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Stein 5/2024

Parks mit Plan

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S05 | <strong>2024</strong><br />

MINERALISCHE WERKSTOFFE FÜR ARCHITEKTUR UND HANDWERK<br />

PARKS MIT<br />

PLAN<br />

VON MÖNCHEN<br />

Im Remtergarten von Kloster Corvey<br />

setzt der Landschaftsarchitekt auf<br />

Naturstein aus dem Mittelalter<br />

FÜR BÜRGER<br />

Die Flensburger Landschaftsgärten<br />

wurden als Natur- und Erlebnisraum<br />

für Stadtbewohner weiterentwickelt<br />

MIT WEITBLICK<br />

Innovative Ansätze für Natursteinunternehmen,<br />

die ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

langfristig erhalten wollen


EDITORIAL<br />

LIEBE LESERINNEN<br />

UND LESER,<br />

wenn historische Natursteine wiederverwendet<br />

werden, ist das ein starkes Signal in Richtung Nachhaltigkeit.<br />

In Deutschland bilden Bau- und Abbruchabfälle<br />

den bei Weitem größten Abfallstrom. 2021<br />

fielen 222 Millionen Tonnen Bauschutt an, das ist<br />

mehr als die Hälfte (54 Prozent) der gesamten Abfallmenge<br />

in Deutschland. Umso erfreulicher ist es,<br />

dass sich das Unternehmen Stonepark aus dem<br />

niedersächsischen Diepholz auf die Wiederverwendung<br />

alter <strong>Stein</strong>e spezialisiert hat. Wie nachhaltige<br />

Baukultur mit so aufbereiteten historischen Natursteinen<br />

rundum gelingt, zeigt das Beispiel des Klostergartens<br />

des mittelalterlichen Benediktinerklosters<br />

Corvey. Bei der Restaurierung und Neugestaltung des<br />

von Mauern umgebenen Klostergartens setzte das<br />

Berliner Landschaftsarchitekturbüro Franz Reschke<br />

vor allem auf Naturstein aus der Region: Sämtliche<br />

Pflastersteine, Blockstufen, Mauerwerke und Brunnenanlagen<br />

stammen aus dem umfangreichen Heimatfels-Programm<br />

von Stonepark. Lesen Sie mehr dazu<br />

ab Seite 6.<br />

Ein anderes Thema dieser Ausgabe ist erfreulicherweise<br />

vor Kurzem für den Deutschen Naturstein-Preis <strong>2024</strong><br />

nominiert worden. Das Hamburger Landschaftsarchitekturbüro<br />

WES Architekten hat bei der Jury Eindruck<br />

hinterlassen, wie es in Flensburg den Museumsberg,<br />

den Alten Friedhof und den Christiansenpark miteinander<br />

verbindet und als Einheit erlebbar macht. Die Gestaltung<br />

der Pflasterflächen dient dabei an vielen Stellen<br />

als verbindendes Element. Lesen Sie mehr zu diesem<br />

außergewöhnlichen Stadtentwicklungskonzept ab<br />

Seite 12.<br />

Titelbild: Roland Trachsel, Bärlocher<br />

Zentrales Element des neuen Parkteils des Klinikums<br />

Schloss Mammern ist ein Brunnen mit einem Durchmesser<br />

von fast neun Metern nach historischem<br />

Vorbild. Ausgewählt wurde Rorschacher Sandstein, der<br />

typisch für die historischen Bauten am Bodensee und<br />

aufgrund seiner Geschichte und seiner Qualitäten im<br />

gesamten Bodenseeraum bekannt ist. Heute wird er<br />

nur noch im <strong>Stein</strong>bruch der Bärlocher <strong>Stein</strong>bruch und<br />

<strong>Stein</strong>hauer AG, Staad, abgebaut. Der Naturstein gehört<br />

dank seiner dezenten Ästhetik zu den beliebtesten<br />

Sandsteinen der Schweiz, vor allem wegen seiner<br />

homogenen Struktur und seines schimmernden Graus.<br />

Wie ein <strong>Stein</strong>metz sein ganz eigenes Marketingkonzept<br />

entworfen hat, und wie erfolgreich er damit<br />

ist, lesen Sie in unserem Inteview ab Seite 42.<br />

Damit liegt er ganz im Zeitgeist. Denn es hat sich<br />

längst herumgesprochen, dass es Zeit ist, für ein<br />

neues Denken in der Branche. Was Sie selbst tun<br />

können, um auch in herausfor dernden Zeiten wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben, erklärt Annette Mühlberger<br />

ab Seite 46.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre von STEIN wünscht Ihnen<br />

Ihre <strong>Stein</strong>redaktion<br />

Redaktion@stein-magazin.de<br />

S05| <strong>2024</strong> 3


INHALT<br />

SCHÖNE WELT DER<br />

STEINE<br />

06 Auf den Spuren der<br />

Mönche<br />

Im Remtergarten hat<br />

man <strong>Stein</strong>, der bereits<br />

im Mittelalter abgebaut<br />

wurde, verwendet<br />

12 Naturstein als verbindendes<br />

Element<br />

Wie die heutigen<br />

Flensburger Landschaftsgärten<br />

entstanden sind<br />

STEINE BEARBEITEN<br />

20 „Es wird einen Wandel<br />

geben ...“<br />

Claus Rödding von WES-<br />

LandschaftsArchitekten<br />

im Gespräch über die<br />

Rolle von Naturstein im<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

24 Die Kunst des Kreises<br />

Die Klinik Schloss<br />

Mammern hat einen<br />

neuen Brunnen<br />

30 Durch dick und dünn<br />

Maschinen, die verschiedenste<br />

Platten<br />

bearbeiten können<br />

39 Alta<br />

Die STEINKUNDE stellt<br />

einen Naturstein aus<br />

Norwegen vor<br />

42 Handwerk auf dem<br />

Wochenmarkt präsentieren<br />

Wie ein <strong>Stein</strong>metz in der<br />

Vermarktung seinen<br />

eigenen Weg geht<br />

KUNDEN<br />

GEWINNEN<br />

46 Zeit für ein neues Denken<br />

Innovative Ansätze zur<br />

Marktbearbeitung<br />

PANORAMA<br />

56 Termine, Produkte<br />

und mehr<br />

RUBRIKEN<br />

59 Vorschau<br />

60 Impressum<br />

4 S05| <strong>2024</strong>


REMTERGARTEN<br />

AUF DEN SPUREN<br />

DER MÖNCHE<br />

Im Vorfeld der Landesgartenschau 2023 in Höxter ist der Klostergarten des<br />

mittelalterlichen Benediktinerklosters Corvey wiedererstanden – nach alten<br />

Prinzipien und in neuer Gestalt. Wie zu Zeiten der Mönche wächst dort in einem<br />

Mosaik von Beeten wieder ein vielfältiger Mix aus Heilkräutern, Gemüsearten<br />

und Zierpflanzen. Bei der Neugestaltung des sogenannten Remtergartens setzte<br />

das Konzept von Landschaftsarchitekt Franz Reschke auch auf Naturstein, der<br />

bereits seit dem Mittelalter in der Region abgebaut wird.<br />

Von Dr. Inge Pett<br />

Vor der Kulisse der imposanten Doppeltürme von<br />

Kloster Corvey, das seit 2014 den Titel UNESCO Welterbe<br />

trägt, kultivierten einst Benediktinermönche ihre<br />

Küchen- und Apothekergärten, züchteten Rosen und<br />

Stauden. Heute, über 1200 Jahre später, ist das einzigartige<br />

Westwerk aus der Karolingerzeit noch vollständig<br />

erhalten. Und seit der Landesgartenschau 2023 in<br />

Höxter erinnert auch der von historischen Mauern umgebene<br />

Klostergarten wieder an die Gärtnertradition<br />

der Mönche im Mittelalter.<br />

Bei der Restaurierung und Neugestaltung des von<br />

Mauern umgebenen Klostergartens setzte das Berliner<br />

Landschaftsarchitekturbüro Franz Reschke vor<br />

allem auf Naturstein aus der Region: Sämtliche Pflastersteine,<br />

Blockstufen, Mauerwerke und Brunnenanlagen<br />

stammen aus dem Heimatfels-Programm des<br />

Diepholzer <strong>Stein</strong>spezialisten Stonepark. Die lokalen<br />

<strong>Stein</strong>e – Oberkirchner Sandstein und Bad Karlshafener<br />

Sandstein – setzten sich aufgrund ihrer technischen<br />

Kernwerte gegen Alternativen aus Polen und<br />

Süddeutschland durch.<br />

Während zu Klosterzeiten die Gestaltung der Gartenanlage<br />

noch unter der Prämisse „Ora et Labora“<br />

stand, steht heute die Erholung der Besucher im Vordergrund.<br />

In drei der Gartenpartien sowie auf der Geophytenwiese<br />

– jährlich erblühen hier 48.000 Zwiebelblumen<br />

– laden Brunnen aus Oberkirchener Quarzarenit<br />

zum Verweilen ein. Bei Quarzarenit handelt es sich<br />

um eine besonders robuste Variante des Sandsteins.<br />

Sie besteht fast hundertprozentig aus kantengerundeten<br />

und dicht gepackten Quarzkörnern und ist<br />

durch Siliziumdioxid verkittet.<br />

OBERNKIRCHNER SANDSTEIN: ABBAU SEIT ÜBER<br />

1000 JAHREN<br />

Der warmgraue Obernkirchener Sandstein, der<br />

auch unter den Namen Bückebergsandstein oder<br />

6 S05| <strong>2024</strong>


SCHÖNE WELT DER STEINE<br />

Foto: Stonepark<br />

Eine Kulisse wie aus der Zeit<br />

gefallen: Tatsächlich ist das<br />

mittelalterliche Westwerk der<br />

Kirche von Kloster Corvey das<br />

älteste und einzig erhaltene<br />

der Welt. Es stammt noch aus<br />

der Karolingerzeit. Seit 2014<br />

zählt es zum Weltkulturerbe<br />

der UNESCO<br />

S05| <strong>2024</strong> 7


FLENSBURGER LANDSCHAFTSGÄRTEN<br />

NATURSTEIN ALS<br />

VERBINDENDES<br />

ELEMENT<br />

Ein Hamburger Landschaftsarchitekturbüro war damit beauftragt, in Flensburg<br />

den Museumsberg, den Alten Friedhof und den Christiansenpark aufzuwerten,<br />

miteinander zu verbinden und als Einheit erlebbar zu machen. Dabei spielte<br />

Natursteinpflaster eine große Rolle.<br />

Von Dr. Alexandra Nyseth<br />

Zu den nördlichsten Städten Deutschlands zählt vor<br />

den Toren Dänemarks die Hafenstadt Flensburg. Über<br />

dem Westufer der Fördestadt erhebt sich der Museumsberg<br />

mit den beiden Museen Heinrich-Sauermann-Haus<br />

und Hans-Christiansen-Haus. An dieses<br />

Areal schließt der Alte Friedhof und der Landschaftsgarten<br />

Christiansenpark an. Im integrierten Stadtentwicklungskonzept<br />

der Stadt Flensburg war definiert,<br />

diese denkmalgeschützten Park- und Freiflächen als<br />

Natur- und Erlebnisraum aufzuwerten, um die Nutzung<br />

für Naherholung, Spiel und Bewegung zu verbessern,<br />

denn die Bevölkerung von Flensburg hat<br />

einen hohen Bedarf an städtischem Freiraum. Dabei<br />

sollten die drei Bereiche miteinander verbunden werden,<br />

um sie als eine Einheit erlebbar zu machen.<br />

Gleichzeitig galt es, einen Bezug zur Stadt zu schaffen:<br />

„Ein Stück Stadt auf den Museumsberg hinaufholen<br />

und ein Stück Museumsberg in die Stadt hinunterbringen“<br />

– so das Leitmotiv. Die Planungen übernahm<br />

das Hamburger Büro WES LandschaftsArchitektur<br />

unter Federführung von Claus Rödding und Hans-<br />

Hermann Krafft.<br />

VERBINDENDE MASSNAHMEN<br />

Auf dem Museumsberg stehen beide Ausstellungshäuser<br />

heute auf einem Platz und auf einer Ebene.<br />

Ehemalige Zäsuren durch Mauern zwischen den<br />

Museen wurden abgetragen. Besucher und Besucherinnen<br />

können das nun frei von motorisiertem<br />

Verkehr gestaltete Umfeld für kulturelle Zwecke,<br />

aber auch als Spiel- oder Verweilort nutzen. Angebote<br />

hierfür sind durch das Wasserspiel auf<br />

dem zentralen Platz und eine begehbare Spielskulptur<br />

gegeben. Am Alten Friedhof arbeiteten die Architekten<br />

die ursprünglichen, gestaltungsprägenden<br />

12 S05| <strong>2024</strong>


SCHÖNE WELT DER STEINE<br />

Bundsenkapelle<br />

Alter Friedhof<br />

Christiansenhaus<br />

Museumsberg<br />

Fritz-Wempner-Platz<br />

Eiszeit-Haus<br />

Sauermannhaus<br />

Itzstedt-Löwe<br />

Christiansenpark<br />

Plan: WES LandschaftsArchitektur; Foto: Guido Erbring<br />

Oben: Die denkmalgeschützten Park- und Freiflächen der heutigen Flensburger Landschaftsgärten<br />

sollten als Natur- und Erlebnisraum aufgewertet werden. Dabei galt es,<br />

alle drei Bereiche zu verbinden, um sie als eine Einheit erlebbar zu machen<br />

Unten: Plätze und Wege sind mit Natursteinpflaster<br />

verlegt. Es fungiert als verbindendes<br />

Element<br />

S05| <strong>2024</strong> 13


BRUNNENBAU<br />

DIE KUNST<br />

DES KREISES<br />

Die Klinik Schloss Mammern mit ihrer historischen Parkanlage liegt direkt am<br />

Bodensee in der Schweiz. Nach dem Bau eines neuen Patiententraktes wurde der<br />

dazugehörige Außenbereich neu gestaltet. Zentrales Element und Eyecatcher ist ein<br />

Brunnen aus Rorschacher Sandstein mit einem Durchmesser von fast neun Metern.<br />

Ein großes Kunststück war, die schweren Einzelzeilen so zusammenzusetzen, dass<br />

alles am Ende millimetergenau passt und einen perfekten Kreis bildet.<br />

Von Martina Noltemeier<br />

24 S05| <strong>2024</strong>


STEINE BEARBEITEN<br />

Foto: Bärlocher/Roland Trachsel<br />

Ein Brunnen als Gestaltungselement im<br />

neu gestalteten Eingangsbereich des<br />

erweiterten Patiententraktes<br />

Die Klinik Schloss Mammern bietet<br />

moderne Rehabilitation durch<br />

die Verbindung von medizinischer,<br />

therapeutischer und pflegerischer<br />

Fachkompetenz in stilvollem<br />

Ambiente mit historischem<br />

Bau- und Parkbestand. Die<br />

außergewöhnliche Lage direkt<br />

am Ufer des Bodensees und der<br />

historische Bau- und Parkbestand<br />

machen die Klinik zu einem attraktiven<br />

Ort für eine medizinische<br />

Erholung. Prägend ist vor<br />

allem der baumbestandene<br />

(Schloss-)Hof mit Barockkappelle<br />

und Café. Von 2017 bis 2022 wurde<br />

der Bettentrakt der Klinik erweitert.<br />

Der neue Patiententrakt setzt<br />

sich als Volumen zwischen den<br />

Kronen des bestehenden Baumbestandes<br />

fort und bildet zusammen<br />

mit dem Parkflügel und dem<br />

erweiterten Therapietrakt den<br />

zweiten Parkhof, schreiben die<br />

Architekten Baumann Roserens<br />

aus Zürich.<br />

Die privaten Bauherren schrieben<br />

einen kleinen Wettbewerb/Studienauftrag<br />

unter verschiedenen<br />

Landschaftsarchitekten aus, bevor<br />

es zu einer größeren Beauftragung<br />

kommen sollte. Auch Müller Illien<br />

Landschaftsarchitekten GmbH,<br />

Zürich, reichten einen Stehgreifentwurf<br />

zur Gestaltung des Eingangsbereichs<br />

ein, woraufhin das<br />

Büro den Auftrag für das Gesamtkonzept<br />

erhielt. Die Aufgabe umfasst<br />

zwei Bereiche: die Überarbeitung<br />

des Gesamtkonzeptes des<br />

90.000 qm großen denkmalge-<br />

schützten Schlossparkes sowie die<br />

Gestaltung der direkten Umgebung<br />

des neuen Traktes. Die Basis<br />

bildeten das Parkpflegewerk von<br />

Dr. Johannes Stoffler sowie die<br />

veränderte Situation durch die<br />

Sturmschäden, bei denen viele<br />

alte Bäume, vor allem Eichen, umgestürzt<br />

waren.<br />

Der Klinik ist es wichtig, dass die<br />

Patienten aus therapeutischer<br />

Sicht den Park umrunden und<br />

durchgehen können. Im Park gibt<br />

es eine Wiesenfläche und ein<br />

Dammwildgehege. „Wir wollten<br />

den Landschaftspark durch Baumpflanzungen<br />

und Rundwege in die<br />

Zukunft tragen sowie Bereiche mit<br />

verschiedenen Baumarten unterschiedlich<br />

bearbeiten.“, sagt Klaus<br />

Müller. Der Bezug zum See sollte<br />

dabei immer erhalten bleiben.<br />

Empfohlen wurde die Pflanzung<br />

von heimischen Bäumen in Kombination<br />

mit standortgerechten<br />

fremdländischen Gehölzen, die<br />

sich zu einem harmonischen Ganzen<br />

zusammenfügen.<br />

Eine weitere Aufgabe bestand<br />

darin, die direkte Umgebung des<br />

neuen Parkflügels zu planen und in<br />

den Park einzubetten. Es entstand<br />

ein neuer, zum Park hin geöffneter<br />

Hof, der an drei Seiten von Gebäuden<br />

umschlossen ist. „Es galt, den<br />

Außenbereich des Restaurants zu<br />

integrieren und den Park bis in den<br />

Hof zu führen, um ein attraktives<br />

Umfeld für die Klinik zu schaffen,<br />

in dem sich Patienten gerne aufhalten.“,<br />

so Müller. Für den neuen<br />

S05| <strong>2024</strong> 25


MINERALISCHE WERKSTOFFE SICHER AUFTRENNEN<br />

DURCH DICK<br />

UND DÜNN<br />

Auch wenn Plattenwerkstoffe vermeintlich immer dünner werden – Naturstein<br />

und Quarz-Komposit sind in zwölf, Keramik in sechs Millimetern erhältlich – und<br />

sich die durchschnittliche Materialstärke heute schon bei 20 bis 30 Millimetern<br />

eingependelt hat, müssen doch in der Mehrzahl der Naturstein verarbeitenden<br />

Betriebe häufig auch stärkere Platten oder gar Naturstein-Tranchen von sechs<br />

bis 20 Zentimetern sicher aufgetrennt werden, von Rohblöcken ganz zu schweigen.<br />

Wir stellen Maschinen vor, mit denen beides möglich ist: dünne und dicke<br />

Platten sicher zuschneiden.<br />

Von Michael Spohr<br />

30 S05| <strong>2024</strong>


STEINE BEARBEITEN<br />

MODERNER MASCHINENPARK FÜR EFFI-<br />

ZIENTE KÜCHENPLATTEN-PRODUKTION<br />

STEIN stellt folgende<br />

Firmen vor:<br />

1. Naturstein-Werk Vorsfelde<br />

GmbH, Wolfsburg<br />

www.naturstein-werkvorsfelde.de<br />

2. Kelheimer Naturstein GmbH<br />

& Co. KG, Essing<br />

www.kelheimer-naturstein.de<br />

Für jede Bearbeitungsaufgabe die richtige<br />

Maschine: Hier bearbeitet eine Omag<br />

Blade 5 bei Kelheimer Naturstein einen<br />

Naturstein zu einer Massivarbeit<br />

Über einen beträchtlichen Maschinenpark<br />

verfügt das im Jahr 1987<br />

von den Brüdern Hubertus und<br />

Joachim Adamczyk gegründete<br />

Naturstein-Werk Vorsfelde. Gleich<br />

vier CNC-Bearbeitungszentren, jeweils<br />

zwei CNC-gesteuerte Drehkopf-Brückensägen,<br />

zwei Wasserstrahl-Anlagen,<br />

und drei Kantenautomaten<br />

sowie ein automatischer<br />

Schneidetisch für dünne<br />

Werkstoffe stehen in den beiden<br />

Maschinenhallen in Oebisfelde.<br />

Dass eine Donatoni Echo Baujahr<br />

2012 die älteste Maschine im Betrieb<br />

ist, zeigt bereits wie sehr Joachim<br />

und Renee Adamczyk darauf<br />

achten, dass ihre Maschinen stets<br />

dem aktuellen Stand der Technik<br />

entsprechen.<br />

Renee Adamczyk hat die Firmenanteile<br />

von seinem Onkel Hubertus<br />

Adamczyk im Herbst 2022 übernommen<br />

und leitet das Unternehmen<br />

heute mit seinem anderen<br />

Onkel Joachim Adamczyk zusammen.<br />

Seit unserem Bericht in STEIN<br />

5/2015 hat sich das Naturstein-<br />

Werk Vorsfelde noch professioneller<br />

aufgestellt und noch stärker auf<br />

die Küchenproduktion ausgerichtet.<br />

Zur Werksauslastung tragen<br />

neben den mittlerweile über<br />

20.000 Arbeitsplatten pro Jahr<br />

auch Kaminverkleidungen, Innenund<br />

Außentreppen, Bodenbeläge<br />

sowie exklusive Bäder bei – aktuell<br />

beispielsweise Natursteinwerkstücke<br />

für Bäder im Wolfsburger Hotel<br />

„The Ritz-Carlton“.<br />

Gelegentlich verarbeite man auch<br />

sechs Zentimeter starke <strong>Stein</strong>platten<br />

für Außentreppen berichtet<br />

Renee Adamczyk; den Löwenanteil<br />

allerdings würden heute zwei<br />

Zentimeter dünne Natursteine<br />

ausmachen sowie dazu Keramik<br />

überwiegend in 12 Millimeter und<br />

Quarz-Komposit in 20 Millimeter<br />

Stärke. Zum Vergleich: Im Jahr<br />

2015 ist die überwiegende Stärke<br />

der Küchenarbeitsplatten mit vier<br />

Zentimetern hier noch doppelt so<br />

dick gewesen (massiv und aufgedoppelt).<br />

Wie Produktionsleiter<br />

Dennis Meyer ergänzt, sei der allgemeine<br />

Trend für massive Optiken<br />

in vier Zentimeter Stärke in der<br />

Küche jedoch stark rückläufig.<br />

Gleichzeitig seien durch die sozialen<br />

Medien wie Instagram auch<br />

monolithisch wirkende Küchenblöcke<br />

in Massivoptik mit auf Gehrung<br />

geschnittenen und verklebten<br />

Kanten immer mal wieder eine<br />

besondere Herausforderung, so<br />

der 34-Jährige.<br />

Vor knapp zehn Jahren hatten die<br />

Küchenstudios aus einem Umkreis<br />

von rund 200 Kilometern pro Jahr<br />

noch etwa 3.500 Plattenanlagen<br />

vom Naturstein-Werk Vorsfelde erhalten,<br />

hergestellt von 38 Mitarbeitern.<br />

Heute sind es 43 Mitarbeiter<br />

und 4.500 Küchenanlagen im Jahr.<br />

Zudem wurde die Reichweite der<br />

zu beliefernden Küchenstudios<br />

auf mehr als 450 Kilometer bis<br />

nach Süddeutschland ausgeweitet.<br />

Dafür wurde der eigene Fuhr-<br />

S05| <strong>2024</strong> 31


INTERVIEW MIT PETER WENDT<br />

„HANDWERK AUF<br />

DEM WOCHENMARKT<br />

PRÄSENTIEREN“<br />

<strong>Stein</strong>metz Peter Wendt organisiert im bayerischen<br />

Nördlingen seit 14 Jahren Kunsthandwerker-Märkte.<br />

Der Firmeninhaber meint: Einen besseren Zugang<br />

zu potenziellen Kunden gibt es nicht – auch zu solchen,<br />

die noch gar nichts von ihrem Bedarf wissen.<br />

Im STEIN-Interview teilt er seine Erfahrungen und<br />

gibt Tipps für Nachahmer.<br />

STEIN: Herr Wendt, warum organisieren<br />

Sie selbst Kunsthandwerker-Märkte?<br />

Peter Wendt: Wir haben gemerkt,<br />

dass das <strong>Stein</strong>metzhandwerk gezeigt<br />

werden muss. Dass wir viel<br />

mehr Menschen erreichen können<br />

als die, die von sich aus zu uns in<br />

die Werkstatt kommen. Der direkte<br />

Verdienst an den Märkten ist dabei<br />

nicht entscheidend. Da käme ich<br />

manchmal wirtschaftlich besser<br />

weg, wenn ich ein weiteres Grabmal<br />

fertige. Aber der Nachlauf und<br />

die Präsentation sind unbezahlbar.<br />

Klar kann man als Handwerker<br />

zum Beispiel Anzeigen schalten,<br />

aber das kommt nicht so bei den<br />

Menschen an, wie wenn sie live am<br />

Stand stehen und beispielsweise<br />

unserer Auszubildenden über die<br />

Schulter schauen.<br />

STEIN: Sie haben 14 Jahre Erfahrung<br />

bei der Organisation der<br />

Märkte. Was sind die Rahmenbedingungen?<br />

Wendt: Wir organisieren zwei Märkte<br />

im Jahr. Früher manchmal noch<br />

mehr, aber die Pandemie haben<br />

einige Kunsthandwerker leider<br />

nicht überstanden. Sie sind durchs<br />

Raster gefallen, was die staatlichen<br />

Hilfen anging. Also kehrten sie in<br />

42 S05| <strong>2024</strong>


STEINE BEARBEITEN<br />

Die Arbeit in ihrer gesamten Vielfalt zu<br />

zeigen, das gelingt am besten, wenn<br />

man live am <strong>Stein</strong> arbeitet<br />

Foto: Bildhauerei Wendt, Peter Wendt<br />

Angestelltenverhältnisse zurück,<br />

und fangen nun nicht nochmal an...<br />

Unsere Märkte finden in der Innenstadt<br />

statt – in Nördlingen liegt ein<br />

Teil des Charmes auch an der historischen<br />

Altstadt als Kulisse. Wir verknüpfen<br />

die Märkte immer mit<br />

einem Wochenmarkt und erheben<br />

keinen Eintritt.<br />

Zwischen 40 und 60 Aussteller machen<br />

mit und bieten Kunsthandwerk<br />

aus Glas, Papier, Metall, Stoff,<br />

<strong>Stein</strong>, Leder, Holz und so weiter an.<br />

Von einer Stadt in der Umgebung<br />

gab es mal das Angebot, einen Ableger<br />

auf einer idyllischen Wiese<br />

am Ortsrand zu machen. Das ergibt<br />

aus meiner Erfahrung aber<br />

wenig Sinn. Wir wollen das Handwerk<br />

ja ins Zentrum holen und an<br />

das Einkaufsgeschehen anknüpfen,<br />

das es schon vor Ort beim Wochenmarkt<br />

gibt. Die Märkte sollen<br />

Handwerk nicht als etwas Exotisches<br />

darstellen. Das ist kein Zirkus,<br />

sondern zeigt, wie das Handwerk<br />

wirklich arbeitet.<br />

STEIN: Sie veranstalten diese<br />

Märkte nebenher zu Ihrem eigentlichen<br />

Unternehmen, Ihrer <strong>Stein</strong>metzwerkstatt.<br />

Lohnt sich der Aufwand<br />

auch, um Auszubildende zu<br />

gewinnen?<br />

Wendt: Definitiv, wir nutzen an<br />

unserem Stand auch aktuelle<br />

Handwerkskampagnen, haben<br />

zum Beispiel die „<strong>Stein</strong> macht<br />

stolz“-Kampagne vor Ort mit aufgegriffen.<br />

Meine Gesellen und Auszubildenden<br />

führen vor, was sie<br />

können, und das ist perfektes Recruiting.<br />

Viele Betriebe in der Umgebung<br />

haben Probleme, Auszubildende<br />

zu finden. Ich habe keine<br />

und bilde aktuell zwei junge Menschen<br />

aus.<br />

STEIN: Was ist wichtig für erfolgreiche<br />

Märkte, etwa hinsichtlich<br />

Angebot und Mitausstellern?<br />

S05| <strong>2024</strong> 43


KUNDEN GEWINNEN<br />

BERATUNG FÜR<br />

NACHHALTIGKEIT IM<br />

HANDWERK<br />

Nachhaltigkeit war schon immer das Steckenpferd von Timothy C. Vincent.<br />

Sein neues Geschäftsmodell: eine Nachhaltigkeitsberatung für Handwerkbetriebe.<br />

Hierfür hat der <strong>Stein</strong>metz, <strong>Stein</strong>bildhauer und Diplom-Ingenieur<br />

2023 ein Masterstudium in Nachhaltigkeitsmanagement abgeschlossen.<br />

Timothy C. Vincent (hier mit Sohn Jeremias) geht mit einer Beratung für<br />

nachhaltiges Wirtschaften im Handwerk an den Markt<br />

Foto: Timothy Vincent<br />

S05| <strong>2024</strong> 53


BEST PRACTISE<br />

Neue Geschäftsideen entstehen im Idealfall aus einer<br />

Kombination von Expertise und Leidenschaft. Bei Timothy<br />

C. Vincent trifft das auf die Nachhaltigkeit zu.<br />

Seit vielen Jahren beschäftigt sich der <strong>Stein</strong>metz- und<br />

<strong>Stein</strong>bildhauer mit dem Ressourcenschutz, gewann<br />

mit seinem Betrieb bereits mehrere Nachhaltigkeitspreise<br />

und ist unter anderem für den TÜV Rheinland<br />

Auditor für den ZNU-Standard „Nachhaltiger Wirtschaften“.<br />

Jetzt hat er aus der Erfahrung und dem Wissen<br />

ein neues Geschäftsmodell gemacht: Seit <strong>2024</strong> ist<br />

Vincent als freiberuflicher Berater für Nachhaltigkeitsmanagement<br />

am Start. 2023 hat der Diplom-Ingenieur<br />

hierfür ein Masterstudium in Nachhaltigkeitsmanagement<br />

abgeschlossen.<br />

AUS DEM HANDWERK FÜR DAS HANDWERK<br />

Für Kunden und Banken werden nachhaltige Fragestellungen<br />

immer wichtiger: Die Kunden erkundigen<br />

sich bei Anbietern, weil sie sich für Umweltthemen<br />

oder soziale Folgen in Lieferketten interessieren. Die<br />

Banken fragen nach, weil sie Firmenkredite zunehmend<br />

auf der Basis nachhaltiger Kennzahlen vergeben.<br />

„Zu diesem Zweck habe ich ein weiteres Unternehmen<br />

gegründet. Es ist meines Wissens das bisher<br />

einzige Bottom-up-Unternehmen mit dieser Beratungsexpertise<br />

aus dem Handwerk“, erklärt Vincent<br />

das Geschäftsmodell (mehr unter www.vincent-nachhaltigkeitsmanagement.de).<br />

Nachhaltigkeit systematisch in die eigene Wertschöpfung<br />

zu integrieren, die Fortschritte zu verfolgen und<br />

zu dokumentieren, ist für kleine Unternehmen kein<br />

Selbstläufer: „Nachhaltigkeit verlangt Systematik und<br />

ist weit mehr als eine Photovoltaik-Anlage auf dem<br />

Dach und ein E-Auto vor der Tür“, sagt Vincent. Es gehe<br />

um den ökologischen und sozialen Fußabdruck in der<br />

Wertschöpfungskette, um den Ressourcenverbrauch<br />

im eigenen Betrieb, um soziale Fragen im Unternehmen<br />

und um die Kreislauffähigkeit von Materialien.<br />

WIRTSCHAFTLICH KLUGE ENTSCHEIDUNGEN<br />

TREFFEN<br />

Von Regelungen wie dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz<br />

(LkSG) seien kleine und mittlere<br />

Firmen zwar nicht direkt, oft aber indirekt betroffen.<br />

Dann nämlich, wenn sie für Unternehmen arbeiten,<br />

die nach dem Lieferkettengesetz bereits berichten<br />

müssen. „Dann kommen die Nachfragen“, weiß Vincent.<br />

Selten hätten die Firmen diese Informationen<br />

auf Anhieb präsent. Vincent plädiert für ein Frühwarnsystem.<br />

Es gehe nicht nur darum, die Gesetze einzuhalten:<br />

„Nachhaltigkeit bedeutet, dass ich mich mit<br />

meiner Form zu wirtschaften, systematisch auseinandersetze“,<br />

erklärt er und verweist auch auf die steigenden<br />

CO 2<br />

-Preise. „Sich auf die Veränderungen vorzubereiten,<br />

ist nicht nur mit Blick auf den Klimawandel,<br />

sondern auch wirtschaftlich klug“, ist er überzeugt.<br />

KUNDEN SCHÄTZEN DIE TRANSPARENZ<br />

Für sein eigenes Unternehmen habe sich der Fokus<br />

auf nachhaltiges Wirtschaften als positiv erwiesen:<br />

„Die Kunden schätzen die Transparenz und Authentizität,<br />

die damit verbunden ist“, sagt er. Wer nachhaltig<br />

wirtschafte und seine Geschäftsaktivitäten offenlege,<br />

sei jederzeit auskunftsfähig. Mit einem Irrtum räumt<br />

er allerdings auf: „Nachhaltig zu wirtschaften bedeutet<br />

nicht, dass ich ab morgen alles perfekt machen<br />

muss, im Gegenteil: Es geht darum zu zeigen, dass ich<br />

mich mit meinem Betrieb auf den Weg gemacht habe.“<br />

In den <strong>Stein</strong>metzbetrieb in Wetter ist Sohn Jeremias<br />

nach Abschluss seiner Ausbildung und Gesellenjahre<br />

zurückgekehrt. Für Vincent passt auch das ins Konzept.<br />

Schließlich ist die „Enkelfähigkeit“ von Unternehmen<br />

ebenfalls ein nachhaltiges Prinzip.<br />

VIEL PRAXIS-ERFAHRUNG<br />

Wie sich die vielen Dimensionen von Nachhaltigkeit<br />

für kleine und Kleinstunternehmen abbilden lassen,<br />

weiß der <strong>Stein</strong>metz aus der eigenen betrieblichen Praxis.<br />

Seit mehreren Jahren schon erstellt er für seinen<br />

Betrieb einen standardisierten Nachhaltigkeitsbericht<br />

und dokumentiert dort seinen Wasser- und Energieverbrauch,<br />

die Bezahlung von Mitarbeitern, den<br />

CO2-Eintrag, die Abfallströme und die Herkunft von<br />

Werkzeugen und Materialien. „In kleineren Unternehmen<br />

gibt es hierzu einen großen Wissensbedarf“,<br />

meint der Nachhaltigkeitsmanager.<br />

Ressourcenschutz, regionale Materialien,<br />

Materialkreisläufe: Die Fotos zeigen Grabsteine<br />

aus Ruhrsandstein aus der <strong>Stein</strong>bildhauerei<br />

Vincent in Wetter<br />

54 S05| <strong>2024</strong>

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