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Thema PVC-Verarbeitung<br />
Das Multitalent<br />
Weich oder hart, besonders stabil oder<br />
extrem flexibel, bunt oder völlig<br />
durchsichtig, besonders<br />
widerstandsfähig gegen Witterung oder<br />
gegen Beschädigung - PVC-Produkte<br />
haben viele „Gesichter“. Fallweise ist<br />
kaum zu glauben, dass derart<br />
unterschiedliche Gegenstände aus ein<br />
und demselben Werkstoff bestehen: Das<br />
Fensterprofil und die LKW-Plane, die<br />
Schwimmflügel, das Kabel und das<br />
Kanalrohr.<br />
Die weite Produktpalette beruht<br />
einerseits auf der richtigen Rezeptur:<br />
PVC wird nie in „Reinform“ verarbeitet,<br />
sondern mit Hilfs- und Zusatzstoffen<br />
variiert. Andererseits eignet sich PVC für<br />
sämtliche Techniken, mit denen<br />
Thermoplaste verarbeitet werden.<br />
Extruder<br />
In einem beheizten Zylinder dreht sich eine<br />
Schnecke, welche die Formmasse nach vorn<br />
fördert, verdichtet, plastifiziert (aufschmilzt) und<br />
homogenisiert (homogenes=gleichmässig). Vor<br />
den Schneckenzylinder ist ein Werkzeug gesetzt.<br />
Dieses gibt der plastisch austretenden Masse die<br />
gewünschte Form, z.B. Rohre, Profile, Tafeln,<br />
Folien.<br />
Daher ist selbst bei einer auf den ersten Blick so „einfachen“ Produktgruppe wie<br />
PVC-Bodenbelägen genau zu unterscheiden: Es kann sich um einen kalandrierten<br />
oder um einen Streichbelag handeln, kompakt oder geschäumt. Je nach<br />
Einsatzgebiet und Nutzungsart wird man dem einen oder dem anderen den Vorzug<br />
geben. Extrem hohe Beanspruchung spricht grundsätzlich für einen kalandrierten<br />
Belag. Der kann dann allerdings wiederum homogen oder heterogen aufgebaut<br />
sein, also aus mehreren gleich gearteten Schichten oder aus einer abriebfesten<br />
Ober- und hoch gefüllten Unterschichten bestehen. Erstere finden meist im Objekt-,<br />
letztere im privaten Wohnbereich Einsatz.<br />
Eine Wissenschaft? Tatsächlich. In jahrzehntelanger Forschung und Erprobung<br />
wurden Produkte entwickelt, die den Anforderungen „punktgenau“ entsprechen.<br />
PVC hat seine Vielseitigkeit bewiesen. Rohstoffhersteller, Compoundierer, die<br />
Maschinenindustrie und die vielen Verarbeiter-Branchen arbeiten gemeinsam an<br />
der Verfeinerung von Produkten und Techniken. Zusatzstoffe werden den neuesten<br />
Erkenntnissen angepasst, industrielle Fertigungen ökologisch und ökonomisch<br />
optimiert und die Wiederverwertbarkeit von Abfällen wird bereits im Produktdesign<br />
berücksichtigt.<br />
Das Wichtigste in Kürze<br />
� Die in der Praxis bedeutendsten PVC-Verarbeitungsverfahren sind das<br />
Extrudieren, das Kalandrieren, das Spritzgiessen, die Pastenverarbeitung und<br />
das Extrusionsblasformen.<br />
� Extrudiert (lateinisch extrudere = heraustreiben) werden Halbzeuge, also
Produkte, die in der Folge weiterverarbeitet werden. Etwa Platten, Profile oder<br />
Rohre.<br />
� Folien werden kalandriert (lateinisch calandrer = rollen), also zwischen<br />
Walzen in die gewünschte Breite und Stärke gebracht.<br />
� Vor allem für komplizierte Formteile (etwa Maschinengehäuse und -teile) ist<br />
das Spritzgiessen die beste Lösung. Der Vorteil: Meist ist keine weitere<br />
Nacharbeit erforderlich.<br />
� Für die Pastenverarbeitung wird dem PVC ein Weichmacher beigefügt,<br />
sodass sich eine streichfähige Paste ergibt, die ihrerseits leicht<br />
weiterverarbeitet (z. B. auf ein Trägermaterial aufgebracht) werden kann.<br />
� Hohlkörper (wie etwa Flaschen) werden mittels Blasformung hergestellt.<br />
Dabei wird ein PVC-„Schlauch“ in ein zweiteiliges Hohlwerkzeug gedrückt und<br />
mit hohem Luftdruck an die Innenwände der Form gepresst, sodass der<br />
Hohlkörper entsteht.<br />
Die Einheit von Idee, Material und Verarbeitung<br />
Besser als jede abstrakte Beschreibung kann das folgende Fallbeispiel die<br />
Faszination der PVC-Verarbeitungsmöglichkeiten zeigen: „Ein Hochfrequenz-<br />
Schweissapparat. Das war meine Fahrkarte zum Glück.“ So schildert der Engländer<br />
Nick Crosbie jene „Begegnung“ im Jahr 1992, die am Anfang seiner<br />
Erfolgsgeschichte steht.*) Einer Geschichte, die als typisch gelten kann für die<br />
Bedeutung, die dem Zusammenführen einer Idee mit ihrer technischen Umsetzung<br />
und der industriellen Fertigung zukommt. Nick Crosbie, noch keine 30 Jahre alt, ist<br />
Gründer des mittlerweile international gefeierten Unternehmens „Inflate“. Nomen<br />
est omen bei diesem Londoner Betrieb: Alles, was er herstellt, ist aufblasbar. Vom<br />
Sessel über die Obstschale bis zum Eierbecher - alles aus PVC-Folie.<br />
„Das Material genau nach den Vorstellungen“<br />
„Am Anfang bist du sehr vom Verfahren abhängig“, weiss Crosbie, der gelernte<br />
Designer. Und erzählt über die Phase des Experimentierens, in der „sehr viel<br />
Material getestet“ wurde. „Es gibt viele Methoden, Kunststoffe herstellen zu lassen,<br />
und es ist sehr unwahrscheinlich, wenn Du an etwas wirklich Neuem arbeitest, dass<br />
es dann das Material, das für den Entwurf richtig ist, immer gibt.“ Crosbie fand sein<br />
Material: 0,3 Millimeter PVC-Folie, 56 Prozent Weichmacher, mit Satin-Glanz. „300<br />
Mikron ist ziemlich dick für aufblasbare Produkte, aber es erzeugt ein Gefühl von<br />
hoher Qualität.“<br />
Crosbies Partner Tom Dixon ergänzt: „Wir konnten eine Herstellungsmethode<br />
finden, die ziemlich Low-Tech ist.“ Dadurch bleibt das Unternehmen auch bei<br />
Kleinserien wettbewerbsfähig. „Wir machen viele der Muster und Gussformen in<br />
unserer eigenen Prototypen-Werkstatt.“ Resümee und Ausblick der beiden<br />
Erfolgsunternehmer: „Kunststoffe waren ein grosser Sprung nach vorn ... und<br />
haben es mehr Leuten ermöglicht, Produkte mit gutem Design zu geniessen.“ PVC<br />
ist in. Die Inflate-Erfolgsprodukte aus PVC beweisen es.<br />
Die „vielen Leben“ eines Thermoplastes<br />
PVC ist ein thermoplastischer Kunststoff. Es wird also in der Wärme weich und<br />
lässt sich dann beliebig verformen. Die übliche Verarbeitungstemperatur beträgt<br />
160 bis 200 (bei Plastisolen bis 230) Grad Celsius. Nach dem Abkühlen erstarrt<br />
PVC wieder. Ohne dass sich die Eigenschaften wesentlich ändern, kann dieser<br />
Vorgang mehrfach wiederholt werden. Diese Tatsache stellt auch für die stoffliche<br />
Wiederverwertung von Verarbeitungsresten oder gebrauchten Produkten einen<br />
unschätzbaren Vorteil dar. Für die Qualität des Recyclats spielt dabei naturgemäss
die Homogenität des verwerteten Materials eine wichtige Rolle, da durch die<br />
Zusatzstoffe die Eigenschaften des gewonnenen Materials definiert sind. Doch<br />
zurück zu den möglichen Wegen, die dem Roh-PVC, einem weissen Pulver, offen<br />
stehen:<br />
Das Compound<br />
Wie die meisten Werkstoffe wird PVC nicht alleine, sondern gemeinsam mit Zusatzstoffen<br />
verarbeitet. Auswahl und Dosierung dieser Stoffe bestimmen wesentlich die<br />
Verarbeitungseigenschaften der PVC-Mischung und in der Folge die<br />
Gebrauchseigenschaften des Fertigproduktes. Die Mischung aus PVC und<br />
Additiven wird „Dryblend“ oder „Compound“ genannt und ist genau spezifiziert.<br />
Die Extrusion<br />
Diese Verarbeitungsform kann mit dem Vorgang in einem Fleischwolf verglichen<br />
werden: Das PVC-Granulat wird unter Druck durch beheizte Förderschnecken<br />
geschickt und dabei aufgeschmolzen. Dann wird das Material durch die Öffnung<br />
des formgebenden Werkzeuges gepresst und abgekühlt. So entstehen<br />
Fensterprofile, Rohre, Stäbe, Platten und ummantelte Kabel. Das Verfahren ist ein<br />
kontinuierliches, läuft also grundsätzlich ohne Unterbrechung ab.<br />
Das Kalandrieren<br />
Dabei schmelzen zwei beheizte Metallwalzen die PVC-Mischung auf. Nachgeschaltete<br />
Walzen homogenisieren es und bringen es in die gewünschte Dicke - ein<br />
endloses Folienband entsteht. Auf diese Weise werden vor allem Platten und<br />
Folien, aber auch (teilweise) Bodenbeläge und „Kunstleder“ hergestellt. Nach<br />
Verlassen des Kalanders kann die Folie durch Prägen, Bedrucken, Beflocken oder<br />
Metallisieren weiter behandelt werden.<br />
Das Spritzgiessen<br />
Hier erfolgt die Plastifizierung - ähnlich wie bei der Extrusion - durch ein beheiztes<br />
Schneckensystem. Die Schmelze wird direkt in eine Form gespritzt und gekühlt,<br />
anschliessend der feste Fertigteil aus der (geöffneten) Form entnommen. So<br />
entstehen Fittings für Rohre, Gehäuse und Tastaturen oder etwa Gartenmöbel.<br />
Das Blasformen<br />
Dabei wird das aufgeschmolzene PVC durch eine Ringdüse gepresst, wodurch ein<br />
dünnwandiger Schlauch entsteht. Sollen Folien hergestellt werden, wird der<br />
Schlauch auf ein Mehrfaches seines Durchmessers aufgeblasen, flach gelegt,<br />
abgezogen und aufgerollt. Zur Fertigung von Hohlkörpern (wie z. B. Mineralwasserflaschen)<br />
wird der Schlauch mit Luft an die Wände einer entsprechenden Form<br />
gepresst. Nach dem Abkühlen kann der geöffneten Form die fertige Flasche<br />
entnommen werden.<br />
Die PVC-Pastenverarbeitung<br />
PVC-Pasten - „Plastisole“ - eröffneten der PVC-Verarbeitung neue Wege: die<br />
Formgebung bei Raumtemperatur. Die Paste kann<br />
� mit Messern, Walzen oder per Siebdruck auf ein Trägermaterial (Textil,<br />
Glasfaser) gestrichen werden - Bodenbeläge, Planen,<br />
� aufgesprüht oder injiziert werden - Dichtungen, KFZ-Unterbodenschutz,<br />
� durch das Eintauchen einer Form gebunden werden - Handschuhe,<br />
� rotationsgegossen werden - Bälle, Puppenkörperteile.
Durch das Erwärmen auf 180 bis 230 Grad Celsius geliert die Paste und fixiert die<br />
Form.<br />
*) Alle Zitate wurden entnommen aus: Florian Hufnagl (Hrsg.) Plastics + Design,<br />
Arnoldsche, 1997<br />
Den Anwendungen sind dank der vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeiten von PVC<br />
so gut wie keine Grenzen mehr gesetzt.<br />
Interview<br />
Herr Professor Kaiser, worin sehen<br />
Sie die Besonderheiten der PVC-<br />
Verarbeitung?<br />
Polyvinylchlorid oder PVC ist ein<br />
unglaublich vielseitiger Werkstoff. Im<br />
Vergleich zu anderen Kunststoffen ist<br />
die Bandbreite der Verarbeitungs-<br />
möglichkeiten für PVC fast unendlich<br />
gross - ob nun von einer Verarbeitung<br />
aus der Schmelze ausgegangen wird<br />
oder aus dem flüssigen Zustand.<br />
Können Sie diesen letzten Punkt<br />
näher erklären?<br />
Nun, PVC wird üblicherweise in<br />
pulverförmigem Zustand angeliefert.<br />
Wenn dieses Pulver genügend hoch<br />
erwärmt wird, dann entsteht ein<br />
Schmelzezustand, durch den das<br />
Material plastisch formbar wird.<br />
Prof. Dr. Wolfgang Kaiser unterrichtet seit 1966<br />
an der Fachhochschule Aargau in Brugg-Windisch<br />
und hat dort die grösste Kunststoff-<br />
Technologie-Ausbildungsstätte der Schweiz<br />
aufgebaut. Seit 1990 ist er auch Dozent für<br />
Kunststofftechnik an der ETH Zürich. Zudem ist er<br />
Leiter des industrienahen Kunststoff-Ausbildungs-<br />
und Technologie-Zentrums (KATZ) in Aarau, das<br />
1993 eröffnet worden ist.<br />
Als Endprodukte entstehen so entweder harte Rohre, Fensterprofile, Hohlkörper<br />
und/oder flexible Folien, Dachbahnen und Medizinalartikel. Es gibt auch die<br />
Möglichkeit, dem PVC-Pulver Flüssigkeiten in der Form von Weichmachern<br />
und/oder organischer Lösemittel beizumengen: Das ergibt Pasten, die sogenannten<br />
Plastisole oder Organosole. Diese Pasten können gegossen, gestrichen oder zur<br />
Beschichtung anderer Materialien verwendet werden. Durch nachträgliche<br />
Wärmebehandlung (Gelieren) und anschliessendes Abkühlen wird das Ganze dann<br />
formstabil, abriebfest und gummiartig elastisch.<br />
Welche Möglichkeiten gibt es, PVC zu verarbeiten?<br />
An oberster Stelle stehen sicherlich das Extrudieren und Spritzgiessen. Doch PVC<br />
eignet sich auch für Beschichtungen und für die Kalandertechnik. Bei den meisten<br />
Verfahren muss darauf geachtet werden, die Temperatur sehr genau zu<br />
kontrollieren. Wenn nämlich ein bestimmter Temperaturbereich überschritten wird,<br />
kann es dazu kommen, dass sich PVC zersetzt. Um dies zu verhindern, gibt es in<br />
den Maschinen und Anlagen Thermoelemente, die exakte Temperaturführungen<br />
ermöglichen. Es ist ein Prinzip, das dem eines Kochherdes ähnelt: Eine Herdplatte<br />
erhitzt sich so lange, bis eine gewünschte Temperatur erreicht ist, und bleibt dann<br />
auf dieser Stufe.<br />
_
Wie wird diese Temperaturführung in der PVC-Verarbeitung gehandhabt?<br />
PVC schmilzt durch Heizen und/oder durch Friktionswärme. Um etwa beim<br />
Spritzgiessen die richtige Temperatur einzuhalten, gibt es eigens entwickelte<br />
Spritzgiess-Schnecken für PVC, die verhindern, dass die Schmelze einer zu hohen<br />
Reibung ausgesetzt ist. Für die Extrusion besitzen diese Schnecken zusätzlich eine<br />
Bohrung in ihrem Kern, durch die bei Bedarf kaltes Wasser zugeführt wird, das die<br />
Metalloberfläche der Schnecke abkühlt. Auch der Einsatz von Luftgebläsen zur<br />
Kühlung ist weit verbreitet. Früher hat man einfach einen bestimmten Punkt fixiert,<br />
der nicht überschritten werden durfte. Sobald sich die Temperatur diesem Punkt<br />
genähert hat, wurden die Maschinen abgeschaltet. Die heutige Regelungs- und<br />
Steuerungstechnik ermöglicht es, dieser Grenztemperatur - die im übrigen weit<br />
über dem Siedepunkt des Wassers liegt, fast immer doppelt so hoch ist - gar nicht<br />
erst zu nahe zu kommen, ohne den Produktionsprozess unterbrechen zu müssen.<br />
Was können Sie uns über Entwicklungen in der Verarbeitung erzählen?<br />
Die Grundgleichung der Kunststoff-Technik lautet: Makromoleküle plus Additive<br />
ergeben einen Kunststoff. Das ist vor allem für PVC ganz spezifisch, denn ohne<br />
Zusatzstoffe findet man PVC praktisch nicht. Erst durch die Zusatzstoffe erhält PVC<br />
Eigenschaften wie etwa UV-Beständigkeit oder besondere Stossfestigkeit. Das<br />
Paradepferd der Zusatzstoffe sind die Weichmacher - chemische Verbindungen,<br />
die dem PVC zugesetzt werden, um seine Flexibilität zu erhöhen. An diesen<br />
Zusatzstoffen wird laufend weitergearbeitet, um Produkte mit immer vielseitigeren<br />
Eigenschaften zu entwickeln. Dann gibt es auch die Möglichkeit der<br />
Copolymerisation: Dabei wird Vinylchloridmonomer mit den Grundmolekülen<br />
anderer Stoffe polymerisiert.<br />
Können Sie uns Beispiele dafür nennen?<br />
Wenn etwa in die Molekülkette des Vinylchlorid Propylen eingebaut wird, dann<br />
entsteht nach der Polymerisation ein innerlich weichgemachtes PVC: Es ist<br />
besonders flexibel, hat ähnliche Endeigenschaften wie Gummi, kann jedoch viel<br />
kostengünstiger in eine Vielfalt von Formen gebracht werden. Bei der sogenannten<br />
Pfropf-Copolymerisation wird das Vinylchlorid auf eine Kette anderer Moleküle<br />
aufgepfropft, zum Beispiel Acrylatkautschuk. Die Anwendungsgebiete dieses<br />
Materials reichen von besonders schlagfestem PVC bis zu thermoplastischen<br />
Elastomeren (TPE). Welche anderen Entwicklungen gibt es? Es wird daran<br />
gearbeitet, das PVC-Pulver immer feinkörniger zu produzieren. Feinkörnige<br />
Suspensionstypen mit einem Korndurchmesser von nur 30 Mikrometern (1<br />
Mikrometer entspricht dem Tausendstel eines Millimeters) gewinnen ständig an<br />
Bedeutung. Sie dienen einerseits als Verschnittharze für die Pastenverarbeitung:<br />
Das neue, besonders feinkörnige Suspensions-PVC kann mit dem üblichen Pasten-<br />
PVC verschnitten werden. Die daraus produzierte Paste wird streichfähiger,<br />
ausserdem kann bei Beschichtungen die Oberfläche unterschiedlicher gestaltet<br />
werden. So können etwa besonders hochwertige Fussböden mit matter Oberfläche<br />
hergestellt werden, aber auch die Oberflächen von Folien, Platten oder Profilen<br />
können mattiert oder strukturiert werden. Ich kann also die Verarbeitung nicht nur<br />
variieren durch Zusatzstoffe und durch die Änderung der Molekularstruktur,<br />
sondern habe eine zusätzliche Variante durch die Mischung unterschiedlicher PVC-<br />
Typen.<br />
Gibt es noch weitere Variationsmöglichkeiten?<br />
Die Herstellung unterschiedlicher Blends macht sich immer stärker bemerkbar.<br />
Blends - ein Begriff, den man auch aus der Tabakindustrie kennt - bedeutet in der<br />
PVC-Verarbeitung das Mischen von PVC mit anderen Kunststoffen. Die Mischung<br />
von PVC und bestimmten Kautschuksorten ergibt beispielsweise ein komplett<br />
neues Material, das sich auch bei grosser Kälte als besonders schlagfest erweist.
Der Unterschied zwischen Mischung und Copolymerisation ist folgender: Die<br />
Herstellung von PVC-Blends ist - im übertragenen Sinne gesprochen - wie eine<br />
Legierung von Metallen. Ich nehme zwei fertige Kunststoffe, vermenge sie und<br />
stelle so einen neuen Kunststoff her. Bei der Copolymerisation hingegen greife ich<br />
ein, während sich eine Molekularkette aufbaut, verändere also einen Kunststoff,<br />
während er entsteht. Was gibt es an Neuerungen? PVC hat einen sehr hohen<br />
Reifegrad. Die ersten Copolymerisate wurden bereits vor Jahrzehnten hergestellt.<br />
Dennoch gibt es immer noch Neuerungen - entweder durch neue Copolymerisate<br />
oder durch andere Blends. Auch bei den Zusatzstoffen ändert sich viel: Es werden<br />
neue Additive entwickelt, die zu vielseitigeren Endprodukten führen und auch den<br />
gestiegenen Umweltansprüchen immer besser entsprechen. Am wichtigsten sind<br />
jedoch die grossen ökologischen Fortschritte bei der Herstellung, Verwendung und<br />
Verwertung von PVC. Diese Fortschritte werden auch in unabhängigen<br />
Untersuchungen anerkannt, PVC schneidet etwa in der kürzlich veröffentlichten<br />
Studie der Prognos AG in Basel sehr gut ab.