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PDF anzeigen - Beirat für Geschichte

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22 Ebda. 5.102-103<br />

23 H.J.Puhle, AgrarischeInteressenpolitik<br />

und preußischer Konservatismus<br />

im wilhelminischenReich (1893-1914),<br />

Hannover 1965.<br />

24 S.Schacht, Geltung und Einfluß<br />

des Interessenverbandes des „Bund<br />

der Landwirte" (BdL) imKreis Steinburg<br />

am Ende des 19.Jhdts., in: AfA,<br />

10 (1988), 5.61-77.<br />

treide und die Einführung der reinen Goldwährung. Dahingehende<br />

Wünsche wurden von der Regierung unter dem Reichskanzler<br />

Caprivi nicht beachtet, und die Unzufriedenheitnahm<br />

unter diesen konservativen Großgrundbesitzern immer mehr<br />

zu. Da brachte Ende des Jahres 1892 die ,Landwirtschaftliche<br />

Thierzucht' einen sehr geharnischten Artikel gegen unsere<br />

Staatsregierung aus der Feder eines Herrn Ruprecht. Dieser<br />

Artikel forderte alle Landwirte auf, sich eng zur Vertretung<br />

ihrer Interessen zusammenzuschließen. Es war eigenthümlich,<br />

wie diese Worte zündeten, und als Folge davonfand im Januar<br />

1893 in Berlin eine große Versammlung statt: die sogenannte<br />

,Tivoli-Versammlung' besucht von vielen Tausenden Landwirten.<br />

Hier wurde ein Verein gegründet unter dem Namen ,Bund<br />

der Landwirte. Die Agitation wurde energisch in die Hand<br />

genommen, in alle Provinzen, in alle Kreise undalle Gemeinden<br />

getragen. Wenn die Nachrichten der Parteipresse richtig<br />

sind, so gehörenzur Zeit 200 000 Mitglieder dem Bunde an.<br />

Ich selbst habe mich noch nicht entschließen können,Mitglied<br />

dieses Bundes zu werden. Wohl habe ich Sympathien da<strong>für</strong>,<br />

daß sich alle Landwirte zur richtigen Vertretung ihres Standes<br />

zusammentun, aber mir will die Art und Weise, wie solches<br />

von der Bundesleitung in Berlin aus geschieht, nicht zusagen.<br />

Weder der Ton inder Presseund aus ihren Versammlungen heraus,<br />

noch in ihren Forderungen an die Regierung. Ich willhier<br />

keine politische Abhandlung halten, und ich verzichte deshalb<br />

darauf, indieDetailseinzugehen.'*11<br />

Der BdL, ein Interessenverband vornehmlich der ostelbischen<br />

Großgrundbesitzer 23, stellt einen Reflex auf die „neue" Form<br />

parlamentarischer Repräsentanzdar; sie sollteEinfluß nehmen<br />

und Parlaments- bzw. Regierungsentscheidungen verändern,<br />

also eine ganz neue Form der Mitsprache praktizieren. Zu erkennenist,<br />

daß dieseFormlandwirtschaftlicher Interessenpolitik<br />

Aufmerksamkeit indenEibmarschen erregte — aber wie H.<br />

Wieckhorst fühlte sich kaum einer der Mittelbauern dieses<br />

Gebietes bemüßigt, demBdLbeizutreten 24.<br />

Es ist klar, daß einerseits direkte Marktproduktionimmer stärker<br />

denBlick <strong>für</strong> dieProbleme desMarktes schärfte; so werden<br />

von H. Wieckhorst Preisschwankungen zugunsten der Produzenten,<br />

dieauf seiten der Konsumentenzu erheblicher Unruhe<br />

führten (z.B. 1899: Anstieg der Fleischpreise), ausführlich<br />

kommentiert.Deutlicher wird auch,daß Wieckhorst — wie viele<br />

seiner Berufskollegen — davonausging, einen Anspruch auf<br />

reichliche Vergütung „seiner Arbeit" (die ja weitestgehend die<br />

der lohnabhängigbeiihm Beschäftigten war) zuhaben:<br />

„Doch was kümmert das denFreisinn oder die Sozialdemokratie,<br />

ob der Bauer zu seiner Rechnung kommt oder nicht:<br />

,Laß den zappeln,er mag wieder zu seinemLeinenkittel und zu<br />

seinen Holzschuhen zurückkehren, was glaubt ein Bauer auch<br />

Anspruch aufmäßiges Auskommen und anständigeLebensart<br />

zu haben? — DieHauptsache, daß Handelund Wandelfloriert<br />

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