DestMag-4545-Sommer-2023-DE
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THE DOM EXPEDITION – MISCHABELÜBERQUERUNG<br />
Als einer der besten Snowboarder der Welt tüftelte<br />
er stets nach dem perfekten Sprung. Noch immer<br />
ist Frederik Kalbermatten auf der Suche nach dem<br />
makellosen Shot – heute hinter der Linse.<br />
Im <strong>Sommer</strong> 2022 schlug er die einzigartige Fotoreportage<br />
zur Überquerung der Mischabelkette in<br />
24 Stunden vor. So entstand The Dom Expedition.<br />
Texte: Michelle Bumann & Mattia Storni<br />
Fotos: Frederik Kalbermatten<br />
Wie bist du auf die Idee gekommen, die Mischabelkette zu<br />
überqueren und daraus eine Fotoreportage zu erstellen?<br />
Hattest du dieses Vorhaben schon lange im Kopf?<br />
Ich wollte diese Tour schon immer machen und hatte sie auch schon<br />
einige Mal geplant. Leider hat es sich mit dem Wetter und der Gruppe<br />
nie ergeben. Der Dom ist mit 4'545 m der höchste Berg ganz auf<br />
Schweizer Boden. Er wird meiner Meinung nach etwas unterbewertet<br />
und wurde auch noch nie richtig gut dokumentiert. Die Traverse des<br />
Berges ist gewissermassen ein Wahrzeichen von Saas-Fee, welche<br />
von fast jedem Standort im Dorf wie auch im Tal zu bewundern ist.<br />
Was wird dir bei dieser abenteuerlichen Expedition am<br />
meisten in Erinnerung bleiben?<br />
Den Sonnenaufgang vom Gipfel des Täschhorns aus zu beobachten.<br />
Wir verliessen das Mischabel-Biwak um 3.20 Uhr morgens im Dunkeln<br />
und waren auf dem Gipfel, noch bevor die Sonne aufging. In jeder<br />
Sekunde veränderten sich die Farben am Himmel. Es war wie Magie!<br />
Selbst die Erdkrümmung konnten wir erkennen.<br />
Auf welche Schwierigkeiten seid ihr bei der Mischabelüberquerung<br />
gestossen?<br />
Die Herausforderung bestand darin, ein passendes Wetterfenster zu<br />
finden. Nicht nur für mich, sondern auch für die beteiligten Bergführer,<br />
die nur begrenzt verfügbar sind. Ich fühlte mich gut vorbereitet,<br />
aber auf dieser Tour verbrachte ich viele Stunden über 4’000 Meter<br />
über dem Meeresspiegel und in den tieferen Lagen des Oxygens. Für<br />
mich war die grösste Herausforderung nicht nur der Aufstieg, sondern<br />
auch das Fotografieren. Bei einer Tour wie dieser ist Vorsicht geboten.<br />
Ich hatte eine schwere Kameraausrüstung zu tragen und musste<br />
die meisten Aufnahmen spontan planen und schnell überlegen, wie<br />
die Leute auf der Strecke stehen würden. Wir mussten uns ständig<br />
vorwärtsbewegen und konnten nicht anhalten und einen Fototermin<br />
einrichten. Ich konnte die «Models» auch nicht darum bitten, zurückzulaufen<br />
und denselben Abschnitt nochmals zu klettern. Wir waren<br />
15 Stunden lang ständig in Bewegung. Das Multitasking war für mich<br />
also eine Menge Arbeit.<br />
Wie hat sich das Zwischenmenschliche in der Gruppe während<br />
und nach der Expedition verändert?<br />
Es ist ja nicht so, dass diese Leute vor der Reise Fremde waren. Stephanie,<br />
Samuel und ich sind in Saas-Fee aufgewachsen und kennen<br />
uns schon einige Jahre. Ich denke, wir sind sogar Cousins dritten<br />
oder vierten Grades. Ich würde eine solche Tour nie mit Menschen<br />
begehen, die ich nicht schon kenne und denen ich nicht vertraue. Der<br />
Bergführer Samuel war grossartig, ruhig und geduldig. Diese Tour hat<br />
mein Vertrauen in dieses Team bestätigt und ich würde auf jeden Fall<br />
wieder eine grosse Expedition mit ihm unternehmen. Die Mischabelüberschreitung<br />
war ein unvergessliches Erlebnis, das man wahrscheinlich<br />
nur einmal im Leben hat. Wenn ich jetzt im Coffeshop<br />
Summit auf einen Kaffee vorbeikomme und Stephanie sehe, wird mir<br />
aufgrund des gemeinsamen Abenteuers noch ein bisschen wärmer<br />
ums Herz.<br />
Welcher der erklommenen Berge hat dich am meisten beeindruckt?<br />
Auf jeden Fall der Aufstieg zum Dom. Vom Dorf aus sieht dieser gar<br />
nicht so hoch aus. Aber wenn man erst einmal am Berg steht, ist er an<br />
sich riesig. Allein auf der Strecke vom Domjoch bis zum Gipfel gehen<br />
300 Meter senkrecht nach oben. In der Mitte der Strecke gab es zwei<br />
kleine Abschnitte, bei welchen die Felswand jeweils leicht überhängt<br />
und es direkt unter dir 2'000 Meter senkrecht nach unten geht. Technisch<br />
ist die Kletterei nicht schwierig. Wir waren selbstverständlich<br />
angeseilt, es ist aber trotzdem besser, sich auf den Aufstieg zu konzentrieren,<br />
als nach unten zu schauen.<br />
Verrätst du uns dein nächstes Abenteuer?<br />
Die einzigen 4’000er, die ich in der Umgebung des Saastals noch<br />
nicht bestiegen habe, sind das Stecknadelhorn, Hohberghorn und<br />
Dürrenhorn - die Nadelgratüberschreitung. Diese würde ich gerne<br />
noch machen, um meine Bucket List der lokalen Berge zu vervollständigen.<br />
Ich würde auch gerne die Rimpfischhorn Nordgrat-Überschreitung<br />
im <strong>Sommer</strong> erleben. Wenn man das Rimpfischhorn betrachtet,<br />
sieht man eine Reihe von Felsen, die aus dem Berg herausragen. Ich<br />
habe den Berg bisher nur im Winter mit einem Splitboard entdeckt<br />
und damit den Felsen umrundet. Aber im <strong>Sommer</strong> besteigt man jeden<br />
Einzelnen dieser Felsen.<br />
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