Buch «Gummibootführer Schweiz», Leseprobe: Aare Thun‒Bern
Der praktische Reiseführer für die 22 schönsten Gummiboot-Routen: «Gummibootführer Schweiz: Spass, Erholung und Abenteuer auf Schweizer Flüssen», 7. Auflage, aktualisiert und neu gestaltet Salamander Verlag, 2023, ISBN 978-3-907267-04-2, erhältlich unter www.salamanderverlag.ch, CHF 37.50 (Versand gratis)
Der praktische Reiseführer für die 22 schönsten Gummiboot-Routen:
«Gummibootführer Schweiz: Spass, Erholung und Abenteuer auf Schweizer Flüssen», 7. Auflage, aktualisiert und neu gestaltet
Salamander Verlag, 2023, ISBN 978-3-907267-04-2, erhältlich unter www.salamanderverlag.ch, CHF 37.50 (Versand gratis)
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1<br />
AARE<br />
Thun – Bern<br />
Flotte Fahrt mit Blick auf<br />
die Blüemlisalp<br />
55
Dies ist der Klassiker unter den Schweizer Gummibootstrecken. An heissen<br />
Sommertagen treiben Hunderte die <strong>Aare</strong> hinab. Flussaufwärts bietet<br />
sich dem Auge eine einzigartige Parade der berühmten Berner Alpengipfel.<br />
Beim Einstieg hinter dem Restaurant Bellevue<br />
in Thun-Schwäbis geht’s oft zu wie<br />
auf einem Jahrmarkt. Zwischen Dutzenden<br />
Booten packen Böötler ihre Siebensachen<br />
in wasserdichte Säcke oder Plastikfässer,<br />
andere sind am Aufpumpen, junge<br />
Männer verkaufen Glace und Getränke.<br />
Vor der Rampe ins Wasser steht man<br />
Schlange. Allerdings nicht lange. Denn<br />
kaum ist ein Boot im Wasser, trägt die Strömung<br />
es rasch weg.<br />
Die Ufer sind dicht grün bewachsen und<br />
lassen einen komplett vergessen, dass man<br />
durch dicht besiedeltes Gebiet fährt. Bei jeder<br />
Flussbiegung wechseln sich die Berge<br />
im Hintergrund nun ab. Als erste zeigen<br />
sich die drei schneebedeckten Gipfel der<br />
Blüemlisalp, die Polo Hofer in seinem<br />
Schmachtfetzen «Alperose» besang.<br />
Über eine breite Betontreppe mündet von<br />
rechts die Zulg (km 1,9) in die <strong>Aare</strong>. Sie<br />
trägt Wasser aus dem Gebiet der Sieben<br />
Hengste in den Emmentaler Alpen herunter.<br />
Sie ist es übrigens auch, die der <strong>Aare</strong><br />
nach Gewittern einen grossen Teil ihrer<br />
braunen Verfärbung verpasst.<br />
Am Einstieg Thun-Schwäbis stehen <strong>Aare</strong>böötler Schlange.<br />
56 AARE: THUN – BERN
Die Uttigenwelle ist ein Riesenspass, aber nicht zu unterschätzen.<br />
Nun geht es lange geradeaus, bis über dem<br />
rechten Ufer eine hohe Felswand erscheint,<br />
das Wasser wird unruhig. Es ist, als wolle einen<br />
die <strong>Aare</strong> auf ihre berühmt-berüchtigtste<br />
Stelle einstimmen: die Uttigenwelle. Sie<br />
liegt am Ende einer langgezogenen Linkskurve<br />
unter der Eisenbahnbrücke Uttigen<br />
(km 5,1). Grosse Felsen in der Flussmitte bilden<br />
unter der Wasseroberfläche eine<br />
Schwelle. Kein Rauschen kündigt das spritzige<br />
Abenteuer an, das bevorsteht. Dafür<br />
das Jauchzen und Kreischen der Böötler, die<br />
vorher über die Uttigenwelle reiten. Bei allem<br />
Spass ist Vorsicht geboten: Starke Walzen<br />
können Schwimmende sogar mit Rettungsweste<br />
unter Wasser ziehen. Das Boot<br />
gleichmässig belasten und mit Paddelschlägen<br />
gerade durchsteuern. Kehrwasser<br />
im Uferbereich erleichtern das Anlanden,<br />
um das Boot nötigenfalls auszuleeren.<br />
Eindrückliche Nagelfluhwände säumen<br />
nun das linke Ufer. Wie Lianen hängen<br />
Efeustränge über sie herab, ein bisschen Urwald<br />
im Mittelland. Im Hintergrund dominieren<br />
die Berner Voralpen mit Niesen und<br />
Stockhorn. Nach der Jabergbrücke (km 8,0)<br />
stösst von rechts die Autobahn zur <strong>Aare</strong>. Ihr<br />
Rauschen wird uns für die nächsten eineinhalb<br />
Stunden begleiten.<br />
Nach zwei Kilometern zwischen grünen<br />
Ufern präsentiert sich am linken Ufer der<br />
stattliche Landgasthof Thalgut (km 10,1).<br />
Flussabwärts in der Ferne sehen wir den<br />
Sendeturm auf dem Bantiger. Nun folgen<br />
die auf dem Abschnitt Thun–Bern typischen<br />
Betonbuhnen, im Volksmund «Sporen»<br />
genannt. Die rechtwinklig von rechts<br />
in die <strong>Aare</strong> ragenden Flussverbauungen<br />
wurden im 19. Jahrhundert errichtet, um<br />
AARE: THUN – BERN<br />
57
Vision für die <strong>Aare</strong> (blau) im Jahr 2030 im<br />
Vergleich zum heutigen (gerade schwarze<br />
Uferlinien) und dem Zustand im 19. Jahrhundert<br />
vor der Begradigung.<br />
die Fliessgeschwindigkeit am Kanalufer zu<br />
verkleinern, damit dieses nicht einbricht.<br />
Seit den 1940er-Jahren sind sie betoniert.<br />
Bei schönem Wetter räkeln sich Sonnenanbeter<br />
darauf, und Rauchschwaden von<br />
Grillfeuern steigen auf.<br />
Am linken Ufer ziehen die Hänge des Belpbergs<br />
vorbei. Gleich nach der Schützenfahrbrücke<br />
(km 14,0; Foto S. 40) mit ihren tückischen<br />
dünnen Pfeilern folgt rechts die<br />
Badi Münsingen (km 14,0). Das Anlegen ist<br />
verboten, weil besonders ältere Schwimmende<br />
in Panik geraten können, wenn sie<br />
wegen Booten am Ufer den Fluss nicht verlassen<br />
können.<br />
Hier beginnt der rund 9 Kilometer lange<br />
Belper Giessen, der zu den grössten verbliebenen<br />
Auenlandschaften der Schweiz zählt.<br />
Auf diesem Abschnitt wird die <strong>Aare</strong> immer<br />
Die <strong>Aare</strong> wird aus<br />
ihrem Korsett befreit<br />
Bis zur <strong>Aare</strong>korrektion 1871 bildete die<br />
<strong>Aare</strong> zwischen Thun und Bern eine<br />
weit ver zweigte Auenlandschaft. Sie<br />
veränderte sich ständig und bot Tieren<br />
und Pflanzen vielfältige Lebensräume.<br />
Damit Kulturland gewonnen werden<br />
konnte, wurde sie begradigt und kanalisiert.<br />
Zwischen künstlichen Dämmen<br />
wurde die Flussbreite auf rund<br />
50 Meter beschränkt. Bis 2030 soll die<br />
<strong>Aare</strong> auf einigen Abschnitten ein paar<br />
Arme und etwas Raum für ihre natürliche<br />
Dynamik zurückerhalten.<br />
mehr aus ihrem Korsett befreit. Bei der<br />
Hunzigenau (km 15,6–16,5) sind am rechten<br />
Ufer ausserdem neue Seitenarme ausgebaggert<br />
worden. Sie können bei normalem Abfluss<br />
befahren werden. Vorsicht vor Totholz<br />
und Untiefen. Unmittelbar nach einer Insel<br />
vor der Hunzigenbrücke (km 16,6) steht am<br />
linken Ufer das Restaurant Campagna mit<br />
seinem grossen Tipi.<br />
58<br />
AARE: THUN – BERN
Der folgende rechte Seitenarm von Raintalau-Flühli<br />
(km 17,4–18,5) darf nicht befahren<br />
werden. Wir nähern uns der gedeckten<br />
Auguetbrücke (km 20,9) beim<br />
Flughafen Belpmoos. Genügend Abstand<br />
zu den eng stehenden Pfeilern halten. Ab<br />
hier säumen wildromantisch hohe Bäume<br />
das Ufer, und viele schöne Plätzchen laden<br />
zum Rasten und Grillieren ein.<br />
Nach dem Muribad (km 21,7) am rechten<br />
Ufer folgen vor Bern noch ein paar hübsche<br />
Flussschlaufen. In einer Rechtsbiegung<br />
liegt rechts das Fähribeizli mit der (km<br />
23,6). Linkerhand folgt die Wiese beim<br />
Camping Eichholz (km 25,1–25,6), wo an<br />
Sommerabenden meist Partys im Gang<br />
sind. Kurz darauf zieht rechts der Tierpark<br />
Dählhölzli (km 25,8) vorbei, Steinböcke<br />
schauen von ihren Felsen auf das Treiben<br />
auf der <strong>Aare</strong> hinunter.<br />
Hier beginnt die wohl bestbesuchte<br />
Schwimmstrecke der Schweiz. Zu Hunderten<br />
laufen Schwimmerinnen und Schwimmer<br />
jeden Alters den Fussweg zwischen<br />
Marzili und Eichholz hoch, um sich von<br />
dort die <strong>Aare</strong> hinuntertreiben zu lassen –<br />
und plötzlich fährt man zwischen unzähligen<br />
Köpfen. Der Schönausteg (km 26,1) ist<br />
beliebt bei Brückenspringern. Wir halten<br />
uns ans linke Ufer und booten unter der<br />
hohen Monbijoubrücke (km 26,7) kurz vor<br />
dem Marzilibad aus. Eine letzte Ausstiegsmöglichkeit<br />
vor dem Schwellenmätteli-<br />
Wehr folgt wenig später am Ende der<br />
Holzwand des Marzilibads. Das «Marzili»,<br />
das aus dem Jahr 1782 stammt, ist im Sommer<br />
einer der beliebtesten Treffpunkte<br />
Berns und trumpft mit einem prächtigen<br />
Blick auf das Bundeshaus.<br />
Ab der Auguetbrücke laden unzählige Plätzchen zum Rasten ein.<br />
AARE: THUN – BERN<br />
59
Die Tour endet am Marzili in Bern mit Aussicht aufs Bundeshaus.<br />
60 AARE: THUN – BERN
Der Sound der <strong>Aare</strong><br />
Es ist ein feines Geklimper, das die <strong>Aare</strong><br />
bei Bern erzeugt, indem sie Kieselsteine<br />
vor sich herschiebt. Um das faszinierende<br />
Unterwassergeräusch zu geniessen,<br />
braucht man beim Schwimmen nur<br />
ein Ohr ins Wasser zu legen. Der Berner<br />
Blogger Andi Jacomet hat die <strong>Aare</strong>-<br />
Musik mit einem Mikrofon eingefangen<br />
und im Internet zugänglich<br />
gemacht: www.jacomet.ch<br />
INFORMATIONEN<br />
An- und Rückreise<br />
ÖV:<br />
Thun: Bahnhof Schwäbis (Halt auf Verlangen)<br />
oder Bushaltestelle Steffisburg,<br />
Schwäbis<br />
Uttigen: Bahnhof Uttigen<br />
Wabern: Tramhaltestelle Wabern, Eichholz<br />
Bern: Marzili-Bähnli und Bahnhof Bern<br />
Parkplätze:<br />
Thun: Uttigenstrasse 9<br />
Uttigen: beim Bahnhof<br />
Wabern: Gurtenbahn-Parking<br />
(Dorfstr. 37)<br />
Bern: Casino-Parking (Kochergasse 1)<br />
Sicherheit<br />
Abfluss: Vor Tour prüfen. Bei Hochwasser<br />
noch grössere Kentergefahr in Uttigenwelle.<br />
Starke Strömung: Rettungswesten besonders<br />
empfehlenswert, auch wegen Wasserwalzen<br />
in Uttigenwelle.<br />
Ausstieg: Bei viel Gummibootsverkehr<br />
schon im Eichhölzli aussteigen, da es am<br />
Marzili nur wenige Ausstiegsmöglichkeiten<br />
gibt.<br />
Zurück zum Auto mit dem ÖV:<br />
Bern Thun: ca. 30 Minuten<br />
Wabern Uttigen: ca. 45 Minuten<br />
ca. 25 Minuten<br />
AARE: THUN – BERN<br />
61
Baden<br />
Für geübte Schwimmerinnen und Schwimmer<br />
grundsätzlich gut geeignet, starke Strömung.<br />
Wegen einzelner grosser überspülter<br />
Steine empfiehlt es sich, mit den Füssen<br />
voran zu schwimmen. Meiden: Bereich<br />
Uttigenwelle. Siehe auch <strong>Aare</strong>- Karte der<br />
Schweizerischen Lebensrettungsgesellschaft<br />
Sektion Bern unter www.slrgbern.<br />
ch/aarekarte.<br />
Touren zusammenhängen<br />
Weiterfahrt siehe Tour 2, Bern–Hinterkappelen,<br />
S. 64ff. In der <strong>Aare</strong> biegung nach dem<br />
Marzili rechtsufrig am signalisierten Ausstieg<br />
auswassern und an den Restaurants<br />
vorbei zum Einstieg am Schwellenmätteli<br />
gehen. Lauschige Übernachtungsmöglichkeit<br />
an der <strong>Aare</strong>: Camping Eichholz,<br />
Wabern, www.campingeichholz.ch,<br />
Tel. 031 961 26 02, auch Zimmer verfügbar.<br />
Rasten<br />
Viele schöne Möglichkeiten, vor allem ab<br />
der Hunzigenau. Kaum Feuerholz am Ufer.<br />
Einkehren<br />
1 Restaurant Bellevue, Steffisburg:<br />
www.rossgagupintli.ch; beim Einstieg<br />
2 Landgasthof Thalgut, Gerzensee:<br />
www.thalgut.ch<br />
3 Restaurant Campagna, Belp:<br />
www.campagnabelp.ch<br />
4 Fähribeizli Muri: <br />
www.faehribeizli.ch<br />
Bootsverleih<br />
www.aareschlauchboot.ch<br />
Auskünfte bei<br />
Unsicherheiten<br />
Kantonspolizei Bern, Seepolizeien<br />
Thunersee und Wohlensee:<br />
Tel. 033 356 86 41<br />
Tipp<br />
Im Umkreis des Marzilibads Bern gibt’s<br />
leckere hausgemachte Glace zum Mitnehmen<br />
und lauschige Gartenwirtschaften.<br />
Dampfzentrale: www.restaurantdampfzentrale.ch;<br />
beim Ausstieg<br />
Gelateria di Berna: gelateriadiberna.ch;<br />
gegenüber Eingang Marzilibad, 24 Glacesorten<br />
Bistrot Marzer: www.marzer.be;<br />
Brückenstrasse 12; am Weg zum Marzili-<br />
Bähnli, Reservation empfohlen,<br />
Tel. 031 311 29 29<br />
Gartenrestaurant Marzilibrücke:<br />
www.restaurant-marzilibruecke.ch;<br />
Gasstrasse 8; am Weg zum Marzili-Bähnli,<br />
Reservation empfohlen, Tel. 031 311 29 29<br />
Viele nette Restaurants und Bars auch in<br />
der Berner Altstadt an der Front (Bundeshaus-,<br />
Bären- und Waisenhausplatz)<br />
Hinweise zur Region<br />
Thunersee www.thunersee.ch<br />
Bern www.bern.com<br />
62 AARE: THUN – BERN
AARE Thun – Bern<br />
BERN<br />
Weiterfahren möglich,<br />
siehe «Touren zusammenhängen»<br />
Marzilibad<br />
Schönausteg<br />
Gurten<br />
AUSSTIEG<br />
WABERN<br />
AUSSTIEG<br />
Wabern: bei<br />
Camping Eichholz<br />
Kiesstrand links,<br />
15 min<br />
Bern: am Marzili unter<br />
Monbijoubrücke links,<br />
Marzili-Bähnli<br />
10 min<br />
4<br />
Tierpark Dählhölzli<br />
Muribad<br />
MURI<br />
Belper<br />
Giessen<br />
BELP<br />
Jabergbrücke<br />
KIESEN<br />
Raintalau-<br />
Flühli<br />
3<br />
Belpberg<br />
Hunzigenbrücke<br />
Hunzigenau<br />
MÜNSINGEN<br />
Bad Münsingen<br />
Schützenfahrbrücke<br />
Auguetbrügg<br />
<strong>Aare</strong><br />
2<br />
EINSTIEG<br />
Uttigen: nach<br />
Eisenbahnbrücke<br />
links, 5 min<br />
Uttigenwelle<br />
UTTIGEN<br />
EINSTIEG<br />
Thun-Schwäbis:<br />
Schlipf hinter<br />
Restaurant Bellevue,<br />
5 min<br />
1<br />
Zulg<br />
Regiebrücke<br />
THUN<br />
Thunersee<br />
Früher einwassern nicht möglich:<br />
Durchfahrt durch Stadt Thun verboten