bunsenmagazin - Deutsche Bunsengesellschaft für Physikalische ...
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6/2004<br />
BBPCAX 101 (8) 1083-1196 (1998)<br />
ISSN 1611 – 9479<br />
No. 6 – November 2004<br />
BUNSENMAGAZIN<br />
� Leitartikel<br />
Forschung und Lehre im Schatten<br />
von Toyota und Samsung S. 150<br />
� Rückblick<br />
Zur Erinnerung an Arnold Thomas<br />
Eucken (1884 – 1950) S. 152<br />
� Forschung<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie am Institut<br />
<strong>für</strong> Bioprozess- und<br />
Analysentechnik, Heiligenstadt S. 163
LEITARTIKEL<br />
RÜCKBLICK<br />
FORSCHUNG<br />
TAGUNGEN<br />
NACHRICHTEN<br />
DIE LETZTE SEITE<br />
ZEITSCHRIFT FÜR<br />
PHYSIKALISCHE CHEMIE<br />
GDCh<br />
INHALTSVERZEICHNIS<br />
Jürgen Janek<br />
Forschung und Lehre im Schatten von Toyota und Samsung 150<br />
Ulrich Schindewolf<br />
Zur Erinnerung an Arnold Thomas Eucken (1884 – 1950) 152<br />
Dieter Beckmann, Josef Metze und Klaus Liefeith<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie, Biowissenschaften und Technik<br />
Interdisziplinäre Forschung zu grenzflächenoptimierten<br />
technischen Systemen <strong>für</strong> die Life Sciences am Institut <strong>für</strong><br />
Bioprozess- und Analysenmesstechnik (IBA), Heiligenstadt 163<br />
Karl-Michael Weitzel<br />
85. Internationales Bunsen Discussion Meeting<br />
Chemical processes of ions – transport and reactivity in Marburg 169<br />
Personalia 171<br />
Veranstaltungen 172<br />
Verschiedenes 173<br />
Invitation Electrocatalysis: Theory and Experiment 173<br />
91 st Bunsen-Colloquim<br />
Spectroskopie and dynamics of molecular coils and aggregates 174<br />
89 th International Bunsen Discussion Meeting 177<br />
Antrag auf Mitgliedschaft 179<br />
Renieh Dlomsrev<br />
Dreieck oder Würfel 175<br />
Inhalt Heft 10 + 11/2004 176<br />
GDCh-Jahrestagung Chemie 2005:<br />
Chemie schafft neue Strukturen 178<br />
Impressum 176<br />
Zum Titelbild:<br />
In technischen Systemen <strong>für</strong> die Life Sciences spielen physikochemische Vorgänge bei<br />
Wechselwirkungen zwischen technischem und biologischem Material eine herausragende<br />
Rolle. Die Effektivität des Schadstoffabbaus durch Biofilme in Membranreaktoren hängt<br />
wesentlich davon ab (siehe Beitrag auf Seite 163).<br />
149
LEITARTIKEL<br />
Jürgen Janek<br />
Als im Sommer 2003 die Frage nach einem sinnvollen Aufenthaltsort<br />
meines ersten mühsam erarbeiteten Forschungssemesters anstand,<br />
schweifte der Blick automatisch über den Atlantik. Als dann<br />
aber zwei Angebote von befreundeten Kollegen in Korea und Japan<br />
den Blickwinkel um nahezu 180° drehten, habe ich nicht lange gezaudert.<br />
Was letzthin den Ausschlag gab, war das Wissen um die hervorragende<br />
Stellung beider Länder auf dem Feld der Materialforschung,<br />
besonders im Bereich der elektrischen Funktionsmaterialien.<br />
Korea besitzt eine rasante Dynamik mit allen Vor- und Nachteilen.<br />
Hinten Reisschüssel, vorne auf 1 °C Peltier-geregelter Kühlschrank <strong>für</strong><br />
Kim-Chi (scharfer eingelegter Weißkohl, Leib- und Magenspeise der<br />
Koreaner) mit Schnittstelle <strong>für</strong> die kommende digitale Konvergenz.<br />
Und so knirscht es natürlich kräftig im Gebälk der koreanischen Gesellschaft.<br />
Der Anspruch auf den Platz der Nr. 1 im Bereich der<br />
Informationstechnologie kostet gewaltige finanzielle Anstrengungen<br />
und geht nicht zuletzt zu Lasten schlecht bezahlter Arbeiter in den<br />
großen Industriekonglomeraten. Die Verlagerung von Produktionsstätten<br />
in das nahe und billigere China verschärft das Ganze<br />
noch. Im Grunde hat Korea innerhalb von 30 Jahren eine Entwicklung<br />
durchlitten, die Deutschland und andere westliche Länder innerhalb<br />
von mehr als 100 Jahren durchschritten haben. Zu allem Überfluss<br />
hängen die mögliche Wiedervereinigung oder ein Konflikt mit dem<br />
verarmten Norden als Damoklesschwerter über dem Land.<br />
Die Universitäten spielen hier natürlich als Ausbildungsstätten <strong>für</strong><br />
den dringend benötigten Nachwuchs an Wissenschaftlern und Ingenieuren<br />
eine gewichtige Rolle. Alle Schulabgänger unterwerfen sich<br />
wie in Japan einer Einstufungsprüfung ihrer Leistung, und nur die Besten<br />
erhalten die heiß ersehnten Studienplätze an den führenden staatlichen<br />
Universitäten. Im Falle der Seoul National University, die gemeinhin<br />
als die beste Universität des Landes gilt, sind dies nur 1 bis 2<br />
% der Bewerber. Der Ansturm auf die staatlichen Hochschulen hat<br />
allerdings auch einen pekuniären Grund: Das Studium ist hier mit erheblich<br />
geringeren Studiengebühren als an den freier zugänglichen<br />
privaten Hochschulen verbunden. Korea hat also bereits die von deutschen<br />
Bildungspolitikern so innig beschworene nationale Eliteuniversität.<br />
Doch weit davon entfernt, damit zufrieden zu sein, strebt die<br />
jetzige politische Führung Koreas mit Gewalt den Abbau dieser<br />
führenden Rolle der SNU an. Warum? Ganz einfach! Über 70% der<br />
politischen und ökonomischen Führungsschicht sind offenbar Alumni<br />
der SNU und weitgehend einem konservativen Lager zuzuordnen, das<br />
bis jetzt über mächtige unsichtbare „Netzwerke“ starken Einfluss<br />
ausübt. Und die Professoren der SNU sind natürlich zum größten Teil<br />
ebenfalls selbst Absolventen ihrer eigenen Universität.<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Forschung und Lehre im Schatten von Toyota und Samsung …<br />
PROF. KLAUS FUNKE ZUM 60. GEBURTSTAG<br />
Prof. Dr. Jürgen Janek, Justus-Liebig-Universität Gießen, Physikalisch-Chemisches-Institut,<br />
Heinrich-Buff-Ring 58, D-35392 Gießen, Tel.: 0641/99-345-01,<br />
Fax: 0641/99-345-09, E-Mail: juergen.janek@phys.chemie.uni-giessen.de<br />
150<br />
Überhaupt spielt das Element der „freundschaftlichen Netzwerke“,<br />
das kritische Geister je nach Laune eher gutmütig als Kumpanei<br />
oder böswillig als Korruptionsbasis bewerten, eine wichtige Rolle<br />
im Leben der Koreaner. Dies gilt nicht nur <strong>für</strong> die Manager der<br />
erfolgreichen koreanischen Halbleiterindustrie, sondern meinem Eindruck<br />
nach auch <strong>für</strong> den Universitätslehrer und –forscher. Denn das<br />
Überleben einer universitären Arbeitsgruppe hängt ausschließlich von<br />
den eingeworbenen Forschungsmitteln ab.<br />
Der typische Start der Hochschulkarriere beginnt in Korea mit der<br />
Rückkehr von einem längeren Post-Doc Aufenthalt in USA. Sollte es<br />
gelungen sein, eine der begehrten faculty positions als associate professor<br />
an der SNU oder einer der wenigen anderen Top-Universitäten<br />
zu erringen, dann geht der Kampf erst richtig los. Anders als in<br />
Deutschland sind mit einer derartigen Berufung keinerlei Grund- oder<br />
Erstausstattungsmittel verbunden: No equipment, no budget, no<br />
grants. Von einer Sekretärin ganz zu schweigen! Die berufliche Existenz<br />
hängt also vollkommen von der Einwerbung von Projekten ab. Im<br />
Falle meines Gastinstitutes teilten sich übrigens fünf befreundete Professoren<br />
die Kosten <strong>für</strong> das Gehalt einer Sekretärin.<br />
Aus meiner Sicht birgt dieses System, das vielleicht noch etwas<br />
schärfer als das amerikanische System ist, neben den immer wieder<br />
beschworenen Vorteilen hier zwei besondere Nachteile: Zum einen ist<br />
es in Korea an der Tagesordnung, dass junge Professoren zwei oder<br />
drei Jahre in vollkommen leeren Laboratorien hausen, bis die ersten<br />
Projektmittel fließen. Wertvolle Zeit geht verloren. Zum anderen verführt<br />
die fehlende finanzielle Unterstützung durch den Staat die Fakultäten<br />
dazu, Professoren zu berufen, die etwas mit den vorhandenen<br />
alten Geräten des vorherigen Stelleninhabers anfangen können.<br />
Und dies sind allzu oft Schüler ihres alten Chefs. Was die Situation verschärft,<br />
ist die Tatsache, dass die KOSEF (das koreanische Gegenstück<br />
zur DFG) im Rahmen von Forschungsprojekten keine Mittel <strong>für</strong><br />
die Beschaffung von Geräten bewilligt. Damit ist der Druck erheblich<br />
größer als in Deutschland, das Heil in einer Zusammenarbeit mit der<br />
Industrie zu suchen. Ob es übrigens bei der Bewertung und Bewilligung<br />
von Forschungsprojekten immer fair zugeht, wage ich zu bezweifeln.<br />
Mir erschien häufig das gemeinsame Abendessen und spätere<br />
heftige Trinken von Kollegen mit Ihren Freunden aus Industrie<br />
und Ämtern als wichtige Zutat zum Erfolg. Insofern gehört eine<br />
leistungsfähige Leber in Korea zu der unabdingbaren Grundausstattung<br />
des Akademikers. Es ist sicher fair zu bemerken, dass viele jüngere<br />
Wissenschaftler diesem Treiben zunehmend kritisch gegenüber<br />
stehen und ihre Leber schonen. Und da die bisherige Netzwerkstruktur<br />
<strong>für</strong> weibliche Mitglieder wenig zugänglich war, gehören vor allem<br />
die jungen Koreanerinnen zu den Haupttriebfedern von Veränderungen<br />
– mit all den entsprechenden Reibungsverlusten.<br />
Wo allerdings die Industrie weniger erfolgreich und mächtig ist, da<br />
fällt auch die universitäre Bedeutung des Faches schnell in sich zusammen.<br />
Dies habe ich bei einem Besuch bei den Kollegen in der<br />
Chemie mehr als deutlich gespürt. Offenbar sinkt die Bedeutung der
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
chemischen Industrie <strong>für</strong> die koreanische Wirtschaft kontinuierlich angesichts<br />
der starken Fokussierung auf Informations-, Material und Biotechnologie.<br />
Und entsprechend sinkt die Zahl der Chemieprofessuren<br />
unaufhörlich. Das déja vu war schmerzhaft… und so zog ich mich<br />
schnell wieder in die besser situierten Laboratorien der Materialforscher<br />
zurück.<br />
Der studentische Alltag ist sicher härter als in Deutschland, schon<br />
allein durch die immer noch sehr stark autokratisch ausgerichteten<br />
Führungsmuster. Schön ist hier meine eigene Erfahrung. Da mein<br />
Gastgeber ein begeisterter Freund des Bergwanderns ist, musste ich<br />
in schöner Regelmäßigkeit die besinnliche Ruhe des Sonntagmorgens<br />
gegen den beschwerlichen Anstieg auf die „Kwanak Mountains“<br />
tauschen. Und da den Herren Professoren natürlich kaum der<br />
Transport der notwendigen Verpflegung zuzumuten ist, wurde mehrfach<br />
die Teilnahme der Studierenden „befohlen“.<br />
Das Vorurteil, in Korea würde länger und härter gearbeitet, hat vordergründig<br />
sicher Bestand. Zwar gehören die Wochenenden auch in<br />
Korea nicht mehr zum Pflichtprogramm, aber manchmal immer noch<br />
zur Kür. Abends oder nachts sind die meisten Laboratorien voller Leben,<br />
und der abendliche Essensbringdienst per Motorroller gehört zu<br />
den typischen Begleiterscheinungen. Da<strong>für</strong> beginnt der Tag oft erst<br />
mit dem Mittagessen, und nur zu oft findet man die armen Opfer professoraler<br />
Feudalherrschaft nachmittags in tiefem Schlaf am Schreibtisch.<br />
Überhaupt ist dies eine meiner merkwürdigsten Beobachtungen,<br />
sowohl in Korea wie in Japan: Während deutsche<br />
Studierende mit offenen Augen schlafen (wenn denn überhaupt …!),<br />
ist der gesunde Labor-, Büro- und Vortragsschlaf in Korea und Japan<br />
nach meinem Eindruck ein alltäglicher Begleiter. Leider blieben meine<br />
Bemühungen, dies genauer zu hinterfragen, angesichts eigener (solidarischer)<br />
Müdigkeitsattacken erfolglos. Aber bekanntlich lässt sich<br />
mit geschlossenen Augen weitaus besser nachdenken als mit offenen<br />
…<br />
Im Vergleich zur Überlebenshektik der koreanischen Hochschullehrer<br />
haben die japanischen Professoren sicher immer noch (relativ)<br />
eine etwas ruhigere Existenz – so wie ihre deutschen Kollegen (…die<br />
mir diese Beurteilung verzeihen mögen…). Aber wie auch die deutschen<br />
Universitäten erfahren die japanischen Universitäten derzeit<br />
offenbar einen Wandel, allerdings im Alltag weniger abrupt. Japans<br />
Universitäten sind noch weitaus mehr als die deutschen Universitäten<br />
durch den Professor vom klassischen Typus des Ordinarius geprägt.<br />
Der associate professor ist dem chair klar untergeordnet. Research<br />
associates auf Dauerstellen unterstützen den Stelleninhaber bei Forschung<br />
und Lehre. Die Arbeitsgruppe bildet eine relativ enge Einheit,<br />
und häufig finden sich auf den Publikationen einer Arbeitsgruppe auch<br />
Personen als Autoren wieder, die schlicht durch ihre räumliche Nähe<br />
zum Experiment beteiligt waren.<br />
LEITARTIKEL<br />
Die Forschungsförderung ist durchaus mit dem deutschen System<br />
vergleichbar. Neben Einzelanträgen werden allerdings auch hier Anträge<br />
auf lokale oder delokale Centers of Excellence (SFBe, Schwerpunktprogramme,<br />
Paketanträge) immer wichtiger. Deren Beantragung<br />
und Begutachtung erscheint mir ebenfalls ganz ähnlich. Die<br />
bewilligten Summen liegen in aller Regel unterhalb der <strong>für</strong> deutsche<br />
Programme typischerweise bewilligten Mittel. Der Grund hier<strong>für</strong> ist<br />
trivial: Doktoranden werden anders als in Deutschland wohl nur selten<br />
über vollwertige Angestelltenverträge finanziert, was die ganze Sache<br />
natürlich erheblich preiswerter macht. Was mir gänzlich unpraktisch<br />
erscheint, ist die Existenz einer einzigen Antragsfrist der JSPS (Japanese<br />
Society for the Promotion of Science) im November mit dem<br />
dann unvermeidlichen hektischen Antragssturm.<br />
Das Studiensystem entspricht – wie in Korea – weitgehend dem<br />
amerikanischen Vorbild: Die undergraduates studieren vier Jahre (!)<br />
bis zum Abschluss als Bachelor und sind spätestens im vierten Studienjahr<br />
bereits Mitglied einer Arbeitsgruppe. An der Tohoku University<br />
müssen sich die Studenten bereits am Ende des 2. Studienjahrs auf<br />
eine Arbeitsgruppe festlegen. Ziel dieser Festlegung ist neben der Fokussierung<br />
vor allem eine bessere Orientierung im Studium. Denn<br />
trotz Festlegung müssen natürlich weiter auch fern der späteren<br />
Arbeitsrichtung liegende Gebiete studiert werden. Wie auch immer –<br />
der positive Nebeneffekt ist, dass alle Studierenden bereits im 5.<br />
Semester einen festen Platz in der Universität haben – sozusagen ein<br />
wissenschaftliches Zuhause. Der Übergang in das zweijährige<br />
Master-Studium ist dann <strong>für</strong> Absolventen der eigenen Fakultät eine<br />
Formsache. Die Promotion schließt sich gegebenenfalls an. Eines ist<br />
jedenfalls offenkundig: Eine echte Kompatibilität mit dem in Deutschland<br />
betriebenen BSc/MSc gibt es nur im Master-Studium. Das<br />
Bachelor-Studium ist auf vier Jahre angelegt und damit nicht äquivalent.<br />
Ich bin sehr unsicher, ob ein deutscher Bachelor-Absolvent problemlos<br />
Zugang zu einem japanischen Master-Programm hätte (von<br />
der Sprachproblematik sei an dieser Stelle abgesehen).<br />
Doch kommen wir zurück auf meinen Korea-Aufenthalt. Hier war<br />
es äußerst vergnüglich, anlässlich einer Tagung Besuch aus der Heimat<br />
zu erhalten – mit unserem Ersten Vorsitzenden Klaus Funke in<br />
vorderster Front! Von Natur aus eher vorsichtig, war er doch mutig<br />
genug, alle angebotenen marinen Spezialitäten zu probieren. Mit Anstand<br />
und Würde meisterte er selbst die grellgrün schillernde, in Reisschnaps<br />
frisch ausgedrückte Fischgalle – wenn auch nicht ganz ohne<br />
Folgen. Nach der Lektüre eines Buches über „buchido“, die Ethik der<br />
„samurai“, bin ich daher versucht, in Klaus Funke viele Tugenden des<br />
buchido zu erkennen. Da er aber doch eher ein Kind des Abendlandes<br />
ist, scheinen mir die Tugenden des westlichen „gentle man“ näher<br />
liegend. Ich wünsche Klaus Funke, auch im Namen vieler Freunde und<br />
Kollegen, nicht zuletzt der amici solidi, zu seinem 60. Geburtstag von<br />
Herzen alles Gute und Energie!<br />
151
RÜCKBLICK<br />
Ulrich Schindewolf<br />
Seit Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hat Arnold Eucken<br />
nicht nur auf dem weiten und verzweigten Gebiet zwischen Chemie<br />
und Physik neue Erkenntnisse erbracht, sondern auch große Teile unseres<br />
Wissens kritisch durchdacht und in klassisch gewordenen Zusammenfassungen<br />
dargestellt. Darüber hinaus hat er wertvolle Brücken<br />
geschlagen zu den Zweigen der Technik, die <strong>für</strong> den Aufbau der<br />
modernen chemischen Industrie von besonderer Bedeutung sind. Für<br />
einige Jahrzehnte hatte er eine dominierende Stellung in der physikalischen<br />
Chemie in Deutschland. Aber er und sein Werk drohen in Vergessenheit<br />
zu geraten – ja, die jüngere Generation kennt kaum noch<br />
seinen Namen. Wir wollen durch diese Zeilen versuchen, dem Vergessen<br />
entgegenzuwirken und ihn sowie sein Werk in die Erinnerung<br />
zurückzurufen.<br />
AUS DEM LEBENSLAUF<br />
Arnold Thomas Eucken wurde am 3. Juli 1884 als Sohn des Professors<br />
<strong>für</strong> Philosophie und späteren Nobelpreisträgers <strong>für</strong> Literatur,<br />
Rudolf Eucken und seiner Frau Irene, geb. Passow, in Jena geboren.<br />
Unter Euckens Vorfahren (der Familienname Eucken ist in der Mitte<br />
des 18. Jahrhunderts erstmalig in Ostfriesland beurkundet) befinden<br />
sich Krämer, Postmeister, Markscheider, Münzmeister, Philologen,<br />
Theologen, und ein mit Goethe befreundeter Mediziner, der gleichzeitig<br />
als Physiker tätig und Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften<br />
war: Thomas Seebeck, uns bekannt als Entdecker der Thermoelektrizität<br />
(Seebeck-Effekt). Eucken und seine Geschwister Ida<br />
(*1888, Konzertsängerin) sowie Walter (*1891, Nationalökonom 1 ) hatten<br />
also Vorfahren aus der besten Tradition deutschen Bildungsbürgertums,<br />
denen sie die Begabung <strong>für</strong> Wissenschaft und Kunst verdankten.<br />
Während der Schulzeit von 1889 bis 1902 entstand Euckens Liebe<br />
zur freien Natur, er schweifte in der herrlichen Umgebung Jenas umher<br />
... und entwickelte eine Sammeltätigkeit <strong>für</strong> Orchideen, Schmetterlinge;<br />
er beschäftigte sich mit der einheimischen Vogelwelt und<br />
wurde schließlich Vorsitzender des Ornithologischen Vereins in Jena,<br />
der sechs Mitglieder hatte. Die Liebe zur freien Natur hat ihn sein ganzes<br />
Leben begleitet und ihn später zum begeisterten Alpinisten und<br />
Hochtouristen gemacht (zitiert aus Euckens Lebenslauf).<br />
Nach dem Abitur im Frühjahr 1902 in Jena begann Euckens Studium<br />
mit Mathematik, Physik und Chemie in Kiel, wo er die Physikvorlesungen<br />
von P. Lenard 2 besuchte und wo ihn bereits das Praktikum<br />
von H. Biltz <strong>für</strong> die physikalische Chemie inspirierte. Aber er<br />
scheint Zeit genug <strong>für</strong> das studentische Leben gehabt zu haben: er<br />
trat dem Ruderverein bei und machte mit diesem ausgedehnte Boots-<br />
152<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Zur Erinnerung an Arnold Thomas Eucken (1884 – 1950)<br />
Prof. Dr. Ulrich Schindewolf, Universität Karlsruhe,<br />
Institut <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie, Kaiserstr. 12, D-76128 Karlsruhe<br />
Arnold Eucken<br />
reisen, die ihn sogar bis nach Schweden führten; und er wurde aktiv<br />
im Corps Saxonia, in dem er an Mensuren, Kommersen und Stiftungsfesten<br />
teilnahm und sogar eine Charge übernahm. – Nach vier<br />
1 Walter Euckens Ideen von der freien Marktwirtschaft sind durch seinen<br />
Schüler Ludwig Erhard in der sozialen Marktwirtschaft verwirklicht worden.<br />
2 Lenard erhielt 1905 den Nobelpreis <strong>für</strong> seine Arbeiten über die Kathodenstrahlen,<br />
auf denen aufbauend W. C. Röntgen die nach ihm benannten<br />
Röntgenstrahlen entdeckte. Lenard geriet später auf Abwege. Im Vorwort<br />
seines 1936 erschienen Lehrbuches „<strong>Deutsche</strong> Physik“, das er ... verehrungsvoll<br />
dem Förderer großer Forschung im Dritten Reich, dem Reichsminister<br />
des Inneren, Dr. Frick gewidmet hatte, führt er aus: Ich hätte auch arische<br />
Physik oder Physik des nordisch gearteten Menschen sagen können.<br />
.... Wissenschaft ist rassisch, blutmässig bedingt ...Das deutsche Volk ist<br />
nun schon dreißig Jahre naturwissenschaftlich mit den Errungenschaften eines<br />
Rasse- und Volksfremden und seiner Anhänger gefüttert worden. Das<br />
Volk aber, das einen Kopernikus, Keppler, Guericke ....hervorgebracht hat,<br />
wird sich wieder zu finden wissen, so wie es als Erbe Friedrichs des Großen<br />
und Bismarcks politisch wieder einen Führer eigenen Blutes gefunden<br />
hat ... In diesem Vertrauen habe ich das Werk geschrieben, und im besonderen<br />
Vertrauen auf die Führung des deutschen Volkes im Dritten Reich gebe<br />
ich es heraus.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Semestern zog es ihn <strong>für</strong> ein Jahr zurück nach Jena, hier legte er das<br />
Chemische Verbandsexamen ab.<br />
Dann begann er seine wissenschaftliche Karriere im Institut von<br />
Walther Nernst in Berlin mit der Doktorarbeit Über den stationären Zustand<br />
zwischen polarisierten Wasserstoffelektroden. Die Doktorprüfung<br />
bestand er als 22-jähriger mit der bestmöglichen Note während<br />
der einjährigen Militärdienstzeit 1906. Die Habilitation erfolgte 1911<br />
unter den Schirmherren Nernst und E. Fischer mit der Schrift Über die<br />
Temperaturabhängigkeit der Wärmeleitfähigkeit fester Nichtmetalle.<br />
Anschließend war er Assistent, Privatdozent und Abteilungsvorsteher<br />
am Physikalisch-Chemischen Institut in Berlin. Aber Euckens<br />
erfolgreiche Wissenschaftskarriere wurde durch den ersten Weltkrieg<br />
unterbrochen, er wurde am ersten Mobilmachungstag als Offiziersstellvertreter<br />
eingezogen und erst nach Kriegsende als Offizier entlassen.<br />
Er nahm am Russlandfeldzug 1915 teil, erhielt dort die beiden<br />
Eisernen Kreuze, diente bei der Flugzeugabwehr an der griechischen<br />
Front, war Führer eines Schallmesstrupps und endlich Lehrer an einer<br />
Artilleriemessschule.<br />
Im Russlandfeldzug 1915 erreichte Eucken der Ruf als Nachfolger<br />
von G. Schenk an das Physikalisch-Chemische Institut der Technischen<br />
Hochschule Breslau, dem er aber erst nach Entlassung aus<br />
dem Heeresdienst 1919 folgen konnte. 1930 schließlich wurde er an<br />
das von seinem Lehrer Nernst gegründete Institut <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie an der Universität Göttingen berufen, das bis dahin von G.<br />
Tammann geleitet wurde. Trotz weiterer Berufungen blieb Eucken bis<br />
zu seinem Tode der Universität Göttingen treu.<br />
DAS WISSENSCHAFTLICHE WERK<br />
In seinen wissenschaftlichen Arbeiten hat Eucken in etwa 180 Veröffentlichungen<br />
eine Vielzahl von Themen gestreift, die er teilweise<br />
schon frühzeitig aufgenommen und bis zum Tode weiter verfolgt hat.<br />
Seine erste Veröffentlichung 1907, die Doktorarbeit, war der<br />
Elektrochemie gewidmet, ebenso wie die vorletzte 1950 über die Adsorption<br />
von Wasserstoff an Platinelektroden. Dazwischen bemühte<br />
er sich um so heterogene Themen der Elektrochemie wie konzentrierte<br />
Elektrolytlösungen, die kathodische Trennung der Isotope von<br />
Wasserstoff oder Lithium sowie um ein Verständnis der Nervenleitung.<br />
Dieses Problem hat auch andere bedeutende Physikochemiker,<br />
wie Ostwald, Nernst und später Bonhoeffer beschäftigt.<br />
Ab 1912 folgten Untersuchungen über die Metallphysik, in denen<br />
er erstmalig die freie Weglänge von Elektronen in Metallen bestimmen<br />
konnte. Die Metallphysik hat ihn über 25 Jahre fasziniert und ihn<br />
letztlich auch zu Gedanken über den Zustand des Erdinneren und zu<br />
Betrachtungen über die frühe Entstehungsgeschichte der Erde geführt.<br />
Beginnend 1923 und auf über zwei Jahrzehnte ausgedehnt, verteilen<br />
sich Untersuchungen über die Kinetik und über den Mechanismus<br />
einfacher Reaktionen, z.B. über die Bildung von Ozon, über<br />
die Zersetzung von Kohlenwasserstoffen und über die Verbrennung<br />
von Kohlenstoff. Daran schließen sich ab 1945 katalytische Reaktio-<br />
RÜCKBLICK<br />
nen an, insbesondere die Hydrierung von Alkoholen und ungesättigten<br />
Kohlenwasserstoffen sowie der Wasserstoff-Isotopenaustausch<br />
in Alkoholen. Unterstützt wurden diese katalytischen Studien durch<br />
Adsorptionsmessungen an katalytischen Oberflächen, die er bereits<br />
1914 eingeleitet hatte.<br />
Von 1932 bis 1942 hat Eucken eine Reihe von Untersuchungen<br />
über die Anregung von Molekülschwingungen durch Stoss veröffentlicht,<br />
die hauptsächlich durch Messung der Schalldispersion, -absorption<br />
und -geschwindigkeit durchgeführt wurden. Dabei erfasste<br />
er auch den Einfluss der Stossanregung auf den Schwingungsanteil<br />
der spezifischen Wärme.<br />
Dann sind eine Serie von Arbeiten über schweres Wasser zu erwähnen,<br />
die in die Mitte der dreißiger Jahre fallen; sie behandeln Mischungsdiagramme<br />
und kalorische Daten von Mischungen aus normalem<br />
und schwerem Wasser sowie dessen Anreicherung in<br />
Gletschereis. 3 – Schwerpunkt der letzten fünf Jahre seit Kriegsende<br />
waren Untersuchungen über die Struktur und Molekülassoziation in<br />
Flüssigkeiten, insbesondere in Wasser, an denen auch einer der letzten<br />
Doktoranden von Eucken, der spätere Nobelpreisträger M. Eigen<br />
mitgewirkt hat.<br />
In einigen zeitlich weitgestreuten Arbeiten berichtet Eucken über<br />
den geometrischen Aufbau von CO2 und COS, über die Normalschwingungen<br />
von SF6, über empirische Zustandsgleichungen von<br />
Gasen und Flüssigkeiten, über die thermischen Ausdehnungskoeffizienten<br />
von sehr tief oder sehr hoch schmelzenden Festkörpern, über<br />
Affinitätskonstanten, Dielektrizitätskonstanten, Dipolmomente und<br />
molekulare Wechselwirkungskonstanten.<br />
Euckens Hauptwerk, das nahezu die Hälfte aller wissenschaftlichen<br />
Arbeiten einnimmt, ist der Wärmelehre, allgemeiner der Thermodynamik<br />
oder genauer dem Wärmeinhalt, und dem Wärmetransport<br />
in homogenen und inhomogenen Systemen in allen drei<br />
Aggregatzuständen gewidmet. Diese Arbeiten begann Eucken 1909,<br />
…nachdem Prof. Nernst mich gütigst angeregt hatte, eine Versuchsanordnung<br />
zu bauen, mit der es relativ leicht gelingt, die spezifischen<br />
Wärmen bei tiefen Temperaturen zu ermitteln … Er konstruierte ein<br />
Vakuumkalorimeter, in dem die feste Untersuchungsprobe in gutem<br />
Wärmekontakt mit einem feinen Platindraht umwickelt war, der sowohl<br />
zur elektrischen Aufheizung wie auch der Temperaturmessung<br />
diente. Die Probe war im Hochvakuum praktisch wärmeisoliert aufgehängt.<br />
Mit dieser Methode, die Messergebnisse höchster Präzision<br />
ermöglichte, gelang es Eucken, das von P. Debye abgeleitete T 3 -Gesetz<br />
der spezifischen Wärme erstmals experimentell zu bestätigen.<br />
Von der Vielzahl der weiter behandelten Probleme wollen wir hier<br />
nur eines herausgreifen, welches nicht nur Eucken lange Zeit beschäftigt,<br />
sondern auch die theoretischen Physiker lange verwirrt hat<br />
und das erst durch die moderne Quantenmechanik gelöst worden ist:<br />
den Rotationsanteil der spezifischen Wärme von gasförmigem Wasserstoff.<br />
Da die Untersuchungen über den Energieinhalt fester Körper<br />
3 K. F. Bonhoeffer erzählte einmal teils lachend, teils neidvoll von einem<br />
Kollegen, der unter dem Vorwand das Schwerwasservorkommen von<br />
Gletschereis im Kaukasus untersuchen zu wollen, sich kostspielige Skitouren<br />
hat finanzieren lassen. Es war aber nicht Eucken!<br />
153
RÜCKBLICK<br />
Cv,rot<br />
v,rot<br />
(cal/(Mol K))<br />
Abb. 1: Rotationsanteil der molaren Wärmekapazität Cv,rot in<br />
Abhängigkeit von der Temperatur:<br />
A) erhalten durch Gleichsetzen der Energie des Rotators mit der<br />
Planck’schen Energie, Gl. 1 und 2;<br />
B) wie A, erweitert durch die Nullpunktsenergie der Rotation;<br />
C) Ansatz nach P. Ehrenfest, Gl. 3;<br />
Stark ausgezogene Kurve: eingefrorene Hochtemperaturmischung<br />
mit 25% para-Wasserstoff und 75% ortho-Wassertstoff nach D.<br />
Dennison;<br />
Kreise: Messungen von A. Eucken.<br />
gezeigt hatten, dass das Gesetz von der gleichmäßigen Energieverteilung,<br />
ein Grundgesetz der klassischen Statistik, <strong>für</strong> schwingende<br />
Systeme durch die Energiequantentheorie ersetzt werden muss, postulierte<br />
Nernst nun, dass auch die Rotationsbewegungen der Moleküle<br />
der Quantentheorie unterworfen seien; folglich sollte auch der Rotationsanteil<br />
der spezifischen Wärme von Gasen mit abnehmender<br />
Temperatur abfallen - in Analogie zum Abfall des Schwingungsanteils<br />
der spezifischen Wärme einfacher Festkörper. Um dieses nachzuweisen,<br />
ergänzte Eucken das Kalorimeter durch einen kleinen Metallkolben,<br />
der mit dem Heiz- und Messdraht umwickelt war. Dieser Kolben<br />
war im Vakuum an einer langen feinen Kapillare aufgehängt, durch die<br />
er von außen mit dem zu untersuchenden Gas gefüllt werden konnte.<br />
Für die ersten Messungen wählte Eucken Wasserstoff, weil dieser<br />
von allen molekularen Gasen den niedrigsten Siedepunkt und das<br />
kleinste Trägheitsmoment hat und somit bei diesem der erwartete Effekt<br />
am ehesten zu beobachten sein sollte. Und tatsächlich, die erhaltenen<br />
Daten entsprechen den qualitativen Erwartungen (Abb.1,<br />
Messpunkte): schon bei Zimmertemperatur fällt der Rotationsanteil<br />
der spezifischen Wärme vom Hochtemperaturwert R (Gaskonstante)<br />
ab und sinkt schließlich bei 60 K auf den Wert Null, d.h. hier erreicht<br />
die spezifische Wärme des Wasserstoffs exakt den Wert <strong>für</strong> einatomige<br />
Gase 3/2 R, der durch die Translationsbewegung gegeben ist.<br />
Zur korrekten Deutung erschien es Eucken zunächst am nächstliegenden,<br />
die Energie des Rotators<br />
Er = J (2 π ν) 2 / 2 (1)<br />
(J Trägheitsmoment, ν Rotationsfrequenz) mit der Planck’schen<br />
Energie<br />
154<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Er = h ν/[exp(h ν/(k T)) – 1] (2)<br />
gleichzusetzen, wobei er voraussetzte, dass die <strong>für</strong> ein Schwingungssystem<br />
geltende Planck’sche Formel auch <strong>für</strong> die Energie des Rotators<br />
gilt, und wobei er in Kauf nahm, dass die Rotationsfrequenz von<br />
der Temperatur abhängt. Dieser Ansatz ist jedoch weit von der Realität<br />
entfernt, denn – egal welcher Wert auch immer <strong>für</strong> das Trägheitsmoment<br />
eingesetzt wird – er ergibt bereits am absoluten Nullpunkt<br />
der Temperatur einen steilen Anstieg von Cv (Abb. 1, Kurve A).<br />
Eine brauchbare Näherung mit dem angepassten Trägheitsmoment J<br />
= 1,4 10 –41 g cm 2 erhielt Eucken (Abb.1, Kurve B) durch die um die<br />
Nullpunktsenergie der Rotation (h ν) / 2 erweiterte Planck’sche Formel<br />
nach A. Einstein und O. Stern, wodurch sich zumindest bei tiefen<br />
Temperaturen eine annährend konstante Rotationsfrequenz ergibt.<br />
Unter Vermeidung der Planck’schen Formel greift P. Ehrenfest auf die<br />
ursprüngliche Aussage der Quantentheorie zurück, nach der die Energie<br />
in Vielfachen der Größe hν geteilt auftritt. Er kommt dadurch zu<br />
dem Ansatz (n = 1, 2, 3, ...)<br />
Er = n 2 h 2 / (8 π 2 J). (3)<br />
Nach den Methoden der statistischen Thermodynamik kann hieraus<br />
der Rotationsanteil der spezifischen Wärme berechnet werden.<br />
Bei tiefen Temperaturen können die experimentellen Werte wiederum<br />
sehr gut angepasst werden mit dem Trägheitsmoment<br />
J = 6,9 10 –41 g cm 2 ; aber bei höheren Temperaturen versagt dieser<br />
Ansatz vollkommen, da die errechneten Werte nacheinander durch<br />
ein Minimum und ein Maximum laufen, bevor der klassische Wert<br />
Cv = R erreicht wird (Abb. 1, Kurve C).<br />
Einen vollkommen anderen Weg ging M. Trautz, den Temperaturverlauf<br />
der spezifischen Wärme des Wasserstoffs zu deuten. Er setzt<br />
zwei verschiedene isomere Wasserstoff-Modifikationen voraus, eine<br />
„Kältemodifikation“ mit Cv = 3/2 R und eine „Wärmemodifikation“<br />
mit Cv = 5/2 R, die in einem mit der Temperatur verschiebbaren<br />
Gleichgewicht zueinander stehen. Unter der Berücksichtigung der<br />
Isomerisationswärme konnte Trautz die experimentellen Werte von<br />
Eucken ebenfalls recht gut wiedergeben.<br />
In der Diskussion dieser Theorien kam Eucken zu dem Schluss,<br />
dass keine richtig sein könne, selbst wenn sie den Verlauf der experimentellen<br />
Werte teilweise richtig wiederzugeben vermöchten, und<br />
dass eine Klärung erst möglich sein würde, wenn das bisher angepasste<br />
Trägheitsmoment des Wasserstoffmoleküls durch unabhängige<br />
Messungen exakt bestimmt worden sei. – Wir sollten aber doch<br />
ehrfurchtsvoll anerkennen, dass die angeführten damaligen Ideen vorausschauend<br />
waren: die Nullpunktsenergie finden wir später in der<br />
Lösung der Schrödingergleichung des harmonischen Oszillators, der<br />
Ausdruck <strong>für</strong> die gequantelte Rotationsenergie des Rotators ergibt<br />
sich ebenfalls zwanglos aus der Schrödingergleichung <strong>für</strong> den Rotator<br />
mit raumfester Achse, und schließlich hat sich die Einführung der<br />
zwei isomeren Formen des Wasserstoffs bewahrheitet: wir sprechen<br />
heute von den zwei Modifikationen ortho- und para-Wasserstoff, den<br />
beiden allotropen Formen des Wasserstoffs, deren Vorkommen<br />
durch die Quantenmechanik vorausgesagt wurde.<br />
Die Geschichte der Entdeckung der beiden Formen des Wasserstoffs<br />
ist in diesem Magazin kürzlich beschrieben worden 4 , sie ist
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
verknüpft mit vorausgehenden Arbeiten der theoretischen Physiker<br />
W. Heisenberg, F. Hund, W. Pauli, E. Schrödinger und F. London, deren<br />
Ergebnisse hier nur nochmals kurz skizziert seien. Die Kernspins<br />
der beiden Protonen mit der Quantenzahl 1 ⁄2 können sich zueinander<br />
parallel oder antiparallel ausrichten. Bei Parallelstellung (ortho-System,<br />
Gesamtkernspinquantenzahl 1, Triplett) werden nur die Rotationszustände<br />
mit ungerader Rotationsquantenzahl besetzt, bei Antiparallelstellung<br />
(para-System, Gesamtkernspinzahl 0, Singulett) nur<br />
die mit gerader Rotationsquantenzahl. Da die beiden Systeme unterschiedlicher<br />
Multiplizität nur langsam durch spontane Prozesse ineinander<br />
übergehen können, folgt, dass Wasserstoff aus zwei Modifikationen<br />
bestehen muss, die unterschiedliche spezifische Wärmen<br />
haben und deren relative Konzentrationen von der Temperatur abhängen,<br />
sofern sich das Gleichgewicht einstellt: unter 30 K liegt reiner para-Wasserstoff<br />
vor, oberhalb 200 K ist entsprechend den Kernspinmultiplizitäten<br />
die Konzentration des ortho-Wasserstoffs dreimal so<br />
1<br />
2<br />
Bild: B: Eucken (1) im Kreis der Mitarbeiter auf dem Dach des Physikalisch-Chemischen Instituts<br />
der Technischen Hochschule Breslau, 1930; R. Suhrmann (2).<br />
groß wie die des para-Wasserstoffs. Die spezifische Wärme des Wasserstoffs<br />
hängt damit vom Anteil der beiden Modifikationen ab.<br />
Schließlich erzielte D. Dennison eine glänzende Übereinstimmung mit<br />
den von Eucken 15 Jahre zuvor publizierten Werten (Abb. 1, stark ausgezogene<br />
Kurve), wenn er in den Rechnungen den Beitrag der beiden<br />
Komponenten zur spezifischen Wärme entsprechend ihren Kernspinmultiplizitäten<br />
3 : 1 einsetzte, wenn er also vom eingefrorenen Hochtemperaturgleichgewicht<br />
ausging; <strong>für</strong> das Trägheitsmoment setzte er<br />
dabei den inzwischen aus spektroskopischen Messungen erhaltenen<br />
Wert J = 3,95 10 –41 g cm 2 ein, der zwischen den beiden oben mitgeteilten,<br />
den besten Anpassungen dienenden Werten liegt. F. London<br />
machte 1928 nun den Vorschlag, Wasserstoff <strong>für</strong> genügend lange Zeit<br />
bei tiefer Temperatur zu halten, wobei sich der o-H2 in p-H2 umwandeln<br />
sollte, und diese Veränderung durch Messung der Wärmekapazität<br />
nachzuweisen.<br />
Eucken und Hiller hatten nun entsprechende Versuche eingeleitet,<br />
sie hatten damit auch Erfolg; jedoch kamen ihnen K. F. Bonhoeffer<br />
RÜCKBLICK<br />
und P. Harteck zuvor, weil sie – wohl eher zufällig – entdeckt hatten,<br />
dass die durch Aktivkohle katalytisch beschleunigte Gleichgewichtseinstellung<br />
hundertfach schneller erfolgt als die spontane, und weil<br />
sie anstelle der umständlichen Messung der spezifischen Wärme des<br />
Wasserstoffs die der spezifischen Wärme proportionale Wärmeleitfähigkeit<br />
zum viel einfacheren Nachweis des p-H2-Gehaltes ausgenutzt<br />
hatten. Für Eucken muss das ein Schock gewesen sein 5 , hatte er<br />
doch – wie er in einer Veröffentlichung ausdrücklich festgestellt hatte<br />
– seine Versuche vor Bekanntgabe der Rechnungen von Dennison<br />
begonnen, während Bonhoeffer erst durch die Veröffentlichung von<br />
Dennison und die Ideen von London zu den Versuchen angeregt worden<br />
war, und war er doch durch mehr als zehn veröffentlichte Arbeiten<br />
schon lange mit Wärmeleitfähigkeitsmessungen vertraut. Aber<br />
die Priorität wird Bonhoeffer und Harteck zugeschrieben, deren<br />
Arbeiten im Februar bzw. Mai 1929 jeweils etwa zwei Wochen vor<br />
den Arbeiten von Eucken und Hiller in den Naturwissenschaften und<br />
in der Zeitschrift <strong>für</strong> physikalische Chemie<br />
eingereicht worden waren. – Wem auch<br />
immer die Priorität zusteht, mit der Entdeckung<br />
der beiden Wasserstoffmodifikationen<br />
ist endlich der von Eucken 1912<br />
gefundene Temperaturverlauf der Rotationswärme<br />
des Wasserstoffs erklärt.<br />
Eucken hatte die umfangreichen Präzisionsuntersuchungen<br />
über die spezifischen<br />
Wärmen bei tiefen Temperaturen auf Anregung<br />
von Nernst begonnen, der dadurch eine<br />
allgemeine Bestätigung seines – mit genialem<br />
Blick aus spärlichen experimentellen<br />
Daten abgeleiteten – Wärmesatzes erhoffte:<br />
in der von Planck gegebenen Formulierung<br />
sagt das Nernst’sche Theorem aus, dass die<br />
Entropie eines aus gleichartigen Molekülen<br />
bestehenden festen Körpers am absoluten<br />
Temperaturnullpunkt gleich Null ist; das impliziert,<br />
dass auch dessen spezifische Wärme<br />
mit abnehmender Temperatur gegen<br />
Null konvergiert. Zunächst konnte Eucken<br />
dies z.B. <strong>für</strong> feste Edelgase bestätigen. Aber<br />
Verfeinerungen der Messungen, z.B. an festem Stickstoff oder Methan<br />
zeigten, dass das Nernst’sche Theorem doch nicht exakt gültig<br />
ist; Eucken erkannte aber auch, dass die Abweichungen durch die<br />
Nichtidealität des Festkörpers, Fehlstellen und Besetzung von<br />
Zwischengitterplätzen, bedingt sind. Nernst hatte das scharf unter die<br />
Lupe nehmen seines Theorems durch Eucken nicht sehr geschätzt,<br />
wodurch die Beziehungen der beiden zumindest zeitweilig etwas getrübt<br />
waren.<br />
4 U. Schindewolf, Bunsen-Magazin 6, 139 (2002).<br />
5 Entsprechend äußert sich Eucken in einem Schreiben an die Notgemeinschaft<br />
der <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaft: Die zahlreichen Zeitungsnotizen und<br />
Artikel, die in letzter Zeit in der Presse über die Versuche Bonhoeffers veröffentlicht<br />
wurden, sind großenteils unzutreffend, zumindest, was ihre Bedeutung<br />
und die Verdienste Bonhoeffers anlangt, weit übertrieben. ...beruht<br />
es wohl auf einem gewissen Zufall, dass gerade diese Arbeit einen derartig<br />
ungewöhnlichen äußeren Erfolg gezeitigt hat.<br />
155
RÜCKBLICK<br />
VERFAHRENSTECHNISCHES WIRKEN<br />
Ebenso wichtig wie sein wissenschaftliches Wirken ist Euckens<br />
Wirken als Chemie-Ingenieur. Vielleicht hat er schon bei seinem Doktorvater<br />
gelernt, dass die Übertragung wissenschaftlicher Kenntnisse<br />
nutzbringend <strong>für</strong> die Technik ist. 6 Sicher aber hat die Atmosphäre der<br />
Technischen Hochschule Breslau, an der er seit 1919 die physikalische<br />
Chemie als Wissenschaftler vertrat, ihn in Kontakt mit den<br />
Problemen der chemischen Technik gebracht.<br />
Während in den USA die Verfahrenstechnik in den Ausbildungsgang<br />
der Chemiker eingearbeitet war, spielte in Deutschland dieses<br />
<strong>für</strong> die spätere industrielle Tätigkeit der Chemiker so wichtige Fach an<br />
den Ausbildungsstätten nur eine untergeordnete Rolle – vielleicht, weil<br />
sich Universitäten und Technische Hochschulen nicht miteinander sondern<br />
nebeneinander, bisweilen sogar in Rivalität entwickelt hatten.<br />
Eucken verstand es nun vortrefflich, eine Brücke zu schlagen zwischen<br />
den wissenschaftlichen und technischen Chemikern, die sich in<br />
Deutschland meist fremd und verständnislos gegenüberstanden.<br />
Für das Dechema-Jahrbuch 1935 verfasste er eine programmatische<br />
Übersicht über die „Forschung des chemischen Apparatewesens“,<br />
die von der Untersuchung der physikalisch-chemischen Grundlagen<br />
ausging und über die Eigenschaften der Werkstoffe und der zu<br />
verarbeitenden Materialien sowie ihren Wechselwirkungen (Korrosion)<br />
bis zur Entwicklung neuer Apparatebaustoffe, neuer Arbeitsverfahren<br />
und neuer Mess- und Analysenmethoden führte. In einem Vortrag<br />
auf der VDI-Jahrestagung 1937 erläuterte er nochmals die<br />
Bedeutung physikalisch-chemischer Forschung <strong>für</strong> die Anwendung in<br />
der Verfahrenstechnik und illustrierte es am Beispiel der thermischen<br />
Methoden zur Auftrennung von Gasgemischen. – Weitere richtungsweisende<br />
Beiträge über Wege und Ziele der Ausbildung von Verfahrensingenieuren<br />
hat Eucken gemeinsam mit R. Plank (TH Karlsruhe) in<br />
der neu gegründeten Zeitschrift „Beihefte Verfahrenstechnik“ veröffentlicht.<br />
Durch Schüleraustausch verwirklichten die beiden ihre<br />
Ideen, Chemieingenieure mit Schwerpunkt Maschinenbau und Ingenieurchemiker<br />
(technische Chemiker) mit Schwerpunkt Chemie auszubilden.<br />
Eucken betrieb energisch eine Zusammenarbeit zwischen dem<br />
Verein <strong>Deutsche</strong>r Ingenieure, der <strong>Deutsche</strong>n Gesellschaft <strong>für</strong> Chemisches<br />
Apparatewesen und der Gesellschaft <strong>Deutsche</strong>r Chemiker, die<br />
1935 zur Gründung der Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Verbrauchsgütertechnik,<br />
später Fachausschuss <strong>für</strong> Verfahrenstechnik, führte, zu deren<br />
Vorsitzenden er gewählt wurde. In dieser Funktion konnte er nun<br />
maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Chemieingenieurwesens<br />
und die Ausbildung der Chemieingenieure nehmen.<br />
In einem Aufsatz über die Wärmepumpe drückt Eucken seine Sorge<br />
über die in naher Zukunft erschöpften fossilen Energievorräte und<br />
die damit verknüpften Energieprobleme aus. Er schneidet damit<br />
schon 1940 Themen an, denen man damals zwar meist noch mit Optimismus<br />
begegnete, die aber heute aktueller sind als je zuvor. Er hielt<br />
6 Der Nernst-Stift hätte die Beleuchtungstechnik revolutioniert, wenn nicht<br />
nahezu gleichzeitig Thomas Edinson die Glühbirne erfunden hätte. Das zugehörige<br />
Patent konnte Nernst jedoch noch teuer an die Industrie verkaufen.<br />
156<br />
es durchaus <strong>für</strong> möglich, die bei der gerade entdeckten Kernspaltung<br />
frei werdende Energie technisch auszunutzen, bezweifelte aber, dass<br />
diese Energie ebenso billig und ebenso bequem sein würde wie die<br />
Energie aus fossilen Energieträgern. Außer der Wasserkraft gab er<br />
auch den Energien aus regenerativen Quellen, wie Wind, Sonne oder<br />
Gezeitenströmungen, die zwar in erheblichen Mengen vorhanden<br />
sind, keine große Chance, weil sie großen zeitlichen Schwankungen<br />
unterworfen und auf so große Räume oder Flächen verteilt sind, dass<br />
ihre Zusammenfassung auf nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten<br />
stoßen wird. Seine Schlussfolgerung: Ob es nicht im Sinne einer wirklichen<br />
Zukunftsplanung läge, mit den uns jetzt in hochkonzentrierter<br />
Form zur Verfügung stehenden Energieschätzen sparsamer umzugehen.<br />
– Jetzt, mehr als sechs Dezennien später und nachdem gewaltige<br />
finanzielle Beträge <strong>für</strong> die Entwicklung neuer Energieträger aufgewandt<br />
worden sind, wissen wir immer noch nicht, was ökonomisch<br />
und ökologisch sinnvoll ist; denn der Energiemarkt wird durch Energiesteuern<br />
und Subventionen nach ideologischen Gesichtspunkten<br />
gesteuert, entgegen Gedanken des Eucken-Bruders Walter über die<br />
freie Marktwirtschaft.<br />
Euckens direkter Beitrag zum Chemieingenieurwesen war im Vergleich<br />
zu seinem zukunftsweisenden Wirken auf diesem Gebiet oder<br />
im Vergleich zu seinen wissenschaftlichen Beiträgen eher gering.<br />
Indirekt aber verdankt ihm die Verfahrenstechnik die Möglichkeit, Kontaktöfen<br />
<strong>für</strong> Gasreaktionen zu berechnen, deren Auslegung von vielen<br />
Parametern abhängt. Auf seine Anregung hin untersuchte G. Damköhler<br />
den Einfluss der Geschwindigkeiten der Gasströmung, der<br />
Diffusion und der Wärmeübertagung sowie der Reaktionswärme auf<br />
den Ablauf von Gasreaktionen unter technischen Bedingungen. Die<br />
Untersuchungen gipfelten in der Formulierung der sog. Damköhlerzahlen,<br />
mit denen Damköhler den Ruf eines „Founders of Chemical<br />
Reaction Engineering“ erworben hat. – Und in seinem gemeinsam mit<br />
M. Jakob herausgegebenen zwölfbändigen Werk „Der Chemie-Ingenieur”<br />
(s. nächstes Kapitel) hat er wesentlich dazu beigetragen, die<br />
Verfahrenstechnik aus dem Zustand der Empirie in den Stand einer<br />
Wissenschaft zu erheben, in der Chemiker, Physiker und Ingenieure<br />
gemeinsam wirken.<br />
DAS PUBLIZISTISCHE WERK<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Die Begabungen des Vaters, der 1908 den Nobelpreis <strong>für</strong> Literatur 7<br />
erhalten hat, haben sich auf den Sohn übertragen. Eucken hat in der<br />
physikalischen Chemie ein publizistisches Werk hinterlassen, das das<br />
Werk unseres Altmeisters Wilhelm Ostwald weit übertrifft und das<br />
wie dieses die Weiterentwicklung unseres Faches maßgeblich beeinflusst<br />
hat. Die literarische Schaffenskraft Euckens können wir schon<br />
aus der Anzahl der Buchrezensionen entnehmen: allein in der Zeitschrift<br />
<strong>für</strong> Elektrochemie finden wir von 1926 bis 1949 zwanzig<br />
Besprechungen der Werke, die Euckens Namen tragen, sei es als<br />
Autor eigener Bücher, sei es als Herausgeber von Buchreihen, Handbüchern,<br />
Fortschrittsberichten oder von Tabellenwerken. Auf diese<br />
Rezensionen greifen wir im folgenden zurück.<br />
Es begann mit der Herausgabe der Verhandlungen der ersten<br />
Solvay Konferenz 1911 über „Die Theorie der Strahlung und der<br />
Quanten“ (Verlag Chemie, Berlin 1914); zu dieser Konferenz, die<br />
Nernst angeregt hatte, hatte der wohlhabende Industrielle Ernest Sol-
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
vay 8 nach Brüssel eingeladen. Unter den etwa 20 Gästen befanden<br />
sich elf (meist spätere) Nobelpreisträger: Marie Curie, A. Einstein, H.<br />
Kammerling-Onnes, H. A. Lorentz, W. Nernst, J. Perrin, M. Planck,<br />
Lord Rayleigh, E. Rutherford, J. D. van der Waals und W. Wien; aber<br />
auch die anderen, M. de Broglie 9 , M. Brioullin, F. Hasenöhrl, J. H.<br />
Jeans, M. Knudsen, P. Langevin, H. Poincaré, H. Rubens, A. Sommerfeld<br />
und E. Warburg waren wohl ebenso hervorragende Vertreter<br />
der Physik, deren Namen uns noch alle in Erinnerung sind.<br />
Dieses illustre Gremium rang um ein Verständnis der Quantentheorie.<br />
Es ging um die wesentlichen Fragen: Liegt die Quantentheorie<br />
innerhalb der bisher anerkannten Mechanik? Oder ist die bisherige<br />
Mechanik umgekehrt ein Spezialfall einer allgemeineren Mechanik,<br />
die durch die Quantentheorie ihren Ausdruck findet? Oder hebt sich<br />
die Quantentheorie von der Mechanik durch das Vorkommen von Diskontinuitäten<br />
qualitativ ab, liegt sie also außerhalb der Mechanik?<br />
Wie der Vorsitzende Lorentz bemerkte, können wir uns nicht auf<br />
Abstimmungen einlassen und unser Urteil auf Grund einer Stimmenmehrheit<br />
abfassen. Und so musste Eucken bei der Herausgabe der<br />
Abhandlungen feststellen, dass die Quantentheorie auch heute noch<br />
... ein ungelöstes Rätsel darstellt. Und später: Es kann keinem Zweifel<br />
mehr unterliegen, dass die Planck’sche Formel zur Darstellung des<br />
Energieinhaltes fester Körper durchaus verwendbar ist. Hatten doch<br />
schon bei der Konferenz Einstein und Nernst zeigen können, dass die<br />
Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität einfacher Festkörper, in<br />
denen nur die monochromatische Schwingungsbewegung der<br />
Kristallbausteine zum Energieinhalt beitragen, mit der Planck’schen<br />
Formel recht gut abgeleitet werden kann. Eine noch bessere Übereinstimmung<br />
mit dem Experiment erzielte im gleichen Jahr Peter<br />
Debye, der anstelle der monochromatischen Schwingungen ein Frequenzspektrum<br />
zugrundelegte, das ähnlich wie das Frequenzspektrum<br />
des schwarzen Strahlers berechnet werden kann. Diese<br />
Ideen führten zum sog. T 3 -Gesetz (Cv ~ T 3 ), das Eucken z.B. an Flussspat<br />
(CaF2), Pyrit (FeS2) und metallischem Blei erstmals experimentell<br />
bestätigen konnte.<br />
7 Jetzt klingt es zwar wie eine Posse, aber die Verleihung des Literaturnobelpreises<br />
1908 hat damals <strong>für</strong> einige Verwirrung gesorgt. Denn der Naturphilosoph<br />
und Evolutionsbiologe Ernst Haeckel hatte fest damit gerechnet und<br />
es auch verbreitet, dass er den Preis erhalten würde. Die ausländische<br />
Presse berichtete bereits davon, die ersten Glückwünsche gingen ein, und<br />
das Fest war schon vorbereitet. Aber dann wurde es offiziell, nicht Haeckel<br />
sonder der ebenfalls in Jena wirkende Philosophieprofessor Rudolf Eucken<br />
erhielt den Nobelpreis. Haeckel äußerte sich später brieflich dazu: ... Wie<br />
mein prinzipieller Antipode Eucken dazu kommen sollte, ist den hiesigen<br />
Kollegen rätselhaft ... er ist ein guter Redner und frommer Kantianer ... hat<br />
auch ‚schöne Bücher’ über ‚höhere Ziele’ etc geschrieben, aber nicht eine<br />
einzige originale Arbeit von Wert geleistet. – Aber auch Eucken war zunächst<br />
nicht erste Wahl des Nobelpreiskomitees. Für die Nominierung im<br />
Jahr 1908 lagen letztlich 16 Vorschläge vor. Die Meinung schwankte zwischen<br />
Selma Lagerlöf und Algernon Charles Swinburne. Da keines der beiden<br />
Unterstützerlager sich durchsetzen konnte, wurde nach einem Ausweg<br />
gesucht. Den fand man in Rudolf Eucken. Er war zwar kein Literat, aber wenigstens<br />
wie testamentarisch von Alfred Nobel verfügt, ein publizistisch<br />
umtriebiger Idealist. (Uwe Hoßfeld, Rosemarie Nöthlich, Lennart Olsson,<br />
Nature 424, 876 (2003) ; www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/21552/).<br />
RÜCKBLICK<br />
Eucken konnte aber in den Verhandlungen keine Deutung <strong>für</strong> den<br />
von ihm kurz vorher gemessenen Temperaturverlauf des Rotationsanteils<br />
der spezifischen Wärme des Wasserstoffs finden, den er im<br />
Anhang zu den Verhandlungen ausführlich diskutiert hat und der erst<br />
durch die Entdeckung der zwei Modifikationen des Wasserstoffs (ortho-<br />
und para-Wasserstoff) seine Erklärung fand (siehe oben).<br />
Die Herausgabe der Verhandlungen und die Abfassung des 35-seitigen<br />
Anhangs sind ein zeitloses Verdienst Euckens, das man noch<br />
heute beim Durchblättern voll zu würdigen weiß, durchlebt man dabei<br />
doch noch immer das Ringen der damaligen Koryphäen der Physik um<br />
das Verständnis und die Anwendung der jungen Quantentheorie.<br />
Um den Anorganikern die experimentellen Fertigkeiten der Physikochemiker<br />
nahezubringen, verfasste Eucken 1913 <strong>für</strong> das Handbuch<br />
der Arbeitsmethoden in der Anorganischen Chemie eine Serie<br />
von Artikeln über die Bestimmung der Dichte und des<br />
Molekulargewichtes von Gasen und Dämpfen, des osmotischen<br />
Druckes, der Wärmeleitung, der Viskosität, der Geschwindigkeit der<br />
Diffusion, der spezifischen Wärme und der Geschwindigkeit chemischer<br />
Reaktionen. Also schon sehr frühzeitig hat sich Eucken bemüht,<br />
auf Nachbardisziplinen befruchtend einzuwirken.<br />
Das erste große Werk Euckens war der Grundriss der <strong>Physikalische</strong>n<br />
Chemie, der 1922 erstmals erschien und der – wie im Vorwort<br />
zur 1. Auflage formuliert – dem Hauptziel dienen sollte, den Lernenden<br />
über den Rahmen der Vorlesungen über Experimentalphysik hinaus in<br />
die wichtigsten Betrachtungsweisen und Ergebnisse derjenigen<br />
Zweige der heutigen Physik einzuführen, die zur Chemie in naher Beziehung<br />
stehen. In den ersten Auflagen ist der Grundriss aufgeteilt in<br />
die <strong>Physikalische</strong> Wärmelehre (Thermodynamik und ihre Anwendung<br />
auf Zustandseigenschaften einschließlich der Phasenlehre und damit<br />
zusammenhängender Entwicklungen der Molekularkinetik), die Chemische<br />
Wärmelehre einschließlich der Elektrochemie (Grundgesetze<br />
homogener und heterogener Gleichgewichte, die Thermodynamik<br />
chemischer Gleichgewichte und chemische Reaktionsgeschwindigkeiten)<br />
und den Aufbau der Materie (Quantentheorie, Strahlung,<br />
Aufbau von Atomen und Molekeln, Kristallgittertheorie und<br />
Radioaktivität). Allem vorausgestellt ist auf 35 Druckseiten eine<br />
Mathematisch-physikalische Einführung, in der anhand einfacher<br />
8 1838 – 1922; Solvay hatte sein Vermögen mit dem nach ihm benannten<br />
Verfahren zur Herstellung von Soda aus Kochsalz, Ammoniak und Kohlendioxid<br />
erworben. – Die Einladung zur Konferenz erfolgte nicht ganz selbstlos,<br />
denn Solvay versuchte bei der Eröffnungsansprache seine wohl etwas<br />
konfusen Ideen über Schwerkraft und Materie bekanntzumachen, die zur<br />
genauen und daher definitiven Kenntnis der Endelemente des aktiven Universums<br />
führen wird. Seine grundlegende Annahme: ... Es gibt einen direkten<br />
und einen inversen Aether, die beide atomistisch sind und unveränderlich<br />
würfelförmige Struktur besitzen, ferner eine trennende materielle<br />
Oberfläche, die durch die Flächen der abwechselnd positiven und negativen<br />
Atome gebildet wird. Die versammelten Wissenschaftler scheinen in vornehmer<br />
Zurückhaltung eine Diskussion der Solvayschen Gedanken vermieden<br />
zu haben; denn in der Schlussansprache bedauerte Solvay, ... dass trotz<br />
schöner Ergebnisse der Kongress die eigentlichen Probleme nicht gelöst<br />
hat und keinen gangbaren Weg eröffnet hat zur exakten Bestimmung der<br />
einfachsten Grundelemente, die man als die eigentlichen Bausteine des<br />
aktiven Universums anzusehen hat.<br />
9 Bruder des Nobelpreisträgers Louis de Broglie.<br />
157
RÜCKBLICK<br />
physikalischer Beispiele der Begriff der mathematischen Funktion erläutert<br />
wird, die Bestimmung des Differentialquotienten und daraus<br />
die von Extremwerten und Wendepunkten und schließlich die Integration.<br />
Der Grundriss wird in einer der Besprechungen als erster möglichst<br />
weitgehender Versuch einer modernen Darstellung der physikalischen<br />
Chemie gefeiert, wobei aber gleichzeitig die Skepsis geäußert<br />
wird, ob er sich <strong>für</strong> den Gebrauch der Studierenden als geeignet<br />
erweisen wird. Die Skepsis bezieht sich wohl hauptsächlich auf die<br />
Notwendigkeit, dass sich der Student zum Verständnis der physikalischen<br />
Chemie das mathematische Rüstzeug erwerben muss. Dieses<br />
zu gewinnen ist <strong>für</strong> den Studierenden doch auch an sich schon eine<br />
nicht ganz geringe Aufgabe, und sie zum Allgemeingut der Chemiestudenten<br />
zu machen – daran ist ohne völlige Umänderung unseres<br />
doch im ganzen bewährten Unterrichts nicht zu denken – so Bodenstein<br />
in seiner Besprechung der zweiten Auflage des Grundrisses.<br />
Das klingt so, als hätten die deutschen Studenten schon damals<br />
am unteren Ende der „PISA-Rangliste“ gestanden. – Jedoch, der<br />
Grundriss hat bis 1959 insgesamt 10 Auflagen erlebt (bei der Bearbeitung<br />
der letzten beiden hat Euckens Schüler E. Wicke mitgewirkt), hat<br />
seinen Umfang dabei von 490 auf 750 Seiten vermehrt und hat unter<br />
dem Titel Fundamentals of Physical Chemistry auch in den englischen<br />
Sprachraum Eingang gefunden. Das belegt, dass Eucken mit<br />
der Abfassung des Grundrisses ein Standardwerk geschaffen hat. Es<br />
hat viele Studentengenerationen begleitet, weil es den Bedürfnissen<br />
des physikalisch-chemischen Unterrichts voll Rechnung getragen hat.<br />
Aber der Grundriss war kein Lesebuch, man musste ihn studieren.<br />
Wer eine leichtere Darstellung suchte, dürfte auf das 1926 erschienene<br />
Lehrbuch der physikalischen Chemie in elementarer Darstellung<br />
von J. Eggert zurückgegriffen haben, das in den Besprechungen als<br />
wahres Kunstwerk gepriesen wird.<br />
158<br />
3<br />
2<br />
4<br />
1<br />
Bild: C: Eucken (1) im Kreis der Mitarbeiter vor dem Institut <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie der Universität<br />
Göttingen, 1934; E. Bartholomé (2), K. Clusius (3), L. Riedel (4), H. Sachsse (5).<br />
5<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Cl. Pouillet hatte mit den Eléments de Physique et de Météorologie,<br />
das 1827 erschien, ein Jahrhundertwerk geschaffen; es wurde<br />
1842 von J. H. J. Müller unter dem Titel Lehrbuch der Physik und<br />
Meteorologie ins <strong>Deutsche</strong> übertragen und ist bis 1915 in zehn Auflagen<br />
erschienen. Eucken hat nun zusammen mit O. Lummer und E.<br />
Waetzmann 1926 die gigantische Aufgabe übernommen, die 11. Auflage<br />
herauszubringen, die in fünf Bände unterteilt ist (I. Mechanik und<br />
Akustik; II Optik; III Wärmelehre; IV Elektrizität und Magnetismus; V<br />
Physik der Erde und des Kosmos).<br />
Im Vorwort schreiben die Herausgeber, dass die Tendenz eines populären<br />
Lehrbuches beibehalten werden solle, das ganze aber auf eine<br />
höhere Stufe zu heben sei mit dem Ziel, nicht nur dem Studierenden<br />
ein brauchbares Lehrbuch in die Hand zu geben, sondern auch<br />
alles zu bringen, was ein Dozent <strong>für</strong> die Experimentalvorlesung oder<br />
ein Forscher zur ersten Orientierung über ihm noch fremde Teilgebiete<br />
der Physik brauche. Das ist wahrhaftig ein ehrgeiziger Plan, dessen<br />
Ausführung zu einem Werk mit mehr als 8000 Druckseiten führte.<br />
Der erste Teil des 3. Bandes (1926) <strong>Physikalische</strong>, chemische<br />
und technische Thermodynamik mit knapp 1200 Seiten stammt zu<br />
zwei Dritteln aus Euckens Feder: Experimentelle Methoden, Die<br />
Grundgesetze der Wärmelehre, dann Homogene sowie Heterogene<br />
Einkomponentensysteme und Homogene sowie Heterogene Mehrkomponentensysteme.<br />
An dem letzten Drittel, das hauptsächlich wärmetechnischen<br />
Vorgängen (Wärmekraftmaschinen und Wärmearbeitsmaschinen)<br />
gewidmet ist, sind sieben weitere Autoren beteiligt.<br />
– In einer Besprechung wird auch dieses Werk Euckens hochgelobt<br />
als eine Neuschöpfung, die mit einer bewunderungswürdigen Klarheit<br />
und Systematik, einer nirgends ermüdenden oder kompromissbereitenden<br />
Zielsicherheit, Gleichmäßigkeit und Einheitlichkeit und vor allem<br />
mit einer profunden Beherrschung aller Teile der behandelten Materie<br />
entstanden ist. M. Wien, auf den der Ausspruch ... Ich freue mich<br />
zu sehen, wie die Chemie immer mehr Physik wird ... zurückgeht, antwortet<br />
der Referent ... Wir freuen uns<br />
zu sehen, wie weitgehend chemische<br />
Fragen in das Lehrgebäude der Physik<br />
Eingang gefunden haben – und hoffen,<br />
dass dies nicht allein auf die Wärmelehre<br />
beschränkt bleibt.<br />
Eine andere Rezension in der Angewandten<br />
Chemie aber hat Eucken<br />
tief getroffen. Der Rezensent hielt das<br />
Werk <strong>für</strong> zu umfangreich und schreibt<br />
... könnte zweifellos am ehesten<br />
Raum gespart werden bei der Behandlung<br />
von Überlegungen und Vorrichtungen,<br />
die seit Jahren oder Jahrzehnten<br />
schon zum Stoff der<br />
Mittelschulen gehören oder zu Gegenständen<br />
des täglichen Gebrauchs geworden<br />
sind. ... So wird die Frage der<br />
Weiterentwicklung (dieses Werkes) in<br />
höchstem Maße gleichbedeutend mit<br />
dem Rufe nach dem rücksichtslos<br />
durchgreifenden führenden Redakteur.<br />
In einem Brief an den Herausge-
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
ber der Angewandten Chemie schrieb Eucken, dass der letzte Satz<br />
der Rezension eine Unverschämtheit darstelle, die er nicht hinnehmen<br />
könne, ... es sei denn, dass Sie den Wunsch haben, dass die bisherigen<br />
erfreulichen Beziehungen zur Zeitschrift <strong>für</strong> Angewandte Chemie<br />
und zu Ihnen persönlich, als beendet angesehen werden. Eucken<br />
erwartete von der Angewandten Chemie eine Ergänzung der Besprechung<br />
in dem Sinne, dass seitens der Schriftleitung und des Rezensenten<br />
eine abfällige Kritik des Herausgebers nicht beabsichtigt war<br />
und der letzte Satz nur als Anregung <strong>für</strong> die Bearbeitung der nächsten<br />
Auflage dienen sollte, die wohl frühestens in 20 Jahren in Angriff genommen<br />
werden würde. Diese Ergänzung ist allerdings niemals erschienen.<br />
10<br />
Zum guten physikalisch-chemischen Unterricht gehört ein gutes<br />
physikalisch-chemisches Praktikum, in dem die Kunst des physikalisch-chemischen<br />
Experiments vermittelt und durch Ausführung eigner<br />
Versuche und ihrer theoretischen Durcharbeitung die im Unterricht<br />
erworbenen Erkenntnisse vertieft werden. Da Eucken die bis<br />
dahin vorliegenden Praktikumsanleitungen da<strong>für</strong> <strong>für</strong> ungeeignet hielt,<br />
hat er zusammen mit R. Suhrmann 1928 die Physikalisch-Chemischen<br />
Praktikumsaufgaben herausgebracht. Diese Aufgabensammlung,<br />
die im Laufe der Jahre aus den Erfahrungen des Breslauer Praktikums<br />
entstand und etwa 100 zuverlässig beschriebene Versuche<br />
umfasste, ist in drei Hauptabschnitte gegliedert: Grundlegende physikalische<br />
Messmethoden (aus der Mechanik, Optik, Wärmelehre und<br />
Elektrizität), Physikalisch-chemische Analyse (mechanische, optische<br />
thermische und elektrische Methoden) und Bestimmung physikalisch-chemischer<br />
Konstanten (Konstanten aus der Thermodynamik,<br />
der Reaktionsgeschwindigkeit, der Elektrolyse, der Grenzflächenerscheinungen<br />
und der Konstitution der Materie). Als Anhang werden<br />
noch etwa 20 Aufgaben vorgeschlagen, die der Praktikant nur anhand<br />
von Literaturangaben ohne detaillierte Anleitung selbständig durchführen<br />
soll.<br />
Diese Praktikumsanleitung ist ebenso wie Euckens Grundriss ein<br />
Klassiker geworden, der in knapp vier Jahrzehnten mehrfach verbessert<br />
und erweitert worden ist, ein Klassiker <strong>für</strong> den Physikochemiker,<br />
wie der Gattermann <strong>für</strong> den Organiker, der sogar noch langlebiger<br />
war.<br />
Zurück zum Grundriss. Da sich in den letzten fünf Jahren seit Erscheinen<br />
der 2. Auflage des Grundrisses … unsere Wissenschaft<br />
noch weiter in Richtung auf die reine Physik entwickelt hat, ... ist es<br />
natürlich, dass die physikalischen Gedankengänge noch stärker betont<br />
werden mussten. Und so führte Eucken 1930 das Lehrbuch der<br />
Chemischen Physik ein, das den Untertitel zugleich dritte Auflage<br />
des Grundrisses <strong>für</strong> physikalische Chemie trug und das er Herrn Geheimrat<br />
Professor Dr. Fritz Haber zur Feier seines 60. Geburtstages in<br />
Verehrung und Dankbarkeit gewidmet hat.<br />
Das Lehrbuch folgt in seiner ersten Auflage dem Konzept des<br />
Grundrisses, es ist aufgeteilt in die (physikalische und chemische)<br />
Wärmelehre und den Aufbau der Materie. Es hat aber etwas mehr als<br />
den doppelten Umfang. Die Umfangvermehrung ergab sich einerseits<br />
durch die etwas breitere Darstellung, die dem besseren Verständnis<br />
dienen sollte, andererseits durch Aufnahme der wichtigsten Forschungsergebnisse<br />
der vorausgehenden Jahre auf dem Gebiete des<br />
Atom- und Molekülaufbaus.<br />
RÜCKBLICK<br />
Prompt wird in einer Besprechung die neue Bezeichnung Chemische<br />
Physik scharf kritisiert, sie erwecke die Vorstellung eines verlorenen<br />
Außenpostens, als würde die Chemie in die Physik hineinrutschen<br />
oder von der Physik aufgesogen. Umgekehrt, selbst die Lehre<br />
der Energiequanten (die – wie im ersten Solvay-Kongress offenbar<br />
wurde – eine Domäne der Physik war) werde von der Chemie aufgesogen.<br />
Zwar waren die Väter der alten physikalischen Chemie, z.B.<br />
Helmholtz oder Gibbs, Physiker, aber die auf sie folgten waren oder<br />
wurden immer mehr Chemiker. Und so werde es auch mit der Chemischen<br />
Physik gehen. 11 Zum Abschluss seiner Besprechung ist der<br />
Kritiker sehr viel milder gestimmt: dem Leser wird in allen aktuellen<br />
Fragen eindringliche und aufklärende Unterweisung zuteil; der Verfasser<br />
kann des Dankes aller Leser gewiss sein, unzweifelhaft darf ihm<br />
das Verdienst zugesprochen werden, dem deutschen wissenschaftlichen<br />
Schrifttum in der vorliegenden Disziplin erneut den Vorantritt<br />
gesichert zu haben.<br />
In der 2. Auflage ist das vollständig neu bearbeitete Lehrbuch auf<br />
über 2200 Seiten angeschwollen, die in drei Teilen erschienen und an<br />
deren Bearbeitung andere Fachgenossen mitgewirkt haben. Der 1.<br />
Band (1938, unter Mitarbeit von E. Bartholomé, G. Joos, K. Schäfer<br />
und F. Sauter) behandelt die Korpuskularen Bausteine der Materie;<br />
der in zwei Teile aufgespaltene 2. Band (1943 bzw. 1944, unter Mitwirkung<br />
von K. Schäfer) die Makrozustände der Materie mit den allgemeinen<br />
Grundlagen und Gasen (1. Teil) und den kondensierten Phasen<br />
und heterogenen Systemen (2. Teil). Der 1. Band – so Eucken im<br />
Vorwort – sollte eine ins Einzelne gehende Darstellung der chemischen<br />
Physik bieten, der 2. Band war als Einführung in die physikalische<br />
Chemie gedacht.<br />
In einer Rezension lobt P. Harteck das Werk als das einzige abgerundete<br />
Lehrbuch, das in gleicher Weise der Theorie und dem Experiment<br />
gerecht werde, und das eine der wichtigsten und glücklichsten<br />
Neuerscheinungen auf dem Gebiet der exakten Naturwissenschaften<br />
darstelle. – Da die Bestände der 2. Auflage während des Krieges weit-<br />
10 Eucken hat wohl deshalb so empfindlich reagiert, weil er kurz zuvor wegen<br />
einer von ihm nicht öffentlich geäußerten Kritik, die aber weiten Kreisen zugänglich<br />
gemacht worden war, vor ein Ehrengericht des Vereins deutscher<br />
Chemiker gestellt worden war. Eucken hatte den Bezug der Zeitschrift <strong>für</strong><br />
Physik abbestellt, speziell wegen eines Artikels „Über den osmotischen<br />
Druck ...“, aber auch wegen anderer Artikel, die er als wertlosen Ballast<br />
empfinde. Die Abbestellung könne er nur rückgängig machen, wenn der<br />
Verlag einen Wechsel in der Person des Herausgebers der Zeitschrift plane.<br />
Der Spruch des Ehrengerichtes lautete, dass Eucken die Herabsetzung des<br />
wissenschaftlichen Ansehens des Autors mit einem Ausdruck des Bedauerns<br />
zurückzunehmen habe. Eucken folgte diesem Spruch und stellte<br />
zusätzlich fest, dass ich im Gegenteil den Autor als wissenschaftliche<br />
Gesamtpersönlichkeit durchaus hoch schätze, wenn ich auch in einzelnen<br />
Fragen anderer Ansicht bin wie er.<br />
11 Wie unrecht diese Kritik war, ergibt sich z.B. daraus, dass nur drei Jahre,<br />
nachdem Eucken den Begriff Chemische Physik geprägt hatte, das Journal<br />
of Chemical Physics unter dem Chefherausgeber H. C. Urey, dem Nobelpreisträger<br />
<strong>für</strong> Chemie, gegründet wurde, das jetzt eine Regalbreite von 12<br />
laufenden Metern einnimmt. Dieses Journal, so schreibt Urey im Editorial<br />
des ersten Heftes, sei das natürliche Ergebnis der Entwicklung der Chemie<br />
und Physik, deren Grenzen vollständig überbrückt seien. Immer mehr Physiker<br />
arbeiteten auf dem traditionellen Gebiet der Chemie und umgekehrt.<br />
159
RÜCKBLICK<br />
gehend zerstört worden waren, wurde das Lehrbuch in dritter, nahezu<br />
unveränderter Auflage 1949 erneut auf den Markt gebracht.<br />
Die Wärmelehre hat Eucken zeitlebens besonders am Herzen gelegen,<br />
und 1929 folgte darüber wieder ein bombastisches Werk,<br />
Energie- und Wärmeinhalt, das als Band 8,1 des Handbuches der<br />
Experimentalphysik von W. Wien und F. Harms im Zeitraum von 1926<br />
bis 1934 herausgegeben wurde. Dies ist nun sicherlich kein Lehrbuch<br />
<strong>für</strong> den Studierenden sondern eine Monographie <strong>für</strong> den Praktiker.<br />
Nur auf den ersten 30 Seiten werden die kalorischen Grundbegriffe<br />
und deren thermodynamischen Zusammenhänge abgehandelt. Dann<br />
folgen im speziellen Teil getrennt <strong>für</strong> homogene reine Festkörper,<br />
Flüssigkeiten und Gase die experimentellen Methoden zur Bestimmung<br />
der spezifischen Wärme in Abhängigkeit von Druck und Temperatur<br />
und deren empirische und theoretische Ergebnisse. Abschließend<br />
werden entsprechende Methoden und Ergebnisse der<br />
Wärmemessungen an zweiphasigen Einkomponentensystemen und<br />
an einphasigen Mehrkomponentensystemen beschrieben. In mehr<br />
als hundert detaillierten Zeichnungen mit präziser Beschreibung erhält<br />
der Experimentierende Anregungen <strong>für</strong> den Aufbau von Kalorimetern<br />
der verschiedensten Art, wobei auch scheinbar unbedeutende experimentelle<br />
Kunstgriffe mit angegeben sind, von denen der ganze Erfolg<br />
der Arbeit auf diesem Gebiet abhängt. Man wird Eucken großen Dank<br />
wissen <strong>für</strong> dieses Werk beschließt E. Lange seine Rezension.<br />
Eucken und K. L. Wolf glaubten, … ein allgemeines Bedürfnis nach<br />
Darstellungen festgestellt zu haben, in welchen unser Wissen über<br />
die Struktur der Materie umfassend behandelt wird, um eine Verbindung<br />
zwischen das gleiche oder ein ähnliches Ziel verfolgenden Einzeldisziplinen<br />
herzustellen. So begründeten sie 1933 das Hand- und<br />
Jahrbuch der Chemischen Physik, das bis 1943 in neun Hauptbänden<br />
erschien. Es sollte sich beschränken auf solche ... Erscheinungen,<br />
die zum Verständnis und zur Behandlung chemischer Probleme von<br />
Bedeutung sind. Da aber die Grundlagen der Chemie mehr und mehr<br />
der exakten physikalischen Behandlung zugänglich sind, soll das Werk<br />
eher einen physikalischen als chemischen Charakter tragen, es soll<br />
aber letztlich einer engeren Verbindung von Chemie und Physik dienen.<br />
Das Gesamtwerk wurde dreifach unterteilt: I) Allgemeine Theorien<br />
des Aufbaus der Materie (statistische Mechanik und Wellenmechanik).<br />
II) Phänomene zur Kenntnis der Eigenschaften elementarer<br />
Bausteine (experimentelle Methoden und empirische Ergebnisse, aus<br />
denen die Eigenschaften und der Aufbau der Materie hergeleitet werden<br />
können). III) Systematik der Eigenschaften der Bausteine der Materie<br />
(Vergleich der in Teil II erhaltenen empirischen Ergebnisse mit<br />
den Theorien aus Teil I).<br />
Die Herausgeber konnten nahezu 30 Autoren zur Mitarbeit 12 bewegen,<br />
die von A bis Z, von Atomspektren bis zum Zeeman-Effekt,<br />
die Teile der Physik behandeln, die ein physikalischer Chemiker <strong>für</strong><br />
das tiefere Verständnis der chemischen Physik braucht. – Das Hand-<br />
12 Als Mitarbeiter wird auch E. Teller genannt, der damals bei Eucken arbeitete<br />
und später als „Vater der Wasserstoffbombe“ allgemein bekannt wurde.<br />
Uns ist er aber eher in positiver Erinnerung durch den Jahn-Teller-Effekt und<br />
den Renner-Teller-Effekt in der Spektroskopie, durch die Brunauer-Emmet-<br />
Teller-Methode zur Oberflächenbestimmung und durch die Teller-Redlich-<br />
Produkt-Regel zur Berechnung von Isotopengleichgewichten.<br />
160<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
und Jahrbuch scheint nicht so erfolgreich gewesen zu sein, wie<br />
Eucken es bei seinen anderen bisherigen Werken gewohnt war, denn<br />
die ausgedrückte Hoffnung auf den Bedarf von Ergänzungsbänden hat<br />
sich nicht voll erfüllt.<br />
Für Eucken war die Physik der Vater aller Dinge, nicht nur der Chemie<br />
sondern auch der chemischen industriellen Praxis, da alles Geschehen<br />
im chemischen Betrieb physikalisch fundiert ist. So wie der<br />
Maschinenbauer und der Elektrotechniker eine Vertiefung der Kenntnisse<br />
in physikalischer Richtung benötige, so dürfe sich auch der Chemiker<br />
in der Industrie nicht damit begnügen, seine chemischen Reaktionen<br />
zu beherrschen und das weitere der rohen Empirie zu<br />
überlassen; er müsse vielmehr auch verstehen, nach welchen physikalischen<br />
Prinzipien die Reaktionen am besten einzuleiten und durchzuführen<br />
sind, und mit welchen physikalischen Mitteln die Vorgänge<br />
im Betrieb zu kontrollieren und zu regulieren sind. Dieser Erkenntnis<br />
folgend, hat Eucken gemeinsam mit M. Jakob 1933 ein neues großes<br />
Werk geschaffen, den Chemie-Ingenieur, mit dem Untertitel Ein<br />
Handbuch der physikalischen Arbeitsmethoden in chemischen und<br />
verwandten Industriebetrieben. In Band 1 mit vier Teilbänden werden<br />
die <strong>Physikalische</strong>n Arbeitsprozesse des Betriebes beschrieben, die<br />
Materialbewegungen, Energieübertragung, Materialzerlegung und<br />
Materialvereinigung beinhalten. Band 2 mit ebenfalls vier Teilbänden<br />
enthält die <strong>Physikalische</strong> Kontrolle und Regulierung des Betriebes mit<br />
Kontroll- und Regulierungseinrichtungen, Mengenmessungen, Messung<br />
von Zustandsgrößen und physikalisch-chemische Analyse.<br />
Die gute Aufnahme der ursprünglich geplanten zwei Bände und<br />
der Wunsch zahlreicher Fachgenossen veranlassten Eucken 1937, zur<br />
Ergänzung und Abrundung noch einen 3. Band Chemische Operationen<br />
mit fünf Teilbänden hinzuzufügen, in dem die chemischen Teilverfahren<br />
der verschiedenen allgemeinen Produktionsprozesse beschrieben<br />
werden. Hier geht es darum die Brücke zu schlagen<br />
zwischen den theoretischen, physikalisch-chemischen Grundlagen<br />
der chemischen Prozesse und ihrer praktischen Durchführung.<br />
Dieser Brückenschlag schließt ein die Übertragung eines im Labor<br />
erprobten Prozesses in den industriellen Maßstab, deren Schwierigkeiten<br />
immer wieder unterschätzt werden, und Kostengesichtspunkte,<br />
deren Berücksichtigung der Chemiker in der Hochschule nicht<br />
gelernt hat. Die Untertitel der Teilbände sind: Physikalisch-chemische<br />
und Wirtschaftliche Gesichtspunkte <strong>für</strong> die Durchführung chemischer<br />
Operationen; Apparative Durchführung chemischer Operationen;<br />
Operationen bei normalem Druck und normaler Temperatur;<br />
Hochdruck-Operationen und schließlich Hochtemperatur-Operationen.<br />
An diesem gewaltigen Werk mit knapp 5000 Seiten haben etwa 50<br />
Fachgenossen aus den Hochschulen und der Industrie mitgewirkt. Es<br />
hat sich gelohnt, denn die Besprechungen sind enthusiastisch: … der<br />
besondere Wert der Darstellung beruht darauf, dass die Verfasser auf<br />
Grund ausgedehnter Erfahrungen und eigener Forschungsarbeiten<br />
das Gebiet vollkommen beherrschen .... eine wertvolle Bereicherung<br />
der Fachliteratur oder eine der erfreulichsten Neuerscheinungen der<br />
letzten Jahre … oder … das Werk ist ein nicht mehr zu entbehrender<br />
Ratgeber geworden ... dem Werk kommt besondere Bedeutung <strong>für</strong><br />
die Weiterentwicklung der chemischen Technologie zu. ... es hat die<br />
Grundlagen geschaffen, auf der künftige Arbeiten sich aufbauen<br />
können.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
2<br />
1<br />
8<br />
7<br />
Bild D: Eucken (1) im Kreis der Mitarbeiter vor dem Institut <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie der Universität Göttingen, 1937; E. Bartholomé<br />
(2), G. Damköhler (3), W. Fresenius (4), L. Küchler (5), K. Schäfer (6),<br />
Euckens Vorgänger G. Tammann (7), E. Wicke (8).<br />
Das nächste große Werk Euckens war die Herausgabe des Klassikers<br />
Landolt-Börnstein – Zahlenwerte aus Physik, Chemie, Astronomie<br />
und Technik. Kurz nachdem der letzte Band der 5. Auflage<br />
1936 erschienen war, begann Eucken die Planung der 6. Auflage.<br />
1938 liefen die ersten Manuskripte der Fachautoren ein. Aber der Beginn<br />
des Krieges verzögerte die Drucklegung, und 1944 wurde der bis<br />
dahin vorliegende Satz von etwa 100 Druckbögen durch Bombeneinwirkung<br />
zerstört. Nach Kriegsende mussten die Manuskripte nochmals<br />
überarbeitet werden, um der neuesten Entwicklung der Forschung<br />
Rechnung zu tragen, sodass der 1. Teilband von Band I Atomund<br />
Molekularphysik mit dem Untertitel Atome und Ionen schließlich<br />
1950 erscheinen konnte. Die weiteren Teilbände Molekeln sowie Kristalle<br />
erschienen 1951 bzw. 1955, also nach Euckens Tod; er wird<br />
aber noch immer als Herausgeber des 1. Bandes aufgeführt, da wohl<br />
die gesamte einleitende Arbeit dieses 2700 Druckseiten umfassenden<br />
Werkes von ihm geleistet worden ist. – Aber auch in den weiter<br />
bis 1974 folgenden Bänden (Bd. II Makrophysik und Chemie; Bd. III<br />
Astronomie und Geophysik; Bd. IV Technik) wird Euckens vorausschauender<br />
Planung durch Nennung seines Namens auf dem Titelblatt<br />
noch immer gedacht. Eucken hatte die immense Arbeit begonnen in<br />
seiner Überzeugung, dass ebenso wichtig wie die Forschung selbst<br />
auch die systematische Ordnung und Darstellung ihrer Ergebnisse ist<br />
und man die damit verbundene Mühe nicht scheuen darf. Und niemand<br />
zweifelte daran, ... dass das große Werk auch durch ihn vollendet<br />
werden würde ... (aus dem Vorwort in einem späteren Bande).<br />
4<br />
5<br />
3<br />
6<br />
Schließlich müssen wir noch erwähnen, dass Eucken die Fortschritte<br />
der Chemie, Physik und physikalischen Chemie von 1924<br />
bis 1932 herausgegeben hat, in denen der fortschreitenden Spezialisierung<br />
der einzelnen Fächer entgegengewirkt und dem Bedürfnis<br />
engerer Fühlungnahme zwischen chemischer und physikalischer Forschung<br />
entsprochen werden sollte. – Und als Letztes hat er von 1946<br />
bis 1950 als Herausgeber des Organs der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft<br />
bzw. der Max-Planck-Gesellschaft Die Naturwissenschaften gewirkt,<br />
das der Veröffentlichung von Originalaufsätzen aus dem weiten<br />
Bereich der naturwissenschaftlichen Forschung dient.<br />
Wie wir sehen, hat Eucken ein mächtiges literarisches Werk geschaffen,<br />
das nicht tausende, sondern zehntausende Seiten umfasst.<br />
Und es ist sicher anzunehmen, dass er bei der Herausgabe der Sammelwerke<br />
wirklich aktiv mitgewirkt hat, dass er – wie in seinen<br />
eigenen Veröffentlichungen – Wert auf größte Präzision legte und<br />
dass er den zu behandelnden Stoff mit den Mitarbeitern ausführlich<br />
diskutiert hat. Er hatte intime Kenntnis von dem, was unter seinem<br />
Namen erschien. 13<br />
EIN GEFRAGTER MANN<br />
RÜCKBLICK<br />
Das umfassende Werk als Wissenschaftler, als Chemie-Ingenieur,<br />
als Autor und Herausgeber machte Eucken zu einer herausragenden<br />
Persönlichkeit, deren Rat in den verschiedensten Gremien erbeten<br />
und befolgt wurde. Er war Vorstandsmitglied und Beirat der Gesellschaft<br />
<strong>Deutsche</strong>r Chemiker und des Vereins deutscher Ingenieure sowie<br />
der Notgemeinschaft der <strong>Deutsche</strong>n Wissenschaften (jetzt <strong>Deutsche</strong><br />
Forschungsgemeinschaft), er war erster Vorsitzender des<br />
Fachausschusses <strong>für</strong> Verfahrenstechnik, zu dessen Gründungsausschuss<br />
er gehörte, und er war Vorsitzender der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bunsengesellschaft</strong>.<br />
In all diesen Posten hat er äußerlich erkennbar zum Wohl<br />
der angegebenen Organisationen gewirkt, auch wenn er in einzelnen<br />
Fällen nicht die Zustimmung aller Kollegen erhielt. So beklagt sich ein<br />
Ausschussmitglied nach einer Sitzung des Ausschusses <strong>für</strong> Verbrauchsgütertechnik<br />
im Dezember 1935 über Euckens Verhandlungsführung<br />
und schließt sein Beschwerdeschreiben mit den Worten ...<br />
nur die Rücksicht auf die einfachste Pflicht kameradschaftlicher Zusammenarbeit<br />
haben es mir verboten, Ihnen in der Form zu antworten,<br />
die Ihr Verhalten verdient hätte. Heil Hitler!<br />
Aber er hatte auch einen äußerlich nicht erkennbaren Einfluss, gewissermaßen<br />
als graue Eminenz, bei Personalfragen bei der Besetzung<br />
von Stellen an den Hochschulen und in der Industrie. Gefälligkeitsgutachten<br />
hat er nie abgegeben, ein Ordner mit unzähligen<br />
Beispielen, der im Bunsenarchiv aufbewahrt wird, legt hiervon Zeugnis<br />
ab. Diese Gutachten spiegeln Euckens Bemühen um Objektivität<br />
und Aufrichtigkeit wider, auch wenn es sich um eigene Schüler handelte,<br />
auch wenn er sich dadurch Feindschaften zuzog. In Berufungsgutachten<br />
über jüngere Herren, die später hoch geachtete Kollegen<br />
unserer Zunft geworden sind, finden wir etwa Folgendes. ... bedenkliche<br />
Begriffe sind ihm offenbar ‚Pflicht und Ordnung’. Er arbeitet viel,<br />
13 Im Gegensatz zu dem Romancier Alexandre Dumas, von dem die Anekdote<br />
berichtet: Dumas’s enormous output was largely attributable to a vast corps<br />
of ghostwriters. Dumas once asked his son whether he had read his new<br />
novel yet. „No,“ his son replied, „have you?“<br />
161
RÜCKBLICK<br />
aber tut nur das, wozu er Lust hat. Seine Kolloquien sind schlecht disponiert<br />
und ... unklar ... oder ... dürfte es ihm an Unterrichtserfahrung<br />
fehlen ... ist es mir sogar zweifelhaft, ob er überhaupt Begabung <strong>für</strong><br />
den Unterricht hat. Der Thermodynamik dürfte er sehr fern stehen …<br />
oder ... hat ganz außerordentlich in meiner Wertschätzung durch die<br />
Veröffentlichung des kleinen Buches Physikalisch-chemische Grundlagen<br />
verloren, das durch und durch oberflächlich ist. ... das nichts als<br />
ein mäßiges Exzerpt aus größeren Lehrbüchern darstellt. ... käme <strong>für</strong><br />
mich persönlich seine Nennung auf einer Berufungsliste nicht in Frage<br />
…. Einige eher erheiternde Beispiele: Vom Standpunkt gewöhnlicher<br />
bürgerlicher Moral darf man Herrn ... wohl als einwandfrei bezeichnen,<br />
wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass er wegen<br />
seiner Schüchternheit kaum ernsten Versuchungen ausgesetzt war<br />
.... oder ... hat aber eine Charakterschwäche, die sich in höchst unerfreulicher<br />
Weise in ungewöhnlichem Alkoholgenuss zu erkennen gibt.<br />
... sogar tagsüber, sobald er sich meiner Kontrolle entziehen konnte …<br />
Ein anderes Beispiel erweckt Bedenken:...erwähnen möchte ich<br />
noch, dass E. und S. nicht deutscher, sondern östlicher Abstammung<br />
sind, S. ist sogar noch ungetauft. Die anderen genannten Herren sind<br />
rein germanisch ...; es spiegelt wohl eher den Zeitgeist wieder, aber<br />
nicht Euckens Einstellung. Er ist zwar 1933 der NSDAP beigetreten,<br />
hat aber später – und das erforderte Mut – seinen Austritt erklärt 14 .<br />
EHRUNGEN<br />
Euckens erfolgreiches Wirken als Lehrer spiegelt sich wider in<br />
der großen Zahl seiner Schüler, die bei ihm gearbeitet haben, als Diplomanden,<br />
Doktoranden, Habilitanden, Assistenten oder als Gastwissenschaftler.<br />
Die meisten sind als Chemiker oder Ingenieure von<br />
der Industrie aufgenommen worden, die Euckens Schüler als qualifizierte<br />
Mitarbeiter suchte. Besonders hervorgehoben werden sollen<br />
hier aber die Schüler, die später als Professoren oder Honorarprofessoren<br />
Euckens Tradition weitergeführt haben: E. Bartholomé (Heidelberg),<br />
W. Brötz (Köln), K. Clusius (Zürich), G. Damköhler (Braunschweig),<br />
M. Eigen (Göttingen), W. Fresenius (Mainz), E. U. Franck<br />
(Karlsruhe), P. Harteck (Troy, USA), K. Hedden (Karlsruhe), L. Küchler<br />
(Frankfurt), F. Patat (München), L. Riedel (Karlsruhe), H. Sachsse<br />
(Mainz), K. Schäfer (Heidelberg), R. Sinn (Karlsruhe), R. Suhrmann<br />
(Hannover) und E. Wicke (Münster). Bartholomé, Franck, Schäfer und<br />
Wicke haben – Euckens Fußstapfen folgend – als Vorsitzende der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Bunsengesellschaft</strong> gedient. Einige der genannten Herren<br />
sind in den hier wiedergegebenen Photographien von Eucken und<br />
Mitarbeitern zu erkennen.<br />
Euckens erfolgreiches Wirken als Wissenschaftler spiegelt sich in<br />
den zahlreichen Ehrungen und Ernennungen zu ehrenvollen Mitgliedschaften<br />
in wissenschaftlichen Gesellschaften wider, die er im Laufe<br />
seines Lebens erhielt: 1929 Mitglied der Akademie der Wissenschaften<br />
in Göttingen; 1932 Mitglied der deutschen Akademie der Naturforscher<br />
in Halle (Karolina); 1932 Arrhenius-Preis der Universität Leipzig;<br />
1938 Ehrenmitglied des Vereins Österreichischer Chemiker; 1941<br />
Cannizzaro-Preis des königlichen Senats in Rom; 1942 Ehrenmitglied<br />
der Spanischen Gesellschaft <strong>für</strong> Physik und Chemie; 1943 korrespon-<br />
14 U. Deichmann, Flüchten, Mitmachen, Vergessen; Chemiker und Biochemiker<br />
in der NS-Zeit, Wiley-VCH, Weinheim, 2001.<br />
162<br />
dierendes Mitglied der Bayrischen Akademie der Wissenschaften;<br />
1944 Bunsen-Denkmünze der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bunsengesellschaft</strong>.<br />
Ebenso ist er auch <strong>für</strong> die Förderung des Chemieingenieurwesens<br />
ausgezeichnet worden: 1949 erhielt er die Würde eines Ehrendoktors<br />
der Ingenieurwissenschaften der Technischen Hochschule in Karlsruhe.<br />
Und posthum wurde er 1956 durch Stiftung der etwa jedes<br />
zweite Jahr zu verleihenden Arnold-Eucken-Medaille durch die Forschungsgesellschaft<br />
Verfahrenstechnik und des jährlich zu vergebenden<br />
Arnold-Eucken-Preises durch die VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik<br />
und Chemieingenieurwesen geehrt.<br />
Und schließlich sollten wir auch die Ehrungen erwähnen, die<br />
Eucken durch Würdigung seines Lebens und seines Lebenswerkes in<br />
zahlreichen Erinnerungsaufsätzen zum 60. und 65. Geburtstag sowie<br />
zur 100. Wiederkehr seines Geburtstages und durch Nachrufe seiner<br />
Schüler, Freunde oder Kollegen in den verschiedensten Zeitschriften<br />
erfahren hat. – In einem der Nachrufe finden wir die Bemerkung,<br />
…dass die ihm zuteilgewordenen, nicht unerheblichen Ehrungen ein<br />
Vielfaches gewesen wären, wenn er nicht geradezu das Talent<br />
besessen hätte, sich durch seine unverbindliche Art unbeliebt zu<br />
machen.<br />
EPILOG<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Die großen Erfolge Euckens als Lehrer, Forscher, Wissenschaftler<br />
und Organisator von Wissenschaft und Technik beruhen auf seiner<br />
außerordentlichen Arbeitskraft, die er schonungslos mit nur gelegentlicher<br />
Erholungspause einsetzte. Die Arbeit half ihm auch über<br />
Schicksalsschläge hinweg, als seine jüngste Tochter frühzeitig starb,<br />
als er seinen Sohn im Krieg verlor. Die nach Kriegsende zusätzlich<br />
übernommene Arbeit beim Wiederaufbau des Wissenschaftsbetriebs<br />
hat ihn wohl übermäßig beansprucht. Es scheint, dass der plötzliche<br />
Tod seines jüngeren Bruders Walter den Zusammenbruch seiner Kräfte<br />
ausgelöst hat. Er schied am 16. Juni 1950 freiwillig aus dem Leben.<br />
In aller Stille wurde er auf dem Waldfriedhof in Traunstein am<br />
Chiemsee beigesetzt. Eine endgültige Ruhestätte erhielt er dort aber<br />
erst im Juli 1957 im Rahmen einer Gedenkfeier, zu der die Forschungsgesellschaft<br />
<strong>für</strong> Verfahrenstechnik und die <strong>Deutsche</strong> Bunsen-<br />
Gesellschaft Verwandte, Schüler, Kollegen und Freunde eingeladen<br />
hatten.<br />
Der Bericht basiert auf Unterlagen des Archivs der <strong>Bunsengesellschaft</strong>, das<br />
von H. Witte und W. Jaenicke jahrelang betreut wurde und jetzt im Liebigmuseum<br />
in Giessen untergebracht ist. Dem Kurator des Museums, Herrn Dr.<br />
H. v. Zerssen danke ich <strong>für</strong> die Unterstützung bei der Quellensuche. Meinem<br />
Karlsruher Kollegen E. U. Franck, einem der letzten Schüler Euckens, bin ich<br />
sehr dankbar <strong>für</strong> Ratschläge und Hilfe bei der Abfassung des Berichtes.<br />
Euckens Tochter, Frau Dr. Margaret Eucken, sei Dank <strong>für</strong> die Erlaubnis, einige<br />
Bilder aus ihrer Schrift „Arnold Eucken, Chemiker – Physiker – Hochschullehrer“<br />
übernehmen zu dürfen; diese Schrift haben wir bei der Abfassung<br />
dieses Berichtes vielfach zu Rate gezogen.<br />
Nachsatz bei der Korrektur: Der Autor ist durch das Durcheinander von Rechtschreibregeln<br />
verunsichert; daher sind in dem Bericht einige Rechtschreibfehler<br />
zu finden, die der Autor zu entschuldigen bittet. Er folgt Goethes Standpunkt,<br />
der einmal an einen Freund schrieb: es kommt nicht darauf an, wie man<br />
ein Wort schreibt sondern darauf, dass der Leser weiß, was gemeint ist.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Dieter Beckmann, Josef Metze und Klaus Leifeith<br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie, Biowissenschaften und Technik<br />
Ein außeruniversitäres Forschungsinstitut würde man in Heilbad<br />
Heiligenstadt am Dreiländereck Thüringen/Niedersachen/Hessen,<br />
wenn auch nicht weit entfernt von der Universitätsstadt Göttingen,<br />
nicht unbedingt erwarten. Aber die Forschung des Instituts <strong>für</strong> Bioprozess-<br />
und Analysenmesstechnik besitzt schon eine jahrzehntelange<br />
Tradition. Das Forschungsprofil „Biotechniques at Interfaces“ zielt<br />
auf grenzflächenoptimierte technische Systeme <strong>für</strong> die Life Sciences.<br />
Forschungsgegenstand sind insbesondere funktionalisierte Bioreaktionssysteme<br />
im Labor- und Mikromaßstab sowie zugehörige Verfahrensentwicklungen,<br />
z.B. zur biotechnologischen Herstellung von<br />
pharmazeutischen Produkten, einschließlich spezieller Messsysteme<br />
und solcher Bioreaktoren, die <strong>für</strong> Materialtestungen verwendet werden<br />
- insgesamt also grenzflächenoptimierte technische Systeme, die<br />
ihre Anwendungen in den Life Sciences haben. Untersuchung und<br />
Funktionalisierung von Grenzflächen bilden die Basis da<strong>für</strong>.<br />
Im Mittelpunkt der Forschung des Fachbereichs Bioprozesstechnik<br />
steht die Entwicklung, Charakterisierung und Applikation technischer<br />
Systeme und Verfahren zur Umsetzung des metabolischen<br />
Potenzials prokaryotischer und eukaryotischer Zellen und Zellbestandteile.<br />
Applikationsfelder sind insbesondere die Biomedizin, die Biound<br />
Pharmatechnologie sowie die Lebensmittel- und Umwelttechnik.<br />
Untersucht werden technische Systeme zur Aufrechterhaltung und<br />
Optimierung stoffwandelnder Eigenschaften dieser Zellen. Damit einher<br />
geht die Entwicklung von Modulen zur Adaptierung von Bioprozessanalysern<br />
<strong>für</strong> die Parametererfassung und die Prozesssteuerung.<br />
In verstärktem Maße steht dabei auch die Applikation von Mikrosystemen<br />
und Mikrotechniken im biologischen Milieu im Fokus. Fragen<br />
der Kompatibilität zwischen Mikrosystemkomponenten und biologischen<br />
Komponenten treten aufgrund des sich verschiebenden Oberflächen-Volumen-Verhältnisses<br />
in den Vordergrund. Das betrifft sowohl<br />
die Funktion als auch die Oberflächeneigenschaften der<br />
beteiligten Komponenten. Die Untersuchungen der funktionellen<br />
Wechselwirkungen sind wichtiger Bestandteil der Forschungsarbeiten.<br />
Zur Umsetzung des Profils des iba ist es erforderlich, ausgewählte<br />
Messverfahren, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der speziellen<br />
Einsatzbedingungen in den Life Sciences, zu beherrschen. Neben<br />
der Nutzung solcher Messverfahren <strong>für</strong> vergleichende Analysen<br />
untersucht der Fachbereich Analysenmesstechnik die Wechselwirkungen<br />
zwischen belebter und unbelebter Materie durch Anwendung<br />
FORSCHUNG<br />
Interdisziplinäre Forschung zu grenzflächenoptimierten technischen<br />
Systemen <strong>für</strong> die Life Sciences am Institut <strong>für</strong> Bioprozess- und Analysenmesstechnik<br />
(IBA), Heiligenstadt<br />
Prof. D. Beckmann, Institut <strong>für</strong> Bioprozess- und Analysenmesstechnik e.V.,<br />
Rosenhof, 37308 Heilbad Heiligenstadt, Tel: 03606-671-122,<br />
Fax: 03606- 671200, E-Mail: iba@iba-heiligenstadt.de<br />
elektromagnetischer Strahlung im Frequenzbereich der Radiowellen,<br />
insbesondere mit der Methode der Elektroimpedanz- (EIS) bzw. Bioimpedanzspektroskopie<br />
(Bio-EIS). Ergebnis sind problemangepasste<br />
Messverfahren zur on-line-Kopplung an den Prozess, z.B. auf der<br />
Basis der Fließinjektionsanalyse. Neben grundlegenden Untersuchungen<br />
und technischen Forschungsarbeiten zum Verhalten von Mikroorganismen<br />
und Zellen im elektrischen Feld bei unterschiedlichen<br />
Wachstums- und Kultivierungsbedingungen sind auch das Monitoring<br />
ausgewählter Verfahren und biotechnologische Verfahrensentwicklungen<br />
Gegenstand der Forschung.<br />
Grundlegende Innovationen in der Biomedizin und Biotechnologie<br />
sind aber zunehmend an die Beherrschbarkeit von Grenzflächen-Interaktionen<br />
zwischen technischen Materialien und dem biologischen<br />
Umfeld gekoppelt. Die umfassende Charakterisierung von Grenzflächen<br />
zwischen Biomaterial und Biosystem und die gezielte Funktionalisierung<br />
von Biomaterialien im biologischen Umfeld gehört daher<br />
ebenso zu den vorrangigen Aufgaben des Fachbereichs Biowerkstoffe<br />
wie die Interpretation dieser Interaktionen mittels messbarer Kenngrößen<br />
des Biowerkstoffes und des Biosystems, um so Aussagen<br />
über das Verhalten eines Materials im Kontakt mit dem Biosystem zu<br />
erhalten. Zentrales Anliegen ist dabei die Bewertung von Biowerkstoffen<br />
hinsichtlich der zu erwartenden Biofunktionalität und Biokompatibilität.<br />
Hierzu werden werkstoffrelevante Grenzflächenparameter<br />
bestimmt und mit biomolekularen, zellulären und mikrobiellen Systemantworten<br />
korreliert, die aus dem direkten oder dem indirekten<br />
Materialkontakt abgeleitet werden. Die messtechnische Erfassung<br />
der funktionsbestimmenden Interaktionen im Interface zwischen Biomaterial<br />
und Biosystem setzt eine stabile und reproduzierbare Simulation<br />
der Einsatzbedingungen des Materials voraus. Aufgrund dessen<br />
sind die Entwicklung neuer Systeme <strong>für</strong> die in-vitro-Prüfung von Biowerkstoffen<br />
auf der Basis von Bioreaktoren und die Applikation numerischer<br />
Simulationsverfahren sowie biologischer Designoptimierungsroutinen<br />
weitere Arbeitsschwerpunkte des Fachbereiches<br />
Biowerkstoffe.<br />
ON-LINE-ANALYTIK DER BAKTERIELLEN BIOFILM-<br />
BILDUNG MITTELS IMPEDANZSPEKTROSKOPIE<br />
Biofilme begegnen uns im täglichen Leben. Ein Biofilm besteht aus<br />
einheitlichen oder gemischten Kolonien von Mikroorganismen, die<br />
miteinander verbunden sind, aber insgesamt einem Substrat anhaften<br />
und vollständig oder teilweise in eine vom Organismus produzierte<br />
polymere organische Masse (Schleim), der sogenannten extrazellulären<br />
Polymersubstanz (EPS), eingebunden sind [1]. In der Regel hat ein<br />
Biofilm keine gleichmäßige Oberflächenstruktur und kann neben den<br />
Mikroorganismenzellen abiotische (nicht lebende) und anorganische<br />
Bestandteile in größeren Mengen enthalten.<br />
163
FORSCHUNG<br />
Durch die EPS wird der Zellverbund vor kurzfristigen Veränderungen<br />
des äußeren Milieus geschützt und kann so auch bei Abwesenheit<br />
von Nährstoffen seine Stoffwechselaktivitäten noch über Tage<br />
aufrechterhalten. Sie verleiht ihm z.B. die Eigenschaften eines Molekularsiebs,<br />
einer Diffusionsbarriere, eines Ionenaustauschers und eines<br />
Sorbens [2], [3]. Die EPS-Matrix prägt somit in entscheidender<br />
Weise die Eigenschaften des Biofilms.<br />
Bei Vorhandensein entsprechender Voraussetzungen gibt es keinerlei<br />
Material, das auf Dauer nicht von einem Biofilm besiedelt werden<br />
kann. Nach einer allgemeinen Annahme stellen Biofilme auch den<br />
ersten Entwurf der Natur zur Entwicklung von multizellulären Organismen<br />
dar und ähneln den Geweben höher entwickelter Zellen.<br />
Entstehung und Bedeutung von Biofilmen<br />
Im Lebensraum eines Biofilms haben die Zellen untereinander und<br />
zur unterstützenden Oberfläche bzw. Grenzfläche einen engen Kontakt.<br />
Die EPS bestimmt die dreidimensionale Struktur des Biofilms,<br />
die sich aus einer einfachen Mikrokolonie zu einer komplizierten Matrix<br />
entwickelt. Unabhängig von den beteiligten Mikroorganismen<br />
durchläuft die Entstehung eines Biofilms die in Abb. 1 dargestellten<br />
Entwicklungsphasen [4], [5].<br />
Biofilme haben eine große Bedeutung bei der Selbstreinigung von<br />
Böden, Sedimenten oder Gewässern und werden technisch z.B. in<br />
der Trink- und Abwasseraufbereitung genutzt. Anderseits können sie<br />
an den von ihnen besiedelten Materialien durch Biokorrosion und Biofouling<br />
große Schäden verursachen. Weitere Auswirkungen von Biofilmen<br />
sind bakterielle Infektionen beim Menschen, die nach einer<br />
Schätzung der amerikanischen Gesundheitsbehörde bis zu 65 % auf<br />
Bakterien in Biofilmen zurückzuführen sind. Auf das Konto von bakteriellen<br />
Biofilmen gehen häufig Krankenhausinfektionen, Zahnkaries<br />
und Katheterinfektionen, um nur einige Beispiele zu nennen.<br />
Abb. 1 Phasen der Biofilmbildung: In der Induktionsphase findet eine<br />
planktonische Zelle (1) aus der Umgebung optimale Bedingungen<br />
<strong>für</strong> eine Anhaftung an einer Grenzfläche. Zur reversiblen Anheftung<br />
der Zelloberfläche an das Substrat stellt die Zelle (2) ihre<br />
Stoffwechselaktivitäten auf das Expremieren von Adhäsiven um.<br />
Mit Hilfe der extrazellulären Matrix (3) adhäriert sie irreversibel auf<br />
dem Substrat. Anschließend vermehrt sich die Zelle zu einer Mikrokolonie<br />
(4), die durch die EPS zusammengehalten wird. Durch das<br />
Zusammenwachsen einzelner Mikrokolonien zu einer dreidimensionalen<br />
Struktur (5), die mit Kanälen (8) durchzogen ist, reift der<br />
Biofilm. Einzelne Zellen (6) lösen sich aktiv aus dem Biofilm und<br />
entwickeln sich zu einzelnen planktonischen Zellen. Die Kanäle versorgen<br />
die Zellen mit Nährstoffen und dienen zum Abtransport von<br />
Stoffwechselprodukten und Schadstoffen. In Abhängigkeit von<br />
den vorhandenen Scherkräften lösen sich ganze Zellcluster (7). Die<br />
beiden letzten Vorgänge führen zur weiteren Ausbreitung des Biofilms<br />
und zur Besiedelung noch freier ökologischer Nischen.<br />
164<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
H. Schwan [12] führte 1957 das Konzept der Dispersionen in der<br />
dielektrischen Analyse von biologischen Materialien ein (Abb. 2).<br />
Hierbei werden die Relaxationsmechanismen in drei frequenzabhängige<br />
Hauptgruppen eingeteilt und allgemein mit α-, ♣-, und γ-<br />
Dispersion bezeichnet.<br />
Die α-Dispersion befindet sich im mHz- bis kHz- Frequenzbereich<br />
und korreliert mit aktiven Zellmembraneffekten, getorten Zellkanälen<br />
und der Anlagerung von Ionen in der Nähe der Oberfläche<br />
von Zellmembranen.<br />
Die β-Dispersion im Frequenzbereich von einigen kHz bis 100 MHz<br />
beruht auf den kapazitiven Eigenschaften der Zellmembranen, den<br />
intrazellulären Organellen und Membranstrukturen und den damit<br />
verbundenen Maxwell-Wagner-Effekten.<br />
Die γ-Dispersion entsteht im Frequenzbereich von ca. 0,1 bis 100<br />
GHz und wird durch dipolare Mechanismen von polaren Medien,<br />
wie Wasser, Salzen und Proteinen hervorgerufen.<br />
Abb. 2 Darstellung der frequenzabhängigen elektrischen Feldverläufe<br />
an Zellen und Zellmembranen und der daraus resultieren-den<br />
Dispersionsgebiete <strong>für</strong> die komplexe Dielektrizitätszahl nach<br />
Schwan [11]<br />
Über die mikrobiellen Biofilme hinaus besitzen zelluläre Biofilme in<br />
der Biotechnologie eine herausragende Bedeutung. Beispiele sind die<br />
Gewinnung entsprechender Stoffwechselprodukte (z.B. Therapeutika)<br />
und <strong>für</strong> medizinische Applikationen die Gewinnung von Gewebeersatzmaterial<br />
durch das Tissue Engineering. In allen Fällen kommt<br />
der messtechnischen Charakterisierung des Biofilms eine herausragende<br />
Rolle bei der Steuerung der Verfahren und in der Qualitätskontrolle<br />
zu.<br />
Impedanzspektroskopische Detektion von<br />
Biofilmen<br />
Der impedanzspektroskopische Nachweis der Zellzahl (Biomasse)<br />
und des Zustandes einer Zellpopulation kann durch Auswahl geeigneter<br />
Testorganismen und Nährmedien <strong>für</strong> verschiedene Anwendungen<br />
[6], [7], [8], [9], [10], [11] und unter Nutzung innovativer Messsysteme<br />
in der Biotechnologie und Medizin vorteilhaft genutzt werden (s. Abb.<br />
2 und Erläuterungen). Die passiven elektrischen Eigenschaften und<br />
das Verhalten von Zellen und Geweben in einem elektrischen Wechselfeld<br />
können messtechnisch beschrieben werden (Abb. 3).<br />
Die Nutzung der Bio-Impedanzspektroskopie <strong>für</strong> Frequenzen von<br />
einigen kHz bis in den MHz Bereich liefert ein relativ spezifisches<br />
Messsignal, das Auskunft über den Zustand von Zellmembranen gibt<br />
und somit die Bestimmung der Zellkonzentration (Biomasse) und der
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Abb. 3: Ionenbewegung und Polarisation im elektrischen Wechselfeld<br />
Abb. 3a:<br />
Verhalten unterschiedlicher Objekte im elektrischen Feld<br />
a - Elektrode<br />
b - Luftblase<br />
c - vitale Zelle<br />
d - abgestorbene Zelle<br />
e - elektrisch durchlässiger Festkörper<br />
f - elektrisch undurchlässiger Festkörper<br />
Erläuterung zu Abb. 3: Verschiedene Objekte zeigen unterschiedliches<br />
Verhalten im elektrischen Feld (Abb. 3a). Nach Anlegen eines<br />
elektrischen Wechselfeldes an eine Suspension erfolgt mit der periodischen<br />
Veränderung der Feldrichtung auch die Änderung der<br />
Verschiebungsrichtung der Ionen in der Lösung. Befinden sich intakte<br />
(native) Zellen oder Mikroorganismen in der Lösung, so entstehen<br />
zusätzliche Effekte. Diese Teilchen stellen ein Wanderungshindernis<br />
<strong>für</strong> frei bewegliche Ionen dar und erhöhen den<br />
Widerstand (Verringerung der Leitfähigkeit) in Abhängigkeit von<br />
der Querschnittsfläche der Zellen. Die Ionen im Zellinneren werden<br />
ebenfalls vom elektrischen Feld erfasst (Abb. 3b). An der hochohmigen<br />
Zellmembran tritt eine Ladungstrennung auf, die zu einer<br />
Polarisation an der Membran (elektrische Doppelschicht) führt. In<br />
diesem Fall fließt der Strom fast ausschließlich durch das extrazelluläre<br />
Medium, und die gute Polarisierbarkeit der Zellmembran<br />
spiegelt sich in der Erhöhung der gemessenen Kapazität zwischen<br />
den Elektroden wider. Jede intakte Zelle weist dadurch ein kapazitives<br />
Verhalten auf. Die messbare Kapazität und ihre Veränderung<br />
Lebendzellzahl ermöglicht. Festkörper, Zellfragmente und Gasblasen<br />
stellen im zu untersuchenden Frequenzbereich keine polarisierbaren<br />
Teilchen dar und werden somit kapazitiv nicht erfasst. Sie führen aber<br />
zur Verdrängung der zellulären Biomasse (Abb. 3a).<br />
Beispiel Membranreaktor zur Wasseraufbereitung<br />
Als Apparatur zur Untersuchung des mikrobiellen Wachstums von<br />
Bakterien im Biofilm diente die Laborausführung eines speziellen<br />
Membranbioreaktors, wie er zur Wasseraufbereitung von schwach<br />
kontaminierten Abwässern nach einem neuartigen Verfahren genutzt<br />
wird [13].<br />
Bei diesem Verfahren wird eine Membran als Trägermaterial zur<br />
Immobilisierung von Bakterienkulturen genutzt. Die verwendete<br />
Membran hat eine Dicke von 200 µm und besitzt Poren mit einem<br />
Durchmesser von 0,45 µm. Die zum Aufwachsen des Biofilms zur<br />
Verfügung stehende Fläche beträgt 80 x 60 mm 2 . Die Membran teilt<br />
den Reaktorraum in zwei Kammern, so dass Wachstums-<br />
FORSCHUNG<br />
Abb. 3 b:<br />
Intakte Zellmembranen als Wanderungshindernis <strong>für</strong> Ionen<br />
a – Elektrode<br />
c - vitale Zelle<br />
wird von der Zelldichte und der Zellgröße beeinflusst. Sie ist direkt<br />
proportional zur polarisierten Membranoberfläche und damit auch<br />
proportional zu der von der Zellmembran eingeschlossenen Volumenfraktion<br />
(vitale Biomasse). Diese Eigenschaft von Zellsuspensionen<br />
ist im Frequenzbereich von einigen 10 kHz bis 10 MHz<br />
messtechnisch zugänglich. Bei höheren Messfrequenzen werden<br />
die Zellmembranen kapazitiv überbrückt, so dass der Strom ungehindert<br />
die Zelle passieren kann. Dies hat einen Abfall in den gemessenen<br />
Widerständen und Kapazitäten zur Folge (β-Dispersion).<br />
Die Dispersionsgebiete der passiven dielektrischen Eigenschaften<br />
von kleinen zu höheren Frequenzen (flow und fhigh) bietet zur Beschreibung<br />
und Charakterisierung des Zellzustandes eine Reihe<br />
von numerischen Funktionen. Diese beruhen auf der Differenzoder<br />
Quotientenbildung der gemessenen bzw. berechneten Größen<br />
wie Impedanz, Admittanz, Phasenwinkel, Kapazität, Real- und<br />
Imaginärteil der Dielektrizität und Leitfähigkeit, um nur einige zu<br />
nennen. Der frequenzabhängige Verlauf der β-Dispersion ist von<br />
der Zellgröße und der Zellart abhängig.<br />
untersuchungen sowohl mit einseitiger als auch mit beidseitiger<br />
Besiedelung der Membran möglich sind. In Abbildung 4 ist der Aufbau<br />
des Impedanzmessplatzes dargestellt.<br />
Für die Versuche wurden zwei in ihren Abmessungen identische<br />
Messkammern konstruiert, die jeweils mit einem Vier-Elektrodenmesssystem<br />
versehen wurden. Nur eine der beiden Messkammern<br />
(RA) wurde mit einer Membran <strong>für</strong> den Bewuchs mit einem Biofilm<br />
ausgestattet.<br />
Die Untersuchungen zur Biofilmbildung durch Messung der frequenzabhängigen<br />
Kapazität in Abhängigkeit von der Zeit sind in Abbildung<br />
5 dargestellt.<br />
Nach Beimpfung der Reaktoren mit der Bakteriensuspension kam<br />
es schon nach einigen Stunden zu einem sprunghaften Anstieg der<br />
Kapazitätswerte als Folge der Biofilmbildung auf der Membran. Hierbei<br />
konnten aus den zeitlichen Änderungen der Kapazitätswerte unter-<br />
165
FORSCHUNG<br />
Abb. 4: Versuchsaufbau zur Online-Bestimmung der bakteriellen<br />
Biofilmbildung<br />
A - Membran, B - Biofilm mit EPS, C - Goldelektroden, D -<br />
Bakterienagglomerate, E -aktive Tastköpfe, F - Luftfilter, G - Impedanzanalysator<br />
HP 4194, H - Wasserbad, I –Nährlösung, M -<br />
Multiplexer, P - Pumpen, R- Reaktoren (A - mit Membran, B -<br />
ohne Membran), T - Thermostat, K - PC mit Agilent VEE & Multifunktionskarte<br />
schiedliche Wachstumsdynamiken sowohl bei der Biofilmbildungsrate<br />
pro Tag als auch bei der Ausprägung stationärer Verhältnisse in Abhängigkeit<br />
von der Konzentration der stofflichen Zusammensetzung<br />
der Nährlösung beobachtet werden. Die vollständige Ausprägung des<br />
Biofilms war in der dargestellten Versuchsreihe 2 besonders gut zu<br />
verfolgen.<br />
Nach Versuchsende erfolgte eine Trockengewichtsbestimmung<br />
der mit dem Biofilm bewachsenen Membran. Dazu wurde die Membran<br />
aus dem Reaktor RA ausgebaut und nach einer Trocknungszeit<br />
von 2 h bei 60 °C mit einer Analysenwaage gewogen. Nach Abzug<br />
der vor Versuchsbeginn ermittelten Trockenmasse der unbewachsenen<br />
Membran wurde die Trockensubstanz des Biofilmes (Veränderung<br />
der Masse) somit gravimetrisch ermittelt. Ein Vergleich der Daten<br />
ergab eine gute Übereinstimmung zwischen den gravimetrisch<br />
bestimmten Biomassewerten mit den ermittelten Differenzen der Kapazitäten.<br />
Die passiven elektrischen Eigenschaften biologischer Objekte, wie<br />
Gewebe und Suspensionen, bilden im Zusammenhang mit ihren<br />
morphologischen Eigenschaften somit einen messbaren Parameter<br />
166<br />
Abb. 6a: PrP mit Cu 2+ Abb. 6b: PrP ohne Me 2+ Abb. 6c: PrP mit Ni 2+<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Abb. 5: Zeitlicher Verlauf der durch die bakterielle Biofilmbildung<br />
auf einer Trägermembran bedingten Änderung der Differenzen der<br />
Kapazitätswerte<br />
<strong>für</strong> Untersuchungen zum Zustand und zur Lebensfähigkeit eines biologischen<br />
Systems. Bei den vorgestellten Experimenten konnten<br />
durch die Bestimmung der zeitlichen Veränderung der Kapazitätswerte<br />
statistisch gesicherte Wachstumsverläufe in Abhängigkeit von<br />
den Nährstoffkonzentrationen ermittelt werden.<br />
KUPFERBINDUNG AM PRIONPROTEIN ALS<br />
IMMOBILISIERUNG FÜR AFM-MESSUNGEN<br />
Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft sind Prionen Erreger<br />
der übertragbaren spongiformen Enzephalopathien (TSE). Sie bestehen<br />
vermutlich vollständig aus der sogenannten Scrapie-Form des<br />
Prionproteins, welche durch Konformationsänderung aus der zellulären<br />
Form des Prionproteins entsteht. Aus der Scrapie-Form werden<br />
zunächst amyloide Plaques gebildet, wodurch im weiteren Verlauf Gehirnzellen<br />
zerstört werden. Dies führt zur Spongiose des Gehirns und<br />
final zum Tod des gesamten Organismus.<br />
Zur Funktion des zellulären Prionproteins gibt es derzeit nur Hypothesen.<br />
Neben der Signaltransduktion wird auch eine regulatorische<br />
Funktion <strong>für</strong> Schwermetalle vermutet, da<br />
Kupferionen an die Octapeptide-Repeats<br />
des Prionproteins binden können. Die Affinität<br />
anderer Schwermetalle ist dagegen<br />
wesentlich kleiner ausgeprägt.<br />
Diese Bindungseigenschaften wurden<br />
gezielt genutzt, um das Prionprotein auf<br />
einem festen Trägermaterial zu immobilisieren<br />
und die Bindungsereignisse mit<br />
dem Rasterkraftmikroskop (AFM) zu dokumentieren.<br />
Bei Verwendung von Kupfer
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
wird eine gleichmäßige Verteilung der Proteinablagerungen auf der<br />
Glimmeroberfläche (Abb. 6a) erreicht. Ohne Zugabe von zweiwertigen<br />
Kationen ist eine Tendenz zum Aggregieren des Prionproteins zu<br />
erkennen (Abb. 6b). Das Aggregieren wird zwar durch Zugabe von<br />
Nickel unterdrückt, da<strong>für</strong> ist die Oberflächenbeladung im Vergleich zu<br />
Kupfer deutlich kleiner (Abb. 6c). Alle Messungen erfolgten an getrockneten<br />
Präparationen im intermittent-contact mode. Die Bildausschnitte<br />
sind jeweils 1 µm x 1 µm mit einer Höhenskalierung von<br />
ca. 1 nm. Die verwendete Proteinkonzentration betrug 1 µg/ml. Der<br />
Kupfer- bzw. Nickelzusatz war 0,67 µM, das entspricht einem dreifachen<br />
molaren Überschuss je Kupferbindungsstelle.<br />
TETRAETHERLIPIDE – EINE PHYSIKOCHEMISCHE<br />
PLATTFORM<br />
Eine seit geraumer Zeit verfolgte Strategie zur Erhöhung der Biokompatibilität<br />
von verschiedenen Materialien stellt die nachträgliche,<br />
gezielte Beschichtung der Materialoberflächen mit Biomembrananaloga<br />
dar. Ein zentrales Anliegen im iba besteht daher in der Entwikklung<br />
eines biomimetischen Oberflächencoatings auf der Basis archaebakterieller<br />
Tetraetherlipide (TEL), die aufgrund ihrer spezifischen<br />
Wechselwirkung mit dem jeweiligen Medium als hochwirksames<br />
Antifoulingkonzept sowohl auf medizinischen Produkten bis zu sensorischen<br />
Funktionsflächen eingesetzt werden sollen. Die Untersuchungen<br />
verfolgen das Ziel, auf der Basis einer physikochemischen<br />
und biologischen Charakterisierung der Lipidcoatings den molekularen<br />
Mechanismus <strong>für</strong> das Antifouling aufzuklären und auf der Basis<br />
von thermodynamischen Modellvorstellungen zu optimieren.<br />
Im Ergebnis wird ein neuartiges Tetraetherlipid (Abb. 7) eingesetzt,<br />
welches basierend auf dem Mainphospholipid des Archaebakterium<br />
Thermoplasma acidophilum über ein chromatografisches Verfahren<br />
gewonnen wird. Dieses Lipid erlaubt zum einen die Generierung dichter,<br />
monomolekularer Lipidfilme und kann zusätzlich als Spacer <strong>für</strong> die<br />
Anbindung von Funktionsmolekülen dienen.<br />
Abb. 7: molekulare Struktur des Tetraetherlipids<br />
Neben der Integration spezifisch wirkender Funktionsmoleküle<br />
stellt die gezielte Modifikation physikochemischer Materialparameter<br />
das aus heutiger Sicht vielversprechendste Antifoulingkonzept dar.<br />
Maßgeblich <strong>für</strong> die Biofilmbildung sind die Wechselwirkungen an der<br />
Grenzfläche Substrat / biologisches System. Insbesondere die Primärbesiedlung<br />
gilt in erster Linie als physikalisch-chemisch kontrollierter<br />
Prozess (Abb. 8). Das Verständnis der physiko-chemischen Mechanismen<br />
der bakteriellen Adhäsion bildet daher die Grundlage der<br />
Entwicklung neuer Antifoulingstrategien.<br />
Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass die physikochemische<br />
und die biologische Charakterisierung von Biomaterialien von besonderer<br />
Bedeutung sind. Die physikochemische Analyse orientiert<br />
dabei auf dem thermodynamisch fundierten Grenzflächenenergiekonzept<br />
und kolloidchemisch zu interpretierenden Theorien (DLVO, Non-<br />
DLVO). Um die messtechnische Untersetzung zu realisieren, stehen<br />
im iba Heiligenstadt u.a. folgende Analyseverfahren zur Verfügung:<br />
� Bestimmung der Oberflächenenergie/-polarität von planaren und<br />
granularen Festkörpern sowie der biologischen Systeme<br />
� Oberflächenladungsbestimmung von Biomaterialien, Mikroorganismen<br />
und Proteinen<br />
� Beurteilung der Topografie über lichtmikroskopische und rastermikroskopische<br />
Verfahren (REM, AFM, CLSM)<br />
� infrarotspektroskopische Analyse<br />
FORSCHUNG<br />
Abb. 5: Zeitlicher Verlauf der durch die bakterielle Biofilmbildung<br />
auf einer Trägermembran bedingten Änderung der Differenzen der<br />
Kapazitätswerte<br />
� Bestimmung von Deflektion-Distanz-Funktionen mittels Atomkraftmikroskopie<br />
zur Analyse der Grenzflächenwechselwirkungsenergien.<br />
Gegenstand der in-vitro-Bioadhäsionsprüfung ist es, die biologischen<br />
Reaktionen als statische und dynamische Systemantwort auf<br />
die jeweilige Grenzflächensituation zu bestimmen und <strong>für</strong> technische<br />
Applikationen nutzbar zu machen. Ziel ist die Ableitung von Korrelationen<br />
zwischen materialwissenschaftlichen und biologischen Systemparametern<br />
unter in-situ-nahen Bedingungen.<br />
Im Rahmen der Entwicklung eines biomimetischen Oberflächencoatings<br />
auf der Basis archaebakterieller Tetraetherlipide zur Etablierung<br />
eines langzeitstabilen und biomimetischen Antifoulingkonzeptes<br />
167
FORSCHUNG<br />
konnte gezeigt werden, dass Tetraetherlipidbeschichtungen zu einer<br />
homogenen Bedeckung unterschiedlichster strukturierter Substratoberflächen<br />
führen. Darüber hinaus sind Lipidschichten mit gezielt<br />
eingestellten physikochemischen Oberflächenparametern technisch<br />
realisierbar. Gleichzeitig konnte eine signifikant reduzierte bakterielle<br />
Adhäsion bei Erhalt der Zellvitalität nachgewiesen werden. Die Tetraetherlipidschicht<br />
unterdrückt den initialen Adhäsionsprozess aufgrund<br />
ihrer gezielt eingestellten sterischen Eigenschaften.<br />
Um eine Reduzierung der Adhäsion zwischen Material und biofilmbildenden<br />
Mikroorganismen zu erreichen, ist letztlich eine Methodenkopplung<br />
von Antifoulingstrategien relevant. Hier bieten Tetraetherlipide<br />
eine ideale physikochemische Plattform basierend auf<br />
einem Spacermolekül mit optimalen Eigenschaften und einem hohen<br />
Maß an selektiver Modifizierbarkeit.<br />
LITERATURVERZEICHNIS<br />
[1] Tiefenbrunner, F., Starlinger, R., Dietrich, M. P. (1997): Biofilm - Das unbekannte<br />
Wesen, Sanitär- und Heizungstechnik, 2, 66 - 72<br />
[2] Geesaey, G. G. (1982): Microbial exopolymers: Ecological and economic considerations.<br />
ASM News, 48, 9 - 14<br />
[3] Flemming, H. C. (2000): Biofilme - das Leben am Rande der Wasserphase. Nachrichten<br />
aus der Chemie, 48, 442 - 447<br />
168<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
[4] Characklis, W. G., Turakhai, M. H., Zelver, N. (1990): Transport and interfacial transfer<br />
phenomena. in: Biofilms, (Hrsg.: Characklis, W. G., Marshall, K. C.), John Wiley<br />
& Sons, New York, 93 -130<br />
[5] Kreysig, D. (2001): Der Biofilm - Bildung, Eigenschaften und Wirkungen. Teil 1, BIOforum,<br />
1-2, 40 - 43, Teil 2, BIOforum, 5, 338 - 341<br />
[6] Yardley, J. E., Kell, D. B., Barrett, J., and Davey, C. L. (2000): On-Line, Real-Time<br />
Measurements of Cellular Biomass using Dielectric Spectroscopy. Biotech. & Gen.<br />
Eng. Rev., 17, 3 - 35<br />
[7] Bragós, R., Gámez, X., Cairó, J., Riu, P. J., Gòdia, F. (1998): Biomass monitoring<br />
using impedance spectroscopy. X. INTERNATIONAL CONFERENCE ON ELECTRI-<br />
CAL BIO - IMPEDANCE, Barcelona, 337-342, ISBN 84-7653-686-0<br />
[8] Davey, C. L. (1998): From concept to market in industrial impedance applications. X.<br />
INTERNATIONAL CONFERENCE ON ELECTRICAL BIO - IMPEDANCE, Barcelona,<br />
23 - 26, ISBN 84-7653-686-0<br />
[9] Mishima, K., Mimura, A., Takahara, Y., Asami, K.; Hanaai, T. (1991): On-Line Monitoring<br />
of Cell Concentrations by Dielectric Measurements. Journal of Fermentation<br />
and Bioengineering, 77, 2, 291 - 295<br />
[10] Altmann, M., Geisler, A., Schöberlein, L., Pliquett, U., Pliquett, F. (2000): Einfluss<br />
von Transport und Zerlegung auf die Fleischstruktur, beurteilt durch den Py-Wert.<br />
Fleischwirtschaft 2, 95 - 98<br />
[11] Pliquett, F., Pliquett, U., (1996): Passive electrical properties of human stratum corneum<br />
in vitro depending on time after separation. Biophysical Chemestry, 58, 205 -<br />
210<br />
[12] Schwan, H.P. (1957): Electrical Properties of Tissue and Cell Suspensions. Advances<br />
in Biological and Medical Physics, 5, 147 - 205<br />
[13] Frense, D., Röhr, C., Diels, L., Schreiter, U., Schleifenheimer, M., Eckhold, K.-H.<br />
(1999): Spezifische Behandlung toxischer und schwer abbaubarer Abwässer mit<br />
Membran-Bioreaktoren. WLB Wasser Luft Boden, 6, 32-34.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Karl-Michael Weitzel<br />
85. Internationales Bunsen Discussion Meeting<br />
“ CHEMICAL PROCESSES OF IONS – TRANSPORT AND REACTIVITY ” IN MARBURG<br />
Vom 15. – 17. 09.2004 fand an der Philipps Universität Marburg<br />
das 85. Internationale Bunsen Discussion Meeting zum Thema “ Chemical<br />
Processes of Ions – Transport and Reactivity ( ION 2004 ) statt.<br />
Ziel der Tagung war es Wissenschaftler aus den Bereichen Chemie,<br />
Physik und Biologie zusammenzubringen, um die gemeinsamen<br />
Grundlagen der chemischen Reaktivität und des Transportes von Ionen<br />
interdisziplinär zu diskutieren. Die Tagung wurde von der deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Fond der Chemischen<br />
Industrie sowie der Marburger Universitätsstiftung finanziell unterstützt.<br />
Prof. Weitzel und Tagungsteilnehmer im Gespräch mit dem Universitätspräsidenten<br />
Prof. Nienhaus<br />
Die Tagung “Chemical Processes of Ions – Transport and Reactivity”<br />
(ION2004) fand vom 15. - 17. 09. 2004 in der Aula der “ Alten Universität<br />
“ der Philipps Universität Marburg statt. Die “Alte Universität“<br />
repräsentiert das Gründungsgebäude der Philipps-Universität, die<br />
1527 von Philipp dem Großmütigen als eine der ersten protestantischen<br />
Universitäten ins Leben gerufen worden war.<br />
Zur Eröffnung der Tagung begrüßte der Präsident der Philipps-Universität,<br />
Prof. Dr. V. Nienhaus, die Tagungsteilnehmer und wies dabei<br />
u.a. auf die Bedeutung Robert Bunsens <strong>für</strong> die Universität Marburg<br />
Prof. Dr. Karl-Michael Weitzel, Philipps-Universität Marburg, Institut <strong>für</strong><br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie, Hans-Meerweinstr., D-35032 Marburg, Germany,<br />
Tel. 49 - (0)6421-28-22360 / 61, E-Mail: weitzel@chemie.uni-marburg.de<br />
http://www.chemie.uni-marburg.de/~weitzel,<br />
http://www.chemie.uni-marburg.de/~weitzel/ion2004/<br />
TAGUNGEN<br />
hin. Robert Bunsen, der Namenspatron dieser Tagung, wirkte von<br />
1839 bis 1851 in Marburg. “Zeitweise arbeitete jeder 10. Student der<br />
Universität bei R. Bunsen“, so V. Nienhaus. Auch heute sei der Fachbereich<br />
Chemie einer der Leistungsträger der Universität. Anschließend<br />
eröffnete Prof. Dr. Karl-Michael Weitzel das wissenschaftliche<br />
Programm der Tagung.<br />
DIE ION 2004 – EINE INTERNATIONALE UND<br />
INTERDISZIPLINÄRE TAGUNG<br />
An der Tagung nahmen ca. 65 Teilnehmer aus 10 Nationen in<br />
Europa und Übersee teil. Dabei waren Fachwissenschaftler aus den<br />
Gebieten Chemie, Physik und Biologie vertreten. Das Programm setzte<br />
sich aus 15 eingeladenen Vorträgen international renommierter<br />
Wissenschaftler, sowie ca. 20 beigetragenen Vorträgen und 20<br />
Postern zusammen. Sitzungen der Tagung beschäftigten sich mit den<br />
Themen: “Ion Molecule Reactions“, „Ion Surface Processes“, „Ion<br />
Catalysis“, „Ion Dynamics and Spectroscopy“, „Charge transport in<br />
biological Systems“, und “Plasma Processes“.<br />
Transport und Reaktivität von Ionen spielen eine sehr wichtige Rolle<br />
in zahlreichen natürlichen und technisch bedeutsamen Gebieten<br />
von Chemie, Physik und Biologie. Während in den einzelnen Spezialgebieten<br />
in den vergangenen Jahren wesentliche Fortschritte erzielt<br />
wurden, (hier sei nur an die Nobelpreise <strong>für</strong> G. Olah (1994), und R.<br />
MacKinnon (2003) erinnert) fehlte doch bisher eine konzertierte Aktion,<br />
die die gemeinsamen Grundlagen all dieser Prozesse beleuchtet.<br />
Das Ziel dieser Tagung war es, diese Lücke zu schließen.<br />
CHEMISCHE REAKTIVITÄT UND TRANSPORT VON<br />
IONEN – DAS PROGRAMM<br />
Ein zentrales Thema der Tagung, das sich durch mehrere Sitzungen<br />
zog, waren die Ionen-Molekül-Reaktionen. In seinem Eröffnungsvortrag<br />
setzte Prof. C.Y. Ng (Davis, USA) gleich Eckpunkte, indem er<br />
über „Guided-Ion-Beam“ Experimente sprach, die auf der Präparation<br />
von zustandsselektierten Ionen mit Hilfe der gepulsten Feldionisation<br />
basieren. Diese Technik macht es möglich, die Quantenzustandsabhängigkeit<br />
von Ionen-Molekül-Reaktionen selbst bei sehr hohen<br />
Schwingungszuständen akkurat zu untersuchen. Quanteneffekte waren<br />
auch Gegenstand des Vortrages von Prof. E. Nikitin (Haifa, Israel),<br />
allerdings nicht bei sehr hohen Quantenzahlen sondern hier bei extrem<br />
niedrigen Temperaturen, bei denen nur wenige Quantenzustände<br />
besetzt sind und der Übergang vom Bethe-Wigner Limit zum Langevin<br />
Limit beobachtet wird. Die Brücke zwischen hohen<br />
Quantenzuständen und niedrigen Temperaturen wurde von Prof. J.<br />
Troe (Göttingen) u.a. am Beispiel der Reaktion H3O + + H2O geschla-<br />
169
TAGUNGEN<br />
gen. Ein schönes Beispiel <strong>für</strong> das Zusammenspiel von Experiment<br />
und Theorie stellt die Dissoziations- und Isomerisierungs-Dynamik<br />
von Alkylbenzol-Ionen dar. Hier können die Ladungstransfer induzierten<br />
‚ion flow tube’ Experimente von A. Viggiano (Hanscom, USA) zusammen<br />
mit den k(E) Rechnungen von Troe und den direkten k(E)<br />
Messungen von Weitzel et al. zu einem verbesserten Verständnis der<br />
Dynamik führen. Ein bis heute umstrittenes Beispiel <strong>für</strong> hyperkoordinierte<br />
Carbokationen ist das CH5 + , wie Prof. D. Gerlich (Chemnitz) erläuterte.<br />
Hier kann man erwarten, daß neue ‘guided ion beam’- sowie<br />
Ionenfallen-Experimente bei Temperaturen von wenigen Kelvin letztendlich<br />
die Frage klären werden, ob man es mit fünf äquivalenten H<br />
Atomen oder einer 3c2e Bindung in einer [CH3 * H2] + Struktur zu tun<br />
hat.<br />
Eine weitere Sitzung beschäftigte sich mit der Bedeutung von Ionen<br />
in der Katalyse. Eine Kontroverse über den Mechanismus einer<br />
OsO4 katalysierten asymmetrischen Dihydroxylierungs-Reaktion des<br />
Sharpless-Typs, wurde von Prof. P. Chen (Zürich) diskutiert. Prof. H.<br />
Schwarz (Berlin) lieferte ein weiteres eindrucksvolles Beispiel von<br />
“Theory and Experiment in Concert”, indem er über die Übergangsmetall-Ionen<br />
katalysierte Aktivierung von Kohlenwasserstoffen<br />
sprach. Als der ‚heilige Gral’ der aktuellen Katalyseforschung gilt nach<br />
wie vor die katalytische Aktivierung von Methan.<br />
Die Sitzung “Ion Surface Reactions“ wurde von Prof. R.G. Cooks<br />
(Purdue) eröffnet, der über faszinierende Studien zum “soft landing“<br />
von biologischen Verbindungen sprach, die dabei ihre biologische Aktivität<br />
behalten. Daß Ionen-Oberflächen Studien geeignet sind um<br />
nicht nur mikroskopische sondern auch makroskopische Eigenschaften<br />
einer Oberfläche, wie die Härte, zu untersuchen, zeigte Dr. B. Kaiser<br />
(Berlin) in seinem Vortrag. Prof. T. Baer (Chapel Hill) demonstrierte<br />
in seinem Vortrag an Hand von Phosphinen einmal mehr die<br />
Möglichkeit, zuverlässige thermochemische Daten neutraler Moleküle<br />
durch Kombination verschiedener thermochemischer Daten der<br />
entsprechenden Ionen zu erhalten.<br />
170<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Eine weitere Sitzung war dem Ladungstransport in biologischen<br />
Systemen gewidmet. Ein Aspekt dieses Themenkomplexes betrifft<br />
den Transport von Elektronen entlang eines DNA Stranges. Dieser<br />
Prozess ist u.a. bedeutsam in der lichtinduzierten Reparatur von DNA<br />
Schäden durch Photolyasen, wie Prof. B. Giese (Basel, Schweiz) erläuterte.<br />
Ein weiterer Aspekt ist der Transport von Ionen durch Kanäle<br />
in einer Membran, der Basis vielfältiger biologischer Funktionen.<br />
Welche faszinierenden Einblicke in die Struktur-Funktions-Beziehung<br />
man heute gewinnen kann, zeigte Prof. U. Koert (Marburg) in seinem<br />
Beitrag über Gramicidin Ionen-Kanäle.<br />
Ein Gebiet in dem Transport von Ionen und chemische Reaktionen<br />
dieser Ionen inhärent verknüpft sind, ist das der Plasma-Chemie. Hier<br />
präsentierte Prof. J. Meichsner (Greifswald) einen Überblick über das<br />
aktuelle Forschungsfeld, insbesondere im Hinblick auf die technologische<br />
Relevanz der Oberflächenbearbeitung durch Plasmaätzen. Prof.<br />
R. Redner (Rostock) beleuchtete schließlich Transport, Dissoziation<br />
und Ionisation von H2 bei extrem hohen Dichten, wie sie im Inneren<br />
der Riesenplaneten, wie Jupiter, vorliegen.<br />
Ein weiteres “high light“ der Tagung war auch der “after dinner<br />
talk“ von Prof. E.E. Ferguson (Boulder, USA) im dem er seine persönliche<br />
“kurze Geschichte der Ionenchemie“ erzählte. Ausgewählte Beiträge<br />
dieser Tagung werden in einem Sonderband der Zeitschrift<br />
PCCP ( Physical Chemistry Chemical Physics) veröffentlicht. Eine Kopie<br />
des „book of abstracts“ kann von den Organisatoren bezogen<br />
werden. Resonanz fand die Tagung aber auch in der lokalen Presse.<br />
Abschließend sei es dem Autor gestattet Dank auszusprechen, zunächst<br />
den Hauptsponsoren der Tagung, der <strong>Deutsche</strong> Forschungsgemeinschaft,<br />
dem Fonds der Chemischen Industrie und der Marburger<br />
Universitätsstiftung. Hauptsächlich geht der Dank jedoch an die<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie der Universität Marburg <strong>für</strong> ihre unermüdliche Hilfe bei der<br />
Organisation.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Pressemitteilung der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
MICHAEL DRÖSCHER IST DER<br />
NEUE VORSITZENDE<br />
Prof. Dr. Michael Dröscher, Konzernbereichsleiter<br />
Innovationsmanagement, Senior<br />
Vice President, Degussa AG, wurde in der<br />
Mitgliederversammlung der Bunsen-Gesellschaft<br />
in Dresden zum neuen Ersten Vorsitzenden<br />
<strong>für</strong> die Jahre 2005/2006 gewählt.<br />
Damit folgt dem<br />
Hochschullehrer<br />
Prof. Dr. Klaus<br />
Funke, Universität<br />
Münster,<br />
wieder ein Industrievertreter<br />
in<br />
der Führungsspitze<br />
der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-<br />
Gesellschaft <strong>für</strong><br />
<strong>Physikalische</strong><br />
Chemie. Satzungsgemäß<br />
übernimmt Prof. Dr. Funke die<br />
Stelle des Zweiten Vorsitzenden. Schatzmeister<br />
ist weiterhin Prof. Dr.-Ing. Wolfgang<br />
Grünbein, Frankfurt.<br />
Michael Dröscher, Jahrgang 1949, studierte<br />
Chemie in Mainz und promovierte 1975 in<br />
der <strong>Physikalische</strong>n Chemie bei Gerhard<br />
Wegner. Er wurde Wissenschaftlicher Assistent<br />
am Institut <strong>für</strong> Makromolekulare Chemie<br />
in Freiburg, verbrachte zwischenzeitlich<br />
ein Postdoc-Jahr bei IBM in San Jose, habilitierte<br />
sich 1981 <strong>für</strong> das Fach Makromolekulare<br />
Chemie an der Universität Freiburg und<br />
wurde zum Privatdozenten ernannt. Heute<br />
ist er außerplanmäßiger Professor an der<br />
Universität Münster.<br />
Sein beruflicher Werdegang in der Industrie<br />
begann 1982 bei der früheren Hüls AG in<br />
Marl. Von 1990 bis 1992 leitete er das Technikum<br />
im Werk Herne, um dann die Abteilung<br />
Kunststoffe und Umwelt zu übernehmen.<br />
Ende 1997 wurde CREAVIS<br />
Technologies & Innovation gegründet. Er leitete<br />
diese Gesellschaft bis zum April 2002<br />
und übernahm dann seine heutige Aufgabe<br />
im Corporate Center der neuen Degussa in<br />
Düsseldorf.<br />
Michael Dröscher ist seit vielen Jahren Mitglied<br />
der DBG und der GDCh, wo er z. Z.<br />
Vorstandsmitglied der Fachgruppe Makromolekulare<br />
Chemie ist und 2002/2003 den<br />
Vorsitz innehatte. Von 1994 bis 2001 war er<br />
Mitglied des CHEMRAWN Committee der<br />
IUPAC, ab 2004 ist er Mitglied im Committee<br />
on Chemistry and Industry (COCI).<br />
EHRUNGEN<br />
Klaus Peter Dinse, Prof. Dr., wurde mit dem<br />
Bruker Prize 2005 der Electron Spin Resonance<br />
Group der Royal Society of Chemistry<br />
ausgezeichnet.<br />
BERUFEN<br />
Jürgen Janek, Prof. Dr., Inhaber des Lehrstuhls<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie der Justus-<br />
Liebig-Universität Gießen, hat den Ruf auf<br />
die C4-Professur <strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie/<br />
Elektrochemie der Technische Universität<br />
Dresden abgelehnt.<br />
Dominik Marx, Prof. Dr., Inhaber des Lehrstuhls<br />
<strong>für</strong> Theoretische Chemie der Ruhr-<br />
Universität Bochum, hat den Ruf auf die C4<br />
Professur <strong>für</strong> Theoretische <strong>Physikalische</strong><br />
Chemie der Technischen Universität Darmstadt<br />
abgelehnt.<br />
Heinz Rehage, Prof. Dr., <strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
der Universität Duisburg-Essen, Geschäftsführer<br />
der Kolloidgesellschaft, hat<br />
den Ruf auf den Lehrstuhl 2 der Universität<br />
Dortmund angenommen.<br />
GEBURTSTAGE<br />
IM NOVEMBER 2004<br />
Martin Jansen, Prof. Dr., Stuttgart,<br />
60. Geburtstag am 05.<br />
Reinhard Zellner, Prof. Dr., Essen,<br />
60. Geburtstag am 06.<br />
Michael Katz, Dr.-Ing., Cambs. PE28<br />
OUT, Grossbritannien,<br />
60. Geburtstag am 17.<br />
Hartmut Schulze, Dr., Kaiserslautern,<br />
60. Geburtstag am 27.<br />
Albert Seibert, Dr., Lahnau,<br />
65. Geburtstag am 09.<br />
Oswald Bauer, Dipl.-Chem., Monthey,<br />
Schweiz, 65. Geburtstag am 16.<br />
Jürgen Heinze, Prof. Dr., Freiburg,<br />
65. Geburtstag am 18.<br />
Hideto Sotobayashi, Prof. Dr., Berlin,<br />
75. Geburtstag am 01.<br />
Lothar Endom, Dr., Seevetal,<br />
75. Geburtstag am 28.<br />
Walter Braun, Dr., Tübingen,<br />
75. Geburtstag am 30.<br />
Wolfgang Lüttke, Prof. Dr., Göttingen,<br />
85. Geburtstag am 20.<br />
GEBURTSTAGE<br />
IM DEZEMBER 2004<br />
NACHRICHTEN<br />
Jürgen Ertel, Prof. Dr., Werben,<br />
60. Geburtstag am 04.<br />
Peter Laggner, Prof. Dr., Graz, Österreich,<br />
60. Geburtstag am 10.<br />
Klaus Funke, Prof. Dr., Münster,<br />
60. Geburtstag am 16.<br />
Ihsan Barin, Prof. Dr.-Ing., Aachen,<br />
65. Geburtstag am 27.<br />
Willi Keim, Prof. Dr. Dr. h. c., Aachen,<br />
70. Geburtstag am 01.<br />
Hans Kuhn, Prof. Dr., Tschingel ob<br />
Gunten, Schweiz, 85. Geburtstag am 05.<br />
Walter Strohmeier, Prof. Dr., Würzburg,<br />
85. Geburtstag am 13.<br />
171
NACHRICHTEN<br />
NEUANMELDUNGEN<br />
ZUR MITGLIEDSCHAFT<br />
Nr. 78053 Dr. Robert Gdanitz, North Carolina<br />
A&T State University, Physics<br />
Department RM 101, Marteena<br />
Hall, Greensboro, NC 27411,<br />
USA (H. Behret)<br />
Nr. 78454 Prof. Dr. Regina de Vivie Riedle,<br />
Moorackerweg 4, 80939 München<br />
(AGTC)<br />
Nr. 78532 Dr. Christoph Kröhnke, Kleingasse<br />
23, 79206 Breisach (durch K.<br />
Reihs)<br />
Nr. 78533 Dr. Philip Tinnefeld, Universität<br />
Bielefeld, Universitätsstr. 25,<br />
33615 Bielefeld<br />
Nr. 78534 Dr. Hans Martin Senn, Max-<br />
Planck-Institut <strong>für</strong> Kohlenforschung,<br />
Kaiser-Wilhelm-Platz 1,<br />
45470 Mülheim (AGTC)<br />
Nr. 78535 Dr. Markus Pernpointner, Dammpfad<br />
2, 69214 Eppelheim (AGTC)<br />
VERANSTALTUNGEN/EVENTS<br />
Tagungen der<br />
<strong>Deutsche</strong>n Bunsen-Gesellschaft<br />
Bunsentagung 2005<br />
5. - 7. Mai, Frankfurt<br />
Thema: „Detektion und Dynamik einzelner<br />
Moleküle“<br />
Wissenschaftliche Vorbereitung: Ch. Bräuchle<br />
(München), Th. Basché (Mainz)<br />
Organisatorische Vorbereitung: B. Brutschy<br />
(Frankfurt)<br />
Information: www.Bunsentagung.uni-frankfurt.de<br />
(Einladung in Heft 5/2004)<br />
Bunsentagung 2006<br />
25. - 27. Mai, Saarbrücken<br />
Thema: „Heterogene Katalyse: Brücke zwischen<br />
Ideal- und Realsystemen“<br />
Wissenschaftliche Vorbereitung: R. Imbihl<br />
(Hannover)<br />
Organisatorische Vorbereitung: R. Hempelmann<br />
(Saarbrücken)<br />
172<br />
Bunsentagung 2007<br />
17. – 19. Mai, Graz<br />
Thema: „Neuartige Kohlenstoffstrukturen“<br />
Wissenschaftliche Vorbereitung: M. Kappes<br />
(Karlsruhe), W. Krätschmer (Heidelberg) R.<br />
Schlögl (Berlin)<br />
Organisatorische Vorbereitung: G. Grampp<br />
(Graz)<br />
Allgemeine Informationen zu den Bunsentagungen:<br />
Geschäftsstelle der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
86th International Bunsen – Discussion –<br />
Meeting<br />
„International Workshop on the Structure<br />
and Dynamics of free Clusters and Nanoparticles<br />
using short wavelength radiation“<br />
7. – 9. September 2005, Physikzentrum, Bad<br />
Honnef<br />
Scientific Organization: E. Rühl, Würzburg<br />
Information: E-Mail eruehl@physchemie.uni-wuerzburg.de<br />
87th International Bunsen Discussion<br />
Meeting<br />
„Mechanically Induced Chemistry – Theory<br />
and Experiment“<br />
3. – 6. Oktober 2005, Tutzing<br />
Scientific Organization:<br />
Irmgard Frank, Andreas Zumbusch (München)<br />
Information: E-Mail: frank@cup.uni-muenchen.de<br />
88th International Bunsen Discussion<br />
Meeting<br />
„Magnetische kolloidale Flüssigkeiten: Herstellung,<br />
Charakterisierung, <strong>Physikalische</strong><br />
Medizin“<br />
19. – 22. Juli 2005, Saarbrücken<br />
Scientific Organization:<br />
Rolf Hempelmann, Manfred Lücke, H. Janocha<br />
(Saarbrücken)<br />
Information: E-Mail: hempelmann@mx.unisaarland.de<br />
89th International Bunsen Discussion<br />
Meeting<br />
„Chemical processes at oxide surfaces: from<br />
experiment to theory“<br />
15. – 17. Juni 2005, Meschede<br />
Scientific Organization:<br />
Katharina Al-Shamery (Oldenburg), Christof<br />
Wöll, Dominik Marx (Bochum)<br />
Information: E-Mail: woell@pc.ruhr-uni-bochum.de<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
90th International Bunsen Discussion<br />
Meeting<br />
Time-resolved transformations in complex<br />
molecular environments: Pushing the frontiers<br />
in experiment and theory”<br />
26. -27. September 2005, Göttingen<br />
Scientific Organization: Bernd Abel, Dirk<br />
Schwarzer (Göttingen)<br />
Information: E-Mail: babel@gwdg.de<br />
90. Bunsen-Kolloquium<br />
3. Gerischer Symposium<br />
Electrocatalysis: Theorie and Experiment<br />
Grundlagensymposium der DBG, Dechema<br />
und GDCh-Fachgruppe Angewandte Elektrochemie<br />
6. – 8. Juli 2005, Harnack-Haus Berlin<br />
Organisation: Dieter Kolb (Ulm)<br />
Information: E-Mail: dieter.kolb@chemie.uniulm.de<br />
(Einladung in diesem Heft)<br />
91. Bunsen-Kolloquium<br />
„Spectroscopy and Dynamics of Molecular<br />
Coils and Aggregates“<br />
5. – 6. April 2005, Göttingen<br />
Organisation: M. Suhm (Göttingen)<br />
Information: E-Mail: msuhm@gwdg.de<br />
(Einladung in diesem Heft)<br />
<strong>Deutsche</strong> Flüssigkristall-Gesellschaft<br />
(DFKG)<br />
33. Arbeitstagung<br />
16. – 18. März 2005, Universität Paderborn<br />
Information:<br />
http://chemie.uni-paderborn.de/aktuelles/tagung/index.html<br />
WEITERE VERSAMMLUNGEN<br />
UND VERANSTALTUNGEN<br />
„International Karlsruhe Nanoscience<br />
Workshop:<br />
Computational Tools for Molecules,<br />
Clusters and Nanostructures“<br />
zum 65. Geburtstages von Reinhart Ahlrichs.<br />
23. - 26. Januar 2005, Karlsruhe<br />
Information: http://www.ipc.<br />
uni-karlsruhe.de/tch/iknw/index.html<br />
Organisation :Dieter Fenske, Manfred<br />
Kappes und Wim Klopper
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
19th Thermodynamics Conference<br />
„Thermodynamics 2005“<br />
6-8 April 2005, Sesimbra, Portugal<br />
Information:<br />
www.thermodynamics2005.web.pt/<br />
Internationale Konferenz über Vakuum-<br />
Mikrowägetechnik<br />
International Conference on Vacuum Microbalance<br />
Techniques<br />
30. Juni – 1. Juli 2005, Breslau, Polen<br />
Information: Dr. Grzegorz W. Ch¸adzyński,<br />
Ul. Cincia ´ ly 12/3, PL - 50-306 Wroc ´ law 2,<br />
Institute of Physics, Wroc ´ law University of<br />
Technology, PL - 50-370 Wroc ´ law, ul.<br />
Wybrzeze Wyspianskiego 27, Poland, Tel.<br />
+48(71) 320-25-79, Fax: +48(71)328-36-96,<br />
e-mail: grzegorz.chadzynski@pwr.wroc.pl<br />
oder erich.robens@t-online.de<br />
13. Tagung Festkörperanalytik/Solid<br />
State and Surface Analysis<br />
26.-29. Juni 2005 Chemnitz, Germany<br />
Hauptthemen: Festkörper- und Oberflächenanalyse,<br />
Tribologie, Nanotechnologie, Korrosion,<br />
Katalyse, Oberflächenmodifizierung<br />
Organisation: R. Holze<br />
Information: Institut <strong>für</strong> Chemie, Technische<br />
Universität Chemnitz fka2005@tu-chemnitz.de<br />
http://www.tu-chemnitz.de/fka2005<br />
VERSCHIEDENES<br />
Invitation<br />
Electrocatalysis: Theory and Experiment<br />
as 90. Bunsen-Kolloquium of the <strong>Deutsche</strong> Bunsen-Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> <strong>Physikalische</strong> Chemie, jointly with GDCh Division on Applied<br />
Electrochemistry and DECHEMA.<br />
Berlin, July 6 – 8, 2005<br />
Symposium organizers: K. Jüttner (Frankfurt), D.M. Kolb (Ulm),<br />
J.W. Schultze (Düsseldorf)<br />
DECHEMA, GDCh Division on Applied Electrochemistry and <strong>Deutsche</strong><br />
Bunsen-Gesellschaft jointly and annually organize a Symposium<br />
on fundamental questions of electrochemistry. The <strong>Deutsche</strong><br />
Bunsen-Gesellschaft has agreed to organize every 3rd year<br />
this symposium on a special topic of fundamental electrochemistry,<br />
dedicated to the memory of Heinz Gerischer. The third symposium<br />
of this series will be devoted to electrocatalysis, as this topic<br />
has been strongly influenced by H. Gerischer. The symposium<br />
will be co-sponsored by the International Society of Electrochemistry<br />
There will be invited talks on electrocatalysis by former disciples,<br />
friends and colleagues of Heinz Gerischer, in addition to short oral<br />
and poster contributions. Invited speakers who have agreed to come:<br />
3. GERISCHER-SYMPOSIUM<br />
NACHRICHTEN<br />
PCCP<br />
Bezugspreise 2005<br />
DBG Members: £ 180.00<br />
DBG Corporate: £ 971.00<br />
Full rate Non DBG: £1735.00<br />
Bezugsadresse:<br />
Royal Society of Chemistry<br />
c/o Portland Customer Services<br />
Commerce Way<br />
Colchester<br />
CO2 8HP U.K.<br />
Tel: +44 (0) 1206 226050, Fax: +44 (0) 1206<br />
226055, Email: sales@rscdistribution.org<br />
FECS<br />
The Division of Analytical Chemistry<br />
of the Federation of European Chemical Societies<br />
and Professional Institutions (FECS)<br />
The Minutes of the DAC Annual Meeting<br />
2004 are available: E-mail: korte@isas-dortmund.de<br />
R. Adzic<br />
A. Friedrich<br />
A. Groß<br />
J. Nørskov<br />
S. Trasatti<br />
C. Vayenas<br />
W. Vielstich<br />
M. Watanabe<br />
Those wishing to contribute to the symposium’s programme<br />
should send the title and a short abstract before February 28,<br />
2005 to<br />
Prof. Dr. D.M. Kolb<br />
Department of Electrochemistry<br />
University of Ulm<br />
D-89069 Ulm<br />
Information will be available on http://www.uni-ulm.de/ge-symp/ or<br />
by contacting<br />
Constanze Duvigneau, Department of Electrochemistry, University<br />
of Ulm,<br />
email: constanze.duvigneau@chemie.uni-ulm.de<br />
173
NACHRICHTEN<br />
174<br />
91ST BUNSEN-COLLOQUIUM<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
„Spectroscopy and dynamics of molecular coils<br />
and aggregates“<br />
April 5-6, 2005<br />
North Campus, Universität Göttingen, D-37077 Göttingen<br />
The focus will be on the role of hydrogen bonds and other intermolecular<br />
interactions in the selective aggregation of molecules<br />
and the coiling of polymers. The fundamental understanding of<br />
such interactions is a prerequisite for the rational design of drugs<br />
as well as materials. It can be approached particularly well via<br />
spectroscopic methods. Small molecular model systems provide<br />
insights into essential interaction mechanisms, whereas synthetic<br />
and biological polymers can offer perspectives for applications.<br />
This Colloquium is organized by the DFG-Graduiertenkolleg (research<br />
training group) GRK 782, see http://www.pcgg.de . Therefore,<br />
graduate students working in the field are encouraged to attend<br />
and to present their work at the poster session and in short<br />
contributed talks. A limited number of scholarships are available<br />
and there will be a reduced conference fee charged to graduate<br />
students. All lecturers are encouraged to include a general introduction<br />
into their research in the first part of their presentation.<br />
15. Dezember 2004<br />
ist der Termin zum Einreichen Ihrer Beiträge zur<br />
Bunsentagung in Frankfurt<br />
5. bis 7. Mai 2004,<br />
Informationen unter www.bunsen.de oder unmittelbar unter<br />
www.bunsentagung.uni-frankfurt.de<br />
The program will consist of contributed and invited talks, the latter<br />
include B. Brutschy (Frankfurt), C. Desfrançois (Paris), C. Dobson<br />
(Cambridge), B. Hartke (Kiel), K. Kleinermanns (Düsseldorf), K. Kremer<br />
(Mainz), H. Limbach (Berlin) and J. Rädler (München) as speakers.<br />
It will start on Tuesday, 2 pm and end on Wednesday, at<br />
lunch time.<br />
Scientific Committee:<br />
B. Abel, U. Diederichsen, C. Griesinger, K. Samwer, M. Suhm<br />
For pre-registration and updates see<br />
http://www.pcgg.de/91bc.html .<br />
Call for papers<br />
Please register on the webpage or send name, title and a short<br />
abstract of your proposed contribution via e-mail to<br />
jkupfer@gwdg.de, indicating whether you prefer a poster or a<br />
20min oral presentation.
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
Renieh Dlomsrev<br />
Dreieck oder Würfel?<br />
Eigentlich wollte ich keinen Brief schreiben. Aber um der Salmiakpastille<br />
willen, habe ich es schließlich doch getan. In meiner Jugend,<br />
so gegen 1950, gab es einen Werbespruch: “... macht Kinder<br />
froh und Erwachsne ebenso!” Mit diesem<br />
Spruch wurde <strong>für</strong> die Salmiakpastille geworben,<br />
die man in einer kleinen Blechdose<br />
erstehen konnte. Den Werbespruch<br />
gibt es noch heute. Man bringt ihn in<br />
Beziehung zu Gottschalk, Müttern,<br />
Gummibärchen und Plastiktüten.<br />
Tempora mutantur..<br />
Schade um die kleine, platte,<br />
schwarze Raute, die Salmiakpastille.<br />
Wie die Abbildung zeigt,<br />
haben wir als Kinder gern 6<br />
Salmiakpastillen auf der Haut<br />
zu einem hexagonalen Stern<br />
mit Spucke verklebt. Von nun an<br />
waren der Phantasie keine Grenzen<br />
gesetzt. Handelte es sich um<br />
ein zweidimensionales Dreieck (Spitze<br />
nach oben) oder um das Zwillingsgegenstück<br />
(Spitze nach unten) ? König war<br />
der, der mit sechs weiteren möglichst andersfarbigen<br />
Pastillen (etwa Veilchenpastillen) einen Benzolring<br />
als Rand legen konnte. Benzol war damals noch nicht so<br />
giftig.<br />
DIE LETZTE SEITE<br />
Durch den weiteren Ring hat unsere Phantasie eine ganze Dimension<br />
gewonnen. Aus dem flächig zweidimensionalen Stern wird eine<br />
dreidimensionale Anordnung von Würfelzwillingen. Zwillinge,<br />
weil zwei gleichartige jedoch unterschiedliche<br />
Würfelsysteme sichtbar werden. Es kommt<br />
darauf an, welche der beiden oberen<br />
Ecken des Benzolringes man als rückseitige<br />
Dachfläche des Würfelsystems<br />
betrachtet, wenn es sein<br />
muss: siehe S. 176.<br />
Der niederländische Maler<br />
und Graphiker M. C. Escher<br />
(1898-1972) hat diese Zwillingbildung<br />
als graphische<br />
Methode eingesetzt. Ihm ist<br />
es sogar gelungen, Wasser<br />
bergauf fließen zu lassen. Die<br />
Abbildung hat Ähnlichkeit mit<br />
einem kräftig abgespeckten<br />
Holzschnitt Eschers aus dem Jahr<br />
1920/21.<br />
Für Kenner: Kubisch flächenzentrierte<br />
(fcc) Kristalle erhält man durch<br />
ABCABCA...-Stapelung der Salmiak-Sterne. Die<br />
Zwillingskonfiguration erhält man durch ACBACBA..-<br />
Stapelung, also durch Rückwärtslesen. Wie könnte mein<br />
Zwillingsbruder wohl heißen ?<br />
175
ZEITSCHRIFT FÜR<br />
PHYSIKALISCHE CHEMIE<br />
INHALT HEFT 10 (2004)<br />
Markus Drescher<br />
Time-Resolved ESCA: a Novel Probe for<br />
Chemical Dynamics 1147<br />
Amalendu Pal, Suresh Kumar<br />
Apparent Molar Volumes and Adiabatic<br />
Compressibilities of Some Amino Acids in<br />
Aqueous Sucrose Solutions at 298.15 K<br />
1169<br />
Yoshimi Sueishi, Masamichi Kasahara, Kayo<br />
Okawa, Shunzo Yamamoto<br />
Electron Spin Resonance Studies of Kinetic<br />
Effects of Substituent and Crown Ether on<br />
Intramolecular Sodium Cation Exchange in<br />
2,5-Di-Tert-Amyl- and 2,5-Di-Tert-Butyl-1,4-<br />
Benzoquinone Radical Anions 1187<br />
Herausgeber:<br />
Vorstand der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft<br />
Klaus Funke<br />
Hans-Jürgen Leuchs<br />
Wolfgang Grünbein<br />
Kuratorium:<br />
Helmut Baumgärtel<br />
Dieter Distler<br />
Gerhard Ertl<br />
Friedrich Hensel<br />
Heinz-Georg Wagner<br />
176<br />
(zur Abbildung siehe vorige Seite)<br />
IMPRESSUM<br />
Bunsen-Magazin Heft 6, Jahrgang 6<br />
M. S. A. El-Kader, S. M. El-Sheikh, M. Omran<br />
Contributions of Multipolar Polarizabilities to<br />
the Isotropic and Anisotropic Light Scattering<br />
Induced by Molecular Interactions in Gaseous<br />
Sulfur Hexafluoride 1197<br />
F. Sˇimko, I. Proks, V. Daněk, M. Boča,<br />
M. Chrenková<br />
The Dissolution of FeO and FeF3 in Cryolite<br />
1213<br />
INHALT HEFT 11 (2004)<br />
Thomas Koop<br />
Homogeneous Ice Nucleation in Water and<br />
Aqueous Solutions 1231<br />
A. M. Hashem, H. Abbas, A. E. Abdel-Ghany<br />
Electrochemical Lithium Insertion/Extraction<br />
in Partially Reduced ?-MoO3 1259<br />
Ender Biçer, Elif Çınar<br />
Voltammetric Behaviour of Pentoxifylline at<br />
Mercury Electrode 1273<br />
Schriftleiter:<br />
Peter C. Schmidt<br />
Institut <strong>für</strong><br />
<strong>Physikalische</strong> Chemie<br />
Technische Universität<br />
Darmstadt<br />
Petersenstr. 20<br />
D-64287 Darmstadt<br />
Tel.: 0 61 51/16 27 07<br />
Fax: 0 61 51/16 60 15<br />
E-Mail: bunsen@pc.chemie.tudarmstadt.de<br />
Geschäftsführer<br />
der <strong>Deutsche</strong>n<br />
Bunsen-Gesellschaft:<br />
Dr. Heinz Behret<br />
Varrentrappstr. 40–42<br />
D-60486 Frankfurt<br />
Tel.: 0 69/7 91 72 01<br />
Fax: 0 69/7 91 74 50<br />
E-Mail: h.behret@bunsen.de<br />
Internet:<br />
http://www.bunsen.de<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004<br />
Jasna Lovrić, Blǎenka Foretić, Nicoletta<br />
Burger<br />
Spectrophotometric Studies of Reactions of<br />
the Aquapentacyanoferrate(II) Ion with<br />
Ketones. Kinetics and Mechanism of the<br />
Substitution Reaction of the Aquapentacyanoferrate(II)<br />
Ion with 1-Benzoylethylpyridinium<br />
Chloride 1289<br />
Anna Jakubowska<br />
Effect of Electrolytes on the Aggregation<br />
of Sodium Dodecyl Sulphate: the Interactions<br />
of Different Counterions with Formed<br />
Micelles 1297<br />
P. Behr, A. Terziyski, R. Zellner<br />
Reversible Gas Adsorption in Coated Wall<br />
Flow Tube Reactors. Model Simulations for<br />
Langmuir Kinetics 1307<br />
M. Schnell, C. Herwig, J. A. Becker<br />
Polyanionic Selenium Fragments and Vibrations<br />
in NaMSeN Clusters 1329<br />
Technische Herstellung:<br />
Brönners Druckerei<br />
Breidenstein GmbH<br />
Brüningstraße 580<br />
D-65929 Frankfurt am Main<br />
Tel.: 0 69/26 00-319<br />
Fax: 0 69/26 00-186<br />
E-Mail:<br />
g.junkuhn@broenner.de
DEUTSCHE BUNSEN-GESELLSCHAFT<br />
ANKÜNDIGUNG<br />
Organisation: Prof. Dr. Katharina Al-Shamery (Oldenburg), Prof. Dr. Christof Wöll (Bochum)<br />
89th International Bunsen Discussion Meeting<br />
„Chemical processes at oxide surfaces: from experiment to theory“<br />
Metal oxides are omnipresent and thus attract considerable attention<br />
with regard to various technologically important aspects.<br />
Presently, the most important applications are related to heterogeneous<br />
catalysis. A necessary – but not necessarily sufficient – condition<br />
for unravelling the fundamental principles in this complex<br />
field is to analyze in detail chemical reactions taking place at oxide<br />
surfaces. Unfortunately, the experimental investigation of this class<br />
of materials represents a formidable problem since their surfaces<br />
often exhibit a large density of defects and are not easy to prepare.<br />
From a theoretical point of view the investigation of these systems<br />
is a demanding problem, too, since very often the theoretical modeling<br />
of these<br />
systems is complicated<br />
by electrostaticinstabilities<br />
in the<br />
calculations arising<br />
from the<br />
charged nature<br />
of the ionic species.<br />
In the last<br />
few years the<br />
understanding<br />
of oxide surface properties has improved significantly, mainly because<br />
of major advances in the theoretical methodology. In addition,<br />
the application of novel experimental techniques to study ionic<br />
surfaces has provided new information. For example, a systematic<br />
investigation of hydrogen atoms on single crystal oxide surfaces, a<br />
species very crucial to determining the oxide surface chemical properties,<br />
has only recently become possible. Also with regard to the<br />
reaction of simple molecules on oxide surfaces recently a general<br />
consensus appears to emerge from the theoretical and experimental<br />
results for the geometric and electronic structure of oxide surfaces.<br />
Particularly striking is the advance which has been achieved<br />
with the materials ZnO and TiO2. We foresee that in the next few<br />
years we will be able to provide a consistent description of the adsorption<br />
and reaction of surface species leading to a full understanding<br />
of chemical processes at these surfaces based on first principles.<br />
Thus, bridging the materials and pressure gap to oxidic<br />
catalysts used at high pressures will be feasible.<br />
The 89th Bunsenkolloquium will bring together scientists active<br />
in theory, surface science, inorganic chemistry and chemical engineering<br />
to jointly discuss the current most pressing questions in<br />
this field. The international conference will take place from June<br />
15th to June 17th, 2005. The conference language is English. We<br />
Meschede, June 15-17, 2005<br />
NACHRICHTEN<br />
expect between 80 and 100 attendees. There will be invited presentations<br />
by international specialists as well as contributed talks.<br />
At two evenings we will arrange for poster sessions.<br />
THE MAIN FOCUS OF THE MEETING WILL BE ON<br />
THE FOLLOWING SUBJECTS:<br />
� Theoretical description of the adsorption of molecules and metal<br />
particles on different metal oxide surfaces. This research will<br />
include perfectly ordered surfaces (single crystals) as well as<br />
„model“ defects.<br />
� Experimental investigations on the geometric and electronic<br />
structure of oxide surfaces and adsorbed particles.<br />
� Kinetic studies with regard to the reaction dynamics on oxide<br />
surfaces. Again the surfaces of single crystals are of interest as<br />
well as surfaces of powders (microkinetic analysis). Particularly<br />
important will be the matching of reaction dynamics determined<br />
from research on single crystal surfaces with kinetic results<br />
obtained from reactor studies with the corresponding oxide<br />
powders.<br />
PRELIMINARY LIST OF SPEAKERS:<br />
G. Kresse (Wien), R. Catlow (London), B. Meyer (Bochum),<br />
B. Hammer (Denmark), F. Traeger (Bochum), U. Diebold (Tulane),<br />
G. Thornton (London), H. Maki (Tokio), C. Campbell (Seattle), O. Hinrichsen<br />
(Bochum), M. Muhler (Bochum), F. Schüth (Mülheim),<br />
B. Clausen (Topsoe, Denmark), F. Boccuzzi (Turin), W. Grünert<br />
(Bochum), V. Staemmler (Bochum), K. Reuter (Berlin), R. Fischer<br />
(Bochum), M. Drieß (Bochum)<br />
The meeting will consist of a well balanced number of contributions<br />
from theoretical and experimental research. An important contribution<br />
from inorganic chemistry is expected; there are several<br />
groups who have a strong interest in the deposition of metals on<br />
the surface of oxide powders and the synthesis of molecular<br />
models for active sites.<br />
The meeting will take place at the Hotel Hennesee Residenz,<br />
Berghausen 14, D 59872 Meschede. The hotel is situated nearby<br />
the lake Hennesee in the northern part of North-Rhine Westfalia<br />
and represent an ideal location for a small conference.<br />
Meschede can be reached by German Rail (traveling time from<br />
Dortmund 1 h, Düsseldorf airport: 2 h, Frankfurt airport: 3.5 h) and<br />
by car.<br />
Further travel information will be provided on the homepage of<br />
the Sonderforschungsbereich SFB 558 (www.SFB558.de).<br />
177
GDCH<br />
178<br />
BUNSEN-MAGAZIN · 6. JAHRGANG · 6/2004
�
ANKA<br />
Materialdiagnose und Analytik<br />
Herstellung von Mikrostrukture<br />
- kontinuierliches Strahlungs<br />
- 0,5 meV bis zu 40 keV<br />
- hohe Intensität<br />
- große Brillianz<br />
- geringe Divergenz<br />
- hohe Auflösung<br />
- Polarisation<br />
Methoden<br />
Röntgen - Absorptionsspektroskopie<br />
- Diffraktion - Topographie - Mikrofluo<br />
reszenzanalyse Proteinkristallographie<br />
LIGA (Röntgen-Lithographie, Galvanik un<br />
Abformung): Masken und Mikrostrukturen<br />
IR -Spektroskopie, -Mikroskopie und -Ellipso<br />
Ausschreibung<br />
Synchrotron Licht<br />
Vom fernen Infrarot<br />
zur harten Röntgenstrahlu<br />
Freier Zugang <strong>für</strong> Wissenschaftler nach Begut<br />
Förderung durch EU im 6. Rahmenprogramm<br />
Antragsformula re: http://ww w .fzk.de/anka<br />
Einsendeschluss: 05.01.2005 18 Uhr<br />
Forschungszentrum Karlsruhe GmbH<br />
Institut <strong>für</strong> Synchrotronstrahlung<br />
Postfach 3640, 76021 Karlsruhe<br />
ANKA User Office: +49(0)7247 / 82-6188