29.12.2012 Aufrufe

Eine Stadt begegnet der Forensik - Vereinigte Kirchenkreise Dortmund

Eine Stadt begegnet der Forensik - Vereinigte Kirchenkreise Dortmund

Eine Stadt begegnet der Forensik - Vereinigte Kirchenkreise Dortmund

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Eine</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>begegnet</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Forensik</strong><br />

Die Arbeit des Planungsbeirates <strong>der</strong> Forensischen Klinik in <strong>Dortmund</strong>


2<br />

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,<br />

Zuerst <strong>begegnet</strong>e die <strong>Forensik</strong> <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>.<br />

Die Entscheidung <strong>der</strong> Landesregierung für<br />

<strong>Dortmund</strong> kam überraschend. Seitdem<br />

<strong>begegnet</strong> unsere <strong>Stadt</strong> <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>. Trotz<br />

erheblichen Wi<strong>der</strong>stands am Anfang setzte<br />

sich nach und nach eine akzeptierende<br />

Haltung durch. Vorurteile und Ängste<br />

wurden abgebaut, die Diskussion<br />

versachlicht. Dass<br />

unser Gemeinwesen auch<br />

für diese Menschen Verantwortung<br />

übernehmen<br />

muss, wurde zunehmend<br />

bewusst.<br />

Ihrer Verantwortung ganz<br />

konkret gestellt haben sich<br />

die Mitglie<strong>der</strong> des sogenanntenPlanungsbeirates.<br />

Fünf Jahre lang wurde<br />

die Ansiedlung intensiv<br />

von ihnen begleitet, ungeachtet sehr<br />

unterschiedlicher Anschauungen zu<br />

Beginn. <strong>Eine</strong> Brücke zu bauen zwischen<br />

dem Therapiebedürfnis <strong>der</strong> forensischen<br />

Patienten und den Sicherheitsinteressen<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung galt das gemeinsame<br />

Bemühen. Dabei war <strong>der</strong> Beirat wirklich<br />

„Forum <strong>der</strong> Diskussion“ (so die Geschäftsordnung),<br />

hat intensiv mitgedacht, mitdiskutiert<br />

und wo nötig auch interveniert.<br />

Das Gespräch mit <strong>der</strong> Bevölkerung im<br />

<strong>Stadt</strong>teil lag ihm beson<strong>der</strong>s am Herzen.<br />

Die Verankerung<br />

<strong>der</strong> neuen Klinik<br />

im Gemeinwesen<br />

ist eine bleibende<br />

Aufgabe.<br />

Von diesem Prozess und auch sehr persönlichen<br />

Erfahrungen berichtet diese<br />

Broschüre mit ihren verschiedenartigen<br />

Ansichten, Einsichten und Kommentaren.<br />

Dem Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe, namentlich den beiden zuständigen<br />

Dezernenten Dr. Wolfgang Pittrich<br />

und Dr. Bernhard Wittmann<br />

ist zu danken, dass<br />

diese Veröffentlichung<br />

möglich wurde. Der LWL<br />

würdigt damit einmal<br />

mehr die Arbeit des Dortmun<strong>der</strong><br />

Planungsbeirates<br />

und zeigt, dass ihm Bürgerbeteiligung<br />

etwas wert<br />

ist.<br />

Der Blick geht nun nach<br />

vorn. Die Wilfried-Rasch-<br />

Klinik ist eröffnet, aber die<br />

Diskussionen werden dennoch weitergehen.<br />

Vertrauen muss wachsen und Dialog<br />

gepflegt werden. Die Verankerung <strong>der</strong><br />

neuen Klinik im Gemeinwesen ist eine<br />

bleibende Aufgabe. Der Planungsbeirat<br />

hat dies unterstützt, ein neuer Beirat wird<br />

dies in Zukunft zu tun haben.<br />

Den Leserinnen und Lesern wünsche wir,<br />

dass sie etwas von <strong>der</strong> Dynamik dieser<br />

Arbeit beim Lesen des Heftes spüren.<br />

Pfarrer Friedrich Stiller,<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Planungsbeirates<br />

<strong>der</strong> Forensischen Klinik 2001 bis 2005


➔<br />

➔<br />

➔<br />

➔<br />

Der Planungsbeirat – Forum <strong>der</strong> Diskussion<br />

4 Verantwortung übernehmen<br />

Friedrich Stiller<br />

8 Beratung und Unterstützung<br />

Wolfgang Schäfer und Dr. Bernhard Wittmann<br />

10 <strong>Eine</strong> Aufgabe für alle<br />

Prof. Dr. Ulrich Pätzold<br />

13 Versachlichung <strong>der</strong> Diskussion<br />

Siegfried Pogadl<br />

Ansichten und Einsichten<br />

14 Michael Beckmann, Aplerbecker Werbegemeinschaft<br />

15 Dr. Wolfgang Holtvoeth, Aplerbecker Ärzteschaft<br />

16 Alfons Jaruschewski, Nachbarschaft/Bürgerinitiative<br />

17 Dr. Ingeborg Konrad, Nachbarschaft/Ev. Kirchengemeinde<br />

18 Henning Müller-Späth, Nachbarschaft/Bürgerinitiative<br />

20 Die Mitglie<strong>der</strong> des Planungsbeirates: Gruppenfoto<br />

22 Herbert Nieroba, Aplerbecker Vereine<br />

23 Sabine Poschmann, SPD-Fraktion im Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />

24 Friedrich Stiller, Evangelische Kirche<br />

Die neue Klinik und ihr Umfeld<br />

26 Maßregelvollzug in <strong>Dortmund</strong><br />

Ute Franz<br />

28 Wer ist Wilfried Rasch?<br />

Monika Welzel<br />

30 Ansiedlung als Chance<br />

Rainer Klein<br />

32 Vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Klaus Hübner<br />

34 Zur Eröffnung <strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik<br />

Prof. Ulrich Sprick<br />

34 Mit Neugier und Interesse<br />

Annette Jedwabski und Brigitte Schero<br />

35 Kritische und faire Begleitung<br />

Sascha Ma<strong>der</strong><br />

Im Hintergrund – Die Standortfrage<br />

36 Warum <strong>Dortmund</strong> als Standort?<br />

Uwe Dönisch-Seidel<br />

3


➔<br />

4<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK FORUM DER DISKUSSION<br />

Verantwortung übernehmen<br />

Der Planungsbeirat <strong>Dortmund</strong> als Ort zivilgesellschaftlichen Engagements<br />

Darf man bei einer forensischen Klinik von einer erfolgreichen<br />

Ansiedlung sprechen? Sicher käme eine solche Bemerkung<br />

sofort in den Verdacht <strong>der</strong> Schönfärberei.<br />

Zu groß sind die Ängste, die das Thema auslöst.<br />

Das haben wir auch in <strong>Dortmund</strong> hautnah erlebt,<br />

als die Landesregierung den Standort <strong>Dortmund</strong><br />

beschlossen hatte. Ungefiltert prallten<br />

berechtigte und unberechtigte Befürchtungen,<br />

Sachinformationen und Emotionen aufeinan<strong>der</strong>.<br />

➔ Autor: Friedrich Stiller<br />

Diskussionsrunde im Planungsbeirat. Von links nach rechts: Herbert Nieroba, Ernst Lahme,<br />

Ulrike Sun<strong>der</strong>mann, Dr. Ingeborg Konrad, Klaus Hübner (Collage)<br />

➔ Seitdem sind fünf Jahre vergangen. Fünf<br />

Jahre, in denen die Bevölkerung in <strong>Dortmund</strong><br />

und insbeson<strong>der</strong>e im betroffenen <strong>Stadt</strong>teil sich mit<br />

diesem schwierigen Thema auseinan<strong>der</strong> gesetzt hat.<br />

Ein Zeitraum, in dem das Projekt selbst nicht nur<br />

Gestalt gewonnen hat, son<strong>der</strong>n baulich und organisatorisch<br />

realisiert worden ist. <strong>Eine</strong> Zeit aber auch,<br />

in denen eine Gruppe aus <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Bürgerschaft<br />

zusammen mit Fachleuten sich dafür eingesetzt hat,<br />

dass diese forensische Klinik nicht ein angefeindeter<br />

Fremdkörper bleibt.<br />

Blickt man auf an<strong>der</strong>e Standorte, so wird man in<br />

<strong>der</strong> Rückschau sagen dürfen, dass <strong>der</strong> Ansiedlungsprozess<br />

in <strong>Dortmund</strong> eine beson<strong>der</strong>e Qualität hatte.<br />

Bei aller Heftigkeit <strong>der</strong> Diskussion am Anfang gab es<br />

eine zunehmende Versachlichung, waren immer<br />

mehr Menschen bereit, sich mit dem Thema auseinan<strong>der</strong><br />

zu setzen bis zu <strong>der</strong> schlichten Frage: „Was<br />

soll mit diesen Menschen sonst passieren, wenn wir


sie nicht in speziell gesicherten Kliniken unterbringen?“.<br />

Dabei ist sicher bei einigen auch Frust<br />

und Resignation entstanden. Aber etliche sind den<br />

langen und oft steinigen Weg doch mitgegangen.<br />

Der Planungsbeirat hat sich hier engagiert eingesetzt.<br />

Seine Mitglie<strong>der</strong> kommen aus <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong><br />

Bevölkerung, vertreten unterschiedliche Gruppen<br />

und Kreise und den <strong>Stadt</strong>teil. Ergänzend kommen<br />

Fachleute dazu. Das Gremium soll nach <strong>der</strong><br />

Geschäftsordnung in „konzeptionellen und organisatorischen<br />

Fragen“ den Träger beraten und<br />

„Forum <strong>der</strong> Diskussion“ sein. Diesen Auftrag hat<br />

<strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> Planungsbeirat angenommen<br />

und ernst genommen, mit hohem persönlichen<br />

Einsatz <strong>der</strong> Beteiligten und trotz unterschiedlicher<br />

Ausgangspunkte. Dabei hat <strong>der</strong> Beirat gezeigt,<br />

dass er kein Gremium von Kopfnickern ist. Er hat<br />

akzeptiert, dass <strong>Forensik</strong> in einer menschlichen<br />

Gesellschaft eine gemeinsame Aufgabe ist, aber er<br />

hat auch hartnäckig strittige Punkte und offene<br />

Fragen verfolgt, als Partner <strong>der</strong> Verwaltung und<br />

Anwalt <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger.<br />

Drei Hauptthemen waren es, die die Diskussion<br />

zum Ansiedlungsprozess im Beirat bestimmt<br />

haben. Zuerst <strong>der</strong> Bereich <strong>der</strong> organisatorischen<br />

Zuordnung: Der Beirat hat sich von Anfang an<br />

dafür eingesetzt, dass diese Klinik nicht eine<br />

Dependance wird, son<strong>der</strong>n eine eigene Leitung<br />

bekommt. Mit den entsprechenden Entscheidungen<br />

des Gesundheites- und Krankenhausausschusses<br />

und <strong>der</strong> eigenständigen Klinikleitung<br />

hatte er in dieser ersten Phase sein Ziel erreicht.<br />

Das zweite große Thema war die<br />

Bauplanung. Hier kam es zu intensiven<br />

Diskussionen und auch Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

um Details. Der Beirat<br />

ist dabei immer davon ausgegangen,<br />

dass die Sicherheitsinteressen<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung im Vor<strong>der</strong>grund stehen<br />

müssen. An<strong>der</strong>erseits setzte er<br />

sich für vernünftige bauliche Zustände ein, die<br />

auch eine qualifizierte therapeutische Behandlung<br />

zulassen. Denn Sicherheit – so haben wir gelernt<br />

– entsteht nicht zuerst durch hohe Mauern, son<strong>der</strong>n<br />

ebenso durch qualifiziertes Personal und<br />

gute Therapie.<br />

FORUM DER DISKUSSION EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

„<br />

Die Sicherheitsinteressen<br />

<strong>der</strong><br />

Bevölkerung standen<br />

im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

➔ Pfarrer Friedrich Stiller<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Beirates, Pfarrer und Leiter<br />

des Referates für Gesellschaftliche<br />

Verantwortung <strong>der</strong> <strong>Vereinigte</strong>n Evangelischen<br />

<strong>Kirchenkreise</strong> <strong>Dortmund</strong>/Lünen<br />

<strong>Forensik</strong> – in einer humanen Gesellschaft<br />

die Lösung, nicht das Problem.„<br />

Personal und seine Qualifizierung war das dritte<br />

große Thema. Nachdem die grundsätzliche Klärung<br />

zur Personalbemessung zwischen Land und<br />

Landschaftsverband erfolgt war, hat <strong>der</strong> Beirat<br />

sich fortlaufend informieren lassen über die Personalgewinnung<br />

und dabei den Eindruck gewonnen,<br />

dass hier auf einen hohen fachlichen Standard<br />

Wert gelegt wird.<br />

Dies alles wäre nicht möglich gewesen, wenn<br />

sich nicht rund zwanzig Menschen auf Bitten <strong>der</strong><br />

Politik bereiterklärt hätten, mitzudenken und mitzudiskutieren.<br />

Und: Mitverantwortung zu übernehmen.<br />

Denn ob ehrenamtliche BürgerIn aus <strong>der</strong><br />

Nachbarschaft, Arzt, Apotheker, Vereinsvertreter<br />

aus dem <strong>Stadt</strong>teil o<strong>der</strong> Abgesandte einer Kirche<br />

o<strong>der</strong> Gewerkschaft: Sie alle mussten sich auch<br />

öffentlich und in ihrem Umfeld<br />

ansprechen lassen auf das Thema<br />

<strong>Forensik</strong>. „Warum machst du denn<br />

da mit?“ war eine häufig gestellte<br />

Frage in <strong>der</strong> Anfangszeit. Jede und<br />

je<strong>der</strong> musste persönlich Farbe bekennen.<br />

Diese Bereitschaft zur Mitverantwortung<br />

hat grundsätzliche Bedeutung. Hier hat sich<br />

etwas gezeigt, das man als funktionierende<br />

Demokratie und erfolgreiche Zivilgesellschaft<br />

bezeichnen darf. Zivilgesellschaftlich meint dabei<br />

das freiwillige Mitwirken von Bürgerinnen und<br />

Bürgern und gesellschaftlichen Organisationen<br />

Themen im<br />

Planungsbeirat<br />

Organisatorische<br />

Zuordnung<br />

Bauplanung<br />

Personal und<br />

Qualifizierung<br />

Nachsorge<br />

5


6<br />

21. 11. 2000<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK FORUM DER DISKUSSION<br />

Gesundheitsministerin Birgit Fischer stellt<br />

das Gesamtkonzept „Maßregelvollzug in<br />

Nordrhein-Westfalen“ vor. Geplant: Sechs<br />

neue Standorte für forensische Einrichtungen<br />

– Köln, Duisburg, Essen, <strong>Dortmund</strong>, Herne<br />

und Münster. Auf dem Gelände des<br />

Westfälischen Zentrums für Psychiatrie<br />

sollen 54 Plätze entstehen.<br />

Der Landschaftsausschuss des<br />

LWL stimmt <strong>der</strong> Errichtung eines<br />

Neubaus zu.<br />

11.5.2001<br />

17.10.2001<br />

Die Bezirksregierung<br />

Arnsberg stimmt<br />

<strong>der</strong> Bauvoranfrage des<br />

Landes in <strong>Dortmund</strong>-<br />

Aplerbeck zu.<br />

Der LWL setzt vor Ort eine<br />

Beauftragte für die<br />

Presse-, Öffentlichkeits- und<br />

Bildungsarbeit für die<br />

geplante Forensische Klinik<br />

ein.<br />

Als kommissarische Klinikleitung<br />

wird eingesetzt:<br />

Priv.-Doz. Dr. Michael Lasar,<br />

Gudrun Christiane<br />

Scheidler und Ralf von<br />

Bruchhausen.<br />

Das Land Nordrhein-<br />

Westfalen vergibt<br />

den Auftrag für den<br />

Bau <strong>der</strong> Klinik an die<br />

Hochtief Construction<br />

AG in Essen als<br />

Generalunternehmen.<br />

Erste Infoveranstaltung im<br />

Dortmun<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>teil Aplerbeck,<br />

veranstaltet von <strong>der</strong> Ev. Kirche.<br />

Unter den 700 Anwesenden gibt<br />

es Verständnis, aber auch<br />

massive Ablehnung gegen den<br />

Bau einer Forensischen Klinik in<br />

<strong>Dortmund</strong>.<br />

Der Planungsbeirat für die neue<br />

Klinik in <strong>Dortmund</strong> wird vom<br />

LWL-Gesundheits- und Krankenhaus-<br />

21.3.2001<br />

4.12.2000<br />

ausschuss berufen. Dafür setzen sich<br />

ein: Dr. Wolfgang Pittrich (damals<br />

LWL-Gesundheitsdezernent), die <strong>Stadt</strong><br />

<strong>Dortmund</strong>, die Evangelische Kirche<br />

<strong>Dortmund</strong>/Lünen und das Land.<br />

Bürgerversammlung: auf Initiative des<br />

Planungsbeirats stellen ExpertInnen<br />

von LWL und Land die Bauplanung und<br />

das Sicherheitskonzept vor und<br />

informieren über Therapiekonzepte und<br />

Personalqualifizierung.<br />

Mit dem ersten Spatenstich läutet das<br />

Land NRW als Bauherr die Bauphase<br />

für die neue Klinik ein.<br />

Damit ist <strong>Dortmund</strong> <strong>der</strong> erste <strong>der</strong><br />

sechs neuen Standorte in NRW,<br />

an dem mit dem Bau begonnen<br />

werden kann.<br />

Die Psychiaterin und Psychotherapeutin<br />

Ute Franz tritt ihr Amt als Ärztliche Direktorin<br />

<strong>der</strong> Westfälischen Maßregelvollzugsklinik<br />

<strong>Dortmund</strong> an. Ulrich Liebner als<br />

Pflegedirektor und Ralf von Bruchhausen<br />

als Verwaltungsleiter vervollständigen die<br />

neue Leitung.<br />

14.12.2000<br />

Der Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> akzeptiert die Verantwortung<br />

<strong>Dortmund</strong>s für die<br />

Unterbringung forensischer Patienten<br />

und erhebt keine Einwände gegen die<br />

Standortwahl <strong>der</strong> Landesregierung.<br />

Sicherheit <strong>der</strong> Bevölkerung soll Priorität<br />

haben.<br />

16.12.2000<br />

Der Landschaftsausschuss des<br />

Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe<br />

(LWL) begrüßt die Entscheidung <strong>der</strong><br />

Landesregierung.<br />

4.1.2001<br />

1.12.2001 5.2.2002 19.6.2002<br />

1.11.2003<br />

29.6.2003 3.12.2002<br />

Die Bürgerinitiative „Aplerbeck-machtmobil“<br />

gegen eine forensische Klinik gibt<br />

ihre Gründung bekannt.<br />

Der LWL beschließt auf Vorschlag des<br />

Planungsbeirats, dass die geplante<br />

forensische Einrichtung in<br />

<strong>Dortmund</strong> eine eigenständige Klinik<br />

wird. Sie soll versorgungs- und verwaltungstechnisch<br />

mit <strong>der</strong> benachbarten<br />

allgemeinpsychiatrischen<br />

Klinik zusammenarbeiten.<br />

Mit <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Bezirksregierung<br />

sind die Baupläne planungs- und bauordnungsrechtlich<br />

genehmigt.<br />

26.4. 2004 15.6.2004 24.1.2005 13.1.2006<br />

Richtfest <strong>der</strong> neuen<br />

Forensischen Klinik<br />

<strong>Dortmund</strong>.<br />

Schlüsselübergabe an<br />

die Klinikleitung durch<br />

den Gesundheitsminister<br />

Karl-Josef<br />

Laumann, wenige Tage<br />

bevor die ersten<br />

Patienten kommen.


wie Kirchen und an<strong>der</strong>en, das nicht auf Konfrontation<br />

aus ist, Gewalt (auch verbale) vermeidet<br />

und stattdessen auf konstruktive Gestaltung zielt.<br />

Dies ist ohne Bürger und Gemeinsinn <strong>der</strong> Beteiligten<br />

nicht möglich.<br />

So hat <strong>der</strong> Beirat von Anfang an eng mit den<br />

beteiligten Verwaltungen zusammengearbeitet.<br />

An alle Beteiligten hat dies hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

gestellt und alle Seiten mussten lernen. Dabei, das<br />

ist nicht verborgen geblieben, hat es auch Irritationen<br />

und Probleme gegeben. So hat sich <strong>der</strong> Beirat<br />

insbeson<strong>der</strong>e im ersten Jahr dafür eingesetzt,<br />

dass das Informationsbedürfnis <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

und <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>öffentlichkeit erheblich ernster<br />

genommen und schneller auf den Weg gebracht<br />

wird. Es stellt sich die Frage, welche Prioritäten<br />

Politik und Verwaltung setzen, wenn sie den Bürger<br />

einerseits mit einem <strong>der</strong>art gewichtigen Problem<br />

konfrontieren, an<strong>der</strong>erseits in <strong>der</strong> Anfangszeit<br />

nach <strong>der</strong> Entscheidung sein berechtigtes<br />

Informationsbedürfnis kaum aufgreifen. Politik<br />

kann an dieser Stelle viel gewinnen und viel verlieren.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass hier langfristig die<br />

Lehren gezogen werden.<br />

Man wird die Rolle des Beirats nicht überbewerten,<br />

wenn man am Ende <strong>der</strong> Planungszeit feststellt,<br />

dass insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Dialog mit <strong>der</strong> Bürgerschaft<br />

viel schwieriger geworden wäre, hätten<br />

die Verantwortlichen das Thema allein bewältigen<br />

müssen. In den vom Beirat initiierten Bürgerver-<br />

FORUM DER DISKUSSION EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

sammlungen zeigte sich dann auch<br />

die innere Entwicklung <strong>der</strong> Bevölke-<br />

Zur Versachlichung rung gegenüber diesem Projekt: Äng-<br />

des Themas hat <strong>der</strong> ste aus <strong>der</strong> Anfangszeit traten mehr<br />

Planungsbeirat und mehr zurück. Die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um das Thema wurde zuneh-<br />

wesentlich beigetragen.<br />

mend sachlicher. So konnten auch<br />

interessierte Kreise mit dem Thema<br />

in den Kommunalwahlen vor Ort<br />

nicht mehr punkten. Heute ist eine<br />

grundsätzliche Akzeptanz zu beobachten. Sicher<br />

bleibt eine gewisse Skepsis, und die Klinik wird<br />

auch in Zukunft aufmerksam beobachtet. Beim<br />

ersten Störfall wird sich zeigen, wie gut das Miteinan<strong>der</strong><br />

ist und wie viel Vertrauen besteht.<br />

7<br />

Aber mit dem Betriebsbeginn kann aus Sicht des<br />

Beirats schon festgestellt werden, dass die neue<br />

Klinik gute Voraussetzungen im Umfeld vorfindet.<br />

Entscheidend scheint mir dabei, dass sich nach<br />

und nach die Überzeugung durchgesetzt hat, dass<br />

forensische Kliniken nicht das Problem sind, son<strong>der</strong>n<br />

die Lösung. Die Lösung für das Problem, wie<br />

eine Gesellschaft, die human und gerecht sein<br />

will, mit straffälligen, aber psychisch kranken<br />

Menschen umgeht. Auf dieser Basis haben die<br />

Menschen in <strong>Dortmund</strong> und im <strong>Stadt</strong>teil Verantwortung<br />

übernommen. Insofern wird man dann<br />

doch sagen dürfen: Der Ansiedlungsprozess in<br />

<strong>Dortmund</strong> war erfolgreich. ■<br />

Von links nach rechts: Ute Bitter, Ute Franz, Dr. Ingeborg Konrad, Rainer Klein, Herbert Nieroba,<br />

Ernst Lahme, Friedhelm Hendler, Klaus Hübner


8<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK FORUM DER DISKUSSION<br />

Beratung und Unterstützung<br />

Unersetzlicher Beitrag zur Akzeptanz<br />

Hohe Mauern dienen nicht nur <strong>der</strong> Sicherheit, sie verstellen<br />

manchmal auch den Blick. Der Landschaftsverband Westfalen-<br />

Lippe (LWL) will als Träger von bislang drei forensischen<br />

Kliniken offen und umfassend informieren, um den<br />

Maßregelvollzug möglichst transparent zu machen.<br />

Denn die Resozialisierung psychisch kranker Straftäter ist nur<br />

mit <strong>der</strong> Gesellschaft möglich, nicht gegen sie.<br />

➔ Häufig ruft <strong>der</strong> Maßregelvollzug Ängste<br />

und Ablehnung hervor. Um diesen Vorbehalten<br />

zu begegnen und Verständnis für die Aufgaben,<br />

Ziele und die Arbeit des Maßregelvollzuges<br />

zu wecken, för<strong>der</strong>t <strong>der</strong> LWL den Dialog mit <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit.<br />

Schon im Jahr 1984 hat <strong>der</strong> LWL daher auf eigene<br />

Initiative an seinen forensischen Standorten<br />

Beiräte gegründet und so das Gespräch mit den<br />

Besichtigung <strong>der</strong> Westfälischen Maßregelvollzugsklinik Rheine am 21. 10 2005.<br />

Von links nach rechts: Henning Müller-Späth, Oliver Kolberg, Ralf von<br />

Bruchhausen, Gerrit Harnischmacher, Barbara Blotenberg, Herbert Nieroba<br />

➔ Auoren: Wolfgang Schäfer und Dr. Bernhard Wittmann<br />

Bürgerinnen und Bürgern gesucht. Ziel war es,<br />

engagierte Persönlichkeiten des gesellschaftlichen<br />

Lebens zu gewinnen, um damit eine breitere<br />

Öffentlichkeit für die Probleme des Maßregelvollzuges<br />

und <strong>der</strong> Rehabilitation psychisch kranker<br />

Rechtsbrecher herzustellen.<br />

Nach dem Vorbild des LWL wurde die Einrichtung<br />

von Beiräten an bestehenden forensischen<br />

Kliniken in Nordrhein-Westfalen 1999 gesetzlich<br />

verankert. Die Erfahrungen des LWL waren überzeugend:<br />

An <strong>der</strong> Schnittstelle zwischen Klinik und<br />

Öffentlichkeit hatten Beiräte sich als wertvolle<br />

Vermittler zwischen Innen- und Außensicht<br />

bewährt.<br />

Beiräte helfen Vorurteile abzubauen, tragen aber<br />

auch zur Beseitigung von Unzulänglichkeiten und<br />

Missständen bei. So war es seit langem zentrales<br />

Anliegen des Beirates des Westfälischen Zentrums<br />

für Forensische Psychiatrie Lippstadt-Eickelborn<br />

(WZFP), eine zügige Verkleinerung <strong>der</strong> Klinik<br />

durch die Errichtung zusätzlicher Maßregelvollzugseinrichtungen<br />

voranzutreiben.<br />

Mit <strong>der</strong> Inbetriebnahme von 54 Plätzen für forensische<br />

Patienten aus dem Landgerichtsbezirk<br />

<strong>Dortmund</strong> werden wir <strong>der</strong> Dezentralisierung des<br />

Maßregelvollzuges in Westfalen-Lippe einen<br />

wesentlichen Schritt näher kommen.<br />

Nach Bekanntgabe des Standortes <strong>Dortmund</strong><br />

setzte sich <strong>der</strong> damalige Landesrat Dr. Wolfgang<br />

Pittrich persönlich dafür ein, dass bereits für die<br />

Planungs- und Vorbereitungsphase ohne gesetzliche<br />

Verpflichtung ein Beirat gegründet wird. Aufgrund<br />

des hohen Stellenwertes <strong>der</strong> Beiratsarbeit<br />

unterstützten die damalige NRW-Gesundheitsministerin<br />

Birgit Fischer, die Vertreter <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong><br />

und <strong>der</strong> <strong>Vereinigte</strong>n <strong>Kirchenkreise</strong> <strong>Dortmund</strong>/Lünen<br />

diese Initiative.


Der Dortmun<strong>der</strong> Planungsbeirat wurde von<br />

Anfang an an allen Planungsprozessen beteiligt.<br />

Schon sehr früh hat er mit seinem entschiedenen<br />

Votum wesentlich dazu beigetragen, dass die Klinik<br />

<strong>Dortmund</strong> als selbstständige Einrichtung<br />

durch den LWL geführt wird. Darüber hinaus<br />

begleitete das Gremium den Prozess <strong>der</strong> konkreten<br />

Organisation <strong>der</strong> forensischen Klinik selbst<br />

wie etwa die Umsetzung <strong>der</strong> Sicherheitsstandards,<br />

die Personalplanung und die Organisation <strong>der</strong><br />

forensischen Nachsorge. Hartnäckig hat er sich<br />

z.B. für einen größeren Außenhof eingesetzt. Darüber<br />

hinaus hat er sich in den Prozess <strong>der</strong><br />

Namensgebung eingebracht und schließlich dem<br />

Vorschlag des LWL zugestimmt, die Klinik nach<br />

dem für den Maßregelvollzug in Westfalen-Lippe<br />

wegweisenden Psychiater und Lehrstuhlinhaber<br />

Professor Dr. Wilfried Rasch zu benennen.<br />

Die Diskussionen in und mit dem Beirat waren<br />

nicht immer einfach. Beide Seiten, Beirat und Träger,<br />

mussten von- und aneinan<strong>der</strong> lernen: <strong>der</strong> Beirat,<br />

dass Sicherheit im Maßregelvollzug viel mehr<br />

ist als nur höchste bauliche Standards; <strong>der</strong> Träger,<br />

dass die Ängste und Vorbehalte insbeson<strong>der</strong>e im<br />

Umfeld <strong>der</strong> geplanten Klinik nur durch Verständnis<br />

und Offenheit für die Besorgnisse <strong>der</strong> Öffentlichkeit,<br />

durch kontinuierliche Information und<br />

durch Vertrauenswürdigkeit <strong>der</strong> handelnden Personen<br />

abzubauen sind.<br />

Beson<strong>der</strong>s hervorzuheben ist, dass auch die gegen<br />

die forensische Klinik angetretene Bürgerinitiative<br />

bereit war, sich an diesem Beirat zu beteiligen und<br />

sich auf diese Weise in den kritisch-konstruktiven<br />

Dialog einzubringen. Auch die regelmäßigen, vom<br />

Beirat initiierten Treffen mit <strong>der</strong> Bezirksvertretung<br />

<strong>Dortmund</strong>-Aplerbeck haben mit den Weg geebnet,<br />

jenseits aller verständlichen Vorbehalte eine sachliche<br />

Basis für gegenseitiges Vertrauen zu schaffen.<br />

So blicken wir zurück auf einen nicht immer einfachen,<br />

aber aus unserer Sicht überaus erfolgreichen<br />

Weg <strong>der</strong> gegenseitigen Annäherung, den wir<br />

durchaus als modellhaft bezeichnen möchten und<br />

den wir uns auch für den nächsten zu realisierenden<br />

Standort Herne wünschen. Wir sind uns<br />

FORUM DER DISKUSSION EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

§ 4 MRVG NRW<br />

GESETZLICHE RAHMEN-<br />

BEDINGUNGEN<br />

(1) Die Träger <strong>der</strong> Maßregelvollzugseinrichtungen berufen<br />

für jeden Standort einen Beirat.<br />

(2) Aufgaben des Beirates sind die Beratung <strong>der</strong> Einrichtung<br />

in konzeptionellen und organisatorischen Fragen des<br />

Maßregelvollzugs, die Unterstützung <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Einrichtung,<br />

die Hilfe bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Patientinnen<br />

und Patienten und die För<strong>der</strong>ung des Verständnisses<br />

und <strong>der</strong> Akzeptanz für die Aufgaben des Maßregelvollzugs<br />

in <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beiräte<br />

nehmen ihre Aufgaben ehrenamtlich wahr.<br />

(3) Den Beiräten sollen Personen aus unterschiedlichen<br />

gesellschaftlichen Gruppen angehören. Sie sollen überwiegend<br />

Einwohner <strong>der</strong> Gemeinde sein, in <strong>der</strong> die Einrichtung<br />

liegt. Höchstens die Hälfte <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des Beirates<br />

kann vom Rat <strong>der</strong> Gemeinde (…) bestimmt werden.<br />

(4) Die Mitglie<strong>der</strong> des Beirates können sich über inhaltliche<br />

und organisatorische Fragen <strong>der</strong> Durchführung des<br />

Maßregelvollzugs unterrichten lassen sowie die Einrichtung<br />

besichtigen. Ein Recht auf Akteneinsicht besteht<br />

nicht. An Entscheidungen über einzelne Patientinnen und<br />

Patienten sind die Beiräte nicht beteiligt.<br />

➔ Quelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

sicher, dass das gewachsene Vertrauen und das erreichte Maß an<br />

öffentlicher Akzeptanz dem in <strong>der</strong> neuen forensischen Klinik<br />

beschäftigten Fachpersonal und insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> qualifizierten<br />

Behandlung <strong>der</strong> dortigen Patienten zugute kommen wird.<br />

Der LWL wird sein Konzept <strong>der</strong> Entlastung und Verkleinerung des<br />

Westfälischen Zentrums für Forensische Psychiatrie Lippstadt-<br />

Eickelborn konsequent weiterverfolgen und dankt dem Beirat<br />

<strong>Dortmund</strong>, dass er den ersten Schritt dazu so beispielgebend mitgestaltet<br />

hat. ■<br />

➔ Wolfgang Schäfer,<br />

Direktor des LandschaftsverbandesWestfalen-Lippe und<br />

Dr. Bernhard Wittmann<br />

Leiter <strong>der</strong> Abteilung Maßregelvollzug<br />

9


10<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK FORUM DER DISKUSSION<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Planungsbeirats diskutieren auf dem Aplerbecker Marktplatz 2002 mit Mitbürgern.<br />

<strong>Eine</strong> Aufgabe für alle<br />

Die Ansiedlung <strong>der</strong> forensischen Klinik als Kommunikationsprozess<br />

Standortpolitisch erfolgreich ist, wer ein Unternehmen, eine<br />

Einrichtung in seinem Zuständigkeitsbereich ansiedelt. Bauaufträge,<br />

Arbeitsplätze, Infrastruktur – das alles zählt viel vor<br />

allem in wirtschaftlich schlechteren Zeiten. Städte wetteifern<br />

mit Ansiedlungen ebenso wie <strong>Stadt</strong>eile innerhalb einer <strong>Stadt</strong>.<br />

➔<br />

Um forensische Einrichtungen bewirbt sich<br />

keine <strong>Stadt</strong>. Kein Amt für Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung<br />

hält ein Paket schöner Bil<strong>der</strong> und einladen<strong>der</strong> Fakten<br />

bereit, um Grundstücke, Zuschüsse, Anreize<br />

in die Waage zu legen. <strong>Eine</strong> forensische Klinik in<br />

den Mauern einer <strong>Stadt</strong>? Das war Ende 2000 kaum<br />

denkbar, als die Landesregierung Nordrhein-Westfalen<br />

verordnete, im Zuge <strong>der</strong> Dezentralisierung<br />

des Maßregelvollzugs auch in <strong>Dortmund</strong> – wie<br />

➔ Autor: Prof. Dr. Ulrich Pätzold<br />

auch in an<strong>der</strong>en Städten des Landes – eine entsprechende<br />

Klinik zu bauen. Unberechenbar,<br />

krankhaft, gewaltbereit, therapiert hinter Mauern<br />

und Sicherheitszäune – was sind das für Risikotäter<br />

mitten in einem <strong>Stadt</strong>viertel, das viel auf<br />

Wohnqualität, Bürgerlichkeit und offene, angstfreie<br />

Begegnungen setzt. Ein Hochsicherheitstrakt<br />

für psychisch kranke Straftäter mitten in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />

– das kann nicht zusammen passen. <strong>Dortmund</strong><br />

musste sich als Opfer fühlen, als in Düsseldorf die<br />

Standortentscheidung fiel.<br />

Kann eine um Sachlichkeit bemühte, menschliches<br />

Fühlen akzeptierende, gesellschaftliche<br />

Zusammenhänge von Ursachen und Verschulden<br />

berücksichtigende, Sicherheit und Therapie<br />

zusammen gedachte Kommunikation im Planungszeitraum<br />

von vier Jahren dazu beitragen,


dass eine <strong>Stadt</strong> und in ihr ganz beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong><br />

betroffene <strong>Stadt</strong>teil lernt, eine solche Ansiedlung<br />

in ihrer Mitte zu akzeptieren, gar Vertrauen aufzubauen?<br />

Kann die Einsicht wachsen, dass ihre 54<br />

Therapieplätze einen besseren Weg als Wegsperren<br />

auf <strong>der</strong> grünen Wiese möglich machen? Sie<br />

kann.<br />

Massiv wurde die <strong>Stadt</strong> konfrontiert mit sich<br />

selbst. In erheblichem Maße <strong>der</strong> Ort, in dem psychisch<br />

Kranke zu Rechtsbrechern werden und<br />

schwere Straftaten begehen, soll sie nun auch <strong>der</strong><br />

Ort sein, wo alles Menschenmögliche getan wird,<br />

um ihre Persönlichkeitsstörungen zu heilen und<br />

gleichzeitig die Sicherheit <strong>der</strong> Bürgerinnen und<br />

Bürger optimal zu gewährleisten.<br />

Am 21. März 2001 wurde <strong>der</strong> Beirat berufen, um<br />

die Betriebsführung <strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>einrichtung<br />

zu beraten und als Mittler zwischen<br />

Land, Landschaftsverband Westfalen-Lippe und<br />

<strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> Öffentlichkeit, insbeson<strong>der</strong>e den<br />

im Umfeld <strong>der</strong> Klinik lebenden Menschen eine<br />

breite Kommunikation zu erzeugen. Nicht spontane<br />

Meinungsäußerungen, nicht die Formierung<br />

von Einstellungen und Verhaltensweisen in einzelnen<br />

gesellschaftlichen Segmenten, in Organisationen<br />

o<strong>der</strong> Initiativen darf die Folge eines <strong>der</strong>art<br />

starke Gefühle provozierenden Ansiedlungsbeschlusses<br />

sein. Mit dem Beirat sollten vielmehr die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen eine konzentrierte Mitte<br />

erhalten, in <strong>der</strong> Kontinuität des Gesprächs, Präzision<br />

in <strong>der</strong> Sache und Verständnis im Miteinan<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> unterschiedlichen Positionen eine Kultur des<br />

Ausgleichs nach innen för<strong>der</strong>n und eine Stimme<br />

nach außen für die Dortmun<strong>der</strong> Öffentlichkeit vernehmbar<br />

machen sollten.<br />

<strong>Eine</strong> solche Kommunikation konnte<br />

nur gelingen, weil <strong>der</strong> Beirat plural<br />

zusammen gesetzt war. Er integrierte<br />

Experten ebenso wie Bürgerinnen<br />

und Bürger, die unmittelbar<br />

und gefühlsnah im Umfeld <strong>der</strong><br />

neuen Einrichtung leben. Meinungen<br />

im Beirat wurden immer wie<strong>der</strong><br />

gebrochen an Tatbeständen, Erfah-<br />

FORUM DER DISKUSSION EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

„<br />

Der Beirat war<br />

eine lernende und<br />

arbeitende<br />

Versammlung.<br />

➔ Prof. Dr. Ulrich Pätzold<br />

Professor für Journalistik <strong>der</strong><br />

Universität <strong>Dortmund</strong><br />

Die Arbeit im Beirat ist für mich eine spannende<br />

Annäherung an die Einsicht, dass wir im Leben unserer<br />

<strong>Stadt</strong> kein Problem dürfen.„<br />

ausblenden<br />

rungen und Wissen, die in die Arbeit eingebracht<br />

wurden. Die Beiratsarbeit war in ihren 24 Sitzungen<br />

eine beeindruckende gesamtgesellschaftliche<br />

Lernwerkstatt. In ihr gab es keinen Anpassungsdruck<br />

von oben nach unten. In ihr liefen sich<br />

Pamphlete schnell tot. In ihr wuchs mit <strong>der</strong> Zeit<br />

die werbende Vernunft, dass eine große Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

eine große gemeinsame Aufgabe sein<br />

muss, <strong>der</strong>en Bewältigung Gefühle und Positionen<br />

berücksichtigt, aber auch auf den kritischen Prüfstand<br />

stellt.<br />

Was am Anfang <strong>der</strong> Beiratsarbeit nicht klar sein<br />

konnte, ist vom Ende her zu beantworten. Der<br />

Beirat ist nicht in Konfrontationen erstarrt, son<strong>der</strong>n<br />

hat zahlreiche Anregungen ausgearbeitet<br />

und hat vor allem seine Rolle als gesellschaftliche<br />

Repräsentanz <strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

wahrgenommen. Dabei hat er das Glück gehabt,<br />

einen außerordentlich geschickt agierenden und<br />

engagierten Vorsitzenden gewählt zu haben, <strong>der</strong><br />

dem Beirat nach innen die Balance gab und nach<br />

außen die notwendige Aufmerksamkeit<br />

sicherte. Die heftigen Reaktio-<br />

nen in den Aplerbecker Versammlungen<br />

am Anfang sind heute kaum<br />

mehr vorstellbar. Die Einbeziehung<br />

<strong>der</strong> Aplerbecker in den Lernprozess<br />

war das Kernstück <strong>der</strong> Kommunikationsleistung<br />

des Beirats. Im <strong>Stadt</strong>teil<br />

hat sich gezeigt, was ein „Run-<br />

11


12<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK FORUM DER DISKUSSION<br />

<strong>der</strong> Tisch“ in einer emotional so heiklen<br />

Ansiedlung für eine <strong>Stadt</strong> wert<br />

ist.<br />

Aus politischer Sicht ist die Wirkung<br />

des Beirats am besten<br />

beschrieben, wenn man konstatiert,<br />

dass die Ansiedlung verhältnismäßig<br />

lautlos vollzogen werden konnte.<br />

Die Vorlagen <strong>der</strong> Verwaltungen,<br />

die Diskussionen in Ausschüssen und im Rat<br />

waren durch keine nennenswerten Kontroversen<br />

belastet. Das schwierige Regelverhältnis von<br />

Sicherheit und Therapie institutionell und organisatorisch<br />

zu lösen, wurde bildlich in Anlehnung<br />

an den Baukörper mit <strong>der</strong> Beschreibung <strong>Forensik</strong><br />

als „Wagenburg“ zuende gebracht.<br />

Das kommunikative Gesamtkonzept des Beirats<br />

hat dazu geführt, dass diese lernende und arbeitende<br />

Versammlung zunehmend einen Verbündeten<br />

gewonnen hat: die Dortmun<strong>der</strong> Medien. Es<br />

hätte durchaus auch in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache liegen<br />

können, dass die Medien vorrangig die Emotionalität<br />

des Themas zum Ausgangspunkt ihrer<br />

Berichterstattung hätten machen können. Das<br />

jedoch ist nicht <strong>der</strong> Fall gewesen. Es war sinnvoll,<br />

schon früh die Journalisten in intensiven Gesprächen<br />

auf den Beirat aufmerksam zu machen, sie<br />

fair und ausführlich nach je<strong>der</strong> Sitzung zu informieren.<br />

Das hat Respekt geschaffen. Es wurde viel<br />

über die Klinikplanung und ihr Umfeld in den<br />

Dortmun<strong>der</strong> Medien berichtet, fast immer sachlich,<br />

insgesamt dem Planungsverlauf angemessen<br />

und in den Tendenzen dem Konsens folgend, dass<br />

diese Einrichtung für die Dortmun<strong>der</strong> zu akzeptieren<br />

ist. Vielleicht ist eine Überschrift bezeichnend,<br />

mit <strong>der</strong> die Medien dieses Thema begleiten:<br />

„Die <strong>Forensik</strong> wächst – mit Sicherheit“.<br />

Die Beiratsmitglie<strong>der</strong> waren ein<br />

Querschnitt dieser Gesellschaft, nicht<br />

so radikal in ihren emotionalen Äußerungen,<br />

aber in großer Zahl auch<br />

nicht vorgebildet in den vielschichtigen<br />

Problemen <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>. Einige<br />

Arbeitsverfahren des<br />

Beirats wurde<br />

Muster für den<br />

öffentlichen<br />

Dialog.<br />

Mitglie<strong>der</strong> standen Bürgerinitiativen<br />

gegen die <strong>Forensik</strong>einrichtungen<br />

nahe o<strong>der</strong> mussten sie als politische<br />

Repräsentanten <strong>der</strong> Bevölkerung im<br />

Auge behalten. An<strong>der</strong>e sahen in den<br />

Einrichtungen eine Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />

in <strong>der</strong> die Koordinaten des<br />

Menschenbildes ebenso neu justiert<br />

werden mussten wie die Vorstellungen,<br />

dass Therapierbarkeit und<br />

Sicherheit für eine Gesellschaft tragfähige und<br />

sinnvolle Verbindungen eingehen können. Informationen<br />

standen also im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Arbeit<br />

und <strong>der</strong> Überlegungen, wie <strong>der</strong> Dialog in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong><br />

zielgerichtet geführt werden kann. Denn nicht das<br />

„Ob“ stand zur Entscheidung, son<strong>der</strong>n allein wie<br />

eine solche Einrichtung in <strong>Dortmund</strong> aufgebaut<br />

und betrieben werden soll.<br />

Das Arbeitsverfahren im Beirat erwies sich schon<br />

bald als Muster für den weiteren öffentlichen Dialog,<br />

<strong>der</strong> letztlich entscheidend für die Akzeptanzprobleme<br />

sein würde. Alle Seiten eines <strong>Forensik</strong>betriebs<br />

wurden durch ausführliche Vorträge dargestellt<br />

und unter den Gesichtspunkten diskutiert,<br />

welche Bedeutung sie für das Therapiekonzept<br />

und für die Sicherheit haben. Das führte zwar<br />

nicht zur vollständigen Angleichung in <strong>der</strong> Einstellung<br />

zu dieser Klinik hinter Mauern. Aber<br />

diese Gründlichkeit för<strong>der</strong>te den Abbau ungefilterter<br />

Vorurteile und Gefühle, wie sie anfangs als<br />

Reaktion auf die Entscheidung assoziiert waren.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong> fanden zu einer Sprache, die<br />

zunehmend von den Sachproblemen geprägt<br />

wurde und gegenseitigen Respekt dokumentierte,<br />

wie unterschiedlich auch immer die grundsätzliche<br />

Einstellung zur <strong>Forensik</strong> in <strong>Dortmund</strong> sein<br />

mochte.<br />

Planer und<br />

Entschei<strong>der</strong> haben<br />

von <strong>der</strong> Beiratsarbeit<br />

profitiert.<br />

Die verantwortlichen Planer und<br />

Entschei<strong>der</strong> haben von dieser Beiratsarbeit<br />

profitiert. Sie haben<br />

gelernt, ihre Konzepte in Frage<br />

stellen zu lassen, Verbesserungen<br />

anzunehmen und ihre Arbeit<br />

öffentlich zu vertreten. Immerhin<br />

gewann in <strong>der</strong> Planungsphase


auch das Selbstbewusstsein, die Klinik vollständig<br />

als eine Dortmun<strong>der</strong> Einrichtung zu führen, statt<br />

sie, wie ursprünglich vorgesehen, als Außenstelle<br />

dem Maßregelvollzug in Eickelborn zu unterstellen.<br />

Auch in einer solchen Entscheidung wird<br />

deutlich, wie beharrlich <strong>der</strong> Beirat aus einer Vorurteilsfalle<br />

in eine Akzeptanzkultur <strong>der</strong> örtlichen<br />

Verantwortung geführt hat.<br />

Die Dortmun<strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger haben<br />

von <strong>der</strong> Beiratsarbeit profitiert. Sie haben nicht<br />

nur ein Gremium gehabt, das für sie stellvertretend<br />

mit einem akribischen Prüfungsprozess<br />

Transparenz <strong>der</strong> Planung erreicht hat. Der Beirat<br />

ist auch mit seinem erworbenen Wissen und mit<br />

seinen Einsichten in die <strong>Stadt</strong> gegangen, hat Falt-<br />

Versachlichung <strong>der</strong> Diskussion<br />

Die <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> hat die For<strong>der</strong>ung des Landes nach<br />

Übernahme regionaler gesellschaftlicher Verantwortung für<br />

den Maßregelvollzug, das Ziel den Maßregelvollzug zu<br />

dezentralisieren und die Standortentscheidung <strong>Dortmund</strong>-<br />

Aplerbeck akzeptiert.<br />

Die Idee zur Einrichtung eines Beirates in Zusammenhang<br />

mit dem Aufbau einer forensischen Klinik wurde von<br />

Beginn an von <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> unterstützt. Mit ihm<br />

hat die <strong>Stadt</strong> ihren Willen zum Ausdruck gebracht, forensische<br />

Patienten menschenwürdig unterzubringen und den<br />

Bürgern alle erdenkliche Sicherheiten zu gewährleisten.<br />

Der Planungsbeirat hat die an <strong>der</strong> Planung und Einrichtung<br />

<strong>der</strong> Klinik beteiligten Entscheidungsträger beraten und die<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Sicherheitsstandards, die personelle Ausstattung<br />

<strong>der</strong> Einrichtung und die Maßnahmen zur psychiatrischen<br />

Nachsorge begleitet. Auf einen intensiven Dialog<br />

FORUM DER DISKUSSION EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

blätter auf dem Aplerbecker Markt verteilt, hat<br />

sich in Versammlungen engagiert und hat in vielfältiger<br />

Weise über seine Mitglie<strong>der</strong> Umfeldpolitik<br />

für die Dortmun<strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> betrieben.<br />

Je umfassen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Informationsstand im Beirat<br />

geworden ist, desto nachhaltiger konnte er seine<br />

Rolle in <strong>der</strong> Bildungsarbeit und in <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

ausüben. Gegenüber den Entschei<strong>der</strong>n<br />

und Planern hat er die Interessen <strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit vertreten. Als informiertes Bindeglied<br />

zwischen Planern und Öffentlichkeit ist er<br />

immer kompetenter für den Dialog mit <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

geworden und hat auf diese Weise die<br />

Akzeptanz in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> für diese zukünftige Einrichtung<br />

erheblich erhöht. ■<br />

➔ Siegfried Pogadl,<br />

Beigeordneter<br />

<strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong>,<br />

Dezernent für Soziales,<br />

Schule, Jugend<br />

und Gesundheit<br />

13<br />

mit dem Beirat bleibt die <strong>Stadt</strong> angewiesen, soll die vollständige<br />

Integration <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> in <strong>Dortmund</strong> gelingen.<br />

In <strong>der</strong> Entwicklung von <strong>der</strong> ersten Bürgerversammlung<br />

nach <strong>der</strong> Standortentscheidung bis heute lässt sich feststellen,<br />

dass es dem Planungsbeirat in Zusammenarbeit<br />

mit dem Land, dem LWL und <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> gelungen<br />

ist, eine Versachlichung <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>diskussion zu<br />

erreichen, Vertrauen aufzubauen und die Akzeptanz für<br />

eine regionale forensische 54-Betten-Klinik auf dem Gelände<br />

<strong>der</strong> Westfälischen Klink <strong>Dortmund</strong> zu för<strong>der</strong>n.


➔<br />

INTERVIEW<br />

14<br />

Michael Beckmann, Apotheker<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK ANSICHTEN UND EINSICHTEN<br />

ES IST UNSERE PFLICHT<br />

Vertreter <strong>der</strong> Aplerbecker Werbegemeinschaft<br />

➔ Herr Beckmann, Sie sind Apotheker in Aplerbeck.<br />

Sie wohnen im <strong>Stadt</strong>teil, sind verheiratet und haben<br />

zwei Kin<strong>der</strong>. Was hat Sie dazu bewogen, Ihre Berufung<br />

in den Beirat anzunehmen?<br />

Ich bin als Abgesandter <strong>der</strong> Einzelhändler gefragt<br />

worden, ob ich im Beirat mitwirken wolle. Das<br />

Thema „<strong>Forensik</strong>“ fand ich sehr spannend.<br />

Zunächst einmal habe ich, wie fast je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Bürger hier auch, emotional reagiert, als ich vom<br />

Bau <strong>der</strong> Forensischen Klinik gehört habe. In<br />

Gedanken stellt man sich schnell schlimme Szenen<br />

vor. Aber auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gehören die<br />

Bewohner einer <strong>Forensik</strong>-Klinik zur Gesellschaft,<br />

so wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Bürger auch. Man kann lange<br />

diskutieren, inwieweit dieser Teil <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

ein Recht auf Integration hat und ein Recht darauf,<br />

dass wir uns um diese Menschen kümmern. Meiner<br />

Ansicht nach haben wir die Pflicht dazu, uns<br />

auch um diese Kranken zu kümmern. Von Berufs<br />

wegen habe ich von Zeit zu Zeit mit psychisch<br />

kranken Menschen zu tun und stehe daher dem<br />

Thema recht offen gegenüber.<br />

➔ Wie haben die Mitbürger reagiert?<br />

Ich habe in Gesprächen viele kritische<br />

Meinungen mitbekommen. Beispielsweise<br />

wurde mir gesagt, dass die Kosten für den<br />

Bau <strong>der</strong> Klinik und die Betreuung dieser<br />

Menschen viel zu hoch seien. Aber dann<br />

müsste man im Extremfall auch sagen,<br />

dass die Behandlung von Menschen auf<br />

<strong>der</strong> Intensivstation zu teuer ist. Verständlich<br />

finde ich allerdings auch den Ärger<br />

darüber, dass die Kin<strong>der</strong> aus dem Ortsteil<br />

schon seit Jahren in Containern auf dem<br />

Schulhof unter schlechten Bedingungen<br />

lernen, während für 54 Menschen unter<br />

großem Aufwand ein Haus gebaut wird.<br />

➔ Es ist bekannt, dass die Klinik nicht hun<strong>der</strong>tprozentig<br />

sicher sein kann. Wie würden<br />

Sie reagieren, wenn ein Ernstfall eintritt?<br />

Was an diesem Tage X passiert, wenn<br />

meine Tochter betroffen wäre, kann ich<br />

beim besten Willen nicht sagen. Sehr<br />

wahrscheinlich würde ich nicht mehr so<br />

entspannt, so sachlich über das Thema<br />

reden können.<br />

➔ Haben sich Ihre Erwartungen während <strong>der</strong> Arbeit im Beirat<br />

erfüllt?<br />

Ich habe einen großen Komplex an Themen kennengelernt.<br />

Es ist schade, dass nicht je<strong>der</strong> Bürger die Möglichkeit und<br />

Zeit hat, sich mit dem ganzen Prozeß zu beschäftigen. Aber<br />

deshalb sollen die Mitglie<strong>der</strong> des Beirates ja auch Multiplikatoren<br />

sein. Die Bürger sind hauptsächlich daran interessiert,<br />

wie sicher die Klinik wird. Aber das Thema Sicherheit<br />

ist nur ein Bruchstück des gesamten Themenkomplexes.<br />

➔ Werfen Sie einen Blick in die Zukunft: Wie werden im Jahr<br />

2010 die Aplerbecker die Klinik sehen?<br />

Ich bin sicher, dass die Bürger sich immer wie<strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

Klinik beschäftigen werden. Sicher wird die Eröffnung im<br />

Fokus stehen. Und falls – Gott bewahre – ein Zwischenfall<br />

eintritt, würde das Thema ganz sicher heftig emotional diskutiert.<br />

Die Bevölkerung wird sich an die Nachbarschaft <strong>der</strong><br />

Klinik mit Ihren Bewohnern gewöhnen. Und die Forensiche<br />

Klinik wird ein wichtiger Arbeitgeber sein.<br />

➔ Das Interview führte: Carolin Wrede


Herr Dr. Holtvoeth, Sie haben sich 1985 als<br />

Arzt für Neurologie und Psychiatrie in <strong>Dortmund</strong><br />

Aplerbeck nie<strong>der</strong>gelassen. Was hat Sie<br />

an <strong>der</strong> Beiratsarbeit interessiert?<br />

Die Anwesenheit eines Facharztes im Beirat<br />

hielt ich für zwingend erfor<strong>der</strong>lich. Von<br />

Seiten <strong>der</strong> Aplerbecker Ärzteschaft wurde<br />

gewünscht, dass schon in <strong>der</strong> Planungsphase<br />

ein Fachkollege im Beirat sitzt, <strong>der</strong><br />

mithört und plant. Als Mitglied des Nervenärztlichen<br />

Praxisnetzes <strong>Dortmund</strong><br />

wurde ich beauftragt, von <strong>der</strong> Planungsphase<br />

bis zur Inbetriebnahme unsere fachlichen<br />

Interessen zu vertreten. Schon seit Jahren betreuen<br />

wir forensische Patienten in unseren Praxen und wollten<br />

unsere eigenen Erfahrungen in den Betreuungsplan mit einbringen.<br />

Frühe Kommunikation und Kooperation mit <strong>der</strong><br />

forensischen Klinik war unser Ziel, um unseren Teil zur<br />

Sicherheit <strong>der</strong> Versorgung beizutragen.<br />

Wie reagieren die Mitbürger?<br />

Je<strong>der</strong> Artikel in <strong>der</strong> Zeitung, Infostände auf dem Aplerbekker<br />

Apfelmarkt, Negativzeilen in <strong>der</strong> Presse, all dies elektrisierte<br />

die Bürger und Patienten in Aplerbeck. Der Beirat hat<br />

in vielen Gesprächen mit den Bürgern, politischen Vertretern<br />

und Institutionen versucht, alle Fragen zu beantworten<br />

und Details offen zu legen. Die anfängliche Skepsis konnte<br />

nach meiner Auffassung immer mehr abgebaut werden. Ich<br />

bin sicher, <strong>der</strong> „Tag <strong>der</strong> offenen Tür“ im Januar wird letzte<br />

Zweifler überzeugen und beruhigen.<br />

Wie war die Arbeit im Beirat?<br />

Die Arbeit im Beirat empfand ich als sehr angenehm und<br />

positiv. In <strong>der</strong> ersten Phase musste man sich zunächst mit<br />

ungewohnter Materie auseinan<strong>der</strong> setzen. Nach Vorlage <strong>der</strong><br />

ANSICHTEN UND EINSICHTEN EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Dr. med. Wolfgang Holtvoeth, Neurologe und Psychiater<br />

GUT INFORMIERT UND OBJEKTIV<br />

Vertreter <strong>der</strong> Aplerbecker Ärzteschaft<br />

Pläne, Spatenstich und Richtfest ging alles dann<br />

rasend schnell. Zuletzt wurde die Klinikleitung im<br />

Beirat vorgestellt. Der persönliche positive Kontakt<br />

mit <strong>der</strong> zukünftigen Leiterin, Frau Dr. Ute<br />

Franz, hat meiner Meinung nach alle Mitglie<strong>der</strong><br />

im Beirat restlos überzeugt.<br />

Wie werden 2010 die Aplerbecker mit <strong>der</strong> Klinik<br />

umgehen?<br />

2010 wird die Klinik nach 4 Jahren Betrieb etabliert<br />

und integriert sein. Ich bin mir sicher, Negativschlagzeilen<br />

wird es nicht geben. Es werden<br />

mindestens weitere vier Jahre vergehen, bis erste<br />

Entlassungen zur Diskussion stehen. Wir können<br />

als Aplerbecker daher nur positiv mit <strong>der</strong> Forensischen<br />

Klinik umgehen.<br />

➔ Das Interview führte: Carolin Wrede<br />

15<br />

INTERVIEW


INTERVIEW<br />

16<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK ANSICHTEN UND EINSICHTEN<br />

Alfons Jaruschewski, Industrial-Ingineer, Vertriebsleiter<br />

IMMER NOCH GROßE ÄNGSTE<br />

Vertreter <strong>der</strong> Nachbarschaft/ Bürgerinitiative<br />

Herr Jaruschewski, Sie sind Vertriebsleiter<br />

und wohnen mit Ihrer Frau in direkter<br />

Nachbarschaft <strong>der</strong> forensischen Klinik.<br />

Warum haben Sie im Beirat mitgearbeitet?<br />

Als Anwohner hatten wir uns vorgenommen,<br />

den Bau <strong>der</strong> forensischen Klinik<br />

zu verhin<strong>der</strong>n. Es wurde eine Bürgerinitiative<br />

gegründet. Mit Unterschriftensammlungen<br />

haben wir versucht.<br />

Einfluss auf die Standortentscheidung<br />

zu nehmen. Das war lei<strong>der</strong> in <strong>Dortmund</strong><br />

erfolglos. Das Gelände gehörte dem<br />

Landschaftsverband Westfalen-Lippe<br />

und somit war das Begehren <strong>der</strong><br />

Anwohnerschaft zum Scheitern verurteilt.<br />

<strong>Eine</strong> Unterstützung aus <strong>der</strong> Politik<br />

gab es nicht. Die Ängste <strong>der</strong> Anwohner<br />

waren und sind immer noch sehr groß.<br />

In dieser Situation blieb nur noch eins<br />

übrig: Die Sicherheitsstandards mussten<br />

sehr hoch gesetzt werden.<br />

Mit welchen Reaktionen werden Sie<br />

konfrontiert?<br />

Die Anwohner haben Angst. Keiner weiß,<br />

was auf uns zu kommen wird. Wir sind es<br />

seit Jahrzehnten gewohnt, mit Patienten<br />

hier zu leben. Durch das betreute Wohnen<br />

sind die Patienten noch näher gerückt.<br />

Einige Kranke flößen vor allem Frauen<br />

Angst ein durch ihr Aussehen und durch<br />

ein beson<strong>der</strong>s auffälliges Verhalten. Wir<br />

sind keine Ärzte und sind im Umgang mit<br />

diesen Patienten nicht geschult. Wir<br />

haben erfahren, dass Frauen in den Hausfluren<br />

warten, bis diese auffälligen Patienten<br />

weitergegangen sind. Manche Patienten<br />

gehen in offene Garagen o<strong>der</strong> klettern<br />

über Zäune, nehmen sich Steine vom<br />

Gründstück und werfen diese in <strong>der</strong><br />

Gegend umher. Wir können nicht einschätzen<br />

ob eine wirkliche Gefahr für Kin<strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> Erwachsene besteht.<br />

Die Anhäufung psychiatrischer Kliniken,<br />

Wohneinheiten und Krankheitsbil<strong>der</strong> in<br />

unserer Umgebung überfor<strong>der</strong>t das Verständnis<br />

vieler Anwohner. Auch das<br />

Absinken <strong>der</strong> materiellen Werte wie unserer Immobilien<br />

wird befürchtet. Es ist zu erwarten, dass es nochmals zu<br />

einer Verschlechterung <strong>der</strong> Situation kommt, wenn die<br />

ersten forensischen Patienten Freigang erhalten.<br />

Wie haben Sie die Arbeit im Beirat erlebt?<br />

Die Zusammenarbeit war gut und kooperativ. Wichtig war<br />

es für mich, dass in den Beirat die Ängste <strong>der</strong> Anwohner<br />

hereingetragen wurden. Wir konnten erreichen, dass in die<br />

Nachsorge investiert wird. <strong>Eine</strong> gute Nachsorge kann die<br />

bestehende Restgefährdung weiter minimieren. Der Schutz<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung muss immer an oberster Stelle stehen.<br />

Wie wird die Situation 2010 hier aussehen?<br />

Es wird sich vermutlich zur Situation heute nicht viel<br />

än<strong>der</strong>n. Wir werden die Klinik weiter genau und kritisch<br />

beobachten. Fatal wäre es nur, wenn etwas passiert. Ich<br />

persönlich bin erst dann beruhigt, wenn Ärzte die Patienten,<br />

die sie als geheilt einstufen, als Betreuung für ihre eigenen<br />

Kin<strong>der</strong> und Angehörigen einsetzen.<br />

➔ Die Interviews führte: Carolin Wrede


Frau Dr. Konrad, Sie waren bis zu Ihrem<br />

Ruhestand in <strong>Dortmund</strong> <strong>Stadt</strong>ärztin.<br />

Sie wohnen in Aplerbeck und haben drei<br />

erwachsene Kin<strong>der</strong> und ein Enkelkind.<br />

Was hat Sie dazu bewogen, die Berufung in<br />

den Beirat anzunehmen?<br />

Ich bin seit mehr als dreizehn Jahren Presbyterin<br />

und wurde als Vertreterin <strong>der</strong><br />

evangelischen Kirchengemeinde Aplerbeck<br />

in den Beirat berufen. – Mir ist es<br />

immer schon wichtig gewesen zu vermitteln,<br />

dass auch psychisch Kranke ein Teil<br />

unserer Gesellschaft sind und dass sie entsprechend<br />

behandelt werden müssen.<br />

Ich bin überzeugt, dass die Therapie im<br />

Maßregelvollzug eine grundlegende Voraussetzung<br />

für die Besserung psychisch<br />

kranker Straftäter bietet und damit <strong>der</strong><br />

Sicherheit aller dient. Dass in ersten Diskussionen<br />

über die Ansiedlung <strong>der</strong> Klinik<br />

im Zusammenhang mit solchen kranken<br />

Tätern das Wort „Müll“ fiel, hat mich<br />

erschreckt. Das wi<strong>der</strong>spricht christlichen<br />

Grundsätzen, und deshalb habe ich mich<br />

im Beirat engagiert.<br />

Wie haben Sie die Zeit im Beirat erlebt?<br />

Der LWL hatte ein großes Interesse daran, uns Transparenz<br />

zu verschaffen. Wir haben manchmal heftig diskutiert, wir<br />

konnten nachfragen, haben sehr viel über die Hintergründe<br />

des Maßregelvollzugs erfahren und konnten Einsicht in<br />

Baupläne nehmen. Wir haben Besichtigungsfahrten zu<br />

an<strong>der</strong>en forensischen Kliniken gemacht und konnten dort<br />

Gespräche mit den Mitarbeitern führen. Wir lernten viel<br />

über gute Arbeitsbedingungen und optimale bauliche Voraussetzungen<br />

und durften unsere Argumente in die Beiratsarbeit<br />

einbringen. Mit unserem Wissen konnten wir für Aufklärung<br />

in <strong>der</strong> Bevölkerung sorgen. Wir wollten und haben<br />

kritischen Stimmen ein Forum gegeben. Dazu gehörte auch,<br />

Ängste wahrzunehmen und die Not <strong>der</strong> Opfer zu berücksichtigen.<br />

Da ich dem Bau <strong>der</strong> Klinik positiv gegenüber<br />

stand, musste ich in meiner Gemeinde und bei öffentlichen<br />

Veranstaltungen wie dem Aplerbecker Apfelmarkt auch<br />

Überzeugungsarbeit leisten, Ehrlichkeit war dabei für mich<br />

immer sehr wichtig.<br />

ANSICHTEN UND EINSICHTEN EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Dr. med. Ingeborg Konrad, Ärztin im Ruhestand<br />

EHRLICHKEIT IST WICHTIG<br />

Vertreterin <strong>der</strong> Evangelischen Kirchengemeinde<br />

Wie würden Sie reagieren, wenn ein Ernstfall<br />

eintritt?<br />

Wenn jemand außerhalb <strong>der</strong> Klinik durch<br />

einen entwichenen Täter zu Schaden käme,<br />

könnte ich das sicher nur schwer verarbeiten<br />

– auch wenn es sich nicht um ein Mitglied<br />

meiner eigenen Familie handelte. Doch<br />

grundsätzlich würde ich nicht von meiner<br />

Meinung abweichen, dass die forensische Klinik<br />

notwendig ist.<br />

Wie werden die Aplerbecker in fünf Jahren mit<br />

dem Thema umgehen?<br />

Das hängt sicher davon ab, dass keine ernsthaften<br />

Zwischenfälle eintreten.<br />

Wenn <strong>der</strong> Betrieb reibungslos funktioniert<br />

und ersichtlich ist, dass Lockerungen auf <strong>der</strong><br />

Grundlage soli<strong>der</strong> Begutachtungen erfolgen,<br />

werden die Bürger die forensische Klinik<br />

ebenso annehmen, wie sie die benachbarte<br />

psychiatrische Klinik akzeptiert haben. Die<br />

Voraussetzungen dafür sind gut.<br />

17<br />

INTERVIEW


18<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK ANSICHTEN UND EINSICHTEN<br />

Henning Müller-Späth, Inbetriebsetzungsingenieur<br />

AKZEPTANZ ERARBEITEN<br />

Vertreter <strong>der</strong> Nachbarschaft/ Bürgerinitiative<br />

Seit Monaten diskutieren wir im kleinen<br />

o<strong>der</strong> auch größeren Kreis, ob die<br />

Landesregierung den Standort für eine<br />

forensische Klinik in Aplerbeck auf dem<br />

Gelände für geeignet hält o<strong>der</strong> nicht.<br />

Meine Meinung stand früh fest: Wir<br />

werden hier einer <strong>der</strong> sechs neuen<br />

Standorte für eine forensische Klinik<br />

werden. Nach <strong>der</strong> Entscheidung ist bei<br />

mir allerdings von Genugtuung keine<br />

Spur zu erkennen, statt dessen eher ein<br />

lähmen<strong>der</strong> Schock.<br />

Januar 2001<br />

Soll ich mich engagieren o<strong>der</strong> nicht? Diese<br />

Frage beschäftigt mich nun seit geraumer<br />

Zeit. <strong>Eine</strong> Mitarbeit in <strong>der</strong> Bürgerinitiative<br />

„Aplerbeck macht mobil“ wird mir angetragen.<br />

Klare Standpunkte gegen die<br />

Ansiedelung und den Bau <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong><br />

sind gefragt und sollen öffentlich Gehör<br />

finden:<br />

• Die Grundstücksgröße ist zu klein.<br />

• Zu nah an den Wohngebieten, zur Elisabethklinik,<br />

einer Spezialklinik für Kin<strong>der</strong><br />

und Jugendpsychiatrie, und zur<br />

Schule für körperbehin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong>.<br />

• Täter und Opfer fast Auge in Auge, das<br />

Recht auf Angstfreiheit wird verletzt.<br />

• Keine erkennbaren Synergieeffekte mit<br />

<strong>der</strong> Westfälischen Klinik.<br />

• Vielleicht sogar die Verdrängung <strong>der</strong> Allgemeinpsychiatrie<br />

durch die <strong>Forensik</strong>,<br />

wie geschehen am Standort Eickelborn.<br />

• Die Integration und Akzeptanz <strong>der</strong><br />

Patienten aus <strong>der</strong> Allgemeinpsychiatrie<br />

wird in Aplerbeck belastet werden durch<br />

die Nähe zur Forensischen Klinik.<br />

• Dem Sicherheitsbedürfnis <strong>der</strong> Aplerbecker<br />

Bevölkerung wird nicht Rechnung<br />

getragen, die Verunsicherung nimmt zu,<br />

die Lebensqualität weiter ab.<br />

Die Mitarbeit in <strong>der</strong> Bürgerinitiative<br />

gestaltet sich sehr schwierig, denn die<br />

<strong>Forensik</strong>probleme erweisen sich als ein<br />

heikles, sehr sensibles, aber auch emotionsgeladenes<br />

Thema.<br />

Die lauten Rufe nach dem „letzten Kampf in Aplerbeck<br />

gegen den Klinikbau“ sind zwar verständlich, aber aus meiner<br />

Sicht dann doch unangebracht.<br />

Februar 2001<br />

<strong>Eine</strong> überraschende Entwicklung ist eingetreten, ich soll als<br />

Mitglied <strong>der</strong> Bürgerinitiative und als betroffener Bürger im<br />

Planungsbeirat <strong>der</strong> forensischen Klink mitarbeiten. <strong>Eine</strong><br />

Brücke wurde geschlagen, die anfangs nicht je<strong>der</strong> wollte.<br />

Was folgte, war ein Annäherungskurs innerhalb <strong>der</strong> Bürgerinitiative<br />

zum Planungsbeirat. Die <strong>Forensik</strong> war nicht,<br />

auch nicht mit juristischen Mitteln zu verhin<strong>der</strong>n. Konstruktiven<br />

Einfluss konnte es nur durch eine Mitarbeit im<br />

Beirat geben. <strong>Eine</strong> schwierige Zeit, hin und her gerissen<br />

von meiner Ablehnung <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> in Aplerbeck, verunsichert<br />

durch Anfeindungen aus <strong>der</strong> Politik und durch Äußerungen<br />

„besorgter Bürger“ über den Schmusekurs <strong>der</strong> Bürgerinitiative<br />

zur <strong>Forensik</strong>: „Nun haben Sie den Zutritt zum<br />

Beirat geschafft, die in erster Linie Betroffenen werden auf<br />

<strong>der</strong> Strecke bleiben.“


Der Wille zur Mitgestaltung und eine Portion Neugier meinerseits<br />

haben über die verfestigten Grundsätze gesiegt. Ich<br />

stimme <strong>der</strong> Benennung für den Planungsbeirat zu.<br />

Mai 2001<br />

Die erste Sitzung mit Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Bürgerinitiative am<br />

13.Juni 2001 ist gut vorbereitet worden.<br />

Die For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> BI sind formuliert, generell keine<br />

<strong>Forensik</strong> in Aplerbeck - wenn aber doch, dann muss gelten:<br />

• Größtmögliche Sicherheit<br />

• Sicherheit vor Therapie und <strong>der</strong>en Umsetzung<br />

• Keine Abhängigkeiten von Eickelborn<br />

• Schlüssiges Nachsorgekonzept und <strong>der</strong>en finanzielle Ausstattung<br />

durch das Land<br />

• Keine ambulante Nachsorge in Aplerbeck<br />

• Bei Lockerung und Freigang eine 1:1-Regelung wie in<br />

Eickelborn<br />

• Abbau <strong>der</strong> jetzigen Plätze für forensische Patienten in <strong>der</strong><br />

Westfälischen Klinik<br />

• Striktes Festhalten an 54 Plätzen in <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong><br />

• Keine Suchtkranken nach Aplerbeck<br />

Ich lese viel in dieser Zeit über die Forensische Wissenschaft,<br />

über Kliniken, über Wi<strong>der</strong>stände <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

zu solchen Kliniken. Aber ich bedenke auch, dass Eickelborn<br />

maßlos überfüllt ist und schon längst für Abhilfe hätte<br />

gesorgt werden müssen.<br />

Ich lese, dass manche forensischen Patienten nicht als<br />

geheilt entlassen werden können. Die Therapie läuft weiter,<br />

auch mit Hilfe von Medikamenten. So soll die Integration in<br />

die Bevölkerung versucht werden. Ein Restrisiko besteht<br />

immer.<br />

Juni 2001<br />

Meine erste Sitzung im Planungsbeirat: Ich lerne Landrat<br />

Dr. Pittrich, den Gesundheitsdezernenten des LWL kennen.<br />

Ruhig, aber doch sehr bestimmt sagt er: „Die Akzeptanz<br />

einer forensischen Klinik <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger muss<br />

erarbeitet werden“ und „die Resozialisierung <strong>der</strong> forensischen<br />

Patienten ist nur mit <strong>der</strong> Bevölkerung zu realisieren“.<br />

Meine „persönliche“ Arbeit an mir hatte mit <strong>der</strong> Arbeit im<br />

Planungsbeirat begonnen.<br />

Ich möchte nicht verhehlen, dass Dr. Pittrich einen entscheidenden<br />

Einfluss auf meine Einstellung zur <strong>Forensik</strong><br />

nahm. Der Besuch Mitte 2003 mit Dr. Pittrich in <strong>der</strong> Klinik<br />

in Eickelborn ist für mich zu einer einschneidenden Erfahrung<br />

in meinem Leben geworden: Innerlich aufgewühlt und<br />

ANSICHTEN UND EINSICHTEN EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

voller Angst und Sorge, aber letztendlich<br />

doch in <strong>der</strong> Lage, mit vielen Patienten<br />

ins Gespräch zu kommen, vergehen<br />

fast fünf Stunden auf einer Station, wo<br />

kurze Zeit zuvor die Geiselnahme einer<br />

Betreuerin Thema war. Einige Patienten<br />

öffneten sich, erzählten von ihren<br />

Schicksalen, von ihren Taten aber auch<br />

von ihren Hoffnungen auf das Leben<br />

nach <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>.<br />

Geblieben davon ist mir nach nun fünf<br />

Jahren die Erinnerung und die Zeitschrift<br />

„Nervensäge“ aus <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong><br />

Eickelborn, die ich regelmäßig erhalte<br />

und mein Dank an Dr. Pittrich.<br />

Oktober 2005<br />

Fünf Jahre später. Die Arbeit im Planungsbeirat<br />

geht zuende. „Die Standortwahl<br />

für Aplerbeck“ ist nach wie vor<br />

für mich falsch gewesen. Aber jetzt<br />

müssen wir aus dieser Entscheidung<br />

etwas Besseres machen. Ich bin ein kritischer,<br />

ein hinterfragen<strong>der</strong> Mensch<br />

geblieben. Doch ich weiß, es geht nicht<br />

ohne forensische Kliniken und es geht<br />

nur „mit <strong>der</strong> Akzeptanz <strong>der</strong> Bevölkerung.“<br />

Und diese muss erarbeitet werden.<br />

➔ Autor: Henning Müller-Späth<br />

19


20<br />

1<br />

2 3<br />

5<br />

4 8 12 15<br />

7<br />

6 10<br />

17<br />

9 11<br />

14 19<br />

18<br />

13<br />

16<br />

20<br />

21<br />

Mitglie<strong>der</strong> des Planungsbeirates sowie ständige Gäste und<br />

ExpertInnen vom Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug<br />

NRW, Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW<br />

<strong>Dortmund</strong>, <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> und dem LWL und Klinikleitung:<br />

1 Wilhelm Boklage, 2 Ralf Wege, 3 Henning Müller-Späth, 4<br />

Manfred Stankewitz, 5 Dr. Ingeborg Konad, 6 Ernst Lahme,<br />

7 Ulrich Liebner, 8 Oliver Kolberg, 9 Friedrich Stiller, 10<br />

Ulrike Sun<strong>der</strong>mann, 11. Sabine Poschmann, 12 Dr. Wolfgang<br />

Holtvoeth, 13 Ute Franz, 14 Monika Welzel, 15 Gerrit Harnsichmacher,<br />

16 Rainer Klein, 17 Ralf von Bruchhausen, 18<br />

Herbert Nieroba, 19 Brigitte Schero, 20 Klaus Hübner, 21<br />

Friedhelm Hendler<br />

DIE MITGLIEDER IM<br />

PLANUNGSBEIRAT<br />

( ) im Foto zu sehen<br />

• Nobert Badziong<br />

Gewerkschaftssekretär;<br />

Ver.di Bezirk <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat vom 21.03.01 bis 28.02.2002<br />

• Andrea Becker<br />

Gewerkschaftssekretärin<br />

Ver.di Bezirk <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat vom 06.03.2002 bis 30.09.2005<br />

• Michael Beckmann<br />

Apotheker, Werbegemeinschaft Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 22.05.2002<br />

• Christel Bienstein<br />

Diplompädagogin; Leiterin Institut für<br />

Pflegewissenschaft; Uni Witten-Herdecke<br />

im Beirat vom 21.03.01 bis 30.09.04<br />

• Ute Bitter<br />

Hausfrau; Mitglied des Rates <strong>der</strong><br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> (CDU)<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Barbara Blotenberg<br />

Bankkauffrau; Bezirksvertretung<br />

Aplerbeck; (Bündnis 90/Die Grünen)<br />

Stellvertretende Vorsitzende des Beirates<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Dr. med. Ina Grzella<br />

(Ehem.) Chefärztin <strong>der</strong> Elisabeth-<br />

Klinik Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 29.01.2003<br />

• Gerrit Harnischmacher (15)<br />

Diplom-Psychologe und Psychologischer<br />

Psychotherapeut; Katholische<br />

Kirchengemeinde <strong>Dortmund</strong>-Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Friedhelm Hendler (21)<br />

Rentner; Seniorenbeirat <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat seit dem 02.05.01<br />

• Dr. med. Wolfgang Holtvoeth (12)<br />

Nie<strong>der</strong>gelassener Arzt für Neurologie<br />

und Psychiatrie in Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 02.05.01


• Klaus Hübner (20)<br />

Jurist; Präsident Landesjustizvollzugsamt<br />

Hamm<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Alfons Jaruschewski<br />

Vertriebsmanager; Nachbarschaft/<br />

Bürgerinitiative<br />

im Beirat seit dem 02.05.01<br />

• Rüdiger Kiesendahl<br />

Einzelhandelskaufmann<br />

Werbegemeinschaft Aplerbeck<br />

im Beirat vom 21.03.01 bis 30.04.2002<br />

• Rainer Klein (16)<br />

Diplom-Sozialpädagoge;<br />

Diakonisches Werk <strong>Dortmund</strong>;<br />

Fachbereichsleiter Psychosoziale<br />

Versorgung<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Oliver Kolberg (8)<br />

Gewerkschaftssekretär;<br />

Ver.di Bezirk <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat seit dem 19.10.2005<br />

• Dr. med. Ingeborg Konrad (5)<br />

Ärztin im Ruhestand;<br />

Evangelische Kirchengemeinde Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 02.05.01<br />

• Ernst Lahme (6)<br />

Kaufmann u. Altenpfleger;<br />

(ehem.) Bezirksvorsteher Aplerbeck<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

Dr. med. Walter Landsberg<br />

Chefarzt <strong>der</strong> Elisabeth-Klinik Aplerbeck<br />

im Beirat vom 02.05.01 bis 31.12.0<br />

• Henning Müller-Späth (3)<br />

Inbetriebsetzungsingenieur und On-Site<br />

Buyer; Nachbarschaft/Bürgerinitiative<br />

im Beirat seit dem 02.05.01<br />

• Herbert Nieroba (18)<br />

Industriemeister, Obermeister;<br />

För<strong>der</strong>kreis Aplerbecker Vereine<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Prof. Dr. Ulrich Pätzold<br />

Journalist; Professor für Jounalistik<br />

Universität <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Siegfried Pogadl<br />

Beigeordneter <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong>; Dezernent<br />

für Soziales, Jugend, Schule, Gesundheit<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Sabine Poschmann (11)<br />

Betriebswirtin;<br />

Mitglied des Rates <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong>, (SPD)<br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Daniela Schneckenburger<br />

Lehrerin; Vorsitzende des Ausschusses für<br />

Soziales, Familie und Gesundheit des<br />

Rates <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong><br />

im Beirat seit dem 21.03.01<br />

• Friedrich Stiller (9)<br />

Pfarrer; <strong>Vereinigte</strong> Evangelischen<br />

<strong>Kirchenkreise</strong> <strong>Dortmund</strong>/Lünen<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Beirates<br />

im Beirat seit dem 21.03.01


INTERVIEW<br />

22<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK ANSICHTEN UND EINSICHTEN<br />

Herbert Nieroba, Industriemeister, Rentner<br />

DIE NOTWENDIGKEIT EINGESEHEN<br />

Vertreter <strong>der</strong> Aplerbecker Vereine<br />

Herr Nieroba, Sie sind seit drei Jahren Rentner,<br />

waren früher als Industriemeister bei<br />

Hoesch angestellt. Warum sind Sie <strong>der</strong> Berufung<br />

in den Beirat gefolgt?<br />

Ich kenne durch meine Vereinsarbeit einen<br />

großen Kreis von Menschen. Über das<br />

Thema <strong>Forensik</strong> wusste ich jedoch nicht<br />

viel. In den vergangenen fünf Jahren habe<br />

ich viel über <strong>Forensik</strong> erfahren und im<br />

Familienkreis und mit Freunden und<br />

Bekannten im Verein diskutiert. Viele Menschen<br />

in meinem Umkreis sind immer<br />

noch nicht ganz für den Bau <strong>der</strong> Klinik.<br />

Aber die Klinik wird gebaut, daran kann<br />

niemand mehr etwas än<strong>der</strong>n. Und es spielt<br />

auch keine Rolle, ob die Klinik in Iserlohn,<br />

in Köln o<strong>der</strong> in <strong>Dortmund</strong> ist, wenn <strong>der</strong><br />

Ernstfall eintritt, ist nicht kontrollierbar,<br />

wo sich <strong>der</strong> Mensch vielleicht zu einer<br />

neuen Tat hinreißen lässt. Ich konnte mich<br />

als Beiratmitglied überzeugen, dass die Klinik<br />

so sicher wie möglich wird.<br />

Wie würden Sie im Ernstfall reagieren, wenn<br />

aus Ihrem Umfeld jemand betroffen wäre?<br />

<strong>Eine</strong> gute Frage, als Vater und Großvater<br />

von zwei Enkelkin<strong>der</strong>n kann ich nicht<br />

sagen, was ich tun würde. Ich würde versuchen,<br />

mich nicht selbst zu einer Straftat<br />

hinreißen zu lassen. Aber ich kann meine<br />

Reaktion nicht einschätzen.<br />

Wie war die Arbeit im Beirat?<br />

Ich fand es spannend, dass auch direkte Gegner in den Beirat<br />

gewählt wurden, damit beide Seiten vertreten waren. Die<br />

Zusammenarbeit mit den Experten hier vor Ort und aus<br />

an<strong>der</strong>en Kliniken war sehr gut. Ich habe gesehen, dass es<br />

notwendig ist, dass es solche Kliniken gibt. Die Besuche<br />

an<strong>der</strong>er Kliniken waren sehr wichtig für mich. Hier konnte<br />

ich sehen, wie gut die Patienten gepflegt und beschäftigt<br />

werden. Aber es war hinter dieser Mauer so bedrückend.<br />

Das Erste, was ich meinem 15jährigen Enkel nach meinem<br />

Besuch in <strong>der</strong> Klinik in Rheine gesagt habe, war, dass er<br />

zusehen soll niemals in eine Situation zu kommen, dass er<br />

in eine solche Klinik hinein muss. Es war für mich schlimm,<br />

so etwas von innen zu sehen.<br />

Wie wird die Situation 2010 in Aplerbeck aussehen?<br />

Es sind schon jetzt viele Bedenken durch die Öffentlichkeitsarbeit<br />

von Petra Schnei<strong>der</strong>s und von den Beiratsmitglie<strong>der</strong>n<br />

ausgeräumt worden. Wir zeigen den Bürgern, dass<br />

alles, was menschenmöglich ist, getan wird. Ich bin <strong>der</strong> festen<br />

Überzeugung, dass die Klinik in Aplerbeck zur Alltäglichkeit<br />

wird.<br />

➔ Das Interview führte: Carolin Wrede


Als Aplerbeckerin hatte ich<br />

zunächst Bedenken zum Standort<br />

Aplerbeck als Platz für den<br />

Maßregelvollzug. Es ist ganz<br />

natürlich, dass man sich die<br />

Frage stellt: Warum bei uns, in<br />

direkter Nähe zum Wohngebiet<br />

und zur Kin<strong>der</strong>klinik? Doch<br />

diese Punkte sind in die Begutachtung<br />

für eine Standortwahl<br />

eingeflossen und die Entscheidung<br />

ist auf Landesebene gefallen.<br />

Wer sich mit dem Thema<br />

befasst, dem wird klar, dass wir<br />

die Verantwortung für den Maßregelvollzug<br />

tragen müssen,<br />

denn die Patienten stammen aus<br />

<strong>der</strong> Mitte unserer Gesellschaft.<br />

Die Arbeit im Beirat für die Planung<br />

und Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Westfälischen Maßregelvollzugsklinik<br />

<strong>Dortmund</strong> hat dazu<br />

beigetragen, die Sorgen und<br />

Ängste <strong>der</strong> Bürgerinnen und<br />

Bürger ernst zu nehmen und sie intensiver miteinzubeziehen.<br />

Die starken Bedenken gegen diese<br />

Einrichtung konnten zum Teil durch intensive<br />

Öffentlichkeitsarbeit ausgeräumt werden. Der<br />

direkte Austausch mit den Experten für Maßregelvollzug<br />

im Beirat hat mir als Interessenvertreterin<br />

geholfen, mit an<strong>der</strong>en Gruppen die Diskussion zu<br />

führen und auf Ängste einzugehen. Mir ist wich-<br />

➔ Gerrit Harnischmacher<br />

Diplompsychologe, Vertreter <strong>der</strong><br />

Katholischen Kirchengemeinde, <strong>Dortmund</strong><br />

„Auch eine lokale Gemeinschaft steht<br />

vor <strong>der</strong> Aufgabe sich dem Umgang mit auffällig<br />

gewordenen Mitmenschen – psychisch<br />

kranken und Strattätern – zu stellen.“<br />

ANSICHTEN UND EINSICHTEN EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Sabine Poschmann, Betriebswirtin<br />

VERSTÄNDNIS BEDINGT AUSTAUSCH<br />

SPD Fraktion im Rat <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong><br />

tig, dass die Arbeit des Beirates mit Eröffnung <strong>der</strong><br />

Einrichtung nicht aufhört, son<strong>der</strong>n den Klinikbetrieb<br />

weiterhin begleitet. Nur so kann ein Austausch zwischen<br />

Bevölkerung und Klinikverantwortlichen auch<br />

zukünftig gewährleistet sein, denn gegenseitiges Verständnis<br />

bedingt einen Austausch.<br />

➔ Autorin: Sabine Poschmann<br />

➔ Friedhelm Hendler<br />

Rentner, Seniorenbeirat <strong>der</strong><br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong><br />

„Ich hoffe, dass die Bürgerinnen und Bürger in <strong>Dortmund</strong> und<br />

Umgebung keine Schwierigkeiten mit den psychisch Kranken<br />

bekommen werden. Dann glaube ich, haben wir im Planungsbeirat<br />

im Vorfeld alles richtig gemacht mit <strong>der</strong> kritischen<br />

Betrachtung <strong>der</strong> Sicherheit im Maßregelvollzug.“<br />

23


24<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK ANSICHTEN UND EINSICHTEN<br />

Angst<br />

Die Gefühle zum<br />

Thema <strong>Forensik</strong><br />

Das Thema <strong>Forensik</strong> löst Emotionen aus.<br />

Die meisten Menschen reagieren verunsichert,<br />

viele ablehnend, einige sogar aggressiv. Auch in <strong>Dortmund</strong> war das so, als die<br />

Pläne zum Bau <strong>der</strong> forensischen Klinik bekannt wurden. Den meisten im Beirat<br />

haben diese Gefühle ebenfalls zu schaffen gemacht.<br />

Nach meinem Eindruck waren sogar manche Reaktionen im politischen Raum<br />

mehr von solchen Empfindungen bestimmt als von sachlichen Überlegungen.<br />

➔ Autor: Friedrich Stiller


➔ Immer wie<strong>der</strong> hat mich das in den vergangenen<br />

Jahren beschäftigt. Worum geht<br />

es im Kern? Warum verunsichert uns <strong>der</strong> Umgang<br />

mit psychisch kranken Straftätern so? Nach und<br />

nach ist mir deutlich geworden, dass hier Ängste<br />

und Befürchtungen ineinan<strong>der</strong> fließen, die sich<br />

aus zwei unterschiedlichen Quellen speisen.<br />

Da ist zum einen die verständliche Angst vor<br />

Kriminalität und Kriminellen, die Befürchtung,<br />

selbst Opfer zu werden. Das Unverständnis darüber,<br />

dass jemand an<strong>der</strong>e schädigt. Zum an<strong>der</strong>en<br />

spüre ich auch eine weit verbreitete Unsicherheit<br />

gegenüber psychisch kranken Menschen. Warum<br />

„dreht jemand durch“, redet und verhält sich<br />

ganz an<strong>der</strong>s als ich es kenne und verstehe? In <strong>der</strong><br />

berechtigten Angst und Abscheu vor Sexualstraftaten<br />

gegen Kin<strong>der</strong> findet dies seine<br />

emotionale Zuspitzung, wird allerdings<br />

oft unzulässig verallgemeinert.<br />

Es ist nicht leicht, solchen Impulsen<br />

<strong>der</strong> Angst und Verunsicherung<br />

zu wi<strong>der</strong>stehen. „Kurzer Prozess<br />

und weg damit“, „ab nach Helgoland“<br />

– solche Reaktionen liegen<br />

uns gefühlsmäßig nahe. Schon<br />

immer gab es die Tendenz, diese Menschen wegzuschieben<br />

o<strong>der</strong> sogar ihr Lebensrecht in Frage<br />

zu stellen. Aus unserer Geschichte wissen wir um<br />

die Folgen.<br />

In meisterhafter Weise behandelt Fritz Lang, <strong>der</strong><br />

große Regisseur <strong>der</strong> frühen Filmzeit, das Thema<br />

in seinem Film „M - <strong>Eine</strong> <strong>Stadt</strong> sucht einen Mör<strong>der</strong>“.<br />

Geradezu körperlich kann man die Angst<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung mitempfinden. Gleichzeitig<br />

jedoch eröffnet ein ausgezeichneter Peter Lorre in<br />

<strong>der</strong> Hauptrolle als psychisch kranker Kin<strong>der</strong>mör<strong>der</strong><br />

auch den Blick für die Problematik: Die Frage<br />

nach <strong>der</strong> moralischen Schuld und <strong>der</strong> individuellen<br />

Verantwortung des Täters.<br />

Zuhören und nachdenken, die innere Bereitschaft,<br />

die Gefühle zu zügeln, sich auf Argumente<br />

einzulassen, zu einem sachlichen Urteil zu<br />

ANSICHTEN UND EINSICHTEN EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Wir werden an unsere<br />

eigenen Grenzen<br />

erinnert und können<br />

unser Leben in einem<br />

an<strong>der</strong>en Licht<br />

sehen.<br />

kommen – das alles braucht Zeit und auch eine<br />

Art innerer Reifung. Es waren beson<strong>der</strong>e Momente,<br />

wenn wir in <strong>der</strong> Zusammenarbeit im Planungsbeirat<br />

etwas von diesen Entwicklungen bei<br />

uns selbst o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en spürten.<br />

Erschwert wird das Thema noch durch eine<br />

an<strong>der</strong>e Erfahrung. Begegnen uns Menschen, die<br />

schwer krank o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>t sind – körperlich,<br />

geistig o<strong>der</strong> seelisch – werden wir auch an unsere<br />

eigenen Grenzen erinnert. Könnte ich nicht<br />

auch an <strong>der</strong> Stelle des an<strong>der</strong>en sein? Da stehen,<br />

wo er jetzt steht? Könnte ich dann so leben? Vergleichbar<br />

ist es auch bei <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong>. Wer kann<br />

mit Bestimmtheit behaupten, er o<strong>der</strong> ein naher<br />

Angehöriger käme niemals in eine ähnliche Lage?<br />

Wer kann von sich sagen, dass er garantiert nicht<br />

psychisch krank wird und dann viel-<br />

leicht etwas tut, was er hinterher<br />

bereut? Gerade die Angehörigen von<br />

psychisch Kranken wissen um solche<br />

Entwicklungen und leiden unter<br />

ihnen.<br />

Es macht Sinn, sich mit diesen Fragen<br />

auseinan<strong>der</strong>zusetzen, auch<br />

wenn es schwer fällt. Wir werden an<br />

unsere Grenzen erinnert. Spüren,<br />

eher unbewusst, dass ein XXXXXXxx Leben und<br />

unsere Gesundheit ein Geschenk sind. Dass wir<br />

beides letztlich nicht in <strong>der</strong> Hand haben.<br />

In einem biblischen Psalm heißt es: „Wenn ich<br />

mitten in <strong>der</strong> Angst wandle …“. (Ps.138)<br />

Ein schönes Bild: Nicht nur mit, son<strong>der</strong>n sogar in<br />

<strong>der</strong> Angst herumlaufen. Sich den Gefühlen nicht<br />

ausliefern, sie aber auch nicht verdrängen. Mit<br />

den Gefühlen umgehen lernen. Manchem mag<br />

dies zu schwierig, zu mühsam sein. Es scheint<br />

mir aber die Voraussetzung für jedes sachliche<br />

Nachdenken und Urteilen darüber, wie wir mit<br />

psychisch kranken Straftätern umgehen. Menschlich<br />

in einem tieferen Sinne: human. ■<br />

25


➔<br />

26<br />

➔<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD<br />

Maßregelvollzug in <strong>Dortmund</strong><br />

Die neue Forensische Klinik stellt sich vor<br />

Seit August 2005 arbeiten wir als Betriebsleitung<br />

<strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik <strong>Dortmund</strong><br />

intensiv am Aufbau <strong>der</strong> Klinikstrukturen. Das<br />

sind Ulrich Liebner, kommissarischer Pflegedirektor,<br />

Ralf von Bruchhausen, Verwaltungsleiter<br />

und die Ärztliche Direktorin Ute Franz.<br />

Auch noch ohne Patienten ist unsere Arbeitszeit<br />

reichlich gefüllt. Neben <strong>der</strong> Begleitung <strong>der</strong> letzten<br />

Feinheiten des Baugeschehens und <strong>der</strong> Einrichtung<br />

<strong>der</strong> Klinik und <strong>der</strong> Personalgewinnung ist es<br />

unsere vordringliche Aufgabe, <strong>der</strong> neuen Maßregelvollzugsklinik<br />

in <strong>Dortmund</strong> ein „eigenes<br />

Gesicht“ zu geben und das Kommen <strong>der</strong> Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter sowie <strong>der</strong> Patienten vorzubereiten.<br />

Rechtliche Grundlagen: Wie stets im Maßregelvollzug<br />

werden auch in <strong>Dortmund</strong> Menschen<br />

behandelt, die aufgrund einer psychischen Störung<br />

eine Straftat im Zustand <strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>ten<br />

o<strong>der</strong> aufgehobenen Schuldfähigkeit begangen<br />

➔ Autorin: Ute Franz<br />

haben. Die rechtlichen Grundlagen einer solchen<br />

Unterbringung finden sich im Strafgesetzbuch (§§<br />

20, 21, 63 StGB).<br />

Die Therapie im Maßregelvollzug bewegt sich<br />

im Spannungsfeld zwischen dem Auftrag <strong>der</strong> Besserung<br />

und <strong>der</strong> Sicherung. <strong>Eine</strong> wirksame und<br />

effektive Therapie kann nur erfolgen, wenn das<br />

gesamte Team (Pflegepersonal, Therapeuten,<br />

Cotherapeuten, Sozialdienst usw.) umfassend<br />

über die Patienten informiert und in den Therapieprozess<br />

integriert ist. Das Therapiekonzept <strong>der</strong><br />

Klinik ist eingebettet in das Sicherheitskonzept<br />

und lässt sich im Sinne eines integrativen Behandlungsmodells<br />

nicht isoliert davon betrachten.<br />

Aufbau <strong>der</strong> Einrichtung: Wir behandeln in zwei<br />

Bereichen mit jeweils zwei Wohngruppen insgesamt<br />

54 normal intelligente psychisch kranke<br />

Männer. Diese haben aufgrund einer psychischen<br />

Störung Straftaten begangen und sind gemäß § 63<br />

StGB untergebracht. Im Bereich klinische Psychiatrie<br />

werden in <strong>Dortmund</strong> überwiegend Patienten<br />

mit schizophrenen Psychosen im Bereich für stö-


ungsspezifische Behandlung, Patienten mit<br />

schweren Persönlichkeitsstörungen, Verhaltensund<br />

Impulskontrollstörungen und abweichendem<br />

Sexualverhalten behandelt.<br />

Wesentliche Bausteine <strong>der</strong> Therapie:<br />

Bei Schizophrenie:<br />

• Medikamentöse Behandlung<br />

• Psychoedukation<br />

• Training sozialer Kompetenz<br />

• Problemlösetraining<br />

• Entwicklung von Coping-Strategien zur Alltags-<br />

und Krankheitsbewältigung<br />

Bei Persönlichkeitsstörungen:<br />

• Training sozialer Kompetenz<br />

• Problemlösetraining<br />

• Adäquater Umgang mit Emotionen und<br />

Impulsen<br />

• Kognitive Umstrukturierung<br />

• Spezifische Therapieprogramme zur<br />

Behandlung von Sexualstraftätern<br />

• Medikamentöse Therapie zur Behandlung<br />

von Impulskontrollstörungen und<br />

abweichendem Sexualverhalten<br />

Neben diesen störungsspezifischen Therapieansätzen<br />

setzen wir in <strong>der</strong> Behandlung bei<strong>der</strong><br />

Patientengruppen deliktspezifische Therapieansätze<br />

im Sinne mo<strong>der</strong>ner Kriminaltherapie ein.<br />

Diese ermöglichen unter Berücksichtigung aller<br />

statischen und dynamischen, sowie aller protektiven<br />

Faktoren eine ständige kriminalprognostische<br />

Einschätzung des Patienten und stellen neben<br />

den „äußeren“ Bedingungen <strong>der</strong> „Wagenburg“<br />

ein wesentliches Element <strong>der</strong> „inneren“ Sicherheit<br />

dar.<br />

Unsere Therapie im Maßregelvollzug kann nur<br />

sicher und effizient sein, wenn die Elemente <strong>der</strong><br />

„äußeren“ (bauliche) und „inneren“ (Therapie<br />

des Patienten im multiprofessionellen Team)<br />

Sicherheit zusammenwirken. In baulicher Hinsicht<br />

sind in <strong>der</strong> neuen Klinik in <strong>Dortmund</strong> dafür<br />

beste Voraussetzungen geschaffen, so dass es<br />

unsere vornehmlichste Aufgabe ist, die forensische<br />

Klinik mit Leben zu füllen und einen thera-<br />

DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

peutischen Raum für unsere Patienten zu schaffen,<br />

<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung möglich macht. Die Klinik<br />

in Aplerbeck ist die erste Maßregelvollzugsklinik<br />

des LWL, die dem Konzept <strong>der</strong> Dezentralisierung<br />

des Maßregelvollzugs folgt und somit Patienten<br />

behandelt, die im Landgerichtsbezirk <strong>Dortmund</strong><br />

verurteilt worden sind. D.h. in aller Regel, dass<br />

sie auch in diesem Bereich leben und bei erfolgreicher<br />

Rehabilitation auch wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Region<br />

wohnen und arbeiten werden. Wir erfüllen damit<br />

den Versorgungsauftrag für psychisch kranke<br />

Straftäter für den Landgerichtsbezirk <strong>Dortmund</strong>.<br />

Nach unserem Verständnis ist eine wirkungsvolle<br />

und sichere Therapie <strong>der</strong> Täter ein wichtiger<br />

Bestandteil des Opferschutzes.<br />

Wir sehen unsere Aufgabe auch beson<strong>der</strong>s in<br />

<strong>der</strong> effizienten Nachsorge von forensischen o<strong>der</strong><br />

ehemals forensischen Patienten in <strong>Dortmund</strong>.<br />

Studien belegen, dass eine wirkungsvolle forensische<br />

Nachsorge das Risiko einer erneuten Straftat<br />

deutlich verringert. Durch eine engmaschige spezifische<br />

forensische Nachsorge lässt sich ein mögliches<br />

Gefahrenpotential frühzeitig erkennen und<br />

Möglichkeiten des effizienten Eingreifens eröffnen.<br />

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt besteht enger<br />

Kontakt zu allen Einrichtungen, die mit <strong>der</strong> Versorgung<br />

unserer Patienten betraut sind wie z. B.<br />

Führungsaufsicht, Bewährungshilfe, Heime und<br />

an<strong>der</strong>e Institutionen. Wir pflegen den Kontakt<br />

und die Kooperation mit diesen Stellen und<br />

gewährleisten somit einen ununterbrochenen<br />

Informationsfluss in allen entscheidenden Belangen.<br />

Die Wilfried-Rasch-Klinik sieht ihre Aufgabe<br />

in <strong>der</strong> Unterstützung dieser Stellen und steuert ihr<br />

Fachwissen bei, um künftig weitere erhebliche<br />

Straftaten zu verhin<strong>der</strong>n. In diesem Sinne verstehen<br />

wir unseren Behandlungsauftrag auch als<br />

einen Beitrag zur Prävention von Straftaten. ■<br />

➔ Ute Franz, Ärztliche Direktorin<br />

<strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik<br />

27


28<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD<br />

W er ist Wilfried Rasch?<br />

Der Namensgeber <strong>der</strong> neuen Klinik<br />

Die neue forensische Klinik in <strong>Dortmund</strong><br />

trägt den Namen des sicher bedeutendsten<br />

forensischen Psychiaters in Deutschland.<br />

Prof. Dr. med. Wilfried Rasch, 1925 in Peine<br />

geboren und 2000 in Peymeinade/<br />

Frankreich verstorben, hat sich wie kaum<br />

ein an<strong>der</strong>er, um den Maßregelvollzug in<br />

Westfalen-Lippe verdient gemacht.<br />

Der forensische Psychiater Prof. Dr. Wilfried Rasch (1925 - 2000)<br />

➔<br />

➔ Autorin: Monika Welzel<br />

Schon 1982 for<strong>der</strong>te er in seinem Gutachten zur<br />

Situation und Weiterentwicklung <strong>der</strong> forensischen<br />

LWL-Klinik in Lippstadt-Eickelborn die Dezentralisierung<br />

des Maßregelvollzuges in Westfalen-<br />

Lippe. Über 20 Jahre später wird dieser Gedanke<br />

nun konkret: Als erste von insgesamt sechs neuen<br />

Kliniken fertig gestellt, läutet die neue forensische<br />

Klinik in <strong>Dortmund</strong> die Dezentralisierung des<br />

nordrhein-westfälischen Maßregelvollzuges ein.<br />

Er äußerte sich klar und bestimmt zu Missständen<br />

in <strong>der</strong> Behandlung und Sicherung psychisch<br />

kranker Rechtsbrecher – sowohl als Direktor des<br />

Instituts für Forensische Psychiatrie an <strong>der</strong> Freien


Universität Berlin als auch nach seiner<br />

Emeritierung im Jahr 1993.<br />

Bis heute hat seine fachliche Begleitung<br />

beim Aufbau aller drei Maßregelvollzugskliniken<br />

des LWL Vorbildcharakter<br />

für die konzeptionellinhaltliche<br />

Entwicklung des Maßregelvollzuges.<br />

1984 begründete er gemeinsam mit<br />

dem damaligen LWL-Gesundheitsdezernenten<br />

Dr. Wolfgang Pittrich das Expertengespräch<br />

„Psychiatrie und Recht“, zu dem <strong>der</strong> LWL<br />

seither bundesweit jedes Jahr Juristen und Psychiater<br />

einlädt. Im Rahmen des ersten Expertengespräches<br />

wurden Thesen zur Behandlung und<br />

Rehabilitation psychisch Kranker im Maßregelvollzug“<br />

entwickelt, die nach wie vor aktuell<br />

sind.<br />

Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre gab Wilfried Rasch wichtige<br />

Impulse für die Verbesserung <strong>der</strong> Kriminalprognose.<br />

Die LWL-Klinik in Lippstadt-Eickelborn<br />

leitete daraus ihr Prognosekonzept ab, dem erstmals<br />

Ende <strong>der</strong> 80er Jahre von einer Arbeitsgruppe<br />

um Prof. Dr. Alexis-Albrecht eine gute Prognosequalität<br />

bescheinigt wurde. Für die Klinikleitungen<br />

<strong>der</strong> Maßregelvollzugskliniken des LWL<br />

bleibt seither die Verbesserung <strong>der</strong> Kriminalprognose<br />

ein fortlaufendes Ziel.<br />

Sein beson<strong>der</strong>es Interesse galt den patientenbezogenen<br />

Fähigkeiten <strong>der</strong> MitarbeiterInnen sowie<br />

ihrer Haltung gegenüber den ihnen anvertrauten<br />

Menschen. Dies führte zu einem gemeinsam mit<br />

Dr. Pittrich erarbeiteten Konzept einer zweijährigen,<br />

berufsbegleitenden sozialtherapeutischen<br />

Fortbildung. Diese Qualifikation zur Fachkraft im<br />

Maßregelvollzug haben seit 1988 mehr als 30%<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiter erreicht. Sie wird auch zunehmend<br />

bundesweit in Anspruch genommen.<br />

Im Umgang mit Menschen hatte Prof. Rasch<br />

keine Berührungsängste. Jedes akademische<br />

Gehabe war ihm fremd. Er konnte komplexe<br />

Zusammenhänge auflösen und verständlich<br />

erklären.<br />

DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Mit Verständnis<br />

und humanitärem<br />

Engagement für<br />

die Außenseiter <strong>der</strong><br />

Gesellschaft<br />

Prof. Raschs Publikationsliste umfasst<br />

ca. 150 Titel. In seinem 1999 in<br />

zweiter Auflage erschienen Lehrbuch<br />

„Forensische Psychiatrie“, einem<br />

Standardwerk <strong>der</strong> deutschsprachigen<br />

Forensischen Psychiatrie, verweist er<br />

im Vorwort darauf, dass die gesellschaftliche<br />

Einstellung gegenüber<br />

Außenseitern in Zyklen verläuft.<br />

Nach <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Reformen sei nun<br />

die Zeit von Gesetzesverschärfungen<br />

geprägt. Vielleicht sei auch mal wie<strong>der</strong> eine Phase<br />

zu erwarten, die durch mehr Verständnis und<br />

humanitäres Engagement für die Außenseiter<br />

gekennzeichnet sei.<br />

Mit <strong>der</strong> Namensgebung <strong>der</strong> neuen Forensischen<br />

Klinik in <strong>Dortmund</strong> möchte <strong>der</strong> LWL die Verdienste<br />

von Wilfried Rasch um den Maßregelvollzug<br />

in Westfalen-Lippe würdigen und ihn ehren.<br />

In Verbindung mit dem Untertitel „Westfälische<br />

Klinik für Forensische Psychiatrie <strong>Dortmund</strong>“<br />

zeigt dieser unverwechselbare Eigenname auch<br />

die Eigenständigkeit und spezielle Aufgabenstellung<br />

<strong>der</strong> neuen forensischen Klinik an. ■<br />

➔ Monika Welzel, Juristin, Referatsleitung<br />

Abteilung Maßregelvollzug, Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe<br />

29


30<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD<br />

Bausteine Forensischer Nachsorge<br />

in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Dortmund</strong> im Bereich<br />

<strong>der</strong> Psychiatrie<br />

Krankenhaus einschl. Institutsambulanzen<br />

Tagesklinik<br />

MRV-Klinik einschl. (geplanter)<br />

Fachambulanz<br />

Rehaeinrichtung<br />

Wohneinrichtung<br />

Betreutes Wohnen<br />

Tagesstätte<br />

Kontaktstelle<br />

Arbeit<br />

Ansiedlung als Chance<br />

<strong>Forensik</strong> und Nachsorge in <strong>Dortmund</strong><br />

Es ist verständlich, dass sich die öffentliche<br />

Diskussion erst einmal ausschließlich auf den<br />

Bau <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> und ihren klinischen Bereich<br />

gerichtet hat. Dabei war dem Planungsbeirat<br />

von Anfang an klar, dass zum Gesamtkonzept<br />

<strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> im erheblichen Maß Angebote<br />

und Qualität <strong>der</strong> Nachsorge gehören.<br />

NORD-WEST<br />

Huckarde<br />

Lütgendortmund<br />

SÜD-WEST<br />

Mengede<br />

Bethel<br />

Evangelisches<br />

Krankenhaus<br />

Marien-<br />

Hospital<br />

Hombruch<br />

Eving<br />

NORD-WEST<br />

SÜD-West<br />

INNENSTADT<br />

Scharnhorst<br />

NORD-OST<br />

➔ Autor: Rainer Klein<br />

Der Öffentlichkeit ist noch zu wenig bewusst, dass gerade hier<br />

in <strong>Dortmund</strong> unabhängig von einer ortsansässigen forensischen<br />

Klinik schon seit vielen Jahren psychisch kranke Straftäter von<br />

Einrichtungen und Diensten betreut werden. Das geschieht im<br />

Rahmen <strong>der</strong> so genannten Nachsorge, das heißt forensische<br />

Patienten werden nach vielfältigen Erprobungen/Lockerungsmaßnahmen<br />

mit Bewährungsauflagen beurlaubt und schließlich<br />

entlassen. Therapie in <strong>der</strong> Klinik und Betreuung und Hilfe nach<br />

<strong>der</strong> Klinikzeit sind aufeinan<strong>der</strong> angewiesen, um die Akzeptanz<br />

in <strong>der</strong> <strong>Forensik</strong> zu vergrößern.<br />

OST<br />

DORTMUND<br />

WZfPPP<br />

Hörde<br />

NORD-OST<br />

Brackel<br />

MRV-Klinik<br />

Aplerbeck<br />

SÜD-OST


Die Ansiedlung einer forensischen Klinik in<br />

<strong>Dortmund</strong> war für die in <strong>der</strong> Nachsorge Tätigen<br />

eine Chance, das System <strong>der</strong> forensischen Nachsorge<br />

nochmals kritisch zu überprüfen und qualitativ<br />

zu verbessern. Bereits frühzeitig befasste<br />

sich <strong>der</strong> Planungsbeirat <strong>der</strong> zukünftigen Maßregelvollzugsklinik<br />

mit <strong>der</strong> Thematik <strong>der</strong> Nachsorge.<br />

Es galt zu prüfen, wie Sicherheit und Behandlung/Betreuung<br />

auch nach dem Aufenthalt in<br />

einem Hochsicherheitstrakt – und das ist nun mal<br />

eine forensische Klinik – in ein optimales Gleichgewicht<br />

gebracht werden können.<br />

In einer eigenen Arbeitsgruppe des Planungsbeirates<br />

gelang es, zur Neuordnung <strong>der</strong> Nachsorge<br />

alle beteiligten Arbeitsbereiche an einen<br />

runden Tisch zu bekommen. Seit über vier Jahren<br />

treffen sich in regelmäßigen Abständen Vertreter/innen<br />

aus dem Bereich <strong>der</strong> Allgemeinpsychiatrie,<br />

<strong>der</strong> forensischen Psychiatrie und <strong>der</strong> Justiz.<br />

Entstanden ist ein Grundkonzept <strong>der</strong> Nachsorge<br />

in <strong>der</strong> Form von Leitlinien. Sie sind im Internet<br />

unter<br />

http://www.lwl.org/LWL/Gesundheit/Forensische_Kliniken/<strong>Dortmund</strong>/Nachsorge/AG_Nachsorge/index2_html<br />

nachzulesen.<br />

Auch nach Eröffnung <strong>der</strong> Forensischen Klinik in<br />

<strong>Dortmund</strong> im Januar 2006 wird die Arbeitsgemeinschaft<br />

Nachsorge die Arbeit in geeigneter<br />

Form fortsetzen.<br />

So merkwürdig es für manchen auch klingen<br />

mag, aber die Ansiedlung <strong>der</strong> forensischen Klinik<br />

Das Nachsorgekonzept<br />

in <strong>Dortmund</strong><br />

GESETZLICHE BETREUUNG<br />

• Freiberufliche gesetzliche<br />

BetreuerInnen<br />

• Betreuungsvereine<br />

DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

JUSTIZ<br />

„<br />

• Führungsaufsichtstelle<br />

• Bewährungshilfe<br />

• Strafvollstreckungskammer<br />

• Staatsanwaltschaft<br />

SUCHTKRANKENHILFE<br />

• Beratungsstellen<br />

• Entzugskliniken<br />

• Med. Reha-Einrichtungen<br />

• Betreutes Wohnen<br />

SELBSTHILFEGRUPPEN<br />

➔ Rainer Klein<br />

Diplom-Sozialpädagoge, Fachbereichsleiter<br />

Psychiatrie/Behin<strong>der</strong>tenarbeit des<br />

Diakonischen Werks <strong>Dortmund</strong><br />

Die Errichtung einer Forensischen Klinik hat auch die<br />

Chance geboten, die Nachsorge (Betreuung, Behandlung<br />

und Sicherheitsmaßnahmen nach <strong>der</strong> Entlassung) nochmals<br />

qualitativ in <strong>Dortmund</strong> verbessern.„<br />

zu<br />

Stationäre (klinische)<br />

Behandlung<br />

• Kliniken <strong>der</strong> Allgemeinpsychiatrie<br />

• MRV Klinik<br />

Ambulante psychiatrische<br />

Dienste<br />

• Sozialpsychiatischer Dienst<br />

• Ambulante psychiatrische<br />

Pflege<br />

Wohnen<br />

• Ambulantes betreutes<br />

Wohnen<br />

• Stationäre Wohneinrichtungen<br />

Tagesstrukturierung/<br />

Freizeit<br />

• Tagesstätte<br />

• Kontaktstelle/<br />

Patientenklubs<br />

PSYCHATRIE<br />

Ambulante<br />

Behandlung<br />

• Forensische Nachsorge-<br />

Ambulanz <strong>der</strong> RV-Klinik<br />

• Institutsambulanzen<br />

<strong>der</strong> Allgemeinspsychiatrie-Kliniken<br />

• Nie<strong>der</strong>gelassene<br />

FachärztInnen für Psychiatrie<br />

und Neurologie<br />

• Nie<strong>der</strong>gelassene<br />

PsychologInnen<br />

• Tageskliniken<br />

Medizinische<br />

Rehabilitation<br />

• Med. Reha-Einrichtungen<br />

für psychisch Kranke<br />

Arbeit<br />

31<br />

in <strong>Dortmund</strong> war für die Nachsorge ein Gewinn, auf alle Fälle kein<br />

Nachteil. Die notwendige enge Verknüpfung zwischen Nachsorgeeinrichtungen<br />

<strong>der</strong> Allgemeinpsychiatrie, forensischer Klinik und<br />

Justiz konnte vorangetrieben werden – im Interesse <strong>der</strong> Patienten<br />

und im Interesse <strong>der</strong> Gesellschaft und Bevölkerung in <strong>Dortmund</strong>. ■<br />

• Integrationsfachdienst<br />

• Berufstrainingszentrum<br />

• Integrationsfirmen Zuverdienst<br />

• Werkstätten für Behin<strong>der</strong>te<br />

• Ambulante Arbeitstherapie<br />

in Allgemeinpsychiatrie-<br />

Kliniken<br />

➔ Quelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe


32<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD<br />

Vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

Maßregelvollzug – Sicherungsverwahrung – Strafvollzug<br />

Mit einer speziellen Gruppe beschäftigt sich dieser Artikel:<br />

den Sicherheitsverwahrten. Klaus Hübner betrachtet sie aus<br />

<strong>der</strong> Sicht des Strafvollzugs. Der Autor ist Präsident des<br />

Landesjustizvollzugsamtes NRW und hat seine Thesen auch<br />

in die Beiratsdiskussionen eingebracht.<br />

➔<br />

Strafe setzt Schuld voraus. Begeht jemand eine<br />

Straftat, kann er nur dann bestraft werden, wenn<br />

er schuldhaft gehandelt hat, d. h. ihm muss die<br />

Tat als vorwerfbar zugerechnet werden können.<br />

Das deutsche Strafrecht basiert auf dem Grundsatz<br />

<strong>der</strong> Willensfreiheit. Danach kann sich ein<br />

Mensch in Konfliktlagen eigenverantwortlich für<br />

o<strong>der</strong> gegen eine mit Strafe bedrohte Handlung frei<br />

entscheiden. Entscheidet er sich für das Unrecht,<br />

so riskiert er eine gerichtliche Verurteilung zu<br />

einer Freiheitsstrafe wegen eines vorwerfbaren<br />

und damit schuldhaften Verstoßes gegen eine<br />

strafrechtliche Norm.<br />

Begeht jemand eine Tat, weil er wegen einer<br />

„krankhaften seelischen Störung“, einer „tiefgreifenden<br />

Bewusstseinsstörung“, wegen „Schwachsinns“<br />

o<strong>der</strong> einer „schweren an<strong>der</strong>en seelischen<br />

➔ Autor: Klaus Hübner<br />

Abartigkeit“ unfähig ist, sich gegen das Unrecht<br />

zu entscheiden, ist er also nicht schuldfähig o<strong>der</strong><br />

nur vermin<strong>der</strong>t schuldfähig, so sieht das Gericht<br />

regelmäßig seine Unterbringung in einem psychiatrischen<br />

Krankenhaus vor. Darüber hinaus müssen<br />

von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten<br />

sein, weshalb er als für die Allgemeinheit gefährlich<br />

angesehen wird. Die Unterbringung in einem<br />

psychiatrischen Krankenhaus ist eine sogenannte<br />

„freiheitsentziehende Maßregel <strong>der</strong> Besserung<br />

und Sicherung“ keine Strafe, son<strong>der</strong>n dient <strong>der</strong><br />

Behandlung eines psychisch kranken Straftäters –<br />

unabhängig von <strong>der</strong> Art und Schwere <strong>der</strong> Tat.<br />

Die Wilfried-Rasch-Klinik des Landschaftsverbandes<br />

Westfalen Lippe ist eine solche Einrichtung,<br />

die mit ärztlichen und psychotherapeutischen<br />

Maßnahmen versucht, dieses Ziel zu erreichen.<br />

Die Unterbringung in einem psychiatrischen<br />

Krankenhaus hängt nicht davon ab, ob eine<br />

Behandlung Aussicht auf Erfolg verspricht bzw.<br />

ob ein schuldunfähiger o<strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>t schuldfähiger<br />

Straftäter therapierbar ist. Die Unterbringung<br />

ist grundsätzlich unbefristet. Ihre Dauer<br />

bemisst sich danach, ob die Voraussetzungen <strong>der</strong><br />

Maßregel während <strong>der</strong> Unterbringung weiterhin<br />

vorliegen o<strong>der</strong> ob ihre Vollstreckung noch verhältnismäßig<br />

ist.<br />

Ist ein Therapieerfolg eingetreten, erklärt ein<br />

Gericht die Maßregel für erledigt und <strong>der</strong> Untergebrachte<br />

ist zu entlassen (mit Führungsaufsicht).<br />

Aber auch wenn ein Therapieerfolg noch<br />

nicht absehbar ist, hängt die weitere Unterbringung<br />

davon ab, ob <strong>der</strong> fortdauernde Eingriff in<br />

sein verfassungsrechtlich verbürgtes Freiheitsrecht<br />

noch in einem angemessenem Verhältnis zu


<strong>der</strong> (Rest-) Gefahr steht, die von ihm in Freiheit<br />

ausgehen würde. Erweist er sich als therapieresistent<br />

o<strong>der</strong> stellen sich die beson<strong>der</strong>en Behandlungsmaßnahmen<br />

des Maßregelvollzuges als<br />

nicht erfolgreich heraus, so wi<strong>der</strong>spricht seine<br />

weitere Unterbringung in einem psychiatrischen<br />

Krankenhaus regelmäßig Sinn und Zweck dieser<br />

behandlungsorientierten Maßregel. Auch in diesen<br />

Fällen erklärt das zuständige Gericht die<br />

Maßregel für erledigt, wenn jedes Risiko für die<br />

Allgemeinheit ausgeschlossen werden kann o<strong>der</strong><br />

wenn eine weitere unbestimmte Unterbringung<br />

unverhältnismäßig wäre. Ein an<strong>der</strong>es Gericht<br />

kann jetzt allerdings die nachträgliche Sicherungsverwahrung<br />

anordnen, wenn <strong>der</strong> Untergebrachte<br />

als hochgefährlich einzustufen ist, also<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere erhebliche<br />

Straftaten begehen würde, „durch welche die<br />

Opfer seelisch o<strong>der</strong> körperlich schwer geschädigt<br />

werden.“<br />

Die Sicherungsverwahrung ist ebenso wie die<br />

Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus<br />

eine freiheitsentziehende Maßregel <strong>der</strong> Besserung<br />

und Sicherung und wird in NRW in einer<br />

Justizvollzugsanstalt vollstreckt. Zwar dient auch<br />

die Sicherungsverwahrung <strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung<br />

zukünftiger Straftaten und gleicht somit den auf<br />

Resozialisierung ausgerichteten Zielen des Strafvollzuges.<br />

Gleichwohl ist ihr Behandlungsspektrum<br />

nicht mit den therapeutischen Maßnahmen<br />

vergleichbar, die einem Untergebrachten in einer<br />

ärztlich geleiteten und mit fachgerechtem Pflegepersonal<br />

ausgestatteten Maßregelvollzugsklinik<br />

angeboten werden kann. Infolge dieses qualitativen<br />

Gefälles zwischen „<strong>Forensik</strong>“ und Sicherungsverwahrung<br />

kann die Unterbringung bei<br />

DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

§ 63 StGB<br />

UNTERBRINGUNG IN<br />

EINEM PSYCHATRISCHEN<br />

KRANKENHAUS<br />

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand <strong>der</strong><br />

Schuldunfähigkeit (§ 20) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>ten<br />

Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das<br />

Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen<br />

Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des<br />

Täters und seiner Tat ergibt, dass von ihm infolge<br />

seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu<br />

erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit<br />

gefährlich ist.<br />

„austherapierten“, aber gleichwohl gefährlichen<br />

Straftäter dort u. U. lebenslang sein.<br />

Der Justizvollzug steht damit vor neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />

auf die er sich erst allmählich vorbereitet.<br />

Konzepte für eine „Long-Stay-Unterbringung“,<br />

und „In Würde sterben“ müssen erarbeitet<br />

werden. Die Bemühungen des Justizvollzuges<br />

werden sich dabei an den Grundsätzen von<br />

Humanität und Menschenwürde orientieren, um<br />

hoffnungslos Verwahrten wenigstens noch einen<br />

Rest an Lebensqualität zu gewährleisten. ■<br />

➔ Klaus Hübner, Jurist, Präsident<br />

Landesjustizvollzugsamt NRW<br />

33


34<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD<br />

Zur Eröffnung <strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik<br />

Im Januar des Jahres 2006 wird die neue Maßregelvollzugsklinik<br />

in <strong>Dortmund</strong> ihren Betrieb aufnehmen.<br />

Für ihre wichtige Aufgabe, psychisch<br />

kranke Rechtsbrecher in einem sicheren Milieu<br />

fachkundig zu behandeln, wünscht die Betriebsleitung<br />

allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen<br />

<strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik viel Erfolg.<br />

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat sich<br />

bei <strong>der</strong> Konzeption <strong>der</strong> Kliniken bewusst dafür<br />

entschieden, die neue forensische Klinik und die<br />

Westfälische Klinik <strong>Dortmund</strong> fachlich und konzeptuell<br />

zu trennen. Allerdings werden sich in <strong>der</strong><br />

Zukunft in vielen Bereichen, z. B. da, wo sich<br />

fachliche Überschneidungen ergeben, Möglichkeiten<br />

einer Kooperation eröffnen. So können<br />

Mit Neugier und Interesse<br />

Aplerbeck ist außer <strong>der</strong> Bezeichnung für einen liebenswerten Vorort<br />

das Dortmun<strong>der</strong> Synonym für Hilfe bei psychischen Erkrankungen.<br />

Wer auch immer einer psychiatrischen Behandlung bedarf,<br />

erhält sie hier. Dafür sind wir da.<br />

Wer psychiatrisch arbeitet, weiß, dass die Behandlung von forensischen<br />

Patienten zur täglichen Arbeit gehört.<br />

Tausend Beschäftigten spiegelten im Herbst 2000 die öffentliche<br />

Meinung zur Errichtung <strong>der</strong> forensischen Klinik in Aplerbeck<br />

wi<strong>der</strong>.<br />

Personalrat und ver.di haben mit Fachleuten in Personalversammlungen<br />

und durch intensive Mitarbeit in den LWL - Gremien das<br />

Sinnvolle dieser regionalen Dezentralisierung herausgestellt. Die<br />

Übernahme dieser gesellschaftlichen Verantwortung gilt als unabdingbar.<br />

Offen für Gäste zeigte sich <strong>der</strong> Planungsbeirat, daher konnte auch<br />

<strong>der</strong> Personalrat die baulichen und konzeptionellen Planungen verfolgen.<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> intensiven Diskussionen im Planungsbeirat,<br />

in denen die Ängste, Sorgen, Befürchtungen aber auch<br />

zukünftig Fort- und Weiterbildungsangebote für die Mitarbeiter bei<strong>der</strong><br />

Kliniken organisiert werden. Darüber hinaus werden sich in<br />

Zukunft sicher noch viele weitere Kooperationsmöglichkeiten ergeben,<br />

die im Einzelnen abzusprechen sind.<br />

Wir, d.h. die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> Westfälischen<br />

Klinik <strong>Dortmund</strong>, freuen uns bereits jetzt auf eine gute, vertrauensvolle<br />

und in die Zukunft gerichtete Zusammenarbeit mit <strong>der</strong><br />

Wilfried-Rasch-Klinik.<br />

➔ Professor Ulrich Sprick<br />

Ärztlicher Leiter des Westfälischen Zentrums für Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und Psychosomatik, <strong>Dortmund</strong><br />

Erwartungen und Anfor<strong>der</strong>ungen an die Institution<br />

<strong>Forensik</strong> formuliert wurden, trug <strong>der</strong> Personalrat<br />

in die Belegschaft <strong>der</strong> WK <strong>Dortmund</strong>.<br />

Beeindruckt waren wir über die offene, kritische<br />

Diskussion, in <strong>der</strong> Neugier und Interesse an <strong>der</strong><br />

schwierigen psychiatrischen und forensischen<br />

Arbeit überwog.<br />

Zwei Betriebe, zwei Aufgaben. Es sind die<br />

Beschäftigten, die die Kooperationen zwischen<br />

<strong>der</strong> Westfälischen Klinik <strong>Dortmund</strong> und <strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik<br />

<strong>Dortmund</strong> konstruktiv leben<br />

werden. Hier ist <strong>der</strong> Personalrat die Verbindung.<br />

➔ Annette Jedwabski und Brigitte Schero, Vorsitzende<br />

und stellvertretende Vorsitzende des Personalrats <strong>der</strong> Westfälischen<br />

Klinik, <strong>Dortmund</strong> und <strong>der</strong> Wilfried-Rasch-Klinik


Kritische und faire Begleitung<br />

Im Januar 2006 werden die ersten Patienten die<br />

nun fertiggestellte forensische Klinik in <strong>Dortmund</strong><br />

Aplerbeck beziehen. Der Beschluss <strong>der</strong> damaligen<br />

Landesregierung NRW, am vorhandenen Standort<br />

des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe<br />

zusätzlich eine forensische Klinik zu errichten,<br />

war im <strong>Stadt</strong>bezirk Aplerbeck heftig umstritten.<br />

Die Ängste <strong>der</strong> Menschen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

direkten Nachbarn, standen lange Zeit im Vor<strong>der</strong>grund<br />

<strong>der</strong> Betrachtungen.<br />

Deswegen muss auch für den Betrieb gelten:<br />

Oberste Priorität hat die Sicherheit aller Menschen!<br />

➔ Ernst Lahme<br />

Bezirksvorsteher a, D. <strong>der</strong> Bezirksvertretung<br />

<strong>Dortmund</strong>-Aplerbeck,<br />

Kaufmann und Altenpfleger<br />

„In den vergangenen fünf Jahren meines Dienstes als Bezirksvorsteher<br />

habe ich versucht, die Sorgen und Ängste <strong>der</strong> Bürgerinnen<br />

und Bürger im <strong>Stadt</strong>bezirk ernst zu nehmen und immer wie<strong>der</strong><br />

klargemacht, dass eine Forensische Klinik eine gesamtgesellschaftliche<br />

Gemeinschaftsaufgabe ist, da es zur<br />

Therapie kranker Straftäter keine an<strong>der</strong>e<br />

Alternative gibt. Ich bin überzeugt, dass mir dies in<br />

Zusammenarbeit mit dem Planungsbeirat gelungen ist.“<br />

DIE NEUE KLINIK UND IHR UMFELD EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Der durch den Planungsbeirat beschrittene Weg<br />

<strong>der</strong> Informationstransparenz bei <strong>der</strong> Errichtung<br />

<strong>der</strong> forensischen Klinik hat aus meiner Sicht positiv<br />

zu einer Versachlichung des Themas beigetragen.<br />

In <strong>der</strong> kritischen, fairen Begleitung <strong>der</strong> nunmehr<br />

errichteten forensischen Klinik und ihrer mittelfristigen<br />

Integration in unseren <strong>Stadt</strong>bezirk Aplerbeck<br />

liegt die zukünftige Aufgabe <strong>der</strong> Kommunalpolitik,<br />

des Landschaftsverbandes, <strong>der</strong> Patienten,<br />

<strong>der</strong> Beschäftigten und <strong>der</strong> Nachbarschaft.<br />

➔ Sascha Ma<strong>der</strong>, Bezirksvorsteher,<br />

<strong>Stadt</strong>bezirk Aplerbeck<br />

➔ Oliver Kolberg<br />

Krankenpfleger, Gewerkschaftsekretär,<br />

Vertreter <strong>der</strong> Arbeitnehmerinteressen<br />

„Unsere Gesellschaft benötigt lei<strong>der</strong> eine forensische Betreuung.<br />

Die Aufgabe des Beirats liegt bei <strong>der</strong> Zusammenführung<br />

<strong>der</strong> Interessen von Bürgerinnen und Bürgern, Patientinnen<br />

und Patienten, dem Träger <strong>der</strong> Einrichtung und seinen<br />

Beschäftigten. Der Beirat hat diesen Weg bisher kritisch und<br />

konstruktiv begleitet. <strong>Dortmund</strong> ist sich seiner<br />

gesellschaftlichen Verantwortung bewusst.“<br />

35


➔<br />

36<br />

EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK IM HINTERGRUND – DIE STANDORTFRAGE<br />

W arum <strong>Dortmund</strong> als Standort?<br />

Die Regionalisierung des Maßregelvollzugs in Nordrhein-Westfalen<br />

Im Jahre 2000 stand das Land Nordrhein-<br />

Westfalen vor einer Richtungsentscheidung.<br />

Die Belegungszuwächse im Maßregelvollzug und<br />

die damit verbundenen Kapazitätsengpässe<br />

machten den Bau von zusätzlichen Plätzen<br />

dringend erfor<strong>der</strong>lich. Es stellte sich die Frage,<br />

inwieweit <strong>der</strong> Maßregelvollzug eher zentral<br />

(wie in Westfalen-Lippe) o<strong>der</strong> eher regional<br />

(wie im Rheinland) weiterentwickelt werden<br />

sollte und wo die zukünftigen Kliniken<br />

entstehen sollten.<br />

Richtfest <strong>der</strong> neuen forensischen Klinik <strong>Dortmund</strong>.<br />

Von links nach rechts: Dr. Uwe Günther, Adolf Miksch, Bodo<br />

Champignon, Birgit Fischer, Uwe Dönisch-Seidel, Friedrich Stiller<br />

➔<br />

➔ Autor: Uwe Dönisch-Seidel<br />

Mit <strong>der</strong> Benennung von sechs neuen Standorten<br />

mit insgesamt 468 Plätzen hat sich das Land<br />

NRW für ein Regionalisierungskonzept entschieden:<br />

Die Neubauten werden in unterversorgten<br />

Landgerichtsbezirken entstehen und dies sind in<br />

Nordrhein-Westfalen vor allen Dingen das Ruhrgebiet<br />

und die Landgerichtsbezirke Köln und<br />

Münster.<br />

Für diese Entscheidung gibt es wichtige Argumente:<br />

Es trägt zunächst dem Kriterium <strong>der</strong> Verteilungsgerechtigkeit<br />

Rechnung. Zukünftig werden<br />

psychisch kranke Straftäter in <strong>der</strong> Regel dort<br />

behandelt, wo sie auch ihre Straftaten begangen<br />

haben. Die angestrebte Regionalisierung des Maßregelvollzuges<br />

erleichtert dabei auch Verbindungen<br />

zu gemeindepsychiatrischen Versorgungsstrukturen<br />

und ermöglicht somit eine verbesserte<br />

Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Patienten. Darüber hinaus<br />

gewährleistet eine räumliche Nähe den so<br />

wichtigen regelmäßigen fachlichen Austausch<br />

zwischen <strong>der</strong> Klinik und den Gerichten, <strong>der</strong><br />

Bewährungshilfe und <strong>der</strong> Polizei. Bei Beurlaubungen<br />

und bedingten Entlassungen ist zudem<br />

eine intensivere Kontrolle und Begleitung <strong>der</strong><br />

Patienten durch die Mitarbeiter <strong>der</strong> Maßregelvollzugseinrichtung<br />

möglich und trägt zur Sicherheit<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung bei. Aber auch soziale Verbindungen<br />

von Patienten zu <strong>der</strong>en Angehörigen kön-


Standorte des<br />

Maßregelvollzugs<br />

in Nordrhein-Westfalen<br />

bestehende Standorte<br />

neue Standorte<br />

Übergangsstandort<br />

nen im Rahmen einer regionalen Versorgung<br />

während <strong>der</strong> Unterbringung aufrecht<br />

erhalten werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> regionalen Standorte wurden<br />

über 130 Grundstücke und Liegenschaften<br />

in Nordrhein-Westfalen durch das Land NRW<br />

untersucht. Die Standorte, die für eine Maßregelvollzugsklinik<br />

in Betracht kamen, wurden<br />

dabei nach festgelegten Eignungskriterien eingehend<br />

geprüft. Nach Auswertung aller Vor- und<br />

Nachteile <strong>der</strong> einzelnen Standortalternativen<br />

wurde für den Landgerichtsbezirk <strong>Dortmund</strong> eine<br />

Teilfläche <strong>der</strong> Westfälischen Zentrums für Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und Psychosomatik <strong>Dortmund</strong><br />

ausgewählt, die im östlichen Teil des Klinikgeländes<br />

liegt. Durch die vorhandenen Möglichkeiten<br />

zur Integration eines Neubaukomplexes<br />

in die bauliche Infrastruktur <strong>der</strong> WK <strong>Dortmund</strong><br />

ergaben sich für den späteren Betrieb <strong>der</strong><br />

Einrichtung starke Synergieeffekte. Ein großer Teil<br />

<strong>der</strong> verwaltungs- und versorgungstechnischen<br />

Infrastruktur <strong>der</strong> bestehenden psychiatrischen<br />

Klinik konnte dadurch genutzt werden.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Neuerrichtung <strong>der</strong> Klinik<br />

verbundenen Schaffung einer Vielzahl qualifizirter<br />

Arbeitsplätze, bei einer gleichzeitig rückläufigen<br />

Entwicklung im allgemein-psychiatrischen<br />

IM HINTERGRUND – DIE STANDORTFRAGE EINE STADT BEGEGNET DER FORENSIK<br />

Bereich und <strong>der</strong> hohen Zahl an<br />

universitärer Ausbildung im<br />

Raum <strong>Dortmund</strong>, Bochum und Herdecke,<br />

waren auch günstige Voraussetzungen für<br />

die Personalstrukturierung gegeben. Es lagen also<br />

deutliche Indikatoren dafür vor, dass die Realisierung<br />

einer Maßregelvollzugsklinik auf diesem<br />

Grundstück sowohl unter Kosten- als auch Zeitaspekten<br />

äußerst vorteilhaft war.<br />

<strong>Eine</strong> Einschätzung, die sich im Zuge <strong>der</strong> Realisierung<br />

<strong>der</strong> Maßnahme bestätigt hat. Die forensische<br />

Klinik <strong>Dortmund</strong> wird als erste <strong>der</strong> neuen<br />

Einrichtungen ans Netz gehen und Modellcharakter<br />

für eine mo<strong>der</strong>ne forensische Versorgungsstruktur<br />

haben. ■<br />

➔ Uwe Dönisch-Seidel, Landesbeauftragter<br />

für den Maßregelvollzug des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

37<br />

Quelle:Landschaftsverband<br />

Westfalen-Lippe


38<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER Friedrich Stiller<br />

REDAKTION Prof. Ulrich Pätzold, Friedrich Stiller<br />

TEXTE Uwe Dönisch-Seidel, Klaus Hübner, Annette Jedwabski, Rainer Klein,<br />

Sascha Ma<strong>der</strong>, Henning Müller-Späth, Prof. Ulrich Pätzold, Siegfied<br />

Pogadl, Dr. Wolfgang Schäfer, Brigitte Schero, Petra Schnei<strong>der</strong>s,<br />

Friedrich Stiller, Monika Welzel, Dr. Bernhard Wittmann,<br />

Carolin Wrede, Ute Franz<br />

FOTOS Petra Schnei<strong>der</strong>s (Titel- und Rückseitenfotos, Fotos <strong>der</strong> Innenseiten:<br />

S. 4, 5, 7, 8, 10, 20, 22, 23, 24, 26, 29, 33, 35, 36, 39);<br />

Sabine Spieckermann (11, 14, 15, 16, 17, 22);<br />

INFOGRAFIKEN Sabine Spieckermann<br />

KONTAKT Landschaftverband Westfalen-Lippe, Abteilung Maßregelvollzug,<br />

Sekretariat Martina Feldhove, Warendorfer Straße 25-27, 48133<br />

Münster; Tel: 02 51-59 12 32<br />

GESTALTUNG Journalisten-Zentrum, Sabine Spieckermann<br />

DRUCK Dömröse GmbH, Hagen


Anfang August 2005 passen Arbeiter das letzte fehlende Betonteil in die <strong>Forensik</strong>-Mauer ein.<br />

39

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!