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Johann Sebastian Bach
Auch Johann Sebastian Bach (1685-1750) hat den Weg vom Lernen zum Vollbringen
gehen mOssen . Seine Entwicklung bis zum Amtsantritt in Weimar (1703)
war vom ProzeB einer unablaBlichen Aufmerksamkeit ali dem gegenOber gekennzéichnet,
was ihm begegnete. Den BemOhungen des jungen Menschen um Frescobaldi
oder Pachelbel gesellte sich in seinen Wanderjahren zu , was er an Nennenswertem
gab: die Norddeutschen mit Reinken und Buxtehude, die ltaliener mit
Vivaldi, Corelli, aber auch alteren Meistern w ie Legrenzi , und die Franzosen aus
der Umwelt um den schon 1687 verstorbenen Lully. Das alles versenkte sich in
das aufnahmebereite, . neugierige" GemOt des Lernwilligen. Die erste Station seines
kOnstlerischen und menschlichen Lebens, in der er seBhaft zu werden trachtete,
war Weimar. Oort begann alles, was er empfangen hatte, durch Verarbeitung,
Auswertung und - sagen wir getrost in modernem Vokabular - . Experiment"
zum Eigenen herauszuwachsen. Die Auseinandersetzung vor allem mit dem ltalienischen
lieB in der Abwandlung des italienischen Concerto das Klavierkonzert als
eine historische Novitat erstehen (mit dem einsamen Endergebnis des Leipziger
. ltalienischen Kopzerts" von etwa 1734) . Mit der Obersiedlung Bachs nach Kéithen
(1717). wo er das héifische Amt eines Kammermusikdirektors bekleidete, begann
die entscheidende Phase seines Weges. Denn hier, wo er keinen Kirchendienst zu
absolvieren hatte, konzentrierte sich sein Schaffen auf die Konsolidierung seines
instrumentah;n Stils in der endgOltigen Umformung der franzéisisch-italienischen
Elemente, die Bach, den zwimgslaufig stets SeBhaften, als einen der besten Kenner
und Beherrscher der Musik seiner Zeit und Generation zeigt. Es entstand in
Kéithen das Zentrale seiner ganzen Kammermusik (Partiten, Sonaten) , die Grundlage
seines Klavierwerks (Friedemann Bach-BOchlein , Wohltemperiertes Klavier I,
die sog. Franzéisischen und Englischen Suiten, Klavierkonzerte) und der Orchestermusik
(Brandenburgische Konzerte , OuvertOren-Suiten) .
Dieser Kéithener Zeit, in etwa der Spanne um das Jahr 1720, entstammen alle
Werke des Kammermusikabends , auch die Chrdmatische Phantasie und Fuge
fBWV 903), selbst wenn sie erst rund zehn Jahre spater in Leipzig zur endgOltlgen
Gestalt gedieh. Diese . Fantasia cromatica", von der Bachs Sohn Friedemann
sagte: .bleibt schéin in alle saecula" , ist durch die Anwendung des schon Johann
Kuhnau (1660-1722) bekannt gewesenen Elements des instrumentalen Rezitativs
charakterisiert. Dieses unglaublich kOhne ·FantasiestOck mit seinen Arpeggien,
Chromatismen und der dreistirnmigen Fuge ist ein Héihepunkt der vom Tokkatentyp
des 16. Jahrhunderts ausgehenden Entwicklung. Damals formierte sich die
Tokkata (laut Praetorius . toccare, toccate un poco, berOhrte die Clavier ein wenig
mit schllchten entzelen griffen und lauffwerck auch", d. h. improvisieren) in Verbindung
mit der kontrapunktisch-imitativ angelegten Form des Ricercars, an dessen
Stelle im 17. Jahrhundert die Fuge trat. Aus der kontrastreichen Zusammenstellung
von .Lauffwerck", d. h. reinem Spiel, und kontrapunktisch geordneter
Anlage entstand die Kombination von Toccata oder Praeludium . con " fuga bzw .,
insbesondere bei Bach, . und" Fuge. Anders als in den Klaviertokkaten Bachs ,
die z. T. der We imarer, z. T. der Kéithener Zeit entstammen, ist in diesem Typ
die Form der Orgeltokkata auf das Klavier Obertragen .
Die Sonaten tor Violine und Cembalo, in diesem Falle die in f-Moll (BWV 1018)
und A-Dur (BWV 1015), stehen in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft zu den
Solo-Sonaten und Solo-Partiten wie den Sonaten tor Gambe und Fléite . Zweifellos