Pneumologie Lehrbuch für Atmungstherapie - 3. überarbeitete Auflage 2023 - Blick ins Buch
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Das Ruhepotenzial ist ein ständig bestehender elektrischer Spannungsunterschied<br />
zwischen Vorder- und Rückseite der Netzhaut, der dazu führt, dass die Hornhaut<br />
positiv und die Rückseite des Augapfels negativ geladen ist. Durch Augenbewegungen<br />
nähert sich die Vorderseite des Auges der einen Elektrode an, während<br />
die Rückseite sich der anderen Elektrode annähert. Dadurch kommt es zu einer<br />
Spannungsdifferenz zwischen den Elektroden, welche gemessen wird. Diese<br />
Spannungsdifferenz ist ungefähr proportional zum <strong>Blick</strong>winkel. Bewegt sich das<br />
Auge zu einer Seite, registriert die Elektrode auf der gleichen Seite einen positiven<br />
Ausschlag (= Negativbewegung im EOG). Das andere Auge erzeugt durch die<br />
Mitbewegung einen negativen Ausschlag (= Positivbewegung im EOG).<br />
Elektromyogramm (EMG) der Kinnmuskulatur: (Abbildung 3) Nach den Kriterien<br />
der AASM werden drei Elektroden zur Registrierung des Kinn-EMGs empfohlen:<br />
Eine Elektrode 1 cm oberhalb der Mittellinie der Kinnspitze und zwei Elektroden<br />
je 2 cm unterhalb der Kinnspitze jeweils um 2 cm nach rechts und links von der<br />
Mittellinie verschoben. Beim Kinn-EMG handelt es sich um eine bipolare Ableitung<br />
zwischen einer der inferioren Elektroden mit der Elektrode über dem Kinn. Die<br />
andere untere Elektrode dient als Backup-Elektrode. Hauptsächlich werden diese<br />
Ableitungen genutzt, um den Muskeltonus zu bestimmen und so den REM- vom<br />
NREM-Schlaf zu differenzieren.<br />
Die Ableitung des Elektrokardiogramms (EKG) beschränkt sich auf einen Kanal,<br />
standardmäßig die Ableitung Einthoven II zwischen rechter Schulter und linkem<br />
Bein. Es dient damit lediglich der Erkennung grober Herzrhythmusstörungen und<br />
der Herzfrequenz.<br />
Der Atemfluss wird durch Staudruckmessung über einen Drucksensor vor der<br />
Nase erfasst. Die Ein- und Ausatmung erzeugt einen positiven bzw. negativen<br />
Druck (Überdruck/Unterdruck) am Sensor, der als Atemflusskurve dargestellt<br />
wird. Demgegenüber erfassen Thermistoren Temperaturveränderungen. Die<br />
AASM-Kriterien empfehlen zusätzlich zur Staudruckmessung einen Thermistor,<br />
der vor dem Mund positioniert wird und somit die Erfassung von Mundleckagen<br />
zulässt. Die Staudruckmessung ist die sensitivste Methode zur Messung des<br />
Atemstromes; der Atemstrom wird jedoch an der Nase zu gering erfasst, wenn Luft<br />
über den Mund verloren geht. Ein wesentlicher Nachteil des Thermistors ist die<br />
Trägheit des Systems: Die Temperatur verändert sich langsamer als der Atemstrom,<br />
sodass der Sensor nur verzögert Abnahmen und Zunahmen des Atemflusses<br />
messen kann.<br />
Zur Registrierung der Atemanstrengung werden thorakale und abdominelle<br />
Bewegungen erfasst. Piezoelektrische Messaufnehmer erzeugen eine elektrische<br />
Spannung bei mechanischem Druck, respiratorische Induktionsplethysmografen<br />
registrieren Dehnungen. So können die Bewegungen von Thorax und Abdomen<br />
gemessen und miteinander verglichen werden.<br />
Mikrofon: Die Registrierung akustischer Signale dient neben der Aufzeichnung<br />
von Schnarchgeräuschen auch zur Wahrnehmung von Lauten wie z. B. nächtlichem<br />
Reden (Somniloquie) oder Stöhnen (Katathrenie).<br />
E2<br />
E1<br />
Die Sauerstoffsättigung wird mittels Pulsoxymetrie als maximale Mittelwertbildung<br />
von drei Sekunden registriert. Hierbei wird anhand der unterschiedlichen<br />
Absorptionscharakteristika von oxygeniertem und reduziertem Hämoglobin die<br />
Sauerstoffsättigung ermittelt.<br />
Mithilfe von Lagesensoren können Körperpositionen während des Schlafes<br />
registriert werden, was eine Unterscheidung zwischen Rechts-, Links-, Rücken-,<br />
Bauch- und aufrechter Lage ermöglicht.<br />
Abbildung 2<br />
Schematische Elektrodenplatzierung beim EOG<br />
Abbildung 3<br />
Schematische Elektrodenplatzierung beim EMG<br />
Die kontinuierliche Videoaufzeichnung während der Nacht erlaubt die Erfassung<br />
von Bewegungen und Verhaltensstörungen im Schlaf.<br />
Elektromyogramm der Extremitäten: Standardmäßig wird je eine Elektrode im<br />
Bereich der unteren Extremität 2–4 cm oberhalb des Musculus tibialis anterior<br />
platziert. Sie dienen dazu, Extremitätenbewegungen, u. a. periodische Beinbewegungen<br />
im Schlaf (PLMS), zu registrieren. Zusätzliche Elektroden können bei<br />
bestimmten Fragestellungen ergänzt werden, z. B. am Musculus masseter bei<br />
nächtlichem Zähneknirschen (Bruxismus).<br />
58 Diagnostik Diagnostik und Monitoring schlafbezogener Atmungsstörungen<br />
Diagnostik und Monitoring schlafbezogener Atmungsstörungen Diagnostik 59