FN-Ausgabe-Juli 2023-Alles
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CSD-PARAde<br />
Michael Behr<br />
Jeder von<br />
uns hat seine<br />
Geschichte,<br />
wo er blöd<br />
angemacht<br />
oder diskriminiert<br />
wurde.<br />
schen bekennen sich dazu, in dem<br />
queeren Spektrum leben zu wollen.<br />
Aber es ist oft noch ein Tabu.<br />
Wir müssen alle lernen. Auch ich.<br />
Zum Beispiel beim Gendern. Wenn<br />
ein Mensch sich mit anderen Pronomen<br />
ansprechen lassen möchte,<br />
dann ist das sein gutes Recht.<br />
Auch ich, ich bin ja nicht mehr der<br />
Jüngste, hatte anfangs da Schwierigkeiten<br />
und mache noch Fehler.<br />
Aber man muss aufeinander zugehen,<br />
man muss verstehen lernen.<br />
Ignoranz hilft nicht weiter.<br />
Immer wieder kommt es bei<br />
den Paraden zu Übergriffen.<br />
Die österreichische Polizei hat<br />
unlängst sogar ein Attentat verhindert.<br />
Auch in Bamberg wurde<br />
2022 ein Teilnehmer angegriffen.<br />
Keine Angst, auf die Straße<br />
zu gehen?<br />
Wenn man in diesem queeren<br />
Spektrum lebt, kennt man eine<br />
Art von Grundangst. Jeder von<br />
uns hat seine Geschichte, wo er<br />
blöd angemacht oder diskriminiert<br />
wurde. Schwul und lesbisch<br />
sind immer noch Schimpfworte. Je<br />
mehr Menschen öffentlich reden,<br />
sich zeigen, sich bekennen, umso<br />
„normaler“ wird die Situation. Daher<br />
freue ich mich auch auf die<br />
Bamberger CSD-Parade. Wir sind<br />
da, man kann uns nicht einfach<br />
wegleugnen.<br />
„Mit der Ehe für alle“ habt ihr<br />
doch viel erreicht. Ist der CSD da<br />
überhaupt noch zeitgemäß?<br />
Auf jeden Fall. Die „Ehe für alle“ ist<br />
nicht das Ende der Fahnenstange.<br />
Stichwort: Rechtsstellung von<br />
Trans*personen. Völlige Gleichheit<br />
und Akzeptanz haben wir noch<br />
nicht.<br />
Wo befindet sich die queere<br />
Community und ihre Anliegen<br />
auf einer einer gesellschaftlichen<br />
Akzeptanz-Skala von 0 bis 10?<br />
In der Welt bei 1, aber nur, weil die<br />
Industriestaaten relativ offen sind.<br />
In Deutschland sind wir nicht bei<br />
Null, aber auch nicht bei der Zehn.<br />
Ich würde uns bei einer Fünf einordnen.<br />
Sich zu outen scheint in<br />
zu sein. Oder ist das ein Trugschluss?<br />
Das ist ein Trugschluss. Prinzipiell<br />
ist es doch schon schwierig, sich<br />
hinzustellen und zu sagen: Ich<br />
liebe das und das, den oder die.<br />
Heterosexuellen bleibt dieses Outing<br />
erspart. Du musst auch mit dir<br />
selbst klarkommen. Outing ist ein<br />
befreiendes Erlebnis, egal welche<br />
Konsequenzen es hat. Es ist gut,<br />
dass sich bekannte Persönlichkeiten<br />
outen. Kinder erfahren so von<br />
der Vielfalt und sie erkennen: Es<br />
gibt uns überall.<br />
Hat man manchmal noch<br />
Angst, sich und seine Liebe öffentlich<br />
zu zeigen?<br />
Ich bin mit meinem früheren<br />
Freund nicht händchenhaltend<br />
durch die Stadt gelaufen. Er hat<br />
das nicht gekonnt. Ich kann ihm<br />
das nicht vorwerfen. Letztlich war<br />
das aber ein Knackpunkt für das<br />
Ende unserer Beziehung.<br />
Ihr feiert einen ökumenischen<br />
Gottesdienst im Rahmen<br />
des CSD. Stellt sich die Frage: Ist<br />
Gott queer?<br />
Als gläubiger Christ kann ich für<br />
mich sagen: Gott liebt alle. Das ist<br />
die zentrale Message. Sein Bodenpersonal<br />
hat da manchmal Erinnerungslücken.<br />
Welche Veranstaltung sollte<br />
ein Heterosexueller beim CSD<br />
besuchen, um seine Vorurteile<br />
abzubauen?<br />
Den queeren Tanzkurz. Da lernt<br />
man flexibel zu sein. Mal ist man<br />
in der führenden Rolle, mal lässt<br />
man sich führen.<br />
Thomas Pregl<br />
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