FN-Ausgabe-Juli 2023-Alles
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musiktipps<br />
gilbert o‘sullivan<br />
Driven<br />
MMG Warner<br />
protomartyr<br />
Formal Growth In The Desert<br />
Domino<br />
Gilbert O´Sullivans neues Album beinhaltet<br />
13 neue Songs, die jene Fähigkeiten offenbaren,<br />
die ihn so populär gemacht haben<br />
(„Claire“). Gleichzeitig klingt sweine Musik<br />
frisch und zeitgemäß, was auch darin begründet<br />
ist, dass Andy Wright als Produzent<br />
verantwortlich zeichnet und die Scheibe<br />
mit einer Live-Band im Studio aufgenommen<br />
wurde. Mitreißende Up-Tempo-<br />
Nummern wechseln sich mit gefühlvollen<br />
Balladen ab, wie „Let Bygones Be Bygones“<br />
im Duett mit Mick Hucknell (Simply Red)<br />
– einfach wundervoll! „Driven“ präsentiert<br />
das nuancierte Porträt eines Musikers, der<br />
seine Werte in einer zunehmend chaotischen<br />
Welt unterstreicht. Der Sänger und<br />
Pianist entsprach nie dem ihm oft zugeschriebenen<br />
Image eines konventionellen<br />
Songwriters, sondern eher dem eines britischen<br />
Chansonniers, der von Lenny Kaye<br />
- Gitarrist der Patti Smith Group - für seine<br />
„kunstvoll arrangierten, lyrisch originellen<br />
Songs mit Sinn für filigrane Details“ gelobt<br />
wird. Wie bei Paul McCartney, für den<br />
Gilbert O‘Sullivan auch eine Vorliebe hegt,<br />
reicht das Repertoire weit über die üblichen<br />
Konventionen hinaus. Helmut Ölschlegel<br />
Einst erfanden MC5 und die Stooges in der<br />
Detroit Rock City den Punk, seit über einem<br />
Jahrzehnt beheimatet die triste Industriebrache<br />
am Lake Michigan nun aber auch<br />
wesentliche Vertreter des Post-Punk. Doch<br />
anders als bei ihrer Heimatstadt und vielen<br />
ihrer ruppigeren Kollegen, vor allem jenseits<br />
des großen Teichs, ist das einzig kaputte an<br />
Protomartyr seit jeher die raue Stimme von<br />
Joe Casey und seine sardonische, ja postapokalyptische<br />
Poesie. Musikalisch geht das<br />
Quartett hingegen wesentlich feinfühliger<br />
und geradezu soundfetischistisch zu Werke:<br />
Die mathematisch präzisen Drum-Loops<br />
von Alex Leonard bauen zwar permanent<br />
Spannung auf, halten größere Eskalationen<br />
aber meist im Zaum, während zunehmend<br />
atmosphärischere Soundscapes aus Greg<br />
Ahees ultratransparenten und bunt schillernden<br />
Gitarrenflächen erwachsen. Nach<br />
Jahren der immer weiter ausufernden Experimentierfreude<br />
gerät „Formal Growth“<br />
dank dieser neuentdeckten Zurückhaltung<br />
nun zu Protomartyrs zugänglichstem<br />
Album, verbunden mit komplexer Lyrik,<br />
die auch losgelöst von der Musik bestehen<br />
könnte.<br />
Maximilian Beer<br />
peter fox<br />
Love Songs<br />
Warner<br />
noel gallagher‘s high flying birds<br />
Council Skies<br />
Sour Mash/Indigo<br />
Peter Fox hat vor 15 Jahren die (lahme)<br />
deutsche Musiklandschaft mit seinen<br />
Beats aufgemischt. Das Album „Stadtaffe“<br />
war ein sensationeller Erfolg. Alle wollten<br />
Ein Haus am See und Schüttelten ihren<br />
Speck zu seiner Musik. An seiner Musik<br />
war einfach <strong>Alles</strong> Neu. Doch statt solo<br />
auf diesen Erfolg aufzubauen kehrte Fox<br />
ganz selbstverständlich zurück zu seiner<br />
Band Seeed, mit der er ebenfalls beachtliche<br />
Erfolge feiert. Doch nun ist es wieder<br />
soweit: Der Fuchs zieht wieder alleine los<br />
und hat diesmal Love Songs mitgebracht.<br />
Musikalisch ist wieder alles dabei: Ein<br />
perfekter Hybrid aus Reggae, HipHop,<br />
Dancehall und Pop. Die Texte sind ein<br />
wenig tiefgründiger geworden schon die<br />
Song-Titel „Kein Regen in Dubai“ oder<br />
„Disney“ zeigen die Kapitalismuskritik und<br />
die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel.<br />
Doch am Ende will Peter Fox mit<br />
seinen Love Songs vor allem eins: Liebe<br />
verbreiten. Das alles gibt es eingebettet,<br />
in coolen Beats und fantastisch produzierter<br />
Musik voller Details, wie rhythmischen<br />
Wassertropfen oder künstlerischem<br />
Schluckauf.<br />
Sabine Mahler<br />
Diesmal kam selbst Liam Gallagher nicht umhin,<br />
dem großen Bruder ein bisschen Respekt<br />
zu zollen, auch wenn das Lob gewohnt vergiftet<br />
war: „Wie kann so ein fieser kleiner Mann so tolle<br />
Songs schreiben?“, twitterte der einstige Oasis-<br />
Frontmann über die von sehnsüchtigen Akkordeonklängen<br />
getragene Trennungsballade „Dead<br />
To The World“. Noel Gallagher selbst dürfte die<br />
familiäre Bestätigung ziemlich egal sein, hat er<br />
sein viertes Album mit den High Flying Birds doch<br />
schon mal zu seiner besten Platte seit dem Geniestreich<br />
„(What’s The Story) Morning Glory?“<br />
erklärt. Tatsächlich lässt das von nostalgischen<br />
Jugenderinnerungen geprägte „Council Skies“ gute<br />
alte Oasis-Zeiten aufleben – und hängt der Himmel<br />
über Manchester wieder voller Geigen. Neben<br />
dem atmosphärisch-düsteren, von einer Drum<br />
Machine angetriebenen und von Johnny Marrs<br />
Gitarre veredelten „Pretty Boy“, dem elegischen<br />
„Open The Door, See What You Find“, dem latininfizierten<br />
Titeltrack oder „Love Is A Rich Man“ mit<br />
groovenden Bläsersätzen könnte vor allem „Easy<br />
Now“, eine perfekte Britpop-Hymne mit euphorischer<br />
Hands-in-the-air-Attitüde, durchaus neben<br />
Klassikern wie „Don’t Look Back In Anger“, „Little<br />
By Little“ oder „Whatever“ bestehen. Der fiese kleine<br />
Mann hat wieder abgeliefert. Uli Digmayer<br />
KURZ & GUT<br />
Keine Interviews, keine Statements zur<br />
Musik, vergilbte Bandfotos und Videos<br />
als seien sie zufällig von einer Überwachungskamera<br />
aufgenommen worden:<br />
Das Londoner Trio bar italia macht sein<br />
Dasein von Beginn an zum Mysterium.<br />
Auf ihrem Debütalbum „Tracey Denim“<br />
lassen Nina Cristane, Jezmi Tarik Fehmi<br />
und Sam Fentos dann auch eine ganze<br />
Menge Raum zur Interpretation. Wunderschöner<br />
Lofi-Indiepop mit Post-Punk-<br />
Schrammel-Intermezzos zwischen Belle<br />
& Sebastian, Pixies und Beat Happening.<br />
Man kann jetzt versuchen, das zu analysieren<br />
oder es einfach genießen. cro<br />
Auch Mac DeMarco ist für Mysterien gut<br />
zu haben. Nun hat die DIY-Ikone unter<br />
dem Namen „One Wayne G“ 199 unveröffentlichte<br />
Songs über diverse Streamingdienste<br />
verteilt. Betitelt hat der Kanadier<br />
die Lieder, die sich mal als ausgearbeitete<br />
Fünfminüter, mal als Fingerübungen entpuppen,<br />
der Einfachheit halber mit dem<br />
Datum, an dem sie erschaffen wurden.<br />
Das zeichnet uns wiederum eine Chronologie<br />
der Schaffenskraft DeMarcos.<br />
Einiges los war z.B. am 29. März 2022. Da<br />
entstanden 20220329, 20220329 2 und<br />
20220329 3. Alle so schön wie ihr Titel<br />
poetisch. cro<br />
DJ-Toplist > JULI<br />
DJ Moody Lukasson<br />
1. The Go-Betweens - I Need Two Heads<br />
2. Asta Kask - Psykiskt Instabil<br />
3. Ebba Grön - Schweden Schweden<br />
4. KSMB - Sex noll två<br />
5. Gothenborg Sound - Pappas Pojkar<br />
6. The Rude Kids - Raggare is a bunch…<br />
7. Stitch - Devil‘s Deal<br />
8. Nightmärr - Motörhorse Rockrider<br />
9. Discult - Threat<br />
10. Sexgewitter - Kreuzzug I & II<br />
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