Rheinische Hebammengeschichte im Kontext
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Hebammentätigkeit von katholischen Pflegeorden <strong>im</strong> Kaiserreich 199<br />
schaften. In vielen Punkten zur Hygiene und Pflegerinnenausbildung schlossen<br />
sich die Bischöfe den intervenierenden Ärzten an. Im Bereich der<br />
Wöchnerinnenpflege aber lässt sich nur eine ganz vorsichtige Richtungsänderung<br />
aufspüren:<br />
„Wöchnerinnen, besonders <strong>im</strong> Falle hinzutretender Krankheit,<br />
sollten ältere Schwestern ihre Pflege nicht versagen, jedoch alle<br />
eigentlichen Hebammendienste als für Gott geweihte Jungfrauen<br />
ungehörig ablehnen. In größeren Spitälern oder auf sonst hierzu<br />
geeigneten Stationen dürfte es sich zur Erwägung empfehlen, ob<br />
nicht eine religiös gesinnte weltliche Hebamme als Angestellte der<br />
Station beizuziehen wäre.“ 6<br />
Die Bischöfe griffen damit eine in den Orden herrschende St<strong>im</strong>mung auf.<br />
Die vergleichsweise aufgeschlossenen Augsburger Barmherzigen Schwestern,<br />
die mit einem Erholungshe<strong>im</strong> und größeren Badeeinrichtungen recht<br />
gut ausgestattet waren, zeigten sich in Ausbildungs- und Hygienefragen<br />
kompromissbereit, nicht aber in der Hebammenfrage. Entschieden erklärten<br />
sie:<br />
„Eine ganze Reihe von Schwestern würde nicht in unsern Orden<br />
gekommen sein, wenn man ihnen Hebammendienst zugemutet<br />
hätte. Auch dürften sich die weltlichen Hebammen bald über<br />
Konkurrenz und Brotentgang beschweren, wenn der Dienst der<br />
Wöchnerinnen von den Schwestern übernommen würde“. 7<br />
2. Das Verbot des Kölner Erzbischofs (1911)<br />
Im Gegensatz zu den Augsburger Vinzentinerinnen interessiert an der<br />
Pflege <strong>im</strong> Umfeld der Geburt zeigten sich die Cellitinnen von Neuss. Deren<br />
Generaloberin Mutter Elisabeth berichtete 1911 nach Köln:<br />
„Nach Mitteilung des hiesigen Kreisarztes Medizinalrates Dr.<br />
Niemeyer beabsichtigt der hiesige Kreis für die Landgemeinden<br />
eine Säuglings- und eine Wochenbettpflegerin anzustellen. Die<br />
Wochenbettpflege würde nur bei kranken Wöchnerinnen in Frage<br />
_________________________<br />
6 Diözesanarchiv München, Rep. 25/2, Erzbischöfe 1821-1917, Hirtenwort an die<br />
krankenpflegenden weiblichen Ordensgemeinschaften in Bayern, November 1905<br />
(abgedruckt in: Hainbuch 1988, 2-6, hier 5).<br />
7 Diözesanarchiv München, 15-5 Ärzteadresse in Sachen der krankenpflegenden Orden,<br />
Stellungnahme des Mutterhauses der barmherzigen Schwestern in Augsburg, o. D.