FH2024-1_Web
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Die packende Geschichte des<br />
geretteten Nils Abächerli<br />
Wohl alle Feuerwehrleute haben sich nach einem Einsatz schon<br />
gefragt, wie es den geretteten Personen wohl so geht. Haben<br />
sie das Ereignis gut verarbeitet? Wie haben sie unsere Arbeit<br />
erlebt? Genau diese Fragen haben wir Nils Abächerli gestellt.<br />
Er wurde im Sommer 2023 zwischen seinem Traktor und dem<br />
Bandrechen eingeklemmt und musste schwer verletzt von der<br />
Feuerwehr befreit werden.<br />
Philipp Lustenberger, EZ5<br />
Luzerner Polizei, DG1<br />
Elektrorollerfahrer entwickelt<br />
übermenschliche Kräfte<br />
Bevor wir auf den Fall eingehen, stellen wir Nils<br />
Abächerli vor. Der Forstwart EFZ absolviert momentan<br />
eine (zusätzliche) landwirtschaftliche<br />
Lehre. In den Adern des Giswilers fliesst eindeutig<br />
die «Blutgruppe 118». Er engagiert sich<br />
bei der Feuerwehr Giswil, vor dem Unfall stand<br />
er kurz davor, sich einen Platz für einen Lehrgang<br />
bei Schutz und Rettung Zürich zu sichern.<br />
Auch ist er bei der Rettungskette Schweiz aktiv.<br />
Als Rettungstechniker half er nach dem schlimmen<br />
Erdbeben 2023 in der Türkei, Menschen aus<br />
den Trümmern zu retten. Dass er wenige Monate<br />
nachdem er mehreren Leuten das Leben gerettet<br />
hat, selbst auf Rettung angewiesen ist, konnte er<br />
noch nicht ahnen.<br />
Am 16. August 2023 ist Nils Abächerli auf dem<br />
Traktor im Gebiet Wartenfluh am Arbeiten. Nach<br />
16 Uhr zieht er die Handbremse an. Er steigt von<br />
seinem Traktor und geht hinter das Fahrzeug, um<br />
den Sitz drehen zu können. Ausgerechnet als er<br />
zwischen den Gabeln des Bandrechens und dem<br />
Traktor steht, löst sich die Handbremse. «Ich<br />
habe erst, als ich meinen Stiefel nicht mehr anheben<br />
konnte, gemerkt, dass schon ein Rad auf<br />
mich gerollt war», erzählt Abächerli. Er wird überrollt<br />
und bleibt unter dem Fahrzeug eingeklemmt<br />
liegen. In dieser Situation hilft ihm seine Erfahrung<br />
aus der Türkei. «Ich führte eine Triage durch<br />
und fragte mich, was lebensbedrohlich ist und<br />
was nicht. Und was ich nun zur Verbesserung machen<br />
kann.»<br />
Er und sein Fahrzeug sind fast an der Hauptstrasse,<br />
welche nach Meggen führt. Leider ist das<br />
Fahrzeug aber von der Strasse aus schlecht zu<br />
sehen. Viele fahren daher vorbei, ohne die lebensbedrohliche<br />
Lage zu erkennen. «Erst nach rund<br />
einer halben Stunde hat ein Mann auf einem<br />
Elektroroller angehalten. Er fragte mich, ob ich<br />
Hilfe brauche», schmunzelt Abächerli. Ja, er benötigt<br />
definitiv Hilfe. Der Mann wählt den Notruf<br />
und professionelle Hilfe ist endlich unterwegs.<br />
«Ich wusste, dass nun möglichst schnell mein<br />
Bein unter dem Bandrechen befreit werden<br />
musste», sagt Abächerli. Der Rollerfahrer entwickelt<br />
übermenschliche Kräfte und schafft es auf<br />
Anweisung von Abächerli, den schweren Rechen<br />
ein wenig anzuheben. «Ich konnte daher mein<br />
Bein vom Rechen befreien.»<br />
Der Rettungsdienst trifft wenig später ein und danach<br />
auch unsere Feuerwehr. Nils Abächerli lässt<br />
sich über jeden Schritt der Retter informieren.<br />
«Einerseits, weil es mich sehr interessiert, andererseits,<br />
um mich abzulenken.» Der Traktor wird<br />
von der Feuerwehr gesichert und Nils Abächerli<br />
kann schwer verletzt befreit werden. Die Bilanz:<br />
Überrolltrauma, vier gebrochene Rippen, gebrochenes<br />
Schlüsselbein und gebrochener Oberschenkel,<br />
Lungenquetschung und Blutwerte eines<br />
Herzinfarktes (ein Herzinfarkt konnte aber nicht<br />
nachgewiesen werden).