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Jürgen van Oorschot | Andreas Wagner (Hrsg.): Biografie und Lebensalter (Leseprobe)

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

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56<br />

Michaela Bauks<br />

„Ich habe übertroffen, was meine Vorfahren geleistet haben, <strong>und</strong> meine Nachfahren werden<br />

mich (auch) in diesem Aeon (lit. Millionen an Jahren) nicht erreichen bezüglich all<br />

dessen, was ich geleistet habe, denn schließlich ist [dieses La]nd [ruhig]“. 14<br />

Während der Nachsatz – allerdings ist der Text hier korrupt – auch auf die geschichtliche<br />

Zeit verweisen könnte, deutet Morenz die Passage wegen der Wendung<br />

„in dieser Jahr Million“ ḥḥ n rnp.t pn messianisch-eschatologisch als „neue<br />

Zeit“.<br />

In jedem Fall unterstreicht die virile Selbstbeschreibung als „Manns-Kerl –<br />

Es wird keinen anderen geben“ seinen außerordentlichen Anspruch, der in dem<br />

Text refrainartig mehrfach wiederkehrt.<br />

2. Messias <strong>und</strong> Gottebenbildlichkeit – qädäm als<br />

besonderes Zeitschema<br />

Anhand von zwei alttestamentlichen Diskursen möchte ich diese geschichtsphilosophische<br />

Rekonstruktion nochmals kritisch reflektieren.<br />

1. Messias <strong>und</strong> Gottebenbildlichkeit bilden zwei unabhängige Stränge der<br />

biblischen Königsideologie. Wie die zitierten Texte aus Deutero-Jesaja<br />

<strong>und</strong> dem Kolosserhymnus demonstrieren, ist die Bezeichnung Messias<br />

traditionsgeschichtlich komplex, sobald man nämlich das etymologische<br />

Verständnis einer rituell gesalbten zumeist königlichen Gestalt<br />

verlässt („Alltagssinn“) <strong>und</strong> die theologische Bedeutung erhebt. Denn<br />

das Neue Testament kennt Messias/Christos als Hoheitstitel, wobei der<br />

eschatologische Charakter prägend ist. Diese Konnotation fehlt jedoch<br />

im Alten Testament, wo der funktionale Bezug überwiegt. 15 Im NT begegnen<br />

die Gottessohnschaft des Gesalbten (Mk 14,61f; vgl. Kol 1,3)<br />

neben seiner Davidsohnschaft (z. B. Mk 10,47f; 11,10).<br />

2. Der Christus-Hymnus verweist in Kol 1,15 in Bezug auf die Gottebenbildlichkeit<br />

auf einen weiteren königsideologischen Kontext, wobei das<br />

Konzept im Vergleich zur alttestamentlichen Anwendung auf den Menschen<br />

an sich im NT eine Revision erfährt. Die Bezeichnung wird zum<br />

Hoheitstitel von Jesus Christus, <strong>und</strong> die Inanspruchnahme durch die<br />

Menschen bedarf nun des Umwegs über die Nachfolge Jesu. Christus<br />

14<br />

Übersetzung BREYER, TUAT NF Bd. 2, 191; s. oben Morenz S. 43.<br />

15<br />

Leuenberger führt aus, dass in dem einschlägigen Königspsalm Ps 2,2.6 der Messias<br />

genannt ist, innerhalb des gezeichneten Weltbildes von Gott als Weltenherrscher erstmals<br />

auf dem Zion (anders Ps 20,3; 110,2) eingesetzt bzw. gezeugt ist, dessen Erbland<br />

bis an die Enden der Erde reicht (V. 8ff). Doch verzichtet die kosmisch ausgeweitete<br />

Tempel- <strong>und</strong> Palastvorstellung darauf, eine endzeitliche Königsvorstellung einzutragen.<br />

Stattdessen führt der König die Herrschaft zusammen mit JHWH aus (LEUENBERGER., Messias<br />

im Übergang, 46; vgl. HARTENSTEIN, Psalm 2, 81.97).

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