medizin&technik 03.2023
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<strong>03.2023</strong><br />
www.medizin-und-<strong>technik</strong>.de<br />
EVK 13,30 €<br />
Ingenieurwissen<br />
für die Medizin<strong>technik</strong><br />
TITELTHEMA<br />
Integrierte Photonik<br />
Potenzial für riesige Datenmengen<br />
– Chancen für die Medizin<strong>technik</strong><br />
Seite 16<br />
ChatGPT und Co.<br />
Was Transformer-Sprachmodelle<br />
der Medizin zu bieten haben Seite 12<br />
Auslandsmarkt Luxemburg<br />
Medizin<strong>technik</strong> ist gefragt für neue<br />
Krankenhausprojekte Seite 62<br />
SPECIAL<br />
Laser<strong>technik</strong>: Markieren, bearbeiten<br />
und Oberflächen gestalten Seite 47
EPHJ in Genf<br />
6. - 9. Juni 2023<br />
Stand H 106<br />
Biokompatibel und robust<br />
Keramik kommt zum Einsatz, wenn andere Materialien versagen, wie z.B. in der Medizin<strong>technik</strong>.<br />
maxon entwickelt und produziert keramische Präzsisionskomponenten für Ihre spezielle Anwendung.<br />
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Precision 2 medizin&<strong>technik</strong> Ceramic Components<br />
03/2023
DESIGN FOR<br />
CIRCULAR ECONOMY<br />
Was ChatGPT behauptet und<br />
wieso Roboter Ohren haben<br />
Wenn ich mit ChatGPT über Medtech und KI plaudere,<br />
klingt es nach fundiertem Wissen im Hintergrund. Bis ich<br />
mein Gegenüber frage, ob es meine Kollegin kennt – und es mir<br />
mitteilt, dass diese an der Uni Ulm eine Professur zum Thema<br />
Künstliche Intelligenz innehätte. Unser Chef ebenso. Und ich<br />
übrigens auch. Da es dort nicht zufällig ein namensgleiches Trio<br />
in entsprechender Position gibt, unterstreicht diese Erfahrung,<br />
was Prof. Klemens Budde zum Einsatz von Transformer-<br />
Sprachmodellen – wie Chat GPT – in der Medizin sagt: Es reicht<br />
nicht aus, durch flüssige Formulierungen die Illusion von Wissen<br />
und Intelligenz zu erzeugen. Dennoch haben solche Sprachmodelle<br />
Potenzial für die Automatisierung im Gesundheitswesen.<br />
Wie und warum erläutert der Mediziner ab Seite 12.<br />
Bleiben wir beim Thema Automatisierung. Ein französisches<br />
Start-up will das Gesicht der Robotik verändern, und zwar über<br />
unsere Wahrnehmung der Service-Maschinen: Gesicht, Mimik,<br />
aufgestellte Ohren. Was eine ganze Story über hilfreiche<br />
Wesen aus dem All dazu beiträgt, ist nachzulesen ab Seite 36.<br />
Auf der Messe Automatica ist übrigens ein Robot Restaurant<br />
inmitten der Servicerobotik-Ausstellung geplant. Mehr zu den<br />
Themen des zeitgleich in München angesetzten Messedoppels zu<br />
Automatisierung und Photonik bietet diese Ausgabe mit einem<br />
Sonderteil Robotern und Co. (ab Seite 38) und dem Special Laser<strong>technik</strong><br />
im Vorfeld der Messe Laser ab Seite 47.<br />
Um das Zukunftsthema Integrierte Photonik geht es in unserem<br />
Titelthema: Für Diagnostik und Implantate bietet die gerade<br />
entstehende Technologie einen noch schnelleren Datentransfer<br />
auf kleinstem Raum. Wo die Forscher stehen, erfahren Sie auf<br />
Seite 16. Zukunft, wir kommen!<br />
100% PERFORMANCE<br />
FROM RECYCLED<br />
PLASTICS, GLASS AND METAL<br />
Material flow analysis<br />
Motivation to Circular Economy<br />
Service and Experience Design<br />
Automatic disassembly<br />
Collaboration is key<br />
Dr. Birgit Oppermann<br />
Mehr zu aktuellen Entwicklungen in der Medizin<strong>technik</strong><br />
finden Sie täglich in unserem Online-Magazin unter<br />
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Human Centred Design<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 3
(Bild: Wiebke Peitz)<br />
■ Medizin im Dialog<br />
KI in der Medizin<br />
Ein Transformer Sprachmodell – ähnlich<br />
wie Chat GPT – soll Fragen von Patienten<br />
beantworten. Das Vertrauen der Mediziner<br />
muss sich das System aber noch erarbeiten<br />
, sagt Prof. Klemens Budde von der<br />
Berliner Charité .................................12<br />
12<br />
Sonderteil<br />
Automatisierung<br />
Prof. Budde ist<br />
Co-Leiter der<br />
Arbeitsgruppe<br />
Gesundheit,<br />
Medizin<strong>technik</strong><br />
Pflege der Plattform<br />
Lernende<br />
Systeme<br />
Cobots erlauben effiziente Produktion<br />
auch bei Fachkräftemangel ................38<br />
Medizinprodukt individuell montieren<br />
– aber Lineartransport ist Standard ....40<br />
Roboter hilft, Blutplasma hygienisch<br />
zu verarbeiten ....................................42<br />
Roboter erkennt und greift das richtige<br />
Implantat aus dem Behälter ...............44<br />
Messe Automatica: Trends zu KI und<br />
Nachhaltigkeit ...................................46<br />
■ Technik<br />
Entwicklung & Komponenten<br />
Prüfsystem sorgt für sichere<br />
nadelbasierte Injektionssysteme ........22<br />
Der Klang der Moleküle hilft<br />
der Medizin .......................................24<br />
Drahtgewebefilter: Sicherer Durchfluss<br />
für unterschiedliche Medien ..............26<br />
Werkzeug- und Formenbau<br />
Polykristalliner Diamant macht<br />
Zerspanungswerkzeuge hochgenau ...28<br />
CAM-Programm fürs Werkzeug steht in<br />
12 Minuten – statt in 2 Stunden .........30<br />
Kennzeichnung & UDI<br />
Automatisierte Datenübermittlung zur<br />
Geräteidentifikation ..........................32<br />
Automatisiert drucken und etikettieren<br />
in einem Arbeitsgang .........................34<br />
Antriebs<strong>technik</strong><br />
Serviceroboter Miroki kommt mit<br />
einer ganzen Geschichte ....................36<br />
16<br />
(Bild: ZinetroN/stock.adobe.com)<br />
Special<br />
Laser<strong>technik</strong><br />
Übersicht ...........................................47<br />
Laserbearbeitung: Enorme Vielfalt<br />
der Laserstrahlen nutzen ...................48<br />
World of Quantum: Branchentreff<br />
geht in die zweite Runde ....................50<br />
Rotationseinheit ermöglicht das<br />
Markieren zylindrischer Teile .............52<br />
Materialbearbeitung: Laser<br />
funktionalisiert Oberflächen ..............54<br />
Femtosekundenlaser schneidet fast<br />
jedes Material ....................................56<br />
62<br />
(Bild: Boris Stroujko/stock.adobe.com)<br />
Auslandsmarkt<br />
Luxemburg: Das<br />
Großherzogtum<br />
investiert in<br />
Medizin<strong>technik</strong><br />
und Digitalisierung<br />
4 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
■ Fokus Forschung<br />
Neuromuskuläre Schnittstellen<br />
Winzige Elektroden in der Muskulatur<br />
stoppen Tremor .................................58<br />
Titelthema<br />
Integrierte Photonik<br />
in der Medizin<br />
In der Photonik wird Licht zur Datenübertragung<br />
verwendet. Die Kombination<br />
von komplexer Elektronik und miniaturisierter<br />
Photonik auf einem Chip ermöglicht<br />
völlig neue und energieeffiziente<br />
Systeme für die Signalverarbeitung.<br />
Das bietet auch der Medizin<strong>technik</strong> neue<br />
Möglichkeiten ....................................16<br />
■ Recht<br />
Lieferantenmanagement<br />
Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz:<br />
Dann müssen Hersteller handeln .......60<br />
+ große Hohlwelle<br />
+ gesteigertes Drehmoment<br />
+ hochbelastbares<br />
Abtriebslager<br />
+ lebenslange Präzision<br />
+ ...<br />
47<br />
■ Auslandsmarkt<br />
Gesundheit in Luxemburg<br />
Großherzogtum im Herzen Europas<br />
ist stark bei KI und E-Health ...............62<br />
(Bild: Ophir)<br />
Special Laser<strong>technik</strong>:<br />
Materialbearbeitung, Markieren,<br />
Biofunktionalisierung<br />
Rubriken<br />
Editorial ............................................03<br />
Visionen ............................................06<br />
Nachrichten .......................................08<br />
Innovationen .....................................64<br />
Firmenscout ......................................64<br />
Impressum .........................................66<br />
Meilensteine ......................................67<br />
Zum Titelbild: Kleine Sensorchips, die<br />
Großes bewegen : Integrierte Photonik<br />
verschafft dem Sensor neue Anwendungen<br />
in Medizin und Diagnostik<br />
(Bild: ZinetroN/stock.adobe.com)<br />
AUTOMATICA MÜNCHEN<br />
27. - 30. 06.2023<br />
Halle B6 | Stand 309<br />
SHG-2UH/2SO/2SH<br />
Präzisionsgetriebe<br />
für Medizin<strong>technik</strong><br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 5<br />
www.harmonicdrive.de
VISIONEN<br />
LEBENSRETTENDES FILTERSYSTEM<br />
Dialyse | Wenn die Nieren versagen, käme das einem Todesurteil gleich, gäbe es nicht die<br />
lebensrettende Dialyse. Sie kann zeitweise viele Funktionen des Organs übernehmen,<br />
mit gewissen Nebenwirkungen. Zukünftig soll sie individueller und damit verträglicher,<br />
kleiner in der Apparatur und energieeffizienter werden.<br />
Eine von ihnen ist ungefähr so groß wie eine<br />
Packung Papiertaschentücher. Die meisten<br />
Menschen haben zwei davon und ihre Aufgaben<br />
sind vielfältig: Die Nieren regulieren<br />
unter anderem den Wasserhaushalt des Körpers,<br />
den Blutdruck, den Säure-Basen-Haushalt,<br />
den Gehalt an gelösten Elektrolyten im<br />
Blut – und sie sorgen dafür, dass giftige sowie<br />
so genannte harnpflichtige Substanzen<br />
vom Körper ausgeschieden werden können.<br />
Dazu fließen bei einem Erwachsenen täglich<br />
etwa 1800 Liter Blut durch die beiden bohnenförmigen<br />
Reinigungsorgane – das<br />
300-fache des menschlichen Blutvolumens.<br />
Daraus filtern die Nieren täglich etwa 180<br />
Liter Primärharn, der auf weniger als zwei Liter<br />
Urin konzentriert wird.<br />
Dass ein externes Gerät so komplexe Funktionen<br />
zum Großteil übernehmen kann,<br />
liegt auch daran, dass die Nieren vor allem<br />
Filterfunktionen erfüllen. Diese lassen sich<br />
über Osmose mit Hilfe einer semipermeablen<br />
Membran erreichen, also einer Membran,<br />
die nicht für alle Stoffe gleich durchlässig<br />
ist.<br />
Bei der klassischen extrakorporalen, also außerhalb<br />
des Körpers durchgeführten Dialyse,<br />
der so genannten Hämodialyse, besteht<br />
diese Membran aus biokompatiblem Material<br />
und bildet das Herzstück des Dialysegerätes.<br />
An ihr strömen Blut und Dialyselösung<br />
kontinuierlich in entgegengesetzter<br />
Richtung aneinander vorbei. Einen gewissen<br />
Flüssigkeitsentzug schafft das Gerät durch<br />
Ultrafiltration mit Hilfe eines hydrostatischen<br />
Druckunterschieds.<br />
Für die etwa vier bis fünf Stunden dauernde<br />
Hämodialyse brauchen Betroffene einen<br />
stabilen Kreislauf und ein ausreichendes<br />
Blutvolumen. Schließlich wird ein Teil ihres<br />
Blutes über eine ihrer Arterien aus dem<br />
Körper herausgeleitet, gefiltert und dann<br />
über eine ihrer danebenliegenden Venen<br />
wieder zurückgeleitet. Dazu benötigen<br />
sie einen entsprechend guten arteriellen<br />
wie auch venösen Zugang in Form eines<br />
so genannten arteriovenösen Shunts. In<br />
der Regel ist dies ein so genannter Cimino-Shunt.<br />
Er wird operativ, meist am Unter-<br />
oder Oberarm angelegt.<br />
Anke Biester<br />
Wissenschaftsjournalistin<br />
in Memmingen<br />
www.nieren-navi.de<br />
www.nierenstiftung.de<br />
Der weltweite Markt für Dialyseprodukte<br />
und -dienstleistungen hatte im Jahr 2021<br />
ein Volumen von etwa 79 Mrd. Euro. Kein Wunder,<br />
schließlich waren in diesem Jahr rund<br />
4,7 Mio. Menschen mit chronischem Nierenver -<br />
sagen in Behandlung. Davon erhielten rund<br />
3,8 Mio. eine Dialyse. In Deutschland wächst<br />
die Anzahl kommerzieller Dialysezentren, die<br />
zum Teil von Herstellern von Dialyseprodukten<br />
betrieben werden.<br />
Pro Hämodialyse fallen 6 bis 10 kW/h Strom und rund 200 l<br />
Wasser an. In CO 2 umgerechnet, sind das 6 bis 7 t pro Jahr,<br />
pro Patient. Das entspricht in etwa seinem privaten CO 2 -Verbrauch<br />
– womit dieser sich verdoppelt.<br />
Die Bauchfelldialyse, die so genannte Peritonealdialyse,<br />
braucht hingegen keinen Strom, da sie die Schwerkraft nutzt.<br />
Sie verbraucht nur 10 l Wasser. Die Spüllösung kommt im<br />
Plastikbeutel und wird in den Bauchraum eingebracht und<br />
wieder daraus abgelassen. Ihr Gesamt-CO 2 -Fußabdruck liegt<br />
bei 1 bis 2 t CO 2 -Äquivalenten pro Jahr. Obwohl sie für 80 bis<br />
90 % der Dialyse-Patienten in Betracht kommt, nutzen sie nur<br />
8 %. Zum Vergleich: In Australien sind es 40 %.<br />
6 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Um die Gefahr von Nebenwirkungen<br />
wie Herzrhythmusstörungen<br />
durch die Dia lyse zu minimieren,<br />
entwickelt ein Start-up von Studierenden<br />
der FH Bielefeld eine softwaregesteuerte<br />
Anpassung der Dialyseflüssigkeit<br />
an die jeweiligen<br />
Blutwerte der Patienten. Die Kaliumund<br />
Calcium-Konzentration der Dialyseflüssigkeit<br />
lässt sich sogar während<br />
der Behandlung anpassen. Dadurch<br />
bleibt der Elektrolythaushalt<br />
der Betroffenen intakt und ihr Herz<br />
im Rhythmus.<br />
Forscher in den USA entwickeln eine Dialyse, die den<br />
aus dem Blut zu entfernenden Harnstoff einfach mittels<br />
spezieller LED oxidiert. Das benötigt wenig bis kein<br />
Wasser, der Harnstoff wird quasi in situ beseitigt und es<br />
entstehen nur harmlose Stoffwechselprodukte. Das<br />
System soll 500 Mal effizienter sein als bisherige Oxi -<br />
dations-Dialysen und in einen Rollkoffer passen. Es liegt<br />
bereits als Prototyp vor.<br />
Künstliche Niere implantieren? Das Ziel vom<br />
„The Kidney Project“ ist die Entwicklung eines<br />
voll implantierbaren Organs, das keine Immunsuppression<br />
und keine Antikoagulation erfordert.<br />
Erreicht wird dies durch eine miniaturisierte,<br />
permeable Silikonmembran.<br />
Durch das Silikon ist die Membran biologisch<br />
inert. Sie funktioniert allein mit dem Blutdruck,<br />
den das Herz aufbaut. Gleichzeitig trennt sie<br />
das Blut und damit das Immunsystem des<br />
Trägers vom zweiten Teil, dem Herzstück der<br />
Kunstniere, nämlich einem Bioreaktor mit<br />
humanen Tubuluszellen einer Niere.<br />
Diese dicken wie in einer echten Niere den<br />
zuvor filtrierten Primärharn ein und geben<br />
die Flüssigkeit und einiges andere wieder an<br />
die Zirkulation zurück – mit Ausnahme jener<br />
maximal 3 l, die als Urin über einen<br />
Schlauch an die Blase abgeleitet werden.<br />
Diese weltweit erste vollimplantierbare,<br />
künstliche Niere hat ihre Feuertaufe im<br />
Großtiermodell Schwein bereits bestanden.<br />
(Bild: sudik1/stock.adobe.com)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 7
■ [ NACHRICHTEN ]<br />
Mobile Versorgung<br />
für Südafrika<br />
Projekt Precare | Mit einer mobilen Versorgungsplattform<br />
wollen die Fraunhofer-Institute IST und ISE die<br />
vorklinische Versorgung in Südafrika verbessern.<br />
Der künftige Fahrer und Operator des Precare-Systems erläutert den<br />
Aufbau der mobilen Versorgungsplattform<br />
Die Herausforderungen sind groß: Circa 1,5 Millionen Menschen<br />
sterben pro Jahr allein in der Sub-Sahara-Region<br />
Afrikas an den vier häufigsten Erkrankungen Malaria, HIV/Aids,<br />
Covid-19 und Tuberkulose. Der Grund dafür ist oftmals eine<br />
mangelnde Gesundheitsversorgung, gerade in abgelegenen Gebieten.<br />
Im Rahmen des Precare-Projekts entwickeln Fraunhofer-<br />
Forschende daher eine mobile vorklinische Versorgungsplattform,<br />
die auf einen handelsüblichen Pickup montiert werden<br />
kann und so auch in unzugänglicheren Gebieten Vorsorgeuntersuchungen,<br />
Tests und Impfungen ermöglicht. In dem vom Fraunhofer<br />
ISE realisierten Gesamtkonzept sind weitere modulare Versorgungselemente<br />
enthalten, wie eine Wasseraufbereitungs -<br />
anlage, eine Einheit zur bedarfsgerechten vor-Ort-Desinfektionsmittelproduktion,<br />
ein Kühlschrank sowie eine Telekommunika -<br />
tionseinheit.<br />
„Unter dem Motto ‘Made in Africa for Africa‘ ist es unser langfristiges<br />
Ziel, eine Serienfertigung vor Ort zu etablieren, um so nicht<br />
nur die örtliche Gesundheitsversorgung und -vorsorge zu verbessern,<br />
sondern auch um Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig<br />
eine lokale Wertschöpfung zu ermöglichen“, erklärt Dr. Lothar<br />
Schäfer, Koordinator des Projekts und stellvertretender Institutsleiter<br />
des Fraunhofer IST. „Wir binden bewusst lokale Akteure<br />
ein, um die Bedürfnisse vor Ort zu ermitteln und gleichzeitig<br />
die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen.“<br />
Während der Erprobungsphase soll medizinisches Fachpersonal<br />
in Südafrika dezentrale Untersuchungen von Kranken und verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen, beispielsweise von Schwangeren,<br />
durchführen und diese unter anderem über weitere Behandlungsmöglichkeiten<br />
und Vorsorgeuntersuchungen aufklären.<br />
Die mitgeführten Medikamente, Impfstoffe und Untersuchungsgeräte<br />
wie Blutdruckmesser oder EKG erlauben darüber<br />
hinaus eine schnelle Grundversorgung vor Ort. Ein weiteres Ziel<br />
der Plattform ist die frühzeitige Erkennung von Krankheiten und<br />
das Bereitstellen von Diagnosetechnologien für die Bevölkerung<br />
– insbesondere für Menschen in ländlichen Gebieten.<br />
Die Fraunhofer-Zukunftsstiftung ermöglicht die Entwicklung<br />
der mobilen Precare-Versorgungsplattform durch eine Förderung<br />
in Höhe von rund 0,6 Mio. Euro.<br />
www.ise.fraunhofer.de<br />
(Bild: Fraunhofer IST, Lothar Schäfer)<br />
Neues aus dem<br />
Online-Magazin<br />
Themenseite Nachhaltigkeit<br />
Wo stehen Medizin<strong>technik</strong> und Gesundheitswesen?<br />
Eine Leitlinie für nachhaltige Gesundheitsversorgung und biologisch<br />
abbaubare, recyclingfähige Biokunststofffolien aus<br />
PBS – das sind nur zwei der Themen, die auf unserer Themenseite<br />
Nachhaltigkeit im Online-Magazin der Medienmarke<br />
medizin&<strong>technik</strong> zu finden sind. Dabei hat die Medizin<strong>technik</strong>-Branche<br />
in Bezug auf die Nachhaltigkeit – trotz regulatorischer<br />
Herausforderungen – einiges zu bieten.<br />
Welche Ansätze oder Lösungen es dafür bereits gibt, lesen Sie<br />
in unseren Artikeln auf dieser Seite.<br />
Einfach mal reinklicken:<br />
www.medizin-und-<strong>technik</strong>.industrie.de/nachhaltigkeitmedizin<strong>technik</strong>/<br />
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Herbstmessen<br />
Positiver Ausblick auf<br />
Medica und Compamed 2023<br />
Mit einer Steigerung der Ausstellerzahlen und einem<br />
Zuwachs auf der Besucherseite in 2022 konnten die<br />
Medica und die Compamed den Schwung ins neue<br />
Veranstaltungsjahr mitnehmen. „Die Rückbuchungsquote<br />
ist sehr hoch“, so Christian Grosser, Director<br />
Health & Medical Technologies der Messe Düsseldorf.<br />
Die beiden Messen finden vom 13. bis 16. November<br />
statt. Schwerpunkte der Medica 2023 sind:<br />
Labor<strong>technik</strong> und Diagnostika, Medizin<strong>technik</strong> und<br />
Elektromedizin, Bedarfs- und Verbrauchsartikel,<br />
Physiotherapie und Orthopädie<strong>technik</strong> sowie IT-Systeme<br />
und IT-Lösungen.<br />
Für Trend-Updates hinsichtlich der vorgelagerten<br />
Entwicklungs- oder Fertigungsstufen der Medtech-<br />
Industrie bleibt die Compamed mit gut 700 Ausstellern<br />
ein Pflichttermin. Hier präsentieren sich die Zulieferunternehmen<br />
mit Hightech- und Servicelösungen.<br />
Einen Ausblick auf die Compamed 2023 bietet<br />
das in fester Kooperation der Messe Düsseldorf mit<br />
dem Fachverband für Mikro<strong>technik</strong> (IVAM) digital<br />
durchgeführte Compamed Innovationsforum am 12.<br />
Juni mit dem Schwerpunkt Sensortechnologie.<br />
8 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Das Bearbeitungszentrum Bumotec 191 neo<br />
bietet noch mehr Leistung in einer perfekten<br />
Kombination aus Effizienz und Autonomie.<br />
191 neo<br />
LEISTUNG<br />
HAT ZUKUNFT<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 9
■ [ NACHRICHTEN ]<br />
In Kürze<br />
EPHJ 2023<br />
Fachmesse für Hochpräzision bringt in Genf<br />
Automatisierung<br />
Die Aerotech Inc. erweitert den<br />
Stammsitz in Pittsburgh. Nach dem<br />
jüngst erfolgten Ausbau der Produktionsfläche<br />
und dem Zukauf weiterer<br />
Anlagen und Maschinen wird nun die<br />
Reinraumfläche verdoppelt. Profitieren<br />
sollen davon auch die Niederlassungen<br />
in Deutschland und Großbritannien.<br />
Das Tochterunternehmen<br />
Kiski Precision Industries, Leechburg,<br />
Zulieferer für mechanische Bauteile,<br />
gab zudem die Übernahme des benachbarten<br />
Unternehmens Alpha<br />
Carb Enterprises bekannt.<br />
Digitalisierung<br />
Künftig wird sich der Ort der ärztlichen<br />
Versorgung mithilfe von E-<br />
Health, Telemedizin und Wearables<br />
zunehmend zu den Patienten nach<br />
Hause verlagern. Dies verlangt neue,<br />
digitale Technologien und Infrastrukturen.<br />
Im Karlsruher KIT-Zentrum<br />
„Health Technologies“ arbeiten künftig<br />
Wissenschaftler aus verschiedensten<br />
Disziplinen wie der Medizin<strong>technik</strong>,<br />
der additiven Fertigung, der<br />
Robotik , den Lebenswissenschaften<br />
sowie den Datenwissenschaften eng<br />
zusammen, um die Forschung auf<br />
diesem Gebiet zu beschleunigen.<br />
Großgeräte-Initiative<br />
Ein Team um Prof. Dr.-Ing. Michael<br />
Horstmann hat erfolgreich an der<br />
zweiten Ausschreibungsrunde der<br />
Großgeräte-Initiative der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) für<br />
Hochschulen für Angewandte Wissenschaften<br />
teilgenommen. Die<br />
Frankfurt University of Applied Sciences<br />
kann durch die Förderung von<br />
rund 1 Mio. Euro inklusive Programmpauschale<br />
einen modularen 1:1-Bauteilprüfstand<br />
in Betrieb nehmen und<br />
interdisziplinär daran arbeiten. Der<br />
Prüfstand soll großformatige Bauteile<br />
unter mehraxialen Belastungen vermessen<br />
und dabei die Verformungsfelder<br />
darstellen. Am Fachbereich Informatik<br />
und Ingenieurwissenschaften<br />
werden nun auch Werkstoffe für<br />
die biomechanische Medizin<strong>technik</strong><br />
erkenntnisorientiert erforscht.<br />
Traditionsunternehmen und Start-ups zusammen<br />
Vom 6. bis 9. Juni öffnet die EPHJ ihre Tore<br />
für die Messe, die vier Tage lang die Gelegenheit<br />
zum Informationsaustausch<br />
und Networking bietet und dabei die<br />
Hochpräzisionsindustrie ins Rampenlicht<br />
stellt. Getragen von der sehr guten Gesundheit<br />
des Uhren- und Schmuckmarktes,<br />
verzeichnet die EPHJ nach Angaben<br />
der Palexpo SA, Le Grand-Saconnex, im<br />
Vergleich zu 2022 einen Anstieg der Ausstellerzahl<br />
auf fast 750 Unternehmen, die<br />
sich für die Teilnahme an der wichtigsten<br />
internationalen Fachmesse der Schweiz<br />
entschieden haben.<br />
Wie jedes Jahr um diese Zeit trifft sich die<br />
Welt der Hochpräzision aus den Branchen<br />
der Uhrmacherei, des Schmucks, der Medizin<strong>technik</strong><br />
und der Mikrotechnologien<br />
in Genf. Eine Tradition, die jedes Jahr<br />
fortgesetzt und erneuert wird, dank des<br />
Talents der Handwerker und Industrieunternehmen<br />
der Hochpräzision, die auf ihren<br />
Gebieten ständig Fortschritte erzielen.<br />
Nicht zu vergessen die jungen Unternehmen,<br />
die den Start-up-Pool beleben<br />
und sich Gedanken über die Zukunft der<br />
Hochpräzision machen. In den Rundtischgesprächen<br />
auf der Veranstaltung werden<br />
zahlreiche aktuelle Themen mit Experten<br />
erörtert. Dabei geht es um Energieeffizienz,<br />
haptische Robotik und Nachhaltigkeit.<br />
Ebenfalls werden auf der diesjährigen<br />
EPHJ sowohl die Gewinner des großen<br />
Ausstellerpreises als auch der Challenge<br />
Watch Medtech vorgestellt.<br />
Werkzeug- und Formenbau<br />
Aussteller der Messe Moulding Expo zeigen in Stuttgart alle<br />
Stufen der Wertschöpfungskette<br />
(Bild: Messe Stuttgart)<br />
Über alle Branchen hinweg werden Werkzeuge<br />
und Formen benötigt, die es ermöglichen,<br />
qualitativ hochwertige Produkte in<br />
großen Stückzahlen zu produzieren. Dabei<br />
wird es zunehmend wichtiger, den<br />
Herstellungsprozess noch effizienter und<br />
kostengünstiger zu gestalten und in ganzheitlichen<br />
Lösungen zu denken. Verlässliche<br />
und innovative Werkzeugbau-Partner<br />
mit hochautomatisierter Fertigung und<br />
entsprechendem Know-how spielen dabei<br />
eine entscheidende Rolle.<br />
Auf der Moulding Expo präsentieren sich<br />
führende Werkzeug-, Modell- und Formenbau-Unternehmen<br />
vom 13. bis 16. Juni<br />
2023 mit ihrer Expertise und bieten<br />
Lösungen für unterschiedliche Industriezweige.<br />
„Wir freuen uns, im Juni rund 400<br />
ausstellende Unternehmen auf der Moulding<br />
Expo begrüßen zu dürfen“, so Florian<br />
Niethammer, Leiter Messen & Events<br />
bei der Messe Stuttgart. „Mit 37 Prozent<br />
liegt der Auslandsanteil genauso hoch wie<br />
bei der Vorveranstaltung.“ Besonders erfreulich<br />
sei, dass etwa 45 % der ausstellenden<br />
Unternehmen aus dem Werkzeug-,<br />
Modell- und Formenbau kommen.<br />
„Darüber hinaus präsentieren sich namhafte<br />
Technologie-Partner und Dienstleister<br />
der Branche“, fasst Niethammer zusammen.<br />
Die ausstellenden Unternehmen zeigen<br />
im L-Bank Forum (Halle 1) maßgeschneiderte<br />
Lösungen für unterschiedliche<br />
Branchen – zum Beispiel für die Automobil-<br />
und Luftfahrtindustrie, die Elektroindustrie,<br />
die Medizin<strong>technik</strong>, den Maschinenbau<br />
und den Bereich Photovoltaik.<br />
(Bild: Palexpo/EPHJ)<br />
10 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Standort stärken und<br />
Nachwuchs gewinnen<br />
Branche | Hausgemachte Probleme bremsen die Innovationskraft<br />
der Medtech-Branche aus, kritisiert der<br />
BVMed – und fordert bessere Rahmenbedingungen.<br />
DAS IST NEU!<br />
Cool Micro<br />
micro milling<br />
DER KLEINSTE DER<br />
WELT MIT INTEGRIERTER<br />
KÜHLUNG<br />
(Bild: BVMed)<br />
Zur Behandlung schwerstkranker Patienten muss auf den Intensivstationen<br />
moderne Medizin<strong>technik</strong> zur Verfügung stehen<br />
Die deutsche Medizin<strong>technik</strong>-Branche ist europaweit Innovations-<br />
und Zukunftstreiber. 36 Mrd. Euro der insgesamt 95<br />
Mrd. Euro Umsatz kommen aus Deutschland. Mit einem Anteil<br />
von 9,9 % des Weltmarkts liegt die deutsche Medizin<strong>technik</strong>-<br />
Branche damit nach den USA (38,8 %) noch vor China und Japan<br />
an Platz zwei. Der BVMed-Vorstandsvorsitzende Dr. Meinrad<br />
Lugan bezeichnet die Medizin<strong>technik</strong>-Branche als „Aushängeschild<br />
für die deutsche Wirtschaft“. Doch für Deutschland<br />
steht viel auf dem Spiel. Denn: Der Medizin<strong>technik</strong>-Standort<br />
Deutschland ist stark gefährdet.“<br />
Das liege neben den massiv gestiegenen Kosten für Energie, Rohstoffe<br />
und Logistik sowie der Inflation und den steigenden Löhnen<br />
vor allem an „hausgemachten Problemen“: Ein kompliziertes<br />
regulatorisches System für Medizinprodukte, eine überbordende<br />
Bürokratisierung und Regulierungswut sowie schleppende<br />
Digitalisierung im Gesundheitssystem und mangelnde Datennutzung.<br />
„Wir senden damit keine Signale für einen innovationsfreundlichen<br />
Standort aus“, so Lugan. Er fordert: „Um Top-Talente<br />
im Land zu halten und Innovationen hier zu entwickeln, brauchen<br />
wir bessere Rahmenbedingungen.“<br />
Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung biete dafür gute Ansätze,<br />
eineinhalb Jahre später sei davon bislang aber wenig zu<br />
spüren. „Den Worten müssen nun Taten folgen“, drängt der deutsche<br />
Medizin<strong>technik</strong>-Verband und regt einen 5-Punkte-Plan mit<br />
verschiedenen Forderungen zur Stärkung des Medizin<strong>technik</strong>-<br />
Standorts Deutschland an. Parallel zu dem wirtschaftspolitischen<br />
Forderungspaket startet der BVMed eine neue Imagekampagne,<br />
um die Faszination und die Bedeutung der Medizin<strong>technik</strong>-Branche<br />
zu verdeutlichen. Zudem sollen Nachwuchskräfte<br />
für die Medizin<strong>technik</strong> begeistert werden.<br />
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Materialien<br />
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BORN03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 11
■ [ MEDIZIN IM DIALOG ]<br />
SPRACHMODELLE WIE CHAT-GPT –<br />
FÜR DIE MEDIZIN NOCH NICHT FIT<br />
KI in der Medizin | In Deutschland entsteht ein Transformer-Sprachmodell, das – ähnlich wie<br />
Chat GPT – Fragen von Patienten beantworten soll. Das Vertrauen der Mediziner muss sich das<br />
System aus dem Projekt Smart NTX erst erarbeiten. Prof. Klemens Budde, Nephrologe an der<br />
Berliner Charité und Co-Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizin<strong>technik</strong>, Pflege bei der<br />
Plattform Lernende Systeme schildert, wo solche Systeme künftig unterstützen können.<br />
Prof. Klemens Budde ist leitender Oberarzt an der Charité Berlin<br />
und Co-Leiter der Arbeitsgruppe Gesundheit, Medizin<strong>technik</strong>,<br />
Pflege der Plattform Lernende Systeme<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Transformer-Sprachmodelle<br />
für die Medizin<br />
Warum Chat-GPT nicht ausreicht<br />
Visionen vom Arztbrief bis zum Chat mit<br />
den Patienten<br />
(Bild: Wiebke Peitz)<br />
■ Herr Professor Budde, wie fit ist ein<br />
System wie ChatGPT in medizinischen<br />
Fragen?<br />
ChatGPT ist ein Transformer-Sprachmodell.<br />
Solche Systeme können grundsätzlich<br />
auch in medizinischen Fragen Auskunft<br />
geben. Das funktioniert aber nur,<br />
wenn sie dafür entwickelt oder daran<br />
angepasst wurden. Für den konkreten<br />
Fall ChatGPT war zu lesen, dass es eine<br />
medizinische Prüfung bestanden habe.<br />
Das heißt aber noch lange nicht, dass<br />
es im medizinischen Umfeld eingesetzt<br />
werden kann. Denn dieses Sprachmodell<br />
kann vor allem eins: sehr flüssig<br />
formulieren. Das ist ein deutlicher Fortschritt<br />
im Bereich der künstlichen Intelligenz,<br />
das muss man würdigen. Aber<br />
so ein Sprachmodell kann eben auch<br />
mit seinen schönen Formulierungen die<br />
Illusion von Wissen und Intelligenz entstehen<br />
lassen, auch wenn es gerade nur<br />
halluziniert. Dann ist es sogar gefährlich,<br />
falls sich jemand bei medizinischen<br />
Fragen darauf verlässt. Man<br />
muss sich also immer die Begrenzungen<br />
solcher Systeme vor Augen führen.<br />
■ Wie nützlich könnten Transformer-<br />
Sprachmodelle für medizinische Anwendungen<br />
sein?<br />
Transformer-Sprachmodelle bieten interessante<br />
Möglichkeiten. Sie könnten<br />
zum Beispiel helfen, Arztbriefe zu formulieren,<br />
und Mediziner damit von<br />
Routinetätigkeiten entlasten. Das wäre<br />
eine Anwendung, die nicht direkt am<br />
Patienten stattfindet und damit geringere<br />
rechtliche Hürden zu überwinden<br />
hat. Dennoch wäre auch das eine Herausforderung<br />
für ein Sprachmodell. Es<br />
braucht dafür als Basis einen Textkor-<br />
12 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
pus in deutscher Sprache, der mit medizinischen<br />
Fachbegriffen umgehen kann<br />
und auch Abkürzungen richtig versteht.<br />
Diese können je nach Abteilung unterschiedliche<br />
Bedeutungen haben. So<br />
steht HWI in der Kardiologie für einen<br />
Hinterwandinfarkt, während in der<br />
Nephrologie damit ein Harnwegsinfekt<br />
gemeint ist. Eine weitere Hürde ist,<br />
dass medizinische Diagnosen oft verneinend<br />
formuliert sind. Untersuchungen<br />
sollen Vermutungen ausschließen,<br />
wie zum Beispiel einen Herzinfarkt.<br />
Diese Feinheiten muss das Sprachmodell<br />
erkennen und nicht nur den Begriff<br />
„Herzinfarkt“ mit dem Patienten verbinden,<br />
der eben keinen solchen hatte.<br />
Schöne Formulierungen<br />
erzeugen nur die Illusion<br />
von Wissen und Intelligenz<br />
■ Gibt es schon entsprechende Ansätze?<br />
Ja, daran arbeiten mehrere Institutionen,<br />
auch in Deutschland. Mehrere Mitglieder<br />
der Plattform Lernende Systeme,<br />
darunter das Deutsche Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz und<br />
wir von der Charité, arbeiten dazu seit<br />
fünf Jahren zusammen. Dabei geht es<br />
um einen deutschen Textkorpus, der die<br />
Basis für Arztbriefe sein kann. Für das<br />
Training eines Systems werden aber immer<br />
große Datenmengen gebraucht.<br />
Die erforderlichen Daten gibt es, man<br />
muss sie aber noch zusammenführen.<br />
Und gemäß der Datenschutzvorgaben<br />
ist auch das Anonymisieren erforderlich.<br />
Das klingt zwar nach einer Kleinigkeit.<br />
Aber im medizinischen Kontext<br />
muss man sich darüber klar sein, dass<br />
auch das Anonymisieren zum Verlust<br />
von Inhalten führen kann. Für das Training<br />
einer KI ist das unter Umständen<br />
problematisch.<br />
■ Und was können Chat-Bots im<br />
Kontakt mit Patienten leisten?<br />
Chat-Bots haben das Potenzial, Routinefragen<br />
zu beantworten und damit<br />
medizinisches Personal zu entlasten.<br />
Hier müssen wir aber voraussetzen,<br />
dass der Bot zu 100 Prozent korrekt arbeitet<br />
und seine Antworten auf Fakten<br />
basieren. Es darf zum Beispiel nicht vorkommen,<br />
dass der Bot einen Patienten,<br />
der sich mit 39 Grad Fieber meldet, beschwichtigt.<br />
An einem solchen sicheren<br />
System arbeiten wir gerade im Projekt<br />
Smart NTX. Die Grundlagen dafür haben<br />
wir im Vorgängerprojekt Medical<br />
Assistant for Chronic Care Solutions erarbeitet,<br />
kurz Maccs. In diesem ersten<br />
Teil ging es darum, Patienten nach einer<br />
Nierentransplantation telemedizinisch<br />
zu betreuen. Dazu gehörte auch die<br />
Chat-Möglichkeit mit medizinischen<br />
Fachkräften. Derzeit ist ein Zwischenschritt<br />
angedacht: Der Chat-Bot generiert<br />
dann Antworten. Diese werden<br />
aber erst nach der Kontrolle durch Fachleute<br />
an den Patienten weitergegeben.<br />
Solche so genannte bedeutsame<br />
menschliche Kontrolle oder Meaningful<br />
Human Control ist wichtig, um zu sehen,<br />
ob man dem Chat-Bot und seinen<br />
Antworten vertrauen kann. Erst dann<br />
kann er direkt mit Patienten kommunizieren.<br />
■ Wie gut gehen Akteure im Gesundheitssystem<br />
schon mit KI um?<br />
Um die Arbeit zum Beispiel des Chat-<br />
Bots zu kontrollieren, muss man verstehen,<br />
was das System tut, und man<br />
muss beurteilen können, ob das Ergebnis<br />
auch für den individuellen Patienten<br />
passt. Beim Umgang mit KI lässt sich<br />
die Ausbildung sicher noch verbessern.<br />
Aber Mediziner sehen die Technik<br />
durchaus als Basis für interessante<br />
Assistenzmodelle , auch schon in der<br />
nächsten Zeit. Das hat eine aktuelle<br />
Befragung gezeigt.<br />
Weitere Informationen<br />
Die Plattform Lernende Systeme ist<br />
ein Netzwerk von Expertinnen und<br />
Experten zum Thema Künstliche Intelligenz<br />
(KI). Sie bündelt Fachwissen<br />
und fördert den interdisziplinären<br />
Austausch und gesellschaftlichen<br />
Dialog. Knapp 200 Mitglieder<br />
aus Wissenschaft, Wirtschaft und<br />
Gesellschaft entwickeln in Arbeitsgruppen<br />
Positionen zu Chancen und<br />
Herausforderungen von KI und benennen<br />
Handlungsoptionen. Die<br />
Plattform wurde 2017 vom Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) auf Anregung des<br />
Hightech-Forums und der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaften<br />
(Acatech) gegründet und<br />
wird von einem Lenkungskreis gesteuert.<br />
www.plattform-lernende-systeme.<br />
de<br />
■ Wie schaffen es neue Lösungen, die<br />
Künstliche Intelligenz nutzen, ins Gesundheitswesen?<br />
Man muss Anwendungsfälle schaffen,<br />
um die Qualität der Ergebnisse zu bewerten.<br />
Auf dieser Grundlage kann<br />
dann eine Zertifizierung als Medizinprodukt<br />
folgen – denn das wäre ein<br />
Chat-Bot im Kontakt mit Patienten.<br />
Darüber hinaus muss für die Fachkräfte<br />
der Kontext erkennbar sein, in dem ein<br />
System genutzt werden kann und darf.<br />
Dafür wäre ein Art Beipackzettel sinnvoll.<br />
Darin sollte stehen, was das System<br />
sicher kann, wo es Schwächen hat<br />
oder was gar nicht geht. Eine KI, die<br />
zum Beispiel mit großen Datenmengen<br />
von US-amerikanischen Veteranen trainiert<br />
wurde, hat fast ausschließlich Daten<br />
von Männern verarbeitet. Über<br />
Frauen wird sie vermutlich wenig verlässliche<br />
Auskünfte geben können. Das<br />
muss der Arzt wissen, der so ein Assis-<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 13
■ [ MEDIZIN IM DIALOG ]<br />
Whitepaper: Was KI<br />
den medizinischen Fachkräften bringt<br />
Fachkräfte im Gesundheitswesen entlasten<br />
und die Patientenversorgung verbessern<br />
– dazu könnte Künstliche Intelligenz<br />
(KI) beitragen. Dem Einsatz dieser Technologie<br />
stehen medizinische und pflegerische<br />
Fachkräfte grundsätzlich aufgeschlossen<br />
gegenüber. Das hat eine Befragung<br />
gezeigt, die die Plattform Lernende<br />
Systeme durchgeführt hat.<br />
Die Resultate haben die Autoren im April<br />
auf der Gesundheitsmesse DMEA in Berlin<br />
vorgestellt. Zu den Ergebnissen gehört,<br />
dass die Fachkräfte technische und<br />
organisatorische Veränderungen im stationären<br />
und ambulanten Arbeitsalltag<br />
fordern. Das sei die Voraussetzung dafür,<br />
dass Patientinnen und Patienten sowie<br />
Fachpersonal von KI-Systemen profitieren<br />
können.<br />
KI-Anwendungen könnten auch dazu<br />
beitragen, dem Mangel an qualifiziertem<br />
tenzsystem nutzen will. Und auch<br />
Haftungsfragen sind noch zu klären.<br />
■ Welche Erfahrungen machen Sie mit<br />
KI in der Nephrologie?<br />
Es gibt bisher kaum zugelassene Systeme<br />
mit KI. Aber für die Forschung zum<br />
Beispiel in Universitätskliniken spielt KI<br />
schon eine große Rolle.<br />
Personal entgegenzuwirken und die Zufriedenheit<br />
der Beschäftigten zu erhöhen,<br />
heißt es in einem Whitepaper, das<br />
die Ergebnisse der Befragung zusammenfasst.<br />
Es steht unter dem Titel „KI für<br />
Gesundheitsfachkräfte. Chancen und<br />
Herausforderungen von medizinischen<br />
und pflegerischen Anwendungen“ zum<br />
Download bereit.<br />
Prof. Klemens Budde, Co-Leiter der Arbeitsgruppe<br />
Gesundheit, Medizin<strong>technik</strong>,<br />
Pflege der Plattform Lernende Systeme,<br />
ist einer der Autoren des White -<br />
papers. Seiner Ansicht nach haben die<br />
befragten Fachkräfte „wertvolle Hinweise<br />
gegeben, wie der Einsatz von KI gelingen<br />
kann”.<br />
Zum Whitepaper:<br />
http://hier.pro/B9M25<br />
Dass Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen bei Routinetätigkeiten<br />
unterstützen könnte, zeigt die aktuelle Befragung. Aber dafür müssen einige<br />
Voraussetzungen erfüllt sein<br />
(Bild: MQ-Illustrations/stopck.adobe.com)<br />
■ Was wäre wünschenswert?<br />
KI-Lösungen, die über Sprachmodelle<br />
die Effizienz steigern, sind willkommen.<br />
Ob das nun Arztbriefe, das Beantworten<br />
von Patientenfragen, das Recherchieren<br />
in der Fachliteratur oder die<br />
Umwandlung von Text in Sprache ist,<br />
damit zum Beispiel ein sehbehinderter<br />
Patient zu bestimmten Informationen<br />
Zugang hat. Auch Übersetzungen wären<br />
hilfreich, um den Austausch mit Patienten<br />
zu erleichtern, die andere Sprachen<br />
sprechen als der Arzt.<br />
■ Wie könnte KI künftig im Zusammenhang<br />
mit Medizinprodukten aussehen?<br />
Ein Medizingerät gibt heute bei Bedarf<br />
Alarme aus. Diese betreffen zum Teil<br />
den Techniker, wenn im Gerät etwas<br />
falsch läuft. Oder es geht um Messwerte,<br />
die den Zustand eines Patienten betreffen.<br />
In beiden Fällen könnte eine integrierte<br />
KI Vorschläge dazu machen,<br />
wie zum Beispiel ein Defekt am besten<br />
zu beheben ist, in dem sie ähnlich formulierte<br />
Fehlermeldungen vergleicht<br />
und interpretiert. Mit regelbasierten<br />
Lösungen geht das schon, aber eine<br />
Weiterentwicklung wäre vielleicht<br />
möglich. Bei einem Beatmungsgerät als<br />
Beispiel für die Vision von einem intelligenten<br />
System könnte dieses Vorschläge<br />
dazu machen, wie die Parameter für<br />
die Therapie zu wählen sind oder sogar<br />
Reports ausgeben. Aber, wie schon erwähnt:<br />
So ein System muss zu 100 Prozent<br />
auf Faktenbasis arbeiten und sich<br />
idealerweise sogar auf konkrete Stellen<br />
in der Fachliteratur beziehen. Halluzinieren<br />
darf es auf keinen Fall.<br />
■ KI und ChatGPT sind derzeit in der<br />
Hype-Phase. Wie lange wird es dauern,<br />
bis KI in der Medizin so alltäglich ist wie<br />
heute ein Smartphone?<br />
Ein paar Jahre wird es bis dahin schon<br />
noch dauern. ChatGPT ist ja nur ein Anfang,<br />
ein erster erfolgreicher Schritt in<br />
der Entwicklung der Transformer-<br />
Sprachmodelle. Ich bin mir sicher, dass<br />
die Technologie in der Medizin ankommt<br />
und dass bis dahin kein Jahrzehnt<br />
vergehen wird. Die Sicherheit<br />
muss aber gewährleistet sein. Dann<br />
steht dem Einsatz – auch in Deutschland<br />
– nichts im Weg.<br />
Dr. Birgit Oppermann<br />
birgit.oppermann@konradin.de<br />
14 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Autonomes Fahren – angepasst für Blinde<br />
Hightech-Brille soll Blindenhund ersetzen<br />
Cornel Amariei,<br />
Gründer des Startups<br />
.Lumen, mit<br />
seiner Brille<br />
(Bild: Oana Graur)<br />
Eine neue Brille mit Hightech erfasst die<br />
Umgebung und gibt Signale an ihren Träger<br />
weiter. Sie kann damit Blinden helfen,<br />
sich ohne Blindenstock oder -hund zurechtzufinden.<br />
„Unsere Technologie kopiert<br />
die Fähigkeiten eines Blindenhundes“,<br />
erläutert Cornel Amariei, Absolvent<br />
der Bremer Constructor University und<br />
Gründer des Start-ups .Lumen. Die Tech-<br />
nik der Brille ähnelt der des autonomen<br />
Autofahrens. Kameras erfassen die Umgebung,<br />
Computerchips berechnen den gewünschten<br />
Weg, die Informationen werden<br />
über haptische Signale und Töne an<br />
den Träger weitergegeben. Während ein<br />
Hund über die Hand die Bewegung des<br />
Menschen steuert, erfolgt dies bei der<br />
Brille über Impulse des Headsets. „Was<br />
diese Technik in Kombination mit Neurowissenschaft<br />
ermöglicht, ist einfach unglaublich“,<br />
schwärmt Amariei. Die Brille<br />
ist in den USA patentiert, das Patent der<br />
EU soll folgen. Den Europäischen Innovation<br />
Council hat die Brille überzeugt. Er<br />
förderte .Lumen mit 9,3 Mio. Euro.<br />
www.dotlumen.com<br />
Hyperthermie gegen Krebs<br />
Stent aus Polymer<br />
heizt Tumor ein<br />
Ein neuer Stent aus Polymer<br />
verspricht eine verbesserte<br />
Therapie von Hohlorgan-Tumoren.<br />
Er enthält magnetische<br />
Nano partikel. Beim Anlegen<br />
von elektromagnetischen<br />
Feldern führen sie zu<br />
einer kontrollierten Aufheizung<br />
des Stents und damit<br />
des Tumors, in dessen Umfeld<br />
sich der Stent befindet.<br />
Weil das Tumorgewebe viel<br />
empfindlicher auf Hitze reagiert<br />
als gesundes Gewebe,<br />
wird der Tumor zerstört.<br />
Ioana Slabu vom Institut für<br />
Angewandte Medizin<strong>technik</strong><br />
(AME) der RWTH Aachen<br />
und Benedict Bauer<br />
vom Aachener Institut für<br />
Textil<strong>technik</strong> sind für diese<br />
Technologie für die Therapie<br />
von Hohlorgan-Tumoren<br />
mit dem zweiten Platz des<br />
RWTH Innovation Award<br />
2022 ausgezeichnet worden.<br />
Ioana Slabu: „Damit<br />
können wir nicht nur die Behandlungskosten<br />
drastisch<br />
reduzieren, sondern vor allem<br />
ermöglichen wir eine<br />
große Erleichterung für Millionen<br />
Patienten weltweit.“<br />
Es gibt bereits einen Herstellungsprozess<br />
für den Polymer-Stent<br />
und einen Nachweis<br />
für die magnetische<br />
Hyperthermie.<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 15
TITELTHEMA<br />
Integrierte Photonik:<br />
Licht für den Datenfluss<br />
Energieeffizienter Datenverkehr | In der Photonik wird Licht zur Informationsübertragung verwendet.<br />
Die Kombination von komplexer Elektronik und miniaturisierter Photonik auf einem Chip ermöglicht nun<br />
völlig neue Systeme für die Signalverarbeitung und Kommunikation: Durch höhere Datenraten entstehen<br />
Anwendungen für die Sensorik bis hin zu den Quantentechnologien. Die Medizin<strong>technik</strong> profitiert<br />
davon ebenfalls durch die Entwicklung neuer Lösungen für die Diagnostik.<br />
16 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Das Licht nutzen<br />
Die Möglichkeit, optische Systeme<br />
zu miniaturisieren, eröffnet<br />
viele neue Anwendungen.<br />
Susanne Schwab<br />
(Bild: ZinetroN/stock.adobe.com)<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Optische Technologien<br />
Miniaturisierung<br />
Leistungsstarke Datenübertragung<br />
Sensorik und Elektronik<br />
Anwendung in Medizin und Diagnostik<br />
Kleine Sensorchips, die Großes<br />
bewegen : Integrierte Photonik verschafft<br />
dem Sensor neue Anwendungen<br />
in Medizin und Diagnostik<br />
Elektrolyte wie Natrium, Kalium, Calcium,<br />
Chlorid sowie der pH-Wert<br />
spielen im menschlichen Körper eine<br />
wichtige Rolle. Ob bei Nierenerkrankungen,<br />
Herzinsuffizienz, Alkoholvergiftung<br />
oder Diabetes mellitus – für die medizinische<br />
Diagnose vieler Erkrankungen ist es<br />
deshalb unerlässlich, den Elektrolythaushalt<br />
zu überprüfen. Ist etwa die Natriumionen-Konzentration<br />
zu gering, können<br />
Hirnzellen anschwellen und ein Koma<br />
verursachen. Aktuell verwendete Messgeräte<br />
benötigen für jeden Elektrolyten einen<br />
separaten Messfühler. Um alle Fühler<br />
überströmen zu können, ist eine bestimmte<br />
Menge Blut erforderlich. Hierfür reicht<br />
das Blutvolumen, das von Kleinkindern<br />
oder älteren Patienten entnommen werden<br />
kann, oft nicht aus.<br />
An die Aufgabe, dafür eine Lösung zu<br />
entwickeln, machten sich Experten aus<br />
Medizin, Fluidmechanik, Oberflächenchemie,<br />
Photonik und Elektronik der<br />
Eschweiler GmbH & Co. KG aus Kiel, der<br />
Scienion AG, Berlin, der Charité – Universitätsmedizin<br />
Berlin und des Fraunhofer-<br />
Instituts für Nachrichten<strong>technik</strong>, Heinrich-Hertz-Institut<br />
HHI, Berlin, und<br />
schlossen sich im Projekt „Option“ zusammen.<br />
Ihr Ziel: Ein neues Messprinzip aus<br />
der Photonik erforschen und vorantreiben,<br />
das die präzise Analyse von sehr kleinen<br />
Blutmengen ermöglicht. Außerdem<br />
wollten die Forschenden ein Gerätekonzept<br />
entwickeln, mit dem sich Endanwender<br />
auch in schwer erreichbaren Gebieten<br />
schnell und unkompliziert auf verschiedene<br />
Gesundheitsparameter testen können.<br />
Optischer Sensor erkennt<br />
kleinste Abweichungen<br />
„Man darf sich das wie einen einfachen<br />
Blutzuckertest vorstellen“, erklärt Projektleiter<br />
Jakob Reck vom Fraunhofer<br />
HHI: „Ein Piks – und der kleine Tropfen,<br />
der an der Fingerbeere austritt, reicht aus,<br />
um umgehend alle relevanten Parameter<br />
zu bestimmen.“ Dafür werden Mikroring-<br />
Resonatoren als photonische Sensoren<br />
eingesetzt. Die hoch empfindlichen integrierten<br />
Wellenleiter basieren auf Siliziumnitrit<br />
und werden direkt in den Reinräumen<br />
des Fraunhofer HHI hergestellt.<br />
Die Wellenleiter bilden einen Ring, in<br />
dem das nahinfrarote Licht mit sich selbst<br />
und der Umgebung interagieren kann.<br />
Wenn nun ein Analyt auf diesem Ring<br />
angelagert wird, verschieben sich dessen<br />
effektiver Brechungsindex und seine optische<br />
Resonanz. „Der Ring wird verstimmt,<br />
im Prinzip wie eine Gitarrensaite“,<br />
verdeutlicht Reck. „Wenn ein Analyt<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 17
TITELTHEMA<br />
Photonik in Kürze<br />
Unter Photonik versteht man die<br />
Nutzung von Licht zur Übertragung<br />
von Informationen in so genannten<br />
photonischen integrierten Schaltkreisen.<br />
Die Lichtteilchen – die Photonen<br />
– sind dabei das Äquivalent<br />
zu den Elektronen in mikroelektronischen<br />
Systemen. Diese Art Systeme<br />
wird in zukunftsgerichteten Industriezweigen<br />
benötigt, darunter der<br />
optischen Kommunikation, der Sensorik,<br />
der Entwicklung von Quantencomputern,<br />
dem autonomen Fahren,<br />
künstlicher Intelligenz sowie erweiterter<br />
beziehungsweise virtueller<br />
Realität. Auch an Anwendungen<br />
in Medizin<strong>technik</strong> und Diagnostik<br />
wird geforscht.<br />
auf den Ring, sprich die Saite trifft, verändert<br />
sich der Ton. Und diese Gitarrensaiten<br />
können wir in der Photonik extrem<br />
empfindlich gestalten – für eine entsprechend<br />
klare Signalgebung und Analytik.“<br />
Die spezifische Zuordnung des Signals eines<br />
Sensors zu einem Elektrolyten gewährleistet<br />
die Funktionalisierung der<br />
Sensoroberfläche: Die Experten von Scienion<br />
belegten die Ring-Resonatoren dafür<br />
mit speziellen Fängermolekülen. Nur der<br />
Analyt, der adressiert wird, kann sich mittels<br />
Schlüssel-Schloss-Prinzip an einem<br />
Ring festhalten und beeinflusst so das<br />
Lichtfeld am Wellenleiter. Da bereits<br />
kleinste Abweichungen in den optischen<br />
Eigenschaften gemessen werden können,<br />
werden selbst minimale Stoffmengen mit<br />
hoher Genauigkeit detektiert.<br />
Für die funktionalisierten photonischen<br />
Sensoren wurde an der Berliner<br />
Charité eine Mikrofluidik entwickelt, die<br />
den Chips kleine Flüssigkeitsmengen zielgerichtet<br />
zuführt: Mehrere unterschiedlich<br />
beschichtete Mikroring-Sensoren<br />
werden mit einer Probe überströmt. So<br />
lässt sich aus weniger als 20 µl Volumen<br />
die Elektrolytkonzentration bestimmen.<br />
Und auch wenn am Ende des Projekts<br />
noch kein fertiges Analysegerät steht, ist<br />
Reck zuversichtlich, dass die Technik ihren<br />
Weg in die Industrie findet.<br />
Grundsätzlich gilt: Daten zu übertragen<br />
und miteinander zu vernetzen, sind<br />
zentrale Prozesse in Zeiten des digitalen<br />
Wandels. Dabei lassen immer größer werdende<br />
Datenmengen die Anforderungen<br />
an Sender- und Empfangsgeräte steigen.<br />
Um eine schnellere Übertragungsgeschwindigkeit<br />
über größere Entfernungen<br />
hinweg zu erzielen, setzt die Photonik auf<br />
Lichtsignale anstelle von Elektronen und<br />
Leitungen. Wissenschaftler aus Paderborn,<br />
Aachen, Karlsruhe und Hamburg<br />
haben in ihrem Projekt Pace eine präzise<br />
und schnelle so genannte Abtasthalteschaltung<br />
entwickelt.<br />
Photonische Datenübertragung<br />
– energieeffizient und schnell<br />
Bei der photonischen Datenübertragung<br />
werden Informationen durch optische<br />
Signale von einem Sender zu einem Empfänger<br />
übermittelt. Dort angekommen,<br />
wird das Signal, also das Licht beziehungsweise<br />
seine unterschiedlichen Farben,<br />
in Form einer physikalischen Größe,<br />
der Intensität, gemessen. Schaltkreise<br />
Der Messaufbau zeigt die in eine Silizium-Photonik-Technologie integrierte, hochpräzise, optisch getaktete Schaltung<br />
(Bild: Heinz Nixdorf Institut)<br />
18 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
(Bild: Fraunhofer HHI)<br />
(Bild: leto digital Leontopoulos)<br />
Jakob Reck arbeitet als Wissenschaftler<br />
am Fraunhofer Heinrich<br />
Hertz Institut und arbeitete<br />
am Forschungsprojekt Option<br />
mit daran, einen für den Endanwender<br />
einfach zu handhabenden<br />
photonischen Sensor zu<br />
entwickeln<br />
stellen die Verbindungen zwischen Sender<br />
und Empfänger her. Schnelle Schaltungen<br />
für die Signalerfassung können<br />
demnach nur entwickelt werden, wenn<br />
auch Messgeräte mit einer besonders hohen<br />
Präzision existieren.<br />
Wie die Wissenschaftler aktuell im Projekt<br />
Ultrabreitbandiger Photonisch-Elektronischer<br />
Analog-Digital-Wandler (Pace)<br />
erforschen, ist das durch den Einsatz von<br />
Photonik in Kombination mit bereits erprobten<br />
Halbleitertechnologien auf Siliziumbasis<br />
möglich. Neben der gestiegenen<br />
Leistung bringt die Silizium-Photonik<br />
weitere Vorteile mit sich. „Lichtbasierte<br />
elektronische Systeme können durch den<br />
deutlich geringeren Energieverbrauch bei<br />
der Datenübertragung die Belastung von<br />
Umwelt und Klima reduzieren.<br />
Außerdem ermöglichen die Schaltungen<br />
auch Hardware-Lösungen für ganz<br />
neue Anwendungen, zum Beispiel in der<br />
Ein im Projekt Option entwickelter photonischer Sensorchip mit acht Sensorkanälen in der<br />
Materialplattform Siliziumnitrid<br />
Swiss PIC:<br />
Photonik-Industrie<br />
in der Schweiz<br />
Im Kanton Aargau entsteht ein neues<br />
Technologietransferzentrum: Das<br />
„Swiss Photonics Integration Center“,<br />
kurz Swiss PIC, soll den Know-how-<br />
Transfer von akademischen Partnern<br />
anbieten und in den Dienst der Photonik-Industrie<br />
stellen.<br />
Eine komplexe Aufgabe im Bereich der<br />
integrierten photonischen Systeme<br />
ist die Einbettung in geschlossene<br />
Bauteile mit etablierten Schnittstellen<br />
zu Lichtleiterfasern. Dieses so genannte<br />
Photonic Packaging ist eine<br />
Voraussetzung dafür, dass die Industrie<br />
diese Technologie kommerziell<br />
nutzen kann, und einer der Ansatzpunkte<br />
von Swiss PIC. „Neben dem<br />
Photonic Packaging sind die derzeit<br />
kritischen Schritte die Montage, die<br />
Prüfung sowie die Zulassung photonischer<br />
Systeme“, sagt Kirsten Moselund,<br />
Leiterin des Labors für Nanound<br />
Quantentechnologien am Paul<br />
Scherrer Institut PSI und Mitinitiatorin<br />
des neuen Technologietransferzentrums.<br />
„Swiss PIC wird in all diesen<br />
Punkten Expertise entwickeln und sie<br />
der Photonik-Industrie anbieten.“<br />
Die Schwerpunktbereiche von Swiss<br />
PIC werden mikro-optische hybride<br />
Photoniksysteme, photonische integrierte<br />
Schaltungen sowie die Quantenphotonik<br />
sein. Das Technologietransferzentrum<br />
wird vor allem Startups<br />
und KMU seine Dienste anbieten.<br />
Diese werden ein breites Spektrum<br />
abdecken: Reine Beratung ist genauso<br />
möglich wie das Design oder sogar<br />
der Aufbau einer maßgeschneiderten<br />
Infrastruktur des Photonic Packaging,<br />
die den Start der Kleinserienproduktionen<br />
erleichtert. Zu den Gründungspartnern<br />
von Swiss PIC zählen der gemeinnützige<br />
Verein Swissphotonics,<br />
der beim Projektantrag federführend<br />
war, das Paul Scherrer Institut PSI, die<br />
Ostschweizer Fachhochschule OST sowie<br />
die auf integrierte Optik spezialisierten<br />
Unternehmen Ligentec und<br />
Polariton Technologies.<br />
www.swissphotonics.net<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 19
TITELTHEMA<br />
(Bild: Sonja Smalian/PhoenixD)<br />
Prof. Dr. Michael Kues, Leiter des<br />
Instituts für Photonik und Vorstandsmitglied<br />
des Exzellenzclusters<br />
PhoenixD der Leibniz<br />
Universität Hannover, mit Doktorand<br />
Hatam Mahmudlu und<br />
Humboldt-Postdoc Dr. Raktim<br />
Haldar (von links) haben die<br />
neue integrierte Quantenlichtquelle<br />
entwickelt<br />
Medizin<strong>technik</strong> oder für autonome Fahrzeuge“,<br />
erläutert Maxim Weizel. Er ist<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fachgruppe<br />
Schaltungs<strong>technik</strong> des Paderborner<br />
Heinz Nixdorf Instituts unter der Leitung<br />
von Prof. Dr.-Ing. Christoph Scheytt<br />
vom Institut für Elektro<strong>technik</strong>. Beteiligt<br />
sind außerdem die RWTH Aachen, das<br />
Karlsruher Institut für Technologie KIT<br />
und die Universität Hamburg.<br />
Nachdem die Forschungsgruppe in der<br />
ersten Projektphase von 2019 bis 2021<br />
vorrangig daran gearbeitet hat, verschiedene<br />
Komponenten zu entwickeln, liegt in<br />
der zweiten Förderphase bis 2024 nun der<br />
Fokus darauf, die Einzelteile in ein kompaktes<br />
Gesamtsystem zu integrieren. „Ziel<br />
ist es, Signale mit einer Bandbreite von bis<br />
zu 400 GHz erfassen zu können und somit<br />
den Forschungsstand in der extrem präzisen<br />
Signalerfassung voranzubringen“, erklärt<br />
Maxim Weizel. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
(DFG) fördert das<br />
Projekt Pace über die gesamte Laufzeit<br />
mit rund 2,9 Mio. Euro.<br />
Weitere Informationen<br />
Zu den Arbeiten am Fraunhofer HHI:<br />
www.hhi.fraunhofer.de<br />
Zum Projekt Pace der TU Paderborn:<br />
www.hni.uni-paderborn.de<br />
Zum Exzellenzcluster PhoenixD<br />
www.phoenixd.uni-hannover.de<br />
Die Photonik in Form integrierter photonischer<br />
Schaltkreise (Photonic Integrated<br />
Circuits, kurz PICs) direkt in Chips,<br />
Sensoren und andere technische Bauelemente<br />
einzubauen, ist eine kosten- und<br />
energieeffiziente Lösung. Weil Licht in<br />
PICs Elektrizität ersetzt, entfallen Nachteile<br />
wie starke Wärmeentwicklung,<br />
Wandlung von optisch fernübertragenen<br />
Daten in elektrische Signale und umgekehrt,<br />
sowie der Bauraumbedarf elektronisch-optischer<br />
Baugruppen. Dank der<br />
vergleichsweise geringen Wärmeentwicklung<br />
senkt die Technologie auch den<br />
Energiebedarf von Rechenzentren. Dieser<br />
verursacht laut Prognosen des französischen<br />
Marktforschungsunternehmens Yole<br />
Intelligence rund 2 % des globalen<br />
CO 2 -Ausstoßes.<br />
Ganze Quantenlichtquelle passt<br />
auf einen Chip<br />
Getrieben durch diese Anwendung, soll<br />
der globale Umsatz der Silizium-Photonik<br />
bis 2027 auf 972 Mrd. US-Dollar steigen –<br />
was gegenüber 2021 einem 6,5-fachen<br />
Zuwachs entspräche. Großes Potenzial<br />
für die integrierte Photonik versprechen<br />
sich die Experten auch für die Quantentechnologie.<br />
Ein internationales Team<br />
von Forschenden der Leibniz Universität<br />
Hannover, der Universität Twente in den<br />
Niederlanden und des Start-ups QuiX<br />
Quantum aus Enschede hat erstmals eine<br />
vollständig auf einem Chip integrierte<br />
verschränkte Quantenlichtquelle vorgestellt.<br />
„Es ist uns gelungen, die Größe der<br />
Lichtquelle um einen Faktor von mehr als<br />
1000 zu verkleinern, was Reproduzierbarkeit,<br />
verbesserte Stabilität der Lichtquelle<br />
und Skalierbarkeit erlaubt“, freut sich<br />
Prof. Dr. Michael Kues. Er leitet das Institut<br />
für Photonik und ist Vorstandsmitglied<br />
des Exzellenzclusters PhoenixD der Leibniz<br />
Universität Hannover. Die neue Technik<br />
könnte photonische Quantenprozessoren<br />
kleiner, günstiger und vielseitiger<br />
einsetzbar machen, wie das Team erklärt.<br />
Bislang waren Quantenlichtquellen für<br />
photonische Anwendungen entweder zu<br />
groß, um sie direkt in photonische Chips<br />
zu integrieren, oder aber sie waren zu unpräzise<br />
und leistungsschwach. Mit der<br />
Neuentwicklung steht nun eine elektrisch<br />
angeregte, laserintegrierte photonische<br />
Lichtquelle zur Verfügung, die komplett<br />
auf einen Chip passt und der Quantenkommunikation<br />
und dem Quantencomputer<br />
neue Möglichkeiten bieten soll. ■<br />
Susanne Schwab<br />
susanne.schwab@konradin.de<br />
Online<br />
weiterlesen<br />
Mehr zur Photonik-Branche und zu<br />
den Forschungen an photonischen<br />
Chips am Fraunhofer HHI finden Sie<br />
im Online-Magazin unter<br />
www.medizin-und-<strong>technik</strong>.de/online<br />
weiterlesen<br />
20 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
MIKROFLUIDIK<br />
LEE Komponenten für die Analyse- und Medizin<strong>technik</strong> (EFS)<br />
Bereits vor mehr als vierzig Jahren entwickelten unsere Ingenieure erste Miniaturmagnet-ventile und<br />
EFS-Komponenten. Zunächst für den Inkjet-Einsatz konzipiert, finden sie heute vielfältige Anwendung<br />
in Fluidik-Systemen der Analyse- und Medizin<strong>technik</strong>.<br />
Stetige Erweiterungen der Produktpalette und Fort schritte<br />
in Sachen Miniaturisierung, Volumenpräzision,<br />
Standzei tund Geräusch emission erschließen<br />
uns immer neue Einsatzfelder.<br />
THE LEE COMPANY<br />
LEE Hydraulische Miniaturkomponenten GmbH<br />
Am Limespark 2• D-65843 Sulzbach<br />
✆ +49(0)6196 /773 69 - 0<br />
✉ info@lee.de•www.lee.de<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 21
■ [ TECHNIK ]<br />
Prüfsystem sorgt für sichere<br />
nadelbasierte Injektionssysteme<br />
Prüf<strong>technik</strong> | Nadelbasierte Injektionssysteme werden zunehmend zu Hause eingesetzt, denn der<br />
Trend zur Selbstverabreichung von Medikamenten ist ungebrochen. Für diese Formen der Anwendung<br />
müssen die Produkte sicher und gleichzeitig einfach zu handhaben sein. Um sicherzustellen, dass die<br />
Injektionsprodukte den Gebrauchs- und Hygieneanforderungen entsprechen, müssen sie normgerecht<br />
geprüft werden.<br />
(Bild: Zwick Roell)<br />
Prüfmaschine von<br />
Zwick Roell zur Prüfung<br />
der Dosiergenauigkeit<br />
von Pensystemen<br />
Autoinjektoren erleichtern es medizinisch<br />
ungeübten Personen, flüssige laktischen Schocks Leben retten können,<br />
lininjektoren, die im Falle eines anaphy-<br />
■ Qualifizierungsservices Injek tion und die richtige Dosierung des<br />
Medikamente sicher und schnell zu verabreichen.<br />
Beispiele hierfür sind Adrenaoder<br />
Injektoren für Soldaten im Kampfeinsatz,<br />
gefüllt mit Morphin oder Atropin.<br />
Aber auch durch den zunehmenden<br />
IHR STICHWORT<br />
Gebrauch von Biopharmazeutika kommen<br />
Autoinjektoren vermehrt zum Einsatz.<br />
Deren Wirkstoffe lassen sich nicht in<br />
■ Nadelbasierte Injektionssysteme (NIS) Tablettenform verabreichen, da sie ansonsten<br />
■ Teil- oder vollautomatisierte<br />
im Magen-Darm-Trakt der Patien-<br />
Prüfsysteme<br />
ten verdaut und nicht in die Blutbahn gelangen<br />
■ Software gewährleistet Datenintegrität<br />
würden. Auch hier ist die korrekte<br />
Medikaments entscheidend für den mög-<br />
lichen Therapieerfolg. Um das zu gewährleisten,<br />
setzten Pharmahersteller zunehmend<br />
auf einen hohen Automatisierungsgrad<br />
in der Handhabung der Autoinjektoren.<br />
Der Patient muss nur die Sicherheitskappe<br />
abnehmen, den Injektor ansetzen<br />
und die Injektion per Knopfdruck starten.<br />
Zur Sicherheit der Patienten müssen<br />
alle relevanten Funktionen geprüft werden.<br />
Maßgeblich hierfür ist die ISO<br />
11608-5, welche die Anforderungen und<br />
Verfahren zur Prüfung der automatisierten<br />
Funktionen von kanülenbasierten Injektionssystemen<br />
zur medizinischen Verwendung<br />
beschreibt.<br />
Hochauflösendes optisches<br />
Messsystem mit einer Kamera<br />
Mit der neusten Version des multifunktionalen<br />
Prüfsystems der Zwick Roell GmbH<br />
& Co. KG, Ulm, lassen sich umfangreiche<br />
Prüfungen normgerecht durchführen. Die<br />
Prüfsoftware Testxpert ermöglicht mit<br />
der Option „Nachvollziehbarkeit“ die Aufzeichnung<br />
aller Aktionen und Änderungen<br />
und gewährleistet so gemäß FDA CFR<br />
Part 11 nachvollziehbare und manipula -<br />
tionssichere Prüfergebnisse. Zu den Prüfungen<br />
gehört die Bestimmung des Kraftaufwands<br />
zum Entfernen der Sicherheitskappe<br />
vor der Injektion. Hierbei kann das<br />
System sowohl nach unten als auch nach<br />
oben anziehbare Injektorkappen der aktuell<br />
bekannten Autoinjektoren – mit und<br />
ohne Auslöseknopf – prüfen.<br />
Die Universal-Kappengreifer ziehen Injektorkappen<br />
unterschiedlichster Designs<br />
zuverlässig ab. Überdies testet das System<br />
die Aktivierungskraft- und den Aktivierungsweg<br />
beim Auslösen. Im Vergleich<br />
zur älteren Version des Prüfsystems verfügt<br />
die erweiterte Version über ein hochauflösendes<br />
optisches Messsystem, das<br />
die Injektionstiefe und die Injektionsdauer<br />
mit einer hohen Genauigkeit und Auf-<br />
22 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
(Bild: Zwick Roell)<br />
lösung misst und anschließend dokumentiert.<br />
Dabei erfolgt die optische Vermessung<br />
der Injektionsergebnisse und die Videoaufzeichnung<br />
des Injektionsvorgangs<br />
mit einem einzigen Kamerasystem über<br />
die integrierte Prüfsoftware TestXpert.<br />
Zudem bietet das erneuerte System<br />
weitere Vorteile, wie den durch das Poka-<br />
Yoke-Verfahren unterstützten sicheren<br />
Einbau injektorspezifischer Wechselteile.<br />
Das Verfahren ist ein mehrteiliges Sicherheitskonzept:<br />
Wechselteile bekommen eine<br />
eindeutige Kodierung, die ein<br />
2D-Scanner vor dem Austausch überprüft.<br />
Erst wenn dieser das korrekte<br />
Wechselteil bestätigt, kann der Prüfablauf<br />
gestartet werden.<br />
Die Funktionstüchtigkeit der Prüfmaschine<br />
selbst gewährleisten automatisierte<br />
Daily Checks. Diese testen täglich vor<br />
Prüfbeginn oder auch bei einem Produktwechsel,<br />
ob die Sensoren wie Kraftaufnehmer,<br />
Lasersensoren, Mikrofon, Waage<br />
und optisches Vermessungssystem einwandfrei<br />
funktionieren. Für eine vollautomatische<br />
Probenzuführung lässt sich<br />
das System komfortabel um ein modulares<br />
flexibles Robotersystem erweitern.<br />
Der Trend ist klar: Ein tragbarer Injektor wie<br />
dieser kommt immer öfter auch zu Hause<br />
zum Einsatz und nicht mehr nur in Praxen<br />
und Kliniken<br />
Geprüfte Sicherheit für Spritze,<br />
Autoinjektor und Wearable<br />
Wer neben Autoinjektoren auch Fertigspritzen<br />
mit oder ohne Nadelschutz prüfen<br />
muss, kann auf eine Kombinationsprüfmaschine<br />
für den flexiblen Einsatz<br />
auf einer kleinen Prüffläche zurückgreifen.<br />
Diese Prüfmaschine von Zwick Roell<br />
bietet einen hohen Grad an Flexibilität, da<br />
sie sich werkzeuglos erweitern und somit<br />
für neue Prüfaufgaben verwenden lässt.<br />
Mit ihr lassen sich beispielsweise Losbrechkraft,<br />
Gleitkraft und Injektionsvolumen<br />
prüfen.<br />
Autoinjektoren haben viele Vorteile.<br />
Der durch den Patienten an der Injektionsstelle<br />
ausgelöste Autoinjektor ist jedoch<br />
nur eine Form des Injektionssystems.<br />
Diese Variante kommt in bestimmten<br />
Fällen an ihre Grenzen: Sobald größere<br />
Medikamentenvolumina verabreicht<br />
werden oder die Injektion länger dauert –<br />
beispielsweise aufgrund hochviskoser<br />
Medikamente –, können einige Patienten<br />
mitunter nur schwer den tragbaren Injektor<br />
sicher in der Hand fixieren.<br />
Abhilfe schaffen Injektionssysteme, die<br />
am Körper des Patienten fixiert sind, sogenannte<br />
on-body delivery systems<br />
(OBDS). Mit ihnen lassen sich Medikamentenvolumina<br />
von 2 ml bis 20 ml injizieren<br />
und gleichzeitig mögliche Risiken<br />
minimieren, wie sie etwa bei der Verabreichung<br />
von Arzneimitteln durch die herkömmlichen<br />
nadelbasierten Injektionssysteme<br />
(NIS) auftreten können. Im Rahmen<br />
einer Therapie, die eine tägliche<br />
Selbstbehandlung vorsieht, bringt der behandelnde<br />
Arzt oder der Patient selbst das<br />
körpergetragene Injektionssystem – auch<br />
„medizinische Wearables“ genannt – über<br />
Klebeflächen direkt auf der Haut an und<br />
fixiert es so sicher. Die Injektion des Medikaments<br />
erfolgt über Nadeln oder weiche<br />
Kanülen.<br />
Selbstverständlich müssen auch diese<br />
Wearables in Hinblick auf ihre Funktionsfähigkeit<br />
und Sicherheit geprüft werden.<br />
Die hierfür notwendigen Prüfungen beschreibt<br />
die neue ISO 11608-6 (Prüfung<br />
körpergetragener Autoinjektoren (on-body<br />
delivery system OBDS) zur Abgabe<br />
größerer Medikamentenvolumina).<br />
Zwick Roell bietet Lösungen, um die Prüfungen<br />
an körpergetragenen Autoinjektoren<br />
anforderungsspezifisch durchzuführen.<br />
Dazu gehören Prüfungen der Auslösekraft,<br />
Injektionszeit, Injektionsvolumen<br />
sowie Nadel-und Kanülenlängen, aber<br />
auch die Prüfung optischer und akustischer<br />
Signale. Zudem erfassen alle Prüfmaschinen<br />
normgerecht die Klebkräfte<br />
der adhäsiven Klebeflächen.<br />
Software sorgt für größere<br />
Übersichtlichkeit bei Audits<br />
Die Prüfsoftware Testxpert optimiert Arbeitsabläufe<br />
und sorgt für eine lückenlose<br />
Dokumentation. Sie deckt alle Anforderungen<br />
ab, die für die Prüfung von Injektionssystemen<br />
relevant sind. Die Software<br />
gewährleistet die Datenintegrität und bietet<br />
eine umfangreiche Benutzerverwaltung<br />
mit unterschiedlichen Berechtigungsstufen.<br />
Der Zugriff über LDAP<br />
(Lightweight Directory Access Protocol)<br />
ist möglich. Audit Trails, auch für Testparameter,<br />
sorgen durch integrierte Filter<br />
für eine größere Übersichtlichkeit, speziell<br />
bei Audits. So können beispielsweise<br />
Veränderungen der Testgeschwindigkeit<br />
protokolliert werden. Weitere Qualifizierungsservices<br />
sind die DQ-, IQ- und OQ-<br />
Dokumentation, die für ein Autoinjektor-<br />
Prüfsystem etwa 300 Seiten umfasst und<br />
Vor-Ort-Dienste zur Durchführung der<br />
Tests.<br />
■<br />
Barbara Schleper<br />
Fachjournalistin in Lorsch<br />
Weitere Informationen<br />
Prüfsysteme von Zwick Roell zeichnen<br />
sich durch einen hohen Grad an<br />
Modularität aus, bieten viele Möglichkeiten<br />
zur Teil- und Vollautomatisierung,<br />
sind konform zu allen geforderten<br />
Normen und entsprechen<br />
relevanten FDA-Anforderungen.<br />
www.zwickroell.com<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 23
■ [ TECHNIK ]<br />
Klang der Moleküle hilft der Medizin<br />
Bildgebung | Die heutige Medizin kann Verletzungen und Krankheiten heilen, die noch vor wenigen<br />
Jahrzehnten bleibende Schäden oder den Tod zur Folge gehabt hätten. Vieles davon verdanken wir<br />
nicht-invasiven bildgebenden Diagnoseverfahren wie Ultraschall, CT oder MRT. Wissenschaftler am<br />
Helmholtz Zentrum verfolgten einen neuen Ansatz zur Nutzung des photoakustischen Effekts für die<br />
biomedizinische Bildgebung.<br />
Alexander Graham Bell entdeckte<br />
1880, dass Moleküle Schall abgeben,<br />
wenn sie von Lichtblitzen getroffen werden.<br />
Dabei sendet jedes Molekül ein einzigartiges<br />
Tonsignal, das auch mit der<br />
Wellenlänge des eintreffenden Lichts variiert.<br />
Der Effekt wird zur Materialanalyse<br />
genutzt, beispielsweise zur Bestimmung<br />
der CO 2<br />
-Konzentration in anderen Gasen.<br />
Auf gepulste Laserstrahlen reagieren Moleküle<br />
in Weichgewebe mit Ultraschall,<br />
der in der medizinischen Diagnose gebräuchlichen<br />
Wellenlänge.<br />
Die photoakustische Bildgebung mittels<br />
multispektraler photoakustischer Tomographie<br />
(MSOT) brachte 2010 vielversprechende<br />
Ergebnisse. Daraufhin gründeten<br />
zwei Helmholtz-Forscher die Ithera<br />
Medical GmbH mit Sitz in München, um<br />
praktische medizinische Anwendungen<br />
dafür zu finden und aus akademischem<br />
Wissen klinische Verfahren und marktfähige<br />
Produkte zu machen. Zu den Erfolgsfaktoren<br />
des Unternehmens gehört das<br />
Verwalten sämtlicher produktbezogener<br />
Unterlagen für Entwicklung und Produktion<br />
mit der Software Polarion ALM. Dabei<br />
handelt es sich um eine Software für<br />
das Application Lifecycle Management<br />
(ALM) aus dem Siemens Xcelerator-Portfolio,<br />
dem umfassenden, integrierten<br />
Portfolio von Software, Hardware und<br />
Dienstleistungen.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Medizinische Diagnose<br />
Visualisierung von Lymphgefäßen<br />
Photoakustische Bildgebung<br />
Laser<strong>technik</strong><br />
Aus der Forschung in die Klinik<br />
Die 2010 gegründete Ithera Medical entwickelt und produziert auf Basis der multispektralen<br />
photoakustischen Tomographie bildgebende medizinische Diagnosegeräte<br />
MSOT-Geräte von Ithera Medical fügen<br />
visuelle Darstellungen der Molekül-<br />
Antworten in konventionelle Ultraschallbilder<br />
ein. Damit lassen sich Moleküle mit<br />
großer Ähnlichkeit unterscheiden, beispielsweise<br />
Hämoglobin mit höherer oder<br />
niedrigerer Sauerstoffsättigung. Mittels<br />
einer einstellbaren Laserquelle nahe am<br />
Infrarot lässt sich damit Materie bis 40<br />
mm unter der Oberfläche untersuchen.<br />
MSOT kann Serienaufnahmen mit unterschiedlichen<br />
Laser-Frequenzen mittels<br />
Software-Algorithmen kombinieren. Das<br />
macht es zu einem mächtigen Diagnosewerkzeug<br />
für viele Anwendungen.<br />
MSOT kann besser als andere Methoden<br />
Lymphgefäße visualisieren. Das<br />
bringt Vorteile in der Krebsbehandlung,<br />
da mit MSOT Lymphknoten nur bei erwiesenem<br />
Befall entfernt werden können<br />
statt auf Verdacht. Andere lohnende Anwendungsbereiche<br />
sind neuromuskuläre<br />
Erkrankungen bei Kindern. Dort könnte<br />
MSOT ein objektiveres Feststellen des<br />
Krankheitsverlaufes ermöglichen als die<br />
gebräuchlichen Funktionsprüfungen.<br />
„Mittels MSOT lassen sich auch Biomarker<br />
für chronisch entzündliche Darmerkrankungen<br />
wie Morbus Crohn und Colitis<br />
ulcerosa nicht-invasiv feststellen“, sagt<br />
Ingmar Thiemann, Vice President Quality<br />
Management (QM) and Regulatory Affairs<br />
(RA) bei Ithera Medical. „Damit<br />
könnte es zum Game Changer werden,<br />
denn es kann die Notwendigkeit invasiver<br />
Verfahren wie der Endoskopie reduzieren<br />
und vielleicht sogar eliminieren.“<br />
Von Forschungsergebnissen zu<br />
klinischen Geräten<br />
Das erste Medizinprodukt von Ithera Medical<br />
war die Serie MSOT Invision. Mehr<br />
als 100 dieser Scanner werden in Laboratorien<br />
in aller Welt für die biomedizinische<br />
Forschung an Kleintieren verwendet.<br />
Seit 2014 entwickeln die Ingenieure bei<br />
Ithera Medical Systeme für Anwendungen<br />
in der Humanmedizin. Am weitesten ent-<br />
(Bild: Ithera Medical)<br />
24 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
wickelt sind die für verschiedene Tiefen<br />
und Auflösungen optimierten Raster Scan<br />
Optoacoustic Mesoscopic (RSOM) Explorer<br />
für die hochauflösende Bildgebung<br />
und MSOT Acuity Echo für tieferes Eindringen<br />
in das Gewebe.<br />
MSOT Acuity Echo trägt seit 2021 das<br />
CE-Zeichen als Medizingerät. Das Gerät<br />
wird bisher ausschließlich in der klinischen<br />
Forschung verwendet, denn es verfügt<br />
noch über keine Zulassung für die<br />
Verwendung bei bestimmten klinischen<br />
Indikationen. Ein Schritt auf dem Weg zur<br />
Erlangung dieser Zertifizierung ist die<br />
multizentrische internationale Euphoria-<br />
Studie, bei der mehrere Universitäten und<br />
Kliniken MSOT für die Diagnose entzündlicher<br />
Darmerkrankungen nutzen.<br />
Eingebettet in ein Netzwerk von Entwicklungspartnern<br />
nutzt Ithera Medical<br />
für seine Diagnosegeräte kundenspezifisch<br />
angepasste Hardware für Laser, Ultraschall<br />
und Elektronik. Das Entwickeln<br />
von Bildverarbeitungsalgorithmen ist eine<br />
Kernkompetenz des Unternehmens. Deren<br />
Implementierung in Software-Code<br />
erfolgt gemeinsam mit externen Partnern.<br />
Dokumentationsintegrität auch<br />
bei Zertifizierungen gefragt<br />
Ithera Medical muss die Erfordernisse für<br />
ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem<br />
für das Design und die Herstellung<br />
von Medizinprodukten nach ISO 13485<br />
erfüllen. Bereits 2012 begann das Unternehmen<br />
mit einem voll digitalen Prozess<br />
zur Erlangung der Qualifikation nach ISO<br />
13785. „Nach der europäischen Medizinprodukte-Verordnung<br />
EU 2017/745 müssen<br />
alle Unterlagen leicht auffindbar und<br />
durchsuchbar sein“, betont Thiemann.<br />
Ithera Medical nutzt Polarion ALM als<br />
Plattform für die Applikationsentwicklung.<br />
Die Experten für die photoakustische<br />
Diagnose wandten sich an Avasis Solutions.<br />
Der Technologie- und Implementierungspartner<br />
von Siemens Digital Industries<br />
Software ist auf Lösungen auf Basis<br />
von Polarion ALM für medizinische<br />
Aufgaben spezialisiert. Zu diesen gehören<br />
Anwendungen für das Anforderungsmanagement,<br />
Risikoanalysen und -überprüfungen<br />
sowie ein auf die Bedürfnisse von<br />
Medizingeräteherstellern zugeschnittenes<br />
Qualitätsmanagement.<br />
Diese Software ist nun integraler Teil<br />
des Qualitätsmanagementsystems (QMS)<br />
von Ithera Medical. Beinahe alle 50 Mitarbeiter<br />
in Deutschland und den USA haben<br />
MSOT-Geräte fügen<br />
visuelle Darstellungen<br />
der Molekül-<br />
Antworten in konventionelle<br />
Ultraschallbilder<br />
ein. So<br />
kann zum Beispiel<br />
zwischen Hämoglobin<br />
mit höherer und<br />
niedrigerer Sauerstoffsättigung<br />
unterschieden<br />
werden<br />
Zugriff auf das System. Damit verwalten<br />
sie sämtliche produktbezogenen Unterlagen<br />
für Entwicklung und Produktion. Dazu<br />
gehören auch Dateien zur Entwicklungshistorie,<br />
Device Master Records,<br />
Qualitäts- und Risikomanagement-Informationen<br />
sowie Bedienbarkeits-Spezifikationen<br />
und klinische Evaluierungsdaten.<br />
Zudem erstellen sie durch einfaches<br />
Konfigurieren der Software, ohne Kompromisse<br />
bei der Nachvollziehbarkeit, eigene<br />
Applikationsmodule.<br />
Polarion ALM und das ERP-System bei<br />
Ithera Medical können mittels Representational<br />
State Transfer (REST) APIs Daten<br />
austauschen. Als kleines Unternehmen<br />
am Beginn einer langen Reise von Forschung<br />
und Entwicklung zu serienreifen<br />
Produkten brauchte Ithera Medical eine<br />
Lösung, die mitwachsen kann. „Polarion<br />
ALM bildet eine solide Basis für ein effizientes<br />
Entwicklungsinformationsmanagement“,<br />
bestätigt Thiemann. „Damit verringerten<br />
wir den Zeitaufwand für Datensuchen<br />
um über 65 Prozent.“<br />
Digitales Datenmodell hilft,<br />
Audits zu bestehen<br />
Die europäische Medizinprodukte-Verordnung<br />
(MDR) EU 2017/745 für die klinische<br />
Untersuchung und das Inverkehrbringen<br />
von Geräten für die Humanmedizin<br />
ersetzt die frühere EU Medizingeräte-<br />
Direktive (MDD) und muss bis 2024 implementiert<br />
werden. Bis dahin muss die<br />
gesamte Dokumentation beiden Normen<br />
entsprechen. Das macht die intelligente<br />
Wiederverwendung der existierenden<br />
Dokumentation erforderlich.<br />
Thiemann ist Teil einer Initiative zur<br />
Definition eines einheitlichen, voll digitalen<br />
Datenmodells für Medizingeräte unter<br />
Verwendung so genannter Medical Device<br />
Knowledge Units. Realisiert werden können<br />
diese mit Polarion Work Items. Das<br />
schafft Durchgängigkeit der Information<br />
über Dokumente hinweg. Wie beim Instanziieren<br />
von Objektklassen in der objektorientierten<br />
Softwareentwicklung<br />
können Polarion Work Items nach einmaliger<br />
Änderung in allen Instanzen aktualisiert<br />
werden.<br />
Ithera Medical nutzte Polarion Work<br />
Items für die Wiedereinreichung einer<br />
MDD-konformen Datei. Diese wurde in<br />
kurzer Zeit aus einer MDR-konformen Dokumentation<br />
abgeleitet. „Die Möglichkeiten<br />
von Polarion für Wiederverwendung<br />
und Anpassung ersparen uns Kosten und<br />
erhöhen die Erfolgswahrscheinlichkeit<br />
von Einreichungen“, ist Thiemann überzeugt.<br />
„Das ist entscheidend für behördliche<br />
Genehmigungen in anderen Märkten<br />
wie China, Japan, Brasilien und den USA.“<br />
Als besonders hilfreich erwies sich das<br />
beim Bestehen von zwei Audits nach ISO<br />
13485 während kritischer Phasen der Covid-19-Pandemie.<br />
Mittels Polarion ALM<br />
konnte Ithera Medical die für das Erstellen<br />
einer konformen Dokumentation benötigte<br />
Zeit signifikant verkürzen. „Mit herkömmlichen<br />
Methoden bedeutet die Dokumentation<br />
Arbeit für zwei zusätzliche<br />
Personen und zusätzlich bei jedem Audit<br />
einige Beanstandungen“, sagt Thiemann.<br />
„Wir werden voraussichtlich die Markteinführungszeit<br />
um 40 Prozent von fünf auf<br />
drei Jahre reduzieren.“<br />
■<br />
Dagmar Glashoff-Dedek<br />
Siemens Digital Industries Software, Köln<br />
www.siemens.com/polarion-alm<br />
www.ithera-medical.com<br />
(Bild: Ithera Medical)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 25
■ [ TECHNIK ]<br />
Im Mundstück des<br />
Pulverinhalators<br />
sitzt ein Bördelsieb<br />
aus Drahtgewebe.<br />
Es stellt die<br />
gleichmäßige Verteilung<br />
des Medikaments<br />
sicher<br />
(Bild: Haver & Boecker)<br />
Drahtgewebefilter: Sicherer Durchfluss<br />
für unterschiedliche Medien<br />
Drahtgewebefilter | In kaum einem anderen industriellen Entwicklungsbereich wird Metalldrahtgewebe<br />
als Filter so häufig unterschätzt wie in der Medizin<strong>technik</strong>. Dabei spielt das Drahtgewebe<br />
als Filtermedium hier eine entscheidende Rolle. Der 3D-Druck ermöglicht darüber hinaus schnelle,<br />
flexible und individuelle Lösungen.<br />
Das Wichtigste vorab: Drahtgewebe ist<br />
kein Maschendrahtzaun. Zur Veranschaulichung<br />
eignet sich eher der Vergleich<br />
mit einem Textilgewebe, denn dessen<br />
Webvorgang hat sehr viel Ähnlichkeit<br />
mit dem Fertigungsprozess von Drahtgewebe.<br />
Die Dimensionen reichen von grobmaschigen<br />
Drahtgeweben bis hin zu sehr<br />
feinen Filtergeweben, die in der Medizin<strong>technik</strong><br />
eine ernstzunehmende Konkurrenz<br />
zu Filtertüchern aus Kunststoff,<br />
Baumwolle oder Zellulose darstellen.<br />
Immer wenn es darum geht, Verunreinigungen<br />
herauszufiltern, Wirkstoffe<br />
gleichmäßig zu verteilen oder feste, flüssige<br />
und gasförmige Medien zu trennen,<br />
kommen Drahtgewebefilter ins Spiel. In<br />
der Medizin-Praxis eignen sich diese Filter<br />
wegen ihrer Vielseitigkeit für unterschiedliche<br />
sicherheitskritische Komponenten,<br />
beispielsweise in Pulverinhalatoren,<br />
Blutfiltern oder Beatmungsgeräten.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Filter aus Metalldrahtgewebe für<br />
die Medizin<strong>technik</strong><br />
Biokompatibel, korrosionsbeständig<br />
und antistatisch<br />
Fertigungsprozess und Reinigung<br />
Beim Filter im Inhalatorsieb handelt es<br />
sich um ein Bördelsieb aus Drahtgewebe,<br />
das im Mundstück des Pulverinhalators<br />
eingesetzt wird. Zur Vorbereitung der Inhalation<br />
wird dieses Mundstück geöffnet<br />
und die Kapsel senkrecht in die Kammer<br />
gelegt. Das speziell geformte Inhalatorsieb<br />
sorgt dafür, dass die Kapsel beim Einlegen<br />
richtig positioniert ist, um sie in der<br />
Kammer zum Platzen zu bringen. Während<br />
der Inhalation durch den Patienten<br />
hält das Sieb die Kapselhülle zurück. Die<br />
feine und gleichmäßige Maschenstruktur<br />
des Drahtgewebes stellt zudem eine<br />
gleichmäßige Verteilung des Medikaments<br />
sicher.<br />
Bereits bevor das Inhalatorsieb in der<br />
Praxis zum Einsatz kommt, muss es hinsichtlich<br />
der Prozessfähigkeit eine wichtige<br />
Anforderung erfüllen: Das Metallgewebe<br />
muss vereinzelungsfähig sein, damit es<br />
für die automatische Weiterverarbeitung<br />
geeignet ist. Bördelsiebe erfüllen dieses<br />
Leistungsprofil insbesondere aufgrund ihres<br />
gestauchten Randes, der ein Verhaken<br />
der Bauteile ausschließt. Die Bördelung<br />
bewirkt zudem, dass die Randdrähte für<br />
eine optimale Patientensicherheit fixiert<br />
sind. Das Gewebe muss dafür nicht kostenintensiv<br />
thermisch behandelt werden.<br />
In den Fertigungsprozess sind an mehreren<br />
Stellen aufwendige Reinigungsverfahren<br />
integriert, die lose Drähte effektiv<br />
und vollständig entfernen. Hinzu kommen<br />
mehrmalige Sichtprüfungen und<br />
Wischtests. Diese stellen in Kombination<br />
mit einer Kameraprüfung sicher, dass keine<br />
Drahtreste am Filter haften. Ein derart<br />
komplexer Herstellungsprozess erfordert<br />
eine sorgfältige Planung, eine professionelle<br />
Disposition sowie optimierte Fertigungsschritte.<br />
Hohe Qualitätskriterien in der<br />
Drahtgewebefilter-Fertigung<br />
Die Filtration ist auch zentraler Bestandteil<br />
bei der Transfusion von Blut oder einzelner<br />
Komponenten wie Blutplasma.<br />
Während der Lagerung von Blutkonserven<br />
können sich so genannte Mikroaggregate<br />
bilden, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen<br />
Problemen führen können,<br />
wenn sie in den Blutkreislauf des<br />
Empfängers gelangen. Genau das verhindern<br />
Blutfilter: Mit einer exakt definierten<br />
Porengröße von 18 μm halten sie Mikroaggregate<br />
zurück und lassen gleichzeitig<br />
alle lebensfähigen festen Blutbestandteile<br />
unbeschädigt passieren. So senken<br />
Blutfilter insbesondere im Bereich der<br />
Neonatologie und Pädiatrie das Risiko<br />
von Lungen- oder Gefäßschädigungen<br />
während einer Bluttransfusion deutlich.<br />
Beim Filtern von Blut hat das Vermeiden<br />
einer Zytolyse (Zellzerstörung)<br />
oberste Priorität. Aus diesem Grund spielt<br />
26 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
die Biokompatibilität von Filtermedien eine<br />
zentrale Rolle: Ein Filtergewebe darf<br />
die Membranen der lebensfähigen Blutkomponenten,<br />
die das Gewebe passieren,<br />
möglichst nicht beschädigen. Dies gelingt<br />
mit Drahtgewebefiltern sehr gut – sie verursachen<br />
weniger Zytolyse als vergleichbare<br />
Kunststofffilter. Zudem ermöglicht<br />
Drahtgewebe dank seiner antistatischen<br />
Eigenschaften einen hohen Durchfluss lebensfähiger<br />
Blutkomponenten.<br />
Ein weiteres Qualitätskriterium für<br />
den Einsatz in Blutfiltern ist die Garantie<br />
für eine gleichbleibende Porengröße.<br />
Drahtgewebe ist besonders geeignet, da<br />
jeder Drahtkreuzungspunkt verlässlich fixiert<br />
werden kann. Die Drahtkreuzungspunkte<br />
werden dafür in der Herstellung<br />
thermisch behandelt. In Beatmungsgeräten<br />
ermöglicht der Einsatz von Filtergewebe<br />
ebenfalls eine hohe Qualität und<br />
Reinheit der zugeführten Luft, indem es<br />
lungengängige Partikel zurückhält. Die<br />
erforderliche Porengröße und Anforderungen<br />
an die Stabilität geben vor, ob einoder<br />
mehrlagiges Drahtgewebe die beste<br />
Lösung ist.<br />
Passende Filter-Umrandung<br />
erleichtert die Serienfertigung<br />
Die beschriebenen Filterbeispiele weisen<br />
als Umrandung gestauchte oder gepresste<br />
Randdrähte auf. Es gibt weitere Möglichkeiten,<br />
um das Herausfallen von Randdrähten<br />
garantiert zu verhindern, die Filter<br />
zu stabilisieren und sie vereinzelungsfähig<br />
zu machen – ein großer Vorteil bei<br />
der Serienfertigung von Kleinteilen. Separate<br />
Randeinfassungen aus Metall zählen<br />
ebenso dazu, wie passgenaue Kunststoff -<br />
umspritzungen, die zusätzlich abdichten<br />
und die Montage erleichtern.<br />
Jeder Entwicklungsprozess für einen<br />
Drahtgewebefilter ist bei der Haver & Boecker<br />
OHG, Oelde, geprägt von regelmäßigem<br />
Austausch und Abstimmungen.<br />
Dabei helfen konkrete, dreidimensionale<br />
Ansichtsmuster als Diskussionsgrundlage:<br />
Mit ihnen können das Handling geprüft,<br />
Gewebefeinheiten getestet und Verpackungsmöglichkeiten<br />
entwickelt werden.<br />
Der 3D-Druck ist die ideale Möglichkeit,<br />
um schnell, flexibel und individuell<br />
zu agieren und den Produktentwicklungsprozess<br />
zu verkürzen.<br />
■<br />
Christina Kemper<br />
Haver & Boecker, Oelde<br />
www.haverboecker.com<br />
6.-9. JUNI 2023<br />
INTERNATIONALE FACHMESSE<br />
WWW.EPHJ.CH<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 27
■ [ TECHNIK ]<br />
Polykristalliner Diamant macht<br />
Zerspanungswerkzeuge hochgenau<br />
Werkzeugentwicklung | Für hochproduktives Zerspanen von Aluminiumbauteilen in der Automobilindustrie<br />
sind Werkzeuge mit PKD-Schneidstoffen die erste Wahl. Doch der polykristalline Diamant<br />
bietet sich auch für medizinische Anwendungen an. Mit jahrelanger Erfahrung und dem Wissen,<br />
wann gerade PKD-Werkzeuge ihre Stärken ausspielen können, entwickelt Mapal individuelle Lösungen<br />
für Zerspanungsprozesse.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Werkzeuge für individuelle<br />
Zerspanungsprozesse<br />
Einsatz polykristalliner Diamanten<br />
Technologietransfer aus dem<br />
Automobilbau<br />
(Bild: Mapal)<br />
Wenn andere Materialien als<br />
Aluminium bearbeitet<br />
werden und es um neue Bauteile<br />
mit besonderen Anforderungen<br />
geht, leistet die<br />
Mapal Präzisionswerkzeuge<br />
Dr. Kress KG aus Aalen<br />
Grundlagenarbeit und<br />
entwickelt zusammen mit<br />
den Kunden zielführende<br />
Prozesse. In manchen Fällen<br />
können Erfahrungen aus dem<br />
Automobilbau mit entsprechenden<br />
Modifikationen direkt in andere<br />
Branchen übertragen werden.<br />
Beatmungsgeräte zeigen auf den ersten<br />
Blick wenig Ähnlichkeit mit einem Automobil.<br />
Doch im Detail findet sich eine Parallele:<br />
Das in den medizinischen Geräten<br />
verbaute Ventilgehäuse sieht dem ABS-<br />
Gehäuse im Fahrzeug äußerst ähnlich.<br />
Beide Bauteile bestehen aus Aluminium<br />
mit niedrigem Siliziumgehalt, und auch<br />
die Bearbeitung ist vergleichbar. Die eingesetzten<br />
Werkzeuge von Mapal sind vom<br />
Aufbau her gleich, unterscheiden sich<br />
aber in der Ausführung der Schneiden.<br />
„Die Qualitätsanforderungen in der<br />
Medizin<strong>technik</strong> sind oft höher als in der<br />
Automobilproduktion“, geht Carsten Lehmann,<br />
Managing Director Vertrieb, Produktmanagement<br />
und Entwicklung im<br />
Kompetenzzentrum PKD-Werkzeuge<br />
Pforzheim, auf die Unterschiede ein. „Unsere<br />
Werkzeuge legen wir mit unterschiedlicher<br />
Schneidkantenbearbeitung<br />
gezielt für den jeweiligen Bearbeitungsfall<br />
aus.“ In der Automobilproduktion<br />
steht eine hohe Produktivität im Vordergrund.<br />
Für medizinische Geräte wird PKD<br />
verwendet, weil der Schneidstoff eine<br />
prozesssichere und hochgenaue Lösung<br />
ist. Und er erzeugt die hohe Oberflächenqualität,<br />
auf die es hier mehr ankommt als<br />
auf gute Schnittwerte. Speziell ausgelegte<br />
Vorschneiden sorgen dafür, dass kein Grat<br />
entstehen kann, der sich später löst.<br />
Hochvolumenzerspanung und<br />
saubere Bohrungen<br />
Auch in der Fertigung von Schließzylindern<br />
für Türschlösser sind perfekte Oberflächen<br />
gefragt, wenn das Schließen dauerhaft<br />
sauber laufen soll. Hochwertige Modelle<br />
lassen sich fein justieren, damit die<br />
Tür sanft schließt und nicht mit einem<br />
Ruck zugeht. Zum Fräsen der Aluminiumteile<br />
werden komplexe Stufenwerkzeuge<br />
von Mapal eingesetzt.<br />
Neben der Automobilproduktion ist<br />
auch die Aero space-Industrie ein starkes<br />
Standbein für Mapal geworden. Im Bereich<br />
der PKD-Werkzeuge liegt der Fokus<br />
dabei auf zwei ganz unterschiedlichen<br />
PKD-Werkzeuge mit innovativen<br />
Schneidgeometrien erfüllen<br />
die hohen Qualitätsanforderungen<br />
unterschiedlicher<br />
Branchen<br />
und Anwendungen<br />
prozesssicher<br />
Anwendungen, nämlich<br />
der Hochvolumenzerspanung<br />
großer<br />
Bauteile und Bohrungen<br />
in kohlenstofffaserverstärktem<br />
Kunststoff (CFK-<br />
Materialien).<br />
Wenn aus großen Aluminiumblöcken<br />
auf Portalfräsmaschinen Flügel oder<br />
Strukturbauteile herausgefräst werden,<br />
bleiben vom Ausgangsmaterial oft nur 20<br />
Prozent oder weniger übrig. Mit dem starken<br />
Wachstum der Luftfahrtindustrie<br />
wuchs hier der Druck, mit höheren Standzeiten<br />
und besseren Schnittdaten in der<br />
Produktion schneller zu werden.<br />
Was vor einigen Jahren noch eine<br />
Hochburg für Hartmetallwerkzeuge mit<br />
Wendeschneidplatten war, ist heute ein<br />
Einsatzfeld für monolithische PKD-Werkzeuge<br />
wie einem SPM-Fräser von Mapal.<br />
Mit 15120 mm/min ist seine Schnittgeschwindigkeit<br />
doppelt so hoch wie beim<br />
Hartmetallfräser, die Standzeit ist bis zu<br />
neun Mal höher. Auf hohe Prozesssicherheit<br />
kommt es auch bei den Bohrungen<br />
an. Bis zu 4000 Bohrungen benötigt eine<br />
Flugzeugtür. Dabei stellt der kohlenstofffaserverstärkte<br />
thermoplastische Kunststoff<br />
mit seiner Neigung zum Ausfransen<br />
besondere Ansprüche an die Bearbeitung.<br />
Um Delamination beim Austritt aus dem<br />
Schichtmaterial zu vermeiden, hat Mapal<br />
dafür besondere Schneidengeometrien<br />
entwickelt.<br />
Auch in der Elektronikindustrie werden<br />
Leiterplatten mit Planfräsern von Mapal<br />
bearbeitet. Die Rohlinge bestehen aus<br />
28 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
(Bild: Mapal)<br />
mehreren dünnen Lagen verschiedener<br />
faserverstärkter Kunststoffe und sind<br />
meist schon beschichtet. Die Zerspanung<br />
der empfindlichen Teile muss komplett ölfrei<br />
erfolgen. Dafür hat Mapal seine Werkzeuge<br />
so ausgelegt, dass sie mit dem abrasiven<br />
Materialmix ohne Schmiermittel<br />
fertig werden. Sowohl die Schneidengeometrie<br />
als auch das Handling der Werkzeuge<br />
wurden auf die besonderen Anforderungen<br />
angepasst.<br />
PKD-Planfräser zeigen<br />
überall dort ihr<br />
Potenzial, wo eng<br />
tolerierte Ebenheiten<br />
oder spezielle<br />
Oberflächentoleranzen<br />
im Mittelpunkt<br />
stehen<br />
Schneller zur neuen Brille mit<br />
PKD-Werkzeug<br />
Zur Bearbeitung von Brillengläsern werden<br />
standardmäßig PKD-Werkzeuge eingesetzt.<br />
Für einen großen Kunden in der<br />
Optikindustrie hat Mapal ein Sonderwerkzeug<br />
entwickelt, das die Produktivität<br />
maßgeblich steigert. Die vom Optiker<br />
gemessenen Daten werden direkt über ein<br />
DFÜ-Netzwerk an die Maschine gesendet,<br />
die automatisch Gläser mit den verlangten<br />
optischen Korrekturen fräst. Für den<br />
Prozess wurden Maschine, Spindel,<br />
Schneidenanzahl, Schneidengeometrie<br />
und Kantenpräparation so abgestimmt,<br />
dass der Kunde mit großer Genauigkeit<br />
produzieren und dank hoher Standzeiten<br />
und schneller Bearbeitung seine Kosten<br />
pro Teil senken konnte.<br />
„Wir sind in der Lage, das in der Automobilindustrie<br />
gewonnene Know-how<br />
auch auf andere Industrien zu transferieren<br />
– selbst wenn es um ganz andere Materialien<br />
wie etwa Glas oder Kunststoff<br />
geht“, erläutert Leander Bolz, Vertriebsleiter<br />
PKD-Werkzeuge bei Mapal. Von Vorteil<br />
sei dabei der auf technische Beratung ausgerichtete<br />
Vertrieb, der dem Kunden auch<br />
Rundumsorglos-Pakete schnüren könne.<br />
Da die Hersteller hochwertiger Bauteile<br />
oft standortübergreifende globale Produktionsstätten<br />
haben, ist es ein Plus, dass<br />
auch Mapal international aufgestellt ist.<br />
„Wir verfügen über weltweit zwölf Fertigungsstätten<br />
für PKD-Werkzeuge, die<br />
überall die gleiche Qualität liefern, vor Ort<br />
Service bieten und auch Reparaturen ausführen“,<br />
versichert Carsten Lehmann. ■<br />
ROBOTICS<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 29
■ [ TECHNIK ]<br />
CAM-Programm fürs Werkzeug steht<br />
in 12 min – statt in zwei Stunden<br />
Werkzeugherstellung | Standard sind bei Aesculap rund 200 Hüftprothesen. Um die Schmiedegesenke<br />
dafür effizienter herzustellen, gab es Änderungen in der automatisierten Fertigung.<br />
Eine der Aufgaben: rund 1800 Fräsprogramme neu zu erstellen. Was von Hand rund 3600 Stunden<br />
gedauert hätte, ließ sich vom CAM-Spezialisten Open Mind automatisiert lösen. In einem<br />
Bruchteil der Zeit.<br />
Für die verschiedenen Hüft -<br />
implantate stellt Aesculap die<br />
Schmiedegesenke selbst her.<br />
Die mit der CAM-Software<br />
Hypermill erzeugten Fräs -<br />
bahnen ermöglichen eine<br />
hohe Oberflächengüte<br />
(Bild: Open Mind)<br />
Die Aesculap AG, die Chirurgie-Sparte<br />
im Konzern B. Braun, hat ungefähr<br />
200 verschiedene Standard-Hüftprothesen<br />
im Angebot. Sie unterscheiden sich in<br />
ihrer Größe und geometrischen Details.<br />
Die vielen Schmiedegesenke, die für die<br />
rechte und linke Hüfte gebraucht werden,<br />
stellt das Unternehmen in Tuttlingen<br />
selbst her. Gebraucht wird jeweils ein<br />
Ober- und Untergesenk als Vor- und Fertiggesenk<br />
sowie zum Nachpressen.<br />
Darin steckt viel Design- und Programmierarbeit<br />
für die unternehmenseigenen<br />
Fachleute. Als neue Spezialwerkzeuge für<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Schmiedegesenke für Implantate<br />
effizienter fertigen<br />
Neue Fräsprogramme<br />
automatisiert erstellen<br />
Aesculap-Projekt mit Open Mind<br />
eine noch effizientere Zerspanung auf<br />
dem 5-Achs-Bearbeitungszentrum ausgewählt<br />
wurden, kam eine Herausforderung<br />
hinzu: Es galt, insgesamt 1800 Fräsprogramme<br />
neu zu schreiben. Von Hand<br />
wären dafür rund zwei Stunden pro Programm<br />
erforderlich geworden, was einen<br />
gesamten Programmieraufwand von etwa<br />
3600 Stunden bedeutet. Sofort war klar:<br />
Das muss schneller gehen.<br />
Daher nahmen die Tuttlinger Kontakt<br />
auf mit den CAM-Spezialisten der Open<br />
Mind Technologies AG, Weßling. Mit deren<br />
Produkten zur CAM-Programmierung<br />
arbeitet der Werkzeug- und Prototypenbau<br />
bereits seit Jahren. Mit Hypermill und<br />
dem Hypermill Automation Center entstehen<br />
so Programme für die 5-Achs-Bearbeitung.<br />
Das beschleunigt Programmierung<br />
und Zerspanung und senkt so die<br />
Kosten. Frank Fedtke, einer der Verantwortlichen<br />
im Prototypenbau bei Aesculap,<br />
sieht Hypermill schon seit Jahren als<br />
„führende Lösung, um fünfachsige Bearbeitungen<br />
zu programmieren“.<br />
Für die umfangreichen Programmieraufgaben<br />
in der Fertigung der Schmiedewerkzeuge<br />
für Hüftimplantate vereinbarten<br />
Aesculap und Open Mind ein gemeinsames<br />
Projekt. Die Neuprogrammierung<br />
sollte als Dienstleistung bei den Automatisierungsexperten<br />
laufen. Diese nutzten<br />
dafür ihr Hypermill Automation Center<br />
Advanced. Es ist dafür gedacht, Programme<br />
für anspruchsvolle, automatisierte<br />
Prozesse zu entwickeln. Um solche geht<br />
es bei Aesculap, denn die Schmiedegesenke<br />
für die Hüftimplantate entstehen auf<br />
dem Bearbeitungszentrum auch in mann -<br />
armen Nacht- und Wochenendschichten.<br />
Die Maschine mit einem Zweifach-Wechseltisch<br />
nutzt dafür ein automatisiertes<br />
Be- und Entladesystem mit sechs Paletten.<br />
Michael Greisinger, Automatisierungsund<br />
Anwendungsspezialist bei Open<br />
Mind, hat das Projekt geleitet. Er erklärt:<br />
„Das Hypermill Automation Center Advanced<br />
baut auf unserem CAM-System<br />
Hypermill und der dazugehörenden CAD-<br />
Software Hyper-CAD-S auf.“ Es biete eine<br />
Technologie, „die weit über die Automatisierung<br />
von Standardgeometriefeatures<br />
hinausgeht“. Die Ausprägung der CAD-<br />
Modelle spiele dabei eine untergeordnete<br />
Rolle. Das Hauptaugenmerk liege auf den<br />
Elementen, die ein CAD-Modell enthalten<br />
kann. „Mit einer Vielzahl an Vorlagefunktionen<br />
können erfahrene Hypermill-Anwender<br />
die Prozessschritte festlegen. Damit<br />
lassen sich auch komplexe Prozesse<br />
definieren und standardisieren.“<br />
30 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Die Programmierprozesse zu automatisieren,<br />
lohnt sich laut Greisinger immer<br />
dann, wenn Teilefamilien zu zerspanen<br />
sind. „Es sollten im Grundsatz mehrere<br />
ähnliche Bauteile zu programmieren sein,<br />
die sich in ihrer Größe, aber auch in der<br />
Anzahl und Form der zu bearbeitenden<br />
Flächen, Bohrungen, Gewinde und so<br />
weiter unterscheiden.“ Im Hypermill Automation<br />
Center Advanced kann der Anwender<br />
dann festlegen, welche Operation<br />
er für eine bestimmte Geometrie nutzen<br />
will. Er kann sogar festlegen, wie das Rohteil<br />
positioniert und gespannt wird.<br />
Automatisiert programmieren<br />
lief zehn Mal schneller<br />
Seitens Aesculap war Anwendungs<strong>technik</strong>er<br />
Thilo Hagen ins Projekt involviert. Er<br />
sagt: „Mit dem Hypermill Automation<br />
Center haben wir es geschafft, die Programmierzeit<br />
von ursprünglich rund zwei<br />
Stunden auf zwölf Minuten zu reduzieren.“<br />
Und wenn man es gewohnt sei, mit<br />
Hyper-CAD-S und Hypermill zu arbeiten,<br />
falle der Umgang mit dem Automa tion<br />
Center Advanced nicht schwer. „In einem<br />
dreitägigen Workshop habe ich das an<br />
eigenen Projekten erlernt und konnte die<br />
erarbeiteten Skripts sofort produktiv nutzen“,<br />
sagt Hagen. „Der gesamte Arbeits -<br />
ablauf ist gespeichert und lässt sich auf<br />
künftige Bauteile anwenden. Vom Laden<br />
der Step-Datei bis hin zum fertigen NC-<br />
Programm läuft alles in Sekundenschnelle<br />
vollautomatisch ab.“<br />
So war der Kauf der Software 2022 nur<br />
noch Formsache. Seitdem nutzte Thilo<br />
Hagen das Automatisierungstool bereits<br />
für mehrere Projekte unterschiedlichen<br />
Umfangs. Ein Projekt – zur Programmierung<br />
von Schaftabdeckungen – sei schon<br />
anspruchsvoller. „Dafür spart man sich<br />
aber viel mehr Zeit.“ Das gesteckte Ziel<br />
wird mit der Software also erreicht. ■<br />
Wolfgang Klingauf<br />
Fachjournalist in Augsburg<br />
www.openmind-tech.com<br />
(Bild: Open Mind)<br />
Automatisiert<br />
programmieren:<br />
Aesculap nutzt im<br />
Werkzeugbau das<br />
Hypermill Auto -<br />
mation Center.<br />
Zahl reiche Fräs -<br />
programme, die<br />
durch die Optimierung<br />
der Fertigung<br />
erforderlich waren,<br />
ließen sich damit<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 31
■ [ TECHNIK ]<br />
Automatisierte Übermittlung von<br />
Daten zur Geräteidentifikation<br />
GUDID | Beim Export medizinisch-technischer Produkte in die USA sind Hersteller verpflichtet, eindeutige<br />
Gerätekennungen an die globale Datenbank GUDID zu übermitteln. Damit dieser Prozess nicht zu einem<br />
enormen Zeitaufwand führt, setzt Bissinger Medizin<strong>technik</strong> auf digitale Unterstützung. Die Software<br />
Beo-UDI gibt die nötigen Daten zur Geräteidentifikation automatisiert und rechtssicher weiter.<br />
Alle für den US-Markt<br />
bestimmten Medizinprodukte<br />
müssen einheitlich<br />
gekennzeichnet<br />
und in der Datenbank<br />
GUDID registrier<br />
werden. Beo-UDI<br />
übermittelt alle für<br />
die Registrierung erforderlichen<br />
Produktdaten<br />
automatisiert<br />
(Bild: Bissinger Medizin<strong>technik</strong>)<br />
Seit 1974 entwickelt und produziert<br />
die Bissinger Medizin<strong>technik</strong> GmbH<br />
mit Sitz in Teningen bei Freiburg chirurgische<br />
Instrumente. Der Fokus liegt auf Instrumenten<br />
für die Elektrochirurgie, Ophtalmologie<br />
und Neurochirurgie. Auch<br />
Elektroden für die Mikrochirurgie und eine<br />
Vielzahl von spezifischen Produkten für<br />
IHR STICHWORT<br />
■ Medizin<strong>technik</strong>-Import in die USA<br />
■ Produktkennzeichnung<br />
■ Datenbank GUDID (Global Unique<br />
Device Identification Database)<br />
■ Digitale UDI-Lösung<br />
OEM-Kunden gehören zum Portfolio. Für<br />
einige der innovativen Produkte hält Bissinger<br />
nationale und internationale Patente.<br />
Im Bereich der bipolaren Instrumente<br />
sind neben Europa und Japan die USA die<br />
wichtigsten Märkte des des Global Player.<br />
Im Jahr 2011 hat die US-amerikanische<br />
Arzneimittelbehörde Food and Drug<br />
Administration (FDA) die Datenbank GU-<br />
DID, kurz für Global Unique Device Identification<br />
Database, eingeführt. Diese soll<br />
alle in die USA importierten Medizinprodukte<br />
weltweit eindeutig identifizieren<br />
und sammeln, um deren gesamten Vertriebs-<br />
und Nutzungsweg nachverfolgen<br />
zu können. So fungiert die Datenbank als<br />
Referenzkatalog für alle gekennzeichneten<br />
Produkte und als Prüfinstanz zum Verhindern<br />
von doppelt vergebenen UDIs,<br />
den auf den Produkten und dessen Umverpackungen<br />
angebrachten Kennzeichnungen.<br />
Die Ziele dieses Systems: die Verbesserung<br />
der Patientensicherheit, der<br />
Vereinfachung von Rückrufen und die<br />
Optimierung der Marktüberwachung.<br />
Digitale Lösung eliminiert<br />
Mehraufwand<br />
2017 machte die EU die Nutzung von GU-<br />
DID im Rahmen der EU-Verordnung über<br />
Medizinprodukte verpflichtend. Das hat<br />
viele Medizin<strong>technik</strong>hersteller unter<br />
Druck gesetzt: Da die Registrierung neuer<br />
Produktklassen befristet ist, stehen die<br />
Unternehmen in der Verantwortung, ihre<br />
Serienfertigung zu standardisieren und<br />
ihre Etikettierung zu modernisieren. Andernfalls<br />
dürfen sie laut Gesetzgebung<br />
32 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Bissinger Medizin<strong>technik</strong> entwickelt und produziert chirurgische Instrumente,<br />
unter anderem für die Elektrochirurgie, Ophtalmologie und Neurochirurgie<br />
nicht mehr am Markt präsent sein. Eine<br />
manuelle Eintragung sämtlicher Gerätenummern<br />
würde einen immensen Aufwand<br />
bedeuten. Um die Hersteller bei der<br />
unkomplizierten Registrierung zu unterstützen,<br />
hat die Beo GmbH, Endingen, die<br />
webbasierte Softwarelösung Beo-UDI entwickelt.<br />
Auch Bissinger Medizin<strong>technik</strong><br />
hat sich im Zuge der verpflichtenden Dokumentation<br />
für die Lösung entschieden.<br />
Mit Beo-UDI können die relevanten<br />
Daten zur Geräteerkennung per Schnittstelle<br />
aus dem jeweiligen Vorsystem importiert,<br />
bearbeitet und schließlich automatisiert<br />
sowie verschlüsselt an die GU-<br />
DID übergeben werden. Die Software beinhaltet<br />
das offizielle Regelwerk der FDA,<br />
mit dem sichergestellt wird, dass aktuelle<br />
Codelisten und Validierungsregeln vor<br />
der Übermittlung eingehalten werden. So<br />
profitiert der Anwender von Rechtssicherheit,<br />
einer minimierten Fehlerquote sowie<br />
einer schnellen und einfachen Abwicklung.<br />
„Uns hat überzeugt, dass BEO direkt<br />
mit unserem ERP-Partner Majesty zusammenarbeitet“,<br />
sagt Maria Goertz, Director<br />
Quality Management & Regulatory Affairs<br />
bei Bissinger. „Wir konnten alle benötigten<br />
Stammdaten über die Standardschnittstelle<br />
importieren und tausende<br />
Artikel innerhalb kurzer Zeit automatisiert<br />
eintragen. Der Upload funktioniert<br />
ganz einfach über XML-Files – eine Funktion,<br />
welche die GUDID selbst bis heute<br />
nicht anbietet.“<br />
Übersichtliches Tool sorgt für<br />
Zeitersparnis<br />
Die Software Beo-UDI bietet ein Zwei-Levelsystem<br />
aus Firmenadmin- und Benutzerbereich.<br />
Je nach Präferenz kann der<br />
Anwender Einzelsendungen vornehmen<br />
oder über die Dateiprüfungsfunktion<br />
mehrere Datensätze auf einmal senden.<br />
Dank der Schnittstelle sind die meisten<br />
Datenfelder automatisch ausgefüllt. Über<br />
den Erfolg der Übermittlung wird Bissinger<br />
schließlich per E-Mail benachrichtigt.<br />
Goertz resümiert: „Dank der großen<br />
Uploads unserer Daten im Jahr 2017 müssen<br />
wir im Tagesgeschäft nur noch vereinzelt<br />
Daten in die GUDID über Beo-UDI<br />
hochladen. Durch die hohe Übersichtlichkeit<br />
verschafft uns das Tool eine enorme<br />
Zeitersparnis. Auch die Betreuung durch<br />
den Support läuft reibungslos.“ ■<br />
Jens Ritter<br />
Beo, Endingen<br />
(Bild: Bissinger Medizin<strong>technik</strong>)<br />
Wasser schenkt Leben –<br />
schenken Sie Wasser!<br />
Wir freuen uns über jede Spende, die unsere Arbeit unterstützt!<br />
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und Anwendung bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten.<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 33<br />
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■ [ TECHNIK ]<br />
Automatisiert drucken und etikettieren<br />
in einem Arbeitsgang<br />
Kennzeichnung | In Forschung und Diagnostik erfolgt das Handling so genannter<br />
Tubes meist automatisiert. Dazu gehört das Sortieren, Öffnen, Befüllen, Verschließen<br />
und Scannen der Mikroröhrchen. Sollen sie nach dem Befüllen zudem beschriftet<br />
werden, kommen je nach Anwendung wahlweise Etikettendrucker, Etikettiersysteme<br />
oder Beschriftungslaser Einsatz.<br />
Tubes lassen sich nach dem Befüllen beschriften. Das kann mit einem Etikettendrucker, Etikettiersystemen oder Beschriftungslasern<br />
umgesetzt werden<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Einsatz in Diagnostik und Forschung<br />
Etikettiersystem und Etikettendrucker<br />
Beschriftung mit dem Faserlaser<br />
Spezielle Kennzeichnung für<br />
Extremtemperaturen<br />
Fördere 180 Stück unverdeckelte Röhrchen.<br />
Verteile aus einem Behälter eine<br />
Flüssigkeit in jedes Röhrchen. Nehme<br />
Schraubdeckel von einer Ablage auf, verschließe<br />
damit jedes Röhrchen und überprüfe<br />
es per Sensor. Bringe auf den Röhrchen<br />
jeweils ein Etikett auf. Setze die<br />
Röhrchen in Racks, beginne mit Rack X,<br />
Position Y.... Solche oder ähnliche Anforderungsprofile<br />
erfüllt ein Partner der auf<br />
Kennzeichnung spezalisierten Cab Produkt<strong>technik</strong><br />
GmbH & Co KG für Labors.<br />
Speziell wird das Öffnen und Verschließen<br />
von Mikroschraubröhrchen gefordert,<br />
in der Branche Tubes genannt, sowie<br />
deren Sortieren, Befüllen, Scannen und<br />
Auslagern. Sollen Tubes nach dem Befüllen<br />
beschriftet werden, kommen abhängig<br />
von der Anwendung wahlweise Etikettendrucker,<br />
Etikettiersysteme oder auch<br />
Beschriftungslaser des Karlsruher Kennzeichnungssexperten<br />
zum Einsatz.<br />
Anwendung mit Hermes Q in<br />
der automatisierten Abfüllung<br />
Das Verteilen von Flüssigkeiten aus großen<br />
Gebinden in kleine Produkttransportgefäße<br />
ist eine zentrale Funktionalität der<br />
automatisierten Abfüllung. Hierbei ist<br />
Kontamination zu vermeiden, Flüssigkei-<br />
(Bild: Cab Produkt<strong>technik</strong>)<br />
ten sind genau zu bemessen und Gefäße<br />
eindeutig zu beschriften. Die automatisierte<br />
Produktion muss den Anforderungen<br />
eines geplanten Durchsatzes Rechnung<br />
tragen. Bei Anforderungsprofilen<br />
wie dem eingangs beschriebenen kommt<br />
für das Beschriften der Tubes in der Maschine<br />
ein Cab-Hermes-Q-System zum<br />
Einsatz. Dieses ermöglicht automatisches<br />
Drucken und Etikettieren in einem Arbeitsgang.<br />
Für die Übergabe der Etiketten<br />
nach dem Druck auf Tubes lassen sich die<br />
Hermes-Q-Drucker mit einem Cab Applikator<br />
oder einem Roboter kombinieren.<br />
Im Schnitt befüllt, verschraubt und etikettiert<br />
dieser Maschinentyp in serieller Bearbeitung<br />
96 Tubes binnen 25 Minuten.<br />
Bei Parallelbetrieb sind die Prozesszeiten,<br />
je nach Modulkonfiguration, kürzer.<br />
Bis zu sechs Racks mit insgesamt 288<br />
Tubes einstellen, Gerät starten, fertig: Ein<br />
34 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
www.gsc-schwoerer.de<br />
Nur spezielle Etikettenmaterialien halten<br />
auch extremen Lagerungstemperaturen bis<br />
–200 °C stand<br />
weiterer Maschinentyp integriert für die<br />
Beschriftung der Tubes das Modell Axon<br />
1. Dieses Druck- und Etikettiergerät wurde<br />
für Röhrchen oder Vials mit Durchmessern<br />
zwischen 7 und 26 mm (auf Anfrage<br />
bis 38 mm) und Längen ab 20 mm bis 130<br />
mm entwickelt. Gefäße werden von oben<br />
vertikal stehend eingesetzt. Für das Verschrauben,<br />
Dispensieren und Etikettieren<br />
braucht dieser Maschinentyp in serieller<br />
Bearbeitung weniger als eine Stunde.<br />
(Bild: Cab Produkt<strong>technik</strong>)<br />
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Laserbeschriftung – Alternative<br />
zum Etikettendrucker<br />
Die Vitalität von Zellen oder funktionellen<br />
Zellstrukturen bleibt nur mit Hilfe geregelter<br />
Kühlsysteme bei Lagerungstemperaturen<br />
bis –200 °C langfristig erhalten.<br />
Nur spezielle Etikettenmaterialien halten<br />
solchen Extremen stand. Hier eignet sich<br />
die Beschriftung mit dem Cab-Faserlaser<br />
Xeno 4. Dieser besteht aus einer Steuereinheit<br />
mit Strahlquelle und dem Scankopf,<br />
der mit der Strahlquelle verbunden<br />
ist. Zur Bündelung des Laserstrahls wird<br />
der Scankopf mit einem Planfeldobjektiv<br />
bestückt. Mit diesem lässt sich ein bestimmtes<br />
Beschriftungsfeld abdecken. Bei<br />
Drehung des Objekts ist dies auch rundum<br />
möglich. Dies ermöglicht die Fokussierbarkeit<br />
auf kleinste Räume. Beschriftungen<br />
mit dem Faserlaser sind wischfest<br />
und bestehen gegen Säuren oder Laugen,<br />
Lösungsmittel, UV-Strahlung, Hitze oder<br />
Kälte sowie Abrieb.<br />
■<br />
Guntram Stadelmann<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 35
■ [ TECHNIK ]<br />
(Bild: Enchanted Tools)<br />
Der Roboter Miroki<br />
kann bis zu 3 kg tragen.<br />
Seine Entwickler<br />
möchten, dass er sich<br />
in Betreuungsinstitutionen,<br />
Durchgangsräumen<br />
oder Freizeiteinrichtungen<br />
nützlich<br />
macht. Aufgestellte<br />
Ohren signalisieren,<br />
dass der Roboter<br />
bereit ist für neue<br />
Befehle<br />
Dieser Serviceroboter kommt<br />
mit einer ganzen Geschichte<br />
Neue Generation von Servicerobotern | Nur wenn ein Roboter für Menschen wirklich nützlich ist, wird er<br />
sich in der Anwendung durchsetzen. Das französische Start-up Enchanted Tools orientiert seine Technik<br />
an dieser Maxime und nutzt dafür präzise Antriebe des Schweizer Herstellers Maxon. Am auffälligsten<br />
an dem neuen Helfer aber sind das manga-ähnliche Aussehen inklusive Mimik – und seine „Herkunft“.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Radikal vereinfachter Service-Roboter<br />
Fortbewegung mittels Kugel<br />
Spezielle Antriebe<br />
Einsatz in der Geriatrie geplant<br />
Serienstart in naher Zukunft<br />
Im Gesundheitswesen, in der Gastronomie<br />
oder an Flughäfen könnten Patienten,<br />
Gäste und Reisende künftig einem<br />
Wesen aus dem Weltraum begegnen. So<br />
zumindest lautet die Geschichte, die die<br />
Entwickler des französischen Start-ups<br />
Enchanted Tools rund um ihre neue Robotergeneration<br />
gestrickt haben.<br />
Mit dieser Sichtweise auf die Robotik<br />
wollen sie die Welt verzaubern, statt sie<br />
zu entmenschlichen. Und sie wollen die<br />
Robotik revolutionieren, indem sie die Akzeptanz<br />
verbessern, um Roboter großflächiger<br />
einsetzen zu können. Unternehmensgründer<br />
Jérôme Monceaux, bekannt<br />
als Mitentwickler der beiden Roboter Pepper<br />
und Nao, hat mit seinem Pariser Startup<br />
eine komplette Evolutionsgeschichte<br />
für die neuen Roboter erdacht: Ihr „Volk“,<br />
die Mirokai, lebten demnach auf einem<br />
fernen Planeten und haben die Menschheit<br />
von der Höhlenmalerei an begleitet<br />
und inspiriert. Nun hat es eine dieser<br />
Lichtgestalten bis auf die Erde geschafft<br />
und will die Menschen hier – in Gestalt<br />
des Roboters Miroki – unterstützen. Sein<br />
Motto: „Ich bin nicht perfekt, aber ich<br />
werde mein Bestes geben.“<br />
CEO Monceaux erzählt: „Dieser Ansatz<br />
ermöglichte es, eine regelrechte Roboter-<br />
Persönlichkeit zu schaffen, mit einer Tiefe,<br />
wie sie bislang keine Maschine besaß.“<br />
Das sei ein disruptiver, innovativer Ansatz.<br />
Zur Geschichte passt auch das Aussehen:<br />
Mirokis freundliches Gesicht zeigt<br />
interaktive Mimik, die in Echtzeit mittels<br />
Video pro jek tion übertragen wird.<br />
Doch zu menschenähnlich dürfen humanoide<br />
Roboter gar nicht aussehen,<br />
sonst erleben Menschen sie als unheimlich.<br />
Der Robotiker Masahiro Mori prägte<br />
dafür den Begriff des Uncanny Valley.<br />
Denn: Je stärker ein Roboter dem Menschen<br />
gleicht, desto ungeheuerlicher erscheinen<br />
uns seine Unzulänglichkeiten.<br />
Bei Miroki wollten die Entwickler das<br />
vermeiden und haben menschliche Attribute<br />
– zwei Arme plus Kopf – mit tierischen<br />
Merkmalen – langen Ohren – in einer<br />
manga-ähnlichen Figur kombiniert.<br />
Der Roboter ist 1,23 m groß, bewegt sich<br />
aufrecht und kann die Ohren verstellen.<br />
Die Entwickler arbeiten daran, dass Miroki<br />
künftig ein Lächeln erwidern kann.<br />
Pepper und Nao, zwei ältere Robotergenerationen,<br />
wurden als erste humanoide<br />
Roboter weltweit bekannt. Dennoch<br />
schafften es diese beiden nicht in den Alltag<br />
der Menschen, denn sie waren nicht<br />
„nützlich“ genug, sagt der Entwickler. Damit<br />
das bei Miroki anders ist, galt es, drei<br />
Aufgaben in der Roboter<strong>technik</strong> zu lösen:<br />
• Automatisierte Navigation in<br />
halbstandardisierten Räumen<br />
Der auf einer rollbaren Kugel stehende<br />
Miroki kann sich frei bewegen und bewegt<br />
werden. Steht er im Weg und man<br />
tippt ihn leicht mit dem Finger an, rollt<br />
er weg – eine für die Mobilität in sozialen<br />
Bereichen notwendige Funktion.<br />
36 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
• Automatisiertes Greifen<br />
von Gegenständen<br />
Mirokis Hände können nur spezielle<br />
Griffe fassen – diese werden an den Gegenständen<br />
befestigt, die der Roboter<br />
hochheben soll, und sind über Tags erkennbar.<br />
So erreicht Miroki eine Erfolgsquote<br />
von 97 % beim Greifen,<br />
während der Marktstandard bei etwa<br />
60 % liegt.<br />
• Semantische und emotionale Interaktionen<br />
mit unbedarften Nutzern<br />
Miroki kann Sprachbefehle verstehen<br />
und ausführen.<br />
„Das Konzept setzt auf Vereinfachung:<br />
Miroki gehört nicht zu den Spitzenreitern<br />
in Sachen Greifen, Navigation oder Interaktion,<br />
aber er ist in allen drei Bereichen<br />
ausreichend gut, um seine Aufgabe zu erledigen,<br />
und zwar Gegenstände in einem<br />
sozialen Umfeld zu bewegen“, erläutert<br />
der CEO.<br />
Innerhalb eines Jahres sollte der Prototyp<br />
entstehen. Dafür wurden zuverlässige<br />
Produkte gesucht, unter anderem Antriebslösungen.<br />
Die Teams des Elektromotorenspezialisten<br />
Maxon AG, Sachseln/<br />
Schweiz, unterstützten Enchanted Tools<br />
beim Auslegen der Produkte und Auswählen<br />
der Antriebe. Für den „Ball Bot“, mit<br />
dem sich Miroki fortbewegt, fiel die Wahl<br />
auf die EC-I-40-Motoren mit Planetengetriebe,<br />
während die anderen Achsen mit<br />
den bürstenlosen ECX Torque mit 22 mm<br />
Durchmesser ausgerüstet wurden.<br />
Auf Grundlage der erfolgreichen Prototyping-Phase<br />
unterstützt Maxon nun<br />
das französische Start-up bei der Analyse<br />
dieser neuen Spezifikationen, um die<br />
technische Lösung für die Serienfertigung<br />
zu definieren. Das Ziel? Die perfekte Balance<br />
zwischen technischer Leistungsfähigkeit<br />
und Serienkosten.<br />
Nach der erfolgreichen Vorstellung des<br />
ersten Prototyps widmet sich Enchanted<br />
Tools 2023 einer zweiten Mittelbeschaffung,<br />
um mit der Produktion der ersten<br />
Modelle zu starten. Sobald diese in Betrieb<br />
gehen, werden die Mirokaï unter<br />
realen Bedingungen lernen und ihren<br />
Feinschliff erhalten, damit sich ihr Nutzen<br />
kontinuierlich vergrößert.<br />
(Bild: Enchanted Tools)<br />
Vom Krankenhaus<br />
bis hin zum Hotel:<br />
Die Mirokai-Roboter<br />
sollen sich bei den<br />
Menschen besonders<br />
nützlich sein<br />
Eine entsprechende Partnerschaft gibt<br />
es bereits mit dem auf Geriatrie spezialisierten<br />
Krankenhaus Broca der französischen<br />
Spitalgruppe AP-HP. Enchanted<br />
Tools plant anschließend die Vermarktung<br />
seiner Roboter bis 2025/2026. Geplant<br />
ist, 100000 Roboter innerhalb von<br />
zehn Jahren herzustellen. Dann soll gelegentlich<br />
ein kleiner, rollender Roboter mit<br />
fuchsähnlichem Kopf eine Erfrischung<br />
anbieten.<br />
■<br />
Marie Veronesi<br />
Fachjournalistin in Lyon/Frankreich<br />
Über das Start-up: https://enchanted.tools/<br />
Über Maxon: www.maxongroup.ch<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 37
■ [ AUTOMATISIERUNG ]<br />
Cobots: Effiziente Produktion,<br />
auch bei Fachkräftemangel<br />
Automatisierung | Kollaborative Roboter sind so konzipiert, dass sie sicher mit Menschen<br />
arbeiten können. Aufgrund ihrer Flexibilität und ihrer Fähigkeiten können sie die Effizienz<br />
und Produktivität des Produktionszyklus deutlich verbessern. Die Cobots der TM-Serie des<br />
japanischen Konzerns Omron liefern dafür ein gutes Beispiel.<br />
Sind Roboter Jobkiller oder helfen sie,<br />
kleine und mittelständische Unternehmen<br />
zukunftssicher zu machen? In<br />
Deutschland wird im kommenden Jahrzehnt<br />
ein schwerwiegender Arbeitskräftemangel,<br />
insbesondere bei technischen<br />
Fachkräften, erwartet. Gleichzeitig verkürzen<br />
sich die Produktlebenszyklen. Vor<br />
allem für kleinere und mittelständischen<br />
Unternehmen ist jedoch die Hürde hoch,<br />
in zusätzliche Automatisierung zu investieren.<br />
Kooperierende und einfach einzurichtende<br />
Roboter (Cobots) bieten eine<br />
schnelle und kostengünstige Lösung, um<br />
die Flexibilität, Qualität sowie Geschwindigkeit<br />
der Produktion zu steigern und<br />
auf sich ändernde Marktanforderungen<br />
zu reagieren.<br />
Cobots haben die Hemmschwelle für<br />
eine Automatisierung manueller Abläufe<br />
drastisch gesenkt: Diese Robotertechnologien<br />
sind wesentlich leichter zugänglich,<br />
und sie lassen sich direkt neben Mitarbeitern<br />
in bestehenden Prozessen einsetzen.<br />
Ihre vielseitigen Funktionen und<br />
Fähigkeiten erlauben es, sie für mehrere<br />
Anwendungen einzusetzen und sie zu unterschiedlichen<br />
Tageszeiten im Betrieb zu<br />
bewegen.<br />
In der medizinischen Industrie führen<br />
beispielsweise die Anforderungen an eine<br />
eindeutige Gerätekennzeichnung (UDI)<br />
dazu, dass die Nachfrage nach Lösungen<br />
zur Teilekennzeichnung signifikant steigt.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Cobots und Autonome Mobile Roboter<br />
Automatisierung in der Medizin<strong>technik</strong>-<br />
Industrie<br />
Einsatz direkt neben Menschen möglich<br />
Alternative für den Fachkräftemangel<br />
Cobots haben die Hemmschwelle für eine Automatisierung manueller Abläufe gesenkt: Sie<br />
übernehmen immer häufiger Seite an Seite mit den Beschäftigten Aufgaben in Bereichen<br />
wie Inspektion oder Materialtransport<br />
Eine Option hierbei sind Lasermarkierungen.<br />
Traditionell und manuell würde ein<br />
Mitarbeiter die Teile hierbei einzeln in die<br />
Markierungsmaschine legen, warten, bis<br />
der Markierungsvorgang abgeschlossen<br />
ist, und die Teile dann herausnehmen. Da<br />
Aufgaben wie diese aber keine besonderen<br />
Fähigkeiten erfordern, sind Cobots eine<br />
gute Alternative.<br />
Wird ein Cobot an einen derartigen Lasermarkierer<br />
herangefahren, sucht er<br />
nach einem Orientierungs- oder Referenzpunkt,<br />
der ein Verständnis des<br />
3D-Raums vermittelt. Er kann auf den<br />
Bildschirm des Lasermarkierers oder die<br />
Kontrollleuchten schauen, um den Status<br />
zu bestimmen. Ist die Maschine bereit,<br />
öffnet der Roboter die Tür des Lasermarkierers,<br />
um die Komponenten einzufügen<br />
und die visuellen Hinweise des Bedieners<br />
zu überwachen. Ist der Vorgang abgeschlossen,<br />
öffnet der Cobot abermals die<br />
Tür, nimmt die Bauteile heraus und legt<br />
sie auf dem Gestell ab. Die Arbeitsweise<br />
des Roboters ähnelt der des menschlichen<br />
Bedieners, da er die visuellen Hinweise<br />
zum Öffnen von Türen und Drücken von<br />
Tasten versteht.<br />
Cobots verbessern Abläufe bei<br />
Inspektion und Kontrolle<br />
Eine sich immer wiederholende Aufgabe<br />
bei der Herstellung medizinischer Geräte<br />
ist die Teileprüfung. Für menschliche Arbeitskräfte<br />
kann es sehr schwierig sein,<br />
sich stundenlang auf ein und dasselbe Teil<br />
zu konzentrieren und dabei immer wieder<br />
Kratzer oder andere Fehler finden zu<br />
(Bild: Omron)<br />
38 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
müssen. Doch das ist für eine präzise und<br />
verlässliche Herstellung essenziell. Oft<br />
wird deshalb ein Teil mehrfach und von<br />
verschiedenen Mitarbeitern geprüft, um<br />
sicherzustellen, dass auch wirklich alle<br />
Fehler und Ungenauigkeiten erfasst sind.<br />
Cobots lassen sich auf verschiedene<br />
Weise für derartige Prüfaufgaben einsetzen.<br />
Zum einen kann die im Roboter integrierte<br />
Kamera oder die Kamera eines<br />
Drittanbieters am Roboterarm verwendet<br />
werden, um Teile aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln und bei unterschiedlichen<br />
Lichtverhältnissen zu betrachten, damit<br />
sie keine Fehler aufweisen. Alternativ<br />
kann ein Cobot das Teil aufnehmen, es vor<br />
eine fest installierte Kamera halten und<br />
bewegen, um so nach Fehlern zu suchen.<br />
Im Gegensatz zu menschlichen Mitarbeitern<br />
kann sich ein Cobot viele Stunden<br />
lang, immer gleich schnell und gleich gut<br />
auf ein und dieselbe Aufgabe konzentrieren.<br />
Maschinelle Bildverarbeitung ermöglicht<br />
es heute, Teile der Sichtprüfung zu<br />
automatisieren. Sie entlastet damit Unternehmen,<br />
die heute zudem ein Problem<br />
mit fehlendem Fachpersonal haben.<br />
Fachkräftemangel mit Hilfe<br />
kollaborierender Roboter lösen<br />
Der Fachkräftemangel ist viel mehr als<br />
fehlende Mitarbeiter in der Produktion.<br />
Hochqualifizierte Fachkräfte sind derzeit<br />
nicht nur sehr schwer zu finden, sondern<br />
oft auch sehr teuer. Mit ein wenig Schulung<br />
können sich Mitarbeiter, die mit den<br />
Cobots arbeiten und die die Fertigungsanforderungen<br />
am besten verstehen, um<br />
Programmierveränderungen kümmern.<br />
Eines der größten Probleme, das mit<br />
dem Fachkräftemangel einhergeht, ist es,<br />
den Einsatz vorhandener Mitarbeiter zu<br />
optimieren. Transportieren sie lediglich<br />
Rohstoffe von einem Produktionsbereich<br />
zu einem anderen oder bewegen sie unfertige<br />
Produkte zwischen verschiedenen<br />
Stationen, können sie sich nicht um wertschöpfendere<br />
Aufgaben kümmern. Das<br />
bedeutet: Diese Arbeitskräfte erbringen<br />
keinen wirklichen Mehrwert für das herzustellende<br />
Gerät. Übernimmt stattdessen<br />
ein Cobot diese Aufgaben, können<br />
Cobots sind ideale Kollegen, die für sich wiederholende Aufgaben wie<br />
die Maschinenbestückung, das Be- und Entladen oder die Montage eingesetzt<br />
werden können<br />
Hersteller ihr Team entlasten: Mitarbeiter<br />
können sich auf Aufgaben konzentrieren,<br />
die besondere Fähigkeiten und menschliches<br />
Eingreifen erfordern.<br />
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz<br />
Autonomer Mobiler Roboter (AMR). Diese<br />
selbstfahrenden mobilen Roboter können<br />
Rohmaterial vom Lager zur Produk -<br />
tionslinie bringen, Teile zwischen Arbeitszellen<br />
bewegen und fertige Produkte zu<br />
den Verpackungs- und Etikettierbereichen<br />
liefern. Da sie über eine interne Karte der<br />
Produktionsanlage verfügen, müssen sie<br />
sich nicht an eine vorgegebene Route halten.<br />
Stattdessen können sie sich eigenständig<br />
zu einem bestimmten Ort lotsen,<br />
um zeitkritische Transporte zu erledigen.<br />
AMRs gibt es in verschiedenen Größen.<br />
Sie transportieren recht geringe<br />
Nutzlasten wie 60 kg, aber auch 1500 kg<br />
und mehr. Sie gelten als kollaborativ, weil<br />
sie gemeinsam mit Menschen und um<br />
Menschen herum arbeiten und keine speziellen<br />
Fahrspuren benötigen. Wann immer<br />
also eine Person einen Wagen durch<br />
eine Produktionsanlage schiebt, gibt es<br />
die Möglichkeit, stattdessen auf AMR zu<br />
setzen und so die Qualifizierung des Mitarbeiters<br />
besser zu nutzen. Er oder sie<br />
kann eine Aufgabe übernehmen, die kritisches<br />
Denken oder zwischenmenschliche<br />
Fähigkeiten erfordert.<br />
Cobots ermöglichen es, die Mitarbeiterzahl<br />
in kleinen Arbeitsbereichen zu reduzieren.<br />
Letztere können weniger redundante<br />
Aufgaben erledigen, die größere<br />
Geschicklichkeit oder geistige Flexibilität<br />
voraussetzen. Die Cobots sind nicht nur<br />
einfach zu bedienen, sie lassen sich auch<br />
verhältnismäßig leicht handhaben.<br />
Es braucht nach Angaben der Omron<br />
Elektronik GmbH, Langenfeld, nur rund<br />
eine Woche Training, um Bediener in die<br />
Lage zu versetzen, Feinabstimmungen für<br />
Entnahmepunkte sowie Produktgrößen<br />
vorzunehmen. Wer zusätzlich das Wissen<br />
der Person, die früher in der Zelle gearbeitet<br />
hat, nutzen kann, um sicherzustellen,<br />
dass die Cobot-Zelle optimal läuft, kann<br />
sich Informationen zunutze machen, die<br />
ansonsten nur durch praktische Erfahrungen<br />
möglich sind.<br />
(su) ■<br />
Weitere Informationen<br />
Zum Automatisierungsexperten:<br />
www.industrial.omron.de<br />
Auf der Messe Automatica:<br />
Halle B5, Stand 310<br />
(Bild: Omron)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 39
■ [ AUTOMATISIERUNG ]<br />
Medizinprodukt individuell montieren<br />
– aber der Lineartransport ist Standard<br />
Automatisierte Montage | In der Promocurve-Montageanlage für medizinische Verbrauchs güter<br />
haben die Entwickler den Sondermaschinenbau mit einer Standardlösung für den Lineartransport<br />
geschickt kombiniert. So lässt sich die Entwicklungszeit für produktspezifische Montageanlagen<br />
deutlich verkürzen.<br />
Die Promocurve-Demonstrationsanlage<br />
zeigt, wie sich Medizinprodukte schnell<br />
und zuverlässig montieren lassen. Zum<br />
Konzept gehört ein Standard-Linearmodul<br />
vom Typ Supertrak – nach Entfernen der<br />
Frontabdeckungen an der Anlage ist es<br />
sichtbar<br />
Medizinisches Verbrauchsmaterial –<br />
wie zum Beispiel Kanülen – muss in<br />
großen Mengen und mit hoher Qualität<br />
herstellbar sein. Das schaffen Produk -<br />
tionsanlagen, die als hochspezialisierte<br />
Sonderlösungen konzipiert sind: Für einen<br />
Bearbeitungsschritt brauchen sie nur<br />
wenige Sekunden und laufen absolut zuverlässig.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Automatisierte Montage<br />
von Medizinprodukten<br />
Produktspezifische Anlage<br />
Kürzere Entwicklungszeit durch Einsatz<br />
von Standard-Transportlösung<br />
(Bild: Strama-MPS)<br />
Da jedes Produkt spezifische Eigen -<br />
heiten aufweist, variieren auch die Montageschritte<br />
in der Anlage – die Entwickler<br />
müssen eine Anlage also immer anpassen.<br />
„Standardisierung ist da nur eingeschränkt<br />
möglich“, erklärt Andreas Höcherl,<br />
der bei der Strama-MPS Maschinenbau<br />
GmbH & Co. KG aus Straubing<br />
den Bereich Innovation & Strategic Projects<br />
Medtech leitet. Doch Vorteile wie die<br />
kürzere Entwicklungszeit, die sich aus einer<br />
Standardisierung ergibt, wollten die<br />
Ingenieure auf jeden Fall nutzen.<br />
In ihrer Montageanlage Promocurve,<br />
die sie speziell für medizinische Verbrauchsgüter<br />
konzipiert haben, setzen sie<br />
daher das Standard-Transportsystem Supertrak<br />
ein. Dieses hat die B&R Industrial<br />
Automation GmbH aus dem österreichischen<br />
Eggelsberg entwickelt. Supertrak<br />
ist ein modulares flexibles Track-System.<br />
Seine Shuttles bewegen sich auf einer<br />
Transportschiene und sind durch<br />
Elektromagneten angetrieben.<br />
Die Ingenieure von Strama-MPS nutzen<br />
das System in bisher drei Maschinenmodulen<br />
für ihre Montageanlagen. Diese<br />
sind so definiert, dass sie sich entsprechend<br />
der Anforderungen zu kompletten<br />
Anlagen kombinieren lassen. Das An -<br />
lagenkonzept bleibt dabei immer das gleiche.<br />
„Wir haben damit die Standardisierung<br />
in unserer Anlage auf ein neues -<br />
Niveau gehoben und können trotzdem<br />
flexibel reagieren“, fasst Höcherl zusammen.<br />
Simulation der Linearmodule<br />
vereinfacht Engineering<br />
Die Zahl der erforderlichen Linear module<br />
und die Leistungsversorgungs module, die<br />
für den Betrieb der Shuttles erforderlich<br />
sind, variiert dabei. „Was wir im Einzelnen<br />
brauchen, lässt sich mit der Simu la -<br />
tionskomponente der Engineering-Software<br />
von B&R aber schon in der Planungsphase<br />
sicher eruieren“, berichtet<br />
Höcherl. „Wir können also aufgrund der<br />
Standardisierung und der Simulation viele<br />
Komponenten früher als bisher und mit<br />
weniger Abstimmungsaufwand bestellen<br />
sowie die Module bauen.“ Das leiste einen<br />
wichtigen Beitrag zur Liefersicherheit.<br />
„Zudem fallen weniger Engineering-Stunden<br />
an, und wir können uns ganz auf die<br />
Auslegung der Prozessstationen und<br />
Montageabläufe konzentrieren.“<br />
Welches Potenzial im Anlagenkonzept<br />
und in der Transport<strong>technik</strong> steckt, demonstriert<br />
Strama-MPS potenziellen Kunden<br />
am Beispiel einer Prototypenanlage,<br />
auf der Kanülen geprüft und montiert<br />
40 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
werden. Der Prototyp ist mit einem Linearmodul<br />
des Supertrak-Transportsystems<br />
ausgestattet und zeigt sechs Prüf- und<br />
Montagestationen. Die Taktzeit für die<br />
Montage beträgt 1,7 s. Da aber jedes<br />
Transport-Shuttle mit einem Werkstückträger<br />
für vier Kanülen bestückt ist, die<br />
die Montageschritte in den Stationen -<br />
parallel durchlaufen, beträgt die rechnerische<br />
Taktzeit pro Kanüle sogar nur 0,4 s.<br />
Vier Kanülen auf einem Shuttle<br />
fahren einzeln vor die Kamera<br />
Es gibt in der Promocurve-Anlage auch<br />
Prozessstationen, die weniger als die<br />
Taktzeit in Anspruch nehmen. Sie lassen<br />
sich besonders effizient gestalten, da die<br />
Supertrak-Shuttles frei positionierbar<br />
sind. Sie fahren die Kanülen an der Messstation<br />
zum Beispiel einzeln vor die -<br />
Kamera. Mit solchen Einzelaufnahmen ist<br />
eine höhere Auflösung erreichbar, so dass<br />
sich Fehler besser detektieren lassen.<br />
Nehmen Prozesse hingegen mehr als die<br />
geplante Taktzeit von 1,7 s in Anspruch,<br />
lässt sich die geplante Taktzeit durch ein<br />
Verdoppeln der betreffenden Station und<br />
Verteilen der Shuttles auf die beiden Stationen<br />
aufrechterhalten.<br />
Jedes Linearmodul des Supertrak-Systems<br />
ist 2 m lang und 2,3 m tief und bietet<br />
Platz für bis zu 16 Prozessmodule, wie<br />
Höcherl hervorhebt. Damit lassen sich<br />
Anlagen mit 48 und mehr Stationen aufbauen.<br />
Die hohe Stationsdichte erreichen<br />
die Ingenieure von Strama-MPS, weil sie<br />
(Bild: Strama-MPS)<br />
die Stationen wegen der kompakten Bauweise<br />
von Supertrak sowohl innerhalb als<br />
auch außerhalb des Schienenovals platzieren<br />
können. „Damit passte Supertrak<br />
optimal zu unserem Anlagenkonzept“,<br />
fügt Höcherl an. „Gerade im Reinraum, in<br />
dem unsere Kunden ihre Medizin<strong>technik</strong> -<br />
anlagen betreiben, ist jeder eingesparte<br />
Quadratzentimeter wertvoll.“<br />
Damit sind aber noch nicht alle Möglichkeiten<br />
des Anlagenkonzepts ausgeschöpft.<br />
So ließen sich bei Bedarf weitere<br />
Stationen, wie zum Beispiel Be- und Entladestationen,<br />
in den Kurvenbereichen<br />
der Eckmodule installieren.<br />
Neben der kompakten Bauweise waren<br />
die hohe Traglast, die Positionierungs -<br />
genauigkeit und das GMP-konforme<br />
Design wichtige Aspekte bei der Auswahl<br />
des Transportsystems. Und Höcherl lobt<br />
die Art der Zusammenarbeit. „Wir wollen<br />
mit unseren wichtigsten Lieferanten ver-<br />
Weitere Informationen<br />
Die magnetisch<br />
angetriebenen<br />
Shuttles des<br />
Werkstückträger -<br />
systems Supertrak<br />
lassen sich individuell<br />
verfahren und<br />
positionieren<br />
trauensvoll auf Augenhöhe kooperieren,<br />
uns gegenseitig unterstützen und technologisch<br />
voranbringen. Allen voran muss<br />
das Gesamtpaket überzeugen, und das<br />
hat B&R geschafft.“<br />
■<br />
Franz Joachim Roßmann<br />
Fachjournalist in Gauting<br />
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In der Montageplattform Promo -<br />
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die mechanischen Bewegungsabläufe<br />
der Stationen, angetrieben<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 41
■ [ AUTOMATISIERUNG ]<br />
Roboter hilft, gefrorenes Blutplasma<br />
hygienisch zu verarbeiten<br />
Hygienegerechtes Handling | Tiefgefrorenes Blutplasma wird als Rohstoff für Medikamente benötigt.<br />
Die Kunststoffbehälter, in denen das Plasma aufbewahrt wird, öffnen spezielle Anlagen. Das präzise<br />
und hygienegerechte Handling übernehmen dort Sechsachsroboter, die für den Einsatz in einem sterilen<br />
Umfeld geeignet sind.<br />
(Bild: Stäubli)<br />
Menschliches Blut – genauer gesagt<br />
Blutplasma, also der flüssige, zellfreie<br />
Anteil des Blutes – ist ein wichtiger<br />
„Rohstoff“ für Medikamente. Aus Plasma<br />
werden zum Beispiel Medikamente gegen<br />
Immunschwäche entwickelt sowie solche,<br />
die den Wundverschluss bei inneren Verletzungen<br />
bewirken. Für Hämophilie-Patienten,<br />
umgangssprachlich auch als „Bluter“<br />
bezeichnet, separiert man die blutgerinnungsfördernden<br />
Substanzen. Zudem<br />
sind Eiweiße im Blutplasma die Grundlage<br />
für wertvolle Impfstoffe.<br />
Blutplasma wird in Kunststoffflaschen<br />
tiefgefroren, gelagert und transportiert.<br />
Um die Produktion der Medikamente auf<br />
Blutplasmabasis zu starten, ist daher das<br />
Antauen der Kunststoffflaschen in einem<br />
Wasserbad der erste Schritt. Darauf folgen<br />
eine Außenreinigung sowie das Aufschneiden<br />
der Flaschen. Für diese Auf -<br />
gaben haben die Konstrukteure der Hof<br />
Sonderanlagenbau GmbH im hessischen<br />
Lohra eine voll automatisierte Anlage entwickelt.<br />
Darin verwenden sie zwei Stäubli<br />
Stericlean Sechsachs-Roboter vom Typ<br />
RX160 – und haben diese Art von Anlage<br />
bereits mehrfach realisiert.<br />
Zwei Roboter greifen oben und<br />
unten an den Plasmabehältern<br />
Der Prozess beginnt damit, dass ein Roboter<br />
vier Flaschen parallel jeweils an der<br />
oberen Hälfte greift und in das Schneidwerkzeug<br />
einlegt. Auf der anderen Seite<br />
des Schneidwerkzeugs greift ein zweiter<br />
RX160-Sechsachser die untere Hälfte der<br />
Plasmaflaschen.<br />
Dann fällt das Messer. Beide Roboter<br />
entleeren die Flaschenhälften in eine Ablaufrinne,<br />
die das Humanplasma – das zu<br />
diesem Zeitpunkt noch als Eiskern vor-<br />
In den Aufschneideanlagen für Blutplasmabehälter sind zwei Stericlean-Roboter im Einsatz.<br />
Sie erfüllen die hohen Anforderungen gemäß GMP-Klasse A<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Sonderanlagenbau für Pharma-Industrie<br />
Sechsachsroboter erfüllen<br />
hohe Anforderungen an die Hygiene<br />
Geeignet für häufige Sterilisation und<br />
Dekontamination<br />
liegt – in eine Auffangwanne leitet. Sensoren<br />
prüfen die durchtrennten Flaschenhälften<br />
auf vollständige Entleerung. Danach<br />
werden die leeren Flaschenhälften<br />
auf einer Auslaufschiene abgestellt, die in<br />
ein Entsorgungsfallrohr führt.<br />
Dieser Ablauf wiederholt sich mit hohem<br />
Durchsatz. Jens Gemmecker, Sales<br />
Management Belade- und Entladesysteme<br />
bei Hof Sonderanlagenbau, berichtet:<br />
„Die Anlage kann bis zu 1200 Flaschen<br />
pro Stunde verarbeiten bei einer Taktzeit<br />
von zwölf Sekunden.“ Die Leistung sei so<br />
hoch bemessen, damit die gewünschte<br />
Produktionscharge in kurzer Zeit bereitsteht<br />
und verarbeitet werden kann. „Das<br />
ist aus Gründen der Hygiene und Prozesssicherheit<br />
wünschenswert.“<br />
Die Auswahl der Roboter fiel den Konstrukteuren<br />
von Hof leicht. Dazu Jens<br />
Gemmecker: „In vielen unserer Anlagen<br />
kommen Roboter zum Einsatz. Wir haben<br />
deshalb Standards für die Robotik-Anwendungen<br />
definiert und uns auch mit<br />
Blick auf die Anforderungen der Pharmaindustrie<br />
für die Stericlean-Modelle von<br />
Stäubli entschieden.“ So müssen die Fachleute<br />
für eine Applikation nur Baureihe,<br />
Baugröße und Optionen festlegen.<br />
Da die Stäubli-Stericlean-Roboter speziell<br />
für den Betrieb in aseptischen Produktionsbereichen<br />
der GMP-Klasse A entwickelt<br />
wurden, eignen sie sich auch für<br />
anspruchsvolle Pharmaapplikation, wie<br />
Hof Sonderanlagenbau sie umsetzt. Die<br />
Stericlean-Sechsachsroboter sind voll ge-<br />
42 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
www.dosieren.de<br />
VIEWEG<br />
(Bild: Stäubli)<br />
kapselt und mit Spezialdichtungen versehen.<br />
Die Verkabelung liegt innen. Es gibt<br />
keine Toträume, sondern glatte Oberflächen,<br />
die das Entstehen von Verunreinigungen<br />
verhindern. Selbst regelmäßige<br />
Sterilisations- und Dekontaminationsprozesse<br />
zum Beispiel mit Wasserstoffperoxid<br />
können diesen „Pharma-Robotern“<br />
mit ihren Eigenschaften nichts anhaben.<br />
Während in der beschriebenen Generation<br />
der Aufschneideanlagen für Blutplasma<br />
Sechsachsroboter vom Typ RX160<br />
Stericlean eingesetzt werden, sollen in<br />
der kommenden Anlagengenerationen<br />
Roboter vom Typ TX2 den Job übernehmen.<br />
Sie decken mit einer Reichweite von<br />
1710 mm einen ausreichenden Arbeitsbereich<br />
ab, und auch die Tragkraft von 30 kg<br />
sowie die Geschwindigkeit passen. Laut<br />
Jens Gemmecker ist „die hohe Arbeitsgeschwindigkeit<br />
der Roboter hier das entscheidende<br />
Kriterium“. Von ihr hänge die<br />
Leistung der Anlage ab.<br />
■<br />
Die Roboter greifen<br />
die vier Kunststofflaschen<br />
mit gefriergetrocknetem<br />
und<br />
angetautem Blutplasma<br />
– der eine<br />
nimmt den oberen<br />
Teil, der andere den<br />
unteren Teil. Sobald<br />
die Flaschen geschnitten<br />
sind, wird<br />
der Inhalt in einen<br />
Auffangbehälter<br />
weitergeleitet<br />
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seit 1959.<br />
Die Hof Sonderanlagenbau GmbH in<br />
Lohra hat sich bereits vor über 30<br />
Jahren auf hochwertige und zukunftsorientierte<br />
Gefriertrocknungsanlagen<br />
spezialisiert. Häufig gehört<br />
auch die Peripherie der Anlage zum<br />
Lieferumfang: So entwickelt Hof<br />
zum Beispiel Be- und Entladesysteme<br />
sowie Einfrier- und Auftauvorrichtungen.<br />
Viele namhafte Pharmaund<br />
Biotechnologie-Unternehmen<br />
weltweit nutzen diese Anlagen.<br />
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Seitdem sind wir weltweit vernetzt, teilen<br />
mit lokalen Part nern Ideen und Wissen<br />
und setzen globale Projekte nachhaltig um.<br />
Damit arme, ausgegrenzte Menschen ein<br />
Leben in Würde führen können. Mehr<br />
zu unserer Arbeit unter: facebook.com/<br />
brotfuerdiewelt<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 43
■ [ AUTOMATISIERUNG ]<br />
Roboter erkennt und greift das<br />
richtige Implantat aus dem Behälter<br />
Teileerkennung von Implantatteilen | In einer Applikation für den medizinischen Bedarf erkennt<br />
ein Roboter mit Bildverarbeitungssystem komplex geformte, stark reflektierende Bauteile zuverlässig.<br />
Das in Irland entwickelte System ist bereits in der Industrie im Einsatz.<br />
In der Roboterzelle ist die perfekte Ausleuchtung<br />
mit Blaulicht entscheidend für<br />
die sichere Erkennung der Implantate<br />
Die reflektierenden Teile für Knieimplantate<br />
sind komplex geformt und<br />
willkürlich ausgerichtet – aber ein neues<br />
vollautomatisiertes Robotersystem mit industrieller<br />
Bildverarbeitung kann diese<br />
präzise und wiederholbar greifen und sicher<br />
wieder ablegen. Entwickelt haben<br />
diese Applikation Fachleute einer führenden<br />
irischen Forschungs- und Technologieeinrichtung,<br />
der Irish Manufacturing<br />
Research (IMR). Die Einrichtung bietet<br />
ein breites Portfolio an Forschungs-,<br />
Schulungs- und Beratungsdienstleistungen<br />
zum Themenkomplex Industrie 4.0.<br />
Die Roboteranwendung mit Machine Vi -<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Automatisierte Roboteranwendung mit<br />
Bildverarbeitung<br />
Erkennen glänzender komplexer Teile<br />
CAD-Daten reichen aus, um Perspektiven<br />
der Vergleichsbilder zu berechnen<br />
(Bild: IMR)<br />
sion haben sie gemeinsam mit Multipix<br />
Imaging aus dem englischen Petersfield<br />
und dem Münchner Software-Hersteller<br />
MVTec entwickelt. Beide sind auf Automatisierung<br />
und industrielle Bildverarbeitung<br />
spezialisiert.<br />
„Bislang wurde die Anwendung manuell<br />
durchgeführt“, erklärt Kevin Dooley,<br />
Projekt Manager bei IMR. Um die Effizienz<br />
zu steigern und die Kosten zu senken,<br />
sollte die Anwendung aber roboterbasiert<br />
erfolgen. Dafür nutzen die Partner<br />
die Bildverarbeitungssoftware MVTec<br />
Halcon. „Eine qualitativ hochwertige Bildverarbeitungssoftware<br />
war eine entscheidende<br />
Komponente bei der Umsetzung,<br />
da die Beschaffenheit der Oberflächen<br />
der Implantate äußerst herausfordernd<br />
ist“, sagt Anum Rehman, Senior Researcher<br />
bei IMR.<br />
Die Schwierigkeit liege in der starken<br />
Varianz der Oberflächen von matt bis<br />
hochreflektierend sowie in den komplexen<br />
Formen. Dazu kommen Herausforderungen,<br />
die sich aus der Prozessumgebung<br />
ergeben: Teile werden durch Behäl-<br />
terwände verdeckt, sind zufällig angeordnet<br />
und müssen aus unterschiedlich großen<br />
Behältern gegriffen und abgelegt<br />
werden.<br />
Gleichzeitig waren auch die Anforderungen<br />
an die Applikation als Ganzes<br />
hoch. So müssen die Teile in den sechs<br />
Freiheitsgraden<br />
• mit einer Genauigkeit von ± 3 mm bearbeitet<br />
werden,<br />
• sollten die Zykluszeiten weniger als<br />
15 s betragen,<br />
• benötigt der Anwender ein singuläres<br />
System, das über alle Polierstufen hinweg<br />
eingesetzt werden kann und<br />
• sollte der Betrieb und die Zusammenarbeit<br />
mit einem Robotersystem mit Bauteilen<br />
in einer halbstrukturierten Konfiguration<br />
möglich sein.<br />
All das ließ sich realisieren, indem im<br />
im Zentrum der Anwendung ein Sechsachsiger<br />
UR3-Roboter arbeitet, ausgestattet<br />
mit einem Greifer. Ein Ringlicht in der<br />
Roboterzelle leuchtet die Umgebung<br />
gleichmäßig aus und optimiert die Leistung.<br />
Für den Bildeinzug dient eine<br />
2D-Industriekamera. Gesteuert wird die<br />
Anwendung von einem Laptop mit Halcon-Software.<br />
Sie ermöglicht mit Hilfe<br />
der 2D-Bildkamera, ein Objekt zu lokalisieren.<br />
Dessen Koordinaten gelangen über<br />
TCP/IP zur Robotersteuerung.<br />
Der Roboter greift dann eigenständig<br />
sämtliche Werkstücke, ohne dabei andere<br />
Implantate zu berühren, und sortiert sie<br />
entsprechend ihrer Zugehörigkeit. Dazu<br />
muss der Roboter wissen, welches Bauteil<br />
er gerade greift und wohin er es ablegen<br />
muss.<br />
Damit der Roboter die Komponenten<br />
„sehen“ kann, war der Einsatz einer leis-<br />
44 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
tungsstarken Bildverarbeitungssoftware<br />
notwendig.<br />
Simon Hickman, Managing Director<br />
von Multipix Imaging, kannte sowohl<br />
MVTec Halcon als auch die Anforderungen<br />
seitens IMR und sah, dass die für die<br />
Applikation relevante Halcon-Technologie<br />
das Shape-Based 3D Matching war.<br />
Diese formbasierte Matching-Technologie<br />
findet Objekte präzise und robust – auch,<br />
wenn Teile rotiert, skaliert, perspektivisch<br />
verzerrt, lokal deformiert, teilweise überdeckt<br />
oder außerhalb des Bildes<br />
sind oder nicht-linearen<br />
Beleuchtungsschwankungen<br />
unterliegen.<br />
stolz: „Die automatisierte, roboterbasierte<br />
Applikation hat unsere Erwartungen und<br />
die unserer Kunden hinsichtlich Zuver -<br />
lässigkeit, Effizienz und Kosten erfüllt.“<br />
Bei IMR entstehen schon weitere Projekte<br />
mit Robotern und Bildverarbeitungssoftware,<br />
etwa zur Detektion flüssiger<br />
Reagenzien in einer biomedizinischen<br />
Anwendung. Was den Nutzen der Automatisierung<br />
für andere Anwendungen<br />
und Branchen anbelangt, sagt Simon<br />
Hickman von Multipix Imaging: „Wir sind<br />
überzeugt, dass weitere Unternehmen aus<br />
dem Gesundheitsbereich die Vorteile der<br />
Kombination von Robotern und industrieller<br />
Bildverarbeitungssoftware nutzen<br />
werden. Für die Zukunft sehen wir zahlreiche<br />
Anwendungen in der Qualitätskontrolle<br />
und bei Roboteranwendungen für<br />
Pick-and-Place.“<br />
■<br />
Tobias Möldner<br />
Fachjournalist in München<br />
www.mvtec.de<br />
3D-CAD-Modell als<br />
Basis für den Abgleich<br />
Für die Bilderkennung werden<br />
die 3D-CAD-Modelle der<br />
zu erfassenden Objekte in<br />
Halcon geladen. Die Software<br />
erstellt daraus das 3D-Objektmodell,<br />
das für den anschließenden<br />
Abgleich verwendet<br />
wird. Verschiedene Ansichten<br />
des 3D-CAD-Modells werden<br />
automatisch berechnet, indem<br />
virtuelle Kameras um<br />
das 3D-CAD-Modell herum<br />
platziert werden. Das Modell<br />
wird in die Bildebene jeder<br />
virtuellen Kameraposition<br />
projiziert. Für jede so gewonnene<br />
Ansicht wird eine<br />
2D-Objektdarstellung berechnet.<br />
Reale Bilder des Objekts<br />
sind nicht erforderlich.<br />
Die Objektdarstellungen aller<br />
Ansichten werden im 3D-Objektformmodell<br />
gespeichert.<br />
Bei der Entnahme des Bauteils<br />
in der Anwendung liefert<br />
das 2D-Kamerabild das Profil<br />
des Teils. Der Vergleich zwischen<br />
gespeicherten Profilen<br />
und dem 2D-Kamerabild liefert<br />
eine Punktzahl zwischen<br />
0 und 1, um das optimale Teileprofil<br />
zu bestimmen. Die<br />
3D-Koordinaten des Teils<br />
werden dann erzeugt und an<br />
den Roboter gesendet.<br />
Auf Basis der Forschungsapplikation<br />
des IMR ist bereits<br />
eine industrielle Anwendung<br />
entstanden. Darauf sind<br />
IMR-Fachleute laut Dooley<br />
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45
■ [ AUTOMATISIERUNG ]<br />
Messe Automatica zeigt Trends zu KI,<br />
Nachhaltigkeit und Zukunft der Arbeit<br />
Automatisierung | Vom 27. bis 30. Juni findet in München die Automatica –<br />
Leitmesse für intelligente Automation und Robotik statt. Zeitgleich mit der Messe<br />
Laser und zum zweiten Mal in nur zwölf Monaten. Grund dafür ist der Wechsel in<br />
einen neuen Rhythmus. Die Leitthemen der Automatica 2023 sind Digitale Integration<br />
und KI, Nachhaltige Produktion sowie Zukunft der Arbeit.<br />
Mit einem neuen Rhytmus startet die<br />
Messe Automatica ins Messejahr<br />
2023: Von nun an trifft sich die internationale<br />
Automationsbranche in ungeraden<br />
Jahren auf dem Münchner Messegelände,<br />
parallel zur Laser World of Photonics<br />
– Weltleitmesse und Kongress für<br />
Komponenten, Systeme und Anwendungen<br />
der Photonik.<br />
Projektleiterin Anja Schneider von der<br />
Messe München GmbH blickt optimistisch<br />
auf die Veranstaltung Ende Juni:<br />
„Unser Leben wird immer stärker von globalen<br />
Herausforderungen wie Lieferkettenproblematik<br />
oder Fachkräftemangel<br />
bestimmt. Robotik und Automation als<br />
Schlüsseltechnologien bieten hierfür die<br />
passenden Lösungen. Nur intelligent automatisiert<br />
und digital vernetzt lässt sich<br />
wirtschaftlich und nachhaltig produzieren.<br />
Wie das funktioniert, zeigt die Automatica<br />
in München.“<br />
Die Leitmesse für intelligente Automation<br />
und Robotik bildet die komplette<br />
Wertschöpfungskette ab: von Komponenten<br />
bis zu Systemen, von Dienstleistungen<br />
bis zu Applikationen für alle produzierenden<br />
Branchen. Mit dabei auch Robotik-<br />
Key-Player – von ABB, Fanuc, Kawasaki,<br />
Kuka, Omron, Stäubli, Universal Robots<br />
und Yaskawa über Afag, Bosch Rexroth,<br />
Festo, Hahn Group, Igus, Mikron, PIA,<br />
Schaeffler, Schunk, SW und Weiss sowie<br />
Basler, Cognex, IDS, MVTec, VMT und<br />
Zeiss bis zu Beckhoff, Heidenhain, Ifm<br />
und Siemens. Erstmals mit dabei: Googles<br />
Robotik-Tochter Intrinsic.<br />
Drei Leitthemen stellt die Automatica<br />
2023 in den Mittelpunkt: Digitale Integration<br />
und KI, Nachhaltige Produktion sowie<br />
Zukunft der Arbeit. Alle Schwerpunkte<br />
finden sich auch im begleitenden Rahmenprogramm<br />
der Messe wieder, das an<br />
den vier Messetagen stattfindet. Ein Highlight<br />
ist die Hightech-Plattform Munich_i<br />
des Munich Institute of Robotics and Machine<br />
Intelligence der TU München, die<br />
Orientierung auf dem Gebiet Künstliche<br />
Intelligenz und Robotik gibt. Munich_i in<br />
Halle B4 besteht aus einem Hightech-<br />
Summit am Mittwoch, der Ausstellung<br />
und Dialogplattform AI.Society sowie<br />
dem Robotik-Wettbewerb Robothon.<br />
(Bild: Messe München/Sebastian Resch)<br />
Vom chirurgischen Eingriff, der Betreuung im Seniorenheim über Transportaufgaben bis hin<br />
zu Einsätzen in der Gastronomie oder in der Landwirtschaft – di e Möglichkeiten des Roboter-Einsatzes<br />
scheinen nahezu grenzenlos<br />
Mobile Roboter – auch im<br />
Dienste der Gesundheit<br />
Erstmals am Start ist der Showcase „Mobile<br />
Robots in Production“ in Halle B4. Dieser<br />
zeigt, wie mobile Roboter unterschiedlicher<br />
Hersteller zu einer homogenen<br />
Flotte werden – dank des Standards<br />
VDA 5050 von VDA und VDMA. Ganz neu<br />
ist auch die Service Robot City (Halle A4).<br />
Der Gemeinschaftsstand bietet einen<br />
Überblick über die vielfachen Einsatzfelder<br />
von Servicerobotern wie Health, Hospitality,<br />
Retail, Work sowie Inspection &<br />
Monitoring – samt Robot Restaurant inmitten<br />
der Servicerobotik-Ausstellung.<br />
Darüber hinaus erwartet die Besucher<br />
an den vier Messetagen ein reichhaltiges<br />
Programm an Vorträgen, Keynotes und<br />
Podiumsdiskussionen auf dem von der<br />
Konradin-Medienmarke Automationspraxis<br />
organisierten Automatica Forum in<br />
Halle A5.<br />
(su) ■<br />
46 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Special<br />
Laser<strong>technik</strong><br />
(Bild: MKS|Ophir)<br />
Optische Technologien für die Medizin<strong>technik</strong><br />
World of Laser und World of Quantum | Laser in der Fertigung | Präzise markieren und schneiden | Biofunktionalisierung<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 47
■ [ SPECIAL LASERTECHNIK ]<br />
Die Laserfertigungs<strong>technik</strong><br />
gilt als<br />
Schlüsseltechnologie<br />
und als einer<br />
der maßgeblichen<br />
Innovationstreiber<br />
in der Medizin<strong>technik</strong>industrie<br />
(Bild: OlegDoroshin/stock.adobe.com)<br />
UND IMMER AN<br />
DEN LASER DENKEN<br />
Laserbearbeitung | In der Materialbearbeitung steht der Laser für eine enorme Vielfalt<br />
denkbarer Produkte. Die Technologie verknüpft ein weites Feld inzwischen klassischer<br />
Anwendungen mit zukunftsweisenden Problemlösungen – auch für Medizinprodukte.<br />
Im Jahr 2021 wurde mit Laser<strong>technik</strong><br />
weltweit ein Rekordumsatz in Höhe<br />
von rund 21 Mrd. US-Dollar erwirtschaftet.<br />
Und damit, laut Statista, 4 Mrd. US-<br />
Dollar mehr als im Jahr zuvor. Ungeachtet<br />
der zur Zeit vorhandenen allgemeinen<br />
konjunkturellen Unsicherheiten ist damit<br />
das Wachstumspotenzial des Lasers weiterhin<br />
ungebrochen hoch. Und seine Einsatzgebiete<br />
sind heute ebenso vielfältig<br />
wie seine Technologie.<br />
Einer der Innovationstreiber innerhalb<br />
der Medizin<strong>technik</strong>branche ist deshalb<br />
zweifelsohne die Laserindustrie. Der Laser<br />
steht beim Schneiden, Schweißen,<br />
Bohren, Härten, Markieren, Strukturieren<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Materialbearbeitung<br />
Produktionseffizienz<br />
Bauteilqualität<br />
Nachhaltigkeit<br />
Produktdesign<br />
oder im Bereich generativer Verfahren für<br />
eine hohe Vielfalt denkbarer Produkte aus<br />
unterschiedlichen Materialien. Und die<br />
Entwicklung ist noch lange nicht am Ende.<br />
Neues Verfahren verkürzt<br />
Bearbeitungszeiten erheblich<br />
Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut<br />
für Laser<strong>technik</strong> ILT beispielsweise haben<br />
jetzt ein neues, patentiertes Kombinationsverfahren<br />
entwickelt: das Simultane<br />
Beschichten und Zerspanen, auf Englisch<br />
Simul ta neous Machining and Coating,<br />
kurz Smac. „Wir haben in einem Bearbeitungsschritt<br />
die mechanische Bearbeitung<br />
mit dem Extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen<br />
(EHLA)<br />
kombiniert“, erklärt Viktor Glushych,<br />
Leiter der Gruppe Beschichtung LMD und<br />
Wärmebehandlung am ILT. „Damit verkürzen<br />
wir die Bearbeitungszeiten erheblich.“<br />
Je nach Anforderungsprofil und Beschichtungswerkstoff<br />
könne die Prozessdauer<br />
um mehr als 60 % reduziert werden.<br />
Demzufolge erlaube Smac eine hochproduktive,<br />
wirtschaftliche und vielseiti-<br />
ge Beschichtung von Bauteilen. Das neue<br />
Verfahren sei zudem unter ökologischen<br />
Gesichtspunkten interessant, weil Komponenten<br />
deutlich länger unbeschädigt<br />
im Einsatz bleiben könnten und seltener<br />
ausgetauscht werden müssten.<br />
Die Effizienz in der Produktion zu steigern,<br />
ist einer der Hauptgründe für den<br />
Einsatz von Lasertechnologie. Ressourcen<br />
schonender Materialeinsatz oder der<br />
Wegfall von Bearbeitungsschritten – aufgrund<br />
gesteigerter Bauteilqualität mit<br />
entsprechend weniger Nacharbeit – führen<br />
zu wettbewerbsfähigen Prozesswirkungsgraden.<br />
Der Laser steht also auch<br />
für Nachhaltigkeit. Die in der Regel hohe<br />
Fertigungsgeschwindigkeit sowie die große<br />
Flexibilität senken die Bauteilkosten<br />
ebenfalls. Viele neue Produktdesigns werden<br />
mit dem Laser erst machbar.<br />
Für die Materialbearbeitung steht heute<br />
eine Vielzahl unterschiedlicher Laser,<br />
mit einem nahezu unerschöpflichen<br />
Spektrum an Leistungen, Wellenlängen<br />
und Pulseigenschaften bereit. Je nach Anwendung<br />
kommen sie mit einer mittleren<br />
Strahlleistung zwischen rund 1 W und<br />
48 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
12 000 W zum Einsatz, in Einzelfällen<br />
auch darüber.<br />
Eine besonders große Produkt- und Parametervielfalt<br />
bieten die Festkörperlaser,<br />
mit Faser, Scheibe oder Stab als aktivem<br />
Medium. Je nach Ausführungsform können<br />
sie in einem sehr weiten Leistungsund<br />
Pulsdauerbereich betrieben werden<br />
und beispielsweise Stents präzise schneiden.<br />
Zur Verfügung stehen Wellenlängen<br />
von Infrarot über den sichtbaren Wellenlängenbereich<br />
bis zum Ultravioletten.<br />
Blaue Diodenlaser: geeignet<br />
für reflektierendes Material<br />
Diodenlaser, die in der Materialbearbeitung<br />
eingesetzt werden, emittieren typischerweise<br />
Licht um 1 μm Wellenlänge.<br />
Sie arbeiten selbst im Dauerstrichbetrieb<br />
mit hoher Energieeffizienz. Blaue Diodenlaser<br />
im sichtbaren Wellenlängenbereich<br />
von 450 nm eignen sich zur Bearbeitung<br />
von hochreflektierenden Metallen<br />
wie Kupfer oder Gold.<br />
CO 2 -Laser emittieren Licht mit einer<br />
Wellenlänge von rund 10 µm, die für eine<br />
Laser World of Photonics<br />
Die Laser World of Photonics feiert ihren<br />
50. Geburtstag – 1973 fand die erste Veranstaltung<br />
unter dem Namen Laser 73<br />
mit 100 Ausstellern statt. Dieses Jahr<br />
trifft sich die internationale Photonikbranche<br />
auf ihrer Weltleitmesse in München<br />
vom 27. bis 30. Juni 2023.<br />
Mittlerweile ist die Photonik zu einer<br />
Schlüsseltechnologie geworden, ohne<br />
die Innovationen in vielen Bereichen gar<br />
nicht mehr denkbar wären. Die Ausstellungsbereiche<br />
greifen sämtliche Themen<br />
auf, ebenso wie das Rahmenprogramm<br />
mit seinen Foren und Panels oder der<br />
Sonderschau „Photonics in Production“.<br />
Top-Wissenschaftler aus aller Welt sind<br />
auf dem parallel stattfindenden World of<br />
Reihe von Anwendungen geeignet ist, insbesondere<br />
bei der Bearbeitung nichtmetallischer<br />
Werkstoffe. Das Licht von Excimerlasern<br />
wiederum ist gepulst und liegt<br />
im ultravioletten Bereich von 157 bis 351<br />
nm. Excimerlaser werden vor allem in der<br />
Photonics Congress anzutreffen, der bereits<br />
am 25. Juni startet. Sechs Tage lang<br />
werden sie in wissenschaftlichen Konferenzen<br />
und anwendungsorientierten Panels<br />
ihre neuesten Forschungsergebnisse<br />
präsentieren und diskutieren.<br />
www.world-of-photonics.com<br />
www.photonics-congress.com<br />
(Bild: Messe München)<br />
Mikromaterialbearbeitung eingesetzt,<br />
beispielsweise zum Schneiden menschlichen<br />
Gewebes.<br />
Jens-Peter Knauer<br />
Fachjournalist in Leipzig<br />
Warum gibt’s<br />
immer mehr<br />
Roboter und<br />
immer weniger<br />
Arbeitslose?<br />
HIER FINDEN SIE DIE ANTWORTEN. AUTOMATICA 2023<br />
The Leading Exhibition for Smart Automation and Robotics<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 49<br />
27.–30. Juni 2023 | München<br />
automatica-munich.com
■ [ SPECIAL LASERTECHNIK ]<br />
World of Quantum<br />
wird Branchentreff<br />
Quantentechnologie | Zum zweiten Mal trifft sich die<br />
internationale Quanten-Community auf der World of<br />
Quantum. Die neue Plattform findet zeitgleich mit der<br />
Messe Laser World of Photonics in München statt.<br />
Forschungsinstitute, Unternehmen und Start-ups treiben mit<br />
Hochdruck praktische Anwendungen quantentechnologischer<br />
Lösungen voran. Die Messe München greift diese Dynamik<br />
mit der World of Quantum auf: Nach der erfolgreichen Premiere<br />
im Zuge der Laser World of Photonics 2022 mit fast 9000 Fachbesuchern,<br />
75 Ausstellern und 128 Fachvorträgen findet die neue<br />
Fachmesse in diesem Jahr vom 27. bis 30. Juni statt und bietet<br />
Gelegenheit zum fachlichen Austausch und persönlichen Gespräch<br />
unter anderem mit Pionieren der Quantenforschung.<br />
„Unsere Grundidee, die World of Quantum im Rahmen der Laser<br />
World of Photonics als eigenständige Fachmesse aufzubauen, ist<br />
voll aufgegangen“, erklärt Projektleiterin Anke Odouli. Zwischen<br />
beiden Messen gebe es umfangreiche Synergien, weil die Quantentechnologie<br />
maßgeblich auf der Photonik fuße und sich für<br />
viele ihrer Lösungen präzise Laser und photonische Komponenten<br />
zunutze mache. Die Überschneidungen zwischen der jungen<br />
World of Quantum und der Weltleitmesse für Komponenten,<br />
Die internationale Quantencommunity nutzt die Plattform World of<br />
Quantum, um sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen<br />
Systeme und Anwendungen der Photonik haben großen Einfluss<br />
auf das Messekonzept.<br />
Begleitet wird die World of Quantum von einem Rahmenprogramm,<br />
bei dem der Wissenstransfer im Mittelpunkt steht. Es<br />
spannt den Bogen von der Grundlagenforschung über praxisnahe<br />
Panels bis zum Hackathon und konzentriert sich dabei auf<br />
quantentechnologische Anwendungen im Computing, in der<br />
Kommunikation sowie in der Bildgebung und in der Sensorik.<br />
Neben konzentriertem Wissenstransfer bietet die World of Quantum<br />
2023 die Gelegenheit, führende Unternehmen und Netzwerke<br />
der internationalen Quantencommunity zu treffen. Außerdem<br />
haben sich zahlreiche Komponenten- und Lösungsanbieter<br />
sowie Anwender angekündigt.<br />
Für die World of Quantum, die Laser World of Photonics sowie<br />
die parallel stattfindende Messe Automatica gilt ein Ticket.<br />
www.world-of-photonics.com/de/messe/world-of-quantum/<br />
(Bild: Messe München)<br />
Laserqualität in Produktion und beim Wareneingang<br />
Das Ophir BeamSquared Messgerät von MKS ermittelt die Strahlkaustik von Lasern<br />
voll automatisiert und zuverlässig. In der Medizin<strong>technik</strong> punktet das robuste,<br />
tragbare System durch die Schnelligkeit und Präzision der Messungen: In weniger<br />
als einer Minute ermittelt Ophir BeamSquared die wichtigsten Kennzahlen sowohl<br />
von Dauerstrich als auch von gepulsten Lasern. Es kann gleichermaßen vertikal wie<br />
auch horizontal angewendet werden und lässt sich damit platzsparend in jede<br />
Messumgebung einfügen. Das Ophir BeamSquared Messgerät erfasst die Kenngrößen<br />
der Strahlausbreitung in X- und Y-Richtung, darunter Durchmesser und Lokation<br />
der Strahltaille, Divergenzwinkel, Rayleigh-Längen sowie M2 bzw. K-Zahl<br />
oder das Strahlparameter-Produkt sowie<br />
Astigmatismus und Asymmetrie.<br />
Erfahren Sie mehr unter:<br />
www.ophiropt.com<br />
(Bild: MKS|Ophir)<br />
PROMOTION<br />
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Ophir Spiricon Europe GmbH<br />
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Guerickeweg 7<br />
D-64291 Darmstadt<br />
Info-Ophir-EU@mksinst.com<br />
Tel: +49 6151-708-0<br />
Lasermarkieren<br />
Stationäres System erspart<br />
den Transport der Werkstücke<br />
Mit dem stationären Laser, dem Mobil-<br />
Mark Strasor, hat die Mobil-Mark GmbH,<br />
Ulm, nun ein flexibles Lasersystem im<br />
Portfolio, mit dem kleine, leichte Werkstücke<br />
in Serie an Ort und Stelle gekennzeichnet<br />
werden können. Das Lasersystem<br />
kann ohne zusätzlichen Schutz in Betrieb<br />
genommen werden. Es ist bedienerfreundlich<br />
und soll dem Anwender größtmögliche<br />
Flexibilität bieten. Bereits in der<br />
Basic-Variante enthält der Strasor alles,<br />
was für eine professionelle Lasergravur<br />
wichtig ist: Per Plug an Play ist er sofort<br />
einsatzfähig, verfügt über eine intuitive<br />
Beschriftungssoftware sowie eine durchdachte<br />
Schnittstellenarchitektur und<br />
kann mit Hilfe einer Rotationsachse auch<br />
umfängliche Laserbeschriftungen vornehmen.<br />
In der Advanced-Variante hat<br />
der Strasor eine Automatiktür für reduzierte<br />
Taktzeiten sowie abschließbare<br />
Schubladen mit integrierter Absaugung.<br />
50 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Faseroptiken<br />
Medizin<strong>technik</strong> profitiert von Mehrkernfaseroptiken<br />
für Laseranwendungen und germaniumdotierte Fasern<br />
Selektives Lasersintern<br />
Effizienter 3D-Druck für ein<br />
Medizinprodukt<br />
(Bild: Ceramoptec)<br />
Faseroptiken für Industrie- und Medizinlaser<br />
Die Ceramoptec GmbH, Bonn, zeigt auf<br />
der Laser World of Photonics ihr Glasfaserportfolio<br />
für Anwendungen in den Bereichen<br />
Industrie, Medizin und Labor<strong>technik</strong>.<br />
Im Mittelpunkt des Messeauftrittes<br />
stehen Mehrkernfaseroptiken für Laseranwendungen,<br />
germaniumdotierte Fasern<br />
für Spektroskopie und Sensorik sowie<br />
NCC (Non Circular Core, nichtrunder<br />
Kern)-Fasern mit polygonaler Kerngeometrie.<br />
Daneben zeigt der Faseroptikspezialist<br />
UV-resistente sowie metallbeschichtete<br />
Harsh-Environment-Fasern.<br />
Die Multicore-Faseroptiken, die für den<br />
Einsatz in fasergekoppelten Industrielasern<br />
konzipiert wurden, ermöglichen aufgrund<br />
ihrer konzentrischen Kerne eine<br />
bessere Kontrolle von Strahlformung und<br />
Leistungsdichte. Ab Werk sind Kabelausführungen<br />
für Wellenlängenbereiche von<br />
190 bis 1200, 300 bis 2400 und 700 bis<br />
2400 nm erhältlich. Für den Einsatz in<br />
rauen Umgebungen – wie Hochtemperatur-<br />
und Hochvakuum-Anwendungen<br />
oder in Verbindung mit aggressiven Chemikalien<br />
– stehen besonders widerstandsfähige<br />
Faserjackets aus Nylon, Acrylat,<br />
ETFE (Ethylen Tetrafluorethylen) und<br />
weiteren Materialien zur Verfügung. Ferner<br />
sind auch kundenindividuelle Faserdesigns<br />
– etwa mit polygonalen Kerngeometrien<br />
– realisierbar. Die Fasern der Produktlinie<br />
Optran NCC wurden speziell zur<br />
aktiven Laserstrahlformung in Ablations-,<br />
Beschichtungs- oder Schneidanwendungen<br />
entwickelt und werden ebenfalls in<br />
München präsentiert.<br />
www.ceramoptec.com<br />
Auf der Messe Laser: Halle B2, Stand 308<br />
Die 1zu1 Prototypen GmbH & Co KG,<br />
Dornbirn, Österreich, hat in einem Langzeitprojekt<br />
für die Storz Medical AG, Tägerwilen,<br />
Schweiz, mehr als 50000 zweiteilige<br />
Luftverteiler für ein Stoßwellentherapie-Gerät<br />
realisiert und so den Weg<br />
zur industriellen Serienproduktion im<br />
3D-Druck geebnet. Als EOS-Entwicklungspartner<br />
verfügt das Unternehmen<br />
über leistungsstarke Lasersinter-Anlagen<br />
und wirkt bei der Weiterentwicklung des<br />
3D-Drucks aktiv mit. Design und Stückzahl<br />
des Medizin<strong>technik</strong>-Produkts sind<br />
wie geschaffen für die Konstruktion im<br />
3D-Druck. Die geometrische Freiheit des<br />
Verfahrens ermöglicht platzsparende und<br />
strömungsoptimierte Komponenten mit<br />
integrierten Funktionen wie Kanälen,<br />
Hinterschnitten und Kammern.<br />
Der Einsatz modernster Technologie erlaubte<br />
nun die Weiterentwicklung der<br />
Komponente zur einteiligen Lösung. Dabei<br />
sammelte 1zu1 durch die Nutzung der<br />
Hochleistungsanlage EOS P500 rund zwei<br />
Jahre lang Praxiserfahrungen. Die Lasersinter-Anlage<br />
sorgt in Kombination mit<br />
optimierten Parametern für höchste Prozessstabilität<br />
und eine serienreife Wiederholgenauigkeit<br />
von nahezu 100 %.<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 51
■ [ SPECIAL LASERTECHNIK ]<br />
Lasermarkierter Bohrer für Oberschenkelknochen:<br />
Mit drei programmierbaren<br />
Achsen kann die Anlage auch anspruchsvolle<br />
Wünsche erfüllen<br />
(Bild: Foba)<br />
ROTATIONSEINHEIT OPTIMIERT<br />
UMLAUFENDES MARKIEREN<br />
Lasermarkieren | Auf steigende Anforderungen in der direkten Teilekennzeichnung reagierte der<br />
OEM- Lieferant Centex Machining and Welding mit der Anschaffung einer Foba M3000-P Markierstation.<br />
Damit gelang es, besondere Markiererfordernisse, speziell bei zylindrischen Teilen, zu lösen<br />
und die Markierzeit um 15 Stunden zu reduzieren.<br />
Die umlaufende Markierung von<br />
Rundteilen mit teilweise sehr kleinem<br />
Durchmesser gehört zu den anspruchsvollsten<br />
Aufgaben in der Lasermarkierung.<br />
Weil immer mehr Medizinprodukte<br />
in hoher Qualität und zur eindeutigen<br />
Rückverfolgbarkeit und Anwendungssicherheit<br />
direkt gekennzeichnet<br />
werden, setzt Centex Machining auf die<br />
Laserbeschriftung mit Foba.<br />
Die US-amerikanische Centex Machining<br />
Inc. ist spezialisiert auf die Fertigung<br />
komplexer Baugruppen und Implantate.<br />
Das Unternehmen aus Round Rock/Texas<br />
ist nach ISO 9001 und 13485 zertifiziert<br />
und versorgt seine Kunden mit hoher<br />
Qualität, kostengünstigen Produkten und<br />
innerhalb kurzer Lieferfristen. Gegründet<br />
im Jahr 1979, wurde die Medizinprodukteherstellung<br />
stetig ausgebaut. Mittlerweile<br />
mit den Vorschriften, Prozessen und<br />
IHR STICHWORT<br />
■ Wirtschaftliches Lasermarkieren<br />
■ Rotationseinheit zur Kennzeichnung<br />
zylindrischer Bauteile<br />
■ Lesbarkeit und Rückverfolgbarkeit selbst<br />
kleinster Markierinhalte<br />
Besonderheiten der Medizin<strong>technik</strong>industrie<br />
bestens vertraut, wurde Centex<br />
Machining zu einem der Top-Lieferanten<br />
für einige der größten OEMs der Branche.<br />
„Die meisten unserer Medizin<strong>technik</strong>-<br />
Kunden beauftragen uns mit der direkten<br />
Laserbeschriftung ihrer Teile“, sagt Ed<br />
Gross, Produktionsleiter bei Centex Machining.<br />
Vom orthopädischen Implantat<br />
bis zum chirurgischen Instrument, fast alle<br />
Teile erhalten eine Kennzeichnung:<br />
UDI-Codes müssen zuverlässig maschinenlesbar<br />
sein, um eine vollständige<br />
Rückverfolgbarkeit über den gesamten<br />
Produktlebenszyklus zu gewährleisten;<br />
Markenlogos, Warenzeichen oder Qualitätssiegel<br />
bieten Schutz vor Produktfälschungen;<br />
Tiefenmarken auf zylindrischen<br />
Geräten sorgen für Behandlungssicherheit.<br />
Herausforderung: Den Prozess<br />
verschlanken<br />
Die Markierung zylindrischer Teile mit<br />
umlaufendem Text gehörte lange zu den<br />
anspruchsvollsten Markieraufträgen bei<br />
Centex. Die Komplexität der Aufgabe<br />
machte mehrere Fertigungsschritte erforderlich.<br />
Das bedeutete erhöhten Zeitaufwand,<br />
sowohl für die Einrichtung aller<br />
Markierschritte als auch für die eigentliche<br />
Markierung. „Wir haben einen Mar-<br />
kiervorgang, der früher sechs Stunden<br />
Rüstzeit und zwölf Stunden Markierzeit<br />
erforderte, um 20 Teile in zwölf Fertigungsschritten<br />
zu markieren. Mit der Foba<br />
M3000 mit integrierter Optik sind nun<br />
alle zwölf Schritte in einer Maschine kombiniert.<br />
Die Rüstzeit sank auf zwei Stunden,<br />
die Markierzeit für 20 Teile auf eine<br />
Stunde“, beschreibt Ed Gross eine der bedeutendsten<br />
Verbesserungen, die Centex<br />
durch Fobas Markier<strong>technik</strong> erreichte.<br />
Die Foba M3000 ist der größe Markierarbeitsplatz<br />
der Foba M-Serie. Je nach<br />
Kundenanforderungen stehen optionale<br />
Funktionen zur Verfügung. „Die Hauptgründe<br />
für unsere Entscheidung für eine<br />
Foba M3000 waren die Größe des Markierfelds,<br />
die Kamera und die Markiersoftware“,<br />
sagt der Produktionsleiter von<br />
Centex Machining. „Die Anlage ist einfach<br />
anzuwenden und einzurichten. Insbesondere<br />
die direkte Draufsicht auf das zu<br />
markierende Teil und die unmittelbare<br />
Ausrichtung des Lasers erlauben uns eine<br />
hohe Genauigkeit bei der Platzierung der<br />
Markierung.“<br />
Mit einer maximalen Werkstückgröße<br />
von 970 x 490 x 450 mm und drei programmierbaren<br />
Achsen (X,Y,Z) ermöglicht<br />
die Foba M3000-P unterschiedliche<br />
Markieranwendungen. Zusätzlich verwendet<br />
Centex Machining eine Rotations-<br />
52 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
einheit, um Rundstücke in der Maschine<br />
zu drehen und damit spezielle Markieranforderungen<br />
zu lösen. Die Markieroptik ist<br />
direkt in den Markierkopf des Lasers integriert<br />
und vereinfacht die Ausrichtung der<br />
Lasermarkierung. Vorgelagerte Teileinspektion<br />
und nachgelagerte Auslesung<br />
der Markierung sichern auch wiederholbar<br />
stabile Markierergebnisse. Dies unterstützt<br />
Hersteller bei der Einhaltung von<br />
Qualitäts- und Validierungsstandards.<br />
In der Foba<br />
M3000-P Markierstation<br />
mit Rotationseinheit<br />
reduziert<br />
sich die Markierzeit<br />
um 15<br />
Stunden<br />
(Bild: Foba)<br />
Anwenderfreundlichkeit der<br />
Markiersoftware<br />
Das Foba-Markus-Software-Paket beinhaltet<br />
sowohl eine komfortable Benutzeroberfläche<br />
als auch leistungsfähige Funktionen<br />
für die Steuerung des Markierprozesses.<br />
Das integrierte optische System<br />
und eine „Advanced Operator Plug-<br />
In“-Software schaffen bei Centex Machining<br />
einen vollständig visualisierten Markierprozess.<br />
Die Applikationsingenieure, technische<br />
Servicemitarbeiter und Vertriebsberater<br />
von Foba stehen mit Expertenwissen<br />
schon frühzeitig für technische Nachfragen<br />
zur Verfügung. So lassen sich beispielsweise<br />
Applikationsparameter schon<br />
vorab bestimmen und die Maschineneinrichtung<br />
reibungslos umsetzen.<br />
Foba Laser Marking + Engraving gehört<br />
zur Alltec Angewandte Laserlicht<br />
Technologie GmbH, Selmsdorf. Zusätzliche<br />
Servicepakete und Angebote zur Gerätequalifizierung<br />
unterstützen mittels<br />
IQ/OQ- und langfristig mit PQ/MQ-Maßnahmen.<br />
Insbesondere auf dem Gebiet<br />
der medizinischen UDI-Kennzeichnung<br />
hilft das Know-how von Foba, regulatorische<br />
Standards in hoher Qualität umzusetzen.<br />
So können Unternehmen wie Centex<br />
Machining ihre hohen professionellen<br />
Ansprüche erfüllen.<br />
(su) ■<br />
www.fobalaser.com/de<br />
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Medical Optical Fiber Solutions<br />
PYROCOAT® Polyimide Coated Fiber<br />
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Hall A2, Stand 326<br />
www.ofsoptics.com/medical<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 53
■ [ SPECIAL LASERTECHNIK ]<br />
BIOFUNKTIONALISIERUNG<br />
MIT LASERSTRAHLEN<br />
Oberflächenbearbeitung | Durch Lasermaterialbearbeitung lassen sich Oberflächen gezielt funktionalisieren<br />
und so für medizintechnische Anwendungen vorbereiten. Am Fraunhofer-Institut für Laser<strong>technik</strong><br />
ILT erarbeiten Experten verschiedene Verfahren für den Einsatz in der Biomedizin<strong>technik</strong>.<br />
IHR STICHWORT<br />
■ Personalisierte Medizin<br />
■ Lasermaterialbearbeitung<br />
■ Oberflächenfunktionalisierung<br />
■ Mikro- und Nanostrukturen<br />
■ Bioprinting<br />
Parallele, kontinuierliche Perfusion von vier Organ-on-Chip Systemen<br />
Mit hochbrillianten Faserlasern können<br />
Kunststoffteile für Katheter<br />
und mikrofluidische Komponenten ohne<br />
Degradation und unter sterilen Bedingungen<br />
gefügt werden. Für Dosiersysteme<br />
und miniaturisierte Medikamentendepots<br />
werden mit Kurzpulslasern Poren mit Abmessungen<br />
von einigen Mikro- bis Millimetern<br />
sowohl in weichen und flexiblen<br />
Materialien wie Polymeren als auch in<br />
sprödharten Materialien wie Keramiken<br />
erzeugt. Zudem lassen sich mit Strukturierungs-<br />
und Abformprozessen Komponenten<br />
für die minimal-invasive Chirurgie<br />
und Diagnostik herstellen. Durch gezielte<br />
photochemische Funktionalisierung können<br />
die Benetzungseigenschaften sowie<br />
die Zelladhäsionseigenschaften von Oberflächen<br />
kontrolliert werden.<br />
Die Zellen unseres Körpers organisieren<br />
sich durch spezifische biologische Stimuli<br />
zu Geweben. Zur gezielten Kontrolle<br />
des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung<br />
unter Laborbedingungen (in vitro)<br />
untersuchen Experten des Fraunhofer<br />
ILT mechanische, topografische und<br />
molekulare Reize, die durch laserbasierte<br />
Modifizierungsschritte auf künstlichen<br />
Oberflächen ortselektiv realisiert werden<br />
können. Mikro- und Nanostrukturen verändern<br />
die Rauheit und Benetzbarkeit,<br />
wodurch Zelladhäsion, Proliferation und<br />
Differenzierung beeinflusst werden. Damit<br />
können Oberflächen geschaffen werden,<br />
die ein gerichtetes Zellwachstum begünstigen<br />
wie beispielsweise Nanorillen,<br />
welche durch Interferenzstrukturierung<br />
hergestellt werden können. Diese bewirken<br />
eine Änderung in der Verteilung der<br />
fokalen Adhäsionsstellen der Zelle und<br />
beeinflussen unter anderem komplexe<br />
Mechanismen wie die Zellproliferation<br />
und -differenzierung.<br />
Funktionalisierung durch<br />
Photoimmobilisierung<br />
Eine weitere Möglichkeit ist die selektive<br />
photochemische Funktionalisierung von<br />
Oberflächen durch Laserstrahlung. Durch<br />
Photooxidation entstehenden Ankergruppen,<br />
die zur kovalenten Immobilisierung<br />
von bioaktiven Molekülen wie Peptiden,<br />
Proteinen oder Wachstumsfaktoren genutzt<br />
werden können. Ebenso können<br />
photoaktivierbare Moleküle, so genannte<br />
Photolinker, dazu genutzt werden, selektiv<br />
in bestrahlten Zonen an Polymeroberflächen<br />
anzubinden und für die weitere<br />
Funktionalisierung mit bioaktiven Verbindungen<br />
zur Verfügung zu stehen. Mögliche<br />
Anwendungen finden sich im Bereich<br />
des Tissue Engineering, zur Züchtung<br />
künstlichen Gewebes und für die Assay<br />
Entwicklung zur gezielten Steuerung der<br />
Zelldifferenzierung von IPSCs (induced<br />
pluripotent stem cells).<br />
In der individualisierten Medizin werden<br />
Medikamente an Zellkulturen der Patienten<br />
auf Wirkungen und Nebenwirkungen<br />
getestet, um dadurch vorab maßgeschneiderte<br />
Therapien zu ermöglichen.<br />
Dazu werden so genannte induzierte pluripotente<br />
Stammzellen aus dem Körpergewebe<br />
der jeweiligen Patienten gewonnen,<br />
die für die Medikamententests in verschiedene<br />
Gewebearten ausdifferenziert<br />
werden können. Zur wirtschaftlichen<br />
Herstellung der Gewebeproben ist es erforderlich,<br />
IPSC-Kulturen automatisiert<br />
zu züchten, zu analysieren und zu sortieren.<br />
Hierzu hat das Fraunhofer ILT einen<br />
Kombinationsprozess aus einem kontakt-<br />
(Bild: Fraunhofer ILT)<br />
54 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Weitere Informationen<br />
Auf der Laser World of Photonics<br />
gibt Dr. Lenenbach am Fraunhofer-<br />
Gemeinschaftsstand Auskünfte<br />
rund um biomedizintechnische<br />
Laserverfahren und Technologien.<br />
www.ilt.fraunhofer.de<br />
Auf der Messe: Halle A3, Stand 441<br />
(Bild: Fraunhofer ILT)<br />
losen Laser induzierten Bioprinting Prozess<br />
(LIFT, Laser induces forward transfer)<br />
und einer am Fraunhofer-Institut für<br />
Produktionstechnologie IPT entwickelten<br />
Highspeed-Mikroskopie entwickelt. Die<br />
Kombination ermöglicht es, Zellkulturen<br />
in 6-Well-Mikrotiter-Platten zu kultivieren<br />
und gezielt Zellen aus der Kultur zu<br />
entnehmen und diese zu verdrucken oder<br />
weiter zu kultivieren.<br />
Neben der Oberflächenfunktionalisierung<br />
und dem Bioprinting mit Laserstrahlung<br />
können funktionelle Gerüste und Organ-on-Chip-Mikrofluidiken<br />
auch additiv<br />
mit einem hohen Freiheitsgrad in der Auslegung<br />
des Designs hergestellt werden.<br />
Fertigungsverfahren für Organon-Chip-Mikrofluidiken<br />
Anwendungen sind beispielsweise der<br />
Aufbau von Stützgerüsten für die Geweberegeneration<br />
für Haut oder Herzklappen<br />
oder Testsysteme für die Medikamentenentwicklung.<br />
Dabei sind personalisierte<br />
Systeme, die mit patienteneigenen Zellen<br />
besiedelt werden, ein erfolgversprechender<br />
Ansatz, um patientenspezifische<br />
Therapien zu entwickeln. Hierfür entwickeln<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
des Fraunhofer ILT Laserpolymerisationsverfahren<br />
zur Herstellung von<br />
Stützstrukturen und Mikrofluidiken mit<br />
künstlichen Versorgungssystemen. Diese<br />
bestehen aus biokompatiblen und bioabbaubaren<br />
Polymeren, die für die anschließende<br />
Zellbesiedelung ausgelegt sind. ■<br />
Dr. Elke Bremus-Köbberling, Dr. Nadine<br />
Nottrodt und Dr. Achim Lenenbach<br />
Fraunhofer ILT, Aachen<br />
www.ilt.fraunhofer.de<br />
Aktin gefärbter 3T3<br />
Fibroblastensphäroid<br />
für den Lift (Laser-Induced-<br />
For-<br />
ward-Transfer)-<br />
Transfer, kultiviert<br />
in lasergefertigten<br />
Mikronäpfchen<br />
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Fluorkunststoffe, Edelstähle, Polyolefine, Polyamide u.v.m.<br />
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03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 55
■ [ SPECIAL LASERTECHNIK ]<br />
DER FEMTOSEKUNDENLASER<br />
SCHNEIDET FAST JEDES MATERIAL<br />
Laserschneiden | Der Femtosekunden (fs) -Laser hat sich von einer vielversprechenden Methode zu einem<br />
richtigen Produktionswerkzeug entwickelt. Ein Grund ist die wachsende Nachfrage nach hoher<br />
Schnittqualität bei medizinischen Geräten und anderen Präzisionskomponenten.<br />
In vielen Märkten für Laserbearbeitung<br />
schreitet die Miniaturisierung voran,<br />
entweder um die Funktionalität zu erhöhen,<br />
ohne die Gesamtabmessungen zu<br />
vergrößern, oder um völlig neue Anwendungen<br />
zu erschließen. Medizinische Instrumente<br />
wie periphere Stents oder minimal-invasive<br />
Werkzeuge, die sich durch<br />
kleinere, dünnwandigere Komponenten<br />
mit einer höheren Anzahl von Schnittdetails<br />
auszeichnen, sind zweifellos der<br />
Hauptgrund für den jüngsten Anstieg der<br />
Nachfrage nach fs-Laserbearbeitung. Dies<br />
gilt insbesondere für die Nachfrage nach<br />
Maschinen, die für das Schneiden von<br />
rohrförmigen Geometrien konfiguriert<br />
sind. Aber auch andere Branchen setzen<br />
auf diese Technologie.<br />
Einer der Vorteile der fs-Lasertechnologie<br />
ist ihre Fähigkeit, nahezu jedes Material<br />
bearbeiten zu können. Zu den ersten<br />
Anwendungen dieser Lasertechnologie<br />
gehörten bioresorbierbare Stents.<br />
Stents, die im Laufe der Zeit vom Körper<br />
aufgelöst werden, sind eine Lösung für<br />
das Problem der Restenose, bei der Stents<br />
manchmal als Stellen für die Neubildung<br />
von Plaque und Gefäßverstopfung dienen.<br />
Die ersten Beispiele wurden aus organischen<br />
Stoffen wie Polymilchsäure (Poly-<br />
L-Lactid, PLLA) hergestellt. Anfänglich<br />
wurden grüne Pikosekunden-Laser verwendet,<br />
doch die Ergebnisse waren nicht<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
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■<br />
Laserschneiden mit Femtosekundenlaser<br />
Vergleich mit Faserlaser<br />
Einsatz in medizintechnischen<br />
Anwendungen<br />
Miniaturisierung<br />
Femtosekunden-Laser können praktisch jedes Material mit hervorragender<br />
Kantenqualität und ohne Wärmeeinflusszone schneiden<br />
optimal, so dass bald fs-Laser als De-facto-<br />
Standard eingeführt wurden. Dann wurden<br />
resorbierbare Metallstents (Magnesium)<br />
entwickelt. Bei der Bearbeitung mit<br />
dem Faserlaser entstanden kleine Metalltröpfchen,<br />
die gereinigt werden mussten,<br />
wodurch die empfindlichen Stents oft zerbrachen<br />
und die Ausbeute nur 50 % betrug.<br />
Auch hier wurde der fs-Laser zum<br />
Standardverfahren. Andere frühe Anwender<br />
waren die dünnen Platin- und Iridium-Röntgenmarker,<br />
die aus dünnwandigen<br />
Rohren (~40 µm) aus diesen hochwertigen<br />
Metallen geschnitten wurden.<br />
Heute werden fs-Lasermaschinen für<br />
alle Arten von Materialien für medizinische<br />
Instrumente eingesetzt, einschließlich<br />
der immer beliebteren Nitinol-Komponenten<br />
(superelastisches Metall) wie<br />
Stents und Herzklappengerüste. Diese<br />
Verlagerung ist eine unmittelbare Folge<br />
der niedrigeren Gesamtkosten dank der<br />
Verringerung des arbeitsintensiven Entgratens<br />
und Elektropolierens und einer<br />
entsprechenden Erhöhung der Ausbeute<br />
und Verringerung des Nitinolabfalls. Der<br />
fs-Laser macht auch das Nass-Schneiden<br />
überflüssig, das bei Faserlasern zur Kontrolle<br />
der Wärmeeinflusszone (WEZ) erforderlich<br />
ist. Die höhere verfügbare Leistung<br />
des neuesten fs-Lasers ermöglicht<br />
zudem dickere Instrumente wie periphere<br />
Venenstents, die einen größeren Durchmesser<br />
haben müssen als arterielle<br />
Stents, sowie Herzklappenrahmen (500<br />
bis 700 µm Wandstärke).<br />
Wahl zwischen Faserlaser oder<br />
Femtosekundenlaser<br />
Das Laserschneiden mit Femtosekunden-<br />
Lasern gewinnt auf dem Markt für medizinische<br />
Instrumente immer mehr an Bedeutung.<br />
Die größte Frage für jeden, der<br />
heute eine neue Maschine erwirbt, ist<br />
vielleicht die nach der Wahl zwischen<br />
Femtosekunden- oder Faserlaser. Der verbleibende<br />
Hauptvorteil des Faserlasers<br />
besteht darin, dass er aufgrund seiner höheren<br />
verfügbaren Leistung schneller<br />
schneiden kann und dickere Teile schnei-<br />
(Bild: Coherent)<br />
56 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Vom Faserlaser zum<br />
Femtosekundenlaser<br />
Für die Verschiebung von länger gepulsten<br />
Lasern wie beispielsweise<br />
Faserlasern hin zur fs-Laserbearbeitung<br />
mit Femtosekundenlasern gibt<br />
es vier Hauptgründe:<br />
■ eine wachsende Nachfrage nach<br />
Bauteilen, die nur oder viel besser<br />
mit fs-Lasern geschnitten werden<br />
können,<br />
■ die überlegene Kantenqualität bei<br />
der fs-Laserbearbeitung,<br />
■ die verbesserten Gesamtkosten<br />
von fs-Lasern haben einen wirtschaftlichen<br />
Wendepunkt erreicht,<br />
■ einfacher zu bedienende schlüsselfertige<br />
fs-Systeme mit intuitiver,<br />
benutzerfreundlicher GUI sind<br />
heute verfügbar.<br />
den kann. Bei dünneren Teilen werden<br />
die Leistungs- und Geschwindigkeitsvorteile<br />
jedoch oft geschmälert. Denn bei diesen<br />
Teilen müssen die Wiederholrate gesenkt<br />
und kumulative thermische Schäden<br />
vermieden werden.<br />
Unterm Strich hängt die Wahl des optimalen<br />
Lasertyps also von den spezifischen<br />
Anforderungen der jeweiligen Anwendung<br />
ab. Und selbst bei einem einzelnen<br />
Bauteil kann es Schnitte geben, die<br />
mit einem Faserlaser wirtschaftlicher ausgeführt<br />
werden können als mit einem fs-<br />
Laser, und umgekehrt. Dies ist einer der<br />
Gründe, warum die neuesten Lasermaschinen<br />
zum Schneiden medizinischer Instrumente<br />
jetzt wahlweise mit Femtosekunden-<br />
oder Faserlaser oder als Hybridoption<br />
mit beiden Lasern erhältlich sind.<br />
Ein Beispiel für diesen Maschinentyp<br />
ist die Starcut-Tube-Serie der Coherent<br />
Inc., Santa Clara, CA/USA. Bei dieser Anlage<br />
des Anbieters von Lasern und Photoniklösungen<br />
ermöglicht die Software den<br />
Wechsel zwischen den Lasertypen sogar<br />
während des Schneidens eines einzelnen<br />
Bauteils, was eine äußerst kosteneffiziente<br />
Produktion ermöglicht.<br />
Motion Dynamics aus Fruitport, MI/<br />
USA, ist ein Hersteller, der sich auf kundenspezifische<br />
Mikrofedern, medizinische<br />
Spulen und Drahtkomponenten spezialisiert<br />
hat und sich zum Ziel gesetzt<br />
Der flexible Edelstahlschlauch (neben einem Bleistiftende mit Radiergummi)<br />
wurde mit einem Monaco-Femtosekunden-Laser geschnitten<br />
hat, die Probleme seiner Kunden in kürzester<br />
Zeit zu lösen. Ganz gleich wie komplex<br />
oder scheinbar unmöglich sie erscheinen.<br />
Einsatz bei Unterbaugruppen<br />
für neurologische Verfahren<br />
Im Bereich der Medizin<strong>technik</strong> liegt der<br />
Schwerpunkt auf komplexen Baugruppen<br />
für neurovaskuläre Verfahren. Sie umfassen<br />
die Entwicklung, Herstellung und<br />
Montage von hochwertigen Drahtkomponenten<br />
für Anwendungen wie steuerbare<br />
Kathetergeräte, einschließlich „Pull-Wire“-Baugruppen.<br />
Chris Witham, Präsident<br />
von Motion Dynamics: „Mit dem Laserschneiden<br />
erzeugen wir die Komponenten,<br />
die wir brauchen, um die hochwertigen<br />
‚schwierigen‘ Baugruppen herzustellen,<br />
die zu unserer Spezialität und unserem<br />
Ruf geworden sind. Wir verwenden<br />
seit mehreren Jahren eine Coherent Starcut<br />
Tube, die mit einem Femtosekunden-<br />
Laser ausgestattet ist. Die steigende Kundennachfrage<br />
führte dazu, dass wir diese<br />
Maschine in zwei oder sogar drei Schichten<br />
pro Tag betreiben mussten.“ Deshalb<br />
habe sein Unternehmen 2019 eine weitere<br />
Maschine angeschafft. Dieses Mal entschied<br />
man sich für ein Hybridmodell, das<br />
sowohl einen Femtosekunden- als auch<br />
einen Faserlaser enthält, um maximale<br />
Vielseitigkeit und Nutzen zu bieten, so<br />
Witham. Der Vorteil: Diese Maschinen<br />
funktionieren bei einer ganzen Reihe von<br />
Metallen wie Edelstahl, reinem Gold, Platin<br />
und Nitinol gleichermaßen gut. ■<br />
Thomas Schreiner und Roland Wölzlein<br />
Coherent, München<br />
Materialbearbeitung: Vorteile des fs-Lasers<br />
Bei der Materialbearbeitung liefert der<br />
Femtosekunden(fs)-Laser wesentlich kürzere<br />
Pulse als Mikrosekunden- und Nanosekundenlasern<br />
mit viel höherer Spitzenleistung.<br />
Sie verdampfene das Material<br />
sofort, bevor die Wärme in das Teil gelangt.<br />
Diese Pulseigenschaften ermöglichen<br />
auch die Bearbeitung beliebiger<br />
Materialien sowie die Bearbeitung von<br />
Teilen aus gemischten Materialien wie<br />
Polymer-/Metallschichten. Zudem erzeugen<br />
fs-Laserpulse keine Ablagerungen, so<br />
dass nach dem Schneiden kein Schleifen/<br />
Polieren erforderlich ist.<br />
Ebenso wichtig ist, dass die Femtosekunden-Laser<br />
einen neuen Reifegrad in Bezug<br />
auf Leistung, Wirtschaftlichkeit und<br />
Zuverlässigkeit erreicht haben. Ein Beispiel<br />
dafür ist die Monaco-Serie von Coherent,<br />
deren maximale Leistung sukzessive<br />
von weniger als 20 W auf über 60 W<br />
erhöht wurde.<br />
Ein weiterer Vorteil ist die Verfügbarkeit<br />
schlüsselfertiger industrieller Schneidund<br />
Bearbeitungssysteme, die für gängige<br />
Aufgaben optimiert sind. Hersteller<br />
von Elektronik, medizinischen Instrumenten<br />
und anderen Präzisionskomponenten<br />
benötigen Komplettlösungen<br />
und keine Einzellaser. Flexible, leicht zu<br />
bedienende Software sowie die Flexibilität<br />
und Vielseitigkeit der Maschinen sind<br />
der Schlüssel zu vielen Anwendungen in<br />
der Medizin<strong>technik</strong>, wo Auftragsfertiger<br />
in der Regel kleine Chargen vieler verschiedener<br />
kundenspezifischer Geräte<br />
herstellen.<br />
Mehr zur Monaco-Serie: hier.pro/CRvtj<br />
(Bild: Motion Dynamics)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 57
■ [ FOKUS FORSCHUNG ]<br />
Das minaturisierte<br />
Muskelimplantat ist<br />
nur 3 cm lang und<br />
knapp 1 mm dick<br />
(Bild: Fraunhofer IBMT)<br />
Implantat stoppt Muskel-Tremor<br />
Muskelstimulation | Wie lässt sich bei Menschen mit Muskelzittern der Tremor stoppen?<br />
Winzige Elektroden in der Muskulatur können bei Bedarf elektrische Stimuli setzen.<br />
Wann das erforderlich ist, zeigen externe Elektroden und Controller. An solchen<br />
neuromuskulären Schnittstellen arbeiten Forscher weiter.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
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Muskelstimulation bei Tremor<br />
Sehr kleine Implantate<br />
Netzwerk aus implantierten Strukturen<br />
und externen Komponenten<br />
Plattform aus dem EU-Projekt Extend<br />
Ein kompakter Controller am Gürtel<br />
oder unter der Jacke, ein paar unauffällige<br />
Textilelektroden an Armen und<br />
Beinen sowie 3 cm lange und knapp 1 mm<br />
dünne Elektroden, die im Muskel platziert<br />
werden – mehr ist nicht nötig, um Menschen<br />
mit Tremorerkrankungen in Zukunft<br />
zu helfen. Eine neue Technologie,<br />
an der Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts<br />
für Biomedizinische Technik IBMT,<br />
Sulzbach, mit Verbundpartnern gearbeitet<br />
haben, soll das ermöglichen.<br />
Sobald das Zittern einsetzt,<br />
erhalten Muskeln den Stimulus<br />
Die Grundidee dahinter: Immer wenn das<br />
Muskelzittern einsetzt, sendet das System<br />
elektrische Stimuli in die Muskulatur. Das<br />
Nervensystem registriert diese und<br />
schickt dann keine Störsignale mehr in<br />
die Muskeln. Diese beruhigen sich wieder.<br />
Das Set aus intramuskulären und externen<br />
Elektroden sowie dazugehörigem<br />
Controller, das dies bewirkt, haben die<br />
Partner bereits entworfen, gefertigt, integriert<br />
und in Experimenten getestet.<br />
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
haben in ihren Tests schon konkrete<br />
Erfolge vorzuweisen. „In Versuchen<br />
mit Patienten ist es uns gelungen, das<br />
Muskelzittern deutlich zu reduzieren“, erläutert<br />
Andreas Schneider-Ickert, Projektleiter<br />
Aktive Implantate und Innovationsmanager<br />
am Fraunhofer Technik IBMT.<br />
Die Technik verknüpft die implantierten<br />
Elektroden mittels externer Controller zu<br />
einem intelligenten Netzwerk. Die Komponenten<br />
kommunizieren drahtlos, tauschen<br />
Daten aus, detektieren Muskelsignale<br />
und senden gezielt Stimuli. Die Technologie<br />
soll künftig Menschen mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen wie Tremor<br />
oder Lähmungssymptomen helfen.<br />
Das System ist Teil des von der EU geförderten<br />
Verbundprojekts Extend. Im<br />
58 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Projekt soll eine vielseitig einsetzbare<br />
Plattform verteilter neuronaler Schnittstellen<br />
entstehen. Insgesamt neun Partner<br />
aus fünf Ländern sind daran beteiligt.<br />
Ein zentrales Element von Extend sind<br />
die Implantate. Diese sind aus biokompatiblem<br />
Platin-Iridium und Silikon gefertigt.<br />
Über einen Katheter werden sie in<br />
den Muskel injiziert. Das mit 3 cm Länge<br />
und knapp 1 mm Durchmesser winzige<br />
Implantat verfügt an beiden Enden über<br />
eine Elektrode, die jeweils als Sensor oder<br />
Aktor fungiert. Das Modul erhält seine<br />
Energie über externe, in Textilband eingenähte<br />
Elektroden. Diese speisen über das<br />
Muskelgewebe gepulsten Wechselstrom<br />
an das Implantat. „Innovativ ist nicht nur<br />
das intelligente Zusammenspiel zwischen<br />
Steuerelektronik, Sensoren und Aktoren,<br />
sondern auch das Prinzip, den Wechselstrom<br />
zu modulieren, um Daten zu übermitteln“,<br />
erläutert Schneider-Ickert.<br />
Nervensystem des Patienten<br />
spielt die entscheidende Rolle<br />
Einmal implantiert und in Betrieb ge -<br />
nommen, registrieren die Sensoren die<br />
ersten Anzeichen von Muskelzittern und<br />
geben die Informationen an die externen<br />
Komponenten weiter. Der Controller<br />
wertet die Daten aus und schickt über die<br />
Textilelektroden Signale zur Stimulation<br />
des Muskels – ein geschlossener Regelkreis<br />
liegt vor. Das stimulierende Signal<br />
selbst ist aber allein nicht stark genug, um<br />
beim Muskel direkt eine Kontraktion aus -<br />
zu lösen. Vielmehr spielt das Nerven -<br />
system hier die entscheidende Rolle. Es<br />
registriert die Stimulation im Muskelgewebe<br />
und reagiert darauf, indem es die<br />
Befehle einstellt, die das Muskelzittern<br />
auslösen.<br />
So lautet zumindest die Theorie, denn<br />
bis ins Detail erforscht ist der Zusammenhang<br />
zwischen Tremor und den Signalen<br />
des Nervensystems bisher noch nicht. „Allerdings<br />
funktioniert unsere Methode in<br />
klinischen Versuchen erstaunlich gut“,<br />
sagt Schneider-Ickert. „Die ersten Versuche<br />
haben gezeigt, dass es ausreicht, die<br />
Patientin oder den Patienten für ein oder<br />
zwei Stunden mit Stimuli zu versorgen,<br />
Ein Tremor, also das vom Menschen nicht kontrollierbare Zittern, kann<br />
alltägliche Bewegungen erheblich erschweren<br />
um die Tremor-Symptome für einen längeren<br />
Zeitraum zu reduzieren.“<br />
Da Tremor oftmals an beiden Armen<br />
und beiden Beinen auftritt, können in allen<br />
betroffenen Muskelgruppen Implantate<br />
injiziert und externe Textilelektroden<br />
platziert werden. So entsteht ein verteiltes<br />
Sensorik-Netzwerk. Die Controller<br />
haben alle implantierten und alle externen<br />
Elektroden gleichzeitig im Blick und<br />
können diese aufeinander abgestimmt<br />
steuern. Dies alles geschieht in Echtzeit,<br />
der Mensch nimmt keine Verzögerung<br />
wahr.<br />
Eine Stimulation über implantierte<br />
Systeme gibt es in der Medizin zwar<br />
schon. Doch bisherige Methoden gehen<br />
mit komplexen chirurgischen Eingriffen<br />
einher, die Patienten erheblich belasten.<br />
Die Technologie des Verbundprojekts Extend<br />
ist ebenso funktional wie klassische<br />
Implantatsysteme, aber nur minimal-invasiv<br />
und daher für einen Patienten leichter<br />
zu akzeptieren und alltagstauglich.<br />
Die Technologie-Plattform aus dem<br />
Projekt Extend könnte sogar Menschen<br />
mit Rückenmarksverletzungen durch motorisierte<br />
Exoskelette helfen. Möglich ist<br />
das deshalb, weil die Nervenstränge bei<br />
Lähmungen oftmals nicht vollständig gekappt<br />
sind. Sie leiten immer noch, wenn<br />
auch sehr schwach, Stimuli vom Gehirn<br />
weiter. Die Sensoren im System registrieren<br />
diese Aktivität und geben sie an den<br />
Controller weiter. Dieser analysiert alle<br />
Signale, schließt daraus, welche Bewegung<br />
der Mensch ausführen will, und aktiviert<br />
dann genau jene Prothesen, die die<br />
Muskulatur beim Ausführen der gewünschten<br />
Bewegung unterstützen.<br />
Das Grundkonzept stammt von einem<br />
spanischen Projektpartner. Auf dieser Basis<br />
haben die Forschenden am Fraunhofer<br />
IBMT die Elektroden und implantierbare<br />
Komponenten entworfen, im eigenen<br />
Reinraum gefertigt und integriert. Die<br />
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
blicken bereits auf eine über 25-jährige<br />
Expertise im Bereich der Neuroprothetik<br />
und aktiven Implantate zurück.<br />
Nach den ersten erfolgreichen Tests<br />
wurden die in Extend eingesetzten Konzepte<br />
und Technologien weiterentwickelt,<br />
miniaturisiert, optimiert und weitere Implementierungsstudien<br />
durchgeführt. Damit<br />
konnte das Projekt mit einem erfolgreichen<br />
Proof of Concept des miniaturisierten<br />
integrierten Gesamtsystems im<br />
Menschen abgeschlossen werden. Das<br />
Fraunhofer IBMT wird das im Projekt Extend<br />
entstandene Know-how künftig nutzen,<br />
um seine Expertise auf dem Gebiet<br />
der neuromuskulären und neuronalen<br />
Schnittstellen weiter auszubauen. (op)■<br />
Weitere Informationen<br />
Mehr über das Projekt Extend:<br />
https://extend-project.eu<br />
(Bild: stock.adobe.com/Alessandro Grandini)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 59
■ [ RECHT ]<br />
Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz:<br />
Alles unter Kontrolle?<br />
Lieferantenmanagement | Das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz stellt die unternehmerische<br />
und soziale Verantwortung der Lieferanten in den Vordergrund. Auch Medizin<strong>technik</strong>-Hersteller<br />
und ihre Zulieferer sind betroffen. Handeln ist angesagt, sonst drohen ein Lieferanten-Wechsel<br />
oder ein Re-Design bei bestimmten Produkten.<br />
Am 1. Januar ist das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz<br />
(LkSG) in Kraft<br />
getreten. In Deutschland ansässige Unternehmen<br />
mit mehr als 3000, ab 2024 mit<br />
mehr als 1000 Mitarbeitern, müssen bei<br />
ihren Lieferanten für die Einhaltung von<br />
Umwelt- und Menschenrechtsstandards<br />
sorgen und ihre Bemühungen einmal<br />
jährlich dokumentieren. Das sei im Prinzip<br />
richtig, sagen der Verband Deutscher<br />
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA)<br />
IHR STICHWORT<br />
■ Lieferantenmanagement optimieren<br />
■ Lieferkettengesetz: Strenge Regeln fürs<br />
eigene Unternehmen und Zulieferer<br />
■ Anforderungen an den Einkauf<br />
■ Aufschub bei Berichterstattung<br />
und der Bundesverband Medizintechnologie<br />
(BVMed). Aber: Insbesondere kleine<br />
und mittlere Unternehmen könnten die<br />
Anforderungen an Risikomanagement,<br />
Dokumentation und Berichtspflicht organisatorisch<br />
und wirtschaftlich nur schwer<br />
bis gar nicht erfüllen. Obwohl vom Gesetz<br />
nicht direkt betroffen, sind auch sie im<br />
Obligo. Und zwar in ihrer Rolle als Lieferanten<br />
größerer Unternehmen, denen gegenüber<br />
sie ihre Nachhaltigkeit belegen<br />
müssen. Damit wirkt das LkSG tief in die<br />
Lieferketten hinein.<br />
Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft<br />
und Ausfuhrkontrolle (Bafa) will<br />
keine Zweifel daran aufkommen lassen,<br />
dass es die Umsetzung strikt kontrollieren<br />
und bei schweren Verstößen Bußgelder<br />
verhängen wird. Dies sind bis zu 8 Mio.<br />
Euro oder bis 2 % des Jahresumsatzes,<br />
wenn dieser 400 Mio. Euro überschreitet.<br />
Das Bafa kann Personen vorladen, Geschäftsräume<br />
betreten, Unterlagen einsehen<br />
und prüfen und Geschäftsführungen<br />
zu konkreten Handlungen auffordern.<br />
„Im ersten Jahr gilt dies insbesondere<br />
hinsichtlich der Sorgfaltspflichten, die bereits<br />
mit dem Inkrafttreten erfüllt sein<br />
müssen. Dazu gehören etwa die Festlegung<br />
der Zuständigkeit für die Überwachung<br />
des Risikomanagements sowie die<br />
Einrichtung eines funktionierenden Beschwerdeverfahrens“,<br />
so Bafa-Sprecher<br />
Dr. Nikolai Hoberg. Lediglich für die Berichterstattung<br />
gibt es jetzt einen kleinen<br />
Aufschub. Eigentlich müssen Unternehmen<br />
die Umsetzung des LkSG jeweils vier<br />
Monate nach dem Schluss eines Geschäftsjahres<br />
nachweisen. Im März hat<br />
die Behörde mitgeteilt, erst ab Juni 2024<br />
die Einhaltung der Berichtspflicht überprüfen<br />
zu wollen.<br />
Neue Systeme und Prozesse für<br />
die Umsetzung<br />
Bereits zum Stichtag 1. Januar 2023<br />
mussten Unternehmen Beschwerdestellen<br />
eingerichtet und Grundsatzerklärungen<br />
verabschiedet haben. „Diese Aufgabe<br />
haben die allermeisten pünktlich erfüllt.<br />
60 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
(Bild: tippapatt/stock.adobe.com)<br />
Unterschiedlich weit fortgeschritten sind<br />
die Unternehmen bei der Risikoanalyse<br />
und dem Maßnahmenkatalog, der festlegt,<br />
wie man bei Verstößen von Lieferanten<br />
vorgehen will“, sagt Dr. Gökhan Yüzgülec,<br />
Managing Director der Inverto<br />
GmbH, der auf Einkauf und Supply-<br />
Chain-Management spezialisierten Tochtergesellschaft<br />
der Boston Consulting<br />
Group. Es gelte, effiziente Prozesse aufzusetzen<br />
und die Kriterien aus dem Gesetz<br />
im Risikomanagement und in der Lieferantensteuerung<br />
abzubilden. Es müssten<br />
Lieferantenverträge überarbeitet, Controllingsysteme<br />
etabliert und Lieferantenschulungen<br />
in puncto Compliance und<br />
Nachhaltigkeit organisiert werden.<br />
Produkte der Medizin<strong>technik</strong> haben einen<br />
hohen Anteil an Materialien, deren<br />
Abbau und Verarbeitung regelmäßig mit<br />
menschenrechtlichen oder umweltbezogenen<br />
Problemen in Zusammenhang gebracht<br />
werden. Wenn im Rahmen der Risikoanalyse<br />
auf Lieferantenseite prekäre<br />
Verhältnisse festgestellt werden, müssen<br />
diese zunächst abgestellt und sodann Präventionsmaßnahmen<br />
ergriffen werden,<br />
damit der Lieferant künftig gesetzeskonform<br />
arbeitet. Im Fokus stehen dabei die<br />
unmittelbaren Zulieferer. Aber auch deren<br />
Lieferanten sind im Auge zu behalten.<br />
Bei „substanziierter Kenntnis über eine<br />
mögliche Verletzung einer geschützten<br />
Rechtsposition oder einer umweltbezogenen<br />
Pflicht“ muss laut Gesetz auch hier<br />
eingegriffen werden. Unternehmen sollten<br />
schon jetzt Szenarien für Problemfälle<br />
entwickeln. Ein Lieferantenwechsel wäre<br />
Neben dem Lieferanten- und<br />
Risikomanagement verlangt<br />
das Gesetz konkrete Maßnahmen<br />
in den Bereichen Unternehmenskommunikation<br />
und<br />
Compliance. Auch eine jährliche<br />
Dokumentations- und Berichtspflicht<br />
ist vorgesehen.<br />
die Ultima Ratio. Zunächst sollte gemeinsam<br />
nach Lösungen gesucht werden.<br />
Ein Re-Design von Produkten kann die<br />
strategisch bessere Option sein: eine Verbesserung<br />
der Umweltverträglichkeit<br />
durch den Einsatz von alternativen Komponenten<br />
oder Materialien. Weil ohnehin<br />
viele Unternehmen aufgrund von Verknappungen<br />
und -verteuerungen zu Veränderungen<br />
gezwungen seien, lasse sich<br />
hier der Hebel ansetzen, so Dr. Yüzgülec,<br />
der die Inverto-Geschäfte am Standort<br />
Hamburg leitet. Der höhere administrative<br />
und technische Aufwand sowie die<br />
Nutzung von alternativen Vorprodukten<br />
kann allerdings zu Kostensteigerungen<br />
führen. Dies nicht nur auf der Materialseite.<br />
Auch eine Anpassung oder Verbesserung<br />
von Arbeitsbedingungen beim Lieferanten<br />
sind preisbildend. Umso wichtiger<br />
ist es, die gegenwärtigen Bedingungen<br />
und die Optionen möglichst frühzeitig zu<br />
evaluieren. „Es ist sinnvoll, jetzt zu überprüfen,<br />
ob die eigene Geschwindigkeit bei<br />
der Implementierung ausreicht oder ob<br />
man schneller werden muss“, erklärt der<br />
Inverto-Experte.<br />
Schärfere EU-Vorschriften für<br />
die Lieferketten<br />
Auch auf EU-Ebene ist ein Lieferkettengesetz<br />
in Arbeit. Die am 25. April vom<br />
Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments<br />
beschlossene „Corporate Sustainability<br />
Due Dilligence Directive“ soll für<br />
Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern<br />
und einem weltweiten Nettoumsatz<br />
von mehr als 40 Mio. Euro sowie für Muttergesellschaften<br />
eines Konzerns mit 500<br />
Beschäftigten und einem weltweiten Nettoumsatz<br />
von mehr als 150 Mio. Euro gelten.<br />
Im Mai steht die finale Abstimmung<br />
im EU-Parlament an und anschließend<br />
die Umsetzung in nationales Recht. Der<br />
Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie-<br />
und Handelskammer (DIHK)<br />
LkSG: Auch ein<br />
Einkauf-Thema<br />
Die Sorgfaltspflichten der Unternehmen<br />
erstrecken sich auf die gesamte<br />
Lieferkette – vom Rohstoff bis zum<br />
fertigen Verkaufsprodukt. Die Anforderungen<br />
sind nach der Unternehmensgröße<br />
abgestuft. Der Einkauf<br />
hat einen maßgeblichen Anteil am<br />
Erfolg der LkSG-Umsetzung. Neben<br />
der Sicherung der Resilienz und Optimierung<br />
der Wertschöpfung rücken<br />
die unternehmerische und soziale<br />
Verantwortung in den Vordergrund.<br />
Die LkSG-relevanten Handlungsfelder<br />
im Einkauf sind:<br />
■ Grundsatzerklärung<br />
verabschieden<br />
■ LkSG-konforme Beschaffungsund<br />
Warengruppenstrategien<br />
implementieren<br />
■ Nachhaltiges Lieferantenmanagement<br />
umsetzen, gegebenenfalls<br />
mit Präventions- und Abhilfemaßnahmen<br />
■ Beschwerdemechanismus<br />
einrichten<br />
■ Öffentliche Berichterstattung<br />
unterstützen<br />
Inverto ist als internationale Unternehmensberatung<br />
Spezialist für<br />
strategischen Einkauf und Supply<br />
Chain Management in Europa. Das<br />
Leistungsangebot reicht von der<br />
Identifizierung und Bewertung von<br />
Potenzialen zur Kostensenkung und<br />
Prozessoptimierung über deren Umsetzung<br />
vor Ort bis zur Professionalisierung<br />
der gesamten Supply Chain.<br />
www.inverto.com<br />
sieht schon jetzt „ein großes zusätzliches<br />
Handelshemmnis“. Das wird allerdings<br />
nichts daran ändern, dass das im Vergleich<br />
zum deutschen LkSG schärfere Gesetz<br />
kommt und auch in Deutschland umgesetzt<br />
werden muss. Unternehmen sollten<br />
also jetzt mit der Einarbeitung starten.<br />
Gute Vorbereitung wird sich später auszahlen.<br />
■<br />
Manfred Godek<br />
Fachjournalist in Monheim<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 61
■ [ AUSLANDSMÄRKTE ]<br />
(Bild: Boris Stroujko/stock.adobe.com)<br />
Trotz seines Wohlstands<br />
ist Luxemburg,<br />
das Land im<br />
Herzen Europas, bei<br />
der Gesundheitsversorgung<br />
auf seine<br />
europäischen Nachbarn<br />
angewiesen.<br />
Luxemburg kauft Medizin<strong>technik</strong> und<br />
bietet Know-how bei KI und E-Health<br />
Gesundheit in Luxemburg | Das wohlhabende Luxemburg ist ein interessanter Markt<br />
für die Medizin<strong>technik</strong>: Seine starke Wirtschaftsleistung pro Kopf ermöglicht dem<br />
Land hohe Gesundheitsausgaben. Die wachsende und alternde Bevölkerung benötigt<br />
immer wieder moderne Medizin<strong>technik</strong>. Eingekauft wird im Ausland.<br />
IHR STICHWORT<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
■<br />
Gesundheitssystem in Luxemburg<br />
Medizin<strong>technik</strong> aus dem Ausland<br />
Zukunftsbranchen KI und E-Health<br />
Humanoider Therapieroboter<br />
Internationale Projekte fördern<br />
Wer im kleinen, aber wohlhabenden<br />
Großherzogtum Luxemburg lebt<br />
und arbeitet, ist bei Krankheit in guten<br />
Händen. Das Gesundheitssystem zählt zu<br />
den besten in Europa. Das staatlich finanzierte<br />
System unter der Aufsicht der Nationalen<br />
Gesundheitskasse (Caisse Nationale<br />
de Santé, CNS) arbeitet nach hohen<br />
Standards, bietet allen Bürgern grundlegenden<br />
Versicherungsschutz, freie Anbieterwahl<br />
für Patienten und Pflicht der Anbieter,<br />
feste Leistungen zu festgelegten<br />
Gebühren anzubieten. Private Krankenhäuser<br />
gibt es in Luxemburg nicht. Alle<br />
Kliniken werden von der CNS betrieben.<br />
Das Großherzogtum gewährleistet seiner<br />
wachsenden Bevölkerung Zugang zu<br />
einer hochwertigen Gesundheitsversorgung.<br />
Deshalb wird auch in den kommenden<br />
Jahren moderne Medizin<strong>technik</strong> benötigt.<br />
Da die inländische Branche überschaubar<br />
und auf Nischen spezialisiert ist,<br />
muss das luxemburgische Gesundheitswesen<br />
medizinische Produkte und Geräte<br />
fast ausschließlich importieren. Nach Angaben<br />
der Gtai German Trade & Invest kamen<br />
2021 etwa 21 % aller luxemburgischen<br />
Medizin<strong>technik</strong>einfuhren aus<br />
Deutschland. Zu den wichtigsten Produktgruppen<br />
zählen Orthopädie<strong>technik</strong><br />
und Prothesen, Therapie- und Atmungsgeräte,<br />
Röntgenapparate und zahnmedizinische<br />
Instrumente. Auch in den kommenden<br />
Jahren wird das Land stark in<br />
Medizin<strong>technik</strong> investieren: Zwei Klinikneubauten<br />
mit zahlreichen fachmedizinischen<br />
Abteilungen sind mit rund 1,4 Mrd.<br />
Euro veranschlagt. Und obwohl Deutschland<br />
– hinter Belgien – bereits seit vielen<br />
Jahren Platz zwei der wichtigsten Lieferländer<br />
belegt, bietet der luxemburgische<br />
Markt für deutsche Medizin<strong>technik</strong>hersteller<br />
weiteres Wachstumspotenzial.<br />
Zukunftsbranchen wie E-Health<br />
und KI in Luxemburg präsent<br />
Auch im Bereich der digitalen Gesundheit<br />
ist Luxemburg ein Vorbild: Seit Jahren<br />
treibt das Land E-Health-Innovationen,<br />
auf Französisch E-Santé, voran. Begünstigt<br />
wird der Ausbau der digitalen Gesundheit<br />
durch die geringe Einwohnerzahl,<br />
die hohe Wirtschafts- und Kaufkraft<br />
und die gut ausgebaute Infrastruktur der<br />
Informations- und Kommunikationstechnologie.<br />
Die Wirtschaftspolitik hat sich<br />
das Ziel gesetzt, in einigen Bereichen der<br />
62 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Land und Leute<br />
■ Land<br />
Das Großherzogtum Luxemburg<br />
liegt an der Grenze zu Deutschland,<br />
Belgien und Frankreich. Mit rund<br />
650 000 Einwohnern auf einer Fläche<br />
von knapp 2600 km 2 ist es eine<br />
repräsentative Demokratie in Form<br />
einer konstitutionellen Monarchie.<br />
Großherzog Henri von Nassau übernimmt<br />
hauptsächlich repräsentative<br />
Aufgaben. Die politische Lage gilt als<br />
ausgesprochen stabil. Gemeinsam<br />
mit seinem Nachbarstaat Belgien<br />
und den Niederlanden bildet Luxemburg<br />
die Benelux-Staaten.<br />
■ Sprache<br />
Die Sprachensituation im Großherzogtum<br />
ist durch den Gebrauch und<br />
die gesetzliche Anerkennung der<br />
drei Amtssprachen Lëtzbuergesch<br />
(Luxemburgisch), Französisch und<br />
Deutsch gekennzeichnet. Die Luxemburgische<br />
Sprachenpolitik unterscheidet<br />
sich von der belgischen<br />
dahingehend, dass alle drei Sprachen<br />
gleichberechtigt nebeneinander<br />
existieren. Englisch ist die Verkehrssprache<br />
der großen ausländischen<br />
Gemeinschaft. Zudem gibt es<br />
in Luxemburg eine große portugiesische<br />
Gemeinschaft.<br />
■ Industrie<br />
Als globaler Finanzplatz ist Luxemburg<br />
eine Drehscheibe für den internationalen<br />
Fondvertrieb und Sitz<br />
vieler internationaler Banken. Der<br />
Dienstleistungssektor macht inzwischen<br />
rund 85 % des luxemburgischen<br />
Bruttoinlandsprodukts aus.<br />
Weitere wichtige Industriezweige<br />
sind die Maschinenbau- und Elektronikindustrie.<br />
Durch die steigende<br />
Nachfrage im In- und Ausland bieten<br />
sich gute Bedingungen für einen<br />
erfolgreichen Markteintritt deutscher<br />
Unternehmen. Auch der Bedarf<br />
an hochwertiger Medizin<strong>technik</strong><br />
ist in Luxemburg hoch. Da der<br />
Umfang der inländischen Branche<br />
jedoch vergleichsweise gering ist,<br />
fördert das Großherzogtum den Aufbau<br />
eines Biomedizin-Clusters und<br />
eröffnet deutschen Herstellern somit<br />
gute Geschäftschancen.<br />
www.debelux.ahk.de<br />
Der QT-Roboter hilft<br />
autistischen Kindern,<br />
Emotionen zu<br />
erkennen : Durch<br />
Veränderung des<br />
digitalen Gesichts<br />
lassen sich leichte<br />
Basisemotionen<br />
wie Freude, Ärger,<br />
Angst und Traurigkeit<br />
darstellen<br />
angewandten Künstlichen Intelligenz<br />
weltweit die Führung zu übernehmen.<br />
Dazu tragen unter anderem renommierte<br />
Forschungseinrichtungen sowie eine lebhafte<br />
Start-up-Szene bei. Da die geringe<br />
Größe des Landes für die Analyse großer<br />
KI-Datenmengen jedoch ein Nachteil ist,<br />
haben luxemburgische Akteure ein starkes<br />
Interesse an Kooperationen mit Forschungszentren<br />
in den Nachbarländern.<br />
Das eröffnet auch Chancen für deutsche<br />
Unternehmen.<br />
Roboter mit KI zeigt<br />
autistischen Kindern Gefühle<br />
Ein erfolgreiches Beispiel ist das Unternehmen<br />
LuxAI, ein Spin-off der Universität<br />
Luxemburg, das Robotik und Künstliche<br />
Intelligenz verknüpft. 2016 gründeten<br />
der auf KI spezialisierte Informatiker<br />
Dr. Pouyan Ziafati und die Medizinerin<br />
Dr. Aida Nazarikhorram ihr Unternehmen<br />
und stellten mit QT-Robot eine Lösung<br />
vor, die autistischen Kindern dabei helfen<br />
soll, neue soziale, emotionale und kommunikative<br />
Fähigkeiten zu erlernen.<br />
Der sprechende, 60 cm große Roboter<br />
vermittelt mit Hilfe ausdrucksstarker Gesichts-<br />
und Körperbewegungen, was Emotionen<br />
sind und wie man mit ihnen umgeht.<br />
Mittlerweile hat das Projekt Autismuswissenschaftler<br />
und Kliniker aus Luxemburg,<br />
Deutschland, Frankreich, Italien<br />
und dem Vereinigten Königreich zusammengebracht.<br />
In der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
der Uniklinik Erlangen<br />
wurde die Wirksamkeit bereits erfolgreich<br />
getestet.<br />
Ein weiteres internationales Projekt,<br />
an dem Kliniker und Forscher aus Luxemburg,<br />
Frankreich, Deutschland und der<br />
Schweiz beteiligt sind, ging im April dieses<br />
Jahres in Luxemburg an den Start: Ziel<br />
von Clinnova ist es, die Vorteile der Präzisionsmedizin<br />
für Behandlungsentscheidungen<br />
durch Datenverbund, Standardisierung<br />
und Interoperabilität zu nutzen.<br />
Das Projekt wird gemeinsam vom Luxemburgischen<br />
Nationalen Forschungsfonds<br />
(FNR), der Region Grand Est, dem Kanton<br />
Basel sowie dem Land Baden-Württemberg<br />
unterstützt und soll einen gemeinsamen<br />
Startpunkt für die Entwicklung medizinischer<br />
KI-Algorithmen im Herzen<br />
Europas schaffen. Der luxemburgische<br />
Teil des Clinnova-Projekts wird vom Luxembourg<br />
Institute of Health (LIH) in Zusammenarbeit<br />
mit der Universität Luxemburg,<br />
dem Centre Hospitalier du Luxembourg<br />
und den Hopitaux Robert Schuman<br />
geleitet. „Die transnationalen Forschungsinitiativen<br />
werden sich zu einer wichtigen<br />
Antriebskraft für die Grundlagenforschung<br />
entwickeln“, sagt Dr. Jasmin<br />
Schulz, Hauptkoordinatorin von Clinnova<br />
am LIH. Das Gesundheitsministerium unterstütze<br />
zudem das Ziel, eine führende digitale<br />
Wirtschaft zu werden.<br />
■<br />
Susanne Schwab<br />
susanne.schwab@konradin.de<br />
Weitere Informationen<br />
Zur Gtai:<br />
www.gtai.de<br />
Zum Social-Robot QT-Robot:<br />
www.luxai.lu<br />
Zum Luxembourg Institute<br />
of Health:<br />
www.lih.lu<br />
(Bild: Luxai)<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 63
■ [ INNOVATIONEN ]<br />
Kompakte 2“x3“<br />
Stromversorgung<br />
Medizinische Stromversorgung | Cosel hat sein Angebot<br />
an Stromversorgungen für die Medizin erweitert.<br />
Beide Modelle entsprechen den internationalen Sicherheitsstandards.<br />
Medizinische Anwendungen erfordern robuste und äußerst<br />
zuverlässige Stromversorgungen, die weltweit eingesetzt<br />
werden können und den Sicherheitsvorschriften entsprechen.<br />
Die Cosel Group, Toyama City, Japan, hat eine optimierte Flyback-Topologie-Plattform<br />
entwickelt, die ein gut Preis-/Leistungsverhältnis<br />
bieten soll. Die UMA-Serie kann im so genannten<br />
Universellen Eingangsspannungsbereich von 85 bis 264 VAC<br />
betrieben werden und hat einen typischen Wirkungsgrad von bis<br />
zu 91 % bei hoher Netzspannung. Derzeit sind standardmäßig<br />
vier einzelne Ausgangsspannungen für das UMA30F verfügbar:<br />
5V/15A, 12V/2,5A, 24V/1,3A und 48V/0,65A und fünf für das<br />
UMA60F: 5V/6A, 12V/4,5A, 15V/3,5V, 24V/2,5A und<br />
48V/1,25A. Der Ausgang ist werksseitig auf einen festen Wert<br />
eingestellt. Für den Fall, dass die Ausgangsspannung angepasst<br />
werden muss, ist eine Option „Y“ mit Potenziometer erhältlich.<br />
Beide Modelle der UMA-Serie haben einen universellen Eingangsbereich<br />
von 85 bis 264 VAC<br />
Die UMA-Serie verfügt über eine Einschaltstrombegrenzung sowie<br />
einen Überstrom- und Überspannungsschutz. Die vielseitigen<br />
und robusten Netzteile können in einem Umgebungstemperaturbereich<br />
von –20 °C bis +70 °C betrieben werden. Abhängig<br />
von der Art der Endmontage und den Kühlungsbedingungen<br />
kann eine Leistungsreduzierung erforderlich sein. Ausgerichtet<br />
auf den medizinischen Bereich, entspricht die Isolierung zwischen<br />
Eingang und Ausgang 2MOPP, zwischen Eingang und<br />
Masse 1MOPP und zwischen Ausgang und Masse 1MOPP. Die<br />
Geräte sind in Übereinstimmung mit ANSI/AAMI ES60601–1<br />
und EN60601–1 3rd Edition zugelassen. Bei Body-Floating-Anwendungen<br />
muss der Patientenableitstrom weniger als 100 µA<br />
betragen. Mit 75 µA liegt die UMA-Serie unter diesem Grenzwert<br />
und ist für solche Anwendungen geeignet. Sie entpricht zudem<br />
den europäischen RoHS- und Niederspannungsrichtlinien.<br />
Cosel Europe, Frankfurt am Main<br />
www.coseleurope.eu<br />
(Bild: Cosel)<br />
Firmenscout (Redaktion/Anzeige)<br />
1zu1 Prototypen ................ 51<br />
Deutschen Forschungs -<br />
Hiwin .................................... 65<br />
MULTIVAC Sepp<br />
RWTH Aachen ..................... 16<br />
Aerotech Elektronische<br />
gemeinschaft (DFG) .......... 10<br />
Hof Sonderanlagenbau .... 42<br />
Haggenmüller .. ..................15<br />
Scienion ................................ 16<br />
Steuerungen ................ 10, 51<br />
DIHK ...................................... 60<br />
Hopitaux Robert<br />
Munich Institute of<br />
Siemens Digital<br />
Aesculap ............................... 30<br />
Dymax .................................. 66<br />
Schuman .............................. 62<br />
Robotics and Machine<br />
Industries Software ........... 24<br />
Alltec ..................................... 52<br />
ELMET Elastomere .............35<br />
Inverto .................................. 60<br />
Intelligence .......................... 46<br />
Starrag Group Holding .......9<br />
Anomet Products ............... 66<br />
Enchanted Tools ................. 36<br />
Irish Manufacturing<br />
MVTec ................................... 44<br />
Stäubli Tec-Systems<br />
B&R Industrial<br />
Erdmann Solutions ..............3<br />
Research (IMR)....................<br />
44<br />
Odenwälder Kunststoff-<br />
Robotics .........................29, 42<br />
Automation ......................... 40<br />
Eschweiler ............................ 16<br />
Ithera Medical .................... 24<br />
werke Gehäusesysteme ... 65<br />
Storz Medical ...................... 51<br />
B. Braun ................................ 30<br />
EXSAL c/o Palexpo ....... 10, 27<br />
Karlsruher Institut für<br />
OFS Fitel, LLC .......................53<br />
Strama-MPS<br />
Beo ......................................... 32<br />
Foba Laser Marking +<br />
Technologie KIT ........... 10, 16<br />
Omron Elektronik .............. 38<br />
Maschinenbau .................... 40<br />
Bissinger ............................... 32<br />
Engraving ............................. 52<br />
LEE-Hydraulische Miniatur-<br />
Open Mind .......................... 30<br />
Swiss Photonics<br />
Bundesamt für Wirtschaft<br />
Frankfurt University of<br />
Komponenten ....................21<br />
Ophir Spiricon Europe ......47<br />
Integration Center ............. 19<br />
und Ausfuhrkontrolle ....... 60<br />
Applied Sciences ................ 10<br />
Ligentec ................................ 19<br />
Ostschweizer<br />
Technotrans ........................33<br />
BVMed ........................... 11, 60<br />
Fraunhofer HHI .................. 16<br />
LUKAS-ERZETT ...................55<br />
Fachhochschule OST ......... 19<br />
Tox Presso<strong>technik</strong> .............. 65<br />
Cab Produkt<strong>technik</strong> ........... 34<br />
Fraunhofer IBMT ................ 58<br />
LuxAI ..................................... 62<br />
Palexpo ................................. 10<br />
TU München ....................... 46<br />
Caisse Nationale de<br />
Fraunhofer ILT .............. 48, 54<br />
Luxembourg Institute<br />
Paul Scherrer Institut ........ 19<br />
UNISIG .................................37<br />
Santé ..................................... 62<br />
Fraunhofer IPT .................... 54<br />
of Health .............................. 62<br />
Plattform Lernende<br />
Universität Hamburg ........ 16<br />
Centex Machining ............. 52<br />
Fraunhofer ISE ....................... 8<br />
Mapal .................................... 28<br />
Systeme ................................ 12<br />
Universität Hannover ....... 16<br />
Centre Hospitalier du<br />
Fraunhofer IST ....................... 8<br />
Maxon Motor ................2, 36<br />
Polariton Technologies ..... 19<br />
Universität Luxemburg .... 62<br />
Luxembourg ........................ 62<br />
GSC Schwörer<br />
Messe Düsseldorf ................ 8<br />
QuiX Quantum ................... 16<br />
Universität Twente ............ 16<br />
Ceramoptec ......................... 51<br />
Antriebs<strong>technik</strong> ..................35<br />
Messe München ... 46, 49, 50<br />
RCT Reichelt<br />
VDA ....................................... 46<br />
Charité .................................. 12<br />
Gtai ........................................ 62<br />
Messe Stuttgart ................. 10<br />
Chemie<strong>technik</strong> ..................55<br />
VDMA ............................. 46, 60<br />
Coherent .............................. 56<br />
Günther<br />
Mikron Switzerland AG<br />
RWTH Aachen, Institut für<br />
Vieweg .................................43<br />
Constructor University,<br />
Heisskanal<strong>technik</strong> ............31<br />
Agno, Division Tool ............11<br />
Angewandte Medizintech-<br />
ZORN Maschinenbau .......41<br />
Bremen ................................. 15<br />
Harmonic Drive SE ...............5<br />
Mobil-Mark ......................... 50<br />
nik (AME) ............................. 15<br />
Zwick Roell ........................... 22<br />
Contexo ...............................45<br />
Haver & Boecker ................ 26<br />
Motion Dynamics .............. 56<br />
RWTH Aachen, Institut für<br />
Cosel ...................................... 64<br />
Heinz Nixdorf Institut ...... 16<br />
Multipix Imaging ............... 44<br />
Textil<strong>technik</strong> ...................... 15<br />
64 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Elektronik sicher im<br />
Gehäuse verpackt<br />
Kunststoffgehäuse | Die Serie Connect hat sich bei kabelgebundene<br />
Anwendungen in der Hand, auf dem<br />
Tisch oder an der Wand bewährt. Drei schmalere Gehäuseausführungen<br />
ergänzen das Standardportfolio.<br />
Die Connect-Kunststoffgehäuse sind nun in drei<br />
weiteren Größen erhältlich<br />
Die Gehäusereihe Connect eignet sich für kabelgebundene<br />
Anwendungen in der Hand, auf dem Tisch, an der Wand<br />
oder frei hängend. Zwei Kunststoffschalen, die schraubenlos<br />
miteinander verrastet werden, bilden jeweils das Grundgehäuse.<br />
Beide Stirnseiten sind so gestaltet, dass sie wahlweise konturbündig<br />
geschlossen oder mit Kabeltüllen ausgestattet werden<br />
können. Ab sofort ergänzen drei schmalere Gehäuseausfüh -<br />
rungen das Standardportfolio der Odenwälder Kunststoffwerke<br />
Gehäusesysteme GmbH, Buchen. Die Connect-Gehäuse sind aus<br />
UV-stabilisiertem V-0 Material ASA+PC-FR. Um den vielfältigen<br />
Anforderungen gerecht zu werden, wurden die Abmessungen 76<br />
x 54 x 22 mm, 116 x 54 x 22 mm und 156 x 54 x 22 mm (L x B x<br />
H) nun um die Größen 60 x 42 x 22 mm, 90 x 42 x 22 mm und<br />
120 x 42 x 22 mm ergänzt. So können miniaturisierte Elektro -<br />
nikanwendungen noch platzsparender „verpackt“ werden. Das<br />
Konstruktionsprinzip ist bei allen Versionen identisch: eine Gehäuseschale<br />
ist konvex, die andere abgeflacht mit vertieft liegender<br />
Fläche für eine Folientastatur oder ein Etikett. Somit ist die<br />
Vorderseite frei wählbar, je nach Einsatzzweck der Geräte. Für<br />
die Komplettierung der Gehäuseschalen sind Kabeltüllen und/<br />
oder Stirnteile als Zubehör erhältlich. Dadurch ergibt sich die<br />
Möglichkeit, beide Aussparungen mit Stirnteilen zu schließen,<br />
eine Seite mit Stirnteil und eine mit Kabelanschluss auszustatten<br />
oder sogar beidseitig Kabeldurchführungen vorzusehen. Die Kabeltüllen<br />
aus elastischem TPE-Material für Rundkabel mit<br />
Durchmessern 3,4 bis 5,9 mm sind in den Farben vulkan und<br />
schwarz lieferbar. Das jeweilige Kabeltüllen-Set enthält zudem<br />
eine Zugentlastung, um Kabel sicher und fest zu verklemmen.<br />
Zu den Anwendungsgebieten der Connect-Kunststoffgehäuse gehören<br />
neben Computerperipherie und Netzwerk<strong>technik</strong>, IoT/<br />
IIoT, Industrie 4.0 sowie Medizin- und Therapieanwendungen.<br />
OKW Gehäusesysteme, Buchen<br />
www.okw.de<br />
(Bild: OKW Gehäusesysteme)<br />
Antriebs<strong>technik</strong><br />
Bereit für den Reinraum: Zertifizierte Servopresse erreicht<br />
Luftreinheitsklasse 5<br />
Positionierung<br />
Linearmotorachsen mit<br />
neuer Profilbreite<br />
In sensiblen Branchen sind für sämtliche<br />
Prozesse reinraumtaugliche Komponenten<br />
erforderlich. Dazu zählen auch Antriebe.<br />
Mit den Servopressen aus der<br />
Electric-Drive-Core-Serie hat die Tox<br />
Presso<strong>technik</strong> GmbH & Co. KG, Weingarten,<br />
jetzt eine Lösung: Sie entspricht der<br />
Luftreinheitsklasse 5 gemäß ISO 14644-1.<br />
Der Antriebsspezialist musste die Servopresse<br />
hierfür nur minimal baulich verändern.<br />
Im nächsten Schritt beauftragte Tox<br />
das Fraunhofer-Institut für Produktions<strong>technik</strong><br />
und Automatisierung (IPA) in<br />
Stuttgart mit der Überprüfung. Das Ergebnis:<br />
Der Electric-Drive-Core-Antrieb<br />
entspricht der Luftreinheitsklasse 5 gemäß<br />
ISO 14644-1. „Mit dieser Reinraum-<br />
Zertifizierung haben wir einen Meilenstein<br />
erreicht, der uns neue Türen öffnet<br />
zu Anwendungen, die höchste Reinheitsbedingungen<br />
erfordern“, freut sich Marco<br />
Nimz, Produktmanager bei Tox Presso<strong>technik</strong>.<br />
Damit lassen sich die Servoantriebe<br />
der Produktfamilie Electric Drive<br />
Core auch für Produktionsumgebungen<br />
im Reinraum einsetzen.<br />
Tox Presso<strong>technik</strong>, Weingarten<br />
www.tox-presso<strong>technik</strong>.com<br />
(Bild: Tox Presso<strong>technik</strong>)<br />
Mit einer Profilbreite von 100 mm wird<br />
die Linearmotorachs-Baureihe HT-L der<br />
Hiwin GmbH, Offenburg, um eine besonders<br />
kompakte Baugröße erweitert. Die<br />
Hublänge von bis zu 5500 mm kann in<br />
Millimeter-Schritten frei konfiguriert werden,<br />
und auch das innenliegende Wegmess-System<br />
zeichnet den Lineartisch<br />
aus. Die HT100L bietet damit auch bei<br />
stark begrenztem Bauraum die Präzision<br />
und Dynamik einer Linearmotorachse.<br />
Bei der Auslegerachse HC100B soll die<br />
größere Profilbreite von 100 mm hingegen<br />
die Leistungsfähigkeit steigern. Die<br />
Nutzlast der Achse erhöht sich damit im<br />
Vergleich zur kleineren Baugrößen<br />
(HC080B) mit 30 kg auf 60 kg deutlich.<br />
Durch den Omega-Zahnriemenantrieb<br />
und die Option Brems-/Klemmelement<br />
eignet sich die HC100B für Vertikal-Anwendungen.<br />
Beide Linearachsen können<br />
im Online-Portal konfiguriert werden.<br />
Hiwin, Offenburg<br />
www.hiwin.de<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 65
ISSN 1863–7604<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Verlag:<br />
Konradin-Verlag<br />
Robert Kohlhammer GmbH<br />
Anschrift: Ernst-Mey-Straße 8,<br />
70771 Leinfelden-Echterdingen,<br />
Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
REDAKTION<br />
Chefredakteurin:<br />
Redaktion:<br />
Ständige freie<br />
Mitarbeit:<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Layout:<br />
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Gesamtanzeigenleiter:<br />
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Phone +49 711 7594–459<br />
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Sabine Koll (sk),<br />
Daniela Engel,<br />
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Fax +49 711 7594–1452<br />
E-Mail: daniela.engel@konradin.de<br />
Ana Turina,<br />
Phone +49 711 7594–273<br />
Joachim Linckh,<br />
Phone +49 711 7594–565,<br />
Fax +49 711 7594–1565<br />
Auftragsmanagement: Melanie Strauß,<br />
Phone +49 711 7594–403,<br />
ABONNEMENTS<br />
Leserservice:<br />
Erscheinungsweise:<br />
medizin&<strong>technik</strong>,<br />
Phone +49 711 7252–209,<br />
E-Mail: konradinversand@zenit-presse.de<br />
6 x jährlich<br />
Bezugspreis:<br />
Inland jährlich 79,20 € inkl. Versandkosten und MwSt;<br />
Ausland: 85,80 € inkl. Versandkosten. Einzelpreis 13,30 €<br />
(inkl. MwSt zzgl. Versand).<br />
Für Schüler, Studenten und Auszubildende gegen Nachweis:<br />
Inland 44,40 € inkl. Versand u. MwSt., Ausland 51,00 € inkl. Versand.<br />
Bestellungen erbitten wir an den Verlag.<br />
Sofern die Lieferung nicht für einen bestimmten Zeitraum ausdrücklich<br />
bestellt war, läuft das Abonnement bis auf Widerruf.<br />
Bezugszeit:<br />
Das Abonnement kann erstmals vier Wochen zum Ende des<br />
ersten Bezugsjahres gekündigt werden. Nach Ablauf des ersten<br />
Jahres gilt eine Kündigungsfrist von jeweils vier Wochen zum<br />
Quartalsende. Bei Nichterscheinen aus technischen Gründen<br />
oder höherer Gewalt entsteht kein Anspruch auf Ersatz.<br />
AUSLANDSVERTRETUNGEN<br />
Großbritannien/Irland:<br />
Jens Smith Partnership<br />
The Court, Long Sutton<br />
GB-Hook, Hampshire RG 29 1TA<br />
Phone 01256 862589<br />
Fax 01256 862182<br />
E-Mail: jsp@trademedia.info<br />
Japan:<br />
USA:<br />
Mediahouse Inc.<br />
D.A. Fox Advertising Sales<br />
Kudankita 2-Chome Building Inc. Detlef Fox<br />
2–3–6, Kudankita 5 Penn Plaza, 19th Floor<br />
Chiyoda-ku, Tokyo 102 New York, NY 10001<br />
Phone 03 3234–2161 Phone +1 212 8963881<br />
Fax 03 3234–1140 Fax +1 212 6293988<br />
E-Mail: detleffox@comcast.net<br />
Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors, nicht<br />
unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt eingesandte<br />
Manuskripte keine Gewähr. Alle in medizin&<strong>technik</strong> erscheinenden<br />
Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch<br />
Übersetzungen, vorbehalten. Reproduktionen gleich welcher Art<br />
nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />
Druck: Konradin Druck, Leinfelden-Echterdingen<br />
Printed in Germany<br />
© 2023 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen<br />
Werkstoffe<br />
Plattierter Verbunddraht für implantierbare medizinische<br />
Vorrichtungen<br />
Anomet Products mit Sitz in Shrewsbury<br />
im US-Bundesstaat Massachusetts hat einen<br />
nach kundenspezifischen Vorgaben<br />
herstellbaren, plattierten Verbunddraht<br />
auf den Markt gebracht. Durch die Möglichkeit<br />
der Kombination zahlreicher Eigenschaften<br />
ist der Draht sehr gut für den<br />
Einsatz in implantierbaren medizinischen<br />
Vorrichtungen geeignet.<br />
Der plattierte Medizin-Draht kann aus bis<br />
zu drei Werkstoffen in einem einzelnen<br />
Strang hergestellt werden. So lassen sich<br />
verschiedene Kombinationen von Korrosions-<br />
und Verschleißbeständigkeit, Festigkeit,<br />
Leitfähigkeit, Formbarkeit, Lötbarkeit,<br />
Bioverträglichkeit, Röntgenopazität<br />
und mehr erzielen. Zu typischen Konfigurationen<br />
für implantierbare Vorrichtungen<br />
gehören Platin-Iridium plattiertes<br />
Tantal, Platin-plattiertes MP35N, MP35N<br />
mit Silber-Kern, 316LVM-plattiertes Tantal,<br />
Nitinol-plattiertes Platin und Goldplattiertes<br />
Nitinol.<br />
Der Draht verfügt über ein glattes, einheitliches<br />
Oberflächenfinish. Er ist in Größen<br />
von 0,050 mm bis 3,175 mm Außendurchmesser<br />
mit einer Plattierungsstärke<br />
von 2 % oder mehr sowohl als Draht als<br />
auch als Band erhältlich. Einsatzgebiete<br />
sind Vorrichtungen für CRM, Neurostimulation,<br />
Gefäßtherapie und Blutzuckerkontrolle<br />
sowie Stents, Katheter, Führungsdrähte,<br />
Biosensoren und Monitore.<br />
Anomet, Shrewsbury/USA<br />
www.anometproducts.com<br />
Lichthärtende Materialien<br />
Neuer UV-Klebstoff für Fertigspritzen und medizinische<br />
Injektoren ermöglicht noch kürzere Verarbeitungszeiten<br />
(Bild: Dymax)<br />
Die Dymax Corporation, Torrington, Connecticut/USA,<br />
hat den medizinischen<br />
Klebstoff Dymax MD 1045-M für die Montage<br />
medizinischer Geräte vorgestellt. Der<br />
neue Klebstoff wurde speziell für das Verkleben<br />
von Glas-, Edelstahl-, ABS- und<br />
PC-Substraten entwickelt, die häufig für<br />
die Montage von Fertigspritzen, medizinischen<br />
Einweggeräten sowie Auto-, Penund<br />
Wearable-Injektoren verwendet werden.<br />
Bekannte Probleme wie unerwünschter<br />
Materialaustritt oder lange<br />
Aushärtezeiten während des Herstellungsprozesses<br />
werden minimiert. Zudem<br />
ist der einkomponentige, lösungsmittelfreie<br />
Klebstoff eine umweltfreundliche Alternative<br />
zu herkömmlichen lösungsmittelbasierten<br />
Klebstoffen. Aufgrund seiner<br />
niedrigen Viskosität von 475 mPas soll er<br />
sich deutlich schneller auf den Komponenten<br />
verteilen lassen, so dass die Zeit<br />
einiger Verarbeitungsschritte, die momentan<br />
länger als 30 s dauern, auf unter<br />
10 s reduziert werden kann. Die Aushärtung<br />
kann dann sowohl mit UV/Breitbandstrahlung<br />
als auch mit LED-Licht der<br />
Wellenlänge 365 nm in unter 5 s klebfrei<br />
erfolgen. Nach der Aushärtung weist der<br />
schrumpfsarme Klebstoff eine glasartige<br />
Oberfläche auf, ist vergilbungsbeständig<br />
und übersteht problemlos Gamma- und<br />
ETO-Sterilisationen sowie die Reinigung<br />
im Autoklaven.<br />
Dymax Europe, Wiesbaden<br />
www.de.dymax.com<br />
(Bild: Anomet)<br />
66 medizin&<strong>technik</strong> 03/2023
Industrie<br />
MEILEN<br />
STEINE<br />
Kleine Lösung, um nichts zu verpassen<br />
Das Gras wachsen hören – soweit<br />
reichen die menschlichen Fähigkeiten<br />
denn doch nicht. Aber möglichst viel<br />
vom eigenen Umfeld mitzubekommen,<br />
war den Menschen schon immer<br />
ein Anliegen. Wenn das Gehör nachließ,<br />
suchten sie sich daher Hilfsmittel.<br />
Was vielleicht mit einem hohlen Büffelhorn<br />
anfing und später als Hörrohr<br />
verbreitet war, fand Ende des 19. Jahrhunderts<br />
eine zierliche Fort setzung im<br />
so genannten Hörglöckchen. Dieses<br />
fiel weniger auf als die langen Hörrohre.<br />
Aber da die Patienten solche Lösungen<br />
selbst bezahlen mussten, blieben<br />
die Glöckchen größtenteils wohlhabenden<br />
Menschen vorbehalten. Sie boten<br />
eine Verstärkung um 15 bis 20 Dezibel<br />
– was unter dem Wert der Hörrohre<br />
liegt, die bis zu 30 Dezibel erreichen.<br />
Der Vorteil beim Glöckchen war,<br />
Zum Schluss<br />
19. Jhdt.<br />
Hörglöckchen<br />
mit Innenleben<br />
Die Glöckchen hatten<br />
innerhalb der Schallaufnahmeglocke<br />
oft<br />
eine Rohwendel, um<br />
die Verstärkung zu<br />
verbessern<br />
dass es weniger Resonanzen aufweist.<br />
Mehrere Hörglöckchen sowie zahlreiche<br />
andere Exponate sind im Hörgeräte-Museum<br />
der Akademie für Hörakustik<br />
in Lübeck zu besichtigen.<br />
www.afh-luebeck.de/akademie/<br />
hoergeraete-museum/<br />
(Bild: Akademie für Hörakustik)<br />
Das<br />
Kompetenz-<br />
Netzwerk<br />
der Industrie<br />
16 Medienmarken für alle<br />
wichtigen Branchen der Industrie<br />
Information, Inspiration und<br />
Vernetzung für Fach- und<br />
Führungskräfte in der Industrie<br />
Praxiswissen über alle Kanäle:<br />
Fachzeitschriften, Websites, Events,<br />
Newsletter, Whitepaper, Webinare<br />
Gedankenspiele | Können unsere Gedanken beeinflussen, wie wir<br />
etwas fühlen? Meine Yogalehrerin antwortet mit einem überzeugten<br />
Ja und legt mir zum Üben das Youtube-Video „Positive Affirmationen<br />
am Morgen“ ans Herz. Die Wissenschaft hingegen ist sich<br />
da noch uneins. Aber Forschende der Ruhr-Universität Bochum<br />
konnten in einem Experiment nachweisen, dass, wenn wir ernsthaft<br />
annehmen, unser Zeigefinger sei fünfmal größer, sich auch<br />
unsere Tastfähigkeit verbessert. Wurde den Studienteilnehmer<br />
unter Hypnose dagegen suggeriert, ihr Zeigefinger sei fünfmal<br />
kleiner , verschlechterte sich das Tastempfinden entsprechend.<br />
Wie wir die Welt erleben, hängt also auch davon<br />
ab, welche Überzeugungen wir haben, so das Ergebnis.<br />
Meine persönlicher kleiner Selbsttest läuft noch:<br />
Heute wird ein wundervoller Tag. Ich bin glücklich.<br />
Dieser Regen ist einfach total erfrischend. Dank meiner<br />
positiven Einstellung fühlt sich der Arbeitstag<br />
fünfmal kürzer an... Super, dann hab ich ja gefühlt<br />
fünfmal mehr Zeit für Dinge, die ich gerne aufschiebe.<br />
Susanne Schwab<br />
Redakteurin<br />
medizin&<strong>technik</strong><br />
Die passenden Medien für<br />
Sie und Ihre Branche:<br />
konradin.de/industrie<br />
03/2023 medizin&<strong>technik</strong> 67<br />
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