TURNado | Andy Warhol - WDA Innsbruck
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Wahrnehmung<br />
IN DER WERBUNG SCHLÄGT´S 10 NACH 10<br />
Wir leben in einem Zeitalter, in dem sich alles um Geschwindigkeit zu drehen scheint.<br />
Einem Zeitalter, in dem Eile und Stress den Alltag bestimmen, in dem keine Zeit<br />
mehr bleibt, sich hinzusetzen und einen Brief zu schreiben. Dann doch lieber eine<br />
E-Mail, das geht viel schneller und effektiver. Unser Leben zieht schneller an uns<br />
vorbei, als wir es uns vorstellen können. Unsere Uhren stehen niemals still.<br />
Nur einen Ort scheint es zu geben, an dem man nichts ahnt vom Rausch<br />
der Geschwindigkeit. An dem eine Uhr nicht so recht weiß wie sie zu<br />
ticken hat. Dieser Ort ist die Werbung. Den meisten mag es noch nie<br />
aufgefallen sein, aber im Werbebusiness scheint es immer 10 nach 10<br />
zu sein. Nicht genug damit, auch wenn man ein Uhrengeschäft betritt,<br />
scheint die Erde aufzuhören sich zu drehen. Warum ist das so?<br />
Es ist kein Zufall, dass die Uhren der Werbung in Europa ein gleiches<br />
Gesichtsschema vorweisen, wie jene in Amerika oder sonst wo<br />
auf der Welt. Und genau dieses Gesichtsschema ist auch der Grund<br />
dafür, warum dies so ist. Die gewohnte V - Stellung der Zeiger vermittelt<br />
dem Betrachter ein Lächeln. Positive Energie strömt einem<br />
entgegen, die Uhren bekommen quasi ein „Verkaufsgesicht“. Man<br />
könnte die Stellung der Zeiger auch als weltübergreifendes „Peace-<br />
Zeichen“ interpretieren. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass diese<br />
Zeigerdarstellung vom Betrachter als am angenehmsten empfunden wird.<br />
Dazu gibt es eine interessante Parallele: Man betrachte den Petersplatz in<br />
Rom, der eine Art Übergang vom Stadtinneren zum Vatikan bildet. Dieser<br />
Platz hat die Form einer Ellipse. Ähnlich wie die Zeiger in der Werbung,<br />
öffnet er sich den Menschen gegenüber. Auch hier handelt es sich um keinen<br />
Zufall. Schon Bernini, einer der bedeutendsten italienischen Bildhauer und Architekten<br />
des Barock sagte sinngemäß: „Der Petersdom, sozusagen Mutter aller Kirchen,<br />
muss diese Form haben, schließlich symbolisiert sie mütterlich ausgestreckte Arme, welche<br />
die Katholiken aufnehmen, um sie in ihrem Glauben zu bestärken, die Irrgläubigen, um<br />
sie der Kirche zuzuführen und die Ungläubigen, um sie im wahren Glauben zu erleuchten.“<br />
Alles in allem hat die Geschichte um die Zeigerstellung eine interessante Symbolik. Uns soll<br />
es recht sein, denn irgendwie ist es doch schön, einzutreten in eine Welt, in der die Zeit einfach<br />
still steht, man sich zurücklehnen, entspannen und lächeln kann.<br />
6 <strong>TURNado</strong> | Wahrnehmung<br />
Armbanduhr by Junghans, Handaufzug Max Bill, 1962<br />
© Junghans