

• eine gesetzlich geregelte Zweckbindung der Mittel aus der Refinan-<br />

27


Schwerpunkt<br />

zierung der Studienkonten zugunsten der Verbesserung der Lehre erfolgt.<br />

Sie wird insbesondere prüfen, ob das Studienkonten-Modell geeignet<br />

ist, die generelle Einführung von Studiengebühren über Studienkontenmodelle<br />

(z.B. nach dem NRW -Modell) zu verhindern.<br />

3. Sonstiges<br />

3.1. Zentren für Lehrerbildung (§ 93)<br />

Die Einrichtung der Zentren für LehrerInnenbildung wird grundsätzlich<br />

begrüßt, da sie die Voraussetzungen schaffen, eine grundlegende<br />

Neuordnung der LehrerInnenbildung in Angriff zu nehmen. Leider<br />

liegen jedoch bisher widersprüchliche Aussagen zu diesem Themenkomplex<br />

vor.<br />

Da heißt es einmal: „Im <strong>Hochschulgesetz</strong>, das die Einrichtung eines<br />

solchen Zentr<strong>um</strong>s an den Universitäten vorgeben wird, werden die Gestaltungs-<br />

Steuerungs-, Kontroll- und Eingriffsaufgaben und Rechte<br />

dieser Einrichtung sowie ihre Zusammensetzung bestimmt“ ( so „Reformkonzept<br />

zur Lehrerbildung“ S. 9).<br />

Dann wieder<strong>um</strong> an anderer Stelle: „Das Nähere zur Zusammensetzung,<br />

Struktur, Organisation und Mitwirkung im Zentr<strong>um</strong> für Lehrerbildung<br />

regelt das fachlich zuständige Ministeri<strong>um</strong> im Einvernehmen<br />

mit dem für das Schul- und Unterrichtswesen zuständigen Ministeri<strong>um</strong><br />

durch Rechtsverordnung.“(so § 93 Abs. 3).<br />

Mit solchen Regelungen schiebt nicht nur ein Ressort dem anderen die<br />

Verantwortung für die Umsetzung zu, sondern damit gibt der Gesetzgeber<br />

wichtige politische Entscheidungsbereiche an die Exekutive ab,<br />

die er nach unserem Verständnis selbst regeln muss.<br />

Daher fordern wir solche wesentlichen Punkte wie „Struktur, Organisation<br />

und Mitwirkung“ in das Gesetz aufzunehmen und die Mitwirkung<br />

in den Gremien verbindlich zu regeln.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert eine gesetzliche Festlegung auf eine „Einrichtung der<br />

Fachbereiche“ und nicht nur per Rechtsverordnung, z<strong>um</strong>al ja auch für<br />

zentrale Einrichtungen die/der PräsidentIn die Stellen und Mittel entsprechend<br />

den Grundsätzen des Senats zuweist.<br />

Da die Fachbereiche für die Gewährleistung und Sicherstellung des<br />

Lehrangebotes verantwortlich sind, sollte ihnen dann bei den Zentren<br />

für Lehrerbildung als fachbereichsübergreifende wissenschaftliche Einrichtung<br />

ebenso wie den Zentren selbst auch Mitwirkungsrechte zugestanden<br />

werden.<br />

Da der Senat mit Zustimmung des Hochschulrats den Gesamtentwicklungsplan<br />

oder allgemeine Grundsätzen über die Verteilung von Stellen<br />

und Mitteln auf der Grundlage des Hochschulhaushaltes des Landes<br />

mit seinen Leistungs- und Belastungsparametern (PBK, MBS) beschließt,<br />

LehrerInnenausbildung andererseits genuine Aufgabe der<br />

Universitäten ist, sollte der Gesetzgeber bereits im Gesetz die Sicherstellung<br />

der finanziellen Ausstattung der Zentren für LehrerInnenbildung<br />

verankern.<br />

Darüber hinaus haben wir folgende Fragen:<br />

• Werden die Zentren für LehrerInnenbildung zentrale Einrichtungen<br />

unter der Verantwortung mehrerer Fachbereiche, des Senats oder unter<br />

der/des Präsidenten?<br />

• Wie werden die Studienseminare mit den Zentren verzahnt? Was<br />

heißt „die Studienseminare werden Sitz und Stimme in den Zentren<br />

haben?“<br />

• Wer aus den LehrerInnenzentren unterbreitet wem (dem Hochschulrat?,<br />

dem Senat?) die dort erarbeiteten „Vorschläge zur Studienstruktur<br />

und Studienreform“(§ 93 Abs. 1 Ziff.1)?<br />

• Wie werden sich die Zentren für LehrerInnenbildung in den Gremien<br />

der Hochschule vertreten finden?<br />

3.2. Frauenförderung und Gender Mainstreaming<br />

Wiewohl wir es begrüßen, dass die Prinzipien und Methoden der Frauenförderung<br />

und des Gender Mainstreaming in das Gesetz aufgenommen<br />

worden sind, hat die <strong>Diskussion</strong> des Entwurfs gezeigt, dass es Klärungsbedarf<br />

zwischen dem Leitprinzip „Gender Mainstreaming“ und<br />

seinen Methoden und denen der Frauenförderung gibt.<br />

Der Gesetzgeber sollte dieses in der Begründung für § 2 Abs. 2 nachholen.<br />

3.3. Studienkollegs<br />

Wir begrüßen die Einbindung von Studienkollegs in die Hochschule in<br />

der vorgeschlagenen Form, fragen jedoch auch hier -ähnlich wie bei<br />

den Zentren für LehrerInnenbildung -<br />

• Wie werden sich die Internationalen Studienkollegs in den Gremien<br />

der Hochschule vertreten finden, z<strong>um</strong>al der Senat die Ordnung über<br />

die Aufnahme- und Feststellungsprüfung erlassen soll?<br />

3.4. Folgen für die Gesellschaft und die Natur<br />

In § 106 Abs. 4 Satz 2 „kann die Studierendenschaft insbesondere<br />

auch zu solchen Fragen Stellung beziehen, die sich mit ... der Anwendung<br />

der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Abschätzung ihrer<br />

Folgen für die Gesellschaft und die Natur beschäftigen.“ Die Übernahme<br />

des Prinzips der Nachhaltigen Entwicklung wurde in der „Rio-<br />

Deklaration“ von 1992 von VertreterInnen fast aller Regierungen der<br />

Welt für den Wissenschafts- und Bildungsbereich für verbindlich erklärt.<br />

Die europäischen Hochschulen haben diesen Auftrag in der Copernicus-Charta<br />

der Europäischen Hochschulrektoren spezifiziert und<br />

als verbindliches Leitprinzip ihrer Arbeit übernommen. Einige Hochschulen<br />

in Rheinland-Pfalz haben die Grundsätze der Copernicus-Charta<br />

bereits explizit als Leitbild übernommen.<br />

Diese bereits im HRG (6. Novell.) festgelegte Aufgabe fordert die <strong>GEW</strong><br />

als Aufgabe der ganzen Hochschule in § 2 gesetzlich zu regeln.<br />

Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass eine Novellierung notwendig<br />

ist, dass sich in der vorliegenden Form aber lediglich die von der<br />

OECD-Studie attestierte mangelhafte Qualität der deutschen wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen auf die der politisch Verantwortlichen übertragen<br />

lässt.<br />

<strong>28</strong> <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

DGB: „Das Prinzip der demokratischen<br />

Selbstverwaltung wahren“<br />

Z<strong>um</strong> Entwurf eines neuen Landesgesetzes<br />

über die Hochschulen in Rheinland-Pfalz<br />

nahm auch der DGB Stellung:<br />

1. Z<strong>um</strong> Gesetzentwurf im<br />

Allgemeinen<br />

Wir begrüßen, dass sich die Landesregierung<br />

in Zeiten großer bildungspolitischer<br />

Herausforderungen mit einem<br />

einheitlichen <strong>Hochschulgesetz</strong> den neuen<br />

Erfordernissen des Bildungsmarktes<br />

stellt.<br />

Bildung und Wissenschaft sind gesellschaftliche<br />

Aufgaben, die zur Optimierung<br />

des Erkenntnisprozesses und zur<br />

demokratischen Qualifizierung aller<br />

Menschen beitragen sollen. Das schließt<br />

sowohl die Chancengerechtigkeit beim<br />

Hochschulzugang als auch die demokratische<br />

Teilhabe an den Ergebnissen<br />

von Forschung, Studi<strong>um</strong> und Lehre ein.<br />

Demokratische <strong>Diskussion</strong> und Entscheidungen<br />

über Inhalt und Methode<br />

von Studi<strong>um</strong>, Lehre und Forschung<br />

sollen als praktische Erfahrung für das<br />

gesellschaftliche Wirken der Hochschulmitglieder<br />

verwirklicht werden. In diesem<br />

Sinne kommt der Demokratie in<br />

den Hochschulen eine besondere Bedeutung<br />

zu.<br />

Eine zeitgemäße, den Erfordernissen des<br />

Bildungsmarktes entsprechende Neuordnung<br />

des Hochschulwesens muss<br />

daher eine Stärkung der demokratischen<br />

Teilhabe aller Gremien der studentischen<br />

Interessenvertretung sowie<br />

der Personalvertretung beinhalten.<br />

Eine Hochschulautonomie, die zugleich<br />

auch der Verbindung der Hochschule<br />

mit den gesellschaftlichen Kräften dient,<br />

muss dabei getragen werden von innerhochschulischer<br />

und ministerieller Entbürokratisierung<br />

und Abbau dirigistischer<br />

Leitungsstrukturen.<br />

Mit dem neuen <strong>Hochschulgesetz</strong> sollen<br />

* die Entwicklung eines einheitlichen<br />

europäischen Hochschulwesens („Bologna-Prozess“)<br />

im Gesetz verankert werden,<br />

* die Neuordnung der befristeten Arbeitsverhältnisse<br />

im Hochschulbereich<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

aufgrund der 5. und 6. Novelle des<br />

Hochschulrahmengesetzes (HRG) in<br />

Landesrecht <strong>um</strong>gesetzt werden,<br />

* die Hochschuldienstrechtsreform vorangetrieben<br />

werden,<br />

* die Rechte der verfassten Studierendenschaft<br />

ebenso wie<br />

* die Garantie auf Studiengebührenfreiheit<br />

für ein erstes berufsqualifizierendes<br />

Studi<strong>um</strong> sowie für konsekutive<br />

Studiengänge, die nach einem Bachelor-Abschluss<br />

z<strong>um</strong> Master führen, aufgrund<br />

der 6. HRG-Novelle aufgenommen<br />

werden,<br />

* das Gleichstellungsgebot im Geschlechterverhältnis<br />

geregelt werden,<br />

* die Deregulierungsmöglichkeiten aufgrund<br />

der HRG-Novellierungen zur<br />

Rechtstellung der Hochschule ausgeschöpft<br />

werden.<br />

Diese Vorhaben sind dem Gesetzgeber<br />

immer dann gelungen, wenn er die Regelungen<br />

des HRG aufgrund dort bereits<br />

vorhandener Detailregelungen übernimmt,<br />

wie z.B. bei der<br />

* Stärkung der sozialen und familiären<br />

Belange der Studierenden<br />

* Stärkung der Rechte der verfassten<br />

Studierendenschaft<br />

* Übernahme des Leitprinzips „Gender<br />

Mainstreaming“<br />

* Stärkung der Frauenförderung<br />

* Übernahme von Elementen des Qualitätsmanagements<br />

wie Qualitätssicherung<br />

in Forschung , Studi<strong>um</strong> und Lehre<br />

sowie studentische Lehrevaluation.<br />

* Ausgestaltung von Prüfungsordnungen<br />

und Studienplänen<br />

* Studiengebührenfreiheit für ein erstes<br />

berufsqualifizierendes Studi<strong>um</strong> sowie<br />

für konsekutive Studiengänge, die nach<br />

einem Bachelor-Abschluss z<strong>um</strong> Master<br />

führen.<br />

Der Gesetzesentwurf ist immer dort<br />

misslungen, wo das Land sich aus seiner<br />

Verantwortung für Ausbildung und<br />

Wissenschaft zurückzieht und Prinzipien<br />

des new public management nicht<br />

in ein new university management<br />

überträgt. Fälschlicherweise werden<br />

unter dem Schlagwort der „Autonomie“<br />

der Hochschule Elemente des new public<br />

management nachvollzogen.<br />

Für den DGB bedeutet Hochschulautonomie<br />

weniger Dirigismus und Regelungsdichte<br />

durch die Ministerien<br />

und mehr Handlungsfreiheit der Hochschulen<br />

selbst, ohne allerdings die Landesregierung<br />

aus ihren finanziellen und<br />

bildungspolitischen Verpflichtungen zu<br />

entlassen.<br />

Hochschulautonomie darf jedoch nicht<br />

zu verdeckten Haushaltskürzungen<br />

und einem Rückzug aus der Verantwortung<br />

für eine wissenschaftsadäquate,<br />

qualitätsfördernde Hochschulfinanzierung<br />

führen.<br />

Staatliche Befugnisse können nur dann<br />

den Hochschulen übertragen werden,<br />

wenn gleichzeitig das Prinzip der demokratischen<br />

Selbstverwaltung gewahrt<br />

bleibt - sonst führt dies dazu,<br />

dass die Gruppenuniversität als Ganzes<br />

in Frage gestellt wird.<br />

2. Z<strong>um</strong> Gesetzentwurf im<br />

Besonderen<br />

2.1. Z<strong>um</strong> Verhältnis Staat -<br />

Hochschule - Gesellschaft<br />

Der DGB kritisiert den Rückzug des<br />

Staates aus seiner Verantwortung für<br />

die Hochschulen des Landes durch den<br />

Einzug des Hochschulrats (§ 75) als<br />

Organ der Hochschule. Bildung ist eine<br />

gesellschaftliche Aufgabe; die Aufgabe<br />

des Staates darf daher nicht auf die<br />

Finanzierung der Hochschule reduziert<br />

werden. Staat und Politik haben<br />

grundsätzliche Entscheidungen zu treffen<br />

und politisch zu verantworten.<br />

Diesem Anspruch wird der vorliegende<br />

Entwurf für ein rheinland-pfälzisches<br />

<strong>Hochschulgesetz</strong> nicht gerecht.<br />

An die Stelle demokratischer Entscheidungsprozesse<br />

in gewählten Gremien<br />

soll die Stärkung der Hochschulleitung<br />

durch „Managementfunktionen“ treten.<br />

Damit werden für die Hochschulen<br />

dirigistische Strukturen eingeführt,<br />

die nicht einmal den in der Wirtschaft<br />

gängigen betriebswirtschaftlichen Prinzipien<br />

von Partizipation, flachen Hierarchien<br />

und Dezentralisierung genügen.<br />

1


2.1.1 Der Hochschulrat<br />

Die einschneidendste Veränderung der<br />

Leitungsstrukturen der Hochschulen ist<br />

die Einführung eines Hochschulrates,<br />

der je nach Größe der Hochschule aus<br />

6 bis 8 Personen besteht, die weder der<br />

Hochschule noch dem zuständigen Ministeri<strong>um</strong><br />

angehören dürfen. Sie sollen<br />

zu gleichen Teilen vom zuständigen<br />

Ministeri<strong>um</strong> und vom höchsten Selbstverwaltungsgremi<strong>um</strong><br />

der jeweiligen<br />

Hochschule, dem Senat berufen werden.<br />

Dem Hochschulrat stehen im Wesentlichen<br />

Kompetenzen zu, die bisher die<br />

höchsten Selbstverwaltungsorgane der<br />

Hochschulen hatten. Er stimmt der<br />

Grundordnung der jeweiligen Hochschule<br />

zu; ohne seine Zustimmung können<br />

weder grundsätzliche Strukturfragen<br />

von Forschung und Grundsätze zur<br />

Mittelverteilung noch ein Gesamtentwicklungsplan<br />

<strong>um</strong>gesetzt werden.<br />

Mit dem Hochschulrat wird eine Institution<br />

geschaffen, deren Mitglieder<br />

weder selbst demokratisch legitimiert,<br />

noch einem demokratisch legitimierten<br />

Gremi<strong>um</strong> verantwortlich sind.<br />

Als ein mit externen Mitgliedern besetztes<br />

Organ greift er weitreichend in<br />

die Selbstverwaltungsangelegenheiten<br />

der Hochschule ein.<br />

Die demokratische Selbstverwaltung,<br />

innerhalb derer die Hochschule durch<br />

ihre gewählten Gremien über sich selbst<br />

entscheidet, wird damit ebenso aufgegeben<br />

wie die hochschulpolitische Verantwortung<br />

des Landes.<br />

Schließlich wird der Wirtschaft durch<br />

die Hochschulräte ein direkter Zugriff<br />

auf die Hochschulen eröffnet.<br />

Wir setzen dieser Politik eine andere<br />

Vorstellung von Hochschule entgegen,<br />

die von gesellschaftlicher Verantwortung,<br />

weitergehender Demokratie und<br />

Aufklärung getragen wird; der (durch<br />

Wegfall der Versammlung) in seinen<br />

Aufgaben erweiterte Senat sollte deshalb<br />

unter Ausschöpfung der verfassungsrechtlichenMitwirkungsmöglichkeiten<br />

aller Gruppen verbindlich besetzt<br />

werden.<br />

Der Hochschulrat besteht zur Hälfte<br />

aus Mitgliedern „aus den Bereichen<br />

Wirtschaft und öffentlichem Leben“.<br />

„Wirtschaft“ <strong>um</strong>fasst dabei sowohl die<br />

Unternehmen als auch die ArbeitnehmerInnen<br />

und ihre Interessenverbände<br />

(wie auch für die Zusammensetzung<br />

des Akkreditierungsrates bereits angemerkt).<br />

Vertretungen aus dem öffentlichen<br />

Leben setzen sich dann z.B. zusammen<br />

aus Kirchen, weiteren Verbänden,<br />

Umweltschutzgruppen, Bürgerinitiativen,<br />

NGO, Agendainitiativen.<br />

2.1.2 Mitwirkung und Mitbestimmung<br />

an den Hochschulen<br />

Die Hochschulen müssen sich gegenüber<br />

der Gesellschaft öffnen und ihre<br />

Arbeit in den Dienst der gesellschaftlichen<br />

Weiterentwicklung stellen. Deshalb<br />

müssen die verschiedenen gesellschaftlichen<br />

Gruppen an der Formulierung<br />

der Ziele von Bildung und Wissenschaft<br />

beteiligt werden und an den<br />

Ergebnissen von Forschung und Lehre<br />

gleichermaßen teilhaben können.<br />

Als Vorbild für diesen Beteiligungsprozess<br />

sollte die Institution der Räte im<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk dienen.<br />

Der DGB schlägt deshalb vor, den<br />

Hochschulrat als Instr<strong>um</strong>ent gesellschaftlicher<br />

Beratung und Kontrolle<br />

einzurichten, der gesellschaftliche Beteiligung<br />

und Teilhabe gewährleistet,<br />

ohne in die Selbstverwaltungsangelegenheiten<br />

oder die unmittelbaren Entscheidungen<br />

über Forschung und Lehre<br />

einzugreifen.<br />

Im Rahmen der Wissenschaftsfreiheit<br />

kommt darüber hinaus der Beteiligung<br />

der Mitglieder der Hochschule an den<br />

Entscheidungsprozessen über Ziele, Inhalte<br />

und Methoden von Lehre, Studi<strong>um</strong><br />

und Forschung eine wesentliche<br />

Bedeutung zu. Um die Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

aller Hochschulmitglieder<br />

zu stärken, gilt es daher, die Kooperation<br />

und Entscheidungsbeteiligung<br />

von akademischen Gremien, studentischer<br />

Interessenvertretung sowie der<br />

Personalvertretung auf allen Ebenen zu<br />

institutionalisieren.<br />

2.2 Vorschläge für hochschulpolitische<br />

Korrektive<br />

2.2.1 Verbindung von Wissenschaft<br />

und Politik<br />

Nach dem vorliegenden Entwurf müssen<br />

die Hochschulen gegenüber Politik<br />

und Gesellschaft nur noch in geringem<br />

Maße Rechenschaft über ihr Handeln<br />

ablegen:<br />

* der alte § 98 UG z<strong>um</strong> Haushaltsvoranschlag<br />

der Hochschule sowie<br />

* die Ziff. 9 im § 9 Auftragsangelegen-<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

heiten „die Aufstellung des Haushaltsvoranschlags<br />

gemäß § 98 Abs. 1“ entfallen,<br />

* die Hochschulen nehmen z<strong>um</strong> Landeshaushalt<br />

nur noch Stellung (§ 101<br />

Abs.4)<br />

* der Hochschulhaushalt soll aus dem<br />

Landeshaushalt ausgegliedert werden<br />

(§ 101 Abs. 2 erster Satz) und<br />

* mit dem Hochschulrat wird eine Institution<br />

mit weitreichenden hochschulpolitischen<br />

Steuerungsmöglichkeiten<br />

geschaffen, die keinem demokratisch<br />

legitimierten Gremi<strong>um</strong> verantwortlich<br />

ist.<br />

Damit wird die hochschulpolitische<br />

Verantwortung des Landes (Landtag)<br />

untergraben. Parallel zu den Anstrengungen<br />

des Staates müssen die Hochschulen<br />

aber eine Debatte über ihr Profil<br />

und ihre Leistungsfähigkeit führen;<br />

sie müssen nachweisen, dass sie in der<br />

Lage sind, die Mittel, die ihnen Staat<br />

und Gesellschaft zur Verfügung stellen,<br />

auch effektiv nutzen.<br />

2.2.2 Öffnung des Verhältnisses zwischen<br />

Hochschule und Gesellschaft<br />

Aus einem berechtigten Anspruch an<br />

die Verbindung der Hochschule mit<br />

allen gesellschaftlichen Kräften wird im<br />

Gesetzentwurf eine relativ einseitige<br />

Verbindung zugunsten der Wirtschaft<br />

(Zusammensetzung von Hochschulrat<br />

und Gemeinsamer Kommission); eine<br />

Hochschulautonomie ist damit immer<br />

dann nicht mehr gewahrt, wenn die<br />

Hochschule ihre Autonomie an ein mit<br />

externen, hochschulfernen Mitgliedern<br />

besetztes Kontrollorgan der Wirtschaft<br />

abgeben muss. Deshalb müssen wir ein<br />

politisches Korrektiv fordern.<br />

Gemäß einer Pressemitteilung des Ministeri<strong>um</strong>s<br />

soll der Hochschulrat dazu<br />

beitragen, dass sich die Hochschulen<br />

gegenüber der Gesellschaft öffnen. Der<br />

Gesetzentwurf weist jedoch in seiner<br />

Begründung dem bereits bestehenden<br />

Hochschulkuratori<strong>um</strong> diese Funktion<br />

zu; der Hochschulrat dient hier nicht<br />

mehr als Verbindungsglied zur Gesellschaft,<br />

sondern soll „interne Entscheidungsprozesse<br />

durch externen Sachverstand<br />

unterstützen.“ (Begründung Seite<br />

2)<br />

Der DGB fordert deshalb, dass - wie<br />

in anderen Bundesländern auch - die<br />

Hochschulen Zielvereinbarungen sowohl<br />

mit dem fachlich zuständigen<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

Ministeri<strong>um</strong> (s.§2 Abs.9) als auch mit<br />

dem Landtag treffen können.<br />

2.2.3 Gruppenvertretung in Gremien<br />

(insbes. § 78)<br />

* Mitwirkungsrechte: Der DGB fordert<br />

die in § 37 Abs. 2 Satz 2 deregulierten<br />

Mitwirkungsrechte zugunsten einer<br />

verbindlichen gesetzlichen Regelung zurückzunehmen,<br />

wiewohl er sich einer<br />

differenzierten Experimentierklausel zu<br />

diesem Regelungsproblem im Gesetz<br />

nicht verschließen wird.<br />

* Wenn auch nicht in § 72 ausdrücklich<br />

als Hochschulorgan genannt, so<br />

erfahren wir doch aus der Begründung,<br />

dass die Gemeinsame Kommission „ein<br />

weiteres zentrales Gremi<strong>um</strong> in jeder<br />

Hochschule“ ist. Dies hat aber zur Folge,<br />

dass entspr. § 37 Abs.2 Satz 2 alle<br />

Mitgliedergruppen vertreten sein müssen.<br />

Wenn also die Hälfte der Mitglieder<br />

dieses Gremi<strong>um</strong>s aus dem Senat entsandt<br />

werden, muss die Gemeinsame<br />

Kommission aus mindestens 8 Mitgliedern<br />

bestehen. Nur so können alle Mitgliedergruppen<br />

„stimmberechtigt an<br />

Entscheidungen mit“wirken.<br />

2.2.4 Konflikt zwischen Hochschulautonomie<br />

und Personalvertretung<br />

(insbes. § 76 Abs. 2 Ziff. 7 und 8 sowie<br />

§ 8)<br />

Durch die Übertragung von Entscheidungsrechten<br />

des Senats auf die Hochschulleitung<br />

wird die Autonomie der<br />

Hochschule gestärkt und die Mitbestimmung<br />

zunächst transparenter. Der Senat<br />

trifft aber weiterhin satzungsautonome<br />

Entscheidungen, die den Mitbestimmungsrechten<br />

der Personalvertretung<br />

entzogen sind. Ein Konflikt entsteht<br />

immer dann, wenn der Präsident/<br />

die Präsidentin auf die Entscheidungen<br />

der Hochschulorgane verweist und<br />

die Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung<br />

nicht wahrgenommen<br />

werden können.<br />

Der Hauptpersonalrat beim MWWFK<br />

bezieht sich in seiner Stellungnahme<br />

z<strong>um</strong> neuen <strong>Hochschulgesetz</strong> ausdrücklich<br />

auf diese Problematik. Er zeigte<br />

bereits in seiner Stellungnahme z<strong>um</strong><br />

Universitätsgesetz im Jahre 1995 Lösungswege<br />

auf. Bereits damals forderte<br />

er entweder eine Änderung des<br />

LPersVG oder eine Regelung innerhalb<br />

des Universitätsgesetzes, die die Rechtsbeziehung<br />

zwischen den satzungsauto-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

nomen Organen einerseits und dem<br />

Personalrat im Rahmen seiner Zuständigkeiten<br />

andererseits so verändert, dass<br />

die Beteiligungsrechte und die Konfliktregelungsinstr<strong>um</strong>ente<br />

der Personalvertretung<br />

zur Wirkung kommen können.<br />

Der DGB schließt sich auch der neuerlichen<br />

Stellungnahme des Hauptpersonalrats<br />

ausdrücklich an.<br />

2.2.5 Deregulierung<br />

Die Begründung für das neue <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

formuliert die Absicht einer<br />

„Stärkung der Hochschulautonomie<br />

durch Deregulierung und Global- statt<br />

Detailsteuerung“.<br />

Der Gesetzesentwurf wird seinem eigenen<br />

Anspruch in keiner Weise gerecht.<br />

Weder wird konsequent dereguliert noch<br />

konsequent global gesteuert. In den<br />

Abschnitten Organisation, Finanzierung<br />

sowie Mitgliedschaft wird dereguliert<br />

und global gesteuert, eine verdichtete<br />

Detailsteuerung finden wir in den<br />

Abschnitten Studi<strong>um</strong> und Lehre und<br />

Personalwesen.<br />

Die Hinweise „das Nähere regelt die<br />

Grundordnung“ oder“ das Nähere regelt<br />

das fachlich zuständige Ministeri<strong>um</strong>“<br />

machen zudem deutlich, wo Regulierungsabsicht<br />

und -interesse besteht.<br />

Wir fordern den Gesetzgeber auf, sich<br />

mindestens an die Bestimmungen der<br />

5. HRG-Novelle § 58 Abs. 2 zu halten,<br />

in der die Grundordnung „ der<br />

Genehmigung des Landes“ bedarf und<br />

dies nicht einer Politik der „Interessensabsprache“<br />

zwischen Mitgliedern des<br />

Hochschulrats, der Gemeinsamen Kommission<br />

und des Senats zu überlassen.<br />

Wer Innovationen will, muss Partizipation<br />

ermöglichen. Innovation erfolgt<br />

nicht durch top-down-Entscheidungen,<br />

sondern durch die Mitwirkung aller<br />

Beteiligten. Der DGB will den Aushandlungsprozess.<br />

Er mahnt daher eine<br />

differenzierte Regelungsdichte immer<br />

dort an, wo es <strong>um</strong> Beteiligungs-, Mitwirkungs-,<br />

und Mitbestimmungsrechte<br />

geht, wie er andererseits für die Rücknahme<br />

von Detailregelungen immer<br />

dort eintritt, wo es dar<strong>um</strong> geht, den<br />

Hochschulen Gestaltungsspielrä<strong>um</strong>e in<br />

Forschung, Studi<strong>um</strong> und Lehre zu eröffnen.<br />

2.2.6 verstärktes Quor<strong>um</strong><br />

Selbstverständlich muss ein/e so starke/r<br />

PräsidentIn auch abwählbar sein.<br />

Dafür sorgt das Gesetz mit einer Stimmenmehrheit<br />

von drei Vierteln der Senatsmitglieder.<br />

Der DGB fordert<br />

darüber hinaus, dass auch die Verabschiedung<br />

der Grundordnung durch<br />

den Senat mit 3/4 Mehrheit erfolgen<br />

muss. Damit kann das zentrale Organ<br />

der Hochschule in seinem Stand gegenüber<br />

Hochschulleitung UND Hochschulrat<br />

mindestens in Teilen gestärkt<br />

werden und versinkt mit seiner Beschränkung<br />

auf eine Richtlinienkompetenz<br />

nicht in die Bedeutungslosigkeit.<br />

2.3 Personal und Nachwuchsförderung<br />

2.3.1. Arbeitsplatzbedingungen<br />

Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen,<br />

insbesondere der wissenschaftlichen<br />

und nicht-wissenschaftlichen<br />

MitarbeiterInnen, sind z.Zt. weder<br />

aufgabengerecht noch wettbewerbsadäquat<br />

ausgestaltet. Die hohe Zahl ungeschützter<br />

Beschäftigungsverhältnisse<br />

schafft darüber hinaus große Motivationsprobleme.<br />

Die Flexibilisierung der<br />

wissenschaftlichen Arbeitskraft stellt die<br />

Kontinuität und damit die Qualität der<br />

wissenschaftlichen Arbeit grundsätzlich<br />

in Frage. Kommt dann noch hinzu, dass<br />

* Hochschulen auch in einer anderen<br />

Rechtsform errichtet werden können (§6<br />

Abs 1),<br />

* Fachbereiche in Teilfachbereiche als<br />

Untereinheiten gegliedert werden können<br />

(§ 87 Abs.1),<br />

* Hochschulen bei Forschungsschwerpunkten<br />

auch Abweichungen von gesetzlichen<br />

Organisationsformen zulassen<br />

können (12 Abs. 2),<br />

bedarf es dringend der Aufnahme von<br />

Verhandlungen <strong>um</strong> eine tarifvertragliche<br />

Regelung der Beschäftigungsverhältnisse<br />

für das wissenschaftliche Personal<br />

in den Hochschulen.<br />

2.3.2 Gruppenzugehörigkeit<br />

* Zur Gruppe der Wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an<br />

Universitäten und Fachhochschulen<br />

werden detaillierte Regelungen geschaffen<br />

(§ 46; § 57 Abs. 1; § 37, Abs. 2:Satz<br />

3 ). Wir lehnen eine Unterscheidung<br />

zwischen Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern an Universitäten,<br />

Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern an Fachhochschulen<br />

und Fachhochschulassistent-<br />

3


innen und Assistenten ab. Wir fordern<br />

eine einheitliche Personalkategorie mit<br />

einheitlichen Aufgabenstellungen und<br />

Arbeitsbedingungen. Auch geben wir zu<br />

bedenken, dass aufgrund der Änderung<br />

des § 135 HG im Landespersonalvertretungsgesetz<br />

(LPersVG) nunmehr<br />

auch noch die FH-AssistentInnen eingeschränkte<br />

Schutzrechte haben. Sowohl<br />

die Mitbestimmungs- als auch die<br />

Mitwirkungsrechte der FH-AssistentInnen<br />

werden durch das neue <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

stark eingeschränkt.<br />

* Für Doktorandinnen/Doktoranden ist<br />

zukünftig nach § 34 ein förmlicher<br />

Rechtsstatus vorgesehen. In § 34 haben<br />

eingeschriebene DoktorandInnen<br />

„Rechte und Pflichten der Studierenden“,<br />

bilden aber nach § 37 (2) Nr. 3<br />

für die Vertretung in den Gremien zusammen<br />

mit den akademischen MitarbeiterInnen<br />

eine Gruppe. Dies erscheint<br />

uns ein Widerspruch und auch<br />

im Hinblick auf die Interessenlage nicht<br />

sachgerecht.<br />

* Da sich im Personalvertretungsrecht<br />

Wahlen im Geschäftsbereich des MW-<br />

WFK nach der Gruppenzugehörigkeit<br />

der Beschäftigten regeln, mahnt der<br />

DGB für die Beschäftigten in wissenschaftlichen<br />

und zentralen Einrichtungen<br />

(§ 91) ebenso wie für DoktorandInnen<br />

entspr. § 56 Abs. 5 eine Regelung<br />

zur Gruppenzugehörigkeit an, da<br />

ansonsten bei Personalratswahlen und<br />

Wahlen der Stufenvertretungen Wahlanfechtungsklagen<br />

drohen.<br />

2.3.3 Lehrauftragsvergabe<br />

* In § 64 Abs. 3 ist völlig neu vorgesehen,<br />

dass Lehraufträge an hauptberufliches<br />

akademisches Personal im Fachgebiet,<br />

für das sie berufen oder eingestellt<br />

sind, nicht zulässig sein sollen. Der<br />

Begründung ist zu entnehmen, dass diese<br />

Regelung offenbar nur Vollzeitbeschäftigte<br />

erfassen soll. Daher drängen<br />

wir auf eine Klarstellung , die Teilzeitbeschäftigte<br />

von diesem Verbot ausnimmt.<br />

* Der Gesetzentwurf bezieht allerdings<br />

auch Wissenschaftliche MitarbeiterInnen<br />

in Drittmittelprojekten, deren<br />

Dienstaufgaben sich in der Regel ausschließlich<br />

auf die Forschung konzentrieren<br />

ein. Damit können an diesen<br />

Personenkreis keine Lehraufgaben übertragen<br />

werden, was sie insbesondere im<br />

Hinblick auf die Gewinnung von Lehr-<br />

kapazität und den Nachweis von Lehrerfahrung<br />

für die Bewerbung auf eine<br />

Professur oder eine Juniorprofessur benachteiligen<br />

würde.<br />

* § 121 (1) Ebenso wie den beamteten<br />

wissenschaftlichen MitarbeiterInnen<br />

sollte auch den auf Dauer angestellten<br />

wissenschaftlichen MitarbeiterInnen die<br />

Möglichkeit gegeben werden, selbständige<br />

Lehraufträge zu erhalten.<br />

2.3.4 Schutzbedürftigkeit der ehrenamtlichen<br />

Gremienmitglieder<br />

In § 37 Abs. 3 sollten stärkere Schutzrechte<br />

für Mitglieder in Hochschulgremien<br />

geregelt werden. Wir fordern, das<br />

Problem des Freizeitausgleichs für eine<br />

Teilnahme an Gremienarbeit (z. B.<br />

analog der Regelungen des LPersVG)<br />

endlich zu regeln. Der DGB schlägt die<br />

Aufnahme folgenden Passus in die Gesetzesvorlage<br />

vor:<br />

„Die Hochschulmitglieder dürfen wegen<br />

ihrer Tätigkeit in der Selbstverwaltung<br />

weder bevorzugt noch benachteiligt<br />

werden; sie sind in diesen Funktionen<br />

an Weisungen nicht gebunden. Für<br />

Mitglieder in Organen, Gremien und<br />

Kommissionen nach diesem Gesetz oder<br />

nach der Grundordnung der Hochschule<br />

gelten die Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes<br />

für Rheinland-<br />

Pfalz über Arbeitszeitversä<strong>um</strong>nis sowie<br />

über den Schutz der Mitglieder der Personalvertretungen<br />

vor Versetzung, Abordnung<br />

oder Kündigung entsprechend<br />

Satz 2 gilt entsprechend für Mitglieder<br />

von Gremien, die von Organen nach<br />

diesem Gesetz oder nach der Grundordnung<br />

eingesetzt werden.“<br />

2.3.5 Juniorprofessuren<br />

* In § 48 werden die dienstlichen Aufgaben<br />

von HochschullehrerInnen geregelt.<br />

Der DGB ist der Auffassung, dass<br />

an dieser Stelle auch konkret auf die<br />

Aufgaben der Juniorprofessur eingegangen<br />

werden sollte und schlägt daher folgenden<br />

Passus in die Aufnahme des<br />

Gesetzes vor: § 48 Abs. X: „JuniorprofessorInnen<br />

haben die Aufgabe, sich<br />

durch die selbständige Wahrnehmung<br />

der ihrer Hochschule obliegenden Aufgaben<br />

in Wissenschaft und Kunst, Forschung<br />

und Lehre sowie der wissenschaftlichen<br />

Weiterbildung für die Berufung<br />

zu Professoren zu qualifizieren.<br />

Die Voraussetzungen hierfür sind bei<br />

der Ausgestaltung des Dienstverhältnis-<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

ses und der Funktionsbeschreibung der<br />

Stelle zu gewährleisten.“<br />

* Ebenso fehlt im § 50 (2) die Ausformulierung<br />

der Bestellung von JuniorprofessorInnen.<br />

Der DGB schlägt folgenden<br />

Passus zur Aufnahme in das<br />

Gesetz vor: „JuniorprofessorInnen werden<br />

vom Präsidenten auf Vorschlag des<br />

Fachbereiches bestellt. Der Vorschlag<br />

wird von einer Auswahlkommission des<br />

Fachbereiches, die wie eine Berufungskommission<br />

zusammengesetzt ist, unter<br />

Einbeziehung von Gutachten auswärtiger<br />

sachverständiger Personen erstellt;<br />

der Senat wirkt bei der Erstellung<br />

des Besetzungsvorschlages wie bei<br />

den Vorschlägen zur Berufung von ProfessorInnen<br />

mit.“<br />

* § 56 (1): Zur Lösung des Problems<br />

der Bewährung einer Juniorprofessur,<br />

die eng mit einer Verlängerung verknüpft<br />

ist, wird angeregt, für Bewährungsentscheidungen<br />

eine verbindliche<br />

Rahmenregelung (Zuständigkeit, Verfahren,<br />

Kriterien, etc.) vorzusehen. Wir<br />

schlagen folgenden Text zur Aufnahme<br />

ins Gesetz vor: „Die Entscheidung über<br />

die Bewährung einer Juniorprofessur<br />

trifft der Fachbereichsrat unter Berücksichtigung<br />

von Gutachten, davon<br />

mindestens 2 externen Gutachten. Die<br />

GutachterInnen werden vom Fachbereichsrat<br />

bestimmt. Das Nähere regeln<br />

Satzungen der Hochschule.“<br />

Im Hinblick auf die schwächere Rechtsstellung<br />

der Juniorprofessuren und in<br />

Anbetracht, dass sie die vorherigen<br />

Dienstverhältnisse der AssistentInnen<br />

und OberassistentInnen ablösen, wird<br />

angeregt, dass dieser Personenkreis in<br />

den Schutzbereich des Personalrats aufgenommen<br />

wird.<br />

2.3.6 Kostenneutralität<br />

Der DGB hält eine kostenneutrale<br />

Umsetzung des <strong>Hochschulgesetz</strong>es für<br />

nicht durchführbar. Auf das Personal<br />

der Hochschulen kommen viele neue<br />

Aufgaben bei Beibehaltung der alten<br />

zu.<br />

Statt angekündigter Deregulierungen<br />

folgen Detailregelungen so z.B. in § 24<br />

Studienberatung; §71 Studienkonten;<br />

§ 26. Abs. 3: Diploma Supplement; §<br />

25 Leistungspunktesystem; § 19.5 Einführung<br />

dualer Studiengänge; § 23<br />

Fernstudi<strong>um</strong>, Multimedia, Informations-<br />

und Kommunikationstechnik und<br />

§ 30 Hochschulgrade.<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

Diese sind mit der bestehenden Personalkapazität<br />

nicht zu bewältigen.<br />

Stattdessen brauchen die Hochschulen<br />

mehr für die Durchführung der neuen<br />

Aufgaben qualifiziertes Personal; zusätzlich<br />

muss der derzeitige Personalbestand<br />

für die Bewältigung der neuen<br />

Aufgaben qualifiziert werden.<br />

Wenn schon Prinzipien und Methoden<br />

neuer Steuerungsmodelle auf die Hochschulen<br />

übertragen werden, dann müssen<br />

sie auch zur Personalentwicklung<br />

verpflichtet werden.<br />

Wir fordern, Aufgaben der Personalentwicklung<br />

an geeigneter Stelle als Aufgabe<br />

der Hochschule im Gesetz zu verankern.<br />

Kostenneutralität ist nach Meinung des<br />

DGB auch nicht mit der Einführung<br />

einer Reform der LehrerInnenausbildung<br />

durchzuhalten. Vielmehr erfordert<br />

dieses mehr qualifiziertes Personal<br />

an den Universitäten insbesondere in<br />

den neuen Ausbildungsinhalten der Bildungswissenschaften.<br />

2.3.7 Streichung der Inkompatibilitätsregelung<br />

§ 37 Abs. 1 Satz 5<br />

§ 37 regelt in Satz 5 die Mitwirkung<br />

im Fachbereichsrat von Personalratsmitgliedern.<br />

Dort heißt es: „Mitglieder<br />

der Hochschule, die Aufgaben der Personalvertretung<br />

wahrnehmen, dürfen<br />

dem Fachbereichsrat und Ausschüssen,<br />

die für Personalangelegenheiten akademischer<br />

und nichtwissenschaftlicher<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig<br />

sind, nicht angehören.“<br />

Da auch im Fachbereichsrat entspr. §87<br />

Abs. 2 Ziff. 11 nur noch über Grundsätze<br />

der Verteilung von Stellen und<br />

Mittel beschlossen wird, werden keine<br />

Personalangelegenheiten des Personals<br />

entspr. § 37 Abs. 2 Ziff 3 und 4 diskutiert.<br />

Der DGB fordert die ersatzlose Streichung<br />

des § 37 Abs. 1 Satz 5.<br />

2.4 Finanzierung<br />

Vor allem im zentralen Abschnitt Finanzierung<br />

(§§ 100, 101) wird der<br />

Rückzug des Staates bzw. der Landesregierung<br />

aus der Verantwortung für<br />

Bildung und Wissenschaft deutlich.<br />

Hier wird eine Kehrtwende von der<br />

Bedarfsgerechtigkeit (siehe Universitätsgesetz<br />

§ 97) zur „Leistungsgerechtigkeit“<br />

vollzogen. So ist z.B. von einer belastungsorientierten<br />

Finanzierung der<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Hochschule spätestens im § 101 nicht<br />

mehr die Rede.<br />

Der Spagat zwischen Hochschulen, die<br />

einerseits nach new-public-management-Konzepten<br />

agieren und<br />

andererseits als öffentlich Einrichtungen<br />

betrachtet werden, ist nach Meinung<br />

des DGB dem Gesetzgeber nicht<br />

gelungen: Der weltweite Austausch von<br />

Produkten und Dienstleistungen<br />

(GATS) sowie die orts- und zeitunabhängige<br />

Be- und Verarbeitung digitalisierbarer<br />

Daten und Informationen<br />

zieht weitreichende grundlegende Umstrukturierungen<br />

sowohl der Arbeitsund<br />

Geschäftswelt wie auch der Art und<br />

Weise des Forschens, Lehrens und Lernens<br />

nach sich. Den mit diesen einschneidenden<br />

Veränderungen einhergehenden<br />

Innovationsnotwendigkeiten<br />

müssen sich auch die Hochschulen stellen.<br />

Nach wie vor besteht ihre primäre Aufgabe<br />

darin, Wissen zu erzeugen und<br />

Wissen zu vermitteln. Das europäische<br />

Erfolgsmodell des gesellschaftlichen<br />

Umgangs mit Wissen, von der Akademie<br />

Platons über die mittelalterlichen<br />

Universitäten bis hin zur modernen<br />

staatlichen Hochschule wird durch das<br />

Finanzierungsmodell des Gesetzgebers<br />

z<strong>um</strong>indest in Frage gestellt.<br />

Für den DGB ist es im Sinne einer zukunftsorientierten<br />

und auch „marktorientierten“<br />

Hochschulpolitik un<strong>um</strong>gänglich,<br />

verstärkt in die Bildungseinrichtungen<br />

des Landes zu investieren,<br />

z<strong>um</strong>indest aber die notwendige finanzielle<br />

Ausstattung sicherzustellen.<br />

Andererseits muss ein Regelwerk zur<br />

Finanzierung und Mitwirkung bzw.<br />

Mitbestimmung geschaffen werden, das<br />

die Hochschulen und Forschungsschwerpunkte<br />

bei Errichtung (und<br />

Überführung?) in eine andere Rechtsform<br />

in die Lage versetzt, nicht nur<br />

überlebens- sondern auch wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben.<br />

Damit die wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

des Landes Rheinland-Pfalz<br />

auch in Zukunft in einer inzwischen<br />

globalen Konkurrenz <strong>um</strong> Studienanfänger,<br />

Drittmittel und andere Forschungsaufträge<br />

national und international<br />

bestehen können, muss die Landesregierung<br />

investieren und sich nicht<br />

zurückziehen<br />

2.5 Studienkonten<br />

Weil Bildung Teil öffentlicher Daseinsfürsorge<br />

ist und daher öffentlich finanziert<br />

werden muss, muss ein Studi<strong>um</strong><br />

gebührenfrei bleiben. Der DGB Rheinland-Pfalz<br />

unterstreicht daher seine<br />

Ablehnung von Studiengebühren.<br />

Die finanziellen und strukturellen Probleme,<br />

die zur Rechtfertigung von Studiengebühren<br />

dienen, lassen sich nur<br />

durch eine grundlegende inhaltliche<br />

Veränderung von Hochschule und Forschung<br />

lösen. Mit der Einführung von<br />

Studiengebühren wird dieser Weg aber<br />

verbaut.<br />

Einen neuen Weg versucht die rheinland-pfälzische<br />

Landesregierung mit<br />

dem Studienkontenmodell. Der DGB<br />

hält das Studienkonten - Modell entspr.<br />

§ 61 (HochSchG Grundsatz der<br />

Gebührenfreiheit, Studienkonto) für<br />

prüfenswert, wenn<br />

* Sicherheiten bzw. Garantien für eine<br />

Festschreibung der Ausstattung des Studienkontos<br />

mindestens in der vorgeschlagenen<br />

Form (zweifache Regelstudienzeit<br />

+ <strong>20</strong>% Aufschlag) gegeben<br />

werden<br />

* Auswirkungen auf eine Studienreform<br />

aus der Hochschule heraus zugunsten<br />

der Studierbarkeit eines Studi<strong>um</strong>s plausibel<br />

gemacht werden können<br />

* eine gesetzlich geregelte Zweckbindung<br />

der Weiterbildungseinnahmen<br />

ausschließlich für Maßnahmen und<br />

Projekte innerhalb der wissenschaftlichen<br />

Weiterbildung erfolgt<br />

* eine gesetzlich geregelte Zweckbindung<br />

der Mittel aus der Refinanzierung<br />

der Studienkonten zugunsten der Verbesserung<br />

der Lehre erfolgt<br />

* wenn eine Sozialklausel zur Beanspruchung<br />

des Bonus’ für die wissenschaftliche<br />

Weiterbildung eingerichtet<br />

wird.<br />

Der DGB wird insbesondere prüfen, ob<br />

das Studienkonten-Modell geeignet ist,<br />

die generelle Einführung von Studiengebühren<br />

über Studienkontenmodelle<br />

(z.B. nach dem NRW -Modell) zu verhindern.<br />

5


3. Sonstiges<br />

3.1. Zentren für Lehrerbildung<br />

(§ 93)<br />

Die Einrichtung der Zentren für LehrerInnenbildung<br />

wird grundsätzlich<br />

begrüßt, da sie die Voraussetzungen<br />

schaffen, eine grundlegende Neuordnung<br />

der LehrerInnenbildung in Angriff<br />

zu nehmen. Leider liegen jedoch<br />

bisher widersprüchliche Aussagen zu<br />

diesem Themenkomplex vor.<br />

Da heißt es einmal: „Im <strong>Hochschulgesetz</strong>,<br />

das die Einrichtung eines solchen<br />

Zentr<strong>um</strong>s an den Universitäten vorgeben<br />

wird, werden die Gestaltungs-,<br />

Steuerungs-, Kontroll- und Eingriffsaufgaben<br />

und Rechte dieser Einrichtung<br />

sowie ihre Zusammensetzung bestimmt“<br />

(so „Reformkonzept zur Lehrerbildung“<br />

S. 9).<br />

Dann wieder<strong>um</strong> an anderer Stelle:<br />

„Das Nähere zur Zusammensetzung,<br />

Struktur, Organisation und Mitwirkung<br />

im Zentr<strong>um</strong> für Lehrerbildung<br />

regelt das fachlich zuständige Ministeri<strong>um</strong><br />

im Einvernehmen mit dem für<br />

das Schul- und Unterrichtswesen zuständigen<br />

Ministeri<strong>um</strong> durch<br />

Rechtsverordnung.“(so § 93 Abs. 3).<br />

Mit solchen Regelungen schiebt nicht<br />

nur ein Ressort dem anderen die Verantwortung<br />

für die Umsetzung zu, sondern<br />

damit gibt der Gesetzgeber wichtige<br />

politische Entscheidungsbereiche an<br />

die Exekutive ab, die er nach unserem<br />

Verständnis selbst regeln muss.<br />

Daher fordern wir solche wesentlichen<br />

Punkte wie „Struktur, Organisation<br />

und Mitwirkung“ in das Gesetz aufzunehmen<br />

und die Mitwirkung in den<br />

Gremien verbindlich zu regeln.<br />

Der DGB fordert eine gesetzliche Festlegung<br />

auf eine „Einrichtung der Fachbereiche“<br />

und nicht nur per Rechtsverordnung,<br />

z<strong>um</strong>al ja auch für zentrale<br />

Einrichtungen die/der PräsidentIn die<br />

Stellen und Mittel entsprechend den<br />

Grundsätzen des Senats zuweist. Da die<br />

Fachbereiche für die Gewährleistung<br />

und Sicherstellung des Lehrangebotes<br />

verantwortlich sind, sollte ihnen dann<br />

bei den Zentren für Lehrerbildung als<br />

fachbereichsübergreifende wissenschaftliche<br />

Einrichtung ebenso wie den Zentren<br />

selbst auch Mitwirkungsrechte zugestanden<br />

werden.<br />

Da der Senat mit Zustimmung des<br />

Hochschulrats den Gesamtentwick-<br />

lungsplan oder allgemeine Grundsätzen<br />

über die Verteilung von Stellen und<br />

Mitteln auf der Grundlage des Hochschulhaushaltes<br />

des Landes mit seinen<br />

Leistungs- und Belastungsparametern<br />

(PBK, MBS) beschließt, LehrerInnenausbildung<br />

andererseits genuine Aufgabe<br />

der Universitäten ist, sollte der<br />

Gesetzgeber bereits im Gesetz die Sicherstellung<br />

der finanziellen Ausstattung<br />

der Zentren für LehrerInnenbildung<br />

verankern.<br />

Darüber hinaus haben wir folgende<br />

Fragen:<br />

* Werden die Zentren für LehrerInnenbildung<br />

zentrale Einrichtungen unter<br />

der Verantwortung mehrerer Fachbereiche,<br />

des Senats oder unter der/des<br />

Präsidenten?<br />

* Wie werden die Studienseminare mit<br />

den Zentren verzahnt? Was heißt „die<br />

Studienseminare werden Sitz und<br />

Stimme in den Zentren haben?<br />

* Wer aus den LehrerInnenzentren unterbreitet<br />

wem (dem Hochschulrat?,<br />

dem Senat?) die dort erarbeitete „Vorschläge<br />

zur Studienstruktur und Studienreform“(§<br />

93 Abs. 1 Ziff.1)?<br />

* Wie werden sich die Zentren für LehrerInnenbildung<br />

in den Gremien der<br />

Hochschule vertreten finden?<br />

3.2 Frauenförderung und Gender<br />

Mainstreaming<br />

Obwohl wir es begrüßen, dass die Prinzipien<br />

und Methoden der Frauenförderung<br />

und des Gender Mainstreaming<br />

in das Gesetz aufgenommen worden<br />

sind, hat die <strong>Diskussion</strong> des Entwurfs<br />

gezeigt, dass es Klärungsbedarf zwischen<br />

dem Leitprinzip „Gender Mainstreaming“<br />

und seinen Methoden und<br />

denen der Frauenförderung gibt. Der<br />

Gesetzgeber sollte dieses in der Begründung<br />

für § 2 Abs. 2 nachholen.<br />

3.3 Studienkollegs<br />

Wir begrüßen die Einbindung von Studienkollegs<br />

in die Hochschule in der<br />

vorgeschlagenen Form, fragen jedoch<br />

auch hier -ähnlich wie bei den Zentren<br />

für LehrerInnenbildung -<br />

Wie werden sich die Internationalen<br />

Studienkollegs in den Gremien der<br />

Hochschule vertreten finden, z<strong>um</strong>al der<br />

Senat die Ordnung über die Aufnahme-<br />

und Feststellungsprüfung erlassen<br />

soll?<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

3.4 Folgen für die Gesellschaft<br />

und die Natur<br />

In § 106 Abs. 4 Satz 2 „kann die Studierendenschaft<br />

insbesondere auch zu<br />

solchen Fragen Stellung beziehen, die<br />

sich mit ... der Anwendung der wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse und der Abschätzung<br />

ihrer Folgen für die Gesellschaft<br />

und die Natur beschäftigen.“ Die<br />

Übernahme des Prinzips der Nachhaltigen<br />

Entwicklung wurde in der „Rio-<br />

Deklaration“ von 1992 von VertreterInnen<br />

fast aller Regierungen der Welt<br />

für den Wissenschafts- und Bildungsbereich<br />

für verbindlich erklärt. Die europäischen<br />

Hochschulen haben diesen<br />

Auftrag in der Copernicus-Charta der<br />

Europäischen Hochschulrektoren spezifiziert<br />

und als verbindliches Leitprinzip<br />

ihrer Arbeit übernommen. Einige<br />

Hochschulen in Rheinland-Pfalz haben<br />

die Grundsätze der Copernicus-Charta<br />

bereits explizit als Leitbild übernommen.<br />

Diese bereits im HRG (6. Novell.)<br />

festgelegte Aufgabe fordert der DGB als<br />

Aufgabe der GANZEN Hochschule in<br />

§ 2 gesetzlich zu regeln.<br />

Birgit Groß<br />

Leiterin des Fachbereiches<br />

Bildung/Berufliche Bildung/ Hochschule<br />

im DGB Rheinland-Pfalz<br />

6 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

HPR: „Höchst ambivalente Gefühle“<br />

Abschließend zur <strong>Diskussion</strong> über<br />

das geplante neue <strong>Hochschulgesetz</strong><br />

hier auch die Stellungnahme des<br />

Hauptpersonalrats für den Geschäftsbereich<br />

des Ministeri<strong>um</strong>s für<br />

Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung<br />

und Kultur.<br />

„(...) Entsprechend der gesetzlichen<br />

Aufgabenstellung möchte der HPR sich<br />

im Wesentlichen darauf beschränken,<br />

zu denjenigen Fragen und Regelungskomplexen<br />

Stellung zu nehmen, welche<br />

die Rechtsstellung bzw. die Aufgaben<br />

der Personalvertretungen im Hochschulbereich<br />

berühren. Daneben sollen<br />

jedoch auch einige Punkte kommentiert<br />

werden, die das politische Verständnis<br />

des HPR zu Fragen der Hochschulen<br />

berühren. In den wenigsten Punkten<br />

wird der HPR explizite Lösungsvorschläge<br />

unterbreiten - etwas Derartiges<br />

war in der Kürze der zur Verfügung<br />

stehenden Zeit nicht zu leisten -, sondern<br />

er beschränkt sich darauf, Probleme<br />

aufzuzeigen und damit den Anstoß<br />

zu geben, nach Lösungen hierfür zu<br />

suchen. Dabei werden z. T. auch Probleme<br />

aufgezeigt, die schon in den jetzt<br />

geltenden Gesetzesfassungen vorhanden<br />

sind. Im Weiteren bezieht sich die Bezugnahme<br />

auf Paragrafen - soweit nicht<br />

ausdrücklich etwas Anderes gesagt ist -<br />

auf den LHG-Entwurf.<br />

Die Stellungnahme ist gegliedert in fünf<br />

Teile:<br />

1. eine grundsätzliche Wertung der beabsichtigten<br />

Novellierung,<br />

2. die Behandlung von Grundkonflikten<br />

zwischen Hochschulautonomie und<br />

Personalvertretung anhand ausgewählter<br />

Beispiele,<br />

3. Ausführungen zur vorgesehenen neuen<br />

Hochschulstruktur, hier insbesondere<br />

zur Einführung des Hochschulrates,<br />

4. Ausführungen zur demokratischen<br />

Teilhabe an diesen Strukturen und<br />

5. Ausführungen zu weiteren Einzelfragen<br />

des vorgelegten Gesetzentwurfes.<br />

1. Einführung<br />

1.0. Bei der Novellierung des Universitätsgesetzes<br />

im Jahre 1995 hatte der<br />

Hauptpersonalrat den damals vorgeleg-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

ten Gesetzentwurf in seiner Tendenz,<br />

die gesellschaftliche Aufgabe des Abbaus<br />

der Benachteiligung von Frauen stärker<br />

als bisher zur Aufgabe auch und<br />

gerade der Hochschulen zu machen,<br />

begrüßt. Ebenso begrüßt hatte es der<br />

Hauptpersonalrat, dass verstärkt Elemente<br />

einer demokratischen Beteiligung<br />

aller Statusgruppen der Hochschulangehörigen<br />

eingebracht werden sollten.<br />

Dabei wurde auch z<strong>um</strong> Ausdruck gebracht,<br />

dass der Hauptpersonalrat<br />

hierzu weitergehende Vorstellungen hat.<br />

Zur Vermeidung von Wiederholungen<br />

sei diesbezüglich auf die Stellungnahme<br />

des HPR vom 11.01.1995, Az.:<br />

B05/15.94, verwiesen, die aus Anlass<br />

der Anhörung des Gesetzentwurfes im<br />

Ausschuss für Wissenschaft und Weiterbildung<br />

vorgelegt worden war.<br />

Weiter hatte der HPR anhand zweier<br />

Beispiele auf Probleme hingewiesen, die<br />

sich aus dem Spannungsfeld zwischen<br />

autonomer Selbstverfassung der Hochschulen<br />

einerseits und den Beteiligungsrechten<br />

der Personalvertretung andererseits<br />

ergeben. Er hatte diesbezüglich Lösungen<br />

vorgeschlagen, welche bewirken<br />

sollten, dass im Hochschulbereich die<br />

Beteiligungsrechte der Personalvertretung<br />

nicht hinter dem zurückstehen<br />

müssen, was sonst in jeder Dienststelle<br />

des Landes Rheinland-Pfalz rechtlich<br />

geregelt ist. Für eine Personalvertretung<br />

„zweiter Klasse“ gibt es nämlich keine<br />

ersichtliche Rechtfertigung.<br />

Diesen Vorschlägen wurde damals im<br />

Gesetzgebungsverfahren nicht gefolgt.<br />

Die vom HPR aufgezeigten Probleme<br />

sind dann auch in der Tat aufgetreten,<br />

wie die Auseinandersetzung aus Anlass<br />

der Erstellung des Rahmenplanes zur<br />

Frauenförderung in der Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz gezeigt hat.<br />

Der HPR wird dies deshalb im Abschnitt<br />

2 erneut vortragen.<br />

1.1. Der jetzt vorgelegte Entwurf für<br />

die Novellierung des LHG löst bezüglich<br />

der beabsichtigten Modernisierung<br />

der Leitungs- und Gremienstruktur<br />

beim HPR unter dem Aspekt der damaligen<br />

Stellungnahme höchst ambivalente<br />

Gefühle aus.<br />

Einerseits ist die ausdrücklich vorgese-<br />

hene Stärkung der Kompetenzen der<br />

Hochschulleitung (s. LHG-Entwurf,<br />

Begründung, S. 2 (zu Teil A, Ziffer 2))<br />

gegenüber dem bisherigen Rechtsstand<br />

geeignet, die damals aufgezeigten Probleme<br />

- wenigstens teilweise - zu mildern.<br />

Insoweit könnte der HPR dies<br />

begrüßen.<br />

Der Preis, der dafür zu zahlen ist, erscheint<br />

dem HPR jedoch als zu hoch.<br />

Die damals begrüßte stärkere demokratische<br />

Teilhabe bei Entscheidungen betreffend<br />

die inneren Angelegenheiten<br />

der Hochschulen, welche dem Selbstverfassungsbereich<br />

zuzuordnen sind, ist<br />

zwar der äußeren Form nach zuerst<br />

einmal nicht berührt, jedoch durch die<br />

Zurücknahme von Kompetenzen der<br />

Selbstverwaltungsorgane (a. a. O., S.3)<br />

Senat und Fachbereichsrat sehr wohl<br />

dem Inhalt nach deutlich zurückgenommen.<br />

Dies kann der HPR keinesfalls<br />

begrüßen. Hierzu soll im Abschnitt<br />

4 weiter Stellung genommen werden.<br />

Kritisch gesehen wird die Einführung<br />

eines Hochschulrats mit den dort vorgesehenen<br />

Befugnissen. Hierzu wird im<br />

Abschnitt 3 gesondert Stellung genommen.<br />

1.2. Der HPR begrüßt, dass mit<br />

dem vorgelegten Entwurf die „grundsätzliche<br />

Berücksichtigung geschlechtsspezifischer<br />

Auswirkungen von Vorschlägen<br />

und Entscheidungen in Form<br />

des ‚Gender Mainstreaming‘ ... als besondere<br />

Hochschulaufgabe verankert“<br />

wird (s. LHG-Entwurf, Begründung,<br />

S. 3 (zu Teil A, Ziffer 5)). Damit wird<br />

‚Gender Mainstreaming‘ (GM) als Ziel<br />

und als Methode verbindlich vorgeschrieben.<br />

Durch eine - möglicherweise missverständliche<br />

- Formulierung im Entwurf<br />

der amtlichen Begründung wird jedoch<br />

der Eindruck erweckt, dass diese Aufgabe<br />

primär den Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten<br />

zugeordnet wird<br />

(a. a. O., S. 5). Dies hielte der HPR<br />

für falsch. Die Aufgabe, das Ziel und<br />

die Methoden des GM zu beachten, ist<br />

primär Aufgabe der Hochschule als<br />

Ganzes und damit vor allem der Hochschulleitung,<br />

welche dann hierfür die<br />

Gewährleistung zu geben hat. Selbst-<br />

7


verständlich haben dabei die Frauenund<br />

Gleichstellungsbeauftragten eine<br />

wichtige Anregungs- und Überwachungsfunktion.<br />

Das ist aber etwas<br />

anderes, als eine primäre Zuständigkeit<br />

für die Durchführung der Aufgabe<br />

des GM. Der HPR möchte deshalb<br />

vorschlagen, im Entwurf der amtlichen<br />

Begründung eine entsprechende Klarstellung<br />

vorzunehmen.<br />

2. Konfliktfelder für die<br />

Personalvertretung<br />

Nachdem der vorgelegte Gesetzentwurf<br />

darauf angelegt ist, die Autonomie der<br />

Hochschule, was ihre inneren Angelegenheiten<br />

betrifft, durch eine weitgehende<br />

Deregulierung weiter zu stärken,<br />

wird das in der o. g. Stellungnahme<br />

des HPR vom 11.01.1995 aufgezeigte<br />

Spannungsfeld ebenfalls weiter verstärkt.<br />

Wo früher wenigstens im Prinzip noch<br />

Weisungsbefugnisse des Ministeri<strong>um</strong>s<br />

bestanden, werden diese jetzt zurückgenommen,<br />

ohne dass die Hochschulleitung<br />

mit entsprechenden Befugnissen<br />

ausgestattet wird.<br />

2.1. Der HPR hatte damals aufgezeigt,<br />

dass in zentralen Aufgaben der Hochschule,<br />

für welche die Hochschulleitung<br />

die Organisationsverantwortung hat<br />

und haben muss (z. B. bei Fragen des<br />

Arbeitsschutzes), es wegen der gegenüber<br />

den wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

sowie den Hochschullehrerinnen<br />

und Hochschullehren fehlenden Weisungsbefugnis<br />

zu Problemen kommt,<br />

die auch die Aufgaben und Befugnisse<br />

der Personalvertretung berühren (a. a.<br />

O., zu Abschnitt 2.2).<br />

2.1.1. An dieser Situation wird sich<br />

nach dem Entwurf nur insoweit etwas<br />

ändern, als bisherige Befugnisse der<br />

Gremien Senat bzw. Fachbereichsrat<br />

auf die Hochschulleitung (Präsidentin<br />

oder Präsident) bzw. auf die Fachbereichsleitung<br />

(Dekanin oder Dekan)<br />

übergehen sollen. Jedoch bleibt schon<br />

offen, inwieweit die Hochschulleitung<br />

in Angelegenheiten, welche den Fachbereichen<br />

zugeordnet sind, ein diesbezügliches<br />

Weisungsrecht gegenüber den<br />

Fachbereichsleitungen haben soll.<br />

2.1.2. Verstärkt wird dies auch<br />

dadurch, dass die Abgrenzung zwischen<br />

wissenschaftlichen Aufgaben, welche<br />

den wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

zugeordnet sind, und den allgemeinen<br />

Dienstleistungsaufgaben, welche der<br />

Hochschule insgesamt zugeordnet sind<br />

und für die somit die Hochschulleitung<br />

die Organisationsverantwortung hat,<br />

mehr als unklar ist. War dies schon<br />

bisher unklar (wie z. B. wegen der Sonderregelung<br />

für die Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz bezüglich der<br />

Aufgabe der Förderung der sozialen<br />

Belange der Studierenden durch den<br />

Allgemeinen Hochschulsport), so wird<br />

z. B. durch die Änderung in § 91<br />

LHG-Entwurf bezüglich der ausdrücklichen<br />

Erwähnung der Rechenzentren<br />

und der Aufgaben der Informationsund<br />

Kommunikationstechnik zusätzliche<br />

Unklarheit eingebracht.<br />

Der HPR hielte es für äußerst problematisch,<br />

wenn z. B. einem Hochschulrechenzentr<strong>um</strong>,<br />

welches als wissenschaftliche<br />

Einrichtung etabliert ist, die<br />

Zuständigkeit für die Telekommunikationsanlage<br />

oder auch die Zuständigkeit<br />

für die Verwaltungsdatenverarbeitung<br />

übertragen würden, ohne dass die<br />

Hochschulleitung dementsprechende<br />

Weisungs- und Durchgriffsbefugnisse<br />

hätte.<br />

2.1.3. Ein weiteres Beispiel für diese<br />

Konfliktsituation ist die Frage der Weiterbildung<br />

des Personals. Diese Aufgabe<br />

ist nach § 8 Ziff. 7 den Selbstverwaltungsaufgaben<br />

zugeordnet.<br />

Andererseits sind die Personalangelegenheiten,<br />

zu denen gewiss auch die<br />

Weiterbildungsarbeit gehört, den Auftragsangelegenheiten<br />

zugeordnet.<br />

Nimmt in diesem Spannungsfeld die<br />

Hochschulleitung ihre Aufgabe wahr<br />

bzw. lässt sie im Auftrag durch ihre<br />

zentrale Verwaltung durchführen, so<br />

greifen unzweifelhaft die diesbezüglichen<br />

Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung.<br />

Nimmt sich jedoch ein<br />

Selbstverwaltungsorgan, wie z. B. der<br />

Senat, dieser Aufgabe an, so wird von<br />

Seiten der Hochschule - analog zu den<br />

Erfahrungen beim Erlass von Frauenförderplänen<br />

(s. hierzu unter 2.2.) -<br />

z<strong>um</strong>indest in Zweifel gezogen werden,<br />

dass der Personalrat dazu mitzubestimmen<br />

hat. Auch insoweit bleibt es bei<br />

der Kritik, dass es aber im Hochschulbereich<br />

keine Personalvertretung „zweiter<br />

Klasse“ geben darf. Dies verlangt<br />

dann aber klare Regelungen, die helfen,<br />

dies zu vermeiden.<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

2.1.4. Eine neue Konfliktzone ergibt<br />

sich aus der in § 56 Abs. 1 Satz 4 des<br />

Entwurfs vorgesehenen Möglichkeit,<br />

dass die Dekanin oder der Dekan in<br />

begründeten Fällen wissenschaftlichen<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

auch die selbständige Wahrnehmung<br />

von Aufgaben in Forschung und Lehre<br />

übertragen kann. So sehr diese Regelung<br />

dem Inhalt nach zu begrüßen ist, so<br />

kritisch ist sie zu sehen im Hinblick auf<br />

die Beteiligungsrechte der Personalvertretung.<br />

Nach § 78 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 5<br />

LPersVG hat der Personalrat Mitbestimmung<br />

bei der Übertragung (und<br />

damit auch beim Entzug) von Aufgaben.<br />

Dies ist unkritisch, soweit solche<br />

Übertragungen von der Dienststellenleitung,<br />

d. h. von der Präsidentin bzw.<br />

dem Präsidenten, vorgenommen werden.<br />

Problematisch ist jedoch die Situation,<br />

wie sie nach dem LHGEntwurf<br />

gegeben ist, weil diese Befugnis den<br />

Dekaninnen und Dekanen zugeordnet<br />

ist.<br />

Auch hier besteht aus den oben aufgezeigten<br />

Gründen die Gefahr, dass das<br />

Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung<br />

ins Leere läuft. Es stellt sich<br />

nämlich die Frage, ob die Dienststellenleitung<br />

die diesbezügliche Wahrnehmung<br />

der Befugnisse durch Dekanin<br />

bzw. Dekan als i. S. d. LPersVG beabsichtigte<br />

Maßnahme anrechnen lassen<br />

müssen und somit - z<strong>um</strong>indest auf Antrag<br />

nach § 81 LPersVG hin - das Mitbestimmungsverfahren<br />

einleiten müssen,<br />

oder ob solche Übertragung von<br />

Aufgaben oder auch deren Entzug der<br />

Mitbestimmung durch die Personalvertretung<br />

deshalb entzogen sind, weil es<br />

sich hier nicht <strong>um</strong> einen Maßnahme<br />

der Dienststellenleitung handelt.<br />

Besonders problematisch ist dies im<br />

Falle des Entzugs von Aufgaben, weil<br />

hier die Schutzbedürftigkeit der betroffenen<br />

Person eine Beteiligung der Personalvertretung<br />

besonders erforderlich<br />

macht.<br />

2.1.5. In diesem Zusammenhang ist<br />

noch auf ein anderes Problem hinzuweisen,<br />

welches allerdings auch schon<br />

bei der bisher geltenden Fassung besteht.<br />

An mehreren Stellen der geltenden Gesetze<br />

bzw. des Entwurfes ist die Rede<br />

von der Zuordnung des Personals (§<br />

43,Abs. 2, § 44 Abs. 2, § 56 Abs. 1<br />

Satz 1, § 60). Dabei finden sich fol-<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

gende Fallgestaltungen:<br />

Zuordnung zu<br />

- der Hochschule als Gesamtes<br />

- zu einer Zentralen Einrichtung<br />

- zu einer gemeinsamen Einrichtung<br />

mehrerer Fachbereiche<br />

- zu einem Fachbereich<br />

- zu einer wissenschaftlichen Einrichtung<br />

eines Fachbereiches<br />

- zu Professorinnen und Professoren.<br />

Es ist jedoch an keiner Stelle festgelegt,<br />

wer wann über diese Zuordnung entscheidet.<br />

Dies ist nun nicht lediglich ein<br />

abstraktes Problem, sondern es hat in<br />

der Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz aus Anlass der Zusammenlegung<br />

der früheren Fachbereiche Pharmazie<br />

und Chemie zu einem Fachbereich diesbezüglich<br />

erhebliche Probleme gegeben,<br />

weil es Streit darüber gab, wer nach der<br />

Zusammenlegung Vorgesetzter ist.<br />

Nachfrage des HPR bei der Rechtsabteilung<br />

des MWWFK hat als Auskunft<br />

ergeben, dass diese Zuordnung von der<br />

Präsidentin bzw. dem Präsidenten aus<br />

Anlass der Einstellung getroffen werde.<br />

Hiergegen ist nichts einzuwenden. Doch<br />

sollte dies zur Vermeidung von Unklarheiten<br />

und daraus resultierender Kompetenzstreitigkeiten<br />

auch unmissverständlich<br />

so geregelt werden.<br />

2.1.6. Aus allen diesen Gründen ist<br />

der HPR der Auffassung, dass in Fragen,<br />

für welche die Hochschule als Ganzes<br />

die Gewährleistung zu geben hat<br />

und für die somit die Hochschulleitung<br />

verantwortlich einzustehen hat, die<br />

Leitung diesbezügliche Weisungsbefugnisse<br />

erhalten muss und zwar sowohl<br />

gegenüber den einzelnen Professorinnen<br />

und Professoren - wie z. B. im geschilderten<br />

Fall des Arbeitsschutzes - als auch<br />

gegenüber den Fachbereichen, deren<br />

wissenschaftlichen Einrichtungen, den<br />

zentralen Einrichtungen etc. und deren<br />

Leitungen. Dies gilt insbesondere<br />

auch für Angelegenheiten, in denen die<br />

Hochschulleitung eine Gewährleistungspflicht<br />

bezüglich der Wahrung der<br />

Rechte der Personalvertretung hat.<br />

Alternativ oder auch ergänzend dazu<br />

ist auch die Einrichtung einer personalvertretungsrechtlichen<br />

Beziehung zwischen<br />

Senat bzw. Fachbereichsleitung<br />

etc. einerseits und der Personalvertretung<br />

andererseits vorzusehen, wie sie<br />

schon in der o. g. Stellungnahme aus<br />

1995 vorgeschlagen worden war (a. a.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

O., S. 5). Auf die diesbezügliche Begründung<br />

wird in vollem Umfang verwiesen.<br />

Dies steht nach Auffassung des HPR<br />

auch nicht in Widerspruch zur weiter<br />

gehenden Delegierung von Aufgaben<br />

und Befugnissen, wie sie sich aus dem<br />

Ziel der Deregulierung ergibt. Es bedeutet<br />

vielmehr lediglich, dass derjenige,<br />

der nach Außen in der Organisationsverantwortung<br />

steht, auch die diesbezüglichenDurchsetzungsinstr<strong>um</strong>ente<br />

und die personalvertretungsrechtlichen<br />

Pflichten und Befugnisse haben<br />

muss.<br />

2.2. Bezüglich der Aufgabe der<br />

Hochschulen, „die tatsächliche Durchsetzung<br />

der Gleichberechtigung von<br />

Frauen und Männern“ zu fördern und<br />

„auf die Beseitigung bestehender Nachteile“<br />

hinzuwirken (§ 2 Abs. 2 LHG-<br />

Entwurf), hatte der HPR schon zu der<br />

Vorgängerregelung in § 2 Abs. 2 UG<br />

eingehend dargelegt, inwieweit die für<br />

die Hochschulen normierten Zuständigkeiten<br />

die ansonsten gegebenen Beteiligungsrechte<br />

der Personalvertretung<br />

gefährden. Die Regelung, wie sie damals<br />

in § 127 UG ihren Niederschlag fand,<br />

wurde vom HPR als unzureichend kritisiert.<br />

Die Vorschläge, die er zur Lösung<br />

des Problems vorgetragen hatte,<br />

wurden nicht in das UG bzw. in das<br />

FHG aufgenommen, so dass sie hier<br />

erneut vorgetragen werden. Wegen der<br />

genaueren Begründung verweisen wir<br />

auf die o. g. Stellungnahme des HPR<br />

aus dem Jahr 1995.<br />

Zu erwähnen ist, dass die Befürchtungen<br />

keinesfalls übertrieben waren. Es<br />

ist hier im Hause hinreichend bekannt,<br />

dass es anlässlich des Erlasses eines Rahmenplans<br />

für die Frauenförderung<br />

durch den Senat der Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz zu Auseinandersetzungen<br />

kam, die letztlich darin<br />

endeten, dass die zuvor mit dem örtlichen<br />

Personalrat abgeschlossene Dienstvereinbarung<br />

teilweise für nichtig erklärt<br />

wurde, weil der Personalrat insoweit<br />

keine Zuständigkeit besäße. Dies<br />

betraf jedoch alles Punkte, die in einer<br />

„normalen“ Dienststelle unzweifelhaft<br />

in die Zuständigkeit der Personalvertretung<br />

gefallen wären.<br />

Auch zur Bereinigung dieser Situation<br />

wird auf den entsprechenden Vorschlag<br />

aus der Stellungnahme aus 1995 zu-<br />

rückgegriffen (a. a. O., S. 4).<br />

Erwähnenswert ist, dass nach dem bisherigen<br />

Entwurf sogar die damals ausdrücklich<br />

hierfür eingeführte spezialgesetzliche<br />

Regelung über die Beteiligung<br />

der Personalvertretung bei der<br />

Bestellung von Frauenbeauftragten (§<br />

127 UG, § 95 FHG) weggefallen ist.<br />

Auf Nachfrage des HPR wurde dies als<br />

redaktionelles Versehen bezeichnet.<br />

Obwohl der HPR - wie 1995 schon<br />

ausgeführt - diese spezialgesetzliche Regelung<br />

für nicht geeignet ansieht, die<br />

Beeinträchtigung der Rechtsstellung der<br />

Personalvertretung zu kompensieren (a.<br />

a. O., S. 4), so möchte er doch anmerken,<br />

dass wenigstens dieser Rechtsstand<br />

wieder vorzusehen ist, sollten unsere<br />

weiter gehenden Vorstellungen hierzu<br />

nicht realisiert werden.<br />

3. Gesellschaftliche Öffnung<br />

Nach dem Entwurf soll die Entscheidungstruktur<br />

der Hochschulen zukünftig<br />

durch die Einrichtung eines Hochschulrates<br />

(§ 75) als zentrales Organ<br />

(§ 72 Abs. 2) und einer Gemeinsamen<br />

Kommission (§ 78) geändert werden.<br />

Diese Gremien sollen mit „grundlegenden<br />

Beratungs- und Zustimmungsrechten“<br />

ausgestattet sein. Laut Presseerklärung<br />

vom 25.09.<strong>20</strong>02 erklärte Staatsminister<br />

Professor Zöllner, dass damit<br />

dafür gesorgt werde, dass sich die Hochschulen<br />

gegenüber der Gesellschaft öffnen.<br />

Diese Absicht wird vom HPR begrüßt,<br />

jedoch steht der hier vorgeschlagene<br />

Weg in Widerspruch z<strong>um</strong> erklärten<br />

Ziel.<br />

Z<strong>um</strong> Einen ist festzuhalten, dass mit<br />

dem Kuratori<strong>um</strong> schon bisher eine Öffnung<br />

gegenüber der Gesellschaft existiert.<br />

Es ist dem HPR diesbezüglich<br />

keine durchgreifende Kritik bekannt.<br />

Inwiefern die jetzt vorgesehenen Gremien<br />

hier ein Mehr an Öffnung bringen<br />

sollen, bleibt unerfindlich. Im Übrigen<br />

ist die im GEntwurf vorgesehene<br />

Größe und Zusammensetzung nicht<br />

geeignet, die Gesellschaft zu repräsentieren,<br />

der gegenüber ja die Öffnung<br />

vorangetrieben werden soll. Es fällt<br />

schon auf, dass die explizite Erwähnung<br />

der Wirtschaft neben den anderen gesellschaftlichen<br />

Kräften den Eindruck<br />

erweckt, als ob Wirtschaft etwas „außerhalb<br />

der Gesellschaft Stehendes“ sei.<br />

Dies kann aber nicht im Interesse der<br />

9


von Minister Zöllner vorgestellten Zielsetzung<br />

sein. Es ist deshalb durch eine<br />

geeignete Formulierung klarzustellen,<br />

dass und wie sich gesellschaftliche Kräfte<br />

in diesen Gremien wieder zu finden<br />

haben und dass die Wirtschaft hierbei<br />

höchstens einen Teil darstellt.<br />

Als problematisch und möglicherweise<br />

als unzulässiger Eingriff in die Selbstverwaltungsbefugnisse<br />

der Hochschule<br />

zu werten sind die weitreichenden<br />

Kompetenzen des Hochschulrates. Personen,<br />

welche nicht der Hochschule<br />

angehören, haben nach dem Entwurf<br />

über ihre Mitentscheidungsbefugnisse<br />

maßgeblichen Einfluss auf hochschulund<br />

forschungsbezogene Entscheidungen<br />

der Hochschulen.<br />

Dies ist insbesondere deshalb bedenklich,<br />

weil die Mitglieder des Hochschulrats<br />

und (teilweise) der Gemeinsamen<br />

Kommission - anders als insoweit die<br />

gewählten Mitglieder der Kollektivorgane<br />

der Hochschule - keine ausreichende<br />

demokratische Legitimation für die<br />

Mitentscheidung in Angelegenheiten<br />

der Hochschule haben. Sie sind auch -<br />

im Unterschied zu Präsidentin oder<br />

Präsident bzw. Dekanin oder Dekan -<br />

nicht gegenüber einem demokratisch<br />

legitimierten Organ verantwortlich.<br />

Dass dies insgesamt eine rechtlich problematische<br />

Angelegenheit sein kann,<br />

zeigt allein schon die Rechtsprechung<br />

der Verfassungsgerichte z<strong>um</strong> Bereich der<br />

Personalvertretung, der ja in wesentlichen<br />

Teilen ihrer Aufgaben eine gleichberechtigte<br />

Mitentscheidungsbefugnis<br />

wegen des Fehlens einer demokratischen<br />

Legitimation abgesprochen wurde.<br />

Unklar ist der Verfahrensweg, auf welchem<br />

die von der Hochschule zu berufenden<br />

Mitglieder vorgeschlagen werden.<br />

Es ist weiter keine Möglichkeit der<br />

Abberufung von Mitgliedern des Hochschulrates<br />

vorgesehen. Und letztlich<br />

führt die Amtszeit von fünf Jahren für<br />

Mitglieder des Hochschulrates gegenüber<br />

einer Amtszeit von drei Jahren bzw.<br />

einem Jahr bei Senats- und Fachbereichsratsmitgliedern<br />

auch in dieser<br />

Hinsicht zu einem unausgewogenen<br />

Verhältnis.<br />

4. Demokratische Legitimation<br />

Wie schon in der Einleitung angesprochen,<br />

ist die Verstärkung der Befugnis-<br />

se der Leitungen (Hochschulleitung,<br />

Fachbereichsleitung) gegenüber den<br />

Kollektivorganen aus der Sicht demokratischer<br />

Teilhaber aller Hochschulangehöriger<br />

nicht zu begrüßen.<br />

4.1. Weiter ist nicht zu begrüßen,<br />

dass die Kollektivorgane selbst nicht<br />

nach Kriterien der demokratischen Teilhabe,<br />

sondern in einer ständerechtlich<br />

orientierten Weise gewählt und zusammengesetzt<br />

sind. Der Versuch, insoweit<br />

Verbesserungen anzufordern, findet<br />

allerdings leider seine Grenze in der<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.<br />

Was hierzu kritisch anz<strong>um</strong>erken<br />

ist, wurde schon in der o. g. Stellungnahme<br />

des HPR im Jahr 1995<br />

ausgeführt.<br />

Es gibt allerdings einen Bereich, der<br />

entschieden verbessert werden kann<br />

und dem die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

nicht entgegenstehend<br />

dürfte. Es handelt sich hierbei<br />

<strong>um</strong> die Beschlussfassung über die<br />

Grundordnung der Hochschule.<br />

Die Grundordnung ist sozusagen die<br />

Verfassung (oder wenn man es weniger<br />

hochtrabend ausdrücken will: die Satzung)<br />

der jeweiligen Hochschule. Es ist<br />

aber allgemein üblich, dass für den<br />

Erlass oder für die Änderung von Regelungen<br />

mit Verfassungs- bzw. Satzungsrang<br />

eine qualifizierte Mehrheit<br />

erforderlich ist, damit nicht knappe<br />

Mehrheiten die verfassungs- bzw. satzungsmäßigen<br />

Rechte der Minderheit<br />

einfach beschneiden können. Dies hat<br />

also auch für die Grundordnung zu<br />

gelten.<br />

In Anbetracht der Tatsache, dass nach<br />

§ 81 Abs. 4 Satz 2 die Abwahl der<br />

Präsidentin bzw. des Präsidenten mit<br />

einer Mehrheit von drei Vierteln zulässig<br />

ist, möchte der HPR dieses Quor<strong>um</strong><br />

auch für den Erlass bzw. die Änderung<br />

der Grundordnung vorschlagen.<br />

4.2. Ein Problem der demokratischen<br />

Legitimation wurde schon für<br />

den Hochschulrat aufgezeigt (s. oben<br />

zu 3.). Auch die Gemeinsame Kommission<br />

(GK) ist hiervon betroffen. Die<br />

GK ist zwar kein Organ der Hochschule,<br />

wie sich aus der abschließenden<br />

Aufzählung der Organe in § 72 ergibt,<br />

sie ist jedoch ein Gremi<strong>um</strong>. Für dieses<br />

gilt zwar wegen der Entsendung von<br />

Mitgliedern des Hochschulrates eine<br />

besondere von § 37 abweichende Zu-<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

sammensetzung, aber wenigstens für die<br />

vom Senat zu entsendenden Mitglieder<br />

müsste die in § 37 Abs. 2 Satz 2 geregelte<br />

Teilnahme aller Mitgliedergruppen<br />

vorgesehen werden. Dies kollidiert<br />

dann aber mit der Größe der GK, denn<br />

bei drei zu entsendenden Mitgliedern<br />

können nicht vier Mitgliedergruppen<br />

berücksichtigt werden. Für den Fall,<br />

dass nicht wegen des Verzichts auf die<br />

Installierung des Hochschulrates auch<br />

die GK entbehrlich wird, ist dies ist<br />

durch eine Erhöhung der Zahl der GK<br />

Mitglieder auf je vier zu korrigieren.<br />

5. Einzelpunkte<br />

Im folgenden werden noch einige Einzelpunkte<br />

angesprochen, zu denen der<br />

Hauptpersonalrat Anregungen einbringen<br />

möchte:<br />

5.1. Aus einer Vielzahl von Änderungen<br />

ergibt sich, dass mit dem neuen<br />

<strong>Hochschulgesetz</strong> die Aufgaben der<br />

Hochschulen insgesamt und damit die<br />

Belastung der Beschäftigten zunehmen<br />

wird. Beispielhaft genannt seien die<br />

Einführung dualer Studiengänge (§ 19<br />

Abs. 5), Fernstudi<strong>um</strong> unter intensivem<br />

Einsatz der Multimedia-, Informations-<br />

und Kommunikationstechnik (§<br />

23), Verstärkung der Studienberatung<br />

(§ 24), Leistungspunktesystem (25), der<br />

Ausschluss von Schriftstücken in elektronischer<br />

Form (§ 26 Abs. 3), die Einführung<br />

von Studienkonten (§ 71) etc..<br />

Diese Änderungen sind zwar als Verbesserungen<br />

zu begrüßen oder sind aus<br />

rechtlichen Gründen unabweisbar, sie<br />

gehen aber unzweifelhaft einher mit<br />

einer vermehrten Arbeitsbelastung. Die<br />

Aussage, dass der GEntwurf insgesamt<br />

als kostenneutral bezeichnet werden<br />

könne, ist nur dann gerechtfertigt, wenn<br />

vorgesehen ist, diese vermehrte Arbeitslast<br />

ohne Kompensation auf die Beschäftigten<br />

der Hochschulen abzuwälzen.<br />

Hiergegen verwahrt sich der HPR<br />

mit Nachdruck. Kostenneutralität auf<br />

dem Rücken der Beschäftigten verträgt<br />

sich nicht mit Fürsorgepflicht. Er fordert<br />

deshalb, dass bei der weiteren Entwicklung<br />

des PBK diese Aufgabenzunahme<br />

entsprechend berücksichtigt<br />

wird.<br />

5.2. Der HPR wendet sich gegen die<br />

in § 37 Abs. 1 Satz 5 vorgesehene -<br />

allerdings schon im UG und FHG enthaltene<br />

- Inkompatibilitätsregelung<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


Schwerpunkt Hochschulen<br />

betreffend gleichzeitiger Zugehörigkeit<br />

zur Personalvertretung und zu Hochschulgremien.<br />

Soweit solche Gremien<br />

wegen der Kompetenzverlagerung auf<br />

die jeweiligen Leitungen keine Zuständigkeit<br />

in Personalangelegenheiten<br />

mehr besitzen, ist die Regelung inhaltsleer.<br />

Soweit es in Teilen noch Gründe<br />

für eine Inkompatibilität geben sollte,<br />

ist die Regelung entbehrlich, weil es<br />

schon in § 31 Abs. 2 LPersVG eine Inkompatibilitätsregelung<br />

gibt, die den<br />

konkreten Bedürfnissen der Vermeidung<br />

von Funktionskonflikten völlig genügt.<br />

Der HPR fordert deshalb die ersatzlose<br />

Streichung des Satzes 5.<br />

5.3. Die Schutzrechte für ehrenamtliche<br />

Mitglieder der Hochschulgremien,<br />

wie sie in § 37 Abs. 3 vorgesehen<br />

sind, erscheinen dem HPR als unzureichend.<br />

Er schlägt statt dessen folgende<br />

Formulierung vor:<br />

„Die Hochschulmitglieder dürfen wegen<br />

ihrer Tätigkeit in der Selbstverwaltung<br />

weder bevorzugt noch benachteiligt<br />

werden; sie sind in diesen Funktionen<br />

an Weisungen nicht gebunden. Für<br />

Mitglieder in Organen, Gremien und<br />

Kommissionen nach diesem Gesetz oder<br />

nach der Grundordnung der Hochschule<br />

gelten die Vorschriften des Landespersonalvertretungsgesetzes<br />

für Rheinland-Pfalz<br />

über Arbeitszeitversä<strong>um</strong>nis<br />

sowie über den Schutz der Mitglieder<br />

der Personalvertretungen vor Versetzung,<br />

Abordnung oder Kündigung entsprechend.<br />

Satz 2 gilt entsprechend für<br />

Mitglieder von Gremien, die von Organen<br />

nach diesem Gesetz oder nach der<br />

Grundordnung eingesetzt werden.“<br />

5.4. Der HPR wendet sich dagegen,<br />

dass bezüglich der Finanzierung der<br />

Hochschulen vom Prinzip der Bedarfsdeckung<br />

auf eine rein leistungs- und<br />

belastungsorientierte Mittelbemessung<br />

übergegangen wird. Damit entzieht sich<br />

der Staat seiner Verantwortung dafür,<br />

die Hochschulen entsprechend dem gesellschaftlichen<br />

Bedarf an Forschung<br />

und Lehre mit den erforderlichen Mitteln<br />

auszustatten. Der HPR hält dies<br />

insgesamt für den falschen Ansatz. Was<br />

in Zeiten der finanziellen Engpässe<br />

noch zur Not hinzunehmen ist, nämlich,<br />

dass anhand leistungs- und belastungsorientierter<br />

Kriterien Transparenz<br />

und Berechenbarkeit geschaffen wird<br />

hinsichtlich der Verteilung des Mangels,<br />

das kann und darf nicht z<strong>um</strong> staatli-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

chen Finanzierungsprinzip verallgemeinert<br />

werden. Der HPR hat dies auch<br />

schon aus Anlass der <strong>Diskussion</strong>en über<br />

das Personalbemessungskonzept mehrfach<br />

kritisch angemerkt.<br />

Aber selbst wenn man der im GEntwurf<br />

vorgezeichneten Linie folgen wollte,<br />

so ist festzustellen, dass sie nicht<br />

wenigstens konsequent durchgehalten<br />

wird. Ist nämlich in § 100 noch von<br />

der Orientierung an „Leistungen und<br />

Belastungen“ die Rede, so ist in § 101<br />

Abs. 1 der Bezug auf die Belastungen<br />

und damit auch noch der letzte Rest<br />

eines Hinweises auf eine evtl. bedarfsorientierte<br />

Finanzierung verschwunden!<br />

5.5. Dass zur Stärkung der Hochschulautonomie<br />

die Haushalte der Hochschulen<br />

aus dem Landeshaushalt herausgenommen<br />

werden sollen, wird<br />

nicht kritisiert. Allerdings ist auch dies<br />

nicht konsequent durchgehalten. So findet<br />

sich in § 101 Abs. 4 die Festlegung,<br />

dass die Hochschulen eine schriftliche<br />

Stellungnahme z<strong>um</strong> Landeshaushalt<br />

abgeben. Was dies bei der Ausgliederung<br />

aus dem Landeshaushalt bedeuten soll,<br />

ist unklar. Unklar ist auch die Regelung<br />

in § 80 Abs. 8, wonach der Haushaltsvoranschlag<br />

der Hochschule zu erläutern<br />

ist. Findet dies im Rahmen der<br />

Aufstellung des Landeshaushalts statt<br />

oder bei welcher anderen Gelegenheit?<br />

5.6. Es bestehen Unklarheiten hinsichtlich<br />

der hochschulrechtlichen Gruppenzugehörigkeiten<br />

und deren Auswirkungen<br />

auf die personalvertretungsrechtlichen<br />

Gruppenzugehörigkeiten,<br />

weil das LPersVG in § 99 Abs. 2<br />

LPersVG auf Regelungen des UG verweist:<br />

In § 32 Abs. 2 Satz 3 UG waren die<br />

Bibliothekare des höheren Dienstes<br />

zwar der Gruppe 3 zugeordnet. Sie<br />

zählten damit aber noch nicht z<strong>um</strong><br />

wissenschaftliche Personal i. S. d. § 43<br />

UG. Personalvertretungsrechtlich waren<br />

sie deshalb je nach Beschäftigungsstatus<br />

der Gruppe der Angestellten bzw.<br />

der Beamtinnen und Beamten zugeordnet.<br />

Im jetzt vorliegenden GEntwurf<br />

sind in § 37 Abs. 2 die Bibliothekare<br />

des höheren Dienstes nicht mehr genannt.<br />

Auch in § 46 werden sie nicht<br />

genannt. Der HPR schließt daraus, dass<br />

diese Beschäftigten in Zukunft nicht<br />

nur personalvertretungsrechtlich sondern<br />

auch hochschulrechtlich der Grup-<br />

pe der nichtwissenschaftlichen Beschäftigten<br />

zuzurechnen sind.<br />

In § 32 Abs. 2 Satz 4 UG wurden<br />

Lehrkräfte für besondere Aufgaben in<br />

der Laufbahn der Lehrer für Fachpraxis<br />

der Gruppe 4 zugeordnet. Diese<br />

besondere Zuordnung ist in § 37 Abs.<br />

2 jetzt entfallen. Es ist unklar, welche<br />

Auswirkungen dies auf die personalvertretungsrechtlicheGruppenzugehörigkeit<br />

hat.<br />

Die Assistentinnen und Assistenten an<br />

Fachhochschulen werden nach § 37<br />

Abs. 2 Nr. 3 jetzt hochschulrechtlich der<br />

Gruppe der wissenschaftlichen Beschäftigten<br />

zugeordnet. Sie werden in § 57<br />

ausdrücklich als wissenschaftliche Beschäftigte<br />

benannt. Über den Verweis<br />

in § 99 Abs. 2 LPersVG führt dies<br />

dazu, dass sie jetzt auch personalvertretungsrechtlich<br />

zur Gruppe der wissenschaftlichen<br />

Beschäftigten gehören.<br />

Der HPR hat schon an anderer Stelle<br />

ausgeführt, dass und war<strong>um</strong> er von<br />

dieser Zuordnung nichts hält, obwohl<br />

dies dem artikulierten Wunsch von Beschäftigten<br />

dieser Gruppe entspricht. Er<br />

sieht nämlich für diese Beschäftigten<br />

primär nur negative Auswirkungen.<br />

Bedenklich und inkonsequent ist<br />

allerdings, dass dieser Beschäftigtengruppe<br />

in § 37 Abs. 2 Satz die eigenständige<br />

Vertretung in Gremien zuerst<br />

einmal verweigert wird. Sie erhalten<br />

damit auf ihr damaliges Begehren hin<br />

jetzt Steine statt Brot, insoweit jetzt die<br />

negativen Auswirkungen, z. B. im personalvertretungsrechtlichen<br />

Bereich,<br />

z<strong>um</strong> Tragen kommen, ohne dass dem<br />

positive Auswirkungen hinsichtlich der<br />

Repräsentanz in den Hochschulgremien<br />

gegenüber stehen.<br />

Der HPR fordert, alle diese Zuordnungen<br />

dahin gehend zu prüfen, ob sie im<br />

Hinblick auf das hochschulrechtliche<br />

Wahlrecht und in der Folge auch für<br />

das personalvertretungsrechtliche Wahlrecht<br />

widerspruchsfrei sind. Ansonsten<br />

sind bei den aufgezeigten Unklarheiten<br />

mit Wahlanfechtungen sowie - bei<br />

deren Erfolg - mit kosten- und arbeitsintensiven<br />

Wiederholungswahlen zu<br />

rechnen.<br />

5.7. In § 64 Abs. 3 ist völlig neu vorgesehen,<br />

dass Lehraufträge an hauptberufliches<br />

akademisches Personal im<br />

Fachgebiet, für das sie berufen oder eingestellt<br />

sind, nicht zulässig sein sollen.<br />

Aus der Begründung ist zu entnehmen,<br />

11


dass hiermit aber wohl nur Vollzeitbeschäftigte<br />

gemeint sind. Deshalb ist auf<br />

eine Klarstellung zu drängen, dass Teilzeitbeschäftigte<br />

von diesem Verbot nicht<br />

erfasst werden.<br />

Offenbar sind damit auch Wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter in Drittmittelprojekten,<br />

deren Dienstaufgaben sich<br />

in der Regel ausschließlich auf die Forschung<br />

beziehen, erfasst. Somit könnten<br />

auch an diesen Personenkreis keine<br />

Lehraufgaben übertragen werden, was<br />

sie insbesondere im Hinblick auf die<br />

Gewinnung von Lehrkapazität und<br />

den Nachweis von Lehrerfahrung für<br />

die Bewerbung auf eine Professur oder<br />

eine Juniorprofessur benachteiligen<br />

würde. Deshalb ist auch dieser Personenkreis<br />

aus dem Verbot auszunehmen<br />

5.8. In § 101 Abs. 5 ist vorgesehen,<br />

dass die Hochschulen eigene Betriebe<br />

bilden können. Dies hat zu Unklarheiten<br />

über die damit möglichen<br />

Rechtsformen eigener Betriebe geführt.<br />

Rückfragen in der Rechtsabteilung des<br />

MWWFK erbrachte folgende Antwort:<br />

Die „eigenen Betriebe“ sind angelehnt<br />

an die Organisation eines Landesbetriebes<br />

gem. § 26 LHO; dort sind allerdings<br />

nur Betriebe des Landes geregelt. Mit<br />

den ‚eigenen Betrieben‘ soll auch den<br />

Hochschulen die Möglichkeit gegeben<br />

werden, wirtschaftlich selbstständige<br />

Einheiten mit der Doppik zu führen,<br />

obwohl sie rechtlich zur Hochschule<br />

gehören. Privatrechtlich organisierte<br />

Einheiten werden durch diese Formulierung<br />

nicht ermöglicht.“<br />

Der HPR schlägt deshalb zur Vermeidung<br />

von Missverständnissen vor, in<br />

§101 Abs. 5 hinter den Worten „eigene<br />

Betriebe“ einen Hinweis auf § 26 LHO<br />

einzufügen.<br />

5.9. Soweit Punkte aus der o. g. Stellungnahme<br />

des HPR aus dem Jahr<br />

1995 damals keine Berücksichtigung<br />

Schwerpunkt Hochschulen<br />

fanden, nimmt der HPR sie jetzt wieder<br />

auf. Zur Vermeidung von Wiederholungen<br />

wird insoweit auf die beigefügte<br />

Anlage verwiesen.<br />

Dem HPR liegen zwei Stellungnahmen<br />

örtlicher Personalräte vor, die er wegen<br />

der Kürze der zur Verfügung stehenden<br />

Zeit nicht mehr in seine Stellungnahme<br />

einarbeiten konnte. Er gibt daher<br />

diese Stellungnahmen als Anlage weiter,<br />

ohne sie damit zugleich zu seiner<br />

Auffassung zu machen. Der HPR behält<br />

sich jedoch vor, nach Prüfung dieser<br />

Vorschläge sowie nach Prüfung hier<br />

noch nicht abschließend diskutierter<br />

Punkte noch eine ergänzende Stellungnahme<br />

nachzureichen.<br />

Hauptpersonalrat<br />

für den Geschäftsbereich des Ministeri<strong>um</strong>s<br />

für Wissenschaft, Weiterbildung,<br />

Forschung und Kultur Rheinland-Pfalz<br />

12 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


„Altern hat Zukunft“<br />

Paul B. Baltes, Direktor am Max-<br />

Planck-Institut für Bildungsforschung<br />

in Berlin, ist einer der weltweit<br />

führenden Köpfe auf dem Gebiet<br />

der Altersforschung. Sein Beitrag<br />

z<strong>um</strong> Thema „Altern hat Zukunft“<br />

wurde von der Wochenzeitschrift<br />

„Die Zeit“ der Redaktion von „Aktiver<br />

Ruhestand“ in der <strong>GEW</strong>-Baden-Württemberg<br />

zur Verfügung<br />

gestellt. Einige seiner Thesen möchte<br />

ich auch unseren Mitgliedern in<br />

Rheinland-Pfalz vorstellen.<br />

Paul B. Baltes beschäftigt sich als Psychologe<br />

und Gerontologe mit der<br />

Zukunft des Alterns und des Alters,<br />

wobei er hervorhebt, dass alle<br />

menschlichen Lebensjahre ihre jeweiligen<br />

Stärken und Schwächen haben.<br />

Man dürfe deshalb das Altern nicht<br />

nur als ökonomische Belastung, sondern<br />

auch als Chance für Fortschritt<br />

und Innovation betrachten.<br />

Was jedoch die Statistik der Altersverteilung<br />

angehe, so ergebe sich eine<br />

dramatische Unterrepräsentation der<br />

Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />

im März <strong>20</strong>03<br />

z<strong>um</strong> 70. Geburtstag<br />

Herrn Karl Heinz Hoch<br />

05.03.1933<br />

Im Kirschgarten 21 · 55<strong>28</strong>6 Wörrstadt<br />

z<strong>um</strong> 75. Geburtstag<br />

Herrn Edmund Theiß<br />

08.03.19<strong>28</strong><br />

Langenhahner Str. 7 · 56457 Westerburg<br />

Herrn Walter Gundacker<br />

24.03.19<strong>28</strong><br />

Waldstr. 17 · 66999 Hinterweidenthal<br />

Herrn Fritz Seibel<br />

25.03.19<strong>28</strong><br />

Erlenbrunner Str. 186 · 66955 Pirmasens<br />

Herrn Helmut Ruf<br />

30.03.19<strong>28</strong><br />

Am Fichtenhain 12 · 66482 Zweibrücken<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

älteren Bevölkerung in den Parlamenten.<br />

So seien nur 1,6% der Abgeordneten<br />

im Bundestag älter als 65<br />

und gar nur 0,4% (1 Person) z<strong>um</strong><br />

Zeitpunkt der Erfassung älter als 70<br />

Jahre alt. Baltes stellte fest, dass der<br />

Lebensverlauf unserer Fähigkeiten<br />

von der Kindheit bis ins hohe Alter<br />

nicht durch eine einzige Kurve abgebildet<br />

werden könne. Das Zusammenspiel<br />

von Biologie, Körper, Kultur<br />

und Geist sei vielmehr sehr komplex.<br />

Die verschiedenen Lebensalter<br />

bildeten jeweils unterschiedliche<br />

Qualitäten aus. Es gebe Leistungsund<br />

Wissensbereiche, in denen ältere<br />

Erwachsene zu den Besten zählten.<br />

Wo Lebenserfahrung und Geisteskraft<br />

gefordert seien, könnten vor<br />

allem ältere Menschen glänzen.<br />

Nicht zuletzt im Alltagsleben werde<br />

deutlich, wie wichtig es sei, die Kompetenz<br />

aller Altersgruppen zu nutzen.<br />

Vor allem in Fragen der „emotionalen<br />

Intelligenz“ nehme die Leistungsfähigkeit<br />

im Durchschnitt mit wachsendem<br />

Alter zu.<br />

Während in den ersten vier Wahlperioden<br />

seit Beginn der Bundesrepu-<br />

z<strong>um</strong> 80. Geburtstag<br />

Frau Ruth Price Kemna<br />

12.03.1923<br />

Schillerstr. 9 · 67655 Kaiserslautern<br />

Herrn Matthias Ksellmann<br />

25.03.1923<br />

Flurstr. 1 · 55758 Niederwörresbach<br />

z<strong>um</strong> 87. Geburtstag<br />

Herrn Karl Theodor Lucae<br />

30.03.1916<br />

Wingertstr. 19 · 67292 Kirchheimbolanden<br />

z<strong>um</strong> 91. Geburtstag<br />

Herrn Alfred Kall<br />

29.03.1912<br />

Heimatpfad 3 · 66953 Pirmasens<br />

z<strong>um</strong> 92. Geburtstag<br />

Frau Anna Sittel<br />

16.03.1911<br />

Eichwaldweg 2 · 66482 Zweibrücken<br />

Alter + Ruhestand<br />

blik Deutschland der Anteil der über<br />

60jährigen noch bis 25% betrug,<br />

habe sich diese Gruppe im Parlament<br />

auf 10% und weniger reduziert. Dies<br />

sei gerade mal ein Drittel des prozentualen<br />

Anteils der über Sechzigjährigen.<br />

Die über Siebzigjährigen,<br />

sie bilden mehr als zehn Millionen<br />

der Wahlbevölkerung, würden von<br />

einer einzigen Person dieser Altersgruppe<br />

vertreten. In den meisten anderen<br />

Ländern gebe es eine stärkere<br />

Beteiligung der Alten in den Parlamenten<br />

als bei uns, wo der „Jugendwahn“<br />

regiere und die Älteren oft als<br />

„Ausschuss“ gesehen würden.<br />

In der gemeinsamen Anstrengung<br />

aller Lebensalter und Generationen,<br />

so Paul B. Baltes, liege die Quelle<br />

<strong>um</strong>fassender politischer Vernunft,<br />

die auf Weitblick und Rücksicht<br />

gründe. Gerade in einer Zeit, da<br />

immer mehr Leute immer älter würden,<br />

sei es notwendig, die besonderen<br />

Fähigkeiten aller Lebensalter in<br />

die Politikentscheidungen einzubringen.<br />

Edmund Theiß<br />

Der Landesvorstand<br />

29


<strong>GEW</strong>-Fortbildung<br />

Den Zeitdieben auf der Spur<br />

Ihre Eindrücke vom Ende Oktober vergangenen Jahres durchgeführten <strong>GEW</strong>-<br />

Fortbildungsseminar „Selbst- und Zeitmanagement“, das speziell für junge<br />

<strong>GEW</strong>-KollegInnen angeboten wurde und gut besucht war, schildert im Folgenden<br />

die Teilnehmerin Rebekka Bartsch.<br />

Am ersten Tag lernten sich die SeminarteilnehmerInnen<br />

durch ein<br />

„erdkundliches“ Spiel näher kennen.<br />

Eine buntgemischte Truppe. Danach<br />

stellten wir bildlich dar, wie wir uns<br />

selbst in unserer selbst-gemanagten<br />

Zeit sehen. Die Bilder machten uns<br />

bewusst, welche zentralen Punkte<br />

anzugehen waren und wo unsere<br />

Schwachpunkte lagen. Im Plen<strong>um</strong><br />

tauschten wir uns aus.<br />

Jetzt wurde Runde 2 begonnen. Unsere<br />

persönlichen Arbeitsgewohnheiten<br />

und Ziele wurden analysiert.<br />

Welche typischen Fehler macht man<br />

- davon recht viele, wie man feststellen<br />

konnte. Auch in der Zielformulierung<br />

war man oft zu ungenau. Wir<br />

lernten einige Methoden kennen, die<br />

uns den Alltag erleichterten: z.B. die<br />

Tagesplanung. Wie setzt man Prioritäten?<br />

Was ist wirklich wichtig?<br />

Ganz zentrale Fragen, die jeden be-<br />

treffen. Ein Film informierte über<br />

die „Zeitproblematik“ früher - heute,<br />

Kombination Geld und Zeit,<br />

Zeitnotstand - Güterwohlstand, Zeit<br />

erleben Rituale und Strategien. Der<br />

Film löste einige kontroverse Gespräche<br />

aus, die wieder<strong>um</strong> zur Aufgabenund<br />

Prioritätenanalyse genutzt wurden.<br />

In kleinen Gruppen setzten wir<br />

uns zusammen, <strong>um</strong> ein Konzept für<br />

ein ausgewähltes Gruppenmitglied<br />

zu entwerfen. In unserer Gruppe erarbeiteten<br />

wir einen strukturierten<br />

Arbeitsplan. Dies schuf die Möglichkeit,<br />

Gelerntes und Neues an einem<br />

konkreten Beispiel <strong>um</strong>zusetzen.<br />

Am zweiten Tag wurden zunächst die<br />

Ergebnisse des Vortages im Plen<strong>um</strong><br />

besprochen. Neue Themen wie z.B.<br />

die Zeitdiebe, Gesprächsvorbereitungen,<br />

Gesprächsführung waren nur<br />

einige Punkte. Uns wurde bewusst<br />

gemacht, wie man mehr steuern<br />

kann und dass man auch delegieren<br />

muss, <strong>um</strong> Zeit zu haben. Einige Strategien<br />

aus unserem Alltag brachten<br />

wir ins Plen<strong>um</strong> ein und diskutierten<br />

sie: Umgang mit dem AB, Fax oder<br />

e-mail. Vor- und Nachteile und optimale<br />

Nutzung dieser Geräte für<br />

uns.<br />

Anschließend setzten wir uns mit<br />

dem Thema Stress auseinander. Wie<br />

manage ich Belastungen? Welcher<br />

Stress ist schlecht und hemmt mich?<br />

Wie kann ich dem Stress „ein<br />

Schnippchen schlagen“?<br />

Nach diesem Themenblock sollten<br />

wir für uns selbst Pläne entwerfen,<br />

wie wir uns in Zukunft managen<br />

wollen und welche Fehler wir in<br />

Angriff nehmen. Dies wurde im Plen<strong>um</strong><br />

erörtert. In einem abschließenden<br />

Gespräch konnten wir endlich<br />

unser Lob und unseren Dank an die<br />

Referentin, Ute Sprekelmayer, die<br />

das Seminar so super professionell<br />

gestaltet hat, loswerden. Ein dickes<br />

Lob auch an die <strong>GEW</strong>, die dieses<br />

Seminar angeboten hat, und wir hoffen<br />

auch auf zukünftige Seminare.<br />

Ein dickes Lob ging auch an die<br />

Gruppe, in der auf jeden zugegangen<br />

ist.<br />

Umfangreiches Repertoire der Konfliktbewältigung<br />

„Wie gehen wir mit einer intriganten<br />

Sekretärin <strong>um</strong>? Einer Frau, die<br />

es versteht, Kollegen und Kolleginnen<br />

gegeneinander auszuspielen und<br />

dabei ihre Machtposition zu genießen?“<br />

In dem zweitägigen Seminar<br />

der <strong>GEW</strong> in der Evangelischen Bil-<br />

Attraktive <strong>GEW</strong>-Seminare<br />

Interessierten KollegInnen aus<br />

allen Bildungsbereichen bietet<br />

die <strong>GEW</strong> im März zwei weitere<br />

Seminare auf der Ebernburg<br />

in Bad Münster am<br />

Stein an. Vom 10.-11. März<br />

geht es mit Uwe Becker als Referenten<br />

<strong>um</strong> das Thema „Konfliktmanagement“,<br />

vom 13-<br />

14. März <strong>um</strong> „Stressbewälti-<br />

dungsstätte auf der Ebernburg in Bad<br />

Münster am Stein war dies nur ein<br />

Problem am Rande, für den ein oder<br />

anderen bedrückend, aber dennoch<br />

weniger bedeutungsvoll als der<br />

oftmals schwierige Umgang mit<br />

SchülerInnen, Eltern und KollegIn-<br />

gung“. Referieren wird hier die Dipl.-<br />

Psychologin und Psychotherapeutin<br />

Anni Braun. Beide Fortbildungsveranstaltungen<br />

stehen unter der bewährten<br />

Leitung von Mehmet Kilic. Schriftliche<br />

Anmeldungen an:<br />

<strong>GEW</strong> RLP, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Fax: 06131/<strong>28</strong>98880,<br />

Monika.Rockert@<strong>GEW</strong>-Rheinland-<br />

Pfalz.de.<br />

nen. Den SeminarteilnehmerInnen<br />

wurde ein <strong>um</strong>fangreiches Repertoire<br />

der Konfliktbewältigung angeboten,<br />

das dazu helfen soll, den beruflichen<br />

Alltag rationaler und emotional weniger<br />

belastet zu bewältigen. Der<br />

Moderator Uwe-Klaus Becker führte<br />

den TeilnehmerInnen noch einmal<br />

die Binsenweisheit vor Augen, dass<br />

es KollegInnen gibt, mit denen man<br />

gut auskommt, aber auch andere, die<br />

schwierig sind. Becker demonstrierte<br />

mit einem Instr<strong>um</strong>entari<strong>um</strong> an<br />

Verhaltensregeln, wie man die un<strong>um</strong>gängliche<br />

Zusammenarbeit mit<br />

kritischen Partnern aus dem Berufsleben<br />

weitgehend emotionsfrei zu<br />

gestalten vermag.<br />

Zentrales Thema waren die Tipps zur<br />

verbalen Konfliktlösung. Becker<br />

nannte dabei fünf Phasen eines Gesprächs:<br />

30 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


1. Kontaktaufnahme - Hier geht es<br />

zunächst dar<strong>um</strong>, für ein offenes<br />

freundliches Gesprächsklima zu sorgen.<br />

2. Informationsphase oder Kontraktphase.<br />

In dieser Phase wird ein gemeinsamer<br />

Plan für das Gespräch<br />

vereinbart. Die Themen des Gesprächs<br />

und der Zeitrahmen werden<br />

festgelegt, die Vorgehensweise wird<br />

abgestimmt. Letztlich muss hier in<br />

allen Punkten ein Konsens gefunden<br />

werden.<br />

3. In der Arg<strong>um</strong>entationsphase werden<br />

Ideen entwickelt, es werden Arg<strong>um</strong>ente<br />

und Vorschläge angeführt,<br />

es kann aber in dieser Phase durchaus<br />

ein Dissens offenkundig werden.<br />

Wichtig ist es, vorher schon die eigenen<br />

Ziele für sich zu präzisieren.<br />

4. In dem Augenblick, wo es zur<br />

Beschlussphase kommt, werden die<br />

Entscheidungen formuliert. Es<br />

kommt z<strong>um</strong> Konsens, Auftrag und<br />

Zeitrahmen werden festgelegt.<br />

5. Die Abschlussphase ist das formale<br />

Ende des gesamten Prozesses.<br />

Wichtig ist dabei, in einer entspannten<br />

Atmosphäre sich gegenseitig<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Dank und Wertschätzung zukommen<br />

zu lassen.<br />

Durch eine Vielfalt der Methoden,<br />

durch Rollenspiele, Besprechungen<br />

und Analysen von Fallbeispielen oder<br />

in Gruppenarbeit wurden die unterschiedlichsten<br />

Problemstellungen<br />

bewältigt. Ganz besonders tiefgehend<br />

das Fallbeispiel, wo eine Gruppe<br />

von LehrerInnen als (fiktives) Beraterteam<br />

einer Rettungsmannschaft<br />

Anweisungen geben sollte, wer der<br />

Reihenfolge nach aus einer Gruppe<br />

von sechs Personen aus einem von<br />

Hochwasser bedrohten Höhlensystem<br />

gerettet werden sollte. Es war die<br />

Entscheidung zu treffen, Menschen<br />

ihrer Wertigkeit nach einzuordnen.<br />

Dies ging den Beteiligten unter die<br />

Haut, wenn es auch keine authentische<br />

Situation war. Der eine oder andere<br />

verweigerte sich, andere waren<br />

bereit, Prioritäten zu setzen. Niemand<br />

fühlte sich dabei wohl.<br />

Ach ja, und die eingangs erwähnte<br />

Sekretärin wird und darf weiterhin<br />

versuchen zu intrigieren, aber die<br />

KollegInnen, die das <strong>GEW</strong>-Seminar<br />

besucht hatten, werden zukünftig<br />

Freie Montessori-Schule Landau/Pfalz (derzeit vier Klassen) sucht<br />

z<strong>um</strong> Schuljahr <strong>20</strong>03/<strong>20</strong>04 Lehrkräfte für die Primar- und Sekundarstufe<br />

1 (alle Lehrämter).<br />

Erwartet werden Teamfähigkeit, die Bereitschaft zur Mitarbeit in<br />

einer vorbereitenden Planungsgruppe und ggf z<strong>um</strong> Erwerb des<br />

Montessori-Diploms.<br />

Bieten können wir eine am öffentlichen Dienst orientierte Bezahlung.<br />

Bewerbungen erbeten an:<br />

Gernot Zeitlinger-Brückmann, Annweilerstraße 7, 76829 Landau oder<br />

mail: zeitlinger@ifb.bildung-rp.de<br />

<strong>GEW</strong>-Fortbildung<br />

gelassener, mit größerer Distanz und<br />

mit erweiterter Professionalität dieser<br />

sowie anderen Herausforderungen<br />

begegnen und mit den betroffenen<br />

Funktionsträgern in aller Kühle<br />

das Einmaleins des Konfliktmanagements<br />

durchspielen. Dieses Konfliktmanagement<br />

bildet das Raster, das<br />

dazu führt, Abmachungen mit<br />

schwierigen Menschen im beruflichen<br />

Umfeld zu treffen, seien es<br />

SchülerInnen, Eltern oder LehrerInnen,<br />

ggf. auch Angehörige der Schulleitung<br />

und der Schulaufsicht, der<br />

ADD.<br />

Kurt Ludwig,<br />

BBS Südliche Weinstraße/Standort<br />

Edenkoben<br />

31


Rechtsschutz<br />

Eine unliebsame Weihnachtsüberraschung<br />

Pünktlich am Heiligen Abend erreichte die rheinland-pfälzischen Pensionärinnen<br />

und Pensionäre ein Merkblatt der Oberfinanzdirektion über eine unerfreuliche<br />

Änderung der Beihilfeverordnung.<br />

Absicht oder Gedankenlosigkeit:<br />

Jedenfalls war bei der OFD für einige<br />

Tage keiner zu erreichen, der Erläuterungen<br />

oder Erklärungen geben<br />

konnte. Die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter der OFD hätten<br />

sicherlich den Ärger und die Besorgnis<br />

der Kolleginnen und Kollegen zu<br />

hören bekommen.<br />

Was war geschehen: Im Rahmen seiner<br />

- wie es die Rheinpfalz nannte -<br />

Giftliste hatte das rheinland-pfälzische<br />

Kabinett beschlossen, die Beihilfefähigkeit<br />

für Wahlleistungen<br />

und Chefarztbehandlungen abzuschaffen<br />

und eine Kostendämpfungspauschale<br />

einzuführen.<br />

Um weiterhin Anspruch auf Beihilfen<br />

für die Aufwendungen für Wahlleistungen<br />

zu erhalten, wurde eine<br />

„Versicherung“ mit einem Monatsbeitrag<br />

von 13. 00 € für den Beihilfeberechtigten<br />

und seine Angehörigen<br />

angeboten. Dieses Angebot ist<br />

inakzeptabel, ist jedoch eine Besserstellung<br />

der rheinland-pfälzischen<br />

Beihilfeberechtigten gegenüber den<br />

Beihilfeberechtigen anderer Bundesländer<br />

darstellt.<br />

Was können wir unseren Mitglieder<br />

raten? Wenn sie weiterhin Chefarztbehandlungen<br />

und Wahlleistungen<br />

im Krankenhaus in Anspruch nehmen<br />

wollen, - empfehlen wir die<br />

notwendige Erklärung bis 31. März<br />

<strong>20</strong>03 abzugeben, damit die Beihilfefähigkeit<br />

der Wahlleistungen bzw.<br />

der Chefarztbehandlung erhalten<br />

bleibt. Nach unseren Information<br />

kann die Private Krankenkasse kein<br />

günstigeres Angebot machen. Zusätzlich<br />

raten wir Ihnen, die Erklärung<br />

mit einem Zusatz zu versehen:<br />

Diese Erklärung erfolgt vorbehaltlich<br />

der gerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit<br />

der Zahlung z<strong>um</strong> Erhalt<br />

der Beihilfefähigkeit der Wahlleistungen.<br />

Es ist aber auf jeden Fall zu<br />

beachten, dass ein einmal ausgesprochener<br />

Verzicht auf die Wahlleistungen<br />

in der Regel dazu führt, dass auf<br />

Dauer keine Beihilfe zu Wahlleistungen<br />

gezahlt wird. Nur bei der Einstellung,<br />

der Übernahme vom Beamtenverhältnis<br />

auf Widerruf in ein<br />

Beamtenverhältnis auf Probe und bei<br />

der Umwandlung des Beamtenverhältnis<br />

auf Probe in ein Beamtenverhältnis<br />

auf Lebenszeit, besteht eine<br />

zusätzliche Wahlmöglichkeit. Auch<br />

bei der Rückkehr aus einer Beurlaubung<br />

oder beim Eintritt in den Ruhestand<br />

besteht die Wahlmöglichkeit<br />

nicht.<br />

Was meines Erachtens aber noch<br />

schwerer wiegt ist die Kostendämpfungspauschale,<br />

die für alle Beihilfeberechtigten<br />

zu einer finanziellen<br />

Belastung führt, die zusammen mit<br />

den z<strong>um</strong> 01.01.<strong>20</strong>03 bei vielen Privatkrankenkasse<br />

in Kraft tretenden<br />

Erhöhungen leicht 2 % des Einkommens<br />

ausmacht.<br />

Diese Kostendämpfungspauschale ist<br />

nach Besoldungsgruppen gestaffelt,<br />

wobei man nicht auf die Laufbahnen<br />

(mittlerer, gehobener, höherer<br />

Dienst) - wie z.B. Berlin abstellt.<br />

Vielmehr beträgt die Kostendämpfungspauschale<br />

- leider werden nur<br />

die Kosten des Arbeitgebers gedämpft<br />

- 150,00 € für Beamtinnen<br />

und Beamte in A 9 bis A 11, 300,00<br />

€ für die Gruppen A 12 bis A 15,<br />

für die Gruppen A 16 bis B 3 sind es<br />

450,00 € je Jahr.<br />

Die Pauschale vermindert sich bei<br />

Teilzeitbeschäftigten entsprechend<br />

der Arbeitszeit, bei Beihilfeberechtigten<br />

mit berücksichtigungsfähigen<br />

Kinder <strong>um</strong> je 40,00 € je Kind. Sie<br />

entfällt bei Empfängern von Anwärterbezügen,<br />

Witwen und Witwern<br />

im Jahr des Todesfalles des Partners,<br />

bei Waisen und bei Mitgliedern der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

In dem Merkblatt wird dargelegt,<br />

dass die Kostendämpfungspauschale<br />

die bisherige Zuzahlung zu den<br />

Arzneimittelkosten ersetzt. Bei dieser<br />

Zuzahlung handelt es sich jedoch<br />

nicht <strong>um</strong> eine Kürzung der Beihilfe-<br />

erstattungsbetrages sondern <strong>um</strong> einen<br />

Betrag, der nicht beihilfefähig<br />

war. Zur Erläuterung: Ein einzelner<br />

Beihilfeberechtigter erhält für ein<br />

Arzneimittelkosten bis 61,36 € keine<br />

Beihilfe, bei 50% Beihilfe wird<br />

der Beihilfebetrag so <strong>um</strong> 30,78 €<br />

gekürzt, jetzt werden jedoch 300,00<br />

€ von der auszuzahlenden Beihilfe<br />

abgezogen. Bei einem/einer Beihilfeberechtigten<br />

mit zwei Kindern<br />

wurde bisher die Beihilfe <strong>um</strong> 18,41<br />

€ gekürzt, jetzt verliert er/sie 2<strong>20</strong>,00<br />

€ (bei den Besoldungsgruppen A 12<br />

bis A 15).<br />

Für unsere Kolleginnen und Kollegen<br />

im Ruhestand ergibt sich folgendes:<br />

Die Kostendämpfungspauschale<br />

richtet sich nach dem Ruhegehaltssatz<br />

und beträgt höchstens 70%.<br />

Dies bedeutet: Pensionärinnen und<br />

Pensionären der Besoldungsgruppe A<br />

12, deren Pension 60% beträgt,<br />

werden 180,00 € der Beihilfe einmalig<br />

im Jahr als Kostendämpfungspauschale<br />

einbehalten. Abgesehen<br />

davon, dass die privaten Krankenkassen<br />

sich - nach unbestätigten Meldungen<br />

- verpflichtet haben, diese<br />

Kostendämpfungspauschale nicht zu<br />

versichern, würde eine Versicherung<br />

auch wenig Sinn machen: Die Krankenkassen<br />

müssen Kosten deckend<br />

arbeiten und müssten bei den meisten<br />

Versicherten die Pauschale als<br />

Versicherungsleistung zahlen. Deshalb<br />

wäre die Höhe der Pauschale bei<br />

der Beitragskalkulation zu berücksichtigen.<br />

Es würde höchstenfalls die<br />

Gesamts<strong>um</strong>me der Pauschale auf alle<br />

Personen gleichmäßig verteilt, die<br />

eine entsprechende Versicherung<br />

abschließen.<br />

Was hat die <strong>GEW</strong>, hat der DGB als<br />

Spitzenorganisation zu dieser Sache<br />

gesagt: Bei der kurzfristig einberufenen<br />

Anhörung (Einladungsfrist drei<br />

Arbeitstage) wiesen die Vertreter von<br />

<strong>GEW</strong> und DGB nachdrücklich darauf<br />

hin, dass dieses Verfahren nicht<br />

als Beteiligungsverfahren akzeptiert<br />

werden kann und dass Zweifel an der<br />

Rechtmäßigkeit der Kostendämpfungspauschale<br />

bestehen. Dies wird<br />

auch daran deutlich, dass das VG<br />

Gelsenkirchen einen entsprechen-<br />

32 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


den Vorlagebeschluss zur Entscheidung<br />

an das Bundesverfassungsgericht<br />

gegeben hat (Az. 2BvL 11/02).<br />

Was raten wir nun unseren Mitgliedern?<br />

Die Landesrechtsschutzstelle<br />

(<strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle,<br />

Neubrunnenstraße 8. 55116 Mainz)<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

ist gerne bereit<br />

den MitgliedernindividuellEmpfehlungen<br />

für das<br />

weitere Vorgehen<br />

zu geben:<br />

Sobald Ihnen<br />

ein Beihilfebescheid<br />

vorliegt,<br />

bei dem eine<br />

Kürzung des<br />

Beihilfebetrages<br />

durch die<br />

Kostendämpfungspauschale<br />

vorgenommen<br />

wurde, können Sie eine Kopie des<br />

Bescheids an die Landesrechtsschutzstelle<br />

schicken. Sie erhalten dann<br />

<strong>um</strong>gehend eine Empfehlung, ob Sie<br />

sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt<br />

Widerspruch gegen den Bescheid<br />

einlegen sollen. Wenn - wie<br />

Jubilä<strong>um</strong>szuwendung wird gestrichen<br />

Gleich nach Weihachten erreichte<br />

uns nun die zweite Grausamkeit der<br />

Giftliste. Die finanzielle Zuwendung,<br />

die beim 25-, 40- und 50-jährigen<br />

Jubilä<strong>um</strong> gezahlt wurden, sollen<br />

ab 1. März <strong>20</strong>03 wegfallen.<br />

Bisher betrug die Jubilä<strong>um</strong>szuwendung<br />

• bei einer Dienstzeit von 25 Jahren<br />

306,78 EUR,<br />

• bei einer Dienstzeit von 40 Jahren<br />

409,03 EUR und<br />

• bei einer Dienstzeit von 50 Jahren<br />

511,29 EUR.<br />

Neben der Jubilä<strong>um</strong>surkunde soll es<br />

ein Sachgeschenk geben, das jedoch<br />

aus steuerrechtlichen Gründen den<br />

Wert von 40.- EUR nicht übersteigen<br />

darf.<br />

Reisekosten: Einsatz hat sich gelohnt<br />

Im September <strong>20</strong>01 fuhr eine Klassenleiterin<br />

mit ihrer Abschlussklasse,<br />

unterstützt durch eine weitere<br />

Lehrkraft, mit der Deutschen Bahn<br />

für fünf Tage nach Dresden, <strong>um</strong> dort<br />

einen Schullandheimaufenthalt<br />

durchzuführen. Auch die dortigen<br />

Museen sowie die Festung Königsstein<br />

standen auf dem zusammen mit<br />

den Schülerinnen und Schülern ausgearbeiteten<br />

Programm.<br />

Nach der Rückkehr beantragten die<br />

beiden Lehrkräfte auf dem Dienstweg<br />

bei der ADD die Zahlung der<br />

nachgewiesenen, dienstlich veranlassten<br />

und detailliert nachgewiesenen<br />

Kosten in Höhe von 345,50 DM<br />

bzw. 332,00 DM.<br />

Nach knapp drei Monaten wurden<br />

von der Reisekostenstelle der ADD<br />

beiden jeweils 126,40 DM überwiesen.<br />

In dem Bescheid war auch nicht<br />

dargelegt, wie sich der Betrag jeweils<br />

zusammensetzt. Dagegen wandten<br />

sich die beiden Kollegen per Widerspruch.<br />

Nach rund drei Wochen<br />

wurden jeweils weitere 70 DM überwiesen.<br />

Die Kollegen hielten auch<br />

danach ihren Widerspruch aufrecht,<br />

da ihrer Meinung nicht sein kann,<br />

dass die jeweils genehmigten Dienstreisen<br />

zu einem großen Teil privat<br />

finanziert werden sollen.<br />

Der Widerspruchsbescheid der ADD<br />

Rechtsschutz<br />

bisher üblich - der Beihilfebescheid<br />

keine Rechtsbelehrung enthält, beträgt<br />

die Widerspruchsfrist ein Jahr,<br />

weshalb dann eine sofortige Reaktion<br />

nicht erforderlich ist. Vielmehr<br />

kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes<br />

abgewartet werden.<br />

Bei Redaktionsschluss dieser<br />

Zeitung war noch nicht bekannt, ob<br />

das Land - analog z<strong>um</strong> Vorgehen des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen in die<br />

Beihilfebescheid einen Hinweis aufnimmt,<br />

dass die Bescheide vorläufig<br />

sind, soweit sie die Kostendämpfungspauschale<br />

betreffen.<br />

Natürlich können Sie auch sofort<br />

Widerspruch einlegen und ihre Bereitschaft<br />

erklären, dass den Widerspruch<br />

bis zur Entscheidung des<br />

Bundesverfassungsgerichtes ruhen<br />

lassen, sofern das Land dazu bereit<br />

ist.<br />

Klaus Bundrück<br />

So müssen die Kolleginnen und Kollegen<br />

mit langer Dienstzeit zur Sanierung<br />

des Haushalts beitragen.<br />

Nun ja, vielleicht ist es „tröstlich“,<br />

dass ein Großteil der jetzigen Lehrkräfte<br />

eine Dienstzeit von 40 Jahren<br />

nicht erreichen wird...<br />

kb<br />

von Anfang Februar <strong>20</strong>02 wies das<br />

Ansinnen der Kollegen zurück, so<br />

dass beide fristgerecht nach der Zusage<br />

des Rechtsschutzes durch die<br />

<strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle Klage<br />

beim Verwaltungsgericht einlegten.<br />

Nach der Erhebung der beiden Klagen<br />

im März <strong>20</strong>02, die das Gericht<br />

zusammenfasste und parallel bearbeitete,<br />

wurden im August jeweils weitere<br />

15 DM z<strong>um</strong> Ausgleich der sogenannten<br />

Nebenkosten überwiesen,<br />

und in der mündlichen Verhandlung<br />

Anfang Dezember erklärte sich die<br />

ADD bereit, jeweils weitere 27,50<br />

DM zur Abdeckung der entstande-<br />

33


Rechtsschutz<br />

nen Kosten für die Bahnfahrt zu zahlen.<br />

Im anschließenden Urteil des<br />

Verwaltungsgerichtes wurde für<br />

Recht erkannt, dass dem einen Kollegen<br />

noch weitere 21 DM, dem anderen<br />

Kollegen noch 12,50 DM<br />

durch die ADD zu zahlen sind.<br />

Im Ergebnis kann festgehalten werden,<br />

dass den beiden Kollegen jeweils<br />

die Bahnfahrtkosten in voller Höhe<br />

und auch die Kosten durch die Nutzung<br />

des ÖPNV in Dresden erstattet<br />

wurden. Die Kosten für die Eintritte<br />

in die Museen, den dortigen<br />

außerschulischen Lernorten, sind<br />

ebenfalls in voller Höhe zu erstatten.<br />

Die Klasse hatte bei der Anreise ihr<br />

gesamtes Gepäck mittels Gepäckser-<br />

vice vom Bahnhof z<strong>um</strong> Jugendgästehaus<br />

bringen lassen und bei der<br />

Abreise auch wieder zurück z<strong>um</strong><br />

Bahnhof. Die auf die Lehrkräfte anteilig<br />

entfallenen Kosten von jeweils<br />

insgesamt 8 DM müssen - so das<br />

Gericht - nicht von der ADD übernommen<br />

werden. Es kann zugemutet<br />

werden, so das Gericht, dass die<br />

Lehrkräfte ihr Gepäck selbst z<strong>um</strong><br />

Unterkunftsort und zurück tragen.<br />

Die Höhe des verminderten Tagegeldes<br />

gemäß der einschlägigen Verwaltungsvorschrift<br />

von 1991 akzeptierte<br />

das Gericht und sah keine direkte<br />

Notwendigkeit, die VV im Lichte des<br />

neuen Landesreisekostengesetzes neu<br />

zu fassen. Auch hat das Gericht der<br />

ADD nicht auferlegt zu prüfen, ob<br />

von der Festlegung, dass in Ausnahmefällen<br />

eine erhöhte Aufwandsvergütung<br />

gezahlt werden kann, Gebrauch<br />

zu machen ist.<br />

Die <strong>GEW</strong>-Landesrechtsstelle empfiehlt<br />

jeder Kollegin und jedem Kollegen,<br />

dass dann, wenn die durch<br />

eine Schulfahrt nachgewiesenen<br />

Kosten deutlich über dem Geldbetrag<br />

liegen, den die ADD Reisekostenstelle<br />

erstattet hat, sich direkt an<br />

sie zu wenden und sich beraten zu<br />

lassen. Der gewerkschaftliche<br />

Rechtsschutz lohnt sich!<br />

d.r.<br />

Zahlreiche Änderungen im Landesbeamtengesetz<br />

Mit Dat<strong>um</strong> 27.06.<strong>20</strong>02 wurde eine<br />

größere Anzahl dienstrechtlicher<br />

Vorschriften im rheinland-pfälzischen<br />

Landesbeamtengesetz (LBG)<br />

geändert. Die wesentlichen Änderungen<br />

sollen hier kurz dargestellt<br />

werden:<br />

1. In § 12 wird für die Mitglieder<br />

des Landesrechnungshofes die Möglichkeit<br />

eröffnet, befördert zu werden<br />

vor Ablauf einer Erprobungszeit<br />

von mindestens sechs Monaten. Für<br />

die übrigen Beamten bleibt es bei der<br />

Erprobungszeit von mindestens<br />

sechs Monaten.<br />

2. In § 18 Absatz 2 wird eine gesonderte<br />

Ermächtigungsgrundlage z<strong>um</strong><br />

Erlass von Prüfungsordnungen für<br />

Beamte besonderer Fachrichtungen<br />

eingeführt. Dies ist für den Schulbereich<br />

von besonderer Bedeutung,<br />

speziell für Lehrkräfte an berufsbildenden<br />

Schulen, <strong>um</strong> Bedarfsfächer<br />

leichter abdecken zu können.<br />

3. In § 26 ist festgelegt, dass in Laufbahnvorschriften<br />

berufliche Tätigkeiten,<br />

die vor dem Eintritt in das<br />

Beamtenverhältnis ausgeübt wurden,<br />

auf den Vorbereitungsdienst<br />

angerechnet werden können.<br />

4. In § 27 ist die bisherige Regelung<br />

aufgehoben worden, nach der ein<br />

Nachweis über eine ggf. erforderliche<br />

technische oder ähnliche Vorbildung<br />

gefordert wurde.<br />

5. In § 54 Absatz 1 ist klargestellt<br />

worden, dass der Beamte in den<br />

Ruhestand tritt mit dem Ende des<br />

Monats, in dem er die Altersgrenze<br />

erreicht. Für die Lehrkräfte bleibt es<br />

bei der gesetzlichen Altersgrenze<br />

z<strong>um</strong> Schuljahresende nach Vollendung<br />

des 64. Lebensjahres.<br />

6. In § 55 Absatz 2 wurde das Antragsrecht<br />

des Beamten eingefügt,<br />

die gesetzliche Altersgrenze <strong>um</strong> bis<br />

zu drei Jahren hinauszuschieben.<br />

7. In § 56 a Absatz 1 ist die bisherige<br />

Altersgrenze von 50 Jahren, ab der<br />

ein Beamter wegen begrenzter<br />

Dienstfähigkeit nicht in den Ruhestand<br />

versetzt werden soll, weggefallen.<br />

Dies hat zur Folge, dass auch bei<br />

jüngeren Beamten von der Regelung<br />

der begrenzten Dienstfähigkeit Gebrauch<br />

gemacht werden kann.<br />

8. In den §§ 57, 58 und 61 wird die<br />

Pflicht zur Einholung eines amtsärztlichen<br />

Gutachtens durch die<br />

Pflicht zur Vorlage eines ärztlichen<br />

Gutachtens ersetzt.<br />

9. In § 61 Absatz 3 wird die Möglichkeit<br />

der Wiederberufung ins Beamtenverhältnis<br />

auch auf die Fälle<br />

der begrenzten Dienstfähigkeit ausgedehnt.<br />

10. In § 61 a ist neu die zentrale<br />

medizinische Verbindungsstelle verankert.<br />

Deren Aufgabe ist es, die<br />

Qualität der ärztlichen Untersu-<br />

chung zu sichern, daher werden ihr<br />

im erforderlichen Umfang die Personalakte<br />

des betroffenen Beamten,<br />

der Untersuchungsauftrag und die<br />

Akten des Amtsarztes bzw. des ärztlichen<br />

Gutachters zur Einsicht vorgelegt.<br />

Die zentrale medizinische<br />

Verbindungsstelle prüft die Plausibilität<br />

des Untersuchungsauftrages,<br />

des Gutachtens und die Einhaltung<br />

einheitlicher Bewertungskriterien<br />

und teilt dem untersuchenden Arzt<br />

das Ergebnis mit.<br />

Das ärztliche Gutachten sowie das<br />

Ergebnis der zentralen medizinischen<br />

Verbindungsstelle werden<br />

dem Dienstvorgesetzten mitgeteilt.<br />

Der betroffene Beamte erhält eine<br />

Kopie.<br />

11. In § 80 b wird geregelt, dass Altersteilzeit<br />

sowohl von vollzeit- als<br />

auch teilzeitbeschäftigten Beamten<br />

in Anspruch genommen werden<br />

kann. Für Teilzeitbeschäftigte<br />

kommt nur das Blockmodell in Frage.<br />

In Fällen des § 87 a ist auch eine<br />

unterhälftige Beschäftigung möglich.<br />

Für die Lehrkräfte wird auf das<br />

Schuljahr als Start- und Endpunkt<br />

abgestellt.<br />

12. Wer detailliertere Informationen<br />

wünscht, wendet sich bitte schriftlich<br />

an die <strong>GEW</strong>-Landesrechtsschutzstelle<br />

in Mainz, Fax 06131/<br />

<strong>28</strong>988-30<br />

d.r.<br />

34 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Tipps + Termine<br />

300 Taschenbuch-Tipps für Lehrkräfte, Eltern, Kinder<br />

Anfang März <strong>20</strong>03 erscheint die<br />

Neuauflage der Taschenbuch-Tipps<br />

der AG Jugendliteratur und Medien<br />

der <strong>GEW</strong>. Sie enthält über 300 annotierte<br />

Taschenbuchempfehlungen<br />

in drei Altersstufen und einer Rubrik<br />

„Sachbücher“ mit Verfasser- und<br />

Schlagwort-Register. Titel, für die<br />

Handreichungen für den Unterricht<br />

vorliegen, sind besonders gekennzeichnet,<br />

ebenso solche, zu denen es<br />

MCs oder CDs gibt.<br />

Auf der vierten Umschlagseite kann<br />

bei Bedarf eingedruckt werden:<br />

„Überreicht von der Gewerkschaft<br />

Erziehung und Wissenschaft<br />

(<strong>GEW</strong>)“.<br />

Bilderbuch-Englisch ten an, und dann geht’s richtig los:<br />

„Mit Bilderbüchern Englisch lernen“<br />

von Heide Niemann bietet nach einem<br />

theoretischen Einstieg ins Thema<br />

einen angenehm kurzen und prägnanten<br />

Überblick über die Bedeutung<br />

des Bilderbuchs im Unterricht<br />

allgemein und im frühen Englisch-<br />

Unterricht im Besonderen mit Kriterien<br />

zur Auswahl von Bilderbüchern.<br />

Ein erstes Praxiskapitel leitet z<strong>um</strong><br />

Bücherbasteln auf verschiedene Ar-<br />

Anhand von vierzehn englischen Bilderbüchern<br />

zeigt Niemann mit<br />

jeweils mehreren Umsetzungsmöglichkeiten,<br />

wie curricul<strong>um</strong>bezogen,<br />

fächerübergreifend, handlungsorientiert<br />

und Leselust machend gearbeitet<br />

werden kann. Ein überschaubares<br />

Glossar an notwendiger „Classroom<br />

Language“ folgt, bevor einzelne<br />

Arbeitsblätter und eine Liste ausgewählter<br />

Bilderbücher mit farbigen<br />

Ausländerkinder und sexuelle Gewalt<br />

Sexueller Missbrauch ist eine alltägliche<br />

Menschenrechtsverletzung, die<br />

jedes Kind, unabhängig von Geschlecht,<br />

Alter, Schicht, Herkunft<br />

oder Kultur, treffen kann. Jedes Kind<br />

hat ein Recht auf Schutz vor sexueller<br />

Gewalt.<br />

Deutschland ist de facto ein Einwanderungsland.<br />

Soziale Arbeit im Allgemeinen<br />

hat auf diese Tatsache reagiert<br />

und Konzepte interkultureller<br />

Arbeit entwickelt. In der Präventi-<br />

onsarbeit gegen sexuellen Missbrauch<br />

ist die Einbeziehung interkultureller<br />

Aspekte jedoch relativ neu<br />

und keineswegs selbstverständlich.<br />

So berücksichtigen die vorliegenden<br />

Konzepte die multikulturelle Gesellschaftsstruktur<br />

Deutschlands nur<br />

ansatzweise.<br />

Welche Aspekte der Präventionsarbeit<br />

müssen verändert werden, <strong>um</strong><br />

auch schwarze Deutsche und MigrantInnen<br />

zu erreichen? Auf welche<br />

Weise muss die Tatsache, dass MigrantInnen<br />

einer anderen Kultur angehören<br />

und in Deutschland rassistischen<br />

Erfahrungen ausgesetzt sind,<br />

in die Präventionsarbeit einbezogen<br />

werden? Die Autorin beantwortet<br />

diese und andere Fragen und gibt<br />

zudem einen <strong>um</strong>fassenden Überblick<br />

über die bereits vorhandenen Ansätze<br />

interkultureller Präventionsarbeit<br />

und über den aktuellen Stand der<br />

<strong>Diskussion</strong>. Insbesondere die kulturspezifischen<br />

und antirassistischen<br />

Ansätze mit ihren Kontroversen werden<br />

am Beispiel der sexuellen Gewalt<br />

Die TB-Tipps eignen sich hervorragend<br />

als Werbung für die Bildungsgewerkschaft<br />

<strong>GEW</strong> und können auf<br />

allen Veranstaltungen, Personalversammlungen,<br />

Tagungen usw. ausgelegt<br />

oder verteilt werden.<br />

Bestelladresse: Heinz Dörr, Bahnhofstr.<br />

43, 8862 Überlingen (auch per<br />

Fax 07551-68019).<br />

Beispielseiten das Buch beenden, das<br />

selbst größten Skeptikern des Fremdsprachenunterrichts<br />

gefallen müsste,<br />

lässt sich mit den vielfältigen, bunten,<br />

h<strong>um</strong>orvollen, spielerischen Unterrichtsideen<br />

doch generell die Lust<br />

am Buch wecken.<br />

(tje)<br />

Heide Niemann: Mit Bilderbüchern<br />

Englisch lernen. Seelze-Velber <strong>20</strong>02.<br />

14,90 Euro.<br />

an schwarzen Deutschen und MigrantInnen<br />

ausführlich dargestellt.<br />

pm<br />

Melanie Reinke: Das Recht jedes<br />

Kindes auf Schutz vor sexuellem<br />

Missbrauch. Präventionsarbeit im<br />

interkulturellen Kontext<br />

183 Seiten, 25,90 Euro<br />

Tect<strong>um</strong> Verlag<br />

Neustadt 12, 35037 Marburg<br />

Tel. (06421) 48 15 23<br />

Fax. (06421 ) 43 47 0<br />

e-mail: tect<strong>um</strong>.verlag@t-online.de<br />

http://www.tect<strong>um</strong>-verlag.de<br />

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Kreis + Region<br />

Kreise Kusel und Zweibrücken<br />

Eine Fahrt nach Dresden<br />

Endlich war es soweit. Wie alljährlich in den Herbstferien startete<br />

eine Gruppe der <strong>GEW</strong>-Kreisverbände Kusel und Zweibrücken ihre<br />

Herbstfahrt, in diesem Jahr nach Dresden. Was alle erwartete, war<br />

ungewiss. Die Flutwelle, die sich im August über große Teile Ostdeutschlands<br />

ergossen hatte, war an diesem Septembermorgen noch<br />

nicht vergessen. Das ursprünglich gebuchte Hotel in Dresden war<br />

infolge Hochwasserschäden noch nicht bezugsfertig. So war man<br />

mit gemischten Gefühlen unterwegs.<br />

Bei einem ersten Zwischenstopp in Weimar konnten die TeilnehmerInnen<br />

interessante Eindrücke sammeln, angefangen vom Besuch<br />

des Goethehauses bis z<strong>um</strong> Flanieren in den historischen Gassen<br />

Weimars.<br />

In Dresden war abends nach der Ankunft rein äußerlich von den<br />

Spuren des Hochwassers ka<strong>um</strong> noch etwas zu erblicken. Bei einer<br />

Stadtrundfahrt am nächsten Tag mit anschließendem Stadtrundgang<br />

durch das historische Zentr<strong>um</strong> Dresdens wurde außer den<br />

Sehenswürdigkeiten der Stadt die bemerkenswerte Leistung der<br />

Dresdener erkennbar: Das Hochwasser hatte seine Spuren hinterlassen,<br />

aber wenn wir nicht durch unsere Reiseleiterin immer wieder<br />

darauf hingewiesen worden wären, wir hätten nur wenig davon<br />

bemerkt. Ein Beispiel: Im Innenhof des Zwingers war der ganze<br />

Erdbereich bereits ausgetauscht, viele Museen und öffentlichen<br />

Gebäude waren für die Öffentlichkeit wieder zugänglich. Die Infrastruktur<br />

der Stadt war vollkommen intakt, Busse und Straßenbahnen<br />

verkehrten normal.<br />

An diesem Tag stand noch der Besuch von Schloss Pillnitz auf<br />

dem Programm. Hier am „Lustschloss“ Augusts des Starken sah<br />

man noch größere Spuren der Flutkatastrophe. Die Gebäude waren<br />

noch nicht wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.<br />

Von hier ging die Fahrt über Pirna weiter in die Sächsische Schweiz<br />

zur Bastei. Phantastisch war der Ausblick über ein einmaliges<br />

Schluchtenlabyrinth mit bizarr aufragenden Felsen.<br />

Als nächstes Ziel stand die Festung Königstein auf dem Programm.<br />

Die auf einem Bergmassiv für Feinde uneinnehmbare Burg aus<br />

dem 15. Jahrhundert bot der Gruppe einen abwechslungsreichen<br />

Abschluss dieses Tages.<br />

Auf der Fahrt durch die vielen kleineren Orte sah man die verheerenden<br />

Verwüstungen, die die Jahrhundertflut angerichtet hatte.<br />

Voller Eindrücke erreichte die Gruppe am Abend Dresden, wo<br />

man sich von der Reiseführerin verabschiedete, die allen einen<br />

interessanten, informativen und erlebnisreichen Tag beschert hatte.<br />

Die Reiseführerin verabschiedete sich mit den Worten: „Wir<br />

haben viel in den letzten Wochen<br />

durchgemacht und an Leid erfahren,<br />

aber das Schlimmste wäre, wenn die<br />

Touristen nicht mehr kommen würden.<br />

Das, wovon dieses Land lebt und pulsiert,<br />

darf nicht aus- bleiben.“<br />

Der dritte Tag führte zu einem Ganztagesausflug<br />

in den Spreewald nach<br />

Lübbenau. In diesem<br />

Erholungsparadies gibt es 194 befahrbare<br />

Fließe, so nennt man hier die Wasserstraßen.<br />

Eine dreistündige Kahnfahrt bei herrlichem Sonnenschein<br />

sorgte für Entspannung und Erholung.<br />

Der vierte Tag stand zur freien Verfügung, etwa zu einem Einkaufsb<strong>um</strong>mel<br />

oder z<strong>um</strong> Besuch eines der vielen Museen in Dresden.<br />

Viele nutzten auch die Zeit, <strong>um</strong> der Semperoper einen Besuch<br />

abzustatten. Wie auch immer,<br />

der Tag war viel zu kurz.<br />

Die Heimreise kam schneller als erwartet.<br />

Die Mit- tagspause wurde<br />

mit einem Auf- enthalt in Erfurt,<br />

der Landeshaupt- stadt von Thüringen,<br />

verbunden.<br />

Bei einem Nachtreffen konnten die TeilnehmerInnen dieser Tage<br />

Bilder und Eindrücke austauschen.<br />

Viele der Gruppe freuen sich schon auf die Fahrt im nächsten Jahr,<br />

die nach Polen führen wird. Veranstaltet wird die Fahrt wieder von<br />

den <strong>GEW</strong>-Kreisverbänden Kusel und Zweibrücken. Informationen<br />

über diese Fahrt können angefordert werden bei: <strong>GEW</strong>-Kreisverband<br />

Zweibrücken, Gregor Simon, Schweizer Ring 6 in 66482<br />

Zweibrücken (Email: g.si@gmx.de)<br />

gs<br />

Bezirksverband Rheinhessen Pfalz<br />

Fachgruppe Integrierte Gesamtschulen<br />

Einladung zur Mitgliederversammlung<br />

am Dienstag, 18. März <strong>20</strong>03 <strong>um</strong> 15.00 Uhr<br />

Bildungsstätte Erbacher Hof in Mainz, Grebenstraße<br />

TO: Neuwahl des Fachgruppenvorstands<br />

gez. Claudia Niggemann<br />

Kreis Worms-Alzey-Frankenthal<br />

Was bedeutet „Enneagramm“?<br />

Eine Veranstaltung abseits von üblichen Gewerkschaftsthemen fand<br />

im vergangenen Sommer bei der <strong>GEW</strong> - Worms-Alzey-Frankenthal<br />

statt: ein Einführungsseminar<br />

in das<br />

Enneagramm, ein psychologisches<br />

und spi- rituelles System<br />

mit Wur- zeln in der<br />

frühchristli- chen Mystik<br />

und der sufisti- schen Weisheit.<br />

Frühchs- ristliche Wüstenmönche<br />

ka- men zu der<br />

Erkenntnis, dass es neun<br />

Grundtypen von Persönlichkeiten<br />

mit signifikant<br />

unterschiedli- chen Verhaltensweisen<br />

gibt. Jedoch wehren sich die Kenner dieser Lehre gegen<br />

die Behauptung, es handle sich <strong>um</strong> Schubladen-Klassifizierungen.<br />

Vielmehr werden zahlreiche „Subtypen“ und Verknüpfungen<br />

zwischen den Grundtypen aufgezeigt. Auch die Festlegung auf<br />

bestimmte Typen ist nicht kategorisch gemeint: Viel eher sollen<br />

die dem jeweiligen Typus zugrunde liegenden Möglichkeiten weiter<br />

entwickelt und damit voll ausgeschöpft werden.<br />

Der Referent in Worms, Realschullehrer Gerhard Ahnen, ist<br />

mittlerweile hauptberuflich als Enneagrammlehrer tätig. Er ver-<br />

36 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


weist auf die Nützlichkeit des Enneagramms nicht nur in Partnerschaften,<br />

sondern auch im Berufsleben, in der Seelsorge, im pädagogischen<br />

und therapeutischen Bereich, <strong>um</strong> unbewusste Verhaltensmuster<br />

durchschauen zu lernen und deren Auswirkungen zu<br />

verstehen. So soll es besser gelingen, Gesetzmäßigkeiten z.B. im<br />

Schülerverhalten zu entdecken, Motive zu verstehen und der Verschiedenartigkeit<br />

von SchülerInnen stärker gerecht zu werden.<br />

Als Folge des Seminars in Worms hat sich mittlerweile eine monatlich<br />

zusammenkommende Gruppe im Ra<strong>um</strong> Oppenheim/<br />

Wörrstadt gebildet, deren Mitglieder sich begeistert äußerten, wie<br />

konstruktiv sich ihr <strong>neues</strong> Wissen auswirke. Das nächste ganztägige<br />

Einführungsseminar mit Gerhard Ahnen und veranstaltet vom<br />

KV Worms-Alzey-Frankenthal findet am 14. März im „Hagenbräu“<br />

in Worms statt. Wer sich anmelden möchte, kann dies bei<br />

Kreisvorsitzendem Jörg Pfeiffer (Tel. 06241-78368 oder E-Mail<br />

wo-az-ft@gew-rhp.de) tun. Weitere Informationen bzw. Kursangebote<br />

gibt es bei Gerhard Ahnen (Tel. 06233-63156, E-Mail<br />

GerhardBuntspecht@t-online.de).<br />

ga/tje<br />

Kreis Worms-Alzey-Frankenthal<br />

Weiterhin Mitgliederzuwachs<br />

Bei der <strong>GEW</strong> - Worms-Alzey-Frankenthal geht es weiter aufwärts:<br />

So konnte Kreisvorsitzender Jörg Pfeiffer bei der Mitgliederversammlung<br />

im November von einem erfreulichen Mitgliederzuwachs<br />

von 3,5 Prozent berichten.<br />

Außer den regelmäßigen Vorstandssitzungen hielt der KV im abgelaufenen<br />

Jahr die Kontakte zu allen politischen Parteien aufrecht<br />

und kann es als besonderen Erfolg werten, dass ein immerhin<br />

zehn Jahre andauernden Konflikt mit dem Wormser Oberbürgermeister<br />

beigelegt werden konnte: Die <strong>GEW</strong> stritt konsequent für<br />

die Angleichung der Sekretärinnenstunden an die Empfehlungen<br />

des Städtetags (dessen Vorsitzender der Wormser OB ist!), so dass<br />

die Schulen nun endlich besser ausgestattet werden, wenngleich<br />

diese Empfehlung auch schon fast wieder zehn Jahre alt ist.<br />

Kritisch begleitete die <strong>GEW</strong> die Einrichtung der ersten Ganztagsschule<br />

auf Wormser Gebiet. Z<strong>um</strong> Thema Altersteilzeit konnten<br />

in mehreren Veranstaltungen über <strong>20</strong>0 Kolleginnen und Kollegen<br />

lernen, wie sie ihr persönliches Modell berechnen.<br />

Z<strong>um</strong> Foto: Heinrich Rudolf Bock, Karl-Heinz Wippel, Klaus Arnold<br />

und Ernst-Josef Bonnkirch wurden von Kreisvorsitzendem Jörg Pfeiffer<br />

(3.v.l.) und Landesvorsitzendem Tilman Boehlkau (rechts) für 25 bzw.<br />

40 Jahre <strong>GEW</strong>-Mitgliedschaft geehrt.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Kreis + Region<br />

Garant für kreative Angebote ist Pfeiffer-Stellvertreter Werner Breuder,<br />

der auch das PZ in Alzey leitet. „Sinnesgarten“, „Figurentheater“<br />

oder „Zaubern“ waren nur einige seiner Angebote für den<br />

<strong>GEW</strong>-Kreisverband im Jahr <strong>20</strong>02. Ausgebuchte Personalratsschulungen<br />

in Worms, Frankenthal und Alzey unter Mitwirkung von<br />

Alexander Witt, Sybilla Hoffmann und Jörg Pfeiffer vervollständigen<br />

die Aktivitäten des KV.<br />

Landesvorsitzender Tilman Boehlkau rief zur Teilnahme am Protest<br />

gegen die Bildungspolitik der Landesregierung auf und half<br />

später bei den jährlichen Mitglieder-Ehrungen: 40 Jahre hält Klaus<br />

Arnold der <strong>GEW</strong> aus dem Kreis Worms-Alzey-Frankenthal die<br />

Treue. 25 Jahre lang sind Christa Berger, Heinrich Rudolf Bock,<br />

Ernst-Josef Bonnkirch, Erich Denger und Jürgen Faltermann dabei.<br />

Auch Volker Gallé, Hans-Werner Kloster, Manfred Morgenstern,<br />

Reinhard Quick, Gerlinde Rößick und Karl-Heinz Wippel gehören<br />

der <strong>GEW</strong> seit 25 Jahren an.<br />

(tje)<br />

Kreis Westerwald<br />

Wolf: „Unterrichtsausfall zu hoch“<br />

Die <strong>GEW</strong>-Westerwald zog auf ihrer Mitgliederversammlung Ende<br />

vergangenen Jahres in Wirges eine positive Bilanz: Die Gewerkschaft<br />

ist von <strong>28</strong>0 auf 315 Mitglieder angewachsen. Dieser Erfolg<br />

beruhe vor allem auf der intensiven gewerkschaftlichen Arbeit am<br />

Studienseminar Westerburg, erklärte der Kreisvorsitzende Erwin<br />

Wolf.<br />

Besonders aktiv sei auch die Fachgruppe sozialpädagogische Berufe<br />

mit ihrer Sprecherin Marina Freund gewesen.<br />

Unzufrieden ist die Gewerkschaft mit der Unterrichtsversorgung.<br />

Die <strong>GEW</strong> erwarte von der Landesregierung entschiedene Schritte<br />

in Richtung Unterrichtsgarantie. Der Unterrichtsausfall sei nach<br />

wie vor zu hoch. „Mit jeder ausgefallenen Stunde wird der zukünftigen<br />

Generation Bildung vorenthalten!“, sagte Wolf.<br />

Zur Abdeckung von Vertretungs- und Förderunterricht würden<br />

dringend Lehrkräfte benötigt. Die <strong>GEW</strong> lehne die Beschäftigung<br />

von VertretungslehrerInnen ohne erstes oder zweites Staatsexamen<br />

ab. Das gelte <strong>um</strong> so mehr, da die <strong>Diskussion</strong> <strong>um</strong> die PISA-Studie<br />

und auch die Qualitätsanforderungen des Ministeri<strong>um</strong>s an jede<br />

einzelne Schule gezeigt hätten, dass qualifizierter Unterricht nur<br />

mit qualifizierten Lehrkräften erreicht werden könne.<br />

„Dieser Bildungsnotstand heute ist die Folge der Fehler von gestern,<br />

die zur Zeit wiederholt werden“, stellte Wolf klar und führte das<br />

Beispiel Studienseminar Westerburg an. Es gebe nicht einmal genügend<br />

BewerberInnen für die bereit gestellten Ausbildungsplätze.<br />

Schuld daran seien unter anderem die schlechten Ausbildungsund<br />

Arbeitsbedingungen für junge Lehrerinnen und Lehrer und<br />

das schlechte Berufsimage. Das werde sich erst dann ändern, wenn<br />

die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer geachtet und ihr Beruf anerkannt<br />

werde.<br />

Wolf: „Auch in der Zeit klammer Kassen verlangt die <strong>GEW</strong> von<br />

der Landesregierung mehr Mittel für die Bildungsfinanzierung z<strong>um</strong><br />

Beispiel für den qualitativen und quantitativen Ausbau von ganztägigen<br />

Bildungseinrichtungen. Die Rahmenbedingungen für<br />

Ganztagsschulen müssen stimmen. Ganztagsschulen dürfen keine<br />

Billiglösungen sein. Das gilt sowohl für die eingerichteten als auch<br />

jetzt in Aussicht genommenen Schulen. Ganztagsschulen dürfen<br />

nicht gegen den Willen der dort Beschäftigten eingerichtet werden.“<br />

37


Kreis + Region<br />

Der Kreisvorstand der <strong>GEW</strong> Westerwald habe sich ein Bild von<br />

der Arbeit der neuen Ganztagsschule in Wirges gemacht und die<br />

wichtigsten Anliegen der Kolleginnen und Kollegen an den Landesvorstand<br />

gemeldet: kleinere Klassen in der Ganztagsschule,<br />

höhere Zuweisung von Verwaltungsstunden und Erhöhung der<br />

Schulleitungspauschale.<br />

Weiter belegte der Kreisvorsitzende an zahlreichen Beispielen, dass<br />

die <strong>GEW</strong>-Westerwald in der abgelaufenen Periode eine Vielzahl<br />

von Aktivitäten und Veranstaltungen im Interessen ihrer Mitglieder<br />

unternommen hat.<br />

Kreis Ludwigshafen / Speyer<br />

<strong>Diskussion</strong> mit der Bundesvorsitzenden<br />

Ende November vergangnenen Jahres fand die alljährliche Mitgliederversammlung<br />

der <strong>GEW</strong> Ludwigshafen / Speyer statt. Dieses<br />

Mal musste nicht gewählt werden und so konnten zahlreiche<br />

Jubilarinnen und Jubilare geehrt werden und die <strong>GEW</strong>-Bundesvorsitzende<br />

Dr. Eva-Maria Stange zur PISA-Studie referieren.<br />

Von den 131 KollegInnen, die zu ehren waren, nahm knapp die<br />

Hälfte an der MV teil. Auf 25 Jahre Mitgliedschaft konnten 76<br />

KollegInnen blicken, 30 Jahre in der <strong>GEW</strong> waren 38 Kolleginnen,<br />

13 KollegInnen waren schon vor 40 Jahren der <strong>GEW</strong> beigetreten<br />

und vier <strong>GEW</strong>erkschafterInnen halten sogar bereits seit 50 Jahren<br />

ihrer Gewerkschaft die Treue.<br />

Helmut Thyssen hob in seiner Laudatio hervor, dass jede Gruppe<br />

für ein besonderes Problem der Bildungs- bzw. Schulpolitik steht.<br />

Die Gruppe der 50 Jährigen repräsentiert die Generation der GründerInnen,<br />

die den Lehrerverein zu einer Gewerkschaft innerhalb<br />

des DGB formte. Die KollegInnen, die vor 40 Jahren in die <strong>GEW</strong><br />

eintraten, sind die VertreterInnen, die aus der Volksschule eine<br />

attraktive Grund- und Hauptschule gestalten wollten. Und was<br />

sei bloß aus diesem Vorhaben „Hauptschule“ geworden. Die KollegInnen<br />

schließlich, die vor 25/30 Jahren der <strong>GEW</strong> beitraten,<br />

lösten eine heftige <strong>Diskussion</strong> <strong>um</strong> die Schulstruktur und die Bildungsinhalte<br />

aus. Und die sei immer noch nicht beendet. Auch<br />

die Forderung „25 Schüler in der Klasse sind genug!“, die sie aufstellten,<br />

feiert 25jähriges Jubilä<strong>um</strong>. Thyssen: „Es ist ein trauriges<br />

Jubilä<strong>um</strong>, denn erfüllt wurde die Forderung nicht. Im Gegenteil,<br />

unter dem Deckmantel der von Studien wie MARKUS und PISA<br />

wird inzwischen die Relevanz von Klassenstärke für den Lernerfolg<br />

der SchülerInnen wieder bestritten.“<br />

Die Bundesvorsitzende warb in ihrem Referat dafür, sich an der<br />

PISA-Studie für LehrerInnen zu beteiligen, <strong>um</strong> empirisch nachzuweisen,<br />

dass die Ausbildung der deutschen LehrerInnen geändert<br />

werden muss. Eine Umgestaltung des Unterrichts und eine Änderung<br />

der Bildungsinhalte im vorschulischen Bereich seien dringend<br />

notwendig. Die Untersuchungsergebnisse der Shell-Studie,<br />

dass Bildung in Deutschland vererbt wird, und die Aussage der<br />

UNICEF-Studie, dass es kein zweites Land auf dieser Welt gibt, in<br />

dem Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern so geringe Aufstiegschancen<br />

haben wie in Deutschland, müsste unseren BildungpolitikerInnen<br />

den Schlaf rauben.<br />

Für den Erfolg der Lernenden habe ihr Engagement die größte<br />

Bedeutung, und dieses Engagement werde vor dem Schuleintritt<br />

geweckt. „Was ErzieherInnen versä<strong>um</strong>en, können GymnasiallehrerInnen<br />

nicht wieder gerade biegen“, so das Resümee von Eva-<br />

Maria Stange zu den vorliegenden Studien.<br />

Fotos: Lucas Schmitt<br />

Ihre Konsequenzen für das deutsche Bildungswesen: Fachhochschulausbildung<br />

für ErzieherInnen, gleiche Mittelzuweisung vom<br />

Vorschulbereich bis z<strong>um</strong> Gymnasi<strong>um</strong>, ständige Evaluierung der<br />

Schulen, aber keine flächendeckenden Leistungstests, Abbau der<br />

selektiven Maßnahmen (Schuleingangstests, Sitzenbleiben, dreigliedriges<br />

Schulwesen) statt dessen langes gemeinsames Lernen und<br />

starker Ausbau der Fördermaßnahmen. Dieses Erfolgskonzept der<br />

skandinavischen Länder bräuchten die deutschen Bildungspolitiker<br />

nur zu übertragen, allerdings auch mit den dafür notwendigen<br />

Mitteln.<br />

Die lange und lebhafte <strong>Diskussion</strong>, die sich anschloss, zeigte, dass<br />

dieses Thema wieder aufgegriffen werden muss. Deutlich wurde<br />

aber auch, dass in der Frage der Einschätzung der „Ganztagsschulen<br />

in neuer Form“ noch viel <strong>Diskussion</strong>sbedarf zwischen <strong>GEW</strong>-<br />

Spitze und <strong>GEW</strong>-Basis besteht.<br />

Z<strong>um</strong> kulturellen Abschluss der Veranstaltung trug der chilenische<br />

Emigrant Juan Miranda-Moraga lateinamerikanische Lieder vor.<br />

U.K.<br />

Kreis Rhein-Lahn<br />

Thema „frühzeitige Einschulung“<br />

Gut 50 PädagogInnen aus dem gesamten Rhein- Lahn- Kreis waren<br />

Ende vergangenen Jahres in Nastätten zu einer engagierten<br />

<strong>Diskussion</strong> z<strong>um</strong> Thema „frühzeitige Einschulung“ zusammengekommen:<br />

Im Blickpunkt der von Bernd Huster, Leiter der Geschäftsstelle<br />

Nord der <strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz in Koblenz, moderierten Fachtagung<br />

standen insbesondere - wie sollte es anders sein! - die Ergebnisse<br />

der internationalen PISA-Studie. Dort war unter den offensichtlichen<br />

Defiziten des deutschen Bildungswesens auch eine im<br />

Vergleich zu anderen Staaten relativ spät einsetzende allgemeine<br />

und gezielte Bildungseinwirkung bei den Kindern festgestellt worden.<br />

Das rheinland-pfälzische Bildungsministeri<strong>um</strong> hatte dies z<strong>um</strong><br />

Anlass genommen, die Eltern gut entwickelter Kinder zu ermuntern,<br />

verstärkt von der Möglichkeit der frühzeitigen Aufnahme in<br />

die Grundschule Gebrauch zu machen und für einen „kindgemäßen<br />

und flexiblen Einschulungstermin“ zu werben. Eine generelle<br />

Vorverlegung des Einschulungsalters vom sechsten auf das fünfte<br />

Lebensjahr wird von der Ministerin derzeit jedoch nicht angestrebt.<br />

In einem Impuls-Referat ging die Diplom-Pädagogin Ursel Rhode<br />

vom Bopparder „FoKuS-Team“, einem privaten Fortbildungsinstitut<br />

mit Fachberatung für kommunale Kindergärten, zunächst<br />

auf die entwicklungspsychologischen Aspekte der Fünf- bis Sie-<br />

38 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03


enjährigen im Blick auf die Kriterien der „Schulreife“ und „Schulfähigkeit“<br />

ein. Die Sozialpädagogin riet zu einer differenzierten<br />

Entscheidung, die den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes<br />

berücksichtigt.<br />

Die PädagogInnen waren sich in Nastätten weitgehend darüber<br />

einig, dass eine vorgezogene Einschulung nicht unreflektiert als<br />

„Allheilmittel“ gegen Defizite im deutschen Bildungswesen angesehen<br />

werden sollte. Viel wichtiger sei es, die Rahmenbedingungen<br />

für die pädagogische Arbeit in den Kindertagesstätten und<br />

Schulen zu verbessern. „Bei Klassenstärken bis zu 30 Kindern in<br />

der Grundschule ist eine gezielte und individuelle Förderung angesichts<br />

des sehr unterschiedlichen Entwicklungsniveaus nur begrenzt<br />

möglich“, beschrieb ein Grundschullehrer die Situation.<br />

Den Erzieherinnen ging es dar<strong>um</strong>, eine stärkere Kompetenz bei<br />

der Beratung der Eltern in den für die Einschulung wichtigen Fragen<br />

zu gewinnen, <strong>um</strong> möglichen Fehlentscheidungen vorzubeugen.<br />

Einvernehmen herrschte bei der <strong>GEW</strong> darüber, dass die Bildungsarbeit<br />

- vor allem die gezielte Sprachförderung - im Kindergarten<br />

verstärkt werden sollte. Eine wichtige Voraussetzung für<br />

einen reibungslosen Übergang sei die Intensivierung der Zusammenarbeit<br />

zwischen Grundschulen und den Kindertagesstätten,<br />

stellten die TagungsteilnehmerInnen übereinstimmend fest.<br />

Willi Schmiedel<br />

Kreis Donnersberg<br />

Langjährige <strong>GEW</strong>-Mitglieder geehrt<br />

Trotz widriger Bedingungen machten sich in Eiseskälte gut zwanzig<br />

Mitglieder auf den Weg zur alljährlichen Mitgliederehrung im<br />

Rahmen des Weihnachtsstammtisches der <strong>GEW</strong> im Donnersbergkreis.<br />

Äußerst eindrucksvoll gab Bernd Knell mit neueren und<br />

unbekannten Weihnachtsliedern der Festlichkeit den richtigen<br />

Rahmen.<br />

Zu sehen gab es allerlei bei der Führung durch den angrenzenden<br />

Wichtelkindergarten. Heidi Geiger, Leiterin der Einrichtung, fand<br />

die richtigen Worte zu dieser ungemein heimeligen und liebevoll<br />

hergerichteten Einrichtung.<br />

Mit einer Ausnahme, nämlich als es <strong>um</strong> ihn selber ging, ehrte Hans<br />

Adolf Schäfer, Vorsitzender der <strong>GEW</strong> im Donnersbergkreis, die<br />

Jubilare. Es galt 42 LehrerInnen sowie 14 ErzieherInnen für langjährige<br />

Mitgliedschaft auszuzeichnen. So wurden u.a. für 25 Jahre<br />

Mitgliedschaft Gabriele Eckert, Carl-Anton von Gleichenstein,<br />

Edith Jung, Anna-Maria Neufeld und Karl Heinz Taeffner sowie<br />

für 30 Jahre Mitgliedschaft Friedrich Orth ausgezeichnet. Seit 35<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03<br />

Kreis + Region<br />

Jahren bei der <strong>GEW</strong> sind Wolfgang Dommach, Dieter Glaser, Ursula<br />

Giehl und Maria Walther. Gar 40 Jahre dabei sind Ulrich<br />

Dittrich, Gernot Fürwitt, Erich Klein und Robert Scholl sowie 45<br />

Jahre bei der <strong>GEW</strong> zu Hause Irmgard Edinger und Hans Adolf<br />

Schäfer. Sage und schreibe 50 Jahre <strong>GEW</strong> haben Werner Deßloch<br />

und Werner Kühlwetter hinter sich.<br />

Und man glaubt es ka<strong>um</strong>, die unverwüstliche, ewig junge Liselotte<br />

Ludwig ist seit 60 Jahren Mitglied der <strong>GEW</strong>. Kein Wunder, dass<br />

sie im Anschluss zusammen mit Werner Deßloch so allerlei aus<br />

den vergangenen Jahrzehnten zu berichten wusste.<br />

pbg<br />

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Testauswertung von letzter Seite<br />

Zählen Sie nun zusammen, wie oft Sie A, B oder C angekreuzt<br />

haben.<br />

Vorwiegend A: Unfit<br />

Sicher, Sie nehmen Ihre Dienstpflichten und Ihren pädagogischen Auftrag<br />

ernst und führen beides verantwortlich aus. Sie wären nicht nur eine gute<br />

Lehrkraft, sondern auch ein wertvolles Mitglied in jedem Kollegi<strong>um</strong>, enthielten<br />

Ihre Reaktionen nicht zu viele authentische, fast schon normale<br />

Anteile. So werden Sie auf Dauer im Schulalltag keine wirkliche Arbeitszufriedenheit<br />

erlangen können. Schade.<br />

Vorwiegend B: Halbfit<br />

Ihrem beruflichen Engagement fehlt es an nichts und Ihre Bereitschaft, es<br />

allen recht zu machen, macht sie zu einer vielseitig verwendbaren Arbeitskraft.<br />

Leider verbrauchen KollegInnen wie Sie zu schnell Ihre Reserven.<br />

Für die zweite Hälfte Ihrer Dienstjahre sollten Sie sich daher auf Teilzeit<br />

oder Frühverrentung einrichten.<br />

Vorwiegend C: Topfit<br />

Glückwunsch: Mit Ihnen hat der Dienstherr das große Los gezogen. Mit<br />

Ihrer bodenständigen Einstellung und Ihrer robusten Konstitution werden<br />

Sie bis zur Pensionierung Ihren Job durchziehen können, ohne sich selbst<br />

unnötig Stress aufzuhalsen.<br />

39


<strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz<br />

Beilage zur E&W<br />

Schulgeist<br />

<strong>GEW</strong> Rheinland-Pfalz<br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-<strong>28</strong>988-0 • FAX 06131-<strong>28</strong>988- 80<br />

E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />

Wie Wie fit fit sind sind Sie Sie für für den den Lehrerjob<br />

Lehrerjob<br />

Fitness-Check für Berufsanfänger und Quereinsteiger<br />

Sie suchen die echte Herausforderung<br />

und möchten täglich Ihre<br />

Grenzen erfahren? Ihr professioneller<br />

Horizont ist offen für pädagogisches<br />

Upgrading? Laufbahntechnische<br />

Unebenheiten sind für<br />

Sie von sekundärer Bedeutung?<br />

Dieser Test hilft, Enttäuschungen<br />

und Reinfälle rechtzeitig zu vermeiden.<br />

So geht’s: Lesen Sie die nachfolgenden<br />

Situationsbeschreibungen<br />

durch. Kreuzen Sie von den Antworten<br />

diejenige an, die Ihrer Reaktionsweise<br />

am nächsten kommt. Ihr persönliches<br />

Fitnessprofil finden Sie auf<br />

der vorherigen Seite.<br />

1. Ihr Dienstort ist 37 km von Ihrer<br />

Wohnung entfernt. Sie sind <strong>um</strong><br />

6.30 Uhr losgefahren, jedoch auf der<br />

Strecke in einen Stau geraten. Knapp<br />

vor Unterrichtsbeginn erreichen sie<br />

die Schule, hasten ins Lehrerzimmer<br />

und kramen dabei die Arbeitsblätter<br />

für die erste Stunde aus der Tasche.<br />

Vor dem Kopierer hat sich eine<br />

Schlange gebildet, Kollegin X versucht<br />

gerade, einen Papierstau zu<br />

beheben. Als Sie an der Reihe sind,<br />

schellt es.<br />

A) Wie so oft verwünschen Sie die Tatsache,<br />

dass der Dienstherr Sie nicht der<br />

freien Stelle in der Schule Ihres Wohnortes<br />

zugewiesen hat.<br />

B) Sie machen sich bittere Vorwürfe,<br />

dass Sie nicht schon <strong>um</strong> 6.00 Uhr aufgebrochen<br />

sind, hechten zu Ihrem Fach<br />

und greifen panikartig zu Freiarbeitsmaterial.<br />

C) Sie marschieren schnurstracks ins<br />

Klassenzimmer und kündigen der Klasse<br />

einen schriftlichen Test an, den Sie<br />

spontan an der Tafel entwerfen.<br />

2. Zu Beginn der 4. Stunde gehen<br />

Sie mit Ihrer Klasse in den Filmra<strong>um</strong>.<br />

Auf dem Flur spricht Sie un-<br />

vermittelt eine Schülermutter an.<br />

Die Klasse bewegt sich lärmig weiter<br />

in Richtung Filmra<strong>um</strong>. Der<br />

Hausmeister teilt Ihnen von hinten<br />

mit, dass der Projektor leider mal<br />

wieder defekt ist. Eine Schülerin<br />

möchte von Ihnen den Ra<strong>um</strong>schlüssel<br />

haben und ein Junge berichtet<br />

atemlos, dass sich „da hinten welche<br />

kloppen“.<br />

A) Für einen Moment fühlen Sie sich<br />

überfordert und würden am liebsten<br />

alles stehen und liegen lassen. Zwar gelingt<br />

es Ihnen die nötige Ruhe und Festigkeit<br />

aufzubringen, <strong>um</strong> das Chaos zu<br />

ordnen, aber wie immer in solchen Situationen<br />

fühlen Sie sich ausgebremst<br />

und der rechte Spaß will nicht mehr<br />

aufkommen.<br />

B) Sie haben das Gefühl, jetzt alles im<br />

Griff haben zu müssen. Sie verabreden<br />

knapp und unter Druck mit der Schülermutter<br />

einen Gesprächstermin, bedanken<br />

sich bei dem Hausmeister, streichen<br />

der Schülerin übers Haar, trennen<br />

die Streithähne und schicken die<br />

Kinder zurück in die Klasse. (Dabei<br />

bemühen Sie sich die richtige Reihenfolge<br />

einzuhalten.) Auf dem Weg überlegen<br />

Sie fieberhaft, welche Unterrichtsinhalte<br />

das ausgefallene Vorhaben sinnvoll<br />

ersetzen könnten.<br />

C) Sie lassen die Schülermutter stehen,<br />

ignorieren den Hausmeister, stauchen<br />

mit Donnerstimme die Kids zusammen<br />

und scheuchen sie zurück in die Klasse.<br />

Einzelarbeit für den Rest der Stunde.<br />

3. Es ist kurz vor Ende der 6. Stunde.<br />

Als mangelfachunterrichtende<br />

Lehrkraft haben Sie in sechs verschiedenen<br />

Klassen unterrichtet. In der<br />

ersten Pause hatten Sie Aufsicht, in<br />

der zweiten Pause wurden Sie gleich<br />

zu Beginn ans Telefon gerufen. Im<br />

Anschluss an den Unterricht ist ein<br />

Dienstgespräch mit dem Schulleiter<br />

vorgesehen. Seit drei Stunden unter-<br />

drücken Sie den dringenden<br />

Wunsch, die Toilette aufzusuchen.<br />

A) Ka<strong>um</strong> hat es geschellt und sich die<br />

Klasse geleert, flitzen Sie z<strong>um</strong> WC.<br />

Notfalls wird das Dienstgespräch eben<br />

ohne Sie beginnen müssen. Arbeitsrechtliche<br />

Vorschriften über die Einhaltung<br />

von Pausen kommen Ihnen in den<br />

Sinn.<br />

B) Sie überlegen, ob zwischen Unterrichtsschluss<br />

und Beginn des Dienstgespräches<br />

Zeit für einen Gang zur Lehrertoilette<br />

ist. Notfalls werden Sie, <strong>um</strong><br />

pünktlich zu sein, noch eine weitere<br />

Stunde einhalten müssen.<br />

C) Ihre Blase hat das Fassungsvermögen<br />

eines LKW-Tanks und meldet sich<br />

immer erst nach Dienstschluss.<br />

4. Konferenz. Es ist 17.45 Uhr. Seit<br />

14.00 Uhr schleppt sich die <strong>Diskussion</strong><br />

durch eine kilometerlange Tagesordnung.<br />

Kein Punkt, der direkt<br />

und ohne Umwege zur Abstimmung<br />

käme. Gerade wird das Für und Wider<br />

eines neuen Vorhängeschlosses<br />

am Tor z<strong>um</strong> Schulgarten in aller<br />

Ausführlichkeit erwogen. Sie müssen<br />

noch zur Autowerkstatt, <strong>um</strong> ihren<br />

Wagen abzuholen und für den morgigen<br />

Tag stehen Vorbereitungen an.<br />

A) Angesichts der fortgeschrittenen Zeit<br />

bitten Sie in sachlichem Ton die Konferenz,<br />

sich auf das Wesentliche zu beschränken<br />

und <strong>Diskussion</strong>en<br />

nötigenfalls abzukürzen. (Missbilligende<br />

Blicke versuchen Sie zu ignorieren.)<br />

B) Wie immer versuchen Sie, das Notwendige<br />

in jedem <strong>Diskussion</strong>spunkt zu<br />

sehen, auch wenn Ihnen die noch zu<br />

erledigenden Arbeiten unter den Nägeln<br />

brennen und es wieder einmal auf<br />

eine Nachtschicht hinausläuft.<br />

C) In der Ruhe liegt die Kraft. Während<br />

Sie äußerlich wirken als wären Sie<br />

ganz bei der Sache, erfreut sich Ihr Geist<br />

an allerlei Tagträ<strong>um</strong>ereien.<br />

Regina Erich<br />

40 <strong>GEW</strong>-Zeitung Rheinland-Pfalz 1-2 /<strong>20</strong>03

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