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Jürgen van Oorschot | Andreas Wagner (Hrsg.): Biografie und Lebensalter (Leseprobe)

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

Anthropologie wird manifest, wenn es um Biografie und Lebensalter geht. So verwundert es nicht, wenn Fragen konkreter Lebensführung, ihrer materialen und sozialen Grundlagen sowie die Biografie neben dem Alten Testament auch in der Altorientalistik und der Ägyptologie intensiv diskutiert werden. Der vorliegende Band versammelt neben je einem ägyptologischen und hethitologischen Exempel alttestamentliche Beiträge zur Rechtsanthropologie, zur Ethik sowie ausgewählten Literaturbereichen des Alten Testaments inkl. Ben Sirach, in denen Aspekte von Biografie und Lebensalter mit ihren Hinweisen auf die materiale, soziale und theologische Verfasstheit des Menschen dargestellt werden.

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Biographische Schilderungen bei den<br />

Hethitern<br />

Zwischen Reflexion, Rechtfertigung <strong>und</strong> Propaganda<br />

Birgit Christiansen<br />

1. Einleitung<br />

Im Jahre 1998 ist ein Tagungsbeitrag von Stefan Maul erschienen, der den Titel<br />

Altorientalische Tatenberichte mit (auto)biographischen Zügen trägt. 1 Maul hält<br />

in dem Beitrag fest, dass es autobiographische oder biographische Texte im Alten<br />

Orient nicht gegeben hat.<br />

Betrachtet man nur die Überlieferung der Babylonier <strong>und</strong> Assyrer, ist Maul<br />

recht zu geben. So sind uns zwar zahlreiche Königsinschriften überliefert, die<br />

sich von kurzen Bauinschriften bis hin zu ausführlichen Tatenberichten entwickeln.<br />

Da sie in der 1. Person Singular verfasst sind, erwecken sie den Eindruck<br />

einer Ich-Erzählung des jeweiligen Herrschers. Wie Maul zutreffend feststellt,<br />

geht es in diesen Inschriften aber nicht darum, die verschiedenen Stationen des<br />

Lebens des jeweiligen Herrschers oder seine Persönlichkeit <strong>und</strong> die Triebfedern<br />

seines Handelns darzustellen.<br />

So thematisieren die Texte weder Geburt <strong>und</strong> Jugend des Königs noch die<br />

Umstände seiner Thronbesteigung. Ebensowenig finden familiäre Ereignisse<br />

wie Hochzeit <strong>und</strong> Geburt der Kinder oder Krankheit <strong>und</strong> Tod von Familienmitgliedern<br />

Erwähnung. 2 Es handelt sich vielmehr um res gestae bzw. annalistische<br />

Texte, die die Ruhmestaten des jeweiligen Königs für ewig festhalten sollten.<br />

Dabei stellen die Tatenberichte babylonischer Herrscher die Bautätigkeit <strong>und</strong><br />

die Pflege der Tempel in den Vordergr<strong>und</strong>, während der Fokus der assyrischen<br />

Berichte auf den politisch-militärischen Unternehmungen des Herrschers liegt.<br />

Letztere beinhalten die Feldzüge des Herrschers in chronologischer Reihenfolge<br />

vom ersten Regierungsjahr bis zum Zeitpunkt der Abfassung der Niederschrift.<br />

Zur Rekonstruktion historischer Ereignisse sind diese Texte aber nur bedingt<br />

geeignet, weil politische <strong>und</strong> militärische Misserfolge entweder ausgespart oder<br />

geschönt dargestellt wurden. Vielmehr ging es den Verfassern der Texte darum,<br />

den Namen <strong>und</strong> die Ruhmestaten des jeweiligen Herrschers für die Nachwelt<br />

festzuhalten <strong>und</strong> letztere zukünftigen Herrschern zum Vorbild zu machen.<br />

1 MAUL, Altorientalische Tatenberichte.<br />

2 MAUL, Altorientalische Tatenberichte, 11–12.

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