Springer Schlössl - Ein Haus mit Geschichte
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<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong><br />
<strong>Ein</strong> <strong>Haus</strong> <strong>mit</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
1
2
Danke!<br />
Diese Broschüre basiert über weite Strecken auf der Publikation „Die <strong>Springer</strong>-Villa. Erbauer und<br />
Bewohner“ von Dr. Günther Berger, herausgegeben vom Meidlinger Kulturverein im Jahr 1992.<br />
Diese Textteile sind entsprechend gekennzeichnet ( Günther Berger ). Großes Danke für die fundierte<br />
Recherche und umfangreiche geschichtliche Abhandlung, die die Historie des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
vollumfänglich dokumentiert.<br />
Die Broschüre 1992 wurde <strong>mit</strong> Unterstützung des Karl von Vogelsang-Instituts sowie der Politischen<br />
Akademie erstellt. Darin sind die Anregungen und Informationen der damaligen Leiterin des<br />
Bezirksmuseums Meidling, Frau Dr. Vladimira Boußka, eingeflossen - ihr gebührt Dank für ihre<br />
Unterstützung und die Erlaubnis zur <strong>Ein</strong>sichtnahme in handschriftliche Notizen unbekannter Provenienzen<br />
über die Vorbesitzer des Areals Tivoligasse 73 und deren <strong>Geschichte</strong> samt den Besuchern des <strong>Springer</strong><br />
<strong>Schlössl</strong>s.<br />
Danke für die ergänzenden Beiträge in dieser Auflage an Prof. Brigitte Mang (Beitrag über den Park),<br />
Regina Freimüller-Söllinger (über die Architektur) und Bettina Rausch (über die Entwicklung der<br />
Politischen Akademie).<br />
Besuch der Nachfahren der Familie <strong>Springer</strong><br />
im <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> im Juni 2023<br />
Diese Broschüre wurde zu einem besonderen Anlass aufgelegt und adaptiert: Im Juni 2023 sind die<br />
Nachfahren der Familie <strong>Springer</strong> – Renate Goldschmidt Propper und Felipe Propper – aus New York<br />
angereist, um das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> als Ort von Kindheitserinnerungen wieder zu besuchen und die<br />
Erinnerung an die wechselvolle <strong>Geschichte</strong> des <strong>Haus</strong>es aufrecht zu erhalten.<br />
Danke an Renate<br />
Goldschmidt Propper und<br />
Felipe Propper<br />
für die historischen<br />
Fotos!<br />
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Impressum<br />
Herausgegeben von:<br />
Politische Akademie der Volkspartei · Tivoligasse 73 · 1120 Wien<br />
2023<br />
Auf Basis der Publikation „Die <strong>Springer</strong>-Villa. Erbauer und Bewohner“<br />
von Dr. Günther Berger, Meidlinger Kulturverein<br />
1992<br />
Diese Broschüre entstand unter Mitarbeit von (in alphabetischer Reihenfolge):<br />
Regina Freimüller-Söllinger, Renate Goldschmidt Propper, Brigitte Mang, Georg Mantler (Gestaltung),<br />
Felix Ofner, Sebastian Pokorny, Bettina Rausch, Prof. Johannes Schönner<br />
Fotos<br />
Archiv Politische Akademie, Archiv Karl von Vogelsang Institut, Renate Goldschmidt Propper, Felipe<br />
Propper, Meidlinger Kulturverein<br />
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5
Anfang 19. Jhd.<br />
Der Oberst-Gartennbaumeister des Schönbrunner Schlossparks,<br />
Carl Freiherr von Huegel, kommt in den Besitz des Areals.<br />
~ 1880<br />
Die Liegenschaft der heutigen Tivoligasse 73 kommt in das Eigentum<br />
der Wiener Industriellenfamilie <strong>Springer</strong>.<br />
1887<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> begründet als Bauherr die Villa. Die engagierten<br />
Architekten: Das renommierte Duo Fellner & Helmer.<br />
1890<br />
Vergrößert Baron <strong>Springer</strong> seinen Park. Später kauft er noch den letzten<br />
Teil des Gatterhölzls dazu. Er besitzt nun 99.521 m².<br />
1920<br />
Nach dem Tod von Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> wurde seine<br />
Tochter Marie Freiin von Fould-<strong>Springer</strong> (Maria Cäcilia <strong>Springer</strong>)<br />
Eigentümerin. Sie lässt von den Architekten Frass die Südfassade<br />
des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s umgestalten.<br />
1938<br />
Die Liegenschaft wird von den Nationalsozialisten als jüdisches<br />
Eigentum beschlagnahmt und in eine Gauführerschule der NSDAP<br />
(Schulung politischer Funktionäre) umgewandelt.<br />
1945<br />
Gegen Ende des 2. Weltkriegs kam die Gauschule auf eine Liste<br />
jener Objekte, welche von den Alliierten <strong>mit</strong> Bomben belegt<br />
werden sollten in den letzten Kriegsmonaten bekam der Park<br />
einen „Bombenteppich“ ab. 22 Bomben landeten vor der Villa, das<br />
Hauptgebäude selbst wurde nicht getroffen, aber die Fenster und<br />
Türstöcke wurden unbrauchbar; 1945 von den Russen geplündert.<br />
1947<br />
Das gesamte <strong>Haus</strong> muss renoviert<br />
und restauriert werden, doch die<br />
Baustoffe sind knapp und für Privatpersonen<br />
kaum erschwinglich, so<br />
entschließt sich Marie Wooster-<br />
<strong>Springer</strong> (Maria Cäcilia <strong>Springer</strong>)<br />
(die ihren Besitz zurückbekommen<br />
hat), das <strong>Haus</strong> einer öffentlichen<br />
Nutzung zuzuführen. Die Organisation<br />
„Erziehungsheim“ richtet<br />
Quartiere für Studenten ein; die<br />
Villa kann instandgesetzt und die<br />
Bombenkrater im Garten geschlossen<br />
werden.<br />
1953<br />
Der Verein ,,Wiener Volksheime“<br />
kauft von Maria Cäcilia <strong>Springer</strong><br />
das Areal <strong>mit</strong> der Auflage, die Villa<br />
und Naturdenkmäler zu erhalten<br />
in der Villa entsteht ein Schulungsheim.<br />
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<strong>Ein</strong> Streifzug durch die<br />
<strong>Geschichte</strong> des<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
2018 / 19<br />
2005<br />
<strong>Ein</strong>er der Seminarräume wird nach Österreichs<br />
erster Ministerin, Grete Rehor,<br />
benannt. Und die zentrale Halle wurde<br />
dem zukunftsweisenden Europäer, Vizekanzler<br />
und Parteiobmann Alois Mock<br />
gewidmet.<br />
Das in den 1970er Jahren errichtete<br />
benachbarte Hotelgebäude wird<br />
saniert.<br />
2022<br />
Das 50-jährige Bestehen der 1972<br />
gegründeten Politischen Akademie<br />
wird <strong>mit</strong> einem Campusfest<br />
gebührend gefeiert.<br />
1990er<br />
Das Fachwerkhaus, ehem. Wirtschaftsgebäude,<br />
wird umfassend saniert.<br />
1975<br />
Die Politische Akademie der Volkspartei wird<br />
1/3-Eigentümerin der Liegenschaft – und hat<br />
heute alleiniges Nutzungsrecht.<br />
1955<br />
Grundsteinlegung für die heutige Kirche<br />
Gatterhölzl und die Julius Raab-Wohnhaussiedlung<br />
auf Teilen des Areals.<br />
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Luftaufnahme aus 1960<br />
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Günther Berger<br />
Die Lage<br />
Obzwar der 1853 auf dem Grundstück<br />
(Grünbergstraße 1) des damaligen Amtsvorstehers<br />
von Ober-Meidling, Franz Scharl, gefundene<br />
Altarstein aus St. Margaretner Sandstein des<br />
Centurio der XIII. Legion, Titus Vettius Rufus<br />
(von dem sich ein Abguß im 1923 gegründeten<br />
Bezirksmuseum Meidling befindet) römische<br />
Besucher beweist, begann man die Rodung<br />
des Urwalds rings um Wien erst zur Zeit der<br />
Babenberger. Südlich der schon 1311 urkundlich<br />
erwähnten K(h)attermühle blieb aber ein sich<br />
noch im 16. Jahrhundert bis nach Matzleinsdorf<br />
erstreckender Waldbestand übrig. Dieses<br />
Gatterhölzl war nicht nur Aufenthaltsort solch<br />
lichtscheuer Elemente, wie des berüchtigten<br />
Waldteufels Hans Aufschring (am 24.1.1371 am<br />
Hohen Markt exekutiert), sondern auch von<br />
Holzsammlern und einem <strong>Ein</strong>siedler.<br />
1683 lagerte hier der sich zum Christentum<br />
bekennende Fürst Serban II Cantucuzenos<br />
<strong>mit</strong> seinen Moldauern und Walachen, die für<br />
das osmanische Belagerungsheer Wege und<br />
Brücken anlegen und <strong>mit</strong> Stämmen aus dem<br />
Gatterhölzl die Laufgräben vor der Bastion<br />
Wiens schützen mussten. Um sein Gewissen zu<br />
beruhigen, ließ der Hospodar der Walachei ein<br />
griechisches Eichenholzkreuz <strong>mit</strong> einem Bildnis<br />
der hl. Jungfrau von Kandia sowie griechischen<br />
Buchstaben und lateinischer Inschrift aufstellen,<br />
das nach Abzug der Türken vergraben und<br />
1684 wieder dort errichtet wurde, bis es 1785<br />
verschwand. Die später erbaute Kapelle wurde<br />
1868 sowie 1923 renoviert und 1929 um 180<br />
gedreht in der Siedlung „am Tivoli“ aufgestellt.<br />
war der Waldgürtel um Wien reich an Rotwild,<br />
Bären, Wölfen, Wildkatzen und anderen Tieren.<br />
Obwohl die Kaisergattin Maria Theresia (1717-<br />
1780) den Meidlingern vertraglich erlaubte, die<br />
Waldung abzustocken, blieb das Gatterhölzl<br />
nicht ungefährlich. Kaiser Josef II. (1741-1790) soll<br />
bei einem begleitungslosen Lokalaugenschein<br />
von zwei verwahrlosten Gesellen immer tiefer<br />
in das Dickicht geführt worden sein. Erst als<br />
er sich zu erkennen gab und bekannte, nie<br />
Geld bei sich zu haben, geleitete ihn einer<br />
der beiden Wegelagerer zur Straße zurück,<br />
verzichtete allerdings darauf, sich am nächsten<br />
Tag die Belohnung für die Führung im Schloss<br />
Schönbrunn zu holen.<br />
Kaiser Josef II. soll übrigens auch das Försterhaus<br />
(später „Häuserl am Roan“, Tivoligasse 52,<br />
1902 demoliert) <strong>mit</strong> seiner Anwesenheit<br />
ausgezeichnet haben. Ab der zweiten Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts entstanden um den kaiserlichen<br />
Park von Schönbrunn eine Reihe von feudalen<br />
Landhäusern, wie beispielsweise die Villa<br />
Xaipe oder das Anwesen der Nachfahren des<br />
Forstmeisters und Schönbrunner Parkverwalters<br />
Maria Theresias, Freiherr von Huegel. Um das<br />
Jahr 1790 ließ der k.k. Regierungsrat Josef Freiherr<br />
Hagenmüller zu Grünberg einige Landhäuser<br />
errichten und am 5. September 1830 eröffneten<br />
die beiden Berliner Gericke und Wagner die<br />
mondäne Vergnügungsstätte Tivoli. In der<br />
Grünbergstraße 14-16 wohnte die ehemalige<br />
Hofdame Kaiserin Elisabeths, Ida von Ferenczy<br />
(1839-1928). Vom 5. November 1910 bis 13. Mai<br />
1911 hatte Egon Schiele sein Atelier im <strong>Haus</strong>e<br />
Grünbergstraße 31, ihm folgte Ludwig Heinrich<br />
Jungnickel.<br />
Kaiser Leopold I. (1640-1705) ließ auf der Höhe der<br />
späteren, 1775 fertiggestellten Gloriette zwischen<br />
Hetzendorf und Meidling eine Hasenremise<br />
anlegen. Noch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
9
Günther Berger<br />
Der Bauherr<br />
1828 soll der k.k. wirkliche<br />
Hofrat Freiherr von Löhr<br />
den Huegelschen Besitz<br />
östlich vom Schönbrunner<br />
Schlosspark besessen<br />
haben, später sollen<br />
Graf Coucquoi und vielleicht einer der<br />
Fürsten Esterhazy Grundeigentümer gewesen<br />
sein. Dieselbe handschriftliche Notiz eines<br />
unbekannten Autors im Bezirksmuseum Meidling<br />
erwähnt auch den Geschäftsmann, Journalisten<br />
und Politiker August Zang als Besitzer des<br />
Anwesens, das von Thomas Ender aquarelliert<br />
wurde.<br />
Sicher ist jedenfalls, dass 1886 Gustav Freiherr<br />
von <strong>Springer</strong> (1847-1920) diese Liegenschaft<br />
„Spittelbreiten“ erwarb und möglicherweise<br />
durch Karl Freiherr von Hasenauer, dem<br />
Erbauer des Burgtheaters adaptieren ließ oder<br />
wenigstens umzubauen beabsichtigte.<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> war der jüngste<br />
der drei Söhne Max <strong>Springer</strong>s (1807-1885), der<br />
aus Bayern nach Wien gekommen war und<br />
wie Salomon Mayer-Rothschild ein Bankhaus<br />
gegründet hatte. Max <strong>Springer</strong> beteiligte sich<br />
aber auch am Bau der Semmering-Bahn, der<br />
Pressburger-Bahn, der Anglo-Österreichischen-<br />
Bank, an den Kohlebergwerken in Jaworzno,<br />
an einer Prozellanfabrik in Elbogen und ließ<br />
von Fellner und Helmer die erste Spiritusfabrik<br />
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(in Rudolfsheim, heutige Ölweingasse)<br />
bauen. Für seine großzügigen finanziellen<br />
Unterstützungsaktionen des österreichischen<br />
Staates wurde Max <strong>Springer</strong> geadelt.<br />
Sein Palais am Kärtner Ring 14 wurde zum<br />
glanzvollen Treffpunkt der Wiener Gesellschaft.<br />
Er verwendete sein Vermögen auch für<br />
Kunstförderungen sowie zur Unterstützung<br />
armer Familien und ließ - wieder von Fellner und<br />
Helmer - ein Waisenhaus errichten. Max von<br />
<strong>Springer</strong> war Herrenhaus<strong>mit</strong>glied und Ritter der<br />
französischen Ehrenlegion. Nach seinem Tod<br />
errichteten die drei Söhne Alfred, Hermann und<br />
Gustav zu seinem Andenken eine Stiftung, die<br />
jährlich fünfundzwanzig Bedürftigen zugutekam.<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> führte die väterliche<br />
Bank weiter, verfügte insbesondere in Ungarn<br />
über ausgedehnten Grundbesitz und hatte einen<br />
Pferderennstall bei Budapest bzw. gründete den<br />
von seiner Tochter später als „Gestüt Lesvar“<br />
bis 1944 geführten Stall bei Raab. Er war <strong>mit</strong><br />
Helene Gräfin Königswarter verheiratet. Nach<br />
vierzehnjähriger kinderloser Ehe wurde am<br />
23. Mai 1886 in Paris die nur 1,6 kg zarte Marie<br />
geboren. <strong>Ein</strong>e Woche später starb jedoch die<br />
Mutter und um seine kleine Tochter nicht in der<br />
grünflächenarmen Innenstadt Wiens aufwachsen<br />
zu lassen, kaufte Freiherr von <strong>Springer</strong> das<br />
Meidlinger Grundstück, auf dem wenig später<br />
das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> errichtet werden sollte.<br />
Mehr zur Familie <strong>Springer</strong> <strong>mit</strong> Stammbaum auf<br />
Seite 38-39 dieser Broschüre.<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong><br />
<strong>mit</strong> seiner Tochter Maria Cäcilia<br />
<strong>Springer</strong> („Mitzi“) zu ihrem 16.<br />
Geburtstag <strong>mit</strong> Verwandten, Angestellten<br />
und Freunden.<br />
11
Günther Berger<br />
Die Architekten<br />
Ferdinand Fellner (1847-1916) und<br />
Hermann Helmer (1849-1919)<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> wurde um 1887<br />
von den berühmten Wiener<br />
Theaterarchitekten Fellner und Helmer<br />
errichtet<br />
Architekturbüro auf Bau von Theatern<br />
spezialisiert ca. 50 Theater in ganz<br />
Europa, z.B. Volkstheater Wien, Komische<br />
Oper Berlin, Deutsches Schauspielhaus<br />
in Hamburg, Volkstheater Budapest,<br />
Opernhaus Zürich, Ronacher, Wiener<br />
Konzerthaus, etc.<br />
Bauten auch einige Kaufhäuser, Banken,<br />
Hotels, Palais, Landschlösser sowie<br />
Landhäuser und Villen<br />
Trotz vieler Kriege und Brände sind fast<br />
alle Theater heute noch in Betrieb und<br />
dienen dem kulturellen Leben in vielen<br />
Städten Europas.<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> wählte die<br />
Architekten Ferdinand Fellner und Hermann<br />
Gottlieb Helmer, die für ihn bereits 1882<br />
ein viergeschoßiges Wohnpalais <strong>mit</strong><br />
barockisierendem Dekor in der Sehwindgasse<br />
6 erbaut hatten, zur Errichtung seiner Meidlinger<br />
Villa. Dieses Gebäude im altdeutschen Stil<br />
ist übrigens nicht das einzige Bauwerk des<br />
Architektenteams in Meidling, es errichtete später<br />
auch das kleine barockisierende Gartenschlössl<br />
im Hof des <strong>Haus</strong>es Tivoligasse 38 sowie die<br />
damalige Seifen- und Parfümeriefabrik Taussig in<br />
Gaudenzdorf.<br />
Das in seinem vollen Umfang noch gar nicht<br />
erforschte Werk der Architekten Fellner und<br />
Helmer umfasst Palais- und Schlossbauten, Villen,<br />
Privathotels, Banken, Spitäler, Warenhäuser,<br />
Fabriken, Mausoleen und an die hundert<br />
Mietshäuser. Ihre eigentliche Domäne jedoch<br />
war der Theaterbau. Sie bauten mehr Theater als<br />
die ihnen vergleichbaren Spezialarchitekturbüros<br />
Dülfer, Heilmann und Littmann, Kaufmann, Moritz<br />
sowie Seeling und Sehring zusammengerechnet.<br />
Von den Voraussetzungen Ferdinand Fellner<br />
des Älteren ausgehend, entwickelten Ferdinand<br />
Fellner und Hermann Gottlieb Helmer den<br />
lokalen Gegebenheiten angepasste sowohl<br />
akustisch-optisch als auch sicherheitstechnisch<br />
vorbildliche, ökonomische Theaterbauten.<br />
Die Gesamtbausumme ihrer 53 Theater und<br />
Varietes dürfte 40 Millionen Kronen betragen<br />
haben - etwas mehr als die Kosten für die Pariser<br />
Oper, den monumentalsten Theaterbau des 19.<br />
Jahrhunderts.<br />
Aus dem 1873 gegründeten Atelier Fellner<br />
und Helmer, das zeitweilig mehr als zwanzig<br />
Angestellte hatte, gingen über 360 Architekten<br />
hervor - die bekanntesten davon sind Franz<br />
12
Freiherr von Krauß, Joseph Tölk und Ernst<br />
von Gotthilf-Miskolczy - diese angestellten<br />
akademischen Entwurfsarchitekten signierten<br />
die Pläne nicht und schienen nicht in den<br />
Bauakten auf. Da Fellner und Helmer stets<br />
gemeinsam als Architekten auftraten ist eine<br />
eindeutige Zuordnung äußerst schwierig: der<br />
echte Wiener Fellner <strong>mit</strong> manchmal drastischer<br />
aber nie verletzender Ausdrucksweise<br />
und stets fröhlich soll den österreichischen<br />
Barockstil und das Rokoko geschätzt haben, der<br />
ernste Norddeutsche Helmer hingegen den<br />
Klassizismus.<br />
Generell lässt sich vielleicht eine Tendenz von<br />
Stil- und Dekormotiven der Hochrenaissance und<br />
des Manierismus zu einem üppigen Neobarock<br />
feststellen. Durch die ebenfalls im Atelier tätigen<br />
Söhne Ferry Fellner und Hermann Helmer jr.<br />
tauchten nach 1900 auch Charakteristika des<br />
westeuropäischen Jugendstils bei manchen<br />
Bauwerken auf. Hermann Helmer jr. spezialisierte<br />
sich auf die Innenausstattung und Möblierung<br />
der Hotelbauten.<br />
Während Ferdinand Fellner aus einer<br />
alteingesessenen Wiener Familie stammt<br />
und seit frühester Jugend <strong>mit</strong> dem Baufach<br />
konfrontiert war, durch den Großvater,<br />
einen Hofzimmermeister, den Vater, der als<br />
Theaterarchitekt brillierte sowie die Onkel<br />
Jacques Fellner (Hofzimmermeister) und Eduard<br />
<strong>Haus</strong>er (Hofsteinmetzmeister), war Hermann<br />
Gottlieb Helmers Begeisterung für Architektur<br />
nicht familiär geprägt. In Wien, wo Helmer nach<br />
Ablegung des Bürgereides vor dem Magistrat<br />
am 25. November 1875 in den österreichischen<br />
Untertanenverband aufgenommen wurde,<br />
fand sich dann in der Tätigkeit von Ferdinand<br />
Fellner sen. das Fundament für die so erfolgreich<br />
werdende Arbeit des Architektenteams<br />
Ferdinand Fellner jr. und Hermann Gottlieb Helmer.<br />
Ferdinand Fellner<br />
wurde am 19. April 1847 in der Roßau als erstes<br />
von zehn Kindern geboren. Nach Abschluss der<br />
Realschule dürfte Ferdinand Fellner kurz an der<br />
Technischen Hochschule Architektur zu studieren<br />
begonnen haben, ehe er ab 1866 seinem schwer<br />
herzkranken Vater im Atelier helfen musste. Seine<br />
erste selbständige Arbeit war unter väterlicher<br />
Aufsicht entstandene Interimstheater Brünn, das<br />
1870 innerhalb eines Vierteljahres nach Vorbild<br />
des Wiener Kai oder Treumanntheaters gebaut<br />
wurde. Danach begann er die väterlichen<br />
Aufträge für das Terneschburger Theater- und<br />
Redoutengebäude (1870-1875, nach Brand<br />
1881/82 Neubau Fellners, 1919 Brand) und für<br />
das Wiener Stadttheater (später Ronacher) zu<br />
realisieren. Im Juli 1871 heiratete Ferdinand Fellner<br />
jr. die Hofbäckerstochter Katharina Plank, die ihm<br />
1870 den Sohn Ferdinand (Ferry) und 1873 die<br />
Tochter Melanie schenkte.<br />
Im Frühjahr 1873 schloss sich Fellner <strong>mit</strong><br />
dem deutschen Architekten Hermann<br />
Gottlieb Helmer zu einer gleichberechtigten<br />
Geschäftspartnerschaft zusammen. Im selben<br />
Jahr trat Fellner auch dem Österreichischen<br />
Ingenieur- und Architektenverein bei, wo er<br />
häufig Vorträge über Theaterbau hielt, die<br />
meist in der regelmäßigen Fachzeitschrift<br />
dieser Vereinigung publiziert wurden. 1874/75<br />
entstanden das Budapester Nepszinhaz und<br />
1874 das <strong>Haus</strong> Johann und Barbara Sturany<br />
(Schottenring 21), 1874/78 die kreuzförmige,<br />
überkuppelte, Wahn- und Forschungsräume<br />
vereinende Sternwarte in Währing und die<br />
Stadtpark-, Sprudel- und Konzertsaalkolonnade<br />
samt Kaiserbad in Karlsbad.<br />
Am 27. Oktober 1875 er hielt Ferdinand Fellner<br />
das Ritterkreuz des Kaiser-Franz-Joseph -Ordens.<br />
1875 entstand die Neorenaissancefassade des<br />
13
aus dem 18. Jahrhundert stammenden <strong>Haus</strong>es<br />
Landstraßer Hauptstraße 46.<br />
1875/76 wurde das Thonethaus Rotenturmstraße<br />
1-3 gebaut. 1876/77 entstand die Erweiterung des<br />
Augsburger Stadttheaters. 1879 wirkte Fellner <strong>mit</strong><br />
Helmer und Anton Kranes beim Hauptgebäude<br />
des Technologischen Gewerbemuseums<br />
von Karl Tietz <strong>mit</strong>. In diesem Jahr entstanden<br />
auch die Häuser Prinz Eugen Straße 40 (heute<br />
Türkische Botschaft, 1886 von Architekt Dittrich<br />
Innenumbau) und Baumgasse 5 (1910 von Paul<br />
Hoppe aufgestockt).<br />
1880 konzipierte Fellner das Wohnhaus Adlergasse<br />
4 (heute: Franz Josefs-Kai 21, 1945 zerstört), dem<br />
die Stadttheater in Brünn (1881/82), Reichenberg<br />
(1881/83), Szeged (1882/83), Fiume (1883/85)<br />
sowie das Wohn- und Geschäftshaus Währinger<br />
Straße 5-7 (1884) und das Warenhaus Thonet in<br />
der Kärntner Straße 12 (<strong>mit</strong> noch unverkleidet<br />
nach außen tretender Eisenkonstruktion, ehe dies<br />
die Bauordnung 1883 verbot) folgten. 1884-1885<br />
entstand anstelle einer Brauerei im alten Ortskern<br />
von Margareten für Amalie Freiin von Lipthay<br />
die zu einem gebogenen Alleestraßenzug<br />
geschlossene Gruppe malerischer Häuser des<br />
Margaretenhofes nach Vorbild der englischen<br />
Squares des 18./19. Jahrhunderts. 1884/86 wurde<br />
das Stadttheater Karlsbad umgebaut, dem die<br />
Häuser <strong>mit</strong> Vorgärten des Straßendurchbruches<br />
der Zeinlhofergasse (1885/86), das Stadttheater<br />
in Pressburg (1885/86), das <strong>Haus</strong> Rienößlgasse 1<br />
(1886) und das Produktionsraum, Ballsaal, Hotel,<br />
Restaurant und Café vereinende erste Variete<br />
des deutschsprachigen Raumes von Anton<br />
Ronacher (1887/88) folgten.<br />
<strong>Ein</strong> ganz persönliches Anliegen war für Ferdinand<br />
Fellner die Arbeit am Deutschen Volkstheater<br />
in Wien (1888/89), wo er in verhältnismäßig<br />
kurzer Zeit ein Bürgerko<strong>mit</strong>ee gründen konnte,<br />
das die finanziellen Mittel für den Theaterbau<br />
aufbrachte. Fellner war nicht nur Mitbauherr,<br />
sondern ab 1905 auch Präsident des Deutschen<br />
Volkstheatervereins und wurde deshalb von<br />
Josef Engelhardt 1917 in einer Büste im Foyer<br />
verewigt. Das Deutsche Volkstheater in Wien ist<br />
aber auch entwicklungsgeschichtlich interessant,<br />
da es durch größte Raumökonomie bei einem<br />
Fassungsraum von 1900 Personen nur 2180 m²<br />
überbaute Fläche aufweist und durch seine<br />
zwei (statt der sonst üblichen drei bis vier)<br />
amphitheatralischen Ränge ohne Seitensitze<br />
erstens eine raschere Erschließung und zweitens<br />
eine bessere Sicht und Akustik ermöglicht.<br />
Außerdem war es das erste Theater der Welt,<br />
das <strong>mit</strong> Thonetmöbeln aus gebogenem Holz<br />
eingerichtet wurde.<br />
1888 bis 1890 entstand das Palais Adolf Ritter<br />
von Schenks (heute Spanische Botschaft,<br />
Theresianumgasse 21). 1889 wurden das Glashaus<br />
im Garten des Palais Kranz (Argentinierstraße<br />
25-29) und das Palais Seybel (Reisnerstraße 50)<br />
errichtet. Am 20. Mai 1890 wurde Ferdinand<br />
Fellner über Vorschlag des Präsidenten des<br />
zum Neubau des Stockholmer Opernhauses<br />
gebildeten Theaterbaukonsortiums, Freiherr von<br />
Tamm, in Stockholm zum Ritter des Nordstern-<br />
Ordens ernannt. 1891 entstanden das Privathotel<br />
für Maria Schnapper Freiin von Wimsbach<br />
(später Weisweiler, Salesianergasse 3a, 1973<br />
demoliert) und das <strong>Haus</strong> Graf Starhemberg-<br />
Gasse 26. 1891/92 folgte das Metropoltheater<br />
in Berlin (Unter den Linden, Komische Oper,<br />
stark kriegsbeschädigt), 1892/93 das später<br />
erweiterte Stadttheater Salzburg, 1893/94<br />
das Somossy-Orfeum in Budapest, 1894 das<br />
Palais Albert Freiherr von Rothschild (heute<br />
Brasilianische Botschaft, Prinz Eugen-Straße<br />
26), 1894/95 die Palais für Graf Lanckoronski<br />
in Wien und Pista Graf Karoly in Budapest<br />
und 1894/96 das Nationaltheater von Jassy<br />
14
(Rumänien). 1895 entstand das <strong>Haus</strong> Wiedner<br />
Hauptstraße 46 in bei Fellner und Helmer eher<br />
seltener Anlehnung an Hochrenaissanceformen.<br />
Beim Budapester Lustspieltheater (Vigszinhaz,<br />
1895/96) verzichteten die Aktionäre aus echter<br />
Theaterbegeisterung sogar auf jegliche<br />
Dividende. 1895/96 entstand das Stadttheater<br />
Kecskemet, 1896 das Vereinshaus Linz, 1896/97<br />
das Konzerthaus Ravensburg (<strong>mit</strong> 213.000 Mark<br />
der billigste Theaterbau Fellner und Helmers),<br />
1897 das <strong>Haus</strong> Mayerhofgasse 20 und 1898/99<br />
das Stadttheater (Opernhaus) Graz. Im Jahr 1898<br />
verlor Ferdinand Fellner seine Frau Katharina,<br />
doch seine Schaffenskraft blieb ungebrochen.<br />
Es entstanden das Stadttheater Großwardein<br />
(1899/1900), das Deutsche Schauspielhaus<br />
Hamburg (1899/1900), die Stadttheater Fürth<br />
(1901/02), Thom (1903/04) und Czernowitz<br />
(1904/05), das Nationaltheater Klausenburg<br />
(1904/06) und die Stadttheater Baden (1908/09)<br />
und Teschen (1909/10).<br />
Am 7. August 1903 wurde Ferdinand Fellner zum<br />
k.k. Oberbaurat ernannt. 1904 entstand der vom<br />
Sohn Ferry geprägte Zubau zum Warenhaus<br />
Alfred Gerngroß, Mariahilfer Straße 38-40. 1909<br />
starb seine Tochter Melanie, die seit 1895 <strong>mit</strong><br />
dem Sohn des k.k. Notars und Sekretär des<br />
Markgrafen Pallavicini, Robert Reiner verheiratet<br />
war und einen Sohn Robert hatte. Zwei Jahre<br />
später verlor Fellner auch noch seinen Sohn Ferry.<br />
Dem Andenken der beiden früh verstorbenen<br />
Kinder widmete k.k. Oberbaurat Fellner drei<br />
Stiftungen: für den Sohn Ferry je eine an der<br />
Technischen Hochschule und in der von ihm und<br />
Helmer 1907 <strong>mit</strong>begründeten Zentralvereinigung<br />
der Architekten Österreichs (deren Präsident<br />
Fellner bis 1915 war und wo jährlich der beste<br />
dort gehaltene Vortrag prämiert wurde) und für<br />
die Tochter die „Melanie-Reiner Fellner-Stiftung“<br />
zugunsten der Angehörigen des Deutschen<br />
Volkstheaters Wien.<br />
1912 bis 1914 entstand in Zusammenarbeit <strong>mit</strong><br />
dem Wettbewerbssieger Oberbaurat Ludwig<br />
Baumann und <strong>mit</strong> Helmer das neoklassizistische<br />
Konzerthaus samt Hochschule für Musik und<br />
darstellende Kunst (1938/39 von A. Popp und<br />
W. Wojtek teilweise zum Akademietheater<br />
umgewandelt, 1941 und 1975 modernisiert). Am<br />
1. Jänner 1914 erhielt k.k. Oberbaurat Fellner das<br />
Komturkreuz des Kaiser-Franz-Joseph-Ordens.<br />
In seinem Testament vom 12. März 1914<br />
setzte Ferdinand Fellner seinen einzigen<br />
verwandten Erben, den Enkel Robert Reiner<br />
jr. zum Universalerben ein, „jedoch bezüglich<br />
der Hälfte des Vermögens beschränkt<br />
durch eine fideikommissarische Substitution<br />
zugunsten seiner ehelichen Kinder“ Ferry<br />
und Melanie. Außerdem vermachte er der<br />
Zentralvereinigung der Architekten Wiens drei<br />
aquarellierte Ansichten Roms seines Vaters<br />
und der Gemeinde Wien „alle auf den Theaterund<br />
Saalbau bezughabenden, im Atelier und<br />
in der Wohnung befindlichen Pläne und Bilder,<br />
soweit dieselbe Wert darauflegt.“ (Sie befinden<br />
sich im Historischen Museum der Stadt Wien).<br />
Den schon von seinem Großvater und Vater<br />
benützten Atelierschreibtisch und die darüber<br />
hängende Photographie des Vaters vermachte<br />
er dem Enkel Robert Reiner. Die gesamte<br />
übrige Ateliereinrichtung sollten die Beamten<br />
Stuck, Anderl und Weber erhalten, wobei im<br />
Falle des Verkaufs dem Enkel Robert Reiner<br />
und dem Architekten Hermann Helmer jr. das<br />
Vorkaufsrecht zustehen würde. Ausgenommen<br />
davon waren die Aquarelle „Irrenhaus“ und<br />
der von Fellners Vater anlässlich des <strong>Ein</strong>zuges<br />
Kaiser Franz Joseph I. am Praterstern errichtete<br />
„Triumphbogen“, die der Stadt Wien kostenlos<br />
überlassen werden sollten.<br />
Während der Arbeit an einer Denkschrift zum<br />
Wiederaufbau Galiziens starb k.k. Oberbaurat<br />
15
Ferdinand Fellner am 22. März 1916 in der<br />
Boltzmanngasse 6 an den Folgen eines kurz<br />
zuvor erlittenen Herzschlages und wurde in der<br />
Familiengruft am Grinzinger Friedhof begraben.<br />
Der künstlerisch-technische Nachlass verblieb<br />
zunächst in dem von Hermann Helmer<br />
und 1919 von dessen gleichnamigen Sohn<br />
weitergeführten Atelier, wurde jedoch 1920 bei<br />
Atelierauflösung aus Platzmangel vernichtet.<br />
Der Erbe Robert Reiner wurde 1939 zum letzten<br />
Mal im Wiener Adressbuch genannt, jedoch als<br />
jugoslawischer Staatsbürger. Mit Entscheidung<br />
der Banschaftsbehörde Kroatien in Agram,<br />
wurde am 18. Juni 1940 sein Zuname in Knebel<br />
geändert. Er starb am 25. April 1950 in Wien.<br />
Hermann Gottlieb Helmer<br />
wurde am 13. Juli 1849 im hannoverschen<br />
Harburg als zweitältester Sohn des Gold- und<br />
Silberschmiedes und Kleinhändlers Adolph<br />
Heinrich Ernst Helmer und dessen Frau Louise<br />
Amanda Fritz geboren. Er sollte angeblich das<br />
väterliche Handwerk fortführen, interessierte<br />
sich in der Gewerbeschule aber mehr für das<br />
Baufach und lernte in seiner Geburtsstadt das<br />
Maurerhandwerk. Dann besuchte er die am 17.<br />
Oktober 1853 eröffnete Baugewerbeschule in<br />
Nienburg und möglicherweise die Polytechnische<br />
Schule in Hannover. Abgeschlossen hat er seine<br />
Ausbildung im Privatatelier Professor Rudolf von<br />
Gottgetreus in München. Zur Studienfinanzierung<br />
soll Helmer auch Porträts gemalt haben. 1862<br />
kam Helmer nach Wien, wo er im Juli 1868 als<br />
Architekturzeichner in das Atelier Ferdinand<br />
Fellners sen. in der Servitengasse eintrat. Am 9.<br />
August 1870 gewann Helmer den Wettbewerb<br />
um das Theater und Redoutengebäude in<br />
Warasdin, dass er bis 1873 baute. Ob er nebenbei<br />
weiter im Atelier Fellner arbeitete, ist nicht<br />
mehr festzustellen (in Warasdin verwendete<br />
er Briefbögen <strong>mit</strong> dem Aufdruck „Hermann<br />
Helmer, Architekt, Wien“), jedenfalls assoziierte<br />
er sich im Frühjahr 1873 <strong>mit</strong> Ferdinand Fellners<br />
gleichnamigem Sohn.<br />
In Warasdin lernte Helmer auch seine spätere<br />
Frau, die Schuhmacherstochter Philippine<br />
Levanic kennen. Ab 1873 war Helmer Mitglied<br />
der Genossenschaft bildender Künstler (später<br />
im Verwaltungsausschuss), ab 1876 gehörte<br />
er dem Österreichischen Ingenieur- und<br />
Architektenverein an. 1877 wurde seine Tochter<br />
Adele, 1878 sein Sohn Hermann (der wie Ferry<br />
Fellner ebenfalls an der Technischen Hochschule<br />
studierte) geboren. Es folgten noch die Tochter<br />
lrene (1881) und der Sohn Hans (1882). Am 16.<br />
Oktober 1883 erhielt Hermann G. Helmer das<br />
Ritterkreuz des Kaiser Franz-Joseph-Ordens.<br />
1884/87 entstand für 93.000 Pfund das über 3.000<br />
Personen fassende Stadttheater Odessa, dem<br />
1886/87 das Neue Deutsche Theater in Prag,<br />
1888 das Schlosstheater Totis (1913 demoliert),<br />
1890/91 das Stadttheater Zürich, 1891 das Palais<br />
für Ritter von Wessely (heutige Argentinierstraße<br />
23) und 1891/92 das temporäre Theater für<br />
die Internationale Ausstellung für Musik und<br />
Theaterwesen im Prater folgten. 1892 bis 1894<br />
wurde das Stadt- und königliche Hoftheater<br />
Wiesbaden (der <strong>mit</strong> 1,8 Mio. Mark teuerste<br />
Theaterbau Helmers), infolge des Sieges über<br />
die eben falls zum beschränkten Wettbewerb<br />
eingeladenen Architekten Prof. Frentzen aus<br />
Aachen sowie M. Semper und Krutisch aus<br />
Hamburg, nach Helmers Plänen gebaut. 1893/95<br />
entstand die Ton halle Zürich, 1894/95 das<br />
Kroatische Nationaltheater Agram, 1898 folgten<br />
der Turm der Brauhaus-Restauration Liesing und<br />
der Umbau des Stadttheaters Mainz, 1902 der<br />
Umbau des Theaters an der Wien und 1903/04<br />
das Rathaus Liesing.<br />
Am 6. März 1904 wurde Hermann Gottlieb<br />
16
Helmer zum k.k. Oberbaurat ernannt, am 18.<br />
September 1905 erhielt er für den Innenumbau<br />
des Hoftheaters in Darmstadt (1904/05) das Ritter<br />
kreuz I. Klasse des Großherzoglich Hessischen<br />
Verdienstordens. Nach den Theaterbränden von<br />
Nizza und Wien 1881 waren überall umfangreiche<br />
Theaterverordnungen erlassen, die aber, wie<br />
der Brand des Iroquois-Theaters in Chicago 1903<br />
bewies, meist recht lückenhaft erfüllt wurden.<br />
Helmer hielt am 13. Feber 1904 im Österreichischen<br />
Ingenieur- und Architektenverein einen Vortrag<br />
über die Feuersicherheit der Theater. Er baute<br />
1905 ein Brand-Modell- Theater und wurde<br />
Obmann eines sich <strong>mit</strong> der Feuerverhütung<br />
beschäftigenden Ausschusses.<br />
1905/06 entstand das Nationaltheater Sofia,<br />
für dessen Planung und Oberbauleitung er<br />
am 16. Jänner 1907 das Kommandeurkreuz<br />
des Fürstlich Bulgarischen Zivilordens erhielt.<br />
Außerdem erhielt k.k. Oberbaurat Helmer die<br />
Fürstliche Fürstensteinische Erinnerungsmedaille,<br />
war Obmann des 1905-1917 bestehenden<br />
Ausschusses für Bestimmung der Akustik von<br />
Hörsälen, war zeitweise Obmann der Ausschüsse<br />
für Wettbewerbsangelegenheiten bzw. Mitglied<br />
des Ausschusses für die bauliche Entwicklung<br />
Wiens, wurde wie Fellner in die Kommission zur<br />
Abhaltung der II. Staatsprüfung in Architektur an<br />
der Technischen Hochschule berufen und war<br />
wie dieser Ehren<strong>mit</strong>glied der „Royal Institutes of<br />
British Architects“.<br />
1906 bis 1907 wurden das Stadttheater Gießen<br />
(gemeinsam <strong>mit</strong> H. Meyer) und das Stadttheater<br />
Gablonz errichtet, denen die Stadttheater<br />
Jungbunzlau (1906/09) und Klagenfurt (1908/10)<br />
folg ten. Vom k.k. Oberbaurat Hermann G.<br />
Helmer, der in der Kochgasse 12 wohnte,<br />
stammen außerdem Filialgebäude der<br />
österreichisch-ungarischen Bank in Agram, Bielitz,<br />
Lemberg, Olmütz, Trautenau, Arad, Mährisch-<br />
Ostrau, Drohobicz und Czemowitz, Villen am<br />
Kahlenberg, am Semmering und in Rüschlikon bei<br />
Zürich, das <strong>Haus</strong> des Residenzklubs in Wien, die<br />
Kunsthalle Agram, das Ad ministrationsgebäude,<br />
Ökonomiegebäude, Küchen-, Wasch-,<br />
Gewächs-, Gärtner- und Pförtnerhaus sowie die<br />
Direktorsvilla der Freiherren von Rothschildschen<br />
Nervenheilanstalt Rosenhügel (gemeinsam <strong>mit</strong><br />
Architekt Freiherr von Krauß), das Hotel Erzherzog<br />
Johann samt Post und Wirtschaftsgebäude am<br />
Semmering und der Zubau zum Hotel Franz<br />
Panhans samt Kuranstalt ebendort. 1908 war<br />
Helmer einer der beiden Vizepräsidenten<br />
des 8. Internationalen Architektenkongress in<br />
Wien (er hatte auch an denen in Mailand und<br />
London teilgenommen). 1910 bis 1912 war er<br />
Verwaltungsrat im Österreichischen Ingenieurund<br />
Architektenverein, 1911 Schiedsrichter für<br />
Fassadenentwürfe für das umstrittene Loos -<strong>Haus</strong><br />
am Michaelerplatz. Am 20. Oktober 1912 erhielt<br />
er den Orden der Eisernen Krone 3. Klasse. In<br />
den Kriegsjahren regte er Ausschreibungen<br />
von architektonischen Wettbewerben der<br />
Gemeinde Wien an, um dadurch die Not<br />
einiger auftragsloser Architekten zu lindern.<br />
1918 war er Präsident der Zentralvereinigung<br />
der Architekten Österreichs. Sein Testament<br />
vom 23. März 1919 enthielt keine Bestimmung<br />
bezüglich des künstlerischen Nachlasses. Bei<br />
der Arbeit an einem Festspielhausprojekt für<br />
Salzburg starb Hermann G. Helmer am 3. April<br />
1919 im Jubiläumsspital in Lainz und wurde am<br />
Zentralfriedhof in einem Ehrengrab der Gruppe<br />
32A Nr. 40 bestattet.<br />
17
Regina Freimüller-Söllinger<br />
ist Autorin dieses Beitrags. Die<br />
Architektin ist Eigentümerin der<br />
Freimüller Söllinger Architektur<br />
ZT GmbH. Die gestalterische<br />
Vielfalt ihrer Projekte entsteht<br />
aus dem Anspruch, für eine<br />
bestimmte Aufgabe und einen<br />
spezifischen Ort eine Lösung<br />
zu finden, die Altes, Gegenwärtiges<br />
und Künftiges <strong>mit</strong> einbezieht<br />
und neu interpretiert.<br />
Die Architektur des <strong>Springer</strong><br />
<strong>Schlössl</strong>s<br />
<strong>Ein</strong> Überblick von Regina Freimüller-Söllinger<br />
Baron Gustav von <strong>Springer</strong> ließ 1887 das <strong>Springer</strong><br />
<strong>Schlössl</strong> erbauen. Es diente zur Repräsentation<br />
und war gesellschaftlicher Treffpunkt. Die äußere<br />
Erscheinung und die Innenräume wurden <strong>mit</strong><br />
größter Sorgfalt, luxuriösem Anspruch und<br />
repräsentativem Charakter gestaltet.<br />
Die Architektur des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
trägt die charakteristische Handschrift des<br />
Architektenduos Ferdinand Fellner und Hermann<br />
Helmer. Sie schufen an die 50 Theaterhäuser im<br />
deutschsprachigen Raum - unter anderem auch<br />
das Wiener Konzerthaus und das Volkstheater.<br />
Fellner & Helmers Vorliebe galt dem Historismus,<br />
insbesondere dem Neobarock und der<br />
Neorenaissance. Diese Stilrichtungen zeichnen<br />
sich durch reich verzierte Fassaden, opulente<br />
Ornamente und klassische Proportionen<br />
aus. Das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> präsentiert sich<br />
<strong>mit</strong> einer prächtigen Fassade, die kunstvolle<br />
Verzierungen, Reliefs und Ornamente aufweist.<br />
Die Verwendung von verschiedenen Materialien<br />
wie Stein, Holz und Stuck verleiht dem Gebäude<br />
eine anmutige Präsenz.<br />
<strong>Ein</strong> weiteres charakteristisches Merkmal<br />
der Architektur von Fellner & Helmer ist die<br />
Ausgewogenheit in der Gestaltung ihrer<br />
Gebäude. Das <strong>Schlössl</strong> folgt einem Grundriss<br />
<strong>mit</strong> einem Haupttrakt und zwei Seitenflügeln, die<br />
eine harmonische <strong>Ein</strong>heit bilden.<br />
Die Architekten legten großen Wert auf<br />
die monumentale Wirkung ihrer Bauwerke.<br />
Das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> strahlt, dank seiner<br />
großzügigen Proportionen und imposanten<br />
Fassade <strong>mit</strong> Säulen, Bögen und Balkonen, eine<br />
beeindruckende Präsenz aus.<br />
Fellner & Helmer waren für ihre Liebe zum<br />
Detail bekannt. Kunstvolle Verzierungen<br />
und ornamentale Elemente verleihen ihren<br />
Gebäuden einen einzigartigen Charakter. Beim<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> sind die Fassade und die<br />
Innenräume <strong>mit</strong> kunstvollen Reliefs, Stuckarbeiten<br />
und Schnitzereien geschmückt.<br />
Der <strong>Ein</strong>gangsbereich <strong>mit</strong> der prunkvollen<br />
<strong>Ein</strong>gangshalle insbesondere der hohen<br />
Raumhöhe, den eleganten Säulen und<br />
kunstvolle Verzierungen sowie edlen Materialien<br />
beeindruckt die Besucher.<br />
Die Salons sind wahre Meisterwerke der<br />
Innenarchitektur. Sie sind großzügig gestaltet<br />
und verbinden verschiedene Stilrichtungen wie<br />
den Neobarock und den Empire-Stil wie z.B.:<br />
hohe Decken <strong>mit</strong> Stuckverzierungen, opulente<br />
Kronleuchter, prächtige Wandteppiche und<br />
kunstvoll gearbeitete Möbel. Die Akustik ist<br />
ebenfalls sehr gut. Die Bibliothek besticht<br />
<strong>mit</strong> edlen Holzregalen, einem Schreibtisch<br />
aus hochwertigem Mahagoni und antiken<br />
Accessoires.<br />
Für die prunkvolle Gesamterscheinung spielt<br />
ebenso die Gartenanlage eine wesentliche<br />
Rolle.<br />
Das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> beeindruckt <strong>mit</strong> seiner<br />
inneren und äußeren Pracht und seiner<br />
prominenten Lage im Park. Es ist ein Zeugnis<br />
vergangener Zeiten und bietet uns <strong>Ein</strong>blicke<br />
in den Lebensstil der wohlhabenden Wiener<br />
Gesellschaft des 19. Jahrhunderts.<br />
18
Damals wie heute ist die Halle<br />
der zentrale Ort für gute Gespräche<br />
im <strong>Haus</strong>. Hier im Bild die<br />
Festveranstaltung „Grete-Rehor-<br />
Matinée“ im Mai 2023.<br />
19
Das heutige Erscheinungsbild<br />
der Alois Mock Aula.<br />
20
Die geschwungene Treppe von<br />
der Halle zum ersten Obergeschoss<br />
ist reichlich <strong>mit</strong> Holzschnitzerein<br />
versehen.<br />
21
Günther Berger<br />
Das <strong>Springer</strong><br />
<strong>Schlössl</strong><br />
Ab dem ausklingenden 18. Jahrhundert wurde<br />
einerseits bei Adelsschlössern intime, bürgerliche<br />
Wohnkultur eingeplant, andererseits wetteiferte<br />
finanzkräftiges Bürgertum in der Nachahmung<br />
aristokratischer Lebensweise und ließ sich oft<br />
ständig bewohnte repräsentative Landhäuser in<br />
Stadtnähe erbauen. Im Zuge der sozialen und<br />
künstlerischen Umschichtung im 19. Jahrhundert<br />
übernahm die vom regelmäßigen Landhaus der<br />
Biedermeierzeit herzuleitende Villa die Funktion<br />
der allerdings nur temporär benützten barocken<br />
(Jagd-)Schlösser rund um Wien. Doch erst ab der<br />
Mitte des vorigen Jahrhunderts setzte sich auch<br />
in Österreich bei Villen die in Großbritannien<br />
bis zu Sir John Vanbrughs Schloss in Greenwich<br />
1717 zurückverfolgbare Asymmetrie langsam<br />
durch. Hierbei spielten die von Heinrich<br />
(Freiherr von) Ferstels Westeuropareise 1851<br />
<strong>mit</strong>gebrachten englischen Inspirationen ebenso<br />
eine Rolle wie die Anregungen von rustikalen<br />
Schlossparkgebäuden (Hameau von Versailles),<br />
südländischen Villen, pittoresken englischen<br />
Landhäusern, chaletartigen Schweizer<br />
Sennhütten und selbst exotischen Pavillons<br />
der Wiener Weltausstellung (1873), die bei den<br />
Gebäuden des von Ferstel <strong>mit</strong>angeregten, am<br />
13. April 1872 gegründeten Cottagevereins in<br />
Währing verwertet wurden.<br />
Ferdinand Fellner und Hermann Gottlieb Helmer<br />
verwendeten für die Villa des Freiherrn von<br />
<strong>Springer</strong> den seit 1873 (seit Friedrich Freiherr von<br />
Schmidts Erweiterungsbau der Nationalbank in<br />
der Bankgasse 3) auch in der Wiener Architektur<br />
auftretenden „Alt deutschen Stil“, da die Motive<br />
der deutschen Renaissance eine starke<br />
Auflockerung der Oberfläche, beziehungsweise<br />
durch Giebel und Türmchen auch des Umrisses<br />
22
des Baukörpers boten. Außerdem wurden dabei<br />
die malerisch verteilten Detailformen nicht durch<br />
eine stockwerkverbindende Säulenordnung<br />
gebändigt. Obwohl seit der Zeit des berühmten<br />
Architekten und Architekturtheoretikers Andrea<br />
di Pietro, genannt Palladio (1508-1580) die<br />
Zentralachse <strong>mit</strong> edlen Assoziationen behaftet<br />
war, vermieden sie die Architekten des <strong>Springer</strong><br />
<strong>Schlössl</strong>s schon bei der Gesamtanlage. Das<br />
ursprüngliche schmiedeeiserne, <strong>mit</strong> Laternen<br />
gezierte Parktor lag nämlich etwas aus der<br />
Achse der Zenogasse nach Osten verschoben.<br />
Von dort führte die fast bis zur Schwenkgasse<br />
ausschwingende Zufahrtsstraße die Anhöhe<br />
zu der <strong>mit</strong> glasierten Biberschwanzziegeln in<br />
mehreren Farben gedeckten Villa empor. Dabei<br />
spielte das an der nordöstlichen Ecke schräg<br />
errichtete Hoheitssymbol des Turmes eine<br />
ungleich wichtigere Rolle, als bei der heutigen<br />
Anfahrt.<br />
Die Terrainunterschiede wurden an der Nordund<br />
an der Ostfassade zur Aufführung einer<br />
unterkellerten Terrasse <strong>mit</strong> Balustrade samt<br />
schmiedeeisernen Rosetten und Laternen<br />
genützt. Die zur Tivoligasse blickende<br />
achtachsige Nordfassade weist im ersten Stock<br />
des nur zart vortretenden Mittelrisalites einen<br />
konsolengetragenen Balkon und darüber einen<br />
<strong>mit</strong> Backsteinen und Fachwerk ausgerüsteten<br />
hohen Giebel <strong>mit</strong> halbem Schopfwalmdach auf.<br />
Während der zweiachsige linke Teil der<br />
Nordfassade balkonlos ist, besitzt der dreiachsige<br />
rechte in der Mitte einen solchen, ebenso wie<br />
der Mittelrisalit. <strong>Ein</strong>e ländliche Note entsteht nicht<br />
nur durch diese bewusste Asymmetrie, sondern<br />
auch durch die eine Rustizierung (ein von der<br />
Renaissance ästhetisch geschätztes Bruch- oder<br />
Bukkelsteinmauerwerk) vortäuschende Nutzung<br />
und Ortssteinrahmung. Schließlich weisen auch<br />
die Türgiebel, die unterschiedlich zu den Fenstern<br />
nicht von jeweils einer Fächerrosette bekrönt<br />
werden, sondern <strong>mit</strong> Vasen oder Blumentöpfen,<br />
Früchten, Gartengeräten und Groteskmasken<br />
dekoriert sind, auf den Charakter der Parkvilla<br />
hin. Das Türmchen besitzt eine Kartusche über<br />
den seitlichen Erdgeschossfenstern, ein <strong>mit</strong><br />
Fächerrosette bekröntes Fenster im ersten Stock,<br />
einen Balkon <strong>mit</strong> metallenem Geländer in der<br />
zweiten Etage und unterschiedlich zu all den<br />
sonstigen Dacherkern des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
zwei hohe Trabanterkerfenster im Dach.<br />
Die sechsachsige Ostfassade weist südlich<br />
einen 5/8 Erkerbau <strong>mit</strong> schmiedeeisernem<br />
Balkongeländer, einen Fachwerkgiebel <strong>mit</strong><br />
halbem Schopfwalmdach und in der Mitte<br />
einen gemauerten Konsolenbalkon so wie die<br />
Nordfassade auf. Über den beiden seitlichen<br />
Erdgeschossfenstern des Vorbaues befanden<br />
sich zwei Tondi <strong>mit</strong> Halbreliefbüsten, von denen<br />
einer, eine Dame zeigend, noch erhalten ist.<br />
Die neunachsige Südfassade wird durch einen<br />
einachsigen Risalit im Westen und das <strong>mit</strong> drei<br />
Seiten aus der Flucht vorspringende achteckige<br />
Vestibül vertikal gegliedert. Sie ist jedoch ebenso<br />
wie die Westfassade dekorreduziert worden.<br />
Das <strong>mit</strong> Zahnschnitt versehene Kordongesims<br />
zwischen Erdgeschoß und erstem Stock wurde<br />
ebenso entfernt wie die Nutzung. Es gibt bei der<br />
Süd- und der Westfassade keine Differenzierung<br />
mehr zwischen den manieristisch gebänderten<br />
Fensterrahmen <strong>mit</strong> gerader Fensterverdachung<br />
über Keilsteinen des Erdgeschosses und<br />
den dekorativen Fensterrahmen <strong>mit</strong> kleinen<br />
Diamantquadern, einer geraden Verdachung und<br />
bekrönender Fächerrosette des ersten Stockes.<br />
Anstelle der Ortbandrahmung sind schmucklose<br />
Lisenen getreten, die ein gekehltes Gesims zu<br />
tragen scheinen. Von dem Holzkonsolen - und<br />
Ziegelfries unter der vorstehenden Dachtraufe<br />
blieb nur die hölzerne Gliederung.<br />
23
Heute finden in den Räumlichkeiten<br />
des Erdgeschosses<br />
Seminarräume Platz.<br />
24
Damals war der jetzige Julius<br />
Raab Saal das prunkvoll eingerichtete<br />
Speisezimmer.<br />
25
Von der sechsachsigen Westfassade, die eine<br />
Balustrade auf einem polygonal vortretendem<br />
Baukörper hat, führte einstmals ebenerdig<br />
ein beidseitig verglaster-hölzerner Bau auf<br />
gemauertem Sockel <strong>mit</strong> zwölf Fenstern zur<br />
Küche und den Personalwohnungen.<br />
Das Innere<br />
Ursprünglich führte der Zufahrtsweg von<br />
Osten knapp bei der Kegelbahn vorbei zur<br />
Südfassade, wo man durch das oktogonale<br />
Vestibül <strong>mit</strong> profilierten Eichentüren samt großen<br />
Glasfüllungen, Brettelboden sowie weißem<br />
Wand- und Deckenstuck in die zentrale Halle<br />
kam. Die beiden Zimmer östlich des Vestibüls<br />
besaßen Parkettböden, tapezierte oder gemalte<br />
Wände und Stuckdecken. Westlich des Vestibüls<br />
befanden sich nur vom Gang aus zugänglich<br />
Garderobe, Dienerzimmer und Silberzimmer <strong>mit</strong><br />
Brettelböden und einfacher Ausmalung.<br />
Westlich der zentralen Halle (hinter der<br />
Prunktreppe) befanden sich Gänge, die<br />
Anrichten zum nordwestlich gelegenen<br />
Speisezimmer und andere Nebenräume (Bad).<br />
Östlich dieser Halle war ein einfacher Vorraum<br />
<strong>mit</strong> Brettelboden, ein Kabinett <strong>mit</strong> Brettelboden,<br />
profiliertem Weichholzsockel in Eichenmaser<br />
lasiert, Papiertapeten und Stuckdecke sowie<br />
das ebenso ausgestattete Grüne Zimmer <strong>mit</strong><br />
grünem schwedischen Ofen. Nördlich der<br />
Halle lag das Speisezimmer <strong>mit</strong> Parkettboden,<br />
reich profilierter Vertäfelung und teilweise<br />
vergoldeten Bildhauerarbeiten im Stile Louis<br />
XVI., drei Ölbildern, Stuckdecke, Marmorkamin,<br />
zwei eingebaute Eckvitrinen <strong>mit</strong> facettierten<br />
Glasfüllungen, zwei einflügeligen Doppeltüren<br />
und einem im Boden versenkbaren Fenster,<br />
einem Mahagonibuffet <strong>mit</strong> Marmorplatte<br />
und vergoldeten Bronzebeschlägen sowie<br />
einer Tapetentür zur Anrichte und Schiebetür<br />
zum Roten Salon. Dieser Rote Salon wies<br />
einen Parkettboden, Vertäfelung <strong>mit</strong><br />
Bildhauerarbeiten im Stile Louis XVI., roten<br />
Seidenstoff, einen Marmorkamin <strong>mit</strong> reicher<br />
vergoldeter Bronzeverzierung, Spiegel, Ölbild,<br />
Schiebefenster und (Schiebe-)Türen <strong>mit</strong> 6 mm<br />
starkem Spiegelglas und schweren Beschlägen<br />
auf. Daneben lag der ähnlich ausgestattete<br />
Gelbe Salon <strong>mit</strong> gelber Darnastbespannung<br />
und dreifachverglasten Schiebefenstern im<br />
Ecktürmchen.<br />
Im ersten Stock befanden sich vorn<br />
Rauchsalon (Parkettboden, Täfelung,<br />
Stoffbespannung, teilweise linear intarsierte<br />
Plistermahagoniebaumöbel, Kamin, Stuckdecke)<br />
über dem Vestibül im Uhrzeigersinn<br />
weitergehend das Rote Schlafzimmer<br />
(Parkettboden, Stoffbespannung, Stuckdecke),<br />
ein Kabinett (Brettelboden, Papiertapeten)<br />
sowie im Westen ein Badezimmer<br />
(Terrazzofußboden, versenkte Wanne <strong>mit</strong><br />
Marmorverkleidung), eine Putzkammer und ein<br />
weiteres Bad (Brettelboden, verflieste Wanne).<br />
Im Nordwesten folgte das Balkonschlafzimmer<br />
(Brettelboden, Stoffbespannung, Stuckdecke<br />
<strong>mit</strong> Rokokomotiven), dann kamen ein weiteres<br />
Schlafzimmer (Parkettboden, Holzsockel,<br />
Stoffbespannung, Marmorkamin, Stuckdecke),<br />
die Bibliothek (Parkettboden, Brokatbespannung,<br />
Marmorkamin, Stuckdecke), ein Schlafzimmer<br />
(Brettelboden, englische Leinenbespannung) und<br />
der Ecksalon (Parkettboden, Wandbespannung,<br />
Eckkamin, Stuckdecke). Diesem nordöstlichen<br />
Salon folgten ein Schlafzimmer (Brettelboden<br />
<strong>mit</strong> Velour bespannt, gelbe Stoffbespannung),<br />
ein Badezimmer (emaillierte Wanne in Nische),<br />
ein Schreibzimmer (Parkettboden, <strong>Ein</strong>baumöbel<br />
aus Esche sowie ungarischer Goldesche<br />
und wie die Zimmertüren teilweise intarsiert,<br />
Stoffbespannung, Stuckdecke, eiserner Ofen <strong>mit</strong><br />
26
Verkleidung aus Messing und Glas) und das kleine<br />
Schlafzimmer (Parkettboden, Brokatbespannung,<br />
Stuckdecke). Die Mansarden- und Bodenräume<br />
des zweiten Geschosses waren einfach<br />
ausgestattet.<br />
Allgemein kann festgestellt werden, dass<br />
die Villa des Freiherrn von <strong>Springer</strong> <strong>mit</strong> sehr<br />
großem Kostenaufwand eingerichtet wurde. Es<br />
fehlten weder die den Aufstieg in die führende<br />
Gesellschaft symbolisierenden feinprofilierten,<br />
polierten Marmorkamine <strong>mit</strong> vergoldeten<br />
Bronzereliefornamenten, noch schwere<br />
Teppiche, geätzte Spiegelglastürfüllungen,<br />
hölzerne Rolläden und vergoldete Bronzeluster.<br />
Oft waren Wandbespannung, Vorhänge und<br />
Polstermöbelüberzüge aus einem Stoff. Die<br />
profilierten Vertäfelungen bestanden zum Teil<br />
auch aus intarsierten Edelhölzern. Alle Räume<br />
waren <strong>mit</strong> Signalanlagen und elektrischem Licht<br />
versehen. In den dreißiger Jahren wurden dann<br />
handgeknüpfte Spannteppiche gelegt.<br />
Die Halle<br />
Der eindrucksvollste Raum jedoch war und ist<br />
die große, durch zwei Geschosse reichende,<br />
glasgedeckte Halle. Im strengen Historismus<br />
(1850-1880) war bei öffentlichen Bauten die<br />
repräsentative Funktion von Innenräumen -<br />
von den Sälen und Prunkzimmern - auf das<br />
Kommunikationssystem - auf Vestibül, Gänge,<br />
Treppenhäuser und überdachte Höfe -<br />
übergegangen. Seit dem Klassizismus setzte<br />
man bei Decken gerne Verglasungen ein. Zu den<br />
frühesten Beispielen gehört die von Benjamin<br />
Wyatt 1828 konzipierte Decke der Waterloo<br />
Gallery im Londoner Apsley House. Seit Ludwig<br />
Christian Friedrich Försters ehemaligem Basar in<br />
der Rotenturmstraße 16 (1843) gab es in Wien bei<br />
Passagen Glasverdachungen. Die Verwendung<br />
von Glasdächern ließ Höfe zu Sälen werden<br />
oder verlieh Innenräumen eine neue Lichtfülle.<br />
Die Halle des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s vereint in<br />
einzigartiger Weise die Funktionen eines<br />
privaten Gesellschaftsraumes <strong>mit</strong> denen eines<br />
Treppenhauses eines öffentlichen Baues und<br />
wirkt durch die an drei Seiten umlaufende<br />
Galerie gleichsam wie ein glasgedeckter Hof.<br />
Hinzu kommt noch, dass die in eleganter<br />
Torsion über einen balkonartigen Absatz - der<br />
durch eine Spiegelnische noch betont wird -<br />
nach oben führende Treppe wie von einem<br />
Bühnenrahmen hervorgehoben und von einer<br />
Apsis hinterfangen wird.<br />
Assoziationen zu Pirro Ligorios antike Inspiration<br />
aufgreifender Riesennische im Cortile della<br />
Pigna (1562) im Vatikan werden geweckt. Zwar<br />
ersetzt die reich profilierte und dekorierte<br />
Eichenholzvertäfelung der atriumartigen Halle<br />
eine durchgezogene Säulenordnung, aber sie<br />
bedient sich doch architektonischer Motive,<br />
wie Nische, Dreiecksgiebel und Fries. Über<br />
dem einstmals <strong>mit</strong> handgeknüpften Teppichen<br />
bespannten Parkettboden folgt eine von<br />
querrechteckigen und hochrechteckigen<br />
vertieften Feldern gegliederte Sockelzone,<br />
die bei vier Türen jeweils durch eine Art<br />
kannelierten Pilaster abgeschlossen wird. In<br />
der darüber folgenden Zone sind über dem<br />
Kamin und an vier Stellen der Wand große<br />
Flächen für Stoffbespannungen oder Ölbilder<br />
freigelassen worden. Abgeschlossen wird<br />
der Raum unter der Galerie durch einen<br />
dorisierenden Fries, bei dem zwar die vertikalen<br />
Unterteilungen (Triglyphen) vorhanden sind,<br />
aber anstelle der Bildfelder antiker Tempel<br />
geometrische Rautenmuster eingesetzt sind.<br />
Ergänzt wird dieses beschriebene horizontale<br />
Gliederungssystem durch einen Marmorkamin<br />
27
der von freistehenden ionischen Holzsäulen<br />
flankiert wird, durch zwei dreiecksgiebelbekrönte<br />
ädikulaartige Türrahmungen aus Eiche, durch<br />
zwei Nischen <strong>mit</strong> geschnitzten Früchtegirlanden<br />
in den Ecken zum Vestibül und zwei halbrund<br />
geschlossenen, von Fächerrosetten bekrönten<br />
Blendnischen beidseits der Treppe.<br />
Die Treppe und die durchschnittlich 1,50 m<br />
breite Galerie aus Brettelboden waren <strong>mit</strong><br />
handgeknüpften Teppichen samt 36 gebogenen<br />
Messingstäben versehen. Bewunderung verdient<br />
bereits das bei den Greifen am Treppenanfang<br />
beginnende geschnitzte Eichengeländer, bei<br />
dem die gefiederten Spiralranken beispielsweise<br />
in Delphinen <strong>mit</strong> Füllhörnern enden oder aus den<br />
Mäulern von Drachen hervorsprießen.<br />
Im oberen Teil der Halle dominiert die von sechs<br />
Lisenen akzentuierte Stoffbespannung, allerdings<br />
gibt es auch dort vier dreiecksgiebelbekrönte<br />
Türrahmen, zwei reich dekorierte Nischen, eine<br />
Eckvitrine, einen kielbogenartigen Durchgang<br />
und aufwendige Eckverkleidungen, jedoch aus<br />
Weichholz, eichenartig lasiert. Zur Vertäfelung<br />
passend in Eichenmaserung lasiert ist auch die<br />
stuckierte Decke über der Treppe. Abschließend<br />
sei noch auf die kunstvolle Verdachung<br />
der Halle hingewiesen, bei der über einem<br />
aus Konsolen und Muschelornamenten<br />
bestehenden Gesims insgesamt vierundzwanzig<br />
hochrechteckige, oktogonale, vertiefte, geätzte<br />
Glasfelder einen 55 m² großen geätzten<br />
Überfangglas<strong>mit</strong>telteilrahmen. Die wabenartige<br />
Versprossung dieser Zierlichte erinnert an das<br />
von der Chinoiseriemode ab der Mitte des<br />
18. Jahrhunderts so sehr geliebte chinesische<br />
Sprossenwerk.<br />
nachahmen. Die Ausstattung und Führung<br />
der Treppe wiederholten die Architekten im<br />
Adelskasino Lemberg. Als gegen Ende der<br />
dreißiger Jahre Eugene Freiherr von Fould-<br />
<strong>Springer</strong> Honore Duc de Luynes und Boni Marquis<br />
de Castellene um Modernisierungsvorschläge für<br />
die Halle befragte, sollen diese bei den wahren<br />
Kunstkenner entsetzt geantwortet haben: „Nie<br />
dürfen Sie dieses Meisterwerk anrühren! Es wird<br />
nicht lange brauchen, bis dieses Kunstwerk weit<br />
und breit als einzigartig bestaunt werden wird.“<br />
(Mailath-Pokorny)<br />
Die Halle im Überblick<br />
Besonderen <strong>Ein</strong>druck erweckt vor allem<br />
die Halle in ihrer reichen Gestaltung<br />
ein hervorragendes Beispiel des Wiener<br />
Historismus<br />
Theatralischer, schwungvoller<br />
Stiegenaufgang<br />
Glasdach, das die ganze Halle natürlich<br />
beleuchtet<br />
Vollständige Täfelung in<br />
reichgeschnitztem Nussholz<br />
Halle diente auch als hervorragender Ort<br />
für <strong>Haus</strong>musik<br />
Heute Alois Mock als „Alois Mock Aula“<br />
gewidmet<br />
Die Architekten Fellner und Helmer mussten ihre<br />
Meidlinger Villa für König Milan von Serbien in<br />
Belgrad und Stefan Graf von Karolyi in Ungarn<br />
28
Reiter-Bilder zierten die Galerie<br />
der prunkvollen Halle. Unten der<br />
zentrale Kamin.<br />
29
Günther Berger<br />
Der Park<br />
Westlich neben dem Parktor befanden sich<br />
Pförtnerhaus, Garage und Magazin. Daneben<br />
folgten ein Glashaus in Eisenglaskonstruktion<br />
und die Wohnung des Gärtners. Die Plätze<br />
und Wege des nach Muster des anscheinend<br />
freigewachsenen, nicht geometrisch zu<br />
rechtgeschnittenen englisch-chinesischen<br />
Gartens angelegten Parks waren <strong>mit</strong> Gaslaternen<br />
beleuchtet.<br />
Südöstlich der Villa befand sich an der Grenze<br />
zur Schwenkgasse das nicht unterkellerte<br />
Stallgebäude <strong>mit</strong> Geschirr- und Sattelkammer<br />
(ein Sattel wurde von der Meidlinger Werkstätte<br />
Szoloboda hergestellt), sechs Boxen und sechs<br />
Ständen für Pferde. Die Stallgänge besaßen<br />
Keramikpflaster, die Boxen und Stände<br />
Holzstöckelpflaster. Die Wände waren verschalt<br />
und darüber verfliest. Beiderseits des Stalltraktes<br />
befanden sich je eine große Wagenremise <strong>mit</strong><br />
Stahlkonstruktionsvordach und jeweils eine<br />
Bedienstetenwohnung. Nahe der Villa stand<br />
die teilweise unterkellerte, völlig gedeckte<br />
und verglaste Kegelbahn auf Natursteinsockel.<br />
Dieser reich verzierte Holzbau in Block- und<br />
Riegelwandtechnik wies Schindeldeckung auf.<br />
Das teilweise unterkellerte einstöckige<br />
Wirtschaftsgebäude neben der Villa i<strong>mit</strong>iert<br />
zum Teil eine Riegelwand und ist <strong>mit</strong> Ziegeln<br />
ausgefacht. Als Dekormotiv findet sich auch<br />
hier die in der deutschen Renaissance so<br />
beliebte Fächerrosette. Boden und die Hälfte<br />
der Wände des Wirtschaftsgebäudes waren <strong>mit</strong><br />
Marmorplatten belegt.<br />
Südlich der Villa hatte Architekt Fellner als<br />
Überraschung für den Bauherren einen<br />
Laubengang angelegt. Zwischen vier Säulen<br />
war im Hintergrund der Pergola eine Stadt<br />
gemalt, aus der ein Mädchen <strong>mit</strong> einer Fahne<br />
herauszulaufen schien. Auf der Fahne standen<br />
die Worte: „Hoch Mitzi“, da sich der Bauherr<br />
nur über etwas freute, was <strong>mit</strong> seiner Tochter<br />
in Verbindung stand. Außerdem gab es einen<br />
Teich und einen Tennisplatz.<br />
Allee in der südöstlichen Parkpartie,<br />
1941<br />
Bei Empfängen spielten die Orchester Drescher<br />
bzw. später Haupt, es wurde getanzt und die<br />
Kegelbahn frequentiert. Gegen drei Uhr früh<br />
wurde ein Gabelfrühstück serviert, denn größere<br />
Veranstaltungen endeten gewöhnlich erst in<br />
den Morgenstunden.<br />
30
Der historische <strong>Springer</strong> Park<br />
a Der Industrielle Gustav von <strong>Springer</strong> ließ <strong>mit</strong><br />
dem Bau der Villa <strong>Springer</strong> um 1889 – 1890 den<br />
bereits in landschaftlicher Gestaltung gehaltenen<br />
Park erweitern und umgestalten. Erworben hatte<br />
er die Liegenschaft im Jahre 1886. Den Architekten<br />
der Villa, Ferdinand Fellner und Hermann Helmer,<br />
oblagen auch die Planungen der Garten- und<br />
Wirtschaftsgebäude – der Kegelbahn, des<br />
Glashauses und des Treibhauses sowie des<br />
Stallgebäudes und des Pumpenhauses.<br />
Die erste landschaftliche Parkanlage ist auf dem<br />
Katasterplan von 1873 dokumentiert. Der auf dem<br />
Katasterplan von 1858 dargestellte, orthogonal<br />
angelegte frühere Garten lag in un<strong>mit</strong>telbarer<br />
Nähe Schönbrunns (noch) in<strong>mit</strong>ten von Feldern.<br />
Der historistische Park des späten 19. Jahrhunderts<br />
zeigt in seiner repräsentativen Gestaltung am<br />
Hang liegend großzügige Raumstrukturen <strong>mit</strong><br />
offener Mitte, Gehölz bepflanzten Randpartien,<br />
formaler Nord-Süd-Ausrichtung, geschwungene<br />
Wege- und Platzformen sowie Rasenflächen<br />
<strong>mit</strong> einzelnen Baum- und Strauchpflanzungen.<br />
Schmuckbeete akzentuieren die Gartenpartie<br />
um die Villa.<br />
Gartenarchitekturen wie Pergola, Kegelbahn,<br />
Aussichtsturm, Grotte und Kaskade sowie Teiche<br />
<strong>mit</strong> Brücken und Wasserbecken, Reitbahn und<br />
Tennisplatz zeigen Villa und Park als Orte des<br />
großbürgerlichen, gesellschaftlichen Lebens<br />
nahe der kaiserlichen Residenz Schönbrunn und<br />
des bürgerlichen Vergnügungsetablissements<br />
Tivoli. Stallgebäude, Glashaus und Treibhaus<br />
betonen diese Wirkung. Das Ensemble bot von<br />
der Villa und dem Park aus vielfältige Ausblicke in<br />
die Umgebung und auf Wien.<br />
Bäume und Sträucher pflanzte man als Solitäre<br />
und in Gruppen, Laub- und Nadelgehölze<br />
gaben dem Park über die Jahreszeiten hin<br />
ein changierendes Aussehen. Die ehemalige<br />
Allee in der südlichen Parkpartie ist bis heute<br />
zu erkennen. Den Nutzgarten <strong>mit</strong> Glashaus,<br />
Gärtnerhaus, Treibhaus, Mistbeeten, Blumen-,<br />
Obst- und Gemüsekulturen sowie Brunnen und<br />
Pumpenhaus arrangierte man in der nördlichen<br />
Partie an der Tivoligasse.<br />
Der <strong>Springer</strong> Park im 20. Jahrhundert<br />
Veränderungen des Parks brachten nach 1939<br />
der Bau eines Spiel- und Sportplatzes und eines<br />
Löschteichs für die in der Anlage untergebrachte<br />
Gauschule Schönbrunn, die <strong>Ein</strong>wirkungen<br />
des 2. Weltkrieges <strong>mit</strong> Bombenschäden<br />
sowie Devastierungen in der Kriegs- und<br />
Nachkriegszeit, ab Ende der 1940er Jahre bis<br />
in die 1950er Jahre Parzellierung, Verkauf und<br />
Verbauung von Teilen des Parks für die St.<br />
Clemens Hofbauer Kirche und für Wohnbauten<br />
<strong>mit</strong> Flächenreduktionen auf knapp die Hälfte<br />
des ehemaligen <strong>Springer</strong>´schen Areals, ab<br />
Mitte des 20. Jahrhunderts der Abbruch der<br />
Gartenarchitekturen und Wirtschaftsgebäude<br />
sowie Veränderungen der Wegeführungen,<br />
die Umgestaltungen Mitte der 1970er Jahre für<br />
die Umbauten der Villa und die Errichtung des<br />
Hotels wie 1994 für den Umbau der Julius Raab-<br />
Stiftung.<br />
Der heute rd. 950 Bäume umfassende<br />
Gehölzbestand zeigt einerseits das in der 2.<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts partiell beliebige<br />
Vorgehen in seiner Erhaltung und andererseits<br />
die Bemühungen der letzten Jahre zu seiner<br />
fachgerechten Revitalisierung und Entwicklung.<br />
Brigitte Mang ist Fachexpertin<br />
für historische Gärten, Parks und<br />
Kulturlandschaften sowie für<br />
Gartendenkmalpflege. Sie hat<br />
die Österreichischen Bundesgärten<br />
in Wien und Innsbruck<br />
sowie die UNESCO-Welterbestätte<br />
Gartenreich Dessau-Wörlitz<br />
in Sachsen-Anhalt<br />
geleitet. Sie ist Professorin für<br />
Gartendenkmalpflege an der<br />
Hochschule Anhalt in Sachsen-<br />
Anhalt, Mitglied des Deutschen<br />
Nationalko<strong>mit</strong>ees von ICOMOS,<br />
Fachexpertin im Fonds zur Sanierung<br />
der jüdischen Friedhöfe<br />
in Österreich und Mitglied im<br />
Denkmalbeirat des Bundesdenkmalamtes.<br />
Fokus ihrer Leitungs-, Beratungs-,<br />
Vortrags-, Publikations- und<br />
Jurytätigkeiten ist das Zusammenspiel<br />
von Architektur und<br />
Freiraum.<br />
31
Günther Berger<br />
Berühmte Gäste<br />
<strong>Ein</strong> Gästebuch des <strong>Haus</strong>herrn würde<br />
solch berühmte Namen, wie die für ihr<br />
Organisationstalent und ihre Wohltätigkeit<br />
bekannte, wortgewandte Pauline Fürstin<br />
von Metternich-Sanderferner Mano Gräfin<br />
von Andrassy geb. Gräfin von Palffy und die<br />
Urenkelin Kaiser Franz I. Gräfin von Apponyi geb.<br />
Montenuovo sowie Anton Graf von Apponyi,<br />
Karl Graf von Auersperg, Franz Graf von Bubna<br />
samt Neffen, Leo Graf von Strassoldo, Felix<br />
Graf d'Harnoncourt, Franz Fürst von und zu<br />
Liechtenstein, Samuel Graf Teleki von Szek und<br />
Johann Nepomuk Graf von Wilczek <strong>mit</strong> Tochter<br />
Elisabeth Gräfin von Kinsky beinhalten. Außerdem<br />
verkehrten in der Villa des Freiherrn von <strong>Springer</strong><br />
Aristide Baltazzi <strong>mit</strong> Gattin Maria Theresia Gräfin<br />
von Stockau und Alexander Baltazzi, die Onkeln<br />
von Marie Alexandrine (Mary) Freiin von Vetsera,<br />
General Giesl von Gieslingen <strong>mit</strong> Gattin und<br />
Tochter Gretl, die englischen Botschafter Lowther<br />
und de Bunsen, die deutschen Botschafter Fürst<br />
von Bülow, von Tschirschky und Boegendorff und<br />
viele andere in Wien akkreditierte Diplomaten,<br />
wie Graf von Brockdorff-Rantzau aber auch die<br />
Landesgerichtspräsidenten Graf von Lamezan<br />
und von Schweiger.<br />
Neben den Schauspieler(inne)n Helene Odilon,<br />
Katharina Schratt, Lotte Witt, Alexander Girardi,<br />
Adolf von Sonnenthal und Franz Tewele kamen<br />
auch die Opernsänger Fritz Schrötter und<br />
Marie Renard, spätere Gräfin Kinsky, sowie die<br />
Komponisten Carl Michael Ziehrer und Oskar<br />
Hoffmann. Das 1878 zusammengefundene<br />
Schrammelquartett musizierte dort ebenso<br />
wie Alfred Grünfeld und Ruggiero Leoncavallo,<br />
der den Blüthnerflügel und die ausgezeichnete<br />
Akustik der Halle zu schätzen wusste.<br />
Natürlich fehlten auch die Vertreter der Finanzwelt<br />
und des Großkapitals nicht: Neben Anton Dreher<br />
(dem weltgrößten Besitzer von Brauereien<br />
in Schwechat, St. Marx, Simmering und Triest<br />
sowie leidenschaftlichen Rennstalleigentümer)<br />
kamen auch die Familien Gomperz (Dr. Heinrich<br />
Gomperz hatte eine kleine Gemäldesammlung<br />
in der Zenogasse 25), Guhnann, Mautner Ritter<br />
von Markhof, Albert Freiherr von Rothschild<br />
und dessen Söhne Alfons, Louis, Eugene und<br />
Oscar sowie die Tochter Valentine (die später<br />
Sigismund Freiherrn von <strong>Springer</strong> ehelichte)<br />
und Todesco (1861-1864 von Ludwig Christian<br />
Friedrich Förster und Theophil Hansen erbauten<br />
Palais, Kärntnerstraße 51).<br />
Zu den zahlreichen prominenten Künstlern,<br />
die die Meidlinger Villa besuchten, gehörten<br />
der Maler Heinrich von Angeli (1840-1925), der<br />
Pferdemaler Julius von Blaas (1845-1922) <strong>mit</strong><br />
Gattin Clarissa und den Söhnen Giulio und Carl<br />
Theodor, Portraitmaler Karl Froeschl (1848-1934),<br />
Architekt Karl Freiherr von Hasenauer <strong>mit</strong> seiner<br />
beliebten Gattin Vicky und <strong>mit</strong> Sohn Karl, der<br />
witzige Jagd- und Karikaturenmaler Rudolf Pick<br />
(1865-1915), Hans Temple (1857-1931) und Raimund<br />
Freiherr von Stillfried und Rathenitz (1839-1911).<br />
Zu den legendärsten Gästen zählte der Bruder<br />
des <strong>Haus</strong>herrn, Alfred Freiherr von <strong>Springer</strong>. Sein<br />
Appetit war so berüchtigt, dass er die Damen für<br />
gewöhnlich gleich bei seiner Ankunft beruhigte,<br />
schon „vorgegessen“ zu haben. Er besaß nicht<br />
nur ein berühmtes Vierergespann, das er stets zu<br />
seinen Winteraufenthalten nach Nizza <strong>mit</strong>nahm,<br />
sondern er war auch der erste Automobilbesitzer<br />
der Österreichisch-Ungarischen Monarchie.<br />
Sein Chauffeur Wagner wurde ihm dann von<br />
Kaiser Wilhelm II. wegengagiert. Alfred Freiherr<br />
32
von <strong>Springer</strong> war witzig, leutselig und sorglos<br />
wie ein Kind. Seine Begeisterung galt dem<br />
Trabrennen, und als er Rennrichter wurde,<br />
musste für ihn der Balkon am Trabrennplatz<br />
vergrößert werden. Er war so stolz, Oberleutnant<br />
des Dragonerregiments Nr. 6 gewesen zu sein,<br />
dass er testamentarisch festsetzte, in Uniform<br />
<strong>mit</strong> Helm und Säbel begraben zu werden. Seine<br />
Kameraden hatten größte Mühe den Sarg des<br />
148 kg schweren und 2 m großen Verstorbenen<br />
zur Familiengruft am Zentralfriedhof zu bringen.<br />
Wussten Sie, dass…<br />
… das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>-Areal immer wieder für Filmaufnahmen verwendet wird? Die Werbeaufnahmen<br />
<strong>mit</strong> Roger Moore für den UNICEF-Weihnachtsspot vor dem Kamin (2011) oder eine Szene<br />
Josef Vilsmaiers „Comedian Harmonists“ (1997) wurden hier gedreht.<br />
Roger Moore vor dem Kamin<br />
im <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> bei Filmaufnahmen<br />
des UNICEF-Weihnachtsspots<br />
(2011).<br />
33
Günther Berger<br />
Die Erben des Bauherrn<br />
Nach 1890 vergrößerte Gustav Freiherr von<br />
<strong>Springer</strong> seinen Meidlinger Besitz durch Erwerb<br />
des „Wüste“ genannten Areals vom Stallgebäude<br />
bis zum letzten Rest des Gatterhölzls. Die<br />
Parzellierung des Gatterhölzls beunruhigte<br />
<strong>Springer</strong> so sehr, dass er sogar bei Kaiserin<br />
Elisabeth nach der beabsichtigten Verbauung<br />
anfragen ließ.<br />
Es sollte eine Kaserne oder ein Kloster entstehen,<br />
vom Bau eines ursprünglich geplanten<br />
Infektionsspitals war man wieder abgekommen.<br />
Die Kaiserin ließ den besorgten Freiherrn von<br />
Sprin ger verständigen, dass seine kleine Tochter<br />
täglich in ihrem Privatpark spazieren gehen<br />
dürfe. Tatsächlich durfte die kleine Marie (Maria<br />
Cäcilia <strong>Springer</strong>) oft die Monarchin und deren<br />
damaligen Griechischlehrer, Dr. Constantin<br />
Christomanos, beim Spaziergang begleiten.<br />
Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> kaufte schließlich<br />
noch einen Teil des Gatterhölzls hinzu und<br />
verfügte so<strong>mit</strong> über einen Park im Ausmaß von<br />
99.521 m².<br />
In den 1890 Jahren fand der verwitwete Freiherr<br />
in der gebildeten Hedwig Reich eine treue<br />
Lebensgefährtin, die er aber nicht ehelichen<br />
konnte, weil sie von ihrem wegen mehrfachen<br />
Betrugs langjährig inhaftierten Ehemann nur<br />
getrennt lebte. Deshalb erstand Freiherr von<br />
<strong>Springer</strong> 1895 ein nahegelegenes Areal (heute<br />
Tivoligasse 34-38 und Aichholzgasse 20-24),<br />
wo er für sie ebenfalls von Fellner und Helmer,<br />
eine Gartenvilla bauen ließ. Diese Gartenvilla<br />
unterscheidet sich nicht nur durch die Wahl des<br />
Rokokostils und durch kleinere Dimensionierung,<br />
sondern auch durch billigere Materialien. Die<br />
Halle schrumpfte zu einem repräsentativen<br />
Raum, die Terrasse verschwand völlig. Das<br />
Treppengeländer ist aus Gußeisen, der Kamin<br />
nur eine Attrappe. Es gab jedoch auch dort<br />
kostbare Bilder und Teppiche.<br />
Von 1895 bis 1900 war die Bewohnerin der<br />
Villa Tivoligasse 34 unter dem Namen Hedwig<br />
Reich gemeldet. Um aber nicht weiterhin den<br />
Namen des eingekerkerten Ehemannes tragen<br />
zu müssen, bewilligte ihr die nö. Statthalterei<br />
am 2. März 1900 für sie und ihre drei Kinder<br />
Elsa, Alfred und Adeline die Verwendung<br />
ihres Mädchennamens Leubuscher. Hedwig<br />
Leubuscher konvertierte vom mosaischen zum<br />
evangelischen Glaubensbekenntnis und gebar<br />
noch zwei Kinder, Max und Helene.<br />
Am 21. Juni 1910 kaufte Karl Vanecek - dem das<br />
Gatterhölzl zu teuer war - Grundstück und Villa<br />
um 237.520 Kronen sowie das Mobiliar um<br />
2.500 Kronen. Hedwig Leubuscher übersiedelte<br />
nach Wien I., Kaiser Wilhelm-Ring 16, wo sie bis<br />
1912 nachweisbar wohnte. Da sie nicht in den<br />
Totenprotokollen der Stadt Wien vorkommt,<br />
dürfte sie die Stadt verlassen haben.<br />
Karl Vanecek plante eine Parzellierung des<br />
Grundstückes, doch die solide Ausführung der<br />
Villa Tivoligasse 34 aus Beton und Eisen ließ eine<br />
Demolierung als unrentabel erscheinen.<br />
Als der junge Eugene Fould um die Hand Marie<br />
Freiin von <strong>Springer</strong>s (Maria Cäcilia <strong>Springer</strong>)<br />
anhielt, stellte ihr über keinen männlichen<br />
Erben verfügender Vater unter anderem<br />
die Bedingungen des ständigen Wohnorts<br />
in Österreich, der Beifügung des Namens<br />
<strong>Springer</strong> und der Annahme der österreichischen<br />
Staatsbürgerschaft.<br />
Obwohl sich Eugene Fould-<strong>Springer</strong> nicht zur<br />
Aufgabe der französischen Staatsbürgerschaft<br />
entschließen konnte, weil sein Großonkel Achille<br />
Fould unter Napoleon III. Finanzminister und<br />
34
Minister des Kaiserlichen <strong>Haus</strong>es war, fand im<br />
Palais Lobkowitz (damals Sitz der französischen<br />
Botschaft) die Ziviltrauung (Trau zeuge: Marquis<br />
de Reverseaux) und am 12. April 1905 in der<br />
Synagoge in der Seitenstettengasse die religiöse<br />
Trauung statt. Beim anschließenden Empfang in<br />
der Meidlinger Villa blieb den Gästen Fräulein<br />
Fanny von der Firma Demel ebenso in Erinnerung<br />
wie die drei von Anna Sacher arrangierten<br />
großen Buffets.<br />
Kaiser Franz Joseph I. soll einige Jahre später bei<br />
einer Audienz die Ablehnung der österreichischen<br />
Staatsbürgerschaft nobel respektiert und den<br />
geschickten Ausweg gefunden haben: „Baron<br />
Fould-<strong>Springer</strong>, Wir schätzen Uns glücklich in<br />
Ihnen einen Landsmann zu sehen, weil meine<br />
Familie und die Ihrige beide aus Nancy stammen,<br />
Wir sind Lothringer!“ (Mailath-Pokorny)<br />
Drei der vier Kinder des Ehepaares Fould-<br />
<strong>Springer</strong>, nämlich Max, Helene und Therese,<br />
wurden in der Villa in Meidling geboren. Liliane<br />
Elisabeth Victoire Freiin von Fould-<strong>Springer</strong><br />
wurde am 11. Mai 1916 in Paris geboren und<br />
heiratete Elie Baron de Rothschild.<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der<br />
Restbestand des ehemaligen Gatterhölzls durch<br />
die nach Plänen von Rudolf Tropsch und Hans<br />
Prutscher errichtete k.k. Trainkaserne weiter<br />
reduziert. Im Ersten Weltkrieg entstand das aus<br />
39 Baracken bestehende Kriegsspital IV <strong>mit</strong><br />
einer achteckigen Kirche (wegen der Mitarbeit<br />
russischer Kriegsgefangener auch „Russenkirche“<br />
genannt) nach Entwürfen Julius Hirnschrodts.<br />
Nach dem Tod Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong>s<br />
wurde seine Tochter 1920 Eigentümerin des<br />
Meidlinger Besitzes, kam aber meist nur zweimal<br />
jährlich aus Paris hierher. Allerdings wurde die<br />
Südfassade des Hauptgebäudes nach Plänen<br />
des Architekten Frass umgestaltet. Als ihr Gatte im<br />
März 1929 auf einer Weltreise in Shanghai an den<br />
Folgen einer Lungenentzündung gestorben war,<br />
heiratete sie 1933 den Briten Frank Wooster, der<br />
gleichfalls an dieser Reise teilgenommen hatte.<br />
Er liebte das <strong>Haus</strong>, dass er 1922 erstmals betrat<br />
und kam bis 1937 jährlich mehrmals hierher. Sein<br />
Wahlspruch lautete „Machet Seelen leuchten“.<br />
Auch Marie Woosters zweitälteste Tochter<br />
Therese heiratete 1934 einen Briten, den<br />
Schriftsteller Alan Pryce-Jones, der sich ebenfalls<br />
von der Meidlinger Villa angezogen fühlte und<br />
im Dachgeschoss der zweiten Etage ein großes<br />
Zimmer einrichten ließ, wo er „Private Opinion“<br />
und eine Reihe von Gedichten schrieb. Am 15.<br />
Feber 1936 wurde ihr Sohn David geboren.<br />
Damals verkehrten in der Meidlinger Villa nicht<br />
nur Regisseur Dr. Max Reinhardt, Don Alfonso<br />
Carlos (Führer der spanischen Karlisten) <strong>mit</strong><br />
Gemahlin und der Komponist Reynoldo Hahn,<br />
sondern auch der Romancier William Somerset<br />
Maugham und andere englische Schriftsteller.<br />
Nachdem Alan Pryce-Jones nach England<br />
zurückgekehrt war, begann der Gau Wien<br />
Ende 1939 bezüglich einer Miete des Objektes<br />
zu verhandeln, beschlagnahmte es in der<br />
Weihnachtszeit 1939 zur Umwandlung in<br />
eine „Gauschule Schönbrunn“ und ließ einen<br />
Spiel- und Sportplatz sowie einen Löschteich<br />
anlegen. Zur totalitären Besitzergreifung gesellte<br />
sich noch pri<strong>mit</strong>ivste Zerstörungsversuche:<br />
eingebaute Möbel wurden herausgerissen<br />
Tapeten heruntergeholt, Scheiben eingedrückt<br />
sowie brennbare Teile des Stallgebäudes<br />
und der Kegelbahn verheizt. Durch die<br />
<strong>Ein</strong>quartierung der politischen Schule wurde die<br />
Villa in den letzten Kriegsmonaten 1944/45 als<br />
Bombardierungsziel erkoren. Glücklicherweise<br />
traf keine der 22 Bomben das Hauptgebäude,<br />
35
aber Luftdruck und Sog schadeten auch den<br />
noch verbliebenen Fenstern, Türen und Dächern.<br />
Auf den Vandalismus marodierender Soldaten<br />
folgte russische Besatzung. Die die Sowjets in<br />
der Verwaltung Meidlings ablösenden Briten<br />
errichteten ihre Bezirkskommandantur im Schloss<br />
Schönbrunn.<br />
Da in der ersten Nachkriegszeit alle Baustoffe<br />
bewilligungspflichtig waren und Privaten nicht<br />
zur Verfügung standen, musste die devastierte<br />
Villa einem der Allgemeinheit dienenden<br />
Zweck zugeführt werden. Sie wurde von der<br />
unter Patronanz der Stadt Wien stehenden<br />
Organisation „Erziehungsheime“, die Studenten<br />
erschwingliche Quartiere bieten sollte, äußerlich<br />
instandgesetzt, von den Bombentrichtern im<br />
Park befreit und 1947 eröffnet. Anfang 1949 trat<br />
das Wiener Provinziat des Kapuzinerordens an<br />
die wieder in ihre Rechte eingesetzte Besitzerin<br />
Marie Wooster (Maria Cäcilia <strong>Springer</strong>) <strong>mit</strong> dem<br />
Ersuchen heran, dem Orden den südöstlichen<br />
Teil des Parkes zur Errichtung einer Kirche zu<br />
überlassen. Es dauerte aber noch Jahre, bis sich<br />
Mrs. Wooster zum Verkauf des noch verbliebenen<br />
Großteils ihres Meidlinger Besitzes entschließen<br />
konnte, weil eine vollständige Wiederherstellung<br />
aus privaten Mitteln undenkbar war.<br />
Im April 1953 starb Mrs. Woosters zweiter Mann in<br />
London. Am 13. November 1953 unterzeichneten<br />
die Nationalräte Fritz Polear und Franz Prinke<br />
im Namen des Vereines „Wiener Volksheime“<br />
den Kaufvertrag, worin sie sich verpflichteten<br />
das Herzstück des Parkes <strong>mit</strong> seinen 170<br />
Naturdenkmälern zu erhalten und die Villa als<br />
Schulungsheim einzurichten.<br />
Die ehemalige Eigentümerin, die zweimal<br />
verwitwete Tochter des Bauherrn Gustav Freiherr<br />
von <strong>Springer</strong>, wünschte den neuen <strong>Haus</strong>herren:<br />
„Mögen alle, die in Meidling weilen werden,<br />
den Worten Frank Woosters gemäß, sich in der Liebe Gottes<br />
vereinen, denn in dieser Vereinigung allein<br />
ist Friede, Glück und leuchtendes Erhoffen!“<br />
Maria Cäcilia <strong>Springer</strong> · 1953<br />
Wünsche an die neuen <strong>Haus</strong>eigentümer<br />
nach dem Verkauf des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
36
Vielfältige neue<br />
Nutzungen<br />
Trotz schlechter wirtschaftlicher Bedingungen<br />
gelang es dem <strong>mit</strong> der Detailaufsicht und <strong>mit</strong> der<br />
Durchführung der Instandsetzung der <strong>Springer</strong><br />
Villa beauftragten Organisationssekretär<br />
der Wiener ÖVP, Rudolf Skodak, dieses<br />
<strong>Haus</strong> ab September 1954 zu einem<br />
Schulungszentrum zu adaptieren. Es wurden<br />
drei Lehrsäle, eine Bibliothek, ein Lese- und<br />
Schreibzimmer, ein Musikzimmer, ein Spielund<br />
Unterhaltungszimmer, Aufenthaltszimmer<br />
für Schulungsleiter und Referenten, Büro, zwei<br />
besondere Gästezimmer, dreizehn Wohn- und<br />
Schlafräume, sowie Archiv und Dunkelkammer<br />
(insgesamt 29 Räume) eingerichtet. An die<br />
Küche wurden zwei Speisesäle angebaut.<br />
Außerdem entstanden ein Wannenbad,<br />
eine Brausebadanlage, zwei Waschräume,<br />
eine Schweine- und Hühnerstallanlage, eine<br />
elektrische Waschanlage, eine Bügelmaschinerie<br />
sowie eine zentrale Heizungsanlage <strong>mit</strong> Gasund<br />
Ölfeuerung.<br />
Am 1. Oktober 1955 nahm Kapitelvikar<br />
Erzbischof Dr. Franz Jachyrn die <strong>Ein</strong>weihung des<br />
Grundsteines der nach Plänen von Dr. Ladislaus<br />
Hruska erbauten Klemens Maria Hofbauer-Kirche<br />
im Gatterhölzl vor. Dieser Neubau ersetzte den<br />
1923 geweihten und 1935 zur Pfarrkirche zum hl.<br />
Klemens Maria Hofbauer erhobenen hölzernen<br />
Vorgängerbau und wurde am 18. Mai 1959 von<br />
Kardinal Erzbischof Dr. Franz König eingeweiht.<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> ein. In nur neunzig Tagen<br />
wurde das <strong>Haus</strong> renoviert und modernisiert.<br />
Im Park entstand ein Neugebäude <strong>mit</strong><br />
Restaurant und Gästezimmern, das 1977 von<br />
Nationalratspräsidenten a.D. Prof. Dr. Alfred<br />
Maleta eröffnet und von Kardinal Dr. Franz König<br />
geweiht wurde.<br />
Die Nebengebäude des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s<br />
wurden in den 1990er Jahren (Fachwerkhaus,<br />
ehem. Wirtschaftsgebäude) bzw. 2005<br />
(Hotelgebäude) umfassend saniert.<br />
Nachdem einige der repräsentativen<br />
Seminarräume nach Persönlichkeiten aus der<br />
Volkspartei benannt waren, wurden 2018 /<br />
19 ein weiterer Salon nach Österreichs erster<br />
Ministerin Grete Rehor und die zentrale Halle<br />
dem zukunftsweisenden Europäer, Vizekanzler<br />
und Parteiobmann Alois Mock gewidmet.<br />
Heute sind Büros, Seminarräume, ein<br />
Medienstudio, befreundete Institutionen, und<br />
der Hotelbetrieb samt Restaurant in den drei<br />
Gebäuden <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>, Fachwerkhaus und<br />
Hotel-Restaurant untergebracht.<br />
Im Juli 2022 feierte die Politische Akademie<br />
ihr 50-jähriges Bestehen. <strong>Ein</strong> <strong>mit</strong> 1.000 Gästen<br />
besuchtes Campusfest war das Highlight im<br />
Jubiläumsjahr.<br />
Am 1. Oktober 1955 wurde aber auch der<br />
Grundstein zu der auf 40.000 m² des Parkes des<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s errichteten Siedlung von 350<br />
Eigentumswohnungen gelegt.<br />
1975 zog die zwei Jahre vorher gegründete<br />
Politische Akademie der Volkspartei in das<br />
Fotos aus einer Werbebroschüre<br />
aus den 1970er Jahren.<br />
37
Max <strong>Springer</strong><br />
* 1807 † 1885<br />
Amalia Todesco<br />
Gustav <strong>Springer</strong><br />
Gustav <strong>Springer</strong><br />
* 1842 † 1920<br />
Helene Königswarter<br />
* 1846 † 1886<br />
Alfred<br />
Großindustrieller und<br />
Großgrundbesitzer<br />
Verfügte über<br />
umfangreichen<br />
Zinshausbesitz und<br />
Palais in Wien<br />
Wo<strong>mit</strong> wirtschaftete<br />
die Familie <strong>Springer</strong>?<br />
-> nicht „Verlagshaus<br />
<strong>Springer</strong>“, sondern <strong>mit</strong><br />
Press-Hefe Vermögen<br />
gemacht; später<br />
fusioniert <strong>mit</strong> Mautner<br />
Markhof<br />
besaß einen der<br />
größten Rennställe<br />
der Monarchie<br />
und war Stifter<br />
und Mitbegründer<br />
des Wiener<br />
Trabrennvereines<br />
Begraben am alten<br />
jüdischen Friedhof des<br />
Wiener Zentralfriedhofs<br />
Frank Wooster<br />
* 1890 † 1953<br />
Frank Wooster<br />
Als Maria Cäcilias Gatte Eugène Fould 1929<br />
auf einer Weltreise in Shanghai an den Folgen<br />
einer Lungenentzündung gestorben<br />
war, heiratete Maria Cäcilia von <strong>Springer</strong><br />
1933 den Briten Frank Wooster, der gleichfalls<br />
an dieser Reise teilgenommen hatte.<br />
Maria Cäcilia <strong>Springer</strong><br />
* 1886 † 1978<br />
Hélène Fould-<strong>Springer</strong><br />
* 1907 † 1997<br />
Eugène Fould<br />
* 1876 † 1929<br />
Felipe Propper<br />
* 1929<br />
Maria Cäcilia von <strong>Springer</strong><br />
Bekannt unter ihrem Rufnamen „Mitzi“<br />
Nach 14-jähriger kinderloser Ehe von Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> und Helene von<br />
Königswarter wurde am 23. Mai 1886 Maria Cäcilia von <strong>Springer</strong> in Paris geboren; nur eine<br />
Woche nach der Geburt des nur 1,6 kg zarten Kindes verstarb die Mutter<br />
Um seine kleine Tochter nicht in der grünflächenarmen Innenstadt Wiens aufwachsen<br />
zu lassen, kaufte Gustav Freiherr von <strong>Springer</strong> das Meidlinger Grundstück, um dort das<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> zu errichten<br />
Eduardo Pro<br />
* 189<br />
38
ed <strong>Springer</strong><br />
Auszug aus dem<br />
Stammbaum der<br />
Familie <strong>Springer</strong><br />
Hermann <strong>Springer</strong><br />
Eugène Fould<br />
Eugène Fould hielt um Maria Cäcilias Hand<br />
an; ihr über keinen männlichen Erben verfügende<br />
Vater stellte Fould unter anderem<br />
die Bedingungen des ständigen Wohnortes<br />
in Österreich, der Beifügung des Namens<br />
<strong>Springer</strong> und der Annahme der Österreichischen<br />
Staatsbürgerschaft (letztere nahm er<br />
nicht an); der Empfang nach der Hochzeit<br />
im Jahr 1905 fand im <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> statt<br />
(in Geschichtsbüchern ist zu lesen, dass den<br />
Gästen Fräulein Fanny von der Firma Demel<br />
ebenso in Erinnerung geblieben ist wie die<br />
drei von Anna Sacher arrangierten großen<br />
Buffets)<br />
ropper de Callejón<br />
1894 † 1972<br />
Max Fould-<strong>Springer</strong><br />
* 1906 † 1999<br />
Thérese Fould-<strong>Springer</strong><br />
* 1914 † 1953<br />
Liliane Fould-<strong>Springer</strong><br />
* 1916 † 2003<br />
Renate Goldschmidt<br />
* 1930<br />
Kinder von Maria Cäcilia von <strong>Springer</strong><br />
Drei der vier Kinder des Ehepaars Fould-<strong>Springer</strong> wurden im<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> geboren: Max, Hélène und Thérese. Das<br />
vierte Kind, Liliane Elisabeth Victoire von Fould-<strong>Springer</strong>, kam<br />
in Paris zur Welt und heirate später in die Familie Rothschild<br />
ein.<br />
Felipe Propper<br />
<strong>Ein</strong>er der Söhne von Hélène Fould-<strong>Springer</strong> (Rufname „Bubbles“) gemeinsam <strong>mit</strong><br />
Eduardo Propper de Callejón ist Felipe Propper. 2023 besuchte er <strong>mit</strong> seiner Frau<br />
Renate Goldschmidt Propper das <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> als Ort der Kindheit.<br />
Faksimile: Wiener Salonblatt zeigt Felipe Propper als Kind, 28. Jänner 1934<br />
39
Der Campus der Politischen<br />
Akademie ist ein guter Ort zum<br />
Lernen.<br />
40
Die Politischen Akademie<br />
im <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong><br />
Die <strong>Geschichte</strong> der Politischen Akademie begann<br />
<strong>mit</strong> der bewussten politischen Entscheidung,<br />
staatsbürgerliche politische Bildung in Österreich<br />
auszubauen. 1972 verabschiedete das Parlament<br />
das „Bundesgesetz über die Förderung<br />
staatsbürgerlicher Bildungsarbeit im Bereich<br />
der politischen Parteien sowie der Publizistik“.<br />
Die einzelnen Parteiakademien bieten seitdem<br />
staatsbürgerliche politische Bildung im Sinne<br />
der jeweiligen Weltanschauung, interpretieren<br />
den breiten Auftrag des Gesetzes dabei recht<br />
unterschiedlich.<br />
Für mich und meine Vorgänger als Präsidenten<br />
bedeutete „Politische Akademie“ schon immer:<br />
Bildung für alle, die Gesellschaft <strong>mit</strong>gestalten<br />
wollen – gleich ob in einer politischen Funktion<br />
oder als aktive Bürgerinnen und Bürger.<br />
Denn: Demokratie ist nicht voraussetzungslos.<br />
Sie erfordert Verantwortungsbewusstsein,<br />
Aufklärung im besten Sinne und ein<br />
grundsätzliches Verständnis davon, wie wir<br />
zusammenleben wollen. Methoden und<br />
Themen haben sich über die Zeit verändert, die<br />
grundsätzliche Ausrichtung unserer Akademie<br />
und Partei hat aber Bestand. Um sich diesem<br />
Grundsätzlichen immer wieder widmen zu<br />
können, braucht es Zeit, umso mehr auch einen<br />
geeigneten Ort.<br />
Gefunden haben wir den im Jahr 1975 genau hier,<br />
am Meidlinger Tivoli: am Rande der Stadt, <strong>mit</strong><br />
Abstand zur Hektik der Tagespolitik, dennoch gut<br />
angebunden an City und Umland. Es ist ein Ort<br />
zum Reflektieren und Innhalten geworden, zum<br />
Nach- und Vordenken, zum Arbeiten und zum<br />
Feiern, ein Ort der umfassenden Begegnung.<br />
Und: Dieser Ort ist offen für alle.<br />
Mittlerweile nicht nur für politisch Interessierte.<br />
Denn das 2015 renovierte und ausgebaute Hotel<br />
bietet eine wertvolle Ergänzung. Wir heißen<br />
Seminargäste, Touristinnen und Touristen und<br />
beruflich Reisende aus aller Welt willkommen.<br />
Die historischen Gebäude beherbergen<br />
neben der Politischen Akademie auch<br />
Partnerorganisationen aus den Bereichen Politik,<br />
Bildung und Wissenschaft.<br />
Der gesamte Campus in diesem wunderschönen<br />
Park ist ein Kraftort geworden, den wir gemeinsam<br />
als Raum für Entwicklung weiter stärken wollen.<br />
Kraft und Motivation schöpfen wir dabei aus<br />
der <strong>Geschichte</strong> des <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong>s – aus<br />
den freudvollen und dunklen Kapiteln dieser<br />
<strong>Geschichte</strong> gleichermaßen. Konkret erinnern uns<br />
etwa die Namen einiger Räume an Frauen und<br />
Männern, die in Österreich seit 1945 in Volkspartei<br />
und Republik Verantwortung getragen haben:<br />
Julius Raab, Leopold Kunschak, Leopold Figl,<br />
Grete Rehor, Alois Mock. Die nunmehrige Ehrung<br />
der Gründerfamilie von <strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong> und<br />
Park, ein wichtiger und längst überfälliger Schritt,<br />
macht das historische Erbe, dem wir verpflichtet<br />
sind, nun noch deutlicher sichtbar.<br />
Seit unserer 50 Jahr-Feier ist ein Sinnspruch von<br />
Benediktinerpater Anselm Grün auf einer Tafel<br />
im Park festgehalten: „Nur wer seine Wurzeln<br />
kennt, kann wachsen.“ Dieses Zitat erinnert uns<br />
an unsere Verantwortung gegenüber unseren<br />
Vorgängerinnen und Vorgängern und weist<br />
uns den Weg in die Zukunft. <strong>Ein</strong>e Zukunft, der<br />
wir uns offen und beherzt im Dienste einer<br />
Weltanschauung stellen und die wir engagiert<br />
<strong>mit</strong>gestalten wollen.<br />
Bettina Rausch ist Autorin dieses<br />
Beitrags. Die Nationalratsabgeordnete<br />
ist seit 2018 Präsidentin<br />
der Politischen Akademie der<br />
Volkspartei und positioniert<br />
gemeinsam <strong>mit</strong> ihrem Team das<br />
<strong>Haus</strong> als „Raum für Entwicklung“.<br />
Für die Entwicklung von Demokratie<br />
und Politik für Österreich,<br />
für die Entwicklung der Volkspartei<br />
in thematischer und organisatorischer<br />
Hinsicht und für die<br />
persönliche Entwicklung aller,<br />
die sich für Politik interessieren<br />
und engagieren.<br />
41
Raum für<br />
Bildung<br />
Raum für Entwicklung<br />
Die Türen der Politischen Akademie stehen<br />
offen für neue Menschen und neue Ideen.<br />
Die Akademie pflegt die Wurzeln und Werte<br />
der Volkspartei und begleitet alle, die sich<br />
politisch interessieren oder engagieren. Dabei<br />
ist der Anspruch, die Welt besser zu verstehen<br />
- so versteht die Politische Akademie politische<br />
Bildung.<br />
Von Seminaren bis zu Vorträgen, von Online-<br />
Inhalten bis zu Buchpublikationen – wir bieten<br />
politische Bildung in verschiedenen Formaten<br />
und Methoden in ganz Österreich.<br />
Unsere Angebote richten sich an ganz<br />
unterschiedliche Zielgruppen – von der breiten<br />
Öffentlichkeit bis zu spezifisch interessierten<br />
Fachöffentlichkeiten, von Menschen, die<br />
sich einfach für Politik interessieren bis hin zu<br />
Menschen, die den politischen Prozess aktiv in<br />
Jobs, Funktionen oder Mandaten gestalten.<br />
Unser Anspruch dabei: Wir wollen Innovation<br />
und Exzellenz in die politische Bildung bringen.<br />
Raum für<br />
Werte<br />
Raum für<br />
Neues<br />
Wir pflegen die Wurzeln und Werte der<br />
Volkspartei und übersetzen ihre Bedeutung für<br />
die Gesellschaften von heute und morgen.<br />
Grundlage ist unser Menschenbild, das seine<br />
Wurzeln in der Theologie des Christentums<br />
und in der Philosophie der Aufklärung hat. Im<br />
Zentrum steht der Mensch als Individuum <strong>mit</strong><br />
für alle gleichen Rechten und Pflichten sowie<br />
<strong>mit</strong> individuellen Talenten, Bedürfnissen und<br />
Freiheiten.<br />
Unsere Wurzeln und Werte beleuchten<br />
wir wissenschaftlich, ergründen sie in<br />
Seminaren, reflektieren und diskutieren sie bei<br />
Veranstaltungen und leben sie im Alltag.<br />
Wir machen unsere Türen weit auf, um Neuem<br />
sowohl Raum als auch eine Chance zu geben.<br />
Als Türöffnerin für neue Menschen und neue<br />
Ideen laden wir ein zum Mitdenken und<br />
Mitmachen. Unsere Veranstaltungen und<br />
Diskussionen stehen allen Interessierten offen,<br />
unabhängig von einer Partei<strong>mit</strong>gliedschaft.<br />
Abseits der Tagespolitik behandeln wir<br />
grundsätzliche Themen, die in Zukunft relevant<br />
sein werden.<br />
Wir laden aktive Politikerinnen und Politiker ein,<br />
hin-zuhören und Anregungen <strong>mit</strong>zunehmen.<br />
Und wir bringen neue Ideen in die Arbeit der<br />
neuen Volkspartei und der Bundesregierung ein.<br />
42
Die Politische Akademie ist<br />
„Raum für Entwicklung“ - zum<br />
Beispiel bei Seminaren und<br />
Workshops zu politischen Fragestellungen.<br />
Das Angebot der Politischen Akademie im Überblick<br />
Vor Ort<br />
Veranstaltungen · Buchpräsentationen,<br />
Diskussionen, Events<br />
Öffentliche Seminare · Seminare, Workshops<br />
und Lehrgänge<br />
Unterwegs · Exkursionen und Studienreisen<br />
Digitale Angebote<br />
Bildungsraum online · E-Learning wann und<br />
wo ich will<br />
Podcast „grundsatz“ · Lasst uns über Werte<br />
reden<br />
Buchtipps von Bettina Rausch · Persönliche<br />
Empfehlungen<br />
Rund ums Buch<br />
Publikationen · Regelmäßig Herausgabe<br />
von Publikationen<br />
Jahrbuch für Politik · Das Standardwerk seit<br />
1977<br />
Büchershop · Politische Literaturklassiker<br />
bequem bestellen<br />
Specials<br />
Schwerpunkte · Politische<br />
Jahresschwerpunktthemen<br />
Fellowships & Stipendien · Für die junge<br />
Wissenschaft<br />
Seminarhotel · Hotel, Räume, Restaurant zu<br />
Ihrer Verfügung<br />
Top informiert<br />
Programm-Magazin · <strong>Ein</strong>mal pro Jahr der<br />
große Überblick<br />
www.politische-akademie.at · Alle Infos zu<br />
den Angeboten<br />
Newsletter · Regelmäßige Updates direkt<br />
ins E-Mail-Postfach<br />
Aktuelle Informationen und Angebote auf<br />
www.politische-akademie.at<br />
43
Literatur zum<br />
<strong>Springer</strong> <strong>Schlössl</strong><br />
Fellner & Helmer, k.k.Oberbauräte, Wien,<br />
Sammelwerk der ausge führten Bauten und<br />
Projekte in den Jahren 1870-1914, Wien 1914,<br />
S. 5.<br />
E. M. Kronfeld, Park und Garten von Schönbrunn,<br />
1923, S. 41.<br />
Karl Hilscher, Wiens 12. Gemeindebezirk Meidling,<br />
Wien-Leipzig<br />
1923, S. 5, S. 20, S. 34, S. 52, S. 83 und S. 91.<br />
Meidling, der 12. Wiener Gemeindebezirk in<br />
Vergangenheit und Gegenwart, Wien 1930,<br />
S. 64, S. 111, S. 121, S. 499.<br />
Hermann Helmer, Ferdinand Fellner- Hermann<br />
Helmer, in: Neue Österreichische Biographie<br />
ab 1815, Bd. VII, Wien-Mün chen-Zürich 1931,<br />
S. 128.<br />
Hermann de Verrette, Instandsetzungskosten<br />
des Objektes Wien XII, Tivoligasse 73, Wien<br />
1953.<br />
Vogelsang-Heim - neues Zentrum politischer<br />
Schulung, in: Das kleine Volksblatt, Nr. 151,<br />
Sonntag, 1. Juli 1956, S. 22.<br />
Mailath-Pokomy, Vom <strong>Springer</strong>-Schloß zum<br />
Vogelsangheim, in: Broschüre des Vereins<br />
Wiener Volksheime, Wien 1, Falkestraße 3.<br />
Christine Klusacek/Kurt Stimmer, Meidling ein<br />
Bezirk stellt sich vor, Wien 1976, S. 14lf, Abb.<br />
zwischen S. 48 und 49.<br />
Wolfgang Mayer, XII., Meidling, Wiener<br />
Bezirkskulturführer, Wien München 1984, S.<br />
59.<br />
44
45
46
47
Politische Akademie<br />
der Volkspartei<br />
Tivoligasse 73 · 1120 Wien<br />
+43 1 814 20<br />
info@politische-akademie.at<br />
www.politische-akademie.at<br />
48