Curacontact 0111 - CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Curacontact 0111 - CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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Themen u. a.<br />
· Lageberichterstattung 2010 in den Branchen<br />
Krankenhaus, Alten- und Behindertenhilfe<br />
· E-Bilanz versus Pflegebuchführungsverordnung<br />
· Privat und kirchlich – kann das gut gehen?<br />
· Aufgeräumt: Portfoliobereinigung bei<br />
Dienstleistungsangeboten<br />
MANDANTENINFORMATION<br />
01<br />
11
Wirtschaftsprüfung I Prüfungsnahe Beratung I Steuerberatung I Rechtsberatung<br />
Mit der Curacon Unternehmensgruppe steht Ihnen ein Partner zur Seite, der Sie<br />
in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, prüfungsnahe Beratung sowie Steuer- und<br />
Rechtsberatung zuverlässig unterstützt. Unsere Teams setzen sich aus Experten<br />
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Nürnberg · Rendsburg · Stuttgart
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
nach einem langen und kalten winter möchten wir mit unserer<br />
ersten <strong>Curacontact</strong>-Ausgabe 2011 den Frühling einläuten und<br />
Ihnen interessante Themen zu bilanziellen, rechtlichen und<br />
steuerlichen Entwicklungen im Gesundheits- und Sozialwesen<br />
vorstellen.<br />
Das handelsgesetz verpflichtet mittelgroße und große Kapitalgesellschaften<br />
dazu, den Jahresabschluss um einen Lagebericht<br />
zu erweitern. In unserem ersten Beitrag stellen wir die<br />
wesentlichen Anforderungen an die Aufstellung des Lageberichts<br />
dar, jeweils ergänzt um individuelle Beispiele für die<br />
Branchen Krankenhaus, Alten- und Behindertenhilfe. In dem<br />
zweiten Fachbeitrag wird ferner diskutiert, wann Gesellschaften,<br />
insbesondere Kapitalgesellschaften, die besonderen<br />
Rechnungslegungsvorschriften der Pflegebuchführungsverordnung<br />
anzuwenden haben.<br />
Die Portfolioanalyse gehört auch im Dienstleistungssektor vor<br />
dem hintergrund wachsender Komplexträger zu den wichtigsten<br />
Analyseinstrumenten des strategischen Managements. um<br />
die wirtschaftlichkeit verschiedener Leistungsbereiche zu beurteilen<br />
und die richtigen strategischen Maßnahmenentscheidungen<br />
zu treffen, stellen wir Ihnen in einem weiteren Beitrag<br />
die vorgehensweise einer strukturierten Portfolioanalyse als<br />
Entscheidungsunterstützung vor. Eine der größten veränderungen<br />
in der deutschen Krankenhauslandschaft war im ver gangenen<br />
Jahr die Übernahme des kirchlichen Krankenhauses<br />
Rummelsberg durch den privaten Krankenhausträger Sana<br />
Kliniken AG. In Interviewform berichten harald Frei, Geschäftsführer<br />
der Rummelsberger Dienste für Menschen<br />
gGmbh, und Dr. Michael Philippi, vorstandsvor sitzender der<br />
Sana Kliniken AG, über ihre Erfahrungen.<br />
Darüber hinaus haben wir für Sie wieder Themen im Bereich<br />
Recht und Steuern bereitgestellt, wie die Offenlegungspflicht<br />
im SGB XII, Kooperationen und Gemeinnützigkeit im Blickpunkt<br />
des Bundesfinanzhofs sowie beabsichtigte Änderungen<br />
des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und deren Einfluss auf<br />
wfbM und Integrationsprojekte.<br />
Im namen meiner Kollegen in der Geschäftsführung sowie aller<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Curacon wünsche ich<br />
Ihnen und Ihren Familien ein frohes Osterfest.<br />
01<br />
11<br />
Ihr<br />
Michael Stahl<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Geschäftsführer<br />
Editorial EDITORIAl<br />
InhALT<br />
Editorial & Inhalt ........................................................................ 3<br />
FAChBEITRÄGE<br />
Lageberichterstattung 2010 in den Branchen Krankenhaus ,<br />
Alten- und Behindertenhilfe ....................................................... 4<br />
E-Bilanz versus Pflegebuchführungsverordnung ...................... 8<br />
InTERvIEw<br />
mit harald Frei, Geschäftsführer der<br />
Rummelsberger Dienste für Menschen gGmbh,<br />
und Dr. Michael Philippi, vorstandsvorsitzender<br />
der Sana Kliniken AG .............................................................10<br />
FAChBEITRÄGE<br />
Aufgeräumt: Portfoliobereinigung bei<br />
Dienstleistungsangeboten .......................................................12<br />
Reicher Träger – armer Träger ...............................................14<br />
AKTuELLES STEuERREChT<br />
Kooperationen und Gemeinnützigkeit<br />
im Blickpunkt des BFh .............................................................16<br />
AKTuELLE REChTSPREChunG<br />
Beabsichtigte Änderungen des AÜG und<br />
deren Einfluss auf wfbM und Integrationsprojekte ..............18<br />
vERAnSTALTunGEn & InTERnA<br />
Ankündigung Fachtagungen etc. ...........................................19<br />
Impressum .................................................................................19<br />
3
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
4<br />
lageberichterstattung 2010 in den Branchen<br />
Krankenhaus , Alten- und Behindertenhilfe<br />
Dem Lagebericht kommt als Ergänzung zum Jahresabschluss eine Erläuterungsfunktion der in der Bilanz, Gewinn-<br />
und Verlustrechnung und dem Anhang enthaltenen Angaben zu. Der Lagebericht enthält, im Gegensatz zum<br />
Jahresabschluss , überwiegend verbale Erläuterungen. Der Gesetzgeber verlangt, neben allgemeinen Angaben<br />
zur Geschäftstätigkeit und der Branche, Kommentierungen der vergangenheitsbezogenen Daten des Jahresabschlusses,<br />
aber auch explizite Aussagen über die Chancen und Risiken der voraussichtlichen Entwicklung, die einen<br />
verlässlichen Blick in die Zukunft ermöglichen sollen.<br />
LAGEBERIChT · PROGnOSEBERIChT · GESChÄFTSEnTwICKLunG · BILAnZSTIChTAG · JAhRESABSChLuSS · KRAnKEnhAuS ·<br />
STATIOnÄRE PFLEGE · BEhInDERTEnhILFE<br />
Allgemeine Anforderungen an die Aufstellung eines<br />
Lageberichts<br />
Das handelsgesetz (hGB) verpflichtet durch die vorschrift<br />
des § 264 Abs. 1 hGB mittelgroße und große Kapitalgesellschaften<br />
dazu, den Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz,<br />
Gewinn - und verlustrechnung sowie Anhang – um einen Lagebericht<br />
zu erweitern. vielfach finden sich in den Gesellschaftsverträgen<br />
oder Satzungen von unternehmen das hGB ergänzende<br />
vorschriften zur Rechnungslegung. Diese ergänzenden<br />
vorschriften können beispielsweise festlegen, dass unabhängig<br />
von den tatsächlichen Größenverhältnissen und der Gesellschaftsform<br />
des unternehmens die Rechnungslegung nach<br />
den vorschriften für große Kapitalgesellschaften erfolgen soll<br />
bzw. unabhängig von den gesetzlichen Regeln der Jahresabschluss<br />
um einen Lagebericht ergänzt werden soll. Ersteres findet<br />
sich häufig im Bereich der kommunal beeinflussten unternehmen,<br />
während Letzteres häufig im gemeinnützigen Bereich<br />
anzutreffen ist.<br />
Allgemeine Anforderungen an den Inhalt eines Lageberichts<br />
Der Berichterstattung im Lagebericht kommt eine Rechenschafts-<br />
und Informationsfunktion zu. Die gesetzlichen vertreter<br />
sollen mit diesen verbalen Erläuterungen einerseits einen umfassenden<br />
Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung in<br />
der vergangenheit sowie die Gesamtlage des unternehmens<br />
abgeben (Rechenschaftsfunktion), andererseits aber auch die<br />
überwiegend zahlenmäßigen Bestandteile des Jahresabschlusses<br />
um insbesondere zukunftsorientierte Informationen<br />
ergänzen (Informationsfunktion).<br />
Gesetzliche Anforderungen an den Inhalt des Lageberichts<br />
finden sich für den Einzelabschluss in § 289 hGB. Analysiert<br />
man diese Anforderungen, wird man zu dem Schluss kommen,<br />
dass in der Berichterstattung im Lagebericht mindestens auf<br />
drei Themenbereiche eingegangen werden muss. Zu diesen<br />
gesetzlichen Mindestbestandteilen gehören:<br />
Mögliche Mindestgliederungspunkte des Lageberichts<br />
1. Darstellung des Geschäftsverlaufs und der lage der Gesellschaft<br />
2. Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem Schluss des<br />
Geschäftsjahres<br />
3. Prognosebericht<br />
Darstellung des Geschäftsverlaufs und der Lage der<br />
Gesellschaft<br />
Dieser Gliederungspunkt stellt in der Regel das zentrale Element<br />
des Lageberichts dar. hier erfolgen verbale Erläuterungen<br />
zum abgelaufenen Geschäftsjahr. Eine mögliche untergliederung<br />
dieses Lageberichtsabschnitts wird im Folgenden<br />
dargestellt.<br />
1. Allgemeine Ausführungen zu gesamtwirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen, Entwicklungen in der Branche<br />
sowie Darstellung der eigenen Geschäftstätigkeit<br />
unter diesem Gliederungspunkt sollte eine kurze Darstellung<br />
der Geschäftstätigkeit (in welcher Branche ist die Gesellschaft<br />
tätig?) sowie der Größe der Gesellschaft (über wie viele Betten/Plätze<br />
wird verfügt?) als Einleitung erfolgen. Daran anschließend<br />
sollte kurz auf die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
eingegangen werden (was war prägend für die<br />
Gesamtwirtschaft im abgelaufenen Jahr?) sowie auf die Entwicklungen<br />
in der Branche, in der die Geschäftstätigkeit ausgeübt<br />
wird. nach diesen etwas allgemeineren vorbemerkungen<br />
erfolgt dann die Überleitung auf das konkrete unternehmen.<br />
hier werden zunächst Angaben zur Belegungsentwicklung im<br />
abgelaufenen Geschäftsjahr erwartet, bevor dann Erläuterungen<br />
zur vermögens-, Finanz- und Ertragslage erfolgen.<br />
2. Darstellung der Vermögenslage<br />
Bei den Ausführungen zur vermögenslage sollte die vermögens-<br />
und Kapitalstruktur kurz dargestellt und analysiert werden<br />
(z. B. im vergleich zum vorjahr, zu Branchendurchschnitten,<br />
zur Planung o. Ä.). In diesem Berichtsabschnitt sind die<br />
höhe und die Zusammensetzung des vermögens darzustellen<br />
und wesentliche Abweichungen gegenüber dem vorjahr anzugeben<br />
und zu erläutern. In den Bericht über die vermö-<br />
01<br />
11
genslage sollten ferner Angaben zur Investitions- und Abschreibungspolitik<br />
sowie zu wesentlichen stillen Reserven<br />
auf genommen werden. Ebenso wäre es darzustellen, wenn<br />
die bilanzierten vermögenswerte in Einzelfällen über den verkehrswerten<br />
liegen; auf die Gefahr eines außergewöhnlichen<br />
künftigen werteverzehrs sollte hingewiesen werden. Empfohlen<br />
werden auch Angaben zu nicht betriebsnotwendigem vermögen.<br />
hierbei sollten ausgewählte Kennzahlen in die Analyse<br />
mit einbezogen werden (z. B. die Darstellung und Analyse<br />
einer Eigenkapitalquote oder einer Anlagendeckung).<br />
3. Darstellung der Finanzlage<br />
Die Kommentierung der Finanzlage sollte auf Liquiditätsgrade<br />
und einen generierten Cashflow eingehen. Insbesondere im<br />
Fall einer kritischen finanziellen Situation müssen die ursachen<br />
dargestellt und erläutert werden. Mögliche Liquiditätsrisiken<br />
für die kommenden Jahre müssen in diesem Fall im Rahmen<br />
der Prognoseberichterstattung nochmals aufgegriffen werden.<br />
Die Kapitalstruktur des unternehmens ist getrennt nach internen<br />
und externen Finanzierungsquellen darzustellen, ferner sind<br />
die veränderungen zu erläutern. Dabei sind wesent liche Konditionen<br />
der verbindlichkeiten (z. B. Art, Fälligkeit, Zinsstruk tur)<br />
anzugeben und Aussagen zu zugesagten, nicht ausgenutz ten<br />
Kreditlinien zu treffen. Rückstellungen sind zu erläutern, sofern<br />
sie von wesentlicher Bedeutung für die Kapitalstruktur oder<br />
-ausstattung sind. um Doppelangaben zu vermeiden, dürfen<br />
Angaben entfallen, die bereits im Anhang enthalten sind.<br />
Aus diesen stichtagsbezogenen Angaben sind Kenn zahlen<br />
über die Finanzierungsstruktur anzugeben.<br />
4. Darstellung der Ertragslage<br />
nach § 289 Abs. 1 hGB ist der Geschäftsverlauf einschließlich<br />
des Geschäftsergebnisses darzustellen. Der Begriff „Geschäftsergebnis“<br />
ist nicht gesetzlich definiert. nach der Auffas-<br />
01<br />
11<br />
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
sung des IDw (Institut der wirtschaftsprüfer in Deutschland e.<br />
v.) ist das Jahresergebnis im Sinne von § 275 Abs. 2 nr. 20<br />
hGB zu Grunde zu legen und insbesondere auf die darin eingeflossenen<br />
Ergebniskomponenten und -strukturen einzugehen.<br />
Bereinigungen des Jahresergebnisses um ungewöhnliche<br />
oder außerordentliche Einflüsse (z. B. hohe positive Ergebnisbeiträge<br />
aus Grundstücksverkäufen oder Ausgleichsbeträge<br />
für frühere Geschäftsjahre oder Abfindungen) werden im Rahmen<br />
der Erläuterung der Ertragslage erwartet.<br />
neben der Darstellung außerordentlicher vorgänge (einschließlich<br />
Bewertungsänderungen, z. B. bei Rückstellungen<br />
oder wertberichtigungen) mit Auswirkungen auf das Jahresergebnis<br />
sind die Gründe für wesentliche veränderungen der<br />
einzelnen Bereichsergebnisse anzugeben. In die Analyse sind<br />
wesentliche finanzielle Leistungsindikatoren einzubeziehen,<br />
d. h. Kennzahlen, die auch für die Abschlussanalyse verwendet<br />
werden. Allgemeine Kennzahlen zur Rentabilität (Eigenkapitalrentabilität,<br />
umsatzrentabilität, EBITDA) erhalten dabei<br />
zunehmend auch bei gemeinnützigen, nicht gewinnorientierten<br />
Einrichtungen an Bedeutung, da der Investitionsbedarf<br />
zunehmend aus der Innenfinanzierung gedeckt werden muss.<br />
Bei der Analyse sollte zwischen preis- und mengenbedingten<br />
Einflüssen unterschieden werden, z. B. bei Energiekosten zwischen<br />
Preisänderungen und Änderungen der Bezugsmengen<br />
oder bei der Entwicklung der Personalkosten zwischen Änderungen<br />
der vergütungsstrukturen oder Sozialabgaben und<br />
Änderungen des Personaleinsatzes.<br />
Ebenso sollte eine Analyse der Ergebnisquellen, auch anhand<br />
der wichtigsten internen finanziellen Leistungsindikatoren (d. h.<br />
anhand welcher Kennzahlen wird das unternehmen intern gesteuert?)<br />
erfolgen:<br />
Krankenhaus Stationäre Pflege Behindertenhilfe<br />
Fallzahl Heimplätze Plätze in den wesentlichen Einrichtungen<br />
CM-Punkte Auslastung Jeweilige Auslastung<br />
Verweildauer Abrechnungstage Wesentliche Entgeltsätze<br />
Casemix-Index Pflegekennziffer Durchschnittlicher WfbM-lohn<br />
Mitarbeiter (Vollkräfte Jahresdurchschnitt)<br />
Umsatz (T€)<br />
Jahresergebnis (T€)<br />
Personal- und Materialaufwandsquote (in %)<br />
Personalkosten je Vollkraft (in T€)<br />
Kostendeckungsgrad (Betriebserträge:Betriebsaufwendungen x 100 %)<br />
EBITDA (in % vom Umsatz)<br />
EBIT (in % vom Umsatz)<br />
Eigenkapitalquote (in % der Bilanzsumme)<br />
liquidität 2. Grades [(liquide Mittel + kurzfristige Forderungen):kurzfristiges Fremdkapital x 100 %]<br />
liquiditätsreserve in Tagen [(kurzfristiges Vermögen – kurzfristiges Fremdkapital) x 365:(Personal- + Sachaufwendungen)]<br />
5
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
6<br />
Rahmenbedingungen<br />
5. Ergänzende Darstellungen<br />
Erläuterungen zu den Bereichen Investitionen und Personal<br />
können diese Aussagen ergänzen. Sollten sich im abgelaufenen<br />
Geschäftsjahr sonstige wichtige vorgänge wie z. B. Änderungen<br />
in der Rechtsform, veränderungen in der Gesellschafterstruktur,<br />
Schließung einzelner Abteilungen, Abschluss oder<br />
Beendigung wichtiger verträge oder Rechtstreitigkeiten ergeben<br />
haben, so ist auch hierüber im Lagebericht zu informieren.<br />
Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem<br />
Schluss des Geschäftsjahres<br />
Sollten sich die eben beschriebenen vorgänge erst nach dem<br />
31. Dezember, aber noch vor der Aufstellung des Lageberichts<br />
ergeben haben, so ist unter dieser Überschrift darüber<br />
zu berichten. Obwohl negativangaben im Lagebericht grundsätzlich<br />
nicht erforderlich sind, ist es für den Fall, dass keine<br />
besonderen vorgänge nach dem Schluss des Geschäftsjahres<br />
eingetreten sind, wünschenswert, hier eine Ausnahme zu machen<br />
und explizit anzugeben, dass es derartige vorgänge<br />
nicht gegeben hat.<br />
Es handelt sich um solche vorgänge, die – wenn sie bereits<br />
vor dem Bilanzstichtag eingetreten wäre – die wirtschaftliche<br />
Lage des unternehmens beeinflusst hätten. Beispiele für derartige<br />
vorgänge sind:<br />
• wesentliche veränderungen des Krankenhausbudgets auf<br />
Grund von Leistungsänderungen (Krankenhaus),<br />
• Änderungen der Chefarztbesetzungen, wenn damit erhebliche<br />
Kostenänderungen verbunden sind (Krankenhaus),<br />
• Kündigungen von verträgen, die zu erheblichen Abfindungszahlungen<br />
führen,<br />
Krankenhaus Stationäre Pflege Behindertenhilfe<br />
Gesamtwirtschaftliche lage auf dem Gesundheits- und Pflegesektor<br />
(finanzielle lage der Kostenträger)<br />
Konjunktur Konjunkturelle Unabhängigkeit (Ausnahmen WfbM, Integrationsunternehmen)<br />
Branchenwachstum 1–2 % 1–2 % 2 %<br />
Änderungen rechtliche Rahmenbedingungen<br />
Chancen und Risiken<br />
Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
(Bundes- und landesrecht)<br />
Demografische Entwicklung<br />
Betriebskostenfinanzierung<br />
Finanzierung Investitionsbedarf<br />
Mangel qualifizierter Fachkräfte<br />
Finanzsituation öffentliche Hand als Kostenträger<br />
Neue Versorgungsangebote<br />
Ambulantisierung<br />
• Inbetriebnahme eines Großgeräts (Krankenhaus),<br />
• Belegungsstopp nach MDK-Prüfung (Medizinischer Dienst<br />
der Krankenversicherung) (Altenhilfe),<br />
• Insolvenz eines wesentlichen Kunden der wfbM (Behindertenhilfe)<br />
Prognosebericht<br />
Der wohl schwierigste Teil der Lageberichterstattung sind die<br />
Ausführungen zur voraussichtlichen Entwicklung der Gesellschaft<br />
in den nächsten ein bis zwei Jahren. Der Gesetzgeber<br />
erwartet hier Aussagen zu den wesentlichen Chancen und Risiken<br />
des unternehmens unter Erläuterung der zu Grunde liegenden<br />
Annahmen. hierbei geht es darum, strategische<br />
Zielsetzungen zu nennen, eine Einschätzung der konjunkturellen<br />
und rechtlichen Rahmenbedingungen vorzunehmen sowie<br />
einen Ausblick auf die voraussichtliche Geschäftsentwicklung<br />
– im Idealfall unterstützt durch prospektive Kennzahlenberechnungen<br />
und Erwartungen hinsichtlich der vermögens-, Finanz-<br />
und Ertragslage – zu geben.<br />
Bei der Berichterstattung über die Risiken ist zwischen bestandsgefährdenden<br />
Risiken und anderen wesentlichen Risiken<br />
zu unterscheiden. während für bestandsgefährdende Risiken<br />
ein Prognosezeitraum von einem Jahr ausreicht, ist für die anderen<br />
wesentlichen Risiken in der Regel ein Zeitraum von zwei<br />
Jahren zu Grunde zu legen. Die Prognosezeiträume sollten im<br />
Bericht ausdrücklich benannt werden; empfehlenswert ist es<br />
auch, auf die Prognoseunsicherheiten im Risiko- und Prognosebericht<br />
hinzuweisen.<br />
01<br />
11
Auf bestandsgefährdende Risiken ist unter Angabe der Gründe<br />
oder Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Risikos<br />
besonders hinzuweisen. Der Fortbestand kann z. B. gefährdet<br />
werden durch<br />
• eine drohende herausnahme des Krankenhauses aus dem<br />
Krankenhausplan,<br />
• fehlende Finanzkraft für notwendige Instandhaltungen,<br />
Modernisierungen und gesetzliche Anforderungen (heimgesetz)<br />
• dauerhafte verluste, die vom Gesellschafter nicht ausgeglichen<br />
werden, und<br />
• einen drohenden Kreditentzug oder eine Kürzung von Kreditlinien.<br />
Zur Darstellung der erwarteten Risiken sind diese in geeigneten<br />
Kategorien zusammenzufassen. Die Auswirkungen<br />
möglicher umfeld- oder branchenbezogener Risiken (z. B. Auswirkungen<br />
gesetzgeberischer Änderungen), unternehmensstrategischer<br />
und leistungswirtschaftlicher Risiken (z. B. Risiken<br />
im Zusammenhang mit veränderungen des Leistungsangebots),<br />
von Marktrisiken (Änderungen des Leistungsangebots<br />
der Konkurrenten im Einzugsbereich des Krankenhauses oder<br />
der Pflegeeinrichtung), von Risiken im Personalbereich (z. B.<br />
tarifliche Änderungen, Probleme bei der Besetzung einer<br />
Chefarztstelle), von Risiken im Finanzierungsbereich (z. B. Änderung<br />
des Zinsniveaus, wegfall von Kreditlinien) sowie sonstiger<br />
Risikopotenziale sind zu untersuchen und, sofern sie einen<br />
wesentlichen Einfluss auf die Ertrags-, Finanz- und vermögenslage<br />
haben, darzustellen.<br />
Organisation der Erstellung<br />
nach § 264 Abs. 1 hGB haben die gesetzlichen vertreter einer<br />
Kapitalgesellschaft den Lagebericht aufzustellen. Der Lagebericht<br />
soll den Adressaten die Sicht der unternehmensleitung<br />
vermitteln.<br />
Obgleich viele Informationen aus mehreren Bereichen (Rechnungswesen,<br />
Personalwesen, Patienten- oder Bewohnerverwaltung,<br />
medizinische Bereiche, Technik) in den Lagebericht<br />
einfließen und hierfür mehrere Organisationseinheiten des<br />
unternehmens tätig sein müssen, muss es aus den oben angegebenen<br />
Gründen der unternehmensleitung vorbehalten<br />
bleiben, diese Daten und Informationen zumindest als „Projektleitung“<br />
zum Lagebericht zusammenzuführen. Dies gilt<br />
umso mehr, als wesentliche prospektive Bestandteile des Lageberichts<br />
nur von der unternehmensleitung sachgerecht bearbeitet<br />
werden können.<br />
Dabei können wesentliche Bestandteile des Lageberichts (z. B.<br />
Risikobericht, Prognosebericht, nachtragsbericht) bereits vor<br />
der endgültigen Erstellung des Jahresabschlusses erarbeitet<br />
und dann um die sich aus dem Jahresabschluss ergebenden<br />
Daten und Analysen ergänzt und gegebenenfalls korrigiert<br />
werden.<br />
01<br />
11<br />
FAZIT<br />
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
Die Aufstellung des Lageberichts ist eine komplexe Aufgabe.<br />
neben vergangenheitsbezogenen Daten sind auch<br />
zukunftsbezogene Daten für das unternehmen in den Lagebericht<br />
mit aufzunehmen. Diese umfassende Datensammlung<br />
erfordert das Zusammenarbeiten mehrerer Abteilungen.<br />
Die erforderlichen Daten sollten daher strukturiert<br />
und frühzeitig bei den eingebundenen Betroffenen abgefragt<br />
werden.<br />
Alexandra Gabriel<br />
wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Leiterin Grundsatzabteilung<br />
Tel. 02 11/68 87 59-39<br />
alexandra.gabriel@curacon.de<br />
Friedrich Lutz<br />
wirtschaftsprüfer/Steuerberater<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Geschäftsführer<br />
Tel. 07 11/2 55 87-0<br />
friedrich.lutz@curacon.de<br />
Jan Grabow<br />
wirtschaftsprüfer/Steuerberater<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Geschäftsführer<br />
Tel. 02 11/68 87 59-0<br />
jan.grabow@curacon.de<br />
7
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
8<br />
E-Bilanz versus Pflegebuchführungsverordnung<br />
In <strong>Curacontact</strong> 04/2010 wurde bereits über die Auswirkungen der E-Bilanz auf Non-Profit-Unternehmen ausführlich<br />
berichtet. Als Fazit dieser Ausführungen ist festzuhalten, dass die Verpflichtung zur Übermittlung der E-Bilanz grundsätzlich<br />
alle bilanzierenden Unternehmen – unabhängig von Branche, Rechtsform oder Größe – betrifft. Die mit<br />
Schreiben vom 31. August 2010 veröffentlichten Taxonomieentwürfe beachten zwar verschiedene Rechtsformen,<br />
jedoch nicht die Besonderheiten von Non-Profit-Unternehmen, die zum Beispiel nach der Pflege- oder Krankenhausbuchführungsverordnung<br />
Rechnung legen. Diese Diskussion wird im nachfolgenden Beitrag zum Anlass genommen,<br />
darzulegen, wann Gesellschaften, insbesondere Kapitalgesellschaften, die besonderen Rechnungslegungsvorschriften<br />
der Pflegebuchführungsverordnung (PBV) anzuwenden haben.<br />
PFLEGEBuChFÜhRunGSvERORDnunG · hAnDELSREChT · REChnunGSLEGunGSvORSChRIFTEn · PFLEGEEInRIChTunGEn ·<br />
JAhRESABSChLuSS<br />
Grundlagen der PBV<br />
Mit Einführung der Pflegeversicherung durch das Elfte Buch<br />
Sozialgesetzbuch (SGB XI) wurde die Rechtsgrundlage für die<br />
PBv geschaffen. Sie regelt verbindlich die Art der Finanzbuchführung,<br />
Bilanzierung und Betriebsabrechnung für Pflegeeinrichtungen,<br />
die einen versorgungsvertrag mit den Kostenträgern<br />
im Sinne des SGB XI abgeschlossen haben.<br />
Pflegeeinrichtungen im Sinne der PBv sind ambulante Pflegeeinrichtungen<br />
(Pflegedienste) sowie teilstationäre und vollstationäre<br />
Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime).<br />
Anwendungsbereich<br />
Die Rechnungs- und Buchführungspflichten von Pflegeeinrichtungen<br />
regeln sich unabhängig von<br />
Rechtsform und Kaufmannseigenschaft<br />
im Sinne des hGB nach der PBv. wer-<br />
den von einer zugelassenen Pflegeeinrichtung<br />
neben Leistungen nach dem<br />
SGB XI andere Sozialleistungen (gemischte<br />
Einrichtung) erbracht, so sind<br />
die besonderen Pflichten nach der PBv<br />
auf die Leistungen beschränkt, für die<br />
sie nach dem SGB XI als Pflegeeinrichtung<br />
zugelassen ist. Bei diesen anderen<br />
Sozialleistungen kann es sich beispielsweise<br />
um Leistungen in der Pflegestufe<br />
A/0 oder um Leistungen nach dem SGB<br />
v (mobile Pflege) handeln. Daneben<br />
können auch andere Leistungen, z. B. in<br />
Form eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs<br />
(öffentliche Cafeteria), dazu<br />
führen, dass es sich bei einer Pflegeeinrichtung um eine gemischte<br />
Einrichtung handelt.<br />
Jahresabschluss<br />
Der Jahresabschluss einer Pflegeeinrichtung besteht aus Bilanz,<br />
Gewinn- und verlustrechnung, Anhang, Anlagen- und<br />
Fördernachweis. Diese sind jeweils nach den in der Anlage<br />
zur PBv enthaltenen Mustern zu gliedern.<br />
”<br />
Pflegeeinrichtungen in der<br />
Rechtsform einer Kapitalgesellschaft<br />
können auf die<br />
Aufstellung eines separaten<br />
HGBAbschlusses verzichten,<br />
wenn sie stattdessen<br />
einen befreienden PBV<br />
Abschluss erstellen.<br />
“<br />
Konkurrierendes Recht für gemischte Einrichtungen<br />
in Form einer Kapitalgesellschaft?<br />
In der vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass verunsicherung<br />
über die geltenden Rechnungslegungsvorschriften<br />
besteht, wenn gemischte Einrichtungen in der Rechtsform<br />
einer Kapitalgesellschaft betrieben werden.<br />
Für Kapitalgesellschaften gelten die allgemeinen vorschriften<br />
des Dritten Buches des hGB (§§ 238 – 263 hGB) sowie die<br />
ergänzenden vorschriften für Kapitalgesellschaften (§§ 264<br />
– 335 hGB). Dies bedeutet, dass Kapitalgesellschaften<br />
grundsätzlich immer einen Jahresabschluss nach den vorschriften<br />
des hGB zu erstellen haben. Zusätzlich muss für diese<br />
Gesellschaften für den Bereich, mit<br />
dem sie unter die vorschriften des SGB<br />
XI fallen, ein Jahresabschluss nach den<br />
vorschriften der PBv erstellt werden. Für<br />
gemischte Einrichtungen bedeutet dies<br />
streng genommen, dass sie einen „Teilabschluss“<br />
für den Bereich der erbrachten<br />
Pflegeleistungen sowie einen „Gesamtabschluss“<br />
für den Rechtsträger<br />
insgesamt erstellen müssen.<br />
Allerdings besteht unter bestimmten voraussetzungen<br />
zur vermeidung der Aufstellung<br />
von zwei Jahresabschlüssen gemäß<br />
§ 8 Abs. 1 PBv das wahlrecht für<br />
Pflegeeinrichtungen, die Kapitalgesellschaften<br />
sind: Auch für Zwecke des<br />
handelsrechts bei der Aufstellung, Feststellung<br />
und Offenlegung des Jahresabschlusses können die<br />
Gliederungsvorschriften des hGB für die Bilanz und die Gewinn-<br />
und verlustrechnung außer Acht gelassen werden. Sehen<br />
sie von der Anwendung der vorschriften des hGB ab, so<br />
haben sie bei der Aufstellung, Feststellung und Offenlegung<br />
die Bilanz nach Anlage 1, die Gewinn- und verlustrechnung<br />
nach Anlage 2 und den Anlagennachweis nach Anlage 3a<br />
zur PBv zu gliedern. Die im Anlagennachweis vorgeschriebe-<br />
01<br />
11
nen Angaben sind auch für den Posten „Immaterielle vermögensgegenstände“<br />
und jeweils für die Posten des Finanzanlagevermögens<br />
zu machen. Dies bedeutet zusammenfassend,<br />
dass Pflegeeinrichtungen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft<br />
auf die Aufstellung eines separaten hGB-Abschlusses<br />
verzichten können, wenn sie stattdessen einen befreienden<br />
PBv-Abschluss erstellen. Für gemischte Einrichtungen ist diese<br />
Erleichterung nicht zulässig, wenn die nicht unter das SGB XI<br />
fallenden Leistungen ein gewisses volumen ausmachen.<br />
Aufstellungserleichterungen<br />
nach dem hGB bestehen für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften<br />
in den §§ 266 Abs. 1 Satz 3, 276 hGB diverse<br />
Aufstellungserleichterungen. wird das wahlrecht der Aufstellung<br />
eines PBv-Abschlusses auch für Zwecke des<br />
handelsrechts in Anspruch genommen, bestehen diese Aufstellungserleichterungen<br />
nicht. Der PBv-Abschluss muss ungekürzt<br />
aufgestellt werden.<br />
Prüfungspflicht<br />
Pflegeeinrichtungen, die Kapitalgesellschaften sind und die<br />
mindestens die Größenkriterien für mittelgroße Kapitalgesellschaften<br />
(Bilanzsumme > 19.250 Euro; umsatzerlöse ><br />
38.500 Euro; im Jahresdurchschnitt > 250 Arbeitnehmer) erfüllen,<br />
müssen nach § 316 Abs. 1 hGB ihren Jahresabschluss<br />
– bestehend aus Bilanz, Gewinn- und verlustrechnung, Anhang<br />
und Lagebericht – durch einen Abschlussprüfer prüfen<br />
lassen. Die Prüfungspflicht bezieht sich auf den handelsrechtlichen<br />
Jahresabschluss. Entscheidet sich eine gemischte<br />
Einrichtung in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft für die<br />
Aufstellung und Prüfung eines rein handelsrechtlichen Jahresabschlusses,<br />
muss sie für Zwecke der PBv einen zweiten Abschluss<br />
nach den speziellen Rechnungslegungsvorschriften der<br />
PBv für den Bereich, mit dem sie unter die PBv fällt, erstellen<br />
können. Dies kann in der Praxis z. B. durch hinterlegung einer<br />
zweiten Zeilensteuerung ermöglicht werden. Dieser zweite<br />
Abschluss ist jedoch nicht prüfungspflichtig, da sich hierzu<br />
keine vorschriften in der PBv finden.<br />
In analoger Anwendung der für die KhBv entwickelten vorschriften<br />
und vorgehensweisen erfolgt bei Pflegeeinrichtungen<br />
in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft die Erteilung des<br />
Bestätigungsvermerks zum Jahresabschluss für die Zwecke des<br />
handelsrechts grundsätzlich nach den allgemeinen vorschriften<br />
des § 322 hGB. Dies gilt unabhängig von der Ausübung<br />
des wahlrechts nach § 8 Abs. 1 PBv. Soll der für Zwecke der<br />
PBv aufgestellte Jahresabschluss auch als prüfungspflichtiger<br />
Jahresabschluss herangezogen werden (an Stelle eines hGB-<br />
Abschlusses), so ist dies grundsätzlich möglich. Auch für diesen<br />
PBv-Jahresabschluss ist ein Bestätigungsvermerk nach den<br />
Grundsätzen des IDw PS 400 zu erteilen. Dies allerdings mit<br />
der Maßgabe, dass im Bestätigungsvermerk darauf verwiesen<br />
wird, dass der Jahresabschluss für die Zwecke der PBv nach<br />
den vorschriften der PBv aufgestellt wurde. Die Bestätigung<br />
der vermittlung eines unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger<br />
Buchführung den tatsächlichen verhältnissen<br />
entsprechenden Bildes der vermögens-, Finanz- und Ertragslage<br />
setzt die Einhaltung des auch für diesen PBv-Jahresab-<br />
01<br />
11<br />
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
schluss zu beachtenden § 264 Abs. 2 hGB voraus. Die Bestätigung<br />
eines sogenannten „True and fair view“ im<br />
PBv-Jahresabschluss wird vielfach kritisch gesehen, da insbesondere<br />
im Anhang durch den fehlenden verweis in der PBv<br />
auf die Geltung des § 285 hGB viele wichtige Angaben nicht<br />
enthalten sind.<br />
Ausblick:<br />
Abschaffung der Pflegebuchführungsverordnung<br />
Durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz ist die Abschaffung<br />
der PBv als verbindliche Maßgabe und deren Ersatz durch<br />
eigens geschaffene Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung<br />
initiiert worden. weitere umsetzungsschritte sind bisher<br />
nicht erfolgt. Eine Abschaffung kann jedoch nicht als entbürokratisierend<br />
oder die wirtschaftlichkeit fördernd angesehen<br />
werden. wünschenswert wäre eine harmonisierung mit der<br />
KhBv.<br />
FAZIT<br />
Für Pflegeeinrichtungen, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft<br />
geführt werden, ist es nicht unbedingt erforderlich,<br />
zwei unterschiedliche Jahresabschlüsse für Zwecke<br />
der PBv und des hGB aufzustellen und prüfen zu lassen.<br />
Alexandra Gabriel<br />
wirtschaftsprüferin/Steuerberaterin<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Leiterin Grundsatzabteilung<br />
Tel. 02 11/68 87 59-39<br />
alexandra.gabriel@curacon.de<br />
9
INTERVIEW IntervIew<br />
10<br />
Privat und kirchlich – kann das gut gehen?<br />
Eine der größten Veränderungen in der deutschen Krankenhauslandschaft des vergangenen Jahres fand in<br />
Schwarzenbruck bei Nürnberg statt: Der private Krankenhausträger Sana Kliniken AG hat im Rahmen eines Bieterverfahrens<br />
den Zuschlag für den Erwerb des kirchlichen Krankenhauses Rummelsberg erhalten. Für viele war sowohl<br />
der Verkauf des großen orthopädischen Fachkrankenhauses selbst als auch das Ergebnis des Prozesses eine Überraschung.<br />
Die beiden Unternehmenslenker Harald Frei, Geschäftsführer der Rummelsberger Dienste für Menschen<br />
g<strong>GmbH</strong> (RDM), und Dr. Michael Philippi, Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken AG, berichten in einem Interview<br />
über ihre Erfahrungen.<br />
?<br />
?<br />
?<br />
Herr Frei, warum haben sich die Rummelsberger<br />
zum Verkauf ihres Kranken hauses entschlossen?<br />
Frei: um die Zukunftsfähigkeit der gesamten Rummelsberger<br />
Gruppe zu wahren, wollen wir uns auf unsere gewachsenen<br />
Kernkompetenzen konzentrieren: die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,<br />
älteren Menschen und Menschen mit Behinderung.<br />
Entscheidend aber war für uns, dass das Krankenhaus Rummelsberg<br />
weiterhin eine hochwertige Medizin anbieten kann und<br />
damit auch seine Arbeitsplätze gesichert sind. wegen des<br />
tiefgreifenden wandels im Gesundheitswesen und notwendiger<br />
Investitionen stand die Klinik zudem vor großen herausforderungen.<br />
Daher war der verkauf an einen anderen kompetenten<br />
Krankenhausträger die logische Option. wir sind überzeugt,<br />
dass die Sana Kliniken AG als ein spezialisierter Anbieter die<br />
herausforderungen künftig am besten meistern kann.<br />
War das eine einfache Entscheidung für die<br />
Rummelsberger ?<br />
Frei: Die Entscheidung ist uns definitiv nicht leichtgefallen. Das<br />
Krankenhaus Rummelsberg hat bundesweit eine überaus positive<br />
Reputation als orthopädische und neurologische Fachklinik<br />
und besitzt im unserem Diakoniewerk auch eine lange Tradition.<br />
Für das Krankenhaus waren 2007 und 2008 schwierige Jahre,<br />
aber mit unserem Zukunftskonzept konnten wir auf der Kosten-<br />
und Erlösseite bereits im Jahr 2009 positive Auswirkungen erzielen.<br />
Trotzdem waren und sind wir überzeugt, dass die Entscheidung,<br />
die Klinik zu verkaufen, richtig war. Denn der verkauf<br />
war für alle Beteiligten ein Gewinn. wir können uns auf unsere<br />
strategischen Kerngebiete konzentrieren, die Mitarbeitenden<br />
haben einen sicheren Arbeitsplatz, die medizinische Kompetenz<br />
bleibt in der Region und Sana erhält ein hochrenommiertes<br />
Krankenhaus.<br />
Herr Dr. Philippi, was hat die Sana Kliniken AG<br />
besonders am Krankenhaus Rummelsberg gereizt?<br />
Dr. Philippi: Das Rummelsberger Krankenhaus in Schwarzenbruck<br />
ist seit vielen Jahren als eine der anerkanntesten Einrichtungen<br />
in der Orthopädie bekannt. Da wir in diesem Fachbereich<br />
einen Schwerpunkt im verbund haben und zu den größten<br />
Anbietern orthopädischer Leistungen in Deutschland gehören,<br />
war es ein großes Anliegen, Partner der Rummelsberger zu<br />
werden . hinzu kommt, dass die Einrichtung eine sinnvolle Ergänzung<br />
zu unseren häusern in Bayern darstellt, die teilweise<br />
ähnliche Schwerpunkte haben. So können wir große Synergie-<br />
effekte realisieren, die auch dem Krankenhaus Rummelsberg zugute<br />
kommen.<br />
?<br />
?<br />
Welche großen Herausforderungen hatten Sie im<br />
Rahmen des Verkaufsprozesses zu bewältigen?<br />
Frei: Die zeitliche Komponente war im nachhinein die größte<br />
herausforderung. Seit der Bekanntgabe der verkaufsoption im<br />
Januar 2010 erlebten wir bei den Mitarbeitenden, bei den Patienten,<br />
bei den Zuweisern und auch in unseren anderen hilfefeldern<br />
eine zunehmende unruhe. Diese Phase der unsicherheit<br />
wollten wir so kurz wie möglich halten. Daher war es von Anfang<br />
an klar, schnellstmöglich zu belastbaren und transparenten<br />
Ergebnissen zu gelangen. hier wurde mit externer unterstützung<br />
ein enger Zeitplan aufgestellt und eingehalten und Entscheidungen<br />
wurden gut vorbereitet. unsere Gremien waren mit<br />
dieser Begleitung sehr gut vorbereitet und konnten Ende Juli<br />
2010 die notwendigen Beschlüsse fassen. natürlich ist aber<br />
auch die Situation eines „historisch gewachsenen“ Grundbuchs<br />
und die Suche nach unterschiedlichsten vertragsunterlagen,<br />
Dokumenten und Listen für den Datenraum ein nicht zwingend<br />
langweiliger vorgang, wenn ein Krankenhaus einmal 30 Jahre<br />
in Betrieb ist.<br />
Dr. Philippi: Für uns war es von großer Bedeutung, Sana nicht<br />
als Käufer, sondern als Partner zu präsentieren, obwohl wir<br />
100 % der Gesellschaftsanteile übernommen haben. Dies hat<br />
eigene Anforderungen an die vertragsverhandlungen zur Folge<br />
gehabt. Besonders sind die getroffenen vereinbarungen hervorzuheben,<br />
die den Charakter der Kirchlichkeit und Spiritualität im<br />
Krankenhaus dauerhaft garantieren. Außerdem ist es uns gelungen,<br />
die verbindung zum bisherigen Träger auch im operativen<br />
Geschäft zu erhalten, etwa durch vereinbarungen bei wichtigen<br />
Dienstleistungen.<br />
Wie sind Sie mit den Sorgen der Mitarbeitenden<br />
umgegangen ?<br />
Frei: Die Sicherung der betroffenen rund 800 Arbeitsplätze im<br />
Landkreis nürnberger Land war eines unserer hauptziele. Das<br />
war auch, nebenbei bemerkt, ein großes Anliegen der regionalen<br />
Politik. Mit der Sana Kliniken AG haben wir einen Käufer<br />
gefunden, der dieses Ziel erfüllte. Alle Mitarbeitenden des Krankenhauses<br />
wurden übernommen, auch die Mitarbeitenden der<br />
Servicegesellschaft, die ausschließlich für die Klinik tätig sind.<br />
Für sie alle wurde eine mehrjährige Arbeitsplatzgarantie vereinbart.<br />
Die Tarife werden fortgeführt und die Zusatzversorgung<br />
01<br />
11
wurde übernommen. Zwei vertreter der Arbeitnehmer und ein<br />
vertreter der Rummelsberger Dienste werden in den Aufsichtsrat<br />
der Klinik entsendet. Die weitreichenden vereinbarungen sehen<br />
wir als Zeichen für das große Interesse an unserem gut ausgebildeten<br />
und hoch motivierten Personal. Bei den Mitarbeiterversammlungen<br />
wurde spürbar, dass dies das Personal des<br />
Krankenhauses ähnlich sieht. Ein guter Start in eine partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit. Außerdem trägt die Übernahme<br />
aller Mitarbeitenden entscheidend dazu bei, das diakonische<br />
Profil in der Klinik zu sichern.<br />
?<br />
?<br />
?<br />
Der größte Teil der Arbeit kommt in der Integrationsphase.<br />
Welche Maßnahmen haben Sie in den<br />
ersten Wochen realisiert und welche Erfahrungen<br />
haben Sie dabei gemacht?<br />
Dr. Philippi: Zunächst war es wichtig, den Mitarbeitern eine<br />
Zukunftsperspektive zu geben und damit Sicherheit und vertrauen<br />
zu schaffen. Das ist uns nicht zuletzt auf Grund langfristiger<br />
Beschäftigungs - und Tarifgarantien gelungen. Eine transparente<br />
Kommunikation über unsere Pläne mit den Mitarbeitern gehört<br />
dazu . Parallel haben wir schrittweise damit begonnen, diejenigen<br />
Instrumente und Prozesse einzuführen, mit denen Sana<br />
den Krankenhausalltag vor Ort unterstützen kann. Dazu gehören<br />
beispielsweise innovative Ansätze zum OP-Management<br />
und zur Patientenaufnahme. Derzeit prüfen wir auch die Einführung<br />
zusätzlicher medizinischer Schwerpunkte in den bestehenden<br />
Fachbereichen. Darüber hinaus haben wir die ersten<br />
Investitionen angestoßen. An erster Stelle ist hier die neue zentrale<br />
Sterilisation zu nennen, mit der wir besonders hohe Standards<br />
an das hygienemanagement erfüllen werden. All diese<br />
Maßnahmen werden von den Mitarbeitern sehr positiv aufgenommen.<br />
Es ist Aufbruchstimmung in Rummelsberg.<br />
Dieser Verkauf an einen privaten Träger hat bei<br />
einigen frei gemeinnützigen Trägern Unverständnis<br />
ausgelöst und für viel Gesprächsstoff gesorgt.<br />
Wie bewerten Sie das?<br />
Frei: unter den Bietern waren Interessenten aus allen Bereichen<br />
der Kliniklandschaft. und natürlich war nicht jedem Kritiker klar,<br />
warum wir uns im Bieterverfahren ganz neutral verhalten haben<br />
– ja aus Gründen guter „Corporate Governance“ uns sogar so<br />
verhalten mussten. Auch wenn wir eine Lösung innerhalb unserer<br />
diakonischen heimat präferiert hätten: Entscheidend für uns<br />
war, dass der Käufer alle Kriterien erfüllte, die uns mit Blick auf<br />
die medizinische Zukunft der Klinik, ihr diakonisches Profil und<br />
nicht zuletzt auf die Sicherung der Arbeitsplätze wichtig waren.<br />
Die Sana Kliniken AG als renommierter Klinikbetreiber hatte<br />
das beste Angebot in allen Bereichen. Zu den Bedenken von<br />
manchem: Das diakonische Profil der Kliniken lebt vor allem von<br />
den Mitarbeitenden – und für sie konnten wir eine mehrjährige<br />
Arbeitsplatzgarantie erreichen.<br />
Kirche und privater Konzern – wie kann das in<br />
der Praxis funk tionieren?<br />
Dr. Philippi: Das funktioniert sogar sehr gut! Seit über 25 Jahren<br />
zeigt Sana dies als Mehrheitsgesellschafter gemeinsam mit<br />
den Diakonissen am Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart. Außer-<br />
01<br />
11<br />
?<br />
IntervIew INTERVIEW<br />
dem führen wir das Caritas-Krankenhaus St. Josef in Regensburg.<br />
wenn man sich zu Beginn einer Partnerschaft über die<br />
ge meinsamen Ziele im Klaren ist, wird man immer wege finden,<br />
gemeinsame vorstellungen zu realisieren. Im Übrigen basiert<br />
unsere unternehmensphilosophie auf einer werteorientierung<br />
und nicht, wie dies zuweilen behauptet wird, auf einer ausschließlich<br />
ökonomischen wertorientierung. wir bekennen uns<br />
nachhaltig und nachweislich zu unserer verantwortung für Mitarbeiter,<br />
Sozialwesen und umwelt.<br />
Bleibt eine solche Verbindung eine seltene Ausnahme<br />
oder sehen Sie weitere Anknüpfungspunkte<br />
zwischen privaten und freigemeinnützigen<br />
Trägern ?<br />
Dr. Philippi: Der Krankenhausmarkt ist in starker Bewegung.<br />
Es wird auch in den nächsten Jahren eine aus wirtschaftlichen<br />
Zwängen entstehende Konsolidierung des Marktes zu<br />
beobachten sein. Zwar sehe ich eher Trägerwechsel von öffentlicher<br />
zu privater hand, wir werden aber sicher in Zukunft auch<br />
vermehrt Kooperationen zwischen kirchlichen und privaten<br />
Trägern feststellen. Diese können von einer Zusammenarbeit in<br />
den patientenfernen Diensten, wie z. B. einem gemeinsamen<br />
Einkauf, über die Übertragung der Geschäftsführungsverantwortung<br />
bis hin zu gesellschaftsrechtlichen verknüpfungen gehen.<br />
Im Fokus muss dabei aber meines Erachtens immer stehen,<br />
sich als Partner zu verstehen, die an den gleichen Zielen arbeiten<br />
und unabhängig vom jeweiligen Kooperationsmodell die<br />
Zukunft gemeinsam gestalten.<br />
Harald Frei<br />
Die Rummelsberger Dienste<br />
für Menschen gGmbh<br />
Tel. 0 91 28/50-2428<br />
frei.harald@rummelsberger.net<br />
Die RDM leiten die Tochtergesellschaften der Rummelsberger<br />
Anstalten der Inneren Mission e. v. Insgesamt<br />
5.400 Mitarbeitende setzten sich hier für alte, junge und<br />
behinderte Menschen ein.<br />
Dr. Michael Philippi<br />
Sana Kliniken AG<br />
Tel. 0 89/67 82 04-301<br />
michael.philippi@sana.de<br />
Die Sana Kliniken AG ist die viertgrößte private Klinikgruppe<br />
Deutschlands, deren Ziel eine Spitzenmedizin<br />
mit einem breiten versorgungsangebot ist.<br />
Das Interview wurde geführt von<br />
Matthias Borchers<br />
Leiter Geschäftsbereich Prüfungsnahe Beratung von<br />
Curacon und Projektverantwortlicher im Rahmen des<br />
Transaktionsprozesses des Krankenhauses Rummelsberg<br />
Tel. 02 51/9 22 08-201, matthias.borchers@curacon.de<br />
11
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
12<br />
Aufgeräumt: Portfoliobereinigung bei<br />
Dienstleistungsangeboten<br />
„Größe“ scheint die Antwort auf viele Herausforderungen im Gesundheits- und Sozialwesen zu sein. Angebote von<br />
der ambulanten und stationären Pflege über verschiedene Formen der Behinderten- und Jugendhilfe bis hin zur stationären<br />
Krankenversorgung kennzeichnen die Arbeitsfelder sich bildender oder wachsender Komplexträger. Doch<br />
ein breites Leistungsspektrum verspricht nicht automatisch wirtschaftliche Stabilität. Daher kommt es auf die richtige<br />
Mischung und eine immer wiederkehrende Überprüfung der Tätigkeitsbereiche an.<br />
STRuKTuRIERTE PORTFOLIOAnALySE · PORTFOLIOBEREInIGunG · STRATEGISChES MAnAGEMEnT · unTERnEhMEnSvERKAuF<br />
Ende der Quersubventionierung<br />
vorstandssitzung eines größeren freigemeinnützigen Komplexträgers:<br />
Es geht wieder einmal um die wirtschaftlichkeit zweier<br />
Rehabilitationseinrichtungen. Abgelegen von den hauptstandorten<br />
des Trägers mit großer Entfernung zueinander zeigen sie<br />
erneut deutlich negative Jahresergebnisse. vieles wurde versucht:<br />
neue Rehabilitationskonzepte, wiederholter Austausch<br />
der Führungskräfte, gezielterer Personaleinsatz und Optimierung<br />
der Kostenstruktur – nichts hat nachhaltig geholfen.<br />
Obwohl es sich um Standorte mit jahrzehntelanger Tradition<br />
im unternehmen handelt, muss der vorstand eine gut überlegte<br />
Richtungsentscheidung treffen.<br />
Die dargestellte Entscheidungssituation ist derzeit – unabhängig<br />
von unternehmensgröße und Trägerschaft – so mancherorts<br />
vorzufinden. Die Zeiten, in denen wirtschaftlich dauerhaft<br />
schwächelnde Abteilungen, Einrichtungen oder ganze Geschäftsbereiche<br />
von anderen Einheiten mitgetragen werden<br />
können oder sollten, gehen zu Ende. neben dem wachsenden<br />
wirtschaftlichen und wettbewerblichen Druck, dem die Träger<br />
heute ausgesetzt sind, ist die wachsende Transparenz über<br />
wirtschaftliche Daten einzelner Leistungsbereiche ursächlich<br />
für eine genaue Bewertung des Dienstleistungsportfolios durch<br />
die unternehmensführung.<br />
Portfolioanalyse<br />
Hoch<br />
Strategische Bedeutung<br />
Gering<br />
Fragezeichen<br />
Kennzeichen:<br />
· Kompetenz hat hohe politische oder strategische Relevanz<br />
· Markt- und Leistungsentwicklung ist fraglich<br />
· Aktuell verlustbringer<br />
Strategie:<br />
· Genaue Analyse und Beobachtung<br />
· Abwägung: Ausbau oder Ausstieg<br />
Problemfall<br />
Kennzeichen:<br />
· Keine Kernkompetenz im komplexen Marktumfeld<br />
· Begrenztes wachstum<br />
· Dauerhaft verlustbringer<br />
Strategie:<br />
· Ausstieg bzw. Rückzug<br />
· Abwägung: (Teil-)verkauf oder Schließung<br />
Strukturierte Portfolioanalyse<br />
um seine Leistungsbereiche auf einem objektiven weg strategisch<br />
zu bewerten und entsprechende Maßnahmen abzuleiten,<br />
empfiehlt sich eine pragmatische Portfolioanalyse. Diese<br />
dient dazu, die individuelle Komplexität, die die Leistungsbereiche<br />
bzw. Einrichtungen eines unternehmens umfasst,<br />
zu reduzieren. Auf das Sozial- und Gesundheitswesen übertragen,<br />
sind Teilaspekte für zwei Dimensionen zu untersuchen:<br />
die strategische Bedeutung eines Leistungsbereiches für das<br />
Gesamtunternehmen sowie der Deckungsbeitrag, den der<br />
Leistungsbereich für das unternehmen beisteuert. Folgende<br />
Fragen sind dabei für die untersuchten Einheiten zu betrachten:<br />
Strategische Bedeutung:<br />
• welche strategische, politische oder ethische Bedeutung<br />
hat ein Leistungsbereich für das unternehmen?<br />
• wie entwickelt sich das Marktumfeld des Leistungsbereiches<br />
(lokal und sozialpolitisch)?<br />
• wie ist die wettbewerbssituation zu bewerten?<br />
• wie entwickelt sich die nachfrage in dem Leistungsbereich?<br />
wirtschaftliche Bedeutung:<br />
• welchen Deckungsbeitrag leistet der Bereich für das unternehmen?<br />
Kernkompetenz<br />
Kennzeichen:<br />
· (Anerkannte) Kernkompetenz<br />
· wachstumsfeld mit Zukunftspotenzial<br />
· wirtschaftlich existenzsichernd<br />
Strategie:<br />
· Position sichern und ausbauen<br />
· weiterentwicklung und Spezialisierung<br />
· Einführung von Komplementärangeboten<br />
Cashcow<br />
Kennzeichen:<br />
· Spezialkompetenz in Einzelbereichen<br />
· Begrenztes wachstum<br />
· verschlechterung der Rahmenbedingungen erwartet<br />
Strategie:<br />
· Position sichern und Effizienz sicherstellen<br />
· Abwägen: halten oder aussteigen und veräußerungserlöse einnehmen<br />
Negativ Wirtschaftliche Bedeutung<br />
Positiv<br />
01<br />
11
• welches Potenzial gibt es zur verbesserung der wirtschaftlichen<br />
Situation?<br />
• wie stabil ist die derzeitige wirtschaftliche Situation?<br />
• welche wirtschaftlichen Interdependenzen bzw. Synergieeffekte<br />
gibt es mit anderen Leistungsbereichen?<br />
Beurteilt man die jeweilige Ausprägung eines Leistungsbereiches<br />
in den Dimensionen strategische und wirtschaftliche<br />
Bedeutung anhand dieser Fragestellungen mit gering bzw.<br />
negativ oder hoch bzw. positiv, lassen sich die Leistungsbereiche<br />
in vier Gruppen einteilen (vgl. das Schaubild S. 12). Diese<br />
Einteilung und Darstellung in einer Portfoliomatrix hat sich in<br />
vielen Bereichen als Grundlage für strategische Entscheidungen<br />
bewährt.<br />
Passgenaue Strategie<br />
um die richtigen strategischen Maßnahmen für die einzelnen<br />
Leistungsbereiche ableiten zu können, gilt es, die Bereiche entsprechend<br />
ihrer Ausprägung der Dimensionen in die Portfoliomatrix<br />
einzuordnen. Mit einem „Fragezeichen“ lassen sich<br />
solche Leistungsbereiche ausweisen, die zwar eigentlich eine<br />
hohe strategische Relevanz besitzen, deren Markt- und Leistungsentwicklung<br />
allerdings sehr fraglich ist und die aktuell<br />
wirtschaftliche verluste aufweisen. Diese Einrichtungen sollten<br />
genau analysiert und beobachtet werden, um abzuwägen, ob<br />
ein Ausstieg oder Ausbau dieses Leistungsbereiches sinnvoll<br />
erscheint. Es empfiehlt sich die Definition eines klaren Zeitplanes,<br />
wann hierzu eine Entscheidung fallen soll.<br />
handelt es sich um einen essenziellen Leistungsbereich und ein<br />
wachstumsfeld mit Zukunftspotenzial, das die wirtschaftliche<br />
Existenz des unternehmens insgesamt sichert und auch zukünftig<br />
sichern könnte, wird von einer „Kernkompetenz“ gesprochen.<br />
Diese Position ist mit gezielten Maßnahmen zu sichern<br />
und auszubauen. Letzteres kann beispielsweise durch die<br />
weiterentwicklung, Spezialisierung und/oder die Einführung<br />
von Komplementärangeboten wie z. B. ambulante wohn- und<br />
Betreuungsangebote ergänzend zu stationären Pflegeeinrichtungen<br />
erreicht werden. Manchmal lässt sich beobachten,<br />
dass gerade diese Kernbereiche trotz des vorhandenen wissens<br />
nicht weiterentwickelt werden. In wettbewerbsgeprägten<br />
hilfefeldern gilt auch: Stillstand ist Rückschritt.<br />
Als „Cashcows“ werden die Spezialkompetenzen mit teilweise<br />
hohen wirtschaftlichen Deckungsbeiträgen in Einzelbereichen<br />
bezeichnet, deren wachstum dennoch begrenzt sein könnte<br />
und für die eventuell auch eine verschlechterung der Rahmenbedingungen<br />
zu erwarten ist. hier ist abzuwägen, ob eine<br />
Sicherung dieser Position sinnvoll ist oder ob ein Ausstieg<br />
und die Einnahme von veräußerungserlösen empfehlenswert<br />
erscheinen. In den meisten Fällen gilt es, die wirtschaftlichen<br />
vorteile , solange es geht, auszunutzen.<br />
Als „Problemfälle“ werden letztlich Leistungsbereiche bezeichnet,<br />
die eigentlich keine Kernkompetenz darstellen oder regional<br />
aus dem Kernbereich herausfallen und nur ein begrenztes<br />
wachstum (zumindest im eigenen unternehmen) aufweisen.<br />
Somit scheinen diese dauerhaft zu verlustbringern zu werden,<br />
die schließlich die unternehmensexistenz gefährden können.<br />
Aus diesen Leistungsbereichen sollte – auch wenn das viele<br />
01<br />
11<br />
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
ethische, politische und personelle Fragen aufwerfen kann –<br />
der Ausstieg bzw. Rückzug erfolgen und zwischen einem<br />
(Teil-)verkauf oder einer Schließung abgewogen werden.<br />
Geordneter Rückzug<br />
Man kann auch für das Sozial- und Gesundheitswesen festhalten,<br />
dass eine Bereinigung des Portfolios nichts Ehrenrühriges<br />
oder Anklagbares darstellt. Es gehört zum verantwortungsbereich<br />
des heutigen Managements in Sozialunternehmen dazu,<br />
stets jegliche Form der Entwicklung und weiterentwicklung eines<br />
Leistungsbereiches in Betracht zu ziehen und hierüber im<br />
Sinne des Gesamtunternehmens zu entscheiden. Sollte ein<br />
Leistungsbereich nicht zu den Kernkompetenzen einer Einrichtung<br />
zählen und auf Grund des begrenzten wachstums nicht<br />
bzw. nicht mehr kostendeckend arbeiten, so sollte in jedem<br />
Fall vor einer Schließung als letztem Schritt immer die Möglichkeit<br />
des (Teil-)verkaufs an einen geeigneten Partner geprüft<br />
werden. Durch Abgabe an einen gegebenenfalls kompetenteren<br />
Partner in diesem Leistungsbereich können möglicherweise<br />
Arbeitsplätze besser erhalten werden.<br />
Gerade dieser Aspekt steht im vordergrund der vorstandsentscheidung<br />
für einen verkauf im dargestellten Beispielfall. vieles<br />
spricht dafür, dass regional näher gelegene Spezialisten<br />
im Rehabilitationsbereich die Kliniken enger und kompetenter<br />
führen. Zudem werden sie besser mit den eigenen Bereichen<br />
verzahnt und können sich somit auch wirtschaftlich stabiler<br />
aufstellen. um den richtigen Partner für seine Einrichtungen zu<br />
finden, denn man möchte sich im nachhinein keine vorwürfe<br />
wegen einer Abgabe an den Falschen machen, werden mehrere<br />
Interessenten angesprochen und Angebote eingefordert.<br />
Die Mitarbeitenden werden unmittelbar nach der vorstandsentscheidung<br />
über den geplanten verkauf informiert. Auch<br />
wenn dieses zunächst unsicherheiten auslöst, bietet es den<br />
Mitarbeitenden dennoch eine Perspektive: Sie haben alle die<br />
Probleme in den vergangenen Jahren hautnah miterlebt und<br />
sehen in einem neuen Träger wieder eine Perspektive.<br />
FAZIT<br />
Im Rahmen des strategischen Managements ist es selbstverständlich,<br />
die einzelnen Leistungsbereiche und Einrichtungen<br />
regelmäßig individuell zu betrachten und mit gezielten<br />
Maßnahmen zu steuern. Eine Portfolioanalyse – ob<br />
gedanklich, strukturiert analysiert oder im Rahmen eines<br />
Strategieworkshops erarbeitet – hilft zur Sortierung und<br />
Entscheidungsunterstützung. Entscheidet man sich für eine<br />
Trennung oder Schließung, ist das eine legitime Managemententscheidung.<br />
Ein geordneter Rückzug unterstreicht<br />
das professionelle Management und verhindert Angreifbarkeit<br />
von innen und außen.<br />
Matthias Borchers<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Leiter Geschäftsbereich<br />
Prüfungsnahe Beratung<br />
Tel. 02 51/9 22 08-201<br />
matthias.borchers@curacon.de<br />
13
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
14<br />
Reicher Träger – armer Träger<br />
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des SGB XII im Hinblick auf<br />
Prüfrechte, Offenlegungspflichten und Personalschlüssel<br />
Im November 2010 hat der Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des SGB XII beschlossen. Hintergrund<br />
ist die sogenannte „Maserati-Affäre“ bei der Berliner Treberhilfe. Diese hat nach Ansicht des Bunderates<br />
„verschiedene systematische Probleme im Bereich des sozialhilferechtlichen Vertragsrechts deutlich werden lassen“.<br />
Dies betreffe „zum einen die Durchsetzung von Transparenz der tatsächlichen Aufwendungen der Leistungserbringer,<br />
zum anderen die Möglichkeit, dass der Träger der Sozialhilfe ungerechtfertigt erzielte Gewinne aus der<br />
Nicht erfüllung der Leistungs-, Vergütungs- oder Qualitätsvereinbarung unmittelbar zurückfordern“ könne. Die im<br />
Jahr 2009 deutlich veränderte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Refinanzierung tariflicher Löhne setze<br />
die Erweiterung der Pflichten zur Offenlegung betriebswirtschaftlicher Daten voraus, die nun auch im SGB XII<br />
normiert werden solle. Eine Stellungnahme der Bundesregierung liegt zwischenzeitlich in elektronischer Vorabfassung<br />
vor.<br />
TRAnSPAREnZ DER vERGÜTunGEn · QuALITÄTS- unD wIRTSChAFTLIChKEITSPRÜFunG · PERSOnALSChLÜSSEL ·<br />
MInDERunGSREChTE BEI PFLIChTvERLETZunG SGB XII · OFFEnLEGunG DER vERMöGEnSSITuATIOn<br />
Überblick der im Gesetzesentwurf vorgesehenen Änderungen<br />
Eine wesentliche Änderung stellt die Einführung eines § 78 a<br />
SGB XII über Prüfungen von Inhalt, umfang, Qualität und<br />
wirtschaftlichkeit der vereinbarten Leistungen dar. Diese finden<br />
in angemessenen Zeiträumen oder anlassbezogen statt und<br />
werden durch den Sozialhilfeträger oder durch einen von<br />
diesem beauftragten Dritten durchgeführt. Zudem sollen sie<br />
ausdrücklich unterlagen der Buchführung umfassen. Bisherige<br />
Regelungen, die entsprechende Festlegungen in den Landesrahmenverträgen<br />
nach § 79 SGB XII vorsehen, sollen entfallen.<br />
Damit würde die Kompetenz zur Gestaltung der<br />
Prüfrechte und des verfahrens von den Parteien der Landesrahmenverträge<br />
weg hin zum Gesetzgeber gezogen werden.<br />
Absatz 2 der vorgesehenen neuen Regelung betrifft die Möglichkeit<br />
der „entsprechenden“ Minderung der vereinbarten<br />
vergütung für die Dauer einer Pflichtverletzung, wenn die<br />
Einrichtung ihre verpflichtungen aus den vereinbarungen nach<br />
§ 75 Abs. 3 SGB XII nicht oder teilweise nicht einhält.<br />
Eine weitere geplante Änderung ist die Einfügung eines Satzes<br />
2 in § 76 Abs. 1 SGB XII in Bezug auf die Leistungsvereinbarung;<br />
die „Personalausstattung für das Personal, das der<br />
unmittelbaren Förderung und Pflege der Leistungsberechtigten<br />
zu dienen bestimmt ist, soll in Personalschlüsseln festgelegt<br />
werden“. Korrespondierend hierzu soll über eine Änderung<br />
des § 79 Abs. 1 Ziffer 4 SGB XII die Festlegung von Personalschlüsseln<br />
in den jeweiligen Landesrahmenverträgen erfolgen.<br />
Kritik und Folgen der möglichen Gesetzesänderung<br />
Die erbrachten Leistungen sollen mit Einführung eines § 78 a<br />
SGB XII in angemessenen Abständen überprüft werden. Der<br />
Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass dies ermöglichen<br />
soll, regelmäßig oder in Abhängigkeit von vorkommenden<br />
Besonderheiten unterschiede zwischen den Einrichtungen zu<br />
machen. Damit würden aber jährliche Prüfungen nicht eingeführt<br />
werden, wodurch ein Schutz vor unverhältnismäßig<br />
häufig durchgeführten Prüfungen gegeben wäre. Die Prüfung<br />
selbst soll durch den Sozialhilfeträger oder durch einen von<br />
diesem beauftragten Dritten durchgeführt werden. hierzu<br />
ist Folgendes zu bemerken: Leistungs- und vergütungsvereinbarungen<br />
stellen nach allgemein herrschender Meinung<br />
öffentlich-rechtliche verträge dar. Das Prüfrecht wird mithin<br />
einer der vertragsparteien dieses öffentlich-rechtlichen vertrags<br />
übertragen. Dies ist bereits zuvor in der Regel Gegenstand<br />
der Landesrahmenverträge und/oder der Leistungsvereinbarungen<br />
selbst. Dennoch wäre es wünschenswert und<br />
erforderlich, dass bei einer Regelung dieses einer der vertragsparteien<br />
zustehenden Prüfrechts zumindest hinreichend<br />
bestimmte Ausführungen über die weitere Ausgestaltung und<br />
die Angemessenheit im hinblick auf die häufigkeit von Prüfungen<br />
durch das Bundesgesetz getroffen werden. Die Gesetzesbegründung<br />
geht zwar davon aus, dass jährliche Prüfungen<br />
unverhältnismäßig seien. Dies wirft jedoch die weitere Frage<br />
auf, inwieweit hier eine Angleichung von SGB XII und SGB XI<br />
nicht sinnvoll und zweckmäßig ist; denn die bereits vorhandene<br />
Regelung des § 114 Abs. 2 SGB XI sieht vor, dass zugelassene<br />
Pflegeeinrichtungen im Abstand von höchstens<br />
einem Jahr zu prüfen sind. Der Gesetzesbegründung ist ferner<br />
zu entnehmen, dass in den Landesrahmenverträgen nach<br />
§ 79 SGB XII keine Prüfungsvereinbarungen mehr zu treffen<br />
sind. Eingedenk der Tatsache, dass die Ausgestaltung der<br />
Prüfrechte bundesgesetzlich jedoch nicht weitergehend geregelt<br />
ist, erscheint dies aber eher fraglich. Die Parteien des<br />
Landesrahmenvertrags werden gerade wegen der mangelnden<br />
Festlegung von Parametern auf Bundesgesetzebene von<br />
der Möglichkeit Gebrauch machen wollen, das Prüfrecht<br />
konkret auszugestalten.<br />
01<br />
11
Zur Festlegung von Personalschlüsseln in den Landesrahmenverträgen<br />
führt der Bundesrat aus, dass das Fachpersonal den<br />
maßgeblichen Parameter für Qualität und wirtschaftlichkeit<br />
der Leistungen darstellt, da es in der Regel 50 % oder mehr<br />
der Gesamtkosten der Einrichtung ausmache. Deshalb sei es<br />
erforderlich, die Festlegung von Personalschlüsseln gesetzlich<br />
vorzusehen, um so sicherzustellen, dass die Qualität der Leistungen<br />
auch beim Leistungsberechtigten ankomme. ungeachtet<br />
der Tatsache, dass nicht nur Personalschlüssel die Qualität<br />
einer Einrichtung widerspiegeln – an dieser Stelle seien nur<br />
das Qualitätsmanagement, die Ausstattung sowie das Konzept<br />
der Einrichtung erwähnt –, wirft dies wiederum Fragen<br />
auf. Denn es scheint zum jetzigen Zeitpunkt unwahrscheinlich,<br />
durch die Festsetzung von starren Personalschlüsseln der<br />
unterschiedlichkeit der Leistungsspektren der Einrichtungen,<br />
die den verschiedensten Bedürfnissen von Menschen mit Behinderung<br />
Rechnung tragen, gerecht werden zu können. Es<br />
dürfte kaum möglich sein, im Rahmen von abschließend festgelegten<br />
Personalschlüsseln innovativen Angeboten Raum zu<br />
geben oder besondere örtliche Gegebenheiten miteinzubeziehen.<br />
Die Regelung zur Festlegung von Personalschlüsseln<br />
muss mithin ausreichende Flexibilität zulassen; eine öffnungsklausel<br />
in hinblick auf abweichend zu vereinbarende Personalschlüssel<br />
ist unumgänglich.<br />
Die vorgesehene Möglichkeit einer „entsprechenden Minderung“<br />
der vereinbarten vergütung für die Dauer einer verletzung<br />
der verpflichtungen aus den vereinbarungen nach § 75<br />
Abs. 3 SGB XII ist die weitere Konsequenz des gewollten<br />
Prüfrechts und wohl der Absicht geschuldet, nicht einen<br />
„zahnlosen Tiger“ zu schaffen. In der vorliegenden Entwurfsfassung<br />
wirft dies jedoch mehr Fragen auf als beantwortet<br />
werden. Auch hier wäre eine Abgleichung mit den Regelungen<br />
des SGB XI wünschenswert. Der entsprechende § 115<br />
Abs. 3 Satz 3 SGB XI sieht vor, dass über einen Kürzungsbetrag<br />
ein Einvernehmen zwischen den vertragsparteien anzustreben<br />
ist und die Schiedsstelle auf Antrag einer Partei zur<br />
Entscheidung befugt ist, so es nicht zu einer Einigung kommt.<br />
Diese und weitere Punkte bleiben im vorliegenden Entwurf für<br />
den Bereich des SGB XII offen; es ist nicht ersichtlich, wonach<br />
sich eine „entsprechende“ Minderung bemessen soll. Zudem<br />
bleibt unklar, auf welcher Grundlage, nach welchen Maßstäben,<br />
in welchem verfahren und insbesondere von wem eine<br />
Minderung festgesetzt werden soll und deren höhe ermittelt<br />
wird und mit hilfe welcher Rechtsmittel und Instanzen uneinigkeiten<br />
ausgeräumt werden können.<br />
[www.curacon.de]<br />
01<br />
11<br />
FACHBEITRÄGE FACHBEITRÄGE<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Entwurf in seiner heute<br />
vorliegenden Fassung Raum und notwendigkeit für weitere<br />
Diskussionen und Änderungen lässt.<br />
Eine häufig in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage ist<br />
diejenige nach einer möglichen verpflichtung der Einrichtungsträger<br />
zur Offenlegung von vermögen. Anlass für die<br />
vorlage des Gesetzesentwurfs war gerade die sogenannte<br />
Maserati-Affäre. Daher könnte man annehmen, dass das<br />
Prüfrecht auch die vermögenssituation des Trägers umfassen<br />
soll. Der vorliegende Gesetzesentwurf will und muss aber<br />
auch der geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts<br />
aus dem Jahr 2009, das das verfahren zum Abschluss<br />
von vergütungsvereinbarungen neu definiert hat, berücksichtigen.<br />
FAZIT<br />
Ob das Bundessozialgericht eine Offenlegung der vermögenssituation<br />
des Trägers erwartet, ist zum jetzigen<br />
Zeitpunkt zweifelhaft. Das Bundessozialgericht hat mit seinen<br />
neusten Entscheidungen die Gestehungskosten der<br />
Einrichtung (wieder) in den vordergrund geholt. Dies sowie<br />
der Grundsatz der prospektiven Kalkulation würde<br />
sich mit einer verpflichtung zur Offenlegung von vermögen<br />
nur schwer in Einklang bringen lassen. Konkrete<br />
Entscheidungen in diesem Bereich bleiben jedoch abzuwarten.<br />
Die Bundesregierung will das Anliegen des Bundes<br />
rates bei einer in zeitlicher und fachlicher hinsicht<br />
geeigneten Gelegenheit aufgreifen – Diskussionsbedarf<br />
über die vorliegende Fassung des Entwurfs ist demnach in<br />
jedem Fall gegeben.<br />
Christiane Hasenberg<br />
Rechtsanwältin<br />
Fachanwältin für Sozialrecht<br />
CuRACOn weidlich<br />
Rechtsanwaltsgesellschaft mbh<br />
Tel. 0 43 31/77 00 48-50<br />
christiane.hasenberg@curacon-recht.de<br />
Auf unserer Homepage www.curacon.de im Bereich „Themen & Trends“ finden Sie Informationen zu unseren Mandantenseminaren<br />
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wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.<br />
15
AKTUEllES STEUERRECHT<br />
aktuelles steuerrecht<br />
16<br />
Kooperationen und Gemeinnützigkeit im Blickpunkt<br />
des BFH<br />
Mit seinen Urteilen vom 16. Dezember 2009 (Az. I R 49/08) und 17. Februar 2010 (Az. I R 2/08) hat der Bundesfinanzhof<br />
(BFH) entschieden, dass Leistungen ohne direkte Vertragsbeziehung zum hilfsbedürftigen Leistungsempfänger<br />
mangels Unmittelbarkeit keinen Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege nach § 66 Abgabenordnung (AO)<br />
darstellen . Ob ein allgemeiner Zweckbetrieb nach § 65 AO vorliegt, vermochte der BFH im Urteil vom 17. Februar<br />
2010 nicht abschließend zu beurteilen, sondern verwies die Frage zur endgültigen Klärung an das vorinstanzliche<br />
Finanzgericht Schleswig-Holstein. Diese Rechtsprechung erlangt vor dem Hintergrund zahlreicher Kooperationen,<br />
die gemeinnützige Einrichtungen eingegangen sind, beispielsweise in den Bereichen Betreutes Wohnen und Hausnotruf<br />
an Bedeutung.<br />
KOOPERATIOnEn · unMITTELBARKEIT · hILFSPERSOn · JuGEnDhILFE · wOhLFAhRTSwESEn · wETTBEwERBSnEuTRALITÄT<br />
Urteil zum Betreuten Wohnen vom<br />
16. Dezember 2009<br />
In dem entschiedenen Fall hatte ein steuerbegünstigter verein<br />
einen Betreibervertrag mit einer vermietungsgesellschaft für<br />
wohnungen des Betreuten wohnens in der Rechtsform einer<br />
Personengesellschaft geschlossen. Inhalt dieses vertrags war<br />
die Erbringung von Betreuungs-, Service- und Pflegeleistungen<br />
an die Bewohner durch den verein. Eine direkte vertragsbeziehung<br />
zu den Bewohnern selbst bestand diesbezüglich<br />
nicht.<br />
Leistungen nicht dem Betrieb der Wohlfahrtspflege zugehörig<br />
wohlfahrtspflege im Sinne des § 66 AO ist „die planmäßige,<br />
zum wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen<br />
ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen“.<br />
Einrichtungen der wohlfahrtspflege sind dann Zweckbetrieb,<br />
wenn sie in besonderem Maße hilfsbedürftigen Menschen<br />
im Sinne der Abgabenordnung dienen. Der BFh sah im<br />
entschiedenen Fall diese voraussetzungen als nicht gegeben<br />
an, weil der verein keine vertragliche verpflichtung gegenüber<br />
den Bewohnern hatte. Die Bewohner hatten weder einen<br />
Erfüllungs- noch einen haftungsanspruch gegen den verein.<br />
vielmehr wurden die Leistungen gegenüber den Mietern auf<br />
Rechnung und Gefahr der vermietungsgesellschaft erbracht.<br />
Diese habe den verein lediglich als Erfüllungsgehilfen in die<br />
Leistungserbringung eingeschaltet. nach Überzeugung des<br />
BFh mangelt es bei der vorliegenden Konstellation damit an<br />
der planmäßigen Sorge zum wohle der Allgemeinheit. Die<br />
Leistungen würden an eine nicht steuerbegünstigte Personengesellschaft<br />
erbracht. Diese wiederum schuldete den Bewohnern<br />
die Leistungen auf Grund des vertrags. Zwischen dem<br />
verein und den Bewohnern jedoch bestand keine direkte vertragliche<br />
verpflichtung. Die Leistungen kamen diesen Personen<br />
allenfalls mittelbar zugute, so dass es am Erfordernis der unmittelbarkeit<br />
mangelte.<br />
Leistungen auch kein Zweckbetrieb nach § 65 AO<br />
Auch das vorliegen eines allgemeinen Zweckbetriebs nach<br />
§ 65 AO sah der BFh im hinblick auf das Erfordernis der un-<br />
mittelbarkeit als nicht gegeben an: Die Regelung des § 65 AO<br />
setzt unter anderem voraus, dass die Tätigkeit zur Erfüllung der<br />
steuerbegünstigten Zwecke erforderlich ist und nicht mehr, als<br />
es für die Zweckerfüllung unbedingt notwendig ist, zu gewerblichen<br />
unternehmen in wettbewerb getreten wird. In seiner<br />
urteilsbegründung führt der BFh hierzu aus, dass die verfolgung<br />
des satzungsmäßigen Zwecks des vereins, nämlich<br />
die Förderung der freien wohlfahrtspflege, auch ohne die<br />
Zwischenschaltung einer Personengesellschaft möglich sei.<br />
Darüber hinaus unterstütze der verein mit seiner Tätigkeit auch<br />
die steuerpflichtige Personengesellschaft, die dessen Leistungen<br />
im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit nutze, sei es<br />
durch die Erzielung höherer Mieteinnahmen oder durch die<br />
verbesserung der vermietbarkeit ihrer wohnungen. Damit<br />
werde der wettbewerb in größerem umfang beeinträchtigt,<br />
als es bei der Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar<br />
sei. So sei der wohnungsmarkt in wettbewerbsrelevanter<br />
weise betroffen, wenn die Leistungen in die Steuerfreiheit<br />
miteinbezogen würden.<br />
Urteil zur Gestellung von Betreuungspersonal vom<br />
17. Februar 2010<br />
Im entschiedenen Fall wurde von einer gemeinnützigen Tochtergesellschaft<br />
aus dem Bereich der Jugendhilfe und des<br />
wohlfahrtwesens Betreuungspersonal an ihre ebenfalls gemeinnützigen<br />
Gesellschafter zur Durchführung von Abend-<br />
und nachtdiensten gestellt. Die Aufträge wurden von der<br />
Tochtergesellschaft in Eigenverantwortung durchgeführt, insbesondere<br />
die Personaldisposition sowie die Erteilung von<br />
dienstlichen Anweisungen.<br />
Leistungen dem Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege<br />
nicht zugehörig<br />
Aus dem Leitsatz des urteils wird ersichtlich, dass nach Auffassung<br />
des BFh eine steuerbefreite Körperschaft, die eine<br />
andere steuerbefreite Körperschaft bei der verwirklichung<br />
satzungsmäßiger Zwecke gegen Entgelt selbstständig und<br />
eigen verantwortlich unterstützt, auch einen Zweckbetrieb unterhalten<br />
kann, wenn sie hierdurch zugleich eigene satzungsmäßige<br />
Ziele verfolgt. Der BFh bestätigt damit, dass eine ent-<br />
01<br />
11
geltliche Zweckverfolgung als hilfsperson steuerbegünstigt<br />
sein kann. Dennoch entschied der BFh im selben urteil, dass<br />
die er brachten Leistungen keinen Betrieb der wohlfahrtspflege<br />
nach § 66 AO begründen. Die Tochter erbringe Leistungen an<br />
ihre Gesellschafter, welche diese ihrerseits nutzen, um eigenen<br />
verpflichtungen gegenüber den betreuten Personen nachzukommen.<br />
Die Tochter sei mithin lediglich als Erfüllungsgehilfin<br />
ihrer Gesellschafter in deren Leistungsbeziehungen zu den<br />
jewei ligen Auftraggebern eingeschaltet. Ihre Leistungen würden<br />
damit nicht den in § 53 AO genannten Personen, sondern vielmehr<br />
den Gesellschaftern dienen; den hilfsbedürftigen kämen<br />
sie allenfalls mittelbar zugute. Dies reicht nach Ansicht des<br />
BFh für die Annahme eines Zweckbetriebes nach § 66 AO<br />
nicht aus.<br />
Leistungen als allgemeiner Zweckbetrieb nach § 65 AO?<br />
Ob im vorliegenden Fall ein sogenannter allgemeiner Zweckbetrieb<br />
nach § 65 AO in Betracht kommt, ließ der BFh auf<br />
Grund der umstände des Einzelfalls offen und hat den Fall<br />
im hinblick auf die Frage nach der wettbewerbsverletzung<br />
zur endgültigen Beurteilung an das Finanzgericht zurückverwiesen.<br />
Sofern ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb<br />
potenziell in wettbewerb zu steuerbefreiten Tätigkeiten<br />
treten kann, kommt eine Steuerfreiheit auf Grund der wettbewerbsklausel<br />
des § 65 nr. 3 AO nicht in Betracht. Ein anderer<br />
Schluss wäre nur zulässig, wenn die Beeinträchtigung des<br />
wettbewerbs gegenüber der verfolgung des gemeinnützigen<br />
Zwecks durch einen notwendigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb<br />
als nachrangig zu beurteilen wäre. Ein solcher wettbewerb<br />
ist ohnehin nur dann anzunehmen, wenn im Einzugsbereich<br />
der gemeinnützigen Körperschaft ein steuerpflichtiger<br />
Anbieter die gleichen Leistungen anbietet oder anbieten könnte.<br />
Die wettbewerbslage hängt damit sowohl von regionalen<br />
als auch von den konkret angebotenen Leistungen ab. Sind<br />
die Leistungen der gemeinnützigen Körperschaft auf Grund<br />
ihrer besonderen Eigenschaft (etwa pädagogische, mildtätige<br />
oder religiöse Tätigkeiten) auf einen besonderen Empfänger<br />
ausgerichtet, liegt möglicherweise nur ein sogenannter unvermeidbarer<br />
wettbewerb vor, der der Anwendung des § 65 AO<br />
nicht entgegensteht. von einem unvermeidbaren wettbewerb<br />
ist insbesondere dann auszugehen, wenn wettbewerb gewerblicher<br />
unternehmen in traditionell durch gemeinnützige<br />
Anbieter besetzten Märkten aufkommt und dadurch belegt<br />
wird, dass eine Marktzutrittschance nicht „künstlich“ geschaffen<br />
werden muss.<br />
Im Übrigen hat die Oberfinanzdirektion (OFD) hannover in<br />
ihrer verfügung vom 19. Februar 2004 unter anderem für<br />
kirch liche Fortbildungs- und Tagungsstätten sowie Kindergärten<br />
zum Ausdruck gebracht, dass dem kirchlichen verkündigungsauftrag<br />
mehr Bedeutung beizumessen sei als der wettbewerbsneutralität.<br />
Diese Überlegung dürfte nicht nur im<br />
Bereich der hoheitsbetriebe gelten, sondern muss auch bei<br />
der Auslegung des § 65 nr. 3 AO zu Gunsten der gemeinnützigen<br />
Einrichtungen zu beachten sein.<br />
01<br />
11<br />
AKTUEllES STEUERRECHT<br />
aktuelles steuerrecht<br />
FAZIT<br />
Der BFh trat mit seinen urteilen der in den vorinstanzen<br />
vertretenen Auffassung entgegen: Danach waren die voraussetzungen<br />
der unmittelbarkeit nach § 57 AO (unmittelbarkeit)<br />
auch dann erfüllt, wenn zwar keine vertragsbeziehung<br />
zwischen steuerbegünstigter Körperschaft und<br />
hilfsbedürftigem Leistungsempfänger bestand, aber die<br />
Leistungen tatsächlich direkt an den hilfsbedürftigen erbracht<br />
werden. Durch die Ablehnung des § 66 AO verwirft<br />
der BFh in seinen urteilen die bisher geltende Annahme,<br />
dass es auf die tatsächliche Leistungserbringung<br />
im Sinne des „handanlegens“ an den hilfsbedürftigen für<br />
die Bejahung der unmittelbarkeit der Leistungserbringung<br />
ankomme. Zu Gunsten einer rein rechtlichen Betrachtung,<br />
nämlich des Abstellens auf die vertragsbeziehung, wendet<br />
er sich von einer eher „wirtschaftlichen“ Sichtweise ab.<br />
Für die Praxis muss daher besonderes Augenmerk auf die<br />
Gestaltung von Kooperationen zwischen gemeinnützigen<br />
Einrichtungen gerichtet werden – mit dem Ziel der vermeidung<br />
eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs.<br />
Es bleibt zudem abzuwarten, wie das Finanzgericht<br />
Schleswig-holstein den Grundsatz der wettbewerbsneutralität<br />
im Zusammenhang mit den erbrachten Leistungen<br />
würdigen wird. vor dem hintergrund einer unsicheren Beurteilung<br />
derartiger Kooperationen als Zweckbetrieb<br />
nach § 65 AO empfehlen sich daher aktuell andere Lösungsmodelle,<br />
die im Rahmen eines weiteren Beitrags der<br />
nächsten <strong>Curacontact</strong>-Ausgabe vorgestellt werden.<br />
Julia Heilemann<br />
Steuerberaterin<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Tel. 07 11/2 55 87-57<br />
julia.heilemann@curacon.de<br />
Alexander Wackerbeck<br />
Steuerberater<br />
CuRACOn Gmbh<br />
Tel. 02 51/9 22 08-121<br />
alexander.wackerbeck@curacon.de<br />
17
AKTUEllE RECHTSPRECHUNG AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />
18<br />
Beabsichtigte Änderungen des AÜG und deren<br />
Einfluss auf WfbM und Integrationsprojekte<br />
Am 15. Dezember 2010 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
(AÜG) beschlossen. Grundlage hierfür sind Richtlinien auf europäischer Ebene, die spätestens<br />
zum 5. Dezember 2011 in deutsches Recht umzusetzen sind. Der Entwurf enthält die sogenannte Drehtürklausel, die<br />
verhindern soll, dass Stammbeschäftigte entlassen und unmittelbar oder nach kurzer Zeit als Zeitarbeitskräfte wieder<br />
in ihrem ehemaligen Unternehmen oder einem anderen Unternehmen desselben Konzerns zu schlechteren Arbeitsbedingungen<br />
eingesetzt werden können. Der Änderungsentwurf hätte aber auch Einfluss auf die Beschäftigung von<br />
Menschen mit Behinderung – insbesondere auf ausgelagerten Arbeitsplätzen im Sinne von § 136 SGB IX – sowie auf<br />
schwerbehinderte Mitarbeiter von Integrationsprojekten.<br />
ERLAuBnISPFLIChTIGE ARBEITnEhMERÜBERLASSunG · wFBM · AuSGELAGERTE ARBEITSPLÄTZE · InTEGRATIOnSPROJEKTE<br />
Geplante Änderungen<br />
Der Gesetzesentwurf sieht für die Frage der Erlaubnispflicht in §<br />
1 Abs. 1 AÜG vor, das wort „gewerbsmäßig“ durch die worte<br />
„im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit“ zu ersetzen. Das<br />
maßgebliche Kriterium für die Gewerbsmäßigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht.<br />
Dadurch soll der Anwendungsbereich<br />
des AÜG auf Fälle erweitert werden, in denen keine Gewinnerzielungsabsicht<br />
besteht. Mithin könnten künftig auch gemeinnützige<br />
unternehmen vom Anwendungsbereich erfasst werden,<br />
die integrative Arbeitnehmerüberlassung betreiben und auf<br />
„Selbstkostenbasis“ arbeiten. Diese wären unter anderem verpflichtet,<br />
eine Erlaubnis nach dem AÜG einzuholen und sogenannte<br />
Leiharbeitnehmer ab dem ersten Tage der Überlassung<br />
hinsichtlich der wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich<br />
des Arbeitsentgelts den vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers<br />
gleichzustellen. Abweichungen vom Grundsatz der<br />
Gleichbehandlung des Leiharbeitnehmers mit vergleichbaren<br />
Stammarbeitnehmern des Entleihers wären jedoch grundsätzlich<br />
nur durch Regelungen eines Tarifvertrags möglich, in dessen<br />
Geltungsbereich unternehmen der „Leih- oder Zeitarbeit“ fallen.<br />
Ferner ist eine Änderung der Regelung des § 1 Abs. 2 AÜG<br />
geplant, indem die vermutungsregelung zu Gunsten der Anwendbarkeit<br />
des AÜG auf Fälle ausgeweitet werden soll, in<br />
denen die Überlassung nicht nur vorübergehend erfolgt.<br />
Auswirkungen auf WfbM und Integrationsprojekte<br />
Die wfbM ist unter anderem verpflichtet, ausgelagerte Arbeitsplätze<br />
vorzuhalten, die gemäß § 136 Abs.1 SGB IX sowohl zum<br />
Zwecke des Übergangs als auch als dauerhaft ausgelagerte Arbeitsplätze<br />
angeboten werden. Die oben geschilderte Änderung<br />
der vermutungsregelung in Bezug auf das Merkmal der „nicht<br />
nur vorübergehenden Überlassung“ würde also der verpflichtung<br />
der wfbM entgegenstehen, gerade auch dauerhaft ausgelagerte<br />
Arbeitsplätze anzubieten. Damit würden die Chancen<br />
einer Integration auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu Gunsten<br />
von Menschen mit Behinderung nicht erhöht werden können.<br />
Beschäftigte einer wfbM, die über einen werkstattvertrag mit<br />
der wfbM verfügen, stehen zu den werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen<br />
Rechtsverhältnis (§ 138 Abs. 1 SGB IX).<br />
Sie sind daher keine Arbeitnehmer im Sinne des AÜG. Mithin<br />
dürften sich für diese Beschäftigungsverhältnisse (werkstattvertrag)<br />
keine Auswirkungen durch die geplanten Änderungen<br />
des AÜG ergeben.<br />
Anders wäre die Rechtslage, wenn zwischen wfbM und dem<br />
Beschäftigten ein Arbeitsvertrag besteht, also gerade kein<br />
arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis vorliegt. Dies hätte im<br />
Falle eines drittbezogenen Arbeitnehmereinsatzes zur Folge,<br />
dass das AÜG anwendbar wäre. Gleiches würde für Integrationsprojekte<br />
gelten, die regelmäßig Arbeitsverträge mit den<br />
schwerbehinderten Mitarbeitern abschließen.<br />
FAZIT<br />
wesentlicher Zweck der Gesetzesänderung ist die begrüßenswerte<br />
Stärkung des Grundsatzes des „equal pay,<br />
equal treatment“ zu Gunsten von Leiharbeitnehmern. Der zu<br />
diesem Zweck am 15. Dezember 2010 beschlossene Entwurf<br />
eines Gesetzes zur Änderung des AÜG lässt jedoch<br />
befürchten, dass die umsetzung beruflicher Rehabilitation<br />
von Menschen mit Behinderung hiervon nicht unbeschadet<br />
bleibt. von einer Ausnahmeregelung, die die schützenswerten<br />
Interessen der schwerbehinderten Menschen<br />
bei der Anwendung des AÜG berücksichtigt, hat das<br />
Kabinett nach aktuellem Kenntnisstand leider abgesehen.<br />
Christiane Hasenberg<br />
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Sozialrecht<br />
CuRACOn weidlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbh<br />
Tel. 0 43 31/77 00 48-50<br />
christiane.hasenberg@curacon-recht.de<br />
Susanne Meyerhoff<br />
Rechtsanwältin<br />
CuRACOn weidlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbh<br />
Tel. 0 30/84 71 06 99-0<br />
susanne.meyerhoff@curacon-recht.de<br />
01<br />
11
VERANSTAlTUNGEN & INTERNA<br />
VERANSTALTUNGEN & INTERNA<br />
Fachtagungen Datum Ort Ihr Ansprechpartner<br />
Fachtag werkstätten 2011 29.03. nürnberg Kerstin Sandmann<br />
30.03. Stuttgart<br />
Tel. 02 51/9 22 08-126<br />
kerstin.sandmann@curacon.de<br />
05.04. hannover<br />
Arbeitshilfe „Werkstätten und Integrationsbetriebe“<br />
unter der Autorenschaft der Curacon<br />
Gmbh wirtschaftsprü fungs -<br />
ge sellschaft und in enger Kooperation<br />
mit der Bundesarbeitsgemeingemeinschaft<br />
der werkstätten,<br />
BAG:wfbM, Frankfurt, ist die bisherige<br />
Arbeitshilfe „Besteuerung<br />
der werkstätten“ nun in neuer Auflage<br />
unter dem Arbeitstitel „werkstätten<br />
und Integrations betriebe –<br />
Arbeitshilfen zur Besteuerung und<br />
Rechnungslegung für werkstätten,<br />
Integrationsprojekte und ihre Träger“ erschienen. Anhand<br />
eindeutiger Beispielfälle zeigen die Autoren von Curacon –<br />
wilhelm Brox, Friedrich Lutz und Andreas Seeger – die Möglichkeiten<br />
zulässiger Steuergestaltung im werkstattbereich auf.<br />
Dabei greifen sie sowohl auf ihre jahrelange Berufstätigkeit in<br />
dieser Branche als auch auf den umfangreichen und intensiven<br />
Dialog mit den zuständigen Ministerien zurück.<br />
Das Buch ist eine unverzichtbare Arbeitshilfe für alle werkstattfachleute,<br />
die sich mit Fragen des Steuerrechts auseinandersetzen.<br />
In zwei hauptteilen enthält der Ratgeber zunächst hinweise<br />
zur Gemeinnützigkeit und im weiteren Ausführungen zur<br />
umsatzsteuer. Abgerundet wird das werk durch Gesetzestexte<br />
und ein Stichwortverzeichnis. Erweitert wurde der Band um einen<br />
Abschnitt zur Besteuerung von Integrationsprojekten sowie<br />
um einen gesonderten Abschnitt zur Rechnungslegung von<br />
werkstätten. Das Buch kann und soll eine qualifizierte Einzelberatung<br />
nicht ersetzen, sondern soll bei steuer- und rechnungslegungsrelevanten<br />
Fragestellungen der werkstätten und Integrationsprojekte<br />
eine erste Orientierung bieten.<br />
Die neuauflage erscheint am 17. März 2011 im Rahmen der<br />
diesjährigen werkstätten:Messe in nürnberg und kann zudem<br />
bei der BAG:wfbM bezogen werden. nähere Informationen<br />
erhalten Sie unter www.bagwfbm.de/publications.<br />
IMPRESSuM<br />
herausgeber: CuRACOn Gmbh wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Redaktionell verantwortlich: Michael Stahl (Geschäftsführer CuRACOn Gmbh)<br />
Druck: h.reuffurth gmbh, Philipp-Reis-Straße 6, 63165 Mühlheim am Main<br />
Satz: hübner & Sturk werbeagentur Gmbh, Rudolf-Diesel-Str. 24, 64625 Bensheim<br />
Stand: März 2011<br />
01<br />
11<br />
06.04. Leipzig<br />
Fachtagung Kommune niedersachsen 05.05. hannover Jutta hegenbart<br />
Tel. 02 51/9 22 08-402<br />
Fachtagung Kommune nRw 20.05. Dortmund<br />
jutta.hegenbart@curacon.de<br />
Praxis-Ratgeber „Krankenhausfinanzierung“<br />
Inhalt dieses werkes ist die Krankenhausfinanzierung<br />
in all ihren<br />
Facetten unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Änderungen des<br />
Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes.<br />
Beleuchtet werden die<br />
Bereiche Budgetverhandlungen,<br />
aktuelle Schiedsstellenentscheidungen,<br />
Zuzahlungsinkasso, Investitionsfinanzierung<br />
durch Banken, Sanierung,<br />
Insolvenz, Beihilferecht,<br />
Public Private Partnership, Privatkliniken<br />
an Krankenhäusern sowie<br />
steuerliche und wirtschaftliche Fragestellungen<br />
im Zusammenhang mit der Krankenhausförderung.<br />
Mitherausgeber und Mitautor dieses Buches ist Rechtsanwalt<br />
Peter Pfeiffer, Leiter des Büros Düsseldorf der Curacon<br />
weidlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbh.<br />
Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen darzustellen und<br />
Lösungswege für neue Fragestellungen innerhalb der Finanzierung<br />
für den Anwender in der Praxis aufzuzeigen, sind die<br />
zentralen Anliegen dieses Buches, das sich insbesondere an<br />
Krankenhauspraktiker wendet.<br />
Erhältlich ist der Praxis-Ratgeber beim Luchterhand Fachverlag<br />
unter www.luchterhand-fachverlag.de.<br />
Neue Anschrift der Niederlassung Stuttgart<br />
Zum 28. Februar 2011 hat die niederlassung Stuttgart neue<br />
Räumlichkeiten bezogen. Das neue Büro befindet sich im Zentrum<br />
von Stuttgart und ist im hospitalviertel im fußläufigen Bereich<br />
von Rotebühlplatz (S- und u-Bahn-haltestelle Stadtmitte)<br />
und Königstraße erreichbar. Auf drei Stockwerken werden<br />
alle Geschäftsbereiche der Curacon unternehmensgruppe<br />
(wirtschaftsprüfung, Prüfungsnahe Beratung, Steuerberatung,<br />
Rechtsberatung) vertreten sein. Die neue Anschrift lautet:<br />
hospitalstraße 27, 70174 Stuttgart. Parkmöglichkeiten befinden<br />
sich für Besucher in unmittelbarer Reichweite der niederlassung.<br />
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wir sind eine bundesweit tätige wirtschaftsprüfungs-<br />
und Beratungsgruppe<br />
mit rund 250 qualifizierten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern an 9 Standorten<br />
und haben uns in der Prüfung und Beratung<br />
auf den non-Profit-Bereich spezialisiert.<br />
unsere unternehmensgruppe umfasst<br />
neben der Curacon wirt schaftsprü-<br />
fungsgesellschaft die Curacon weidlich<br />
Rechtsanwaltsgesellschaft mbh.<br />
<strong>CURACON</strong> <strong>GmbH</strong><br />
<strong>Wirtschaftsprüfungsgesellschaft</strong><br />
Hauptsitz Münster<br />
Scharnhorststraße 2<br />
48151 Münster<br />
Tel.: 02 51/9 22 08-0<br />
Fax: 02 51/9 22 08-250<br />
E-Mail: zentraleMS@curacon.de<br />
Niederlassung Berlin<br />
Platz vor dem neuen Tor 2<br />
10115 Berlin<br />
Tel.: 0 30/2 83 05 50-0<br />
Fax: 0 30/2 83 05 50-5<br />
E-Mail: zentraleB@curacon.de<br />
Niederlassung Darmstadt<br />
Pfungstädter Straße 100 A<br />
64297 Darmstadt<br />
Tel.: 0 61 51/2 78 91-0<br />
Fax: 0 61 51/2 78 91-15<br />
E-Mail: zentraleDA@curacon.de<br />
<strong>CURACON</strong> Weidlich<br />
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br />
Büro Münster<br />
Scharnhorststraße 2<br />
48151 Münster<br />
Tel.: 02 51/53 03 50-511<br />
Fax: 02 51/53 03 50-550<br />
E-Mail: buero-ms@curacon-recht.de<br />
Büro Berlin<br />
Platz vor dem neuen Tor 2<br />
10115 Berlin<br />
Tel.: 0 30/84 71 06 99-0<br />
Fax: 0 30/84 71 06 99-5<br />
E-Mail: buero-b@curacon-recht.de<br />
unser Leistungsportfolio bietet ein breites<br />
Spektrum an maßgeschneiderten Lösungen<br />
und umfasst die Bereiche wirtschaftsprüfung,<br />
prüfungsnahe Beratung,<br />
Steuerberatung und Rechtsberatung.<br />
wir sind Spezialist für die Branchen Gesundheits-,<br />
Sozialwesen und öffentlicher<br />
Sektor und betreuen dort bereits über<br />
2.000 Mandanten. Zu unseren Mandan-<br />
Niederlassung Düsseldorf<br />
niederrheinstraße 16/16a<br />
40474 Düsseldorf<br />
Tel.: 02 11/68 87 59-0<br />
Fax: 02 11/68 87 59-50<br />
E-Mail: zentraleD@curacon.de<br />
Niederlassung Hannover<br />
Otto-Brenner-Straße 9<br />
30159 hannover<br />
Tel.: 05 11/59 09 36-60<br />
Fax: 05 11/59 09 36-90<br />
E-Mail: zentraleh@curacon.de<br />
Niederlassung Nürnberg<br />
Südwestpark 60<br />
90449 nürnberg<br />
Tel.: 09 11/9 41 43-6<br />
Fax: 09 11/9 41 43-88<br />
E-Mail: zentralen@curacon.de<br />
Büro Düsseldorf<br />
niederrheinstraße 16/16 a<br />
40474 Düsseldorf<br />
Tel.: 02 11/4 40 33 69-0<br />
Fax: 02 11/4 40 33 69-60<br />
E-Mail: buero-d@curacon-recht.de<br />
Büro Rendsburg<br />
holstenstraße 5<br />
24768 Rendsburg<br />
Tel.: 0 43 31/77 00 48-50<br />
Fax: 0 43 31/77 00 48-60<br />
E-Mail: buero-rd@curacon-recht.de<br />
ten aus dem Gesundheits- und Sozialwesen<br />
zählen unter anderem Alten- und<br />
Pflegeheime, Bildungseinrichtungen, Einrichtungen<br />
für Menschen mit Behinderungen,<br />
Jugendhilfeeinrichtungen, Krankenhäuser<br />
und Rehakliniken. Des weiteren<br />
betreuen wir versorgungskassen, öffentliche<br />
und kirchliche verwaltungen, Städte,<br />
Kommunen sowie kommunale ver- und<br />
Entsorgungsbetriebe.<br />
www.curacon.de<br />
Niederlassung Rendsburg<br />
holstenstraße 5<br />
24768 Rendsburg<br />
Tel.: 0 43 31/12 94-0<br />
Fax: 0 43 31/7 25 74<br />
E-Mail: zentraleRD@curacon.de<br />
Niederlassung Stuttgart<br />
hospitalstraße 27<br />
70174 Stuttgart<br />
Tel.: 07 11/2 55 87-0<br />
Fax: 07 11/2 55 87-30<br />
E-Mail: zentraleS@curacon.de<br />
Büro München<br />
Leopoldstraße 244<br />
80807 München<br />
Tel.: 0 89/20 80 39-303<br />
Fax: 0 89/20 80 39-304<br />
E-Mail: zentraleM@curacon.de<br />
www.curacon-recht.de<br />
Büro Stuttgart<br />
hospitalstraße 27<br />
70174 Stuttgart<br />
Tel.: 07 11/72 23 02 11-0<br />
Fax: 07 11/72 23 02 11-60<br />
E-Mail: buero-s@curacon-recht.de