Вот странствия сынов Израиля - Kulturbunker Köln
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Gedächtnisses des Volkes Israel. Auf einer mit Salz<br />
bedeckten Fläche stehen zwölf mit Wasser gefüllte<br />
Gefäße. Übrigens sind die Öffnungen in den<br />
Gefäßen so klein, dass wir vielmehr wissen, dass<br />
das Wasser drin ist, als dass wir es sehen. Und über<br />
dieser ganzen Komposition befindet sich ein Print:<br />
Die stark vergrößerte, in eine Ebene verwandelte<br />
Fläche eines Gefäßes – Linien, Linien …<br />
Was ist hier jüdisch? Nichts, außer den Empfindungen<br />
der Künstlerin. Und wenn sie stimmig sind, diese<br />
Empfindungen, dann nimmt alles seinen richtigen<br />
Platz ein, besonders für den Betrachter, dem<br />
jüdische Symbolik, Tradition und Kommentare zu<br />
den Texten gut bekannt sind. Salz ist ein Symbol der<br />
Reinheit und der Ewigkeit. Es ist das Salz des Toten<br />
Meeres, das die Sünden von Sodom und Gomorrha<br />
aufgenommen und das Volk gereinigt hat. Das<br />
„Vermächtnis des Salzes“ ist ein Gesetz, das in der<br />
Thora klar formuliert ist: Auf den Opferaltären in<br />
den Tempeln ist immer Salz vorhanden. Und da<br />
der Tisch der Juden ein Opferaltar ist, stellen wir als<br />
Symbol während der Mahlzeiten auch immer Salz<br />
auf den Tisch.“<br />
Wasser ist eine erstaunliche Substanz, die über<br />
ein Gedächtnis verfügt und Informationen trägt:<br />
Wasser ist Leben. Aber in der jüdischen Tradition<br />
ist Wasser die Thora, das große Geheimnis und das<br />
große Wissen, das wir durch die Jahrhunderte zu<br />
tragen verpflichtet sind.<br />
Eine östliche Weisheit besagt: „Das Wesen eines<br />
Gefäßes ist nicht die Tonwand, sondern die Leere<br />
in seinem Inneren“. Sofern ein Gefäß einen Stamm<br />
Israels symbolisiert, wird es mit Wasser gefüllt,<br />
wodurch verdeutlicht wird, dass die Stämme, die<br />
heute im ganzen Volk Israel aufgelöst oder in der<br />
Welt zerstreut sind, solange leben, wie sie mit dem<br />
lebendigen Wasser der Thora gefüllt sind.<br />
Nasira versucht aber nicht in die Feinheiten der<br />
jüdischen Deutungen einzudringen. Sie geht den<br />
intuitiven und für den Künstler einzig möglichen<br />
Weg. Alle Übereinstimmungen kommen von ihrer<br />
Liebe zu Israel und von der Verwandtschaft beider<br />
Nomadenschicksale.<br />
Unsere Geschichte ist die Geschichte des zurückgelassenen<br />
Eigentums... Das Einzige, was man immer<br />
mitgenommen und bis zuletzt gerettet hat, waren<br />
die Reliquien der Vergangenheit, die heiligen Bücher<br />
und die Reliquien der jüngsten Zeit: Familienfotos.<br />
Bei Anatoli Baratynski sind die Fotografien seiner<br />
Vorfahren zu einer Quelle der Inspiration, des<br />
6<br />
Erlebens und der Selbstwahrnehmung in dieser<br />
Kette der Generationen geworden. Die aus dem<br />
Familienalbum in die Malerei umgewandelten<br />
Fotografien, diese Schnappschüsse der bewahrten<br />
Vergangenheit bergen eine erstaunliche Dynamik<br />
in sich. So sieht man, wie Erwachsene und Kinder<br />
in der Erwartung des „kommenden Vögelchens“<br />
erstarrt sind und sofort nach der Aufnahme auseinander<br />
laufen – zur Arbeit, in den Krieg oder gar<br />
aus dem Leben verschwindend wie die „Kinder des<br />
Holocausts“.<br />
Eins von den Bildern Baratynskis trägt den Titel<br />
„Genealogie, Geografie und Geschichte meiner<br />
Familie“. So kann aber auch die gesamte Serie<br />
benannt werden. Anatoli ist nur ein Mal umgezogen,<br />
aus Ufa nach Jerusalem. Aber die Geschichte von<br />
zwei Familien – seiner eigenen und der seiner Frau<br />
– ist die Geschichte der jüdischen Wanderungen.<br />
Und wer weiß, ob sie am Ende sind?<br />
Rita Ostrovskaya ist eine Fotografin, die mit ihrer<br />
Kamera allem, was in ihr Objektiv kommt, Schönheit<br />
und Harmonie entlocken kann. Rita hat vieles in<br />
den verschwindenden kleinen Städtchen in der<br />
Ukraine fotografiert: Baufällige Häuser, die sowohl<br />
die sowjetische Herrschaft als auch die deutsche<br />
Okkupation überstanden haben; jüdische Gesichter,<br />
denen das ganz schwere Los der Überlebenden der<br />
Katastrophe anzusehen ist, majestätische jüdische<br />
Greisinnen – all das wurde von ihr mit der Liebe<br />
zu ihrem Volk gefüllt und strahlt eine besondere<br />
Schönheit aus. Die Serie „Meine Emigration“ ist<br />
komplett anders. In dieser Serie dokumentiert sie<br />
akribisch die Etappen des Umzugs ihrer Familie<br />
aus der Ukraine nach Deutschland. Hier sind so viel<br />
Unbehagen, so viele Zweifel an der Richtigkeit der<br />
Wahl zu spüren: Eine Reihe von gleichen billigen<br />
Reisetaschen, in die das ganze Hab und Gut von<br />
drei Generation der Familie hinein gequetscht<br />
ist; die letzten Aufnahmen in der Wohnung, die<br />
die Erinnerung an alle Familienfeste und an alle<br />
Miseren trägt. Eine alte, „aber noch in einem sehr<br />
guten Erhaltungszustand“, geliebte Anrichte bleibt<br />
zuhause und die Hausherren, die ihr Heim verlassen,<br />
hinterlassen einen schattenhaften körperlosen<br />
Abdruck in Raum und Zeit, welche sie für immer<br />
verlassen... Jede Fotografie ist das Symbol und die<br />
Quintessenz des scharfen Schmerzes, aber zusammengeführt<br />
ergeben sie den immer nörgelnden,<br />
erschöpfenden, unaufhörlichen Schmerz eines<br />
Emigranten.<br />
In vielen Artikeln zu der weit verbreiteten<br />
Erscheinung Deja-vu beklagen sich die<br />
Wissenschaftler: „Die Erforschung dieses ganzen<br />
Komplexes der Phänomene wird dadurch erschwert,<br />
dass trotz der Massenhaftigkeit der Erscheinung<br />
die Fälle von falschen Erinnerungen bei jedem<br />
einzelnen Menschen selten und unvorhersehbar<br />
sind.“ Ich würde ihnen raten, Juden aus der ganzen<br />
Welt in die Judäische Wüste oder zu den Hügeln<br />
Samarias zu bringen, denn hier ereignet sich dieses<br />
Phänomen so oft, dass es die Forschung merklich<br />
erleichtern sollte. Wie oft habe ich hier von den aus<br />
Großstädten, aus Moskau und Sankt-Petersburg,<br />
New-York und Buenos-Aires, Paris und Los-Angeles<br />
Angereisten gehört: „Ich stand da wie gelähmt,<br />
guckte auf diese Hügel und mir wurde klar – ich<br />
bin von hier: meine Füße erinnern sich an diese<br />
steinigen Pfade, in dieser trockenen Wüstenluft<br />
liegen bekannte Gerüche, ich weiß, wie diese<br />
Landschaft zu jeder Jahreszeit aussieht...“<br />
Hügel und dazwischen verlorene Straßen, zufällige<br />
Reisende, die sich nicht zufällig begegnen und<br />
wieder auseinander gehen ohne das große ewige<br />
Schweigen zu stören – solche Landschaften ziehen<br />
sich durch das gesamte Schaffen von Tania Kornfeld<br />
hindurch. In der Ausstellung gibt es sowohl ihre<br />
alten, noch russischen Werke als auch die bereits<br />
in Israel gemalten. Die wüsten Pfade oder die<br />
Wege zwischen den Felsen führen immer zum dem<br />
Schlusspunkt der Wanderungen – nach Jerusalem.<br />
Tania kennt sich mit Wegen aus – als Kind zog sie<br />
von Moskau nach Sankt-Petersburg um. Im Jahr<br />
1976 siedelte sie nach Israel über, heiratete nach<br />
zwei Jahren und zog mit ihrem Mann in die USA.<br />
Dort lebte sie unmittelbar an der Grenze zu Mexiko.<br />
Sie hat die Exotik der Ortschaften genossen, lebte<br />
buchstäblich in der Welt von Garcia Marquez, die wir<br />
alle damals mit Begeisterung für uns entdeckten.<br />
Dort war sie als Künstlerin sehr erfolgreich und<br />
gefragt, kehrte aber 1984 nach Israel zurück und<br />
kehrte damit nach langen Wanderungen heim.<br />
So wie die Schlusswahl von Tania eine vollkommen<br />
bewusste Entscheidung war, so gehört Max<br />
Epstein zu der Generation von Israelis, deren<br />
Schicksal von den Eltern bestimmt wurde, die<br />
ihn als Sechzehnjährigen nach Israel brachten.<br />
Offensichtlich war diese Entscheidung für Max<br />
richtig. Anderenfalls hätte er und würden wir durch<br />
seine Werke keinen Deja-Vu-Zustand erleben,<br />
der fortdauernd von einem anderen Phänomen<br />
begleitet wird – dem Deja-Prevu, dem Gefühl die