PDF anzeigen - Beirat für Geschichte
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als überzeugter Neupreuße. In seinen Jugenderinnerungen aus<br />
dem Jahre 1922 berichtete er:<br />
„Bie unsen neienLandesherrn, S[eine]r Majestät von Preußen<br />
stellen wie uns goot geraden Jungs in sien bunten Rock. Wat<br />
förschöneRock harm se trechtför uns Kerls, datt wenn man<br />
de verschedensten mol tosomen seh, loben kunn, se keem ut'n<br />
Blomenverlosung. De gröttsten schönen Gardisten folln am<br />
meisten in de Oogen mit de schönenGardelitzen, Feilerbusch,<br />
Stahlhelms mit de Rabatten opp de Ulanenuniform und watt<br />
dat süns noch geew. Sehn wie denn de Atellerie mit ehr groten<br />
Kannonen oder hörnse donnern von Scheetöbungvt dat Lockstedter<br />
Loger, so weern wie in Stillen lang keen Bangbüxen vor<br />
Franzosen oder Russen und vor England erst rech nie, denn<br />
wenn uns Mariner uns wat vertelln, lach uns dat Hartin Liew.<br />
Schönweert denn nujabald intosehn müssen, datt uns datt nu<br />
rech nett gähn warm kunn. Uns Jungs, de Soldat west weern,<br />
harm in ehr Jahren 2 — 3, wo se to Huus leicht so'n Art Resjohrn<br />
wiest harm, so'n beeten Mores lehrt, weern wat mehr<br />
Mensch worrn.<br />
Ock in der Gemeen kreeg datt 'n anndern Schick. Wie kreegen<br />
Gemeenvörstehers,müssen aber ock fix Stüern betahln, konn<br />
uns aber ut'n Gröwstensölm einschätzen, harm also nich so'n<br />
Stüerknieper op'nSteertasnu.<br />
Weller ober wolln se uns Datschen op de Näs speeln. Hett'n<br />
Leser wohldumolssingenhört:,Datrat inseinKabinette (nämlich<br />
denKönigsien) eins Morgens Benidette' u.s.w. — von wegenPrinz<br />
von Hohenzollern op denspanschen Königsthron —<br />
hett von den König sien kräftige Antwort singen hört:Meinetwegen<br />
mögendie Spanjalm sich da einen Königholen, meinetwegen<br />
aus dem Pfefferland!' Domit weer dat Kalv aber in<br />
de Oogen slan un Krieg mit'n Franzosen güng los 1870. Versteiht<br />
sick, dat geew uns in jedes Huus all weller 'n grooten<br />
Schreck in de Knaken: Mobil moken dörchSoldaten inropen,<br />
Peer stelln,Kriegsfohrnu.s.w. reegunshöllschopp."<br />
Die preußische Annexion und die bald folgende Reichsgründung<br />
brachten eine fast völlige Umstellung des politischen Lebens.<br />
Die alten administrativen Strukturen, die sich — nicht<br />
nur indenEibmarschen, sondernindenganzen Herzogtümern<br />
— jahrhundertelanginbemerkenswerter Buntheit herausgebildet<br />
hatten, wurden grundlegend verändert. S.Wieckhorst bemerkte<br />
schon die zunächst unangenehmste Seite der preußischen<br />
Herrschaft: die allgemeine Wehrpflicht mit dreijähriger<br />
Dienstzeit. Die Steuern wurden reformiert, Verwaltung und<br />
Justiz entgültig getrennt, das Münzwesen umgestellt, Landgemeinden<br />
und Kreise geschaffen. Mit der Gründung des Reiches,<br />
die in Schleswig-Holstein allgemein als Durchbruch der<br />
Akzeptanz der Preußenherrschaft identifiziert wird und die<br />
„träge Verdrießlichkeit" (Th.Mommsen) langsam hin zu einer<br />
Bejahung der neuen Staatszugehörigkeitveränderte, traten zu<br />
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