WolfgangBauernkalender2024
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Wolfgang von Regensburg –<br />
eine prägende Persönlichkeit<br />
Text: Michael Neureiter<br />
Vor 1100 Jahren geboren, hat der hl. Wolfgang<br />
die Gegend um Mondsee und Abersee besonders geprägt.<br />
Doch auch im übrigen Land Salzburg gibt es zahlreiche Darstellungen<br />
des Heiligen in vielen Kirchen und Kapellen. Eine Spurensuche.<br />
Um das Jahr 924 im Schwabenland<br />
geboren, sind Geburtstag und -jahr<br />
des hl. Wolfgang nicht sicher verbürgt, wir<br />
sind auf Schätzungen angewiesen – er mag<br />
bei seinem Ableben 994 etwa siebzig Jahre<br />
alt gewesen sein. Seine Eltern sollen aus<br />
Pfullingen gekommen sein, einer Kleinstadt<br />
im Landkreis Reutlingen in Baden-<br />
Württemberg. Mit sieben Jahren wurde<br />
Wolfgang einem Weltpriester übergeben,<br />
der ihn im elterlichen Hause unterrichtete.<br />
Etwa mit zehn kam er zu den Benediktinern<br />
in Reichenau am Bodensee zur damals<br />
üblichen Klerikerausbildung, um 946 an die<br />
Domschule in Würzburg zum Abschluss<br />
des Studiums. Entgegen seinem Wunsch,<br />
sich in die Einsamkeit zurückzuziehen<br />
und Mönch zu werden, folgte er 956 der<br />
Bitte des neuen Erzbischofs von Trier und<br />
wurde dort Lehrer an der Domschule sowie<br />
Regens am Priesterseminar, war aber noch<br />
immer nicht zum Priester geweiht. 964<br />
starb der Erzbischof auf einer Romreise mit<br />
Kaiser Otto I. an der Pest, empfahl aber<br />
vor seinem Tod Wolfgang dem Kaiser und<br />
bat um seinen Schutz, weil dieser wegen<br />
seiner strengen Lebensauffassung einigen<br />
verhasst war. Der Kaiser nahm Wolfgang<br />
96 TRADITION & GESCHICHTE
Gotische<br />
Aufsatzstatuette des<br />
in die Reichskanzlei in Köln, was<br />
hl. Wolfgang, 15. Jahrhundert,<br />
aus der Wolfgang-<br />
diesem aber nicht zusagte. Ein<br />
Jahr später schon trat er in das kapelle von St. Michael<br />
strenge junge Benediktinerkloster im Lungau. Der Heilige ist<br />
Maria Einsiedeln ein, wurde<br />
mit Kirchenmodell und<br />
dort Lehrer und 968 zum Priester Hackl dargestellt.<br />
geweiht. 971 wurde er als Missionar<br />
nach Ungarn entsandt und 972 zum<br />
Bischof von Regensburg ernannt. Der<br />
Salzburger Erzbischof Friedrich weihte ihn<br />
zum Bischof. Er verließ das Kloster, legte<br />
aber das Mönchtum und den Habit der<br />
Benediktiner nicht ab.<br />
Abt des Klosters Mondsee<br />
Als Bischof war er auch Abt des<br />
Benediktinerklosters St. Emmeram in<br />
Regensburg und des Klosters Mondsee, das<br />
zum Bischofsgut gehörte. Dieses wurde von<br />
seinen Vorgängern nachweislich immer<br />
wieder auch bei Entscheidungen aufgesucht.<br />
Wolfgang zeigte sich rasch als Reformer, gab<br />
St. Emmeram einen Abt, baute Bibliothek<br />
und Schule aus und machte das Kloster<br />
zu einem Brennpunkt religiösen und<br />
kulturellen Lebens. Regensburg wurde zu<br />
einem „zweiten Athen“. Buchmalerei und<br />
Goldschmiedekunst blühten auf. Mehr<br />
als hundert Klöster wurden von seinen<br />
Reformen erfasst. Er sicherte auch dem<br />
Konvent seines Eigenklosters Mondsee seine<br />
vollen Rechte.<br />
Nach dem Tod Kaiser Ottos I. 973 gab es<br />
einen heftigen Streit um die Herrschaft im<br />
Reich zwischen dessen Sohn Otto II., der<br />
schon 967 im Alter von zwölf Jahren vom<br />
Papst zum Mitkaiser gekrönt wurde, und<br />
dem Baiernherzog Heinrich II. dem Zänker.<br />
Wolfgang waren als Freund des Herzogs<br />
und als Reichsfürst die Hände gebunden. Er<br />
wollte nicht in den Aufstand des Herzogs<br />
hineingezogen werden und zog sich 976<br />
nach Mondsee zurück. Schon im Spätherbst<br />
977 kehrte er nach Regensburg zurück.<br />
Wolfgangs tatenreiches Leben fand ein jähes<br />
Ende: 994 machte er sich auf der Donau auf<br />
die Reise nach Pöchlarn, um mit Erzbischof<br />
Hartwig von Salzburg eine Arrondierung<br />
des Mondseer Streubesitzes in der<br />
Ostmark zu verhandeln und geschlossene<br />
Güterkomplexe zu schaffen. Auf dem<br />
Weg wurde er schwer krank, ließ sich in<br />
Pupping, heute im Bezirk Eferding, an<br />
Land bringen und verstarb am 31. Oktober<br />
994 in der dortigen Otmarkapelle. Sein<br />
Leichnam wurde zurück nach Regensburg<br />
gebracht und in St. Emmeram, wo er sein<br />
Reformwerk begonnen hatte, beigesetzt.<br />
1052 wurde er heiliggesprochen und in der<br />
neuerrichteten Krypta beigesetzt.<br />
SALZBURGER BAUERNKALENDER 2024<br />
97
„leben und legend“<br />
Schon bald nach dem Tode des hl. Wolfgang<br />
erschien eine beachtliche Reihe von<br />
Lebensbeschreibungen: Sie mischen wie<br />
bei vielen Heiligenleben des Mittelalters<br />
Historisches und Legendäres. Das älteste<br />
erhaltene Dokument stammt von Arnold,<br />
Prior von St. Emmeram, der es um<br />
1037 schrieb. Die „Vita St. Wolfgangi“<br />
von dessen Mitbruder Othloh entstand<br />
um 1045. Beide heben den historischen<br />
Aufenthalt Wolfgangs in Mondsee 976/977<br />
nicht eigens hervor. Es ist nicht von der<br />
Hand zu weisen, dass er sich in diesem<br />
Mondseer Jahr auch um den Besitz am<br />
Abersee kümmerte. Darauf beziehen sich<br />
die „Landshuter Wolfgangsdrucke“: „leben<br />
und legend des himelfürsten und heyligen<br />
peichtigers [= Bekenner] San Wolfgangs,<br />
was der almechtig got durch inn gewürckt,<br />
von kintheit auff piß ann sein endt …“<br />
steht auf dem Titelblatt der Landshuter<br />
Wolfgangsdrucke. Das Buch wurde im<br />
Das Benediktiner -<br />
kloster St. Emmeram<br />
in Regensburg wurde<br />
um 739 gegründet<br />
und bestand bis zur<br />
Säkularisation 1803.<br />
Benediktinerkloster Mondsee<br />
zusammengestellt und erschien 1515<br />
in Landshut, verlegt durch Johann<br />
Weyssenburger. 1516 und 1522 gab es<br />
inhaltsgleiche Neuauflagen, 1516 auch in<br />
Latein.<br />
In den Texten und den 50 Holzschnitten<br />
des Buches geht es um legendäre Züge<br />
und um wirklichkeitsnahe Begebenheiten.<br />
Wir kennen weder den Autor oder die<br />
Autoren noch die Namen des oder der<br />
Künstler. Sicher ist, dass vorangehende<br />
Beschreibungen der Vita des Heiligen<br />
bekannt waren. Unverkennbar ist auch eine<br />
stilistische Verwandtschaft der Holzschnitte<br />
mit Meistern der Donauschule, mit Albrecht<br />
Altdorfer und Wolf Huber. Beide standen in<br />
Verbindung zum Kloster Mondsee. Dessen<br />
Mönche waren auch die Betreuer der<br />
Wallfahrt nach St. Wolfgang am Abersee.<br />
Im Kloster Mondsee wurde das Andenken<br />
an Wolfgang über die Jahrhunderte bis zur<br />
Aufhebung 1791 wachgehalten.<br />
Die Legenden berichten vom Aufenthalt<br />
des Heiligen in seinem Eigenkloster<br />
Mondsee und schildern in<br />
dichterischer Ausschmückung<br />
einige wundersame<br />
Begebenheiten. Die Legenden,<br />
wie Wolfgang „an das<br />
Gebirg kam, das Falkenstein<br />
genannt wird“, werden<br />
dann zur Grundlage für die<br />
Entstehung der Wallfahrt und<br />
der Kirche von St. Wolfgang<br />
und von vielem anderem<br />
mehr: Wolfgangs „frommer,<br />
andächtiger Bruder“, der mit<br />
ihm aus Regensburg kam,<br />
konnte demnach oben am<br />
Falkenstein den Mangel an<br />
Wasser nicht ertragen: Wolfgang<br />
fiel auf die Knie und betete.<br />
„Dann stieß er seinen Stab an einen<br />
Felsen und sogleich trat eine schöne<br />
lautere Quelle aus ihm hervor, die noch<br />
heut dort vor der Menschen Augen fließt“<br />
98 TRADITION & GESCHICHTE
(Textfassung Hans Bleibrunner). Daran<br />
erinnert heute die Brunnkapelle auf<br />
dem Weg über den Falkenstein bei<br />
St. Gilgen bis nach St. Wolfgang.<br />
Hacklwurf als Sinnbild<br />
des Besitzergreifens<br />
Eine andere Begebenheit,<br />
der Hacklwurf, geht auf<br />
folgende Erzählung zurück:<br />
Im Blick auf den See und das<br />
herrliche Tal flehte Wolfgang<br />
zu Gott, er möge ihm den<br />
Platz bezeichnen, wo er seinen<br />
schuldigen Dank abstatten könne.<br />
Einer Eingebung folgend, warf<br />
er sein Beil „und fand es bei einem<br />
großen See auf einem harten Fels liegen“.<br />
Die Hacklwurfkapelle auf dem Weg von<br />
St. Gilgen nach St. Wolfgang erinnert daran.<br />
Ein Beilwurf diente nach altem deutschem<br />
Recht der Ermittlung einer Grenze und war<br />
somit auch ein Längenmaß. Der Beilwurf<br />
von beachtlicher Länge ist Sinnbild des<br />
Besitzergreifens. Zu den Legenden gehört<br />
auch, dass Wolfgang einen Jäger traf, der ihn<br />
erkannte und dies in Regensburg kundtat.<br />
Daraufhin gab Wolfgang widerstrebend<br />
dem Wunsch der Regensburger nach<br />
seiner Heimkehr nach und beschloss<br />
zurückzukehren.<br />
Die Pfarr- und Wallfahrtskirche zum<br />
hl. Wolfgang wurde als Filialkirche der<br />
Klosterpfarre Mondsee 1183 erstmals<br />
erwähnt. Von der Wallfahrt ist erstmals<br />
1306 zu lesen, sie soll aber schon viel<br />
früher eingesetzt haben. Der Legende nach<br />
hat der hl. Wolfgang als Einsiedler auf<br />
dem Falkenstein gehaust. Der uralte Weg<br />
durch den düsteren Wald zum Falkenstein<br />
und weiter hinunter nach St. Wolfgang<br />
passiert im Ortsteil Ried den Dittlbach,<br />
die alte Grenze zwischen Salzburg und<br />
Oberösterreich. Oben auf dem Falkenstein<br />
steht das Wallfahrtskirchlein zu Unserer<br />
lieben Frau und dem heiligen Wolfgang,<br />
1626 erbaut<br />
und 1692 erneuert.<br />
Es ist der Zielpunkt<br />
einer Reihe von<br />
Gedenkkapellen entlang des<br />
Das Hochgrab des<br />
hl. Wolfgang aus dem<br />
14. Jahrhundert im südlichen<br />
Seitenschiff der<br />
Basilika St. Emmeram<br />
in Regensburg.<br />
Weges von St. Gilgen über den Falkenstein<br />
nach St. Wolfgang. Eine Kapelle wurde<br />
schon 1350 urkundlich erwähnt. Sicher<br />
stand hier schon im 15. Jahrhundert,<br />
zur Zeit der Hochblüte der Wallfahrt,<br />
eine Kapelle. Von 1639 bis 1812 stand<br />
hier auch eine Klausnerei, Fundamente<br />
wurden 2012 gefunden. Hier soll sich<br />
auch die legendenhafte Einsiedelei des<br />
Heiligen befunden haben. In Spitzenzeiten<br />
sollen jährlich etwa 300 000 Pilgerinnen<br />
und Pilger am Falkenstein gewesen sein,<br />
andere Quellen sprechen von 80 000. Im<br />
18. Jahrhundert wird von 18 800 jährlichen<br />
Besuchern an den Stätten am Abersee<br />
berichtet. Kaiser Maximilian, der diese<br />
idyllische Landschaft mehrmals besuchte,<br />
wollte seine Grablege am „Valkenstain“<br />
errichten. Ein Entwurf für das Kaisergrab<br />
am Falkenstein befindet sich im Museum<br />
Ferdinandeum in Innsbruck.<br />
SALZBURGER BAUERNKALENDER 2024<br />
99
Die Pfarr- und<br />
Wallfahrtskirche<br />
St. Wolfgang<br />
heute.<br />
Zur Erinnerung nahmen die Wallfahrerinnen<br />
und Wallfahrer gerne Pilgerzeichen mit,<br />
denen Wirksamkeit zugeschrieben wurde.<br />
Die „Wolfgangiflascherln“ enthielten Wasser<br />
aus der Brunnkapelle. Das „Wolfgangihackl“,<br />
eine verkleinerte Nachbildung des vom Heiligen<br />
geschleuderten Beils, sollte gegen viele<br />
Erkrankungen und Unheil wirken. Die Verehrung<br />
des hl. Wolfgang war und ist weit verbreitet,<br />
der 280 km lange „Wolfgangweg“ von<br />
Regensburg nach St. Wolfgang ist in zwölf<br />
Etappen gegliedert und erfreut sich großer<br />
Beliebtheit bei Wanderern und Bikern. Im<br />
Land Salzburg gibt es zahlreiche Darstellungen<br />
des hl. Wolfgang in vielen Kirchen und<br />
Kapellen. Er ist Patron von Filialkirchen bzw.<br />
Kapellen in Fusch an der Glocknerstraße/Bad<br />
Fusch, Mauterndorf, St. Michael im Lungau<br />
und Salzburg/St. Peter.<br />
Über den Autor:<br />
Michael Neureiter, Mag. theol. phil., Studium der Theologie und Geschichte an der<br />
Universität Salzburg, ehemaliger ÖVP-Politiker, Landtagsabgeordneter und Zweiter Präsident<br />
des Salzburger Landtags. Neben seinem Unternehmen „horologium. groß- und turmuhren“<br />
ist er in diversen kulturellen Einrichtungen aktiv, mehr unter www.horologium.at<br />
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